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Langfassung der Bewerbungskonzeption April 2009 (PDF

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Grünprojekt Mühlacker 2015


Inhalt<br />

2 Vorwort<br />

5 Einleitung<br />

9 Geschichte<br />

13 Zahlen – Daten – Fakten<br />

17 Defizite und Aufgaben<br />

23 Potentiale und Chancen<br />

27 Konzeption – Grundlagen<br />

33 Konzeption – Bausteine<br />

37 Konzeption – Begleitmaßnahmen<br />

41 Konzeption – Ausstellung<br />

46 Kosten und Finanzierung<br />

49 Von Bürgern – für Bürger<br />

Zusammenfassung<br />

51 Das Grünprojekt Mühlacker in Kürze<br />

Pläne<br />

20 Analyse- und Konfliktplan<br />

26 Übersichtskonzeption<br />

28 Konzeption Grüne Mitte<br />

40<br />

Besucherrundwege im Veranstaltungsjahr<br />

44 Temporäre Einfriedungen für Veranstaltungen


2<br />

Vorwort<br />

Mühlacker hat die Beson<strong>der</strong>heit, ein Doppelort zu sein. Bis 1930, dem<br />

Jahr <strong>der</strong> Stadterhebung, hieß <strong>der</strong> Ort deshalb Dürrmenz-Mühlacker.<br />

Schon immer war für die Bürgerschaft deshalb das Hüben und Drü-<br />

ben <strong>der</strong> Enz prägend mit all seinen Anekdoten und Geschichten.<br />

Die beiden Wahrzeichen <strong>der</strong> Stadt – zum einen die Burg Löffelstelz<br />

und zum an<strong>der</strong>en <strong>der</strong> 273 Meter hohe SWR-Sen<strong>der</strong> vereinen Ge-<br />

schichte und Mo<strong>der</strong>ne in direkter Nachbarschaft. Beide thronen hoch über <strong>der</strong> Enz<br />

und damit genau über dem Gelände, das geradezu darauf wartet, durch das Grün-<br />

projekt wie<strong>der</strong> in den Mittelpunkt <strong>der</strong> Öffentlichkeit zu rücken. Dies gilt nicht nur für<br />

die Einwohner selbst, son<strong>der</strong>n gleichermaßen auch für unsere vielen Besucher, die<br />

vermehrt Jahr für Jahr zu uns kommen – sei es per Boot, zu Fuß o<strong>der</strong> auf dem sehr<br />

beliebten Enztalradweg.<br />

Beson<strong>der</strong>s die Burganlage ist ein beispielloses Gemeinschaftswerk, das auch auf das<br />

Grünprojekt ausstrahlen würde. Was mit <strong>der</strong> Sperrung <strong>der</strong> Burg wegen Einsturzgefahr<br />

vor rund fünf Jahren begann, entwickelte sich zu einem Bürgerprojekt, das alle Ge-<br />

nerationen umspannt. Es fanden sich Ehrenamtliche, die 9.000 Stunden Arbeitskraft<br />

in die Ausgrabungen in <strong>der</strong> Burg und die Auswertung <strong>der</strong> dabei gemachten zahlrei-<br />

chen Funde investierten. Spenden wurden gesammelt und die Burganlagen so her-<br />

gerichtet, dass sie sich als Ausflugsziel etablierten und nun sogar die Veranstaltungs-<br />

reihe „Kultur auf <strong>der</strong> Burg“ dort sehr erfolgreich eingeführt werden konnte. Mit dem<br />

Grünprojekt würde es gelingen, diesen Kristallisationspunkt einer aktiven Bürgergesell-<br />

schaft ins Enztal hinunter zu tragen - ins Herz <strong>der</strong> Stadt. Die Flächen hierfür liegen be-<br />

reit. Endlich könnte damit <strong>der</strong> schon lange ersehnte Stadtpark – die Enzgärten – Rea-<br />

lität werden. Das Interesse und die Erwartungen <strong>der</strong> Bürger lassen sich an <strong>der</strong> Vielzahl<br />

guter Ideen ablesen, die schon jetzt bei uns eingegangen sind. Städtebaulich böte<br />

sich die einmalige Chance, dem Leben und Aufenthalt an den geschichtsträchtigen<br />

Ufern <strong>der</strong> Enz eine ganz neue Qualität zu verleihen.<br />

Arno Schütterle<br />

Oberbürgermeister


4<br />

Burgruine Löffelstelz nach <strong>der</strong> Restaurierung


Einleitung<br />

Die Stadt Mühlacker bewirbt sich im Rahmen des Landesprogramms „Natur in Stadt<br />

und Land 2015 – 2025“ als Durchführungsort für ein Grünprojekt: die „Enzgärten –<br />

Grüne Mitte Mühlacker“. Namensgebend ist das blaue Band <strong>der</strong> Enz, das zwischen<br />

Mühlacker und Dürrmenz verläuft und gemeinsam mit <strong>der</strong> Burgruine Löffelstelz und<br />

den Muschelkalkwänden die Landschaft prägt.<br />

Die Potenziale des Gesamtareals sind bis heute weitgehend ungenutzt. Auf den<br />

ersten Blick bereits mit viel Grün ausgestattet, werden bei genauerem Hinsehen die<br />

Defizite sichtbar: weite Flächen für Autos statt für Menschen, kleinteilig zerstückelte<br />

Grünflächen ohne Aufenthaltsqualität, Verlärmung durch 16.000 Kfz am Tag, Ge-<br />

staltungsmängel, heruntergekommene Bausubstanz, technischer Hochwasserschutz<br />

ohne Aufenthaltsqualitäten – das Gelände verkauft sich weit unter Wert.<br />

Mit dem Grünprojekt besteht nun die einmalige Chance, über das Landesprogramm<br />

eine Grüne Mitte zwischen Mühlacker und Dürrmenz zu gestalten und diese durch<br />

attraktive Wegebeziehungen mit beiden Stadtteilen eng zu vernetzen.<br />

Neben <strong>der</strong> Hauptaufgabe <strong>der</strong> Realisierung eines seit langem von <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

erwarteten Stadtparks wird das Grünprojekt auch Katalysator für weitere räumlich<br />

und funktional mit <strong>der</strong> grünen Mitte verbundene Themen sein: schon <strong>der</strong> Name des<br />

Jugendhauses ProZwo – Provisorium Zwei – macht deutlich, dass eine endgültige<br />

bauliche Lösung für diesen Fixpunkt <strong>der</strong> kommunalen Jugendarbeit seit Jahrzehnten<br />

auf sich warten lässt. Die Verbesserung <strong>der</strong> Wegebeziehungen in die Stadtmitte und<br />

nach Dürrmenz, Aufgaben zur Verbesserung <strong>der</strong> Gewässerökologie, insbeson<strong>der</strong>e<br />

<strong>der</strong> Durchlässigkeit von Enz und Erlenbach sowie des Hochwasserschutzes runden die<br />

Gesamtaufgabe ab.<br />

5


6<br />

„Das Grünprojekt finde ich gut …<br />

Elfriede Grözinger<br />

… weil wir schon lange genug darauf warten.<br />

Meine Enkel sollen dort noch spielen können.“


Die Konzeption strahlt deshalb nicht nur in die unmittelbar angrenzende Wohn- und<br />

Einkaufsinnenstadt Mühlackers, die umgebenden Schulen und Wohngebiete aus –<br />

<strong>der</strong> Begriff „Grüne Mitte“ drückt vielmehr den gesamtstädtischen Anspruch des<br />

Projekts aus. Der Stadt Mühlacker bietet sich die Chance, verschiedene seit Jahren<br />

erkannte Themen zu bündeln und sie konzentriert nach einem verbindlichen Zeitplan<br />

umzusetzen.<br />

Von beson<strong>der</strong>er Bedeutung wird es sein, die Bürger in Planung, Umsetzung und<br />

Pflege aktiv einzubeziehen – die Enzgärten sollen kein „Park von oben“ son<strong>der</strong>n ein<br />

Garten von Bürgern für Bürger sein. Denn die „Enzgärten“ sind nicht nur individuell<br />

nutzbarer Erholungsraum. Sie bieten <strong>der</strong> Bevölkerung die notwendige Plattform zur<br />

nie<strong>der</strong>schwelligen Kommunikation und Interaktion, zum gegenseitigen Kennenlernen,<br />

als Grundlage für gelebte Integration und generationenübergreifenden Dialog.<br />

Das bürgerschaftliche Engagement auf <strong>der</strong> Burgruine Löffelstelz hat schon einmal<br />

eindrucksvoll gezeigt: für identitätsstiftende Projekte mit Mehrwert sind die Bürge-<br />

rinnen und Bürger <strong>der</strong> Stadt bereit, selbst Hand anzulegen – für die grüne Mitte <strong>der</strong><br />

Stadt, für die Enzgärten.<br />

„Dieser Park ist wichtig für die Stadt. Ich wäre sogar bereit,<br />

Pflanzen aus meinem Garten zu spenden.“<br />

Zitat einer Bürgerin<br />

7


8<br />

Waldenserstraße


Geschichte<br />

Erste Siedlungen auf <strong>der</strong> Gemarkung<br />

<strong>der</strong> heutigen Stadt Mühlacker kön-<br />

nen vor 12.000 Jahren nachgewie-<br />

sen werden. Im Jahr 1138 gründen<br />

Zisterzienser im Gewann Eckenweiher<br />

ein Kloster. Der Standort wird jedoch<br />

1146/47 an den wenige Kilometer<br />

nordwestlich gelegenen heutigen<br />

Standort verlegt: Das dort gegrün-<br />

dete Kloster Maulbronn zählt heute<br />

zum Weltkulturerbe.<br />

Die Burgruine Löffelstelz, erbaut um das Jahr 1200 von den Herren von Dürrmenz,<br />

thront weithin sichtbar über dem Enzbogen zwischen Dürrmenz und Mühlacker.<br />

Der bekannteste Vertreter des Adelsgeschlechts, Ulrich von Dürrmenz war Bischof<br />

von Speyer und Reichskanzler unter Kaiser Barbarossa. 1482 an das Kloster Maulbronn<br />

verkauft, verfiel die Burg und wurde zunehmend als „Steinbruch“ für den Bau von<br />

Häusern verwendet. Die erhaltenen Außenmauern wurden im Rahmen eines bei-<br />

spielhaften bürgerschaftlichen Engagements wie<strong>der</strong> freigelegt. Von Archäologen<br />

begleitete Ausgrabungsarbeiten in den Jahren 2003 – 2006 durch die aus <strong>der</strong> Bürger-<br />

schaft heraus spontan gegründeten „Scherbabuzzer“ führten zu neuen Erkenntnissen<br />

über die bauliche Entwicklung <strong>der</strong> Burg. Die Löffelstelz ist deshalb für die Bevölkerung<br />

nicht nur Zeugnis <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Stadt, son<strong>der</strong>n auch Sinnbild <strong>der</strong> Tatkraft ihrer<br />

Bewohner.<br />

Historischer Enzverlauf mit Mühlkanal<br />

„Die Gegendt umb Derrmüntz“<br />

Plan von 1695<br />

9


10<br />

Wäsche waschende Frauen am Dürrmenzer Enzufer<br />

Güterbahnhof<br />

Hochwasser 1912<br />

Großsen<strong>der</strong> Mühlacker


Die Enz gehörte zu den fischreichsten Gewässern Württembergs. Sie tränkte Mensch<br />

und Vieh, trieb die Mühlrä<strong>der</strong> an und diente den Kin<strong>der</strong>n im Sommer als natürlicher<br />

Wasserspielplatz und im Winter als Schlittschuhbahn.<br />

Die „Weibsleut“ wuschen ihre Wäsche in <strong>der</strong> Enz. Eine Furt über die Enz im Bereich <strong>der</strong><br />

heutigen Friedhofskirche Sankt Peter war durch die bevorzugte Lage am Handels-<br />

weg Ausgangspunkt <strong>der</strong> Siedlungsentwicklung, aber durch häufige Truppenbewe-<br />

gungen auch Herd steter Unruhe und Zerstörung. Als Wasserstraße für Flößer aus dem<br />

Nordschwarzwald hatte die Enz überregionale Bedeutung für den Holztransport.<br />

Die Enz hat sich aber nicht nur als Lebensa<strong>der</strong> in das Ortsgedächtnis eingeschrieben.<br />

Sie verursachte über die Jahrhun<strong>der</strong>te hinweg auch verheerende Hochwasserkata-<br />

strophen, so z.B. in den Jahren 1824, 1882, 1896 und 1919. Zuletzt beim Hochwasser<br />

1993 wurde deutlich, welche zerstörerische Kraft <strong>der</strong> sonst so friedliche Fluss entwi-<br />

ckeln kann.<br />

Mit <strong>der</strong> einsetzenden Industrialisierung und dem Bau des württembergisch-badischen<br />

Grenzbahnhofs erlebte Mühlacker einen immensen wirtschaftlichen Aufschwung.<br />

Durch die stürmische gewerbliche Entwicklung in <strong>der</strong> unmittelbaren Umgebung des<br />

Bahnhofs und die annähernde Verdoppelung <strong>der</strong> Einwohnerzahl überflügelte Mühla-<br />

cker den über Jahrhun<strong>der</strong>te hinweg größeren Nachbarort Dürrmenz. Im Jahr 1930<br />

wird <strong>der</strong> Ort Dürrmenz-Mühlacker zur Stadt Mühlacker erhoben.<br />

Noch im selben Jahr feierte die Stadt die Eröffnung des 100 m hohen Großrundfunk-<br />

sen<strong>der</strong>s Mühlacker, <strong>der</strong> bereits 1933/34 durch einen 193 m hohen, ebenfalls in Holz<br />

erstellten Turm ersetzt wurde. Mit seiner eiffelturmähnlichen Tragwerkskonstruktion war<br />

er <strong>der</strong> höchste Holzturm <strong>der</strong> Welt und wurde zum Wahrzeichen <strong>der</strong> Stadt. Trotz seiner<br />

strategischen Bedeutung überstand <strong>der</strong> Turm die Luftangriffe des 2. Weltkriegs ohne<br />

Schaden und wurde erst im <strong>April</strong> 1945 durch zurückweichende deutsche Truppen<br />

gesprengt. Auch <strong>der</strong> heutige Sen<strong>der</strong> ist mit einer Höhe von 273 m weithin sichtbar<br />

und prägt als technisches Bauwerk das Bild <strong>der</strong> Stadt.<br />

11


Gelbe Fläche: Im Eigentum <strong>der</strong> Stadt<br />

Gelb schraffierte Fläche: Ankaufsrecht <strong>der</strong> Stadt<br />

12<br />

Flächenverfügbarkeit im<br />

Bereich <strong>der</strong> Grünen Mitte


Zahlen – Daten – Fakten<br />

zur Stadt Mühlacker<br />

Landkreis Enzkreis<br />

Einwohnerzahl (31.12.2007)<br />

Einwohnerzahl <strong>der</strong> Kernstadt Mühlacker<br />

25.863 EW<br />

mit Dürrmenz (31.12.2007) 14.333 EW<br />

Fläche 54,3 km 2<br />

Bevölkerungsdichte ca. 480 Einwohner je km 2<br />

Zuordnung gem. Landesentwicklungsplan Mittelzentrum in <strong>der</strong> Region Nordschwarzwald<br />

an <strong>der</strong> Entwicklungsachse<br />

Stuttgart-Pforzheim-Karlsruhe<br />

Verdichtungsraum Karlsruhe/Pforzheim<br />

Pro-Kopf-Verschuldung (31.12.2008) 1.366 €<br />

Zahlen – Daten – Fakten<br />

zum Projekt „Enzgärten – Grüne Mitte Mühlacker“ im Rahmen des Landesprogramms<br />

Gewünschte Durchführungsjahre flexibel, möglichst 2015 – 2020;<br />

eine frühe Durchführung ist wegen des<br />

weitgehend bereits erfolgten Grun<strong>der</strong>werbs<br />

erfolgssicher realisierbar<br />

Größe <strong>der</strong> Fläche Enzgärten beidseits <strong>der</strong> Enz: 7 ha<br />

Eigentumsverhältnisse Alle projektkritischen Grundstücke sind<br />

im Eigentum <strong>der</strong> Stadt o<strong>der</strong> mit einem<br />

aktiven Ankaufsrecht versehen.<br />

Gemein<strong>der</strong>atsentscheidung ja: 32, nein: 0, Enthaltungen: 0<br />

13


14<br />

„Das Grünprojekt finde ich gut …<br />

Silvia Wittich<br />

… weil Kin<strong>der</strong> Freiraum brauchen, um sich zu<br />

entfalten und damit die Eltern mal durchatmen können.“


Geplante Höhe und Finanzierung ca. 4,7 Mio. € zzgl. Begleitmaßnahmen<br />

<strong>der</strong> Investitionen (Jugendhaus, Hochwasserschutz,…)<br />

Geplante Höhe und Finanzierung <strong>der</strong> ca. 1,0 Mio. €<br />

davon 1,278 – 2,0 Mio. € För<strong>der</strong>mittel<br />

Rest aus Haushaltsmitteln <strong>der</strong> Stadt<br />

durch Schwerpunktsetzung<br />

Durchführungskosten davon ca. 0,4 – 0,5 Mio. € aus Eintritts-<br />

gel<strong>der</strong>n und Sponsoring, Rest aus Haus-<br />

haltsmitteln<br />

Erreichbarkeit Bahnknotenpunkt mit eng getakteten<br />

Verbindungen im Nah- und Fernverkehr<br />

in Richtung Stuttgart, Pforzheim-Karls-<br />

ruhe, Bruchsal-Heidelberg/Rhein-<br />

Neckar<br />

Attraktive Regional- und Stadtbusver-<br />

bindung zum ca. 1 km entfernten<br />

Bahnhof<br />

B 10 unmittelbar angrenzend<br />

B 35 5 km<br />

A 8 Abfahrt Pforzheim Ost 10 min<br />

A 81 Abfahrt Zuffenhausen 30 min<br />

A 5 Abfahrt Bruchsal 25 km<br />

15


Defizite und Aufgaben<br />

Das Gesicht <strong>der</strong> Stadt: wegen seiner strategischen Bedeutung als Bahnknotenpunkt<br />

erlitt Mühlacker durch Fliegerangriffe im 2. Weltkrieg erhebliche Zerstörungen. Wäh-<br />

rend sich die Stadt in funktionaler Hinsicht schnell erholte, hat sie in städtebaulicher<br />

Hinsicht ihr sowieso schon sehr junges Gesicht weitgehend eingebüßt. Historische<br />

Bausubstanz, die <strong>der</strong> Identifikation <strong>der</strong> Bürger mit ihrer Stadt dienen könnte, ist in <strong>der</strong><br />

Kernstadt praktisch nicht vorhanden. Eine <strong>der</strong> steten Aufgaben <strong>der</strong> Stadtentwicklung<br />

ist es deshalb, nicht nur die praktisch-nützlich-funktionale, son<strong>der</strong>n auch die liebens-<br />

werte Seite <strong>der</strong> Stadt herauszuarbeiten – Orte zu schaffen, die Emotionen wecken.<br />

Die Enzgärten können ein solcher emotional aufgeladener Ort an den Schnittstellen<br />

zwischen Stadt und Fluss, zwischen Dürrmenz und Mühlacker werden.<br />

Qualitative Innenentwicklung: städtebaulich konzentriert sich die Stadt Mühlacker<br />

seit langem auf eine qualitative Entwicklung des Siedlungsbestands anstelle einer<br />

quantitativ ausgerichteten Ausdehnung auf <strong>der</strong> grünen Wiese. Das letzte Wohnbau-<br />

gebiet <strong>der</strong> Stadt wurde im Jahre 1993 ausgewiesen. Stattdessen wird im Rahmen <strong>der</strong><br />

Stadterneuerung die Innenentwicklung <strong>der</strong> Stadt- und Ortskerne mit erheblichem<br />

Mittelaufwand und unterstützt durch Bund und Land vorangetrieben. Notwendig für<br />

die erfolgreiche Fortsetzung dieser Strategie ist eine Verbesserung weicher Standort-<br />

faktoren in <strong>der</strong> Kernstadt. Da nur wenige innerstädtische Grünflächen vorhanden<br />

sind, werden die Enzgärten als gemeinschaftlicher Freiraum <strong>der</strong> Bevölkerung benö-<br />

tigt. Von <strong>der</strong> Stadtentwicklungsplanung STEP 2020 über die Stadtökologische Entwick-<br />

lungskonzeption und die Sanierungskonzepte für Kernstadt und Dürrmenz bis zum in<br />

<strong>der</strong> Bearbeitung befindlichen Gewässerentwicklungsplan für den Erlenbach wird die<br />

strategische Bedeutung <strong>der</strong> beiden Enzufer für eine qualitätsvolle Freiraumentwick-<br />

lung <strong>der</strong> Stadt Mühlacker betont.<br />

Gewachsene Nutzungen: das über Jahrzehnte gewachsene Nutzungsmosaik im<br />

Plangebiet verhin<strong>der</strong>t eine einheitliche Wahrnehmung <strong>der</strong> Fläche, das grundsätzlich<br />

gegebene Potenzial als grüne Mitte <strong>der</strong> Stadt liegt brach. Aufgabe des Grünprojekts<br />

muss es deshalb insbeson<strong>der</strong>e sein, überflüssige Nutzungen zu entfernen, sinnvolle<br />

Nutzungen unter gleichzeitiger Minimierung von Restflächen neu zu ordnen und diese<br />

behutsam um noch fehlende Angebote zu erweitern.<br />

17


18<br />

„Das Grünprojekt finde ich gut …<br />

… weil dieser Platz eine Menge<br />

Tanja Ringlstetter<br />

ungenütztes Potenzial hat.“


Hochwasserschutz: das Verhältnis <strong>der</strong> Einwohner zur Enz war und ist ambivalent:<br />

einerseits Lebensa<strong>der</strong>, Nahrungsquelle, Verkehrsweg, Energiequelle, an<strong>der</strong>erseits un-<br />

beherrschbare Zerstörungskraft bei Hochwasser. Dies kommt im technischen Ausbau<br />

mit geringer Aufenthaltsqualität zum Ausdruck.<br />

Flusskraftwerk: seit über 100 Jahren wird die Enz zur Energiegewinnung genutzt. Das<br />

Flusskraftwerk auf Höhe des Theodor-Heuss-Gymnasiums versorgt <strong>der</strong>zeit ca. 1.000<br />

Haushalte in Mühlacker mit Strom. Die Flusswehranlage dominiert optisch den oberen<br />

Bereich des Plangebiets als technisches Bauwerk und stellt trotz <strong>der</strong> vorhandenen<br />

Fischtreppe für die meisten Organismen eine unüberwindliche Sperre dar, die die<br />

ökologische Durchgängigkeit <strong>der</strong> Enz unterbricht.<br />

Gebäude und öffentliche Nutzungen: während die Jugendmusikschule sich weit-<br />

gehend nahtlos in die Grünflächen einfügt, stellt das Hauptgebäude <strong>der</strong> früheren<br />

Gärtnerei Keefer einen Fremdkörper dar, <strong>der</strong> die intuitiv naheliegende Wegebe-<br />

ziehung zwischen Mühlacker und Dürrmenz stört. Ein Ankaufsrecht zugunsten <strong>der</strong><br />

Stadt verspricht die Möglichkeit zur Verbesserung <strong>der</strong> Situation. Das Bürohaus Wertle –<br />

ursprünglich ein Verwaltungsgebäude – beherbergt heute das Jugendhaus und<br />

diverse Vereine: das Gebäude in Randlage ist im Eigentum <strong>der</strong> Stadt, sein schlechter<br />

Zustand legt aber einen baldigen Neubau nahe.<br />

19


20<br />

Analyse- und Konfliktplan


Verkehr: durch erheblichen Parkdruck und Lärmemissionen von <strong>der</strong> Enzstraße her<br />

(16.000 Kfz/Tag) ist eine Aufenthaltsqualität nur sehr bedingt gegeben. Durch die Ver-<br />

legung <strong>der</strong> B 10 aus <strong>der</strong> Stadtmitte (Kelterplatz) heraus zerschneidet außerdem die<br />

neue Trasse die Beziehung zwischen Stadtkern und Enzaue. Dem Fußgängersteg am<br />

Rathaus kommt daher eine wichtige Verbindungsfunktion zu.<br />

Erlenbach: er ist durch seinen begradigten Ausbau kaum im Stadtbild erlebbar und<br />

trägt somit wenig zum Thema „Wasser in <strong>der</strong> Stadt“ bei.<br />

Brachfläche Gärtnerei Baral: das Dürrmenzer Enzufer ist durch Krautgärten und die<br />

Brachfläche einer ehemaligen Gärtnerei charakterisiert, die noch einer Nachnutzung<br />

harrt. Auch hier ist ein unmittelbarer Zugang zur Enz kaum gegeben.<br />

Marktplatz Dürrmenz: <strong>der</strong> Marktplatz in Dürrmenz hat keine Aufenthaltsqualität, son<strong>der</strong>n<br />

„regelt“ den Verkehr.<br />

Waldenserstraße: <strong>der</strong> ehemals dörfliche Charakter und Charme <strong>der</strong> Waldenserstraße<br />

geht durch den hohen Versiegelungsgrad verloren. Die sehr funktionale Gestaltung<br />

(Asphalt, Hochbordsteine) tut ein übriges.<br />

Enzstraße: eine durchgehende Grüngestaltung in <strong>der</strong> vom Straßenlärm stark betrof-<br />

fenen Enzstraße fehlt ebenso wie eine attraktive Fußwegeführung in diesem unmittel-<br />

bar an die Enz angrenzenden Bereich – schleichende Erosionserscheinungen in <strong>der</strong><br />

Bewohnerschaft sind die Folge.<br />

21


22<br />

„Das Grünprojekt finde ich gut …<br />

… weil in <strong>der</strong> Stadt mehr Platz für Kin<strong>der</strong>,<br />

Frie<strong>der</strong> Herbel<br />

zum Grillen etc. sein sollte.“


Potenziale und Chancen<br />

Bewusstsein: die Bevölkerung wartet seit Jahren auf einen Stadtpark. Der Bedarf<br />

wird durch alle Bevölkerungsschichten und Altersgruppen gesehen und ist auch auf<br />

kommunalpolitischer Ebene fest verankert. Mühlacker wartet auf die Enzgärten auf<br />

beiden Seiten des Flusses als Ergänzung zur innenfokussierten Wohnungsbaupolitik <strong>der</strong><br />

Stadt.<br />

Zentralität: die Enzgärten strahlen durch ihre zentrale Lage in die gesamte Kernstadt<br />

aus. Sie sind – an <strong>der</strong> Nahtstelle zwischen den Siedlungskernen <strong>der</strong> historischen Orts-<br />

kerne von Dürrmenz und Mühlacker gelegen – Begegnungsraum für alle Bürgerinnen<br />

und Bürger <strong>der</strong> Stadt und bieten Identifikationspotenzial.<br />

Überörtlichkeit: die über Mühlacker hinausgehende Bedeutung des Einzelhandelsstandorts<br />

sowie die Lage an attraktiven Wegeverbindungen (Enztalradweg, Eppinger-<br />

Linien-Wan<strong>der</strong>weg, ...) lässt eine Nutzung <strong>der</strong> Flächen auch durch über die Stadt hin-<br />

ausreichende Bevölkerungsgruppen erwarten – nicht nur im Veranstaltungsjahr.<br />

Erschließung: in verkehrlicher Hinsicht kann das Areal durch die unmittelbare Nähe<br />

zur B10 als optimal erschlossen gelten. Attraktive Fuß- und Radwegebeziehungen<br />

aus <strong>der</strong> Stadtmitte Mühlacker bzw. aus dem Ortszentrum Dürrmenz heraus sorgen für<br />

eine gute Erreichbarkeit. Im Veranstaltungsjahr gewährleistet die Nähe zum Bahnhof<br />

umweltschonende Mobilität für die Besucher.<br />

23


Flächenverfügbarkeit: die für die Durchführung des Projekts erfor<strong>der</strong>lichen Flächen<br />

sind bereits weitestgehend im Eigentum <strong>der</strong> Stadt, so dass eine zügige und sichere<br />

Realisierung gewährleistet ist.<br />

Sowieso-Projekte: die Themen Jugendhaus, Renaturierung und die Steigerung <strong>der</strong><br />

Erlebnispotenziale des Erlenbachs, Anpassung des Hochwasserschutzes an geän<strong>der</strong>-<br />

te klimatische Bedingungen, Gestaltung von Straßenräumen sowie Lärm min<strong>der</strong>nde<br />

Maßnahmen an <strong>der</strong> Enzstraße im Rahmen <strong>der</strong> Lärmaktionsplanung können im Ge-<br />

samtzusammenhang des Grünprojekts aufeinan<strong>der</strong> abgestimmt und fokussiert ange-<br />

gangen werden.<br />

Bürgersinn: die Bevölkerung von Mühlacker ist begeisterungsfähig und bereit, sich in<br />

als wichtig erkannte Projekte langfristig einzubringen, aber auch sich neue Lebens-<br />

und Aufenthaltsräume anzueignen und diese in Besitz zu nehmen. Ein Park nicht nur<br />

für Bürger, son<strong>der</strong>n auch von und mit Bürgern. Vereine und Bürgerinitiativen signali-<br />

sieren größtes Interesse nicht nur an einem Park, son<strong>der</strong>n an <strong>der</strong> Mitwirkung bei <strong>der</strong><br />

Gestaltung und Realisierung.<br />

Bürgerinformationsveranstaltung am 08.04.<strong>2009</strong><br />

25


Konzeption – Grundlagen<br />

Die Ausgangslage: für eine nachhaltige Grünkonzeption in Mühlacker ist günstig: Ziel<br />

<strong>der</strong> Planung ist keine „Aufhübschung“, son<strong>der</strong>n die Neuschaffung einer großen, dauer-<br />

haften, zusammenhängenden innerstädtischen Grünfläche – für Mühlacker eine<br />

Jahrhun<strong>der</strong>tchance.<br />

Die Gestaltungskonzeption: baut auf den gegebenen landschaftlichen, ökologischen<br />

und städtebaulichen Gegebenheiten auf. Ziel ist es, die Potenziale des Ortes mög-<br />

lichst vollständig zu nutzen, den Landschaftsraum entlang verschiedener prägen<strong>der</strong><br />

Elemente weiter zu entwickeln.<br />

Burg und Felswand: die Burgruine Löffelstelz überragt das Areal und gibt ihm bereits<br />

in <strong>der</strong> Gesamtansicht seine landschaftsräumliche Unverwechselbarkeit, macht die<br />

Enzgärten zu einer „Marke“. Beson<strong>der</strong>e Bedeutung haben deshalb Blickbeziehungen<br />

zur Burg, aber auch die Optimierung <strong>der</strong> Wegeverbindungen, die „oben und unten“<br />

miteinan<strong>der</strong> verbinden.<br />

Wasser I: die Enz prägt den Landschaftsraum, sie ist Hintergrund und Ursache <strong>der</strong> historischen<br />

Siedlungsentwicklung. Die Stadt wendet dem Wasser <strong>der</strong>zeit jedoch weit-<br />

gehend den Rücken zu – über geraume Zeit überwogen die Probleme und Gefahren<br />

den „Nutzen“ des Flusses. Bei funktionierendem Hochwasserschutz überwiegt <strong>der</strong><br />

Freizeit- und Erlebniswert allerdings die Gefahren bei Weitem – die Stadt soll sich dem<br />

Fluss deshalb aktiv zuwenden.<br />

Wasser II: Enz und Erlenbach bergen neben dem offenkundigen Freizeitwert die<br />

Möglichkeit, ökologische Zusammenhänge in verschiedenen Bereichen begreifbar zu<br />

machen: Flussbett, Mündungs“delta“, Uferbereich mit Prall- und Gleithang, Böschun-<br />

gen, aber auch Überschwemmungsflächen, Hochwasserschutz und Sperrwirkung<br />

von Bauwerken sowie <strong>der</strong>en Überwindung – das Element Wasser und seine prägende<br />

Wirkung für Morphologie, Flora und Fauna sind in <strong>der</strong> Landschaft lesbar. Erste Gesprä-<br />

che mit den Wasserwirtschaftsbehörden verliefen vielversprechend.<br />

27


28<br />

Konzeption Grüne Mitte


30<br />

„Das Grünprojekt finde ich gut …<br />

… weil ein Platz zum entspannen und<br />

im Grünen verweilen in jede Stadt gehört.“<br />

Stephan Gräther


Wege: die zentrale Lage an den Schnittpunkten zwischen Stadt und Wasser, aber<br />

auch zwischen Mühlacker und Dürrmenz macht die Grüne Mitte zu einer Drehschei-<br />

be. Gleichermaßen funktionale wie attraktive Wegebeziehungen ermöglichen den<br />

fußläufigen Zugang zum Gelände für weite Teile <strong>der</strong> Bevölkerung und verbinden<br />

darüber hinaus Mühlacker und Dürrmenz. Nicht zuletzt verbessert die Konzeption die<br />

Wegeführung im überörtlichen Fuß- und Radwegenetz, insbeson<strong>der</strong>e des hochfre-<br />

quentierten Enztalradwegs.<br />

Nutzungen: die Gestaltung und Nutzungstypologie <strong>der</strong> Enzgärten entspricht den seit<br />

Jahren unerfüllten For<strong>der</strong>ungen und Wünschen <strong>der</strong> Mühlacker Bürger: multifunktio-<br />

nale Grünflächen, Freibereich zum Jugendhaus, Café, Biergarten, Spielgärten, Obst-<br />

und Beerengärten, 60+Gärten, ...<br />

Massenausgleich: ein wesentlicher Kostenpunkt sind Erdmassenverschiebungen,<br />

daher wurde bereits in dieser frühen Konzeptphase mit dem Ziel „Massenausgleich“<br />

gearbeitet. Erdmassen können so zum Einen weitgehend im Plangebiet verbleiben,<br />

zum An<strong>der</strong>en wird gewährleistet, dass im Hochwasserfall kein Retentionsvolumen<br />

verloren geht. Im Gegenteil, durch den Materialbedarf zu Herstellung des aktiven<br />

Lärmschutzes an <strong>der</strong> Enzstraße wird das Retentionsvolumen erhöht.<br />

Modularität und Dauerhaftigkeit: das Projekt ist modular und damit flexibel angelegt.<br />

Es legt großen Wert auf eine nachhaltige Umgestaltung, die weit über das Veranstal-<br />

tungsjahr hinausreicht.<br />

31


32<br />

Systemschnitte:<br />

oben: Massenausgleich bei Erdbewegungen,<br />

Mitte und unten: Inszenierung <strong>der</strong> Böschungskante


Konzeption – Bausteine<br />

Enzgärten links <strong>der</strong> Enz (Mühlacker): multifunktionaler Naherholungsraum für Jung<br />

und Alt: Picknickwiese, Spielplätze, Skaten, Boule spielen, Beachvolleyball spielen, im<br />

Winter Schlittschuh laufen, Kaffee trinken, Eis essen, auf den Enzterrassen sitzen, musi-<br />

zieren, Natur beobachten, Blumen riechen, durchs Wasser waten, Fe<strong>der</strong>ball spielen,<br />

Fische und Libellen beobachten, sich treffen und unterhalten, Natur kennen lernen,<br />

Platz haben …<br />

Enzgärten rechts <strong>der</strong> Enz (Dürrmenz): kleinteiliger, eher ländlich geprägter Grünraum<br />

am Dürrmenzer Enzufer, jedoch getragen durch ein orthogonales Wegemuster.<br />

Spannungsreichtum gegenüber dem urbanen linken Enzufer. Die „Inbesitznahme“<br />

durch die Bewohner kann bereits bei <strong>der</strong> Erstanlage durch kooperative Projekte<br />

entwickelt werden – gemeinsame Planung, Mitbringen von Pflanzen, Schaugärten<br />

von Obst- und Gartenbauvereinen, später auch Pflegepatenschaften. Die kleinteili-<br />

ge Struktur erlaubt verschiedenste Einzelgärten mit unterschiedlichem Charakter auf<br />

kleinem Raum.<br />

Promenade: Gestalten <strong>der</strong> Promenade beidseits <strong>der</strong> Enz mit Blickbeziehungen zur<br />

Burgruine Löffelstelz, nach Mühlacker und Dürrmenz.<br />

Zwischenebene: bessere Erlebbarkeit und Nutzung des Enzvorlandes durch Verschie-<br />

ben und Optimieren des Hochwasserdammes und Schaffung eines neuen Gelände-<br />

zwischenniveaus bei gleichem Retentionsvolumen (vgl. Skizze) – zur Enz hin Hochwas-<br />

serschutz, zur Enzstraße hin Lärmschutz.<br />

Visualisierung Enzcafé, davor Enzterrassen<br />

33


34<br />

„Das Grünprojekt finde ich gut …<br />

… weil man dann auch<br />

an <strong>der</strong> Enz spielen kann<br />

Maximilian Dauner


Grünes Klassenzimmer: Schulen und Kin<strong>der</strong>gärten werden direkt über „Grüne Klas-<br />

senzimmer“, Lehrprojekte in den Enzgärten, einheimische Bäume an verschiedenen<br />

Standorten und „Lernen auf dem Schulweg“ mit einbezogen.<br />

Jugendhaus: das neue Jugendhaus und seinen Freiraum integrieren statt separieren.<br />

Die geplante Stellung des Gebäudes sowie <strong>der</strong> Parkplätze bieten ohne baulichen<br />

Mehraufwand einen effektiven städtebaulichen Lärmschutz für die „Enzgärten“.<br />

Fischtreppe: Schaffung <strong>der</strong> ökologischen Durchgängigkeit <strong>der</strong> Enz beim Wehr durch<br />

ein erlebbares Umgehungsgerinne unter Einbeziehung <strong>der</strong> Erlenbachmündung.<br />

Erlenbach: Renaturierung des Erlenbachs zwischen B10 und Enzmündung, Gestaltung<br />

des Erlenbachs zwischen B10 und Goethestraße als wahrnehmbares Element „Was-<br />

ser in <strong>der</strong> Stadt“, Stärkung <strong>der</strong> Wegebeziehung entlang des Erlenbachs bis zu den<br />

Seniorenwohn- und -pflegeheimen.<br />

Eingänge: Aufwertung des Entrées nach Dürrmenz am Waldensersteg, Begrünung<br />

und städtebauliche Aufwertung <strong>der</strong> Waldenserstraße des Marktplatzes sowie des<br />

Eingangs zum Kelterplatz.<br />

Strand: am Gleitufer, auf Dürrmenzer Seite, entsteht ein „Sandstrand“ mit mobilen Sitz-<br />

und Erholungsmöglichkeiten und direktem Blick auf die Löffelstelz.<br />

35


Konzeption – Begleitmaßnahmen<br />

Innerhalb des Plangebiets stehen mittelfristig verschiedene bauliche Projekte zur Re-<br />

alisierung an. Eine Koordination aller Maßnahmen im Rahmen einer Gesamtplanung<br />

erscheint angezeigt, da die betroffenen Themen weitreichende Folgen für die Ge-<br />

staltung <strong>der</strong> Fläche haben und sich gegenseitig beeinflussen.<br />

Auch jenseits fachlicher Koordinationserfor<strong>der</strong>nisse kann <strong>der</strong> aus dem Grünprojekt<br />

resultierende Schwung genutzt werden, um notwendige Projekte im Umfeld mit zu<br />

beför<strong>der</strong>n:<br />

Jugendhaus I: Neubau – Das Jugendhaus <strong>der</strong> Stadt Mühlacker ist zentraler Bestand-<br />

teil <strong>der</strong> offenen Jugendarbeit. Es ist <strong>der</strong>zeit provisorisch im Bürohaus am Wertle un-<br />

mittelbar im Plangebiet untergebracht. Multifunktional nutzbare Freiflächen für die<br />

Vielzahl an Veranstaltungen sind nicht vorhanden, das Gebäude selbst ist in sehr<br />

schlechtem baulichem Zustand und muss durch einen Neubau ersetzt werden. Der<br />

Makrostandort Wertle/Enzvorland profitiert von seiner guten Erreichbarkeit zu Fuß<br />

sowie per Bus und Rad, so dass ein Neubau wie<strong>der</strong> innerhalb des Plangebiets zu<br />

suchen wäre. Durch eine eher bandförmige Ausbildung des Baukörpers wäre ein<br />

effektiver Lärmschutz <strong>der</strong> Freibereiche gegen die Enzstraße erreichbar.<br />

Jugendhaus II: Energieoptimierung - Der Neubau soll als energetisch optimiertes Ge-<br />

bäude geplant werden. Weite Teile <strong>der</strong> Bevölkerung haben Vorbehalte gegen Nied-<br />

rigenergie- o<strong>der</strong> gar Nullenergiegebäude, weil sie keine praktische Vorstellung vom<br />

Leben in diesen Gebäuden haben. Jugendliche sind die Bauherren von morgen und<br />

sollten eigene Erfahrungen mit energieoptimierten Gebäuden sammeln können.<br />

37


38<br />

„Das Grünprojekt finde ich gut …<br />

… weil <strong>der</strong> Skateplatz mit mehr Fläche<br />

Markus Korn<br />

ausgestattet werden sollte.“


Lärmschutz: Lärm, insbeson<strong>der</strong>e Verkehrslärm besitzt das höchste Störpotential für<br />

Menschen und macht krank. Die Stadt Mühlacker ist mit <strong>der</strong> B 10 und <strong>der</strong> Enzstraße<br />

in <strong>der</strong> ersten Stufe in <strong>der</strong> Lärmaktionsplanung vertreten – beide Straßen liegen unmit-<br />

telbar am Plangebiet an und bewältigen tägliche Verkehrsmengen von über 16.000<br />

Kfz. Die Maßnahmenplanung zum Schutz <strong>der</strong> Wohnbevölkerung ist <strong>der</strong>zeit in Arbeit<br />

und wird in einen mittelfristig umzusetzenden Aktionsplan münden. Der Schutz inner-<br />

städtischer Naherholungsflächen vor Verkehrslärm muss einen vergleichbaren Stel-<br />

lenwert einnehmen, da diese als Rückzugsraum für die Freizeitgestaltung gerade <strong>der</strong><br />

beengt wohnenden Bevölkerung in verkehrlich belasteten Lagen eine wesentliche<br />

Ausgleichsfunktion haben.<br />

Hochwasserschutz: die Hochwasserschutzmaßnahmen an <strong>der</strong> Enz wurden nach<br />

dem Jahrhun<strong>der</strong>thochwasser 1993 auf Schutz gegen ein hun<strong>der</strong>tjähriges Hochwas-<br />

serereignis ausgebaut. Durch die bereits eingetretenen und noch zu erwartenden<br />

Klimaän<strong>der</strong>ungen wird <strong>der</strong> Einzugsbereich <strong>der</strong> Enz <strong>der</strong>zeit einer Prüfung unterzogen.<br />

Das voraussichtliche Ergebnis wird nach Auskunft <strong>der</strong> Fachbehörden ein Absinken<br />

des Schutzniveaus auf HQ 85-90 statt bisher HQ 100 sein. Ergänzende Maßnahmen<br />

sind notwendig und müssen städtebaulich abgefangen werden, um eine weitere<br />

Technisierung und Abgrenzung des Enzvorlands von den Siedlungsbereichen zu ver-<br />

hin<strong>der</strong>n.<br />

Wegeverbindungen: entlang des Erlenbachs sowie den Hang hinauf zur Burgruine<br />

Löffelstelz sind Wegeverbindungen teilweise unterbrochen, teilweise auch nur in<br />

schlechtem o<strong>der</strong> ungestaltetem Zustand. Durch den mit <strong>der</strong> Realisierung <strong>der</strong> Grünen<br />

Mitte verbundenen Systemgedanken geraten die einzelnen noch verbliebenen Prob-<br />

lemstellen erneut in den Fokus und können zeitnah umgesetzt werden.<br />

39


40<br />

Besucherrundwege im<br />

Veranstaltungsjahr


Konzeption – Ausstellung<br />

Nachhaltigkeit: Mühlacker möchte im Eröffnungsjahr eine qualitätvolle Ausstellung<br />

bieten, die gärtnerische Schwerpunkte setzt, ohne hierbei auf dauerhafte Nutzbar-<br />

keit zu verzichten. Das Gelände-Layout lässt intensive Nutzungen im Veranstaltungs-<br />

jahr bei geringen Umbaukosten für den Dauerbetrieb zu.<br />

Besucherpotential: die Stadt Mühlacker liegt innerhalb des Dreiecks <strong>der</strong> drei größten<br />

Städte Baden-Württembergs Stuttgart, Mannheim und Karlsruhe. So ergibt sich bereits<br />

bei einem Radius von 50 Kilometern ein Besucherpotential von über 4,5 Mio. Perso-<br />

nen, die umweltfreundlich mit <strong>der</strong> Bahn anreisen können. Hinzu kommt die hervorra-<br />

gende Verkehrsanbindung über die Autobahnen A8, A81, A5, sowie die Bundesstra-<br />

ßen B 10 und B 35. Die Tiefgarage am Kelterplatz, also unmittelbar am Eingang zum<br />

Gelände verfügt über eine Direktanbindung an die B 10 und bietet 240, <strong>der</strong> Parkplatz<br />

am Hallenbad weitere 230, <strong>der</strong> Festplatz wenige Meter flussabwärts nochmals 200<br />

Stellplätze. Somit kann davon ausgegangen werden, dass die Stadt Mühlacker zu<br />

ihrem Grünprojekt eine große Zahl von Besuchern begrüßen darf.<br />

Schwerpunkt: <strong>der</strong> Schwerpunkt des Veranstaltungskalen<strong>der</strong>s liegt in den „Enzgärten“.<br />

Hier zeigen die Einwohner von Mühlacker, die Vereine, Initiativen und Kirchen ihr Profil,<br />

eingebettet in die exklusiven Neuheiten <strong>der</strong> Ausstellungsbeiträge von „Grünen Ver-<br />

bänden“ (Garten <strong>der</strong> Besinnung, Garten <strong>der</strong> Bewegung, etc.). Der bewusste Kontrast<br />

zwischen kleinteiligen (Dürrmenzer Seite) und großzügigeren Flächenlayouts (Enzvor-<br />

land) lässt Platz für die Darstellung verschiedener landschaftsarchitektonischer und<br />

landschaftsgärtnerischer Konzepte.<br />

41


42<br />

„Das Grünprojekt finde ich gut …<br />

Bernd und Oliver Briele<br />

… weil es Freude macht, draußen zu sein.“


Gartenbau: in den Dürrmenzer Enzgärten wird <strong>der</strong> traditionelle Gartenbau Gewicht<br />

haben: gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung geraten bei Kin<strong>der</strong>n und<br />

Jugendlichen, genauso wie bei Erwachsenen im heutigen Spannungsfeld <strong>der</strong> schu-<br />

lischen und beruflichen Anfor<strong>der</strong>ungen oft ins Hintertreffen. Unter diesem Gesichts-<br />

punkt werden u.a. kleine Bauern- und Gemüsegärten angelegt, die in Kooperation<br />

mit „echten“ Gärtnern und den Schulen bewirtschaftet werden und die ökologi-<br />

schen Zusammenhänge „handgreiflich“ machen.<br />

Kulturbühne Enzterrassen: in <strong>der</strong> langen Nacht <strong>der</strong> Enz findet ein buntes Treiben fluss-<br />

abwärts statt. Das umgestaltete Enzvorland wird zur „Bühne“, die Enzterrassen am<br />

Hochwasserdamm werden zur „Loge“. So entsteht eine dauerhafte Naturbühne, die<br />

auch nach dem Veranstaltungsjahr einen festen Platz im jährlichen Kulturprogramm<br />

<strong>der</strong> Stadt einnehmen kann. Sie kann die gut eingeführte Veranstaltungsreihe „Kultur<br />

auf <strong>der</strong> Burg“ da ergänzen, wo größere Flächen notwendig sind o<strong>der</strong> größere Be-<br />

sucherzahlen erwartet werden.<br />

Temporäre Gärten: das Grünprojekt wird in die Stadt getragen. Kunstpfade und<br />

temporäre Stadtgärten erzeugen beson<strong>der</strong>e Anziehungspunkte und ermöglichen es,<br />

auch außergewöhnliche Grünkonzepte auf Zeit zu verwirklichen. Die <strong>der</strong>zeit bereits<br />

in <strong>der</strong> Realisierung befindlichen Stadtplätze entlang <strong>der</strong> Bahnhofstraße stehen als<br />

wandlungsfähige Bühnen zur Verfügung.<br />

Wasser: Wasser in all seiner Vielfältigkeit wie Lebensraum, Energieträger, Gestaltungs-<br />

und Nahrungsmittel, aber auch Naturgewalt wird zu einem <strong>der</strong> Leitthemen und ist<br />

direkt vor Ort in all seinen Dimensionen hautnah erlebbar.<br />

43


44<br />

Temporäre Einfriedung für Veranstaltungen


Geschichte: den Einwohnern und Gästen wird in Mühlacker ein umfang- und ab-<br />

wechslungsreiches Ausstellungs- und Veranstaltungsprogramm geboten. Auf <strong>der</strong><br />

Grundlage <strong>der</strong> Geschichte (römische Siedlung, Kloster Maulbronn, Eppinger Linie,<br />

Eisenbahnknotenpunkt, junge Stadtgeschichte…) werden noch heute ablesbare<br />

historische Bezüge attraktiv vermittelt.<br />

Stadtteile und Vereine: alle Stadtteile mit ihren Vereinen sind wichtiger Bestandteil <strong>der</strong><br />

Ausstellung und des Veranstaltungskalen<strong>der</strong>s. Stadtteilwochenenden geben auch<br />

den fünf Stadtteilen die Möglichkeit, sich in ihrer Vielfalt zu präsentieren.<br />

Pavillon: das Jugendhaus steht als zentrales Gebäude im Gelände für Ausstellungen<br />

zur Verfügung. Hier kann ein Info-Pavillon im Veranstaltungsjahr dauerhaft eingerich-<br />

tet werden.<br />

Geschlossene Veranstaltungen: das Thema Einzäunung <strong>der</strong> Veranstaltungsflächen<br />

muss im weiteren Verfahren noch differenziert untersucht werden. Ein erstes Konzept<br />

zeigt die flexiblen Möglichkeiten, die mit zwei verschiedenartigen Teilgebieten ein-<br />

hergehen. Veranstaltungen können jedoch nicht nur im Gelände selbst, son<strong>der</strong>n<br />

ergänzend auch an <strong>der</strong> unmittelbaren Peripherie vorteilhaft angeboten werden:<br />

Schulen, Mühlehof, Rathaus, Kelter und Burgruine Löffelstelz liegen in Sichtweite und<br />

sind fußläufig erreichbar.<br />

45


46<br />

Kosten und Finanzierung<br />

Investitionshaushalt<br />

Der Investitionshaushalt enthält ausschließlich Kosten für Maßnahmen von dauerhaf-<br />

ter und nachhaltiger „grüner Infrastruktur“ in Mühlacker. Sie sind als Investitionen <strong>der</strong><br />

Stadt in eine auf die Zukunft ausgerichtete Stadtentwicklung zu sehen.<br />

Grüne Mitte/Enzgärten 3,4 Mio €<br />

(Grünflächen, Wege, Plätze, Spielbereiche, Sitzstufen,<br />

Parkierung etc. ohne Café und neues Jugendhaus)<br />

Grüngestaltung Enzstraße 0,5 Mio. €<br />

Gestaltung <strong>der</strong> Waldenserstraße und des Marktplatzes in Dürrmenz 0,8 Mio. €<br />

Summe 4,7 Mio. €<br />

davon Zuschüsse ca. 50 %<br />

Programm Natur in Stadt und Land 2,0 Mio. €<br />

Landessanierungsprogramm, Hochwasserschutz,... 0,35 Mio. €<br />

Kommunaler Anteil Vermögenshaushalt 50 % 2,35 Mio. €<br />

Ausstellungshaushalt<br />

Die Schätzung für den Durchführungshaushalt beruht auf Zahlen vergleichbarer<br />

Projekte, sie wurde jedoch an die Anfor<strong>der</strong>ungen in Mühlacker angepasst.<br />

Ausgaben für temporäres Grün, Veranstaltungen, Ausstellungen,<br />

Pflege, Marketing, Parkleitsystem, Rückbau, ...<br />

1,0 Mio. €<br />

Einnahmen aus Eintrittsgel<strong>der</strong>n, Führungen, 0,4 – 0,5 Mio. €<br />

Sponsoring, Parkgebühren, ...<br />

Kommunaler Anteil Verwaltungshaushalt 50 % 0,5 – 0,6 Mio. €


Es wird deutlich, dass keine „riesigen Sprünge“ gemacht werden können. Die Mitwir-<br />

kung von Bürgerinnen und Bürgern, von Vereinen und Initiativen, wirkt an<strong>der</strong>erseits<br />

kostenmin<strong>der</strong>nd. Wichtig wird sein, dass das Ausstellungsprogramm einerseits anspre-<br />

chend und einladend ist, dass an<strong>der</strong>erseits aber die Ausstellungsbeiträge kostenex-<br />

tensiv gestaltet werden. Im Veranstaltungskonzept wurde dies berücksichtigt.<br />

Folgekosten, Pflege<br />

Die Enzgärten links <strong>der</strong> Enz (Mühlacker Flussseite) verursachen bereits heute durch<br />

zerstückelte, unzusammenhängende Grünflächen erhebliche Pflegekosten, ohne<br />

dafür einen entsprechenden Ertrag im Sinne eines freiräumlichen Mehrwerts für die<br />

Stadt und ihre Einwohner zu erwirtschaften. Für diesen Bereich ist nicht mit erhebli-<br />

chen Pflegemehraufwendungen zu rechnen.<br />

Die Enzgärten rechts <strong>der</strong> Enz (Dürrmenzer Flussseite) werden einen Pflegemehrauf-<br />

wand mit sich bringen, <strong>der</strong> allerdings durch Bürger-, Vereins- und Schulpatenschaften<br />

verringert werden kann. Durch pflegeextensive Bepflanzung und bauliche Elemente<br />

mit geringem Pflegeaufwand wird die gesteigerte Aufenthaltsqualität die Pflege-<br />

mehrkosten auch dauerhaft weit übersteigen.<br />

Nach <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitigen Einschätzung ist das Projekt „Natur in Stadt und Land“ in <strong>der</strong><br />

mittelfristigen Finanzplanung <strong>der</strong> Stadt Mühlacker darstellbar. Städtebauliche- und<br />

Hochbauprojekte mit vergleichbaren Investitions- und Folgekosten werden in Mühl-<br />

acker regelmäßig realisiert. Die in Politik und Bürgerschaft erkannte Priorität <strong>der</strong><br />

Grünen Mitte wie auch die zur Verfügung stehenden För<strong>der</strong>mittel sichern die Reali-<br />

sierbarkeit im Rahmen des Haushalts <strong>der</strong> Stadt Mühlacker ab.<br />

47


48<br />

Mo<strong>der</strong>ationskarten aus <strong>der</strong> Bürgerbeteiligung am 08.04.<strong>2009</strong>


Von Bürgern – für Bürger<br />

Die Enzgärten sollen kein „verordneter Park“ werden, son<strong>der</strong>n ein Stadtgarten von<br />

Bürgern für Bürger. Bereits bei einer Informationsveranstaltung am 08.04.<strong>2009</strong> zeigte<br />

sich, dass die Bevölkerung sich mit regem Interesse an <strong>der</strong> Gestaltung ihrer Gärten<br />

beteiligen will: an die Vorstellung <strong>der</strong> bisherigen Planinhalte schloss sich eine mode-<br />

rierte zweistündige Diskussion an, in <strong>der</strong> die Bürger nochmals Ihre Ideen einbrachten.<br />

In den folgenden Tagen gingen weitere schriftliche Stellungnahmen ein, die aus-<br />

nahmslos die Notwendigkeit des Projekts betonten. Die Identifikation <strong>der</strong> Bürgerinnen<br />

und Bürger mit dem Projekt „Enzgärten – Grüne Mitte Mühlacker“ ist vor dem Hinter-<br />

grund erster Feedbacks als sehr hoch einzustufen.<br />

Für das weitere Verfahren bedeutet dies: bei diesem Projekt muss von vornherein<br />

eine weit über das übliche Maß hinausgehende Beteiligung <strong>der</strong> Bevölkerung einge-<br />

plant werden. Kooperative Planungsverfahren, wie sie z. B. in Soziale-Stadt-Projekten<br />

zum Standardrepertoire gehören, können als Vorbild für das weitere Verfahren ge-<br />

nommen werden. Wesentlich ist hierbei die frühzeitige Einbindung aller relevanten<br />

Interessensgruppen, ergänzt um „Anwälte“ <strong>der</strong>jenigen, die auch durch nie<strong>der</strong>-<br />

schwellige Beteiligungsangebote nicht zu erreichen sind.<br />

49


50<br />

Insbeson<strong>der</strong>e die gemeinsame Erarbeitung von Konzepten mit Kin<strong>der</strong>n und Jugend-<br />

lichen zeigt gegenüber einer reinen „Planerplanung“ regelmäßig erhebliche Vorteile:<br />

die Angebote werden am tatsächlichen Bedarf ausgerichtet und die Beteiligten ent-<br />

wickeln – z. B. beim Modellbau – Verständnis für begrenzte räumliche und finanzielle<br />

Ressourcen. Die gesteigerte Identifikation mit ihren Enzgärten ist außerdem eine gute<br />

Voraussetzung für einen sorgsamen und verantwortungsbewussten Umgang mit <strong>der</strong><br />

Anlage.<br />

Nicht nur in <strong>der</strong> Planungsphase, auch bei <strong>der</strong> Realisierung und späteren Pflege kön-<br />

nen in kleinteilig organisierten Bereichen Bürgerbeteiligung und Patenschaften – ob<br />

durch Einzelne, durch Nachbarschaften, Interessensgruppen o<strong>der</strong> Vereine – groß<br />

geschrieben werden. Was kommt heraus, wenn zur Anlage kleiner Gärten die Bürger<br />

ihre Lieblingspflanzen mitbringen dürfen? Lassen sich Patenschaften dauerhaft instal-<br />

lieren? Vielleicht durch Schaffung einer Austauschplattform für alle Paten?<br />

Funktioniert eine Aufsicht und Pflege für jugendhausnahe Flächen durch das Jugend-<br />

haus selbst? All diese Fragen sind spannend, können aber nur durch Ausprobieren<br />

beantwortet werden. Das Grünprojekt „Enzgärten – Grüne Mitte Mühlacker“ bietet<br />

dazu die Gelegenheit.


Zusammenfassung<br />

Einleitung ________________________________________________________________ Seite 7<br />

Die Stadt Mühlacker, bewirbt sich im Rahmen des Landesprogramms „Natur in Stadt<br />

und Land 2015-2025“ als Durchführungsort für das Grünprojekt „Enzgärten – Grüne<br />

Mitte Mühlacker“.<br />

Die Potentiale des Gesamtareals entlang <strong>der</strong> Enz an <strong>der</strong> Nahtstelle zwischen Mühl-<br />

acker und Dürrmenz sind bis heute weitgehend ungenutzt. Auf den ersten Blick bereits<br />

mit viel Grün ausgestattet, werden bei genauerem Hinsehen die Defizite sichtbar:<br />

weite Flächen für Autos statt für Menschen, kleinteilig zerstückelte Grünrestflächen<br />

ohne Aufenthaltsqualität, Verlärmung durch 16.000 Kfz am Tag, Gestaltungsmängel,<br />

heruntergekommene Bausubstanz, technischer Hochwasserschutz ohne Aufenthalts-<br />

qualitäten – das Gelände verkauft sich weit unter Wert.<br />

Mit dem Grünprojekt besteht nun die einmalige Chance, über das Landesprogramm<br />

eine Grüne Mitte zwischen Mühlacker und Dürrmenz zu gestalten und diese durch<br />

attraktive Wegebeziehungen mit beiden Stadtteilen eng zu vernetzen.<br />

Defizite und Aufgaben ____________________________________________________ Seite 19<br />

Das Grünprojekt-Gelände weist heute erhebliche strukturelle und gestalterische Män-<br />

gel auf, die eine angemessene Inbesitznahme und Nutzung durch die Bürgerschaft<br />

verhin<strong>der</strong>n:<br />

Identifikation: Mühlacker ist eine junge Stadt, die ihre wenige historische Bausubstanz<br />

im 2. Weltkrieg weitgehend verloren hat. Aufgabe <strong>der</strong> Stadtplanung ist es deshalb,<br />

Orte zu schaffen, die Identifikation vermitteln und Emotionen wecken.<br />

Qualitative Innenentwicklung: die Stadt Mühlacker hat seit 1993 kein Baugebiet mehr<br />

ausgewiesen und konzentriert sich auf die Innenentwicklung. Das äußerst geringe<br />

innerstädtische Grünflächenangebot muss deshalb als weicher Standortfaktor vor-<br />

rangig entwickelt werden – <strong>der</strong> Bedarf ist erheblich.<br />

Gewachsene Nutzungen: ein kleinteiliges Mosaik verschiedener Nutzungen zerteilt<br />

das Areal in Einzelflächen, die jede für sich keine Ausstrahlung haben. Das Areal muss<br />

neu geglie<strong>der</strong>t und strukturiert werden.<br />

Hochwasserschutz: das an technischen Belangen ausgerichtete Profil des Flusses<br />

bietet wenig Aufenthaltsqualität. Die Nutzung des Areals wird dadurch stark einge-<br />

schränkt, die Frage muss fachübergreifend planerisch überdacht werden.<br />

51


52<br />

Flusskraftwerk: die Wehranlagen stellen in ökologischer Hinsicht eine erhebliche Barri-<br />

ere dar, die durch die bestehende Fischtreppe nur unzureichend gemil<strong>der</strong>t wird.<br />

Bestandsgebäude: das Jugendhaus muss durch einen Neubau ersetzt werden, das<br />

Hauptgebäude <strong>der</strong> ehem. Gärtnerei Keefer stört die wichtigste Wegebeziehung.<br />

Verkehr: die Verlärmung des Areals durch 16.000 Kfz/Tag auf <strong>der</strong> Enzstraße (L 1134)<br />

min<strong>der</strong>t erheblich die Aufenthaltsqualität.<br />

Erlenbach: <strong>der</strong> Bach ist in weiten Teilen <strong>der</strong> Stadt nicht erlebbar, teilweise aufgrund<br />

mangeln<strong>der</strong> Gestaltung, teilweise wegen grundstücksrechtlicher Einschränkungen.<br />

Gärtnerei Baral: die Brachfläche wurde erworben und abgeräumt, harrt aber noch<br />

einer Nachnutzung.<br />

Potentiale und Chancen __________________________________________________ Seite 25<br />

Das Gelände birgt außerordentliche Möglichkeiten – aus sich selbst, aus <strong>der</strong> Lage in<br />

<strong>der</strong> Stadt, aber auch aus <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Stadt heraus:<br />

Bewusstsein: Bürgerschaft und Gemein<strong>der</strong>at sind sich <strong>der</strong> Defizite bewusst – <strong>der</strong>zeit<br />

gibt es keine größere zusammenhängende Grünfläche in <strong>der</strong> Stadt. Sie erkennen die<br />

Notwendigkeit einer zentral gelegenen öffentlichen Grünfläche – und ebenso die Po-<br />

tentiale, die durch eine Neugestaltung in <strong>der</strong> Grünen Mitte aktiviert werden können.<br />

Zentralität: die Grüne Mitte ist ein Stadtpark für ganz Mühlacker – unmittelbar an den<br />

beiden Stadt-/Ortskernen gelegen, am Schnittpunkt bedeuten<strong>der</strong> Wegebeziehun-<br />

gen und <strong>der</strong> einzigen fußläufigen Verbindung Mühlacker – Dürrmenz – exakt in <strong>der</strong><br />

Mitte <strong>der</strong> Stadt.<br />

Überörtlichkeit: Durch die Nähe zur Einkaufsinnenstadt und die Lage an überörtli-<br />

chen Rad- und Wan<strong>der</strong>wegen stehen die Enzgärten auch nach dem Eröffnungsjahr<br />

nicht nur <strong>der</strong> lokalen Bevölkerung zur Verfügung.<br />

Erschließung: das Gelände ist optimal erschlossen und verfügt in fußläufiger Entfer-<br />

nung über knapp 700 Bestandsparkplätze.<br />

Flächenverfügbarkeit: alle strategisch wichtigen Flächen sind im Eigentum <strong>der</strong> Stadt<br />

o<strong>der</strong> mit aktivem Ankaufsrecht ausgestattet.<br />

Sowieso-Projekte: verschiedene im Gebiet anstehende Projekte (Neubau Jugend-<br />

haus, Verbesserung Hochwasserschutz, Lärmaktionsplanung, Gewässerentwicklungs-<br />

planung Enz und Erlenbach) können koordiniert geplant und realisiert werden.<br />

Bürgersinn: die Bürgerschaft von Mühlacker kann – wie bei <strong>der</strong> Burg Löffelstelz –<br />

erneut beweisen, dass sie bereit ist, für ein gemeinsames Ziel mit anzupacken.


Konzeption – Grundlagen _________________________________________________ Seite 29<br />

Die Gestaltungskonzeption baut auf den gegebenen landschaftlichen, ökologischen<br />

und städtebaulichen Gegebenheiten auf. Ziel ist es, die Potentiale des Ortes mög-<br />

lichst vollständig zu nutzen, den Landschaftsraum entlang verschiedener prägen<strong>der</strong><br />

Elemente weiter zu entwickeln:<br />

Burg und Felswand: spektaktulär und unverwechselbar – eine Marke<br />

Wasser (I): prägendes Landschaftselement, öffnen und verflechten statt wegsperren<br />

Wasser (II): ökologische Zusammenhänge an verschiedenen Elementen ablesbar<br />

machen (Flussbett, Erlenbachdelta, Böschungen, Hochwasser,...)<br />

Wege: Verbindung Mühlacker – Dürrmenz, Stadt – Wasser, Enztal-Radweg<br />

Nutzungen: großzügige und kleinteilige Gärten, multifunktional, nutzergerecht<br />

Modularität und Dauerhaftigkeit: kleinteilig, aber mit starkem Rückgrat; bleibende<br />

Entwurfselemente<br />

Konzeption – Bausteine _________________________________________________ Seite 35<br />

Die Konzeption sieht verschiedene Bausteine vor, die ineinan<strong>der</strong> greifen und ver-<br />

schiedene Interessen bedienen:<br />

Enzgärten links <strong>der</strong> Enz (Mühlacker): multifunktionaler, großzügiger, urbaner Naherho-<br />

lungsraum für Jung und Alt<br />

Enzgärten rechts <strong>der</strong> Enz (Dürrmenz): kleinteiliger, eher ländlich geprägter Grünraum<br />

mit <strong>der</strong> Möglichkeit intensiver Mitwirkung bei Planung, Realisierung und Pflege<br />

Promenade: Rundweg entlang <strong>der</strong> Enzufer mit wechseln<strong>der</strong> Perspektive auf Fluss und<br />

Burg<br />

Geländezwischenniveaus im Enzvorland schaffen: zur besseren Nutzbarkeit, sie dienen<br />

Lärm- und Hochwasserschutz gleichermaßen<br />

Grünes Klassenzimmer: Natur kennen lernen für Schulen und Kin<strong>der</strong>gärten<br />

Fischtreppe: Durchgängigkeit <strong>der</strong> Enz herstellen<br />

Erlenbach: attraktive Wegeverbindung , „Wasser in <strong>der</strong> Stadt“<br />

Eingänge: Entrée nach Dürrmenz am Waldensersteg und am Marktplatz<br />

53


54<br />

Konzeption – Begleitmaßnahmen _________________________________________ Seite 39<br />

Innerhalb des Plangebiets stehen mittelfristig verschiedene bauliche Projekte zur<br />

Realisierung an. Eine Koordination ist erfor<strong>der</strong>lich, da die betroffenen Themen weitrei-<br />

chende Folgen für die Gestaltung <strong>der</strong> Fläche haben und sich gegenseitig beeinflus-<br />

sen.<br />

Auch jenseits fachlicher Koordinationserfor<strong>der</strong>nisse kann <strong>der</strong> aus dem Grünprojekt<br />

resultierende Schwung genutzt werden, um notwendige Projekte im Umfeld zu beför-<br />

<strong>der</strong>n:<br />

Jugendhaus (I): Neubau wegen schlechter Bausubstanz erfor<strong>der</strong>lich<br />

Jugendhaus (II): Energieoptimiertes Gebäude zum Anfassen und „Probewohnen“ für<br />

die Bauherren von morgen<br />

Lärmschutz: städtebauliche Lösung durch Parken an <strong>der</strong> Straße, neues Jugendhaus<br />

als Schutzriegel, ergänzende Geländemodellierung<br />

Hochwasserschutz: Aufrechterhaltung HQ 100 trotz „Klimafaktor“<br />

Wegeverbindungen: Schließen von Lücken im Fuß- und Radwegenetz <strong>der</strong> Stadt<br />

Konzeption – Ausstellung __________________________________________________ Seite 43<br />

Nachhaltigkeit: weitgehen<strong>der</strong> Erhalt für den Dauerbetrieb, Pflegepatenschaften<br />

Besucherpotential: Großräume Stuttgart, Karlsruhe, Mannheim: 4,5 Mio Einwohner im<br />

50 km-Radius<br />

Schwerpunkt Enzgärten: Ausstellungen, Veranstaltungen, Schauen<br />

Gartenbau: in den Dürrmenzer Enzgärten: kleinteilig, ländlich – zum Probegärtnern<br />

und Testen verschiedener Konzepte<br />

Kulturbühne Enzterrassen: Gegenpart zur „Kultur auf <strong>der</strong> Burg“, aber auch Standort für<br />

das jährliche Straßenfest <strong>der</strong> Stadt<br />

Temporäre Gärten: Grüne Zimmer in <strong>der</strong> Stadt<br />

Geschichte: Burg, Flößerei, Waldenser, Eppinger Linie<br />

Stadtteile und Vereine: stadtteilspezifische Rundwege: Wein, mittelalterliches Dorf,...<br />

Landespavillon: im neuen Jugendhaus, deshalb mit gesicherter Nachnutzung<br />

Geschlossene Veranstaltungen: zwei Gelände, je nach Bedarf


Kosten ___________________________________________________________________ Seite 48<br />

Die Investitionskosten liegen bei ca. 4,7 Mio. € für Freiraumgestaltungsmaßnahmen,<br />

die die Wohn- und Freizeitqualität <strong>der</strong> Stadt erheblich steigern und einen dauerhaf-<br />

ten Mehrwert für die gesamte Bevölkerung bedeuten. Im Veranstaltungsjahr ist von<br />

Kosten i. H. v. ca. 1,0 Mio. € auszugehen, denen Einnahmen von ca. 0,4 – 0,5 Mio. €<br />

aus Eintritt, Sponsoring, … gegenüber stehen.<br />

Die Stadt Mühlacker bearbeitet <strong>der</strong>zeit verschiedenste städtebauliche Maßnahmen<br />

in vergleichbaren Größenordnungen. Diese enden vor Beginn des Grünprojekts, so<br />

dass finanzielle wie personelle Kapazitäten frei werden. Das Projekt „Enzgärten – Grü-<br />

ne Mitte Mühlacker“ genießt höchste Priorität – die Stadt ist bereit und in <strong>der</strong> Lage,<br />

das Projekt „Enzgärten – Grüne Mitte Mühlacker“ in <strong>der</strong> mittelfristigen Finanzplanung<br />

abzubilden.<br />

Von Bürgern für Bürger ____________________________________________________ Seite 51<br />

Von beson<strong>der</strong>er Bedeutung wird es sein, die Bürger in Planung, Umsetzung und Pfle-<br />

ge aktiv einzubeziehen – die Enzgärten sollen kein „Park von oben“ son<strong>der</strong>n ein<br />

Garten von Bürgern für Bürger sein. Denn die „Enzgärten“ sind nicht nur individuell<br />

nutzbarer Erholungsraum. Sie bieten <strong>der</strong> Bevölkerung die notwendige Plattform zur<br />

nie<strong>der</strong>schwelligen Kommunikation und Interaktion, zum gegenseitigen Kennenlernen<br />

als Grundlage für gelebte Integration und generationenübergreifenden Dialog.


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Impressum<br />

Herausgeber: Stadt Mühlacker, Kelterplatz 7, 75417 Mühlacker<br />

Planerische Konzeption: Planstatt Senner Landschaftsarchitektur und Umweltplanung, Überlingen/Stuttgart<br />

Textredaktion: Planungs- und Baurechtsamt <strong>der</strong> Stadt Mühlacker, Planstatt Senner<br />

Gestaltung: MedienDesign Simone Jensen, Niefern-Öschelbronn<br />

Druck: Karl Elser Druck GmbH, Mühlacker<br />

Fotos: Armin Dauner (Bürgerfotos, Naturbil<strong>der</strong>)<br />

Mühlacker, <strong>April</strong> <strong>2009</strong><br />

fotolia.com: Foxy_A #8991642 (Titel), Brigitte Bohnhorst-Simon (S. 38 Mitte),<br />

Carsten Meyer (S. 38 Mitte oben)

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