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und sonst?<br />
Auf Jens Friebe ist Verlass. Sein viertes<br />
Album „Abändern“ (Zickzack/Indigo) ist<br />
ein gutes Beispiel, wie man dem arg strapazierten<br />
Genre Singer/Songwriter noch<br />
ein paar andere Seiten aufziehen kann.<br />
Friebes Hauptinstrument ist jetzt ein hämmernd<br />
gespieltes Piano, die Songs kommen<br />
im Uptempo – nenn’s Rock’n’Roll mit<br />
gewohnt hoher Textqualität.<br />
„Babylon Central“ (ESL/Warner) – ein<br />
Soundtrack und Film auf beigelegter DVD<br />
von Eric Hilton von Thievery Corporation.<br />
Um das Produktionsteam T.C. ist es in<br />
letzter Zeit etwas still geworden; Hilton<br />
schrieb mit „Babylon Central“ einen Wirtschaftskrimiplot<br />
über einen Kurierfahrer<br />
der nachts <strong>als</strong> DJ arbeitet. Reggae macht<br />
den Soundtrack - von den Bad Brains zu<br />
Max Romeo und vielen weiteren, zur Entdeckung<br />
freigegebenen Künstlern.<br />
Wie toll war doch das erste Album der<br />
Beat-Poetin Lydia Daher; simpelstes<br />
Home-recording mit marginal-schräger<br />
Musikbegleitung und tollen Geschichten.<br />
Nachfolger „Flüchtige Bürger“ (Trikont/Indigo)<br />
ist zumindest musikalisch eine rechte<br />
Enttäuschung. Im Trio eingespielt und<br />
von einer „echten“ Produktion verunstaltet,<br />
sind alle Ecken und Kanten weg und<br />
die meisten Songs rauschen gelangweilt<br />
ins Leere.<br />
Sony Music preist das neue Album – das<br />
13. – <strong>als</strong> eines der schnellsten und härtesten<br />
Alben der Band an. Sei’s drum. Helloween<br />
gelten <strong>als</strong> Erfinder des „German<br />
Melodic-Speed-Metal“ und das hat ihnen<br />
in 25 Jahren über 5 Millionen verkaufter<br />
Alben beschert. Ob die Gruppe mit „7 Sinners“<br />
musikalisch adäquat die Todsünden<br />
interpretiert? Nach dem dritten Titel blieb<br />
die Promo-CD aufgrund beschädigter<br />
Oberfläche hängen.<br />
Hinter Cours Lapin und gleichnamigen Album<br />
(Fake Diamond/Rough Trade) stecken<br />
vier dänische Filmkomponisten und<br />
die Idee eines französischen Music<strong>als</strong>.<br />
Frankophone Klischees werden charmant<br />
adaptiert und in einen atmosphärischen<br />
Soundtrack geschickt.<br />
Es gibt ein neues Album von Chrissie Hynde.<br />
Aber „Fidelity“ (ear music) von JP,<br />
Chrissie & The Fairground Boys ist in<br />
erster Linie die Geschichte einer unmöglichen<br />
Liebe der Pretenders-Frau mit einem<br />
halb so alten walisischen Musiker<br />
namens JP Jones: „I found my perfect<br />
lover but he’s only half my age / he was<br />
learning how to stand when I was wearing<br />
my first wedding band“. /// red<br />
werfen, und ich bin gewillt, ihnen Recht<br />
zu geben. The Orb haben seit 1989 mit<br />
ihrer Musik die britische Ravekultur vorangetrieben,<br />
aber an die von der Gnade<br />
der frühen Geburt befeuerten,<br />
sprich die Jahrzehnte der Herrschaft<br />
Floyd’scher Glanztaten, reicht es dann<br />
doch allemal nicht. Inkonsequent daher<br />
das Ergebnis dieser Kooperation<br />
zweier Planeten, das sich in zwei Tracks<br />
von jeweils ca. 25 langweiligen Minuten<br />
umkreisen. Der eine dudelt uninspiriert<br />
um seine Achse herum, die anderen<br />
– Patterson und Youth (The Orb)<br />
sorgen mit Bass, Keyboards, Turntables<br />
und Electronics nur für akustischen<br />
Weltraumschrott, der schnellster Entsorgung<br />
bedarf. /// rm<br />
Kurt Wagner & Cortney<br />
Tidwell present<br />
Kort: Invariable Heartache<br />
City Slang/Universal<br />
Kurt Wagner und Cortney Tidwell haben<br />
schon früher zusammengearbeitet.<br />
Auf „Invariable Heartache“ interpretieren<br />
der Mastermind von Lambchop<br />
und die renommierte Countrysängerin<br />
aus Nashville obskure Liebeslieder die<br />
alle in den 1960/70er Jahre auf Chart<br />
Records erschienen sind, einem Country-Label,<br />
das von Cortneys Großvater<br />
und ihrem Vater, Cliff Williamson, der<br />
für A&R zuständig war, geleitet wurde<br />
und das sich jungen, unbekannten Sängern<br />
und Sängerinnen widmete – darunter<br />
Connie Eaton, Cortneys Mutter.<br />
Die eingehende Beschäftigung mit der<br />
Familien- und Labelgeschichte gipfelt<br />
in einem Album, das sich zur Zeitlosigkeit<br />
klassischen Songwritings bekennt.<br />
Zugleich kann man die zwölf Songs,<br />
eingespielt fernab von Nashville’schem<br />
Zuckerguss von einigen der besten Alternative-Musiker<br />
der Stadt, auch <strong>als</strong><br />
bewegende Hommage an alle sträflich<br />
überhörten musikalischen Schätze der<br />
langen und bewegten Geschichte der<br />
„Music City USA“ begreifen. /// vst<br />
Various<br />
Twenty Centuries Of Stony Sleep<br />
Rune grammofon/Cargo<br />
Ein kleines skandinavisches Label findet<br />
weltweite Beachtung. Tolle Artikel<br />
in „The Wire“, „Time Out“ und<br />
„Downbeat“, Features in der BBC und<br />
großen Sendeanstalten der ARD. Aber<br />
so klein ist Rune Grammofon doch gar<br />
nicht! Aktuell hat das vor 12 Jahren<br />
gegründete Label bereits seine 100. Veröffentlichung<br />
angezeigt, Grund genug<br />
diese Label-Compilation <strong>als</strong> Momentaufnahme<br />
herauszubringen: Zum<br />
Label-Stammbaum gehören Supersilent,<br />
Espen Erikson und die neulich in<br />
Aachen gastierenden Ultralyd. Wer<br />
etwas über aktuelle Strömungen der<br />
Post-Electronic/Jazz/Kraut-Rock/Ambient-Szenen<br />
Nordeuropas erfahren<br />
will, ist hier an richtiger Adresse. /// rm<br />
Syd Barrett<br />
An Introduction to Syd Barrett<br />
EMI<br />
Syd Barrett war die künstlerisch treibende<br />
Kraft der frühen Pink Floyd;<br />
Songs wie “Arnold Layne”, “See Emily<br />
Play” oder „Bike“ schufen den Mythos<br />
der weltweit erfolgreichsten Psychedelic<br />
Rockband. Übermässiger Drogenkonsum<br />
ließ ihn abdriften, psychisch<br />
zu labil um den sich anbahnenden Superstar-Dome<br />
durchzustehen – ersetzt<br />
wurde er durch Gitarrist David Gilmour,<br />
der auch – aus Reue oder Dank –<br />
bei weiteren Soloalben von Syd Barrett<br />
mitspielte oder produzierte. Auch wenn<br />
mir die späteren Songs des Syd Barrett<br />
zu verstrahlt-versponnen sind, er gehörte<br />
untrennbar in den Pink-Floyd-<br />
Kontext, die Band unterstützte seinen<br />
vernebelten Gang durchs Leben finanziell<br />
bis zu seinem Tod im Juli 2006.<br />
Und der gute David Gilmour hat für<br />
diese Compilation wiederum <strong>als</strong> Executive<br />
Producer fungiert. /// rm<br />
Belle And Sebastian<br />
Write About Love<br />
Beggars/Indigo<br />
Zugegeben: Ein bisschen harmlos klingen<br />
sie manchmal schon, Schottlands<br />
Indie-Pop-Lieblinge – auch auf dem lange<br />
erwarteten neuen Album, das gleich<br />
mit einem Sixties-Pop-Leichtgewicht<br />
beginnt, hübsch geträllert von Sarah<br />
Martin, bevor dann Bandleader Stuart<br />
Murdoch, flankiert von einem Kinderkeyboard,<br />
die Leadvoc<strong>als</strong> übernimmt.<br />
Aber neben solch unbeschwerten<br />
Gitarrenpopliedern, deren Fröhlichkeit<br />
oftm<strong>als</strong> gar nicht zu Murdochs bittersüßen<br />
Texten zu passen scheint, Sixties-<br />
Hymnen zwischen Hippie-Charme,<br />
Burt-Bacharach-Melodien und Musical-Chören<br />
in schönster „Hair“-Tradition<br />
sowie einem soulgetränkten Duett<br />
mit Norah Jones, („Little Lou, Ugly Jack,<br />
Prophet John“) verwöhnen uns Belle<br />
And Sebastian auch mit verträumt-melancholischen<br />
Balladen, bei denen Murdochs<br />
Stimme einmal mehr an Nick<br />
Drake erinnert. /// vst<br />
Various<br />
Ninja Tune XX – 20 Years of Beats &<br />
Pieces<br />
Ninja Tune/Rough Trade<br />
Runde Jubiläen sind beim britischen<br />
Label ein Grund für opulente Sonderveröffentlichungen<br />
und unter mindes-<br />
tens drei preiswerten und spannend<br />
kompilierten CDs ging bisher niemand<br />
nach Hause. Es spricht auch für den<br />
Künstlerstamm des Labels, dass man<br />
hier unentwegt aus dem Vollen schöpfen<br />
kann und auch abseitige Spielwiesen<br />
sich hier zum fruchtbaren Feld für<br />
talentierte Pflänzchen wandeln. Das<br />
von dem britischen Duo Coldcut gegründete<br />
Label – Mitte der 90er wurde<br />
der auf HipHop spezialisierte Zweig namens<br />
Big Dada integriert – schreibt bisweilen<br />
immer noch Musikgeschichte,<br />
nicht zuletzt mit Diplo sowie der Mercury<br />
Prize-Siegerin Speech Debelle. Die<br />
unterschiedlichsten Künstler (DJ Food,<br />
Roots Manuva, Cinematic Orchestra, The<br />
Herbaliser, Jaga Jazzist, Blockhead, Mr.<br />
Scruff, Fink, The Heavy, Pop Levi, Spank<br />
Rock, DJ Vadim, Lou Rhodes etc.) drängeln<br />
sich auf insgesamt 4 CDs. Keine<br />
weniger wäre gerecht gewesen. Für<br />
Sammler gibt’s die Limited Edition Box<br />
mit sechs CDs, sechs 7-Inch-Singles und<br />
ein Buch. /// rm<br />
DVD<br />
Metallica, Slayer,<br />
Megadeath, Anthrax<br />
The Big Four<br />
Universal<br />
Vielleicht feierte mancher Headbanger<br />
das Ereignis dam<strong>als</strong> in einem der weltweit<br />
550 Kinos <strong>als</strong> exklusives HD-<br />
Kinoevent – aber kann diese fünfstündige<br />
Show wirklich in einem Kinosessel<br />
entsprechend zelebriert werden? Wer<br />
in diesem Jahr am 22. Juni im bulgarischen<br />
Sofia beim „Sonisphere Festival“<br />
war, wurde Teilzeuge eines historischen<br />
Events von sieben einmaligen Shows in<br />
Europa – die Götter des Speed- und<br />
Trash-Metal, die Bands Metallica, Slayer,<br />
Megadeath und Anthrax gaben sich<br />
nach einem Viertelhundert die gemeinsame<br />
Ehre. An allen Musikern hat<br />
zumindest optisch der Zahn der Zeit<br />
genagt, die strotzende Vitalität wird im<br />
direkten Close Up ad absurdum geführt,<br />
aber musikalisch weiß hier noch<br />
jede Band wo der Hammer hängt!<br />
Anthrax, Megadeath und Slayer teilen<br />
sich jeweils eine Stunde Spielzeit auf<br />
der ersten DVD, während der unbestrittene<br />
Headliner Metallica auf Scheibe<br />
2 in einer Spielzeit von 2 Stunden<br />
einen guten Überblick über das große<br />
Gesamtwerk abliefern darf. Bang Your<br />
Head! /// kab<br />
Wertung: top lohnt ganz gut lohnt nicht geht gar nicht