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April 2010 - Nossner Rundschau

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Am Lißbach oder Reißigbach<br />

(„Dorfmund“) und inmitten<br />

seiner Felder gelegen, durch die<br />

B 101 in Ober- und Unterdorf<br />

mit ehemaligem Schloss und<br />

Gutsbereich geteilt, gehörte<br />

Wendischbora in historisch<br />

früher Zeit unserer Gegend als<br />

Lehen zum Bistum Meißen,<br />

danach zum Burggrafentum,<br />

um 1750 in die „Meißnischen<br />

Ämter“, - nicht in das „Nossener<br />

Amt“ und nie zum Kloster<br />

Altzella. (Lit. Sächsische Landesbibliothek,<br />

Staats- und Universitätsbibliothek<br />

Dresden, 1790)<br />

Zumindest seit 1334 ist der<br />

Ortname ausgewiesen, 1354<br />

der Gutsbesitz als Rittersitz. –<br />

Die slawische Gründung und<br />

die Vergabe des Lehens, -<br />

womöglich als Stammsitz derer<br />

„von Bor“ – mag Ende des 12.<br />

Jahrhunderts vonstatten gegangen<br />

sein.<br />

Zum altschriftsässigen Rittergutsbezirk<br />

Wendischbora<br />

gehörten seit alters der Ort<br />

selbst, Mahlitzsch, Simselwitz<br />

bei Döbeln und das Lehen –<br />

oder das „Preußsche Vorwerk“<br />

(1750), - nach den damaligen<br />

Besitzern des Rittergutes<br />

benannt; das heutige Gewerbegebiet<br />

also, aber historisch<br />

ungerechtfertigt als „Heynitzer<br />

Lehden“ bezeichnet.<br />

Infolge dieser hergebrachten<br />

und gewachsenen Beziehungen<br />

und Bedingungen – insbesondere<br />

der beiden nahe benachbarten<br />

Wendischbora und<br />

Mahlitzsch – ergaben sich später<br />

Voraussetzungen für ein<br />

Zusammengehen als Kirch-,<br />

Schul- und Verwaltungsgemeinde.<br />

–<br />

<strong>Nossner</strong> <strong>Rundschau</strong> I März <strong>2010</strong><br />

Wendischbora<br />

Historisches und Aktuelles zum Ortsteil und seinen Einwohnern<br />

Über die Jahrhunderte besitzt<br />

Wendischbora unter dem<br />

Patronat – dem Schutz und der<br />

Aufsicht – des jeweiligen Gutsherren<br />

/ der Gutsherrin seine<br />

Kirche und Pfarre: 1346 dem<br />

römisch-katholischen Erzpriester<br />

zu Roßwein unterstellt,<br />

nach der Reformation der<br />

Superintendentur in Meißen. –<br />

Der erste evangelisch-lutherische<br />

Pastor nahm sein Amt<br />

etwa 1539 im Dorfe auf. Erst<br />

1714 machte der Bau eines<br />

Pfarrhauses offenbar aller notdürftigen<br />

Unterkunft auch für<br />

nachfolgende Amtskollegen ein<br />

Ende. –<br />

(Weiteres zur Kirche, s. NR November<br />

1994 und NR Nr. 246, S. 18)<br />

Zunächst hatten die Pfarreimitglieder<br />

über Abgaben an<br />

Geld und Naturalien für Unterkunft,<br />

Beköstigung sowie Saatgut<br />

für des Pastors Feld zu sorgen.<br />

Später bewirtschaftete ein<br />

Knecht 25 ha Pfarrland, ehe<br />

dies endgültig an einheimische<br />

„Pfarrpächter“ gelangte.-<br />

Außerhalb der Grenzen des<br />

Rittergutsbezirkes Wendischbora<br />

gelegen – mit eigenem<br />

Rittergut, jedoch ohne Kirche –<br />

besteht zumindest seit 1431<br />

wie 1524 - Obereula.<br />

Der Ort gehörte ebenso in das<br />

Gebiet „Meissnischer Aemmter“,<br />

nicht zum „Ammt Nossen“<br />

und ging nach der Reformation<br />

an das Stiftamt Meißen<br />

über. Und im Gefolge der<br />

Reformation wurde das Rittergut<br />

Obereula mit dessen Ort<br />

und Unteranen deshalb wohl<br />

nach Wendischbora eingepfarrt.-<br />

Das bedeutete für die<br />

Einwohner, alle Pflichten, Sit-<br />

Abbildungen von Häuslern und Bauern in Wendischbora, 1740<br />

Original im Privatbesitz<br />

28<br />

ten und Gebräuche wie Gottesdienst,<br />

Abendmahl, Taufe,<br />

Konfirmation, die Vorbereitungsstunden<br />

darauf, Trauung,<br />

„Begängnis“ (Bestattung) noch<br />

lange nach 1575 in festgelegter<br />

Häufigkeit – ja sogar bei Strafe<br />

und bei viel Weg(!) – in hiesiger<br />

Kirche wahrzunehmen.<br />

Wie auch in Folge die Einschulung<br />

der Obereulaer Kinder<br />

in Wendischbora bis zum<br />

Jahre 1840 erfolgte. – Das traf<br />

für Mahlitzsch ab 1886 zu, für<br />

Neugohla seit 1901. (Weiteres<br />

zur Schule, s. NR Nr. 246, 247)<br />

Mit Zugehörigkeit zum Rittergutsbezirk<br />

Wendischbora werden<br />

die Untertanen auch unseres<br />

Dorfes wegen des<br />

Nichtbesitzes an Grund und<br />

Boden und wegen der<br />

Gerichtshoheit der Herrschaft<br />

in feudaler Gesellschaftsordnung<br />

in gestrenger wirtschaftlicher<br />

und sozialer Abhängigkeit<br />

gehalten worden sein: Gegenüber<br />

dem Lehnsherren waren<br />

Frondienste zu leisten, Abgaben<br />

an Geld und Naturalien<br />

aufzubringen und „zu zinsen“,<br />

Lehn- und Pachtverpflichtungen<br />

einzulösen. –<br />

Kirchenbücher der Parochie<br />

liegen seit der Reformation vor;<br />

so erfahren wir seitdem erst<br />

über örtliche Verhältnisse. –<br />

Immerhin erfassten noch 1790<br />

Bauernunruhen und Aufstand<br />

die Gegenden um Meißen,<br />

Lommatzsch, Oschatz „wegen<br />

Druckes und Zwangsmaßregeln<br />

des Gutsherren und gewisser<br />

Gerichtshalter“, wobei diese<br />

„zu Wendischbora“ – damals<br />

im Besitz der Familien von<br />

Bornsdorff – „besonders sichtbar<br />

gewesen sind.“ –<br />

Im Resümee seiner „Beiträge<br />

zur Geschichte der Kirchgemeinde<br />

Wendischbora“ (1885)<br />

hebt Pfarrer Julius Prölß „den<br />

gewaltigen Fortschritt zum<br />

Besseren“ hervor, der mit dem<br />

„Übergang der Gerichtshoheit<br />

von der Herrschaft auf den<br />

Staat“ vorgesehen worden war,<br />

„vor dem alle Bürger gleich<br />

sind.“ –<br />

Dabei waren im Rittergutsbezirk,<br />

in der Kirchgemeinde –<br />

Einwohnervertretungen installiert.<br />

1575 bereits begegnete<br />

man „Schöppen und (Orts-)<br />

Richtern“ in Obereula und<br />

Wendischbora. Kirchen-,<br />

Schul-, Gemeindevorstände<br />

und Gemeinderat sind später<br />

benannt, – offenbar „einseitiger<br />

gewollt“ in ihrem Wirken bei<br />

Unterstützung von „Zwangsmaßregeln“.<br />

–<br />

Berufe<br />

Selbständiger Bauern-, Handwerker-<br />

und Gewerbestand<br />

erfuhren unter den vorangegangenen<br />

Bedingungen im Dorf<br />

sehr zögerliche Förderung und<br />

spätere Entwicklung. –<br />

Dienstleistungen und Arbeitsverhältnisse<br />

der Gutsuntertanen<br />

im herrschaftlichen Haus auf<br />

Wendischbora sind um 1670<br />

z.B. Hofkinderfrau, Hofpage,<br />

Hofköchin, Zofe, Aufwartungsmagd<br />

– die gnädige Frau anzukleiden;<br />

ein Studiosus der<br />

Theologie – die größeren Kinder<br />

in die Anfangsgründe der<br />

Wissenschaften einzuführen;<br />

Schreiber, Kutscher, Lustgärtner<br />

– den Garten nach neuestem<br />

Geschmack herzustellen; der<br />

Reuter – zuzeiten schriftliche<br />

Aufträge des Lehnsherren auszutragen,<br />

…<br />

Es ist festgeschrieben, dass<br />

Eltern des Dorfes ihre Kinder<br />

ein Jahr ums andere in den<br />

Dienst der Herrschaft zu geben<br />

haben. –<br />

Auf dem Wirtschaftshof, den<br />

Feldern und Wiesen leisten<br />

Untertane ihre Frondienste ab,<br />

gehen als Anspänner, Drescher<br />

... Unter der Leitung des<br />

Schirrmeisters arbeiten Großund<br />

Mittelknecht, der Pferdejunge<br />

Ochsenknecht, Schäfer<br />

und Schafjunge.<br />

In Leuteküche und Ställen versehen<br />

die Hofeschließerin, die<br />

Kehrmagd, die Große-, Mittelund<br />

kleine Magd ihren Dienst,<br />

dazu Kuh- und Gänsemagd,<br />

die Käsemutter – inwärtigen<br />

wie auswärtigen Arbeitern nach<br />

Rang und Leistung ein oder<br />

zwei Käse zuzuteilen. –<br />

Über allem wacht der Lehnsherr<br />

– oder der Lehns- bzw.<br />

Rittergutspächter. (1727)<br />

Eine entschwindende, ferne<br />

Idylle ist man geneigt zu

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