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Rote Liste Fische - LUGV - Land Brandenburg

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<strong>Rote</strong> <strong>Liste</strong> der <strong>Fische</strong> und Rundmäuler (PiscesNLet Cyclostomata) des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> (2011)Beilage zu Heft 3, 2011Einzelverkaufspreis: 7,00 EuroNATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURGBEITRÄGE ZU ÖKOLOGIE, NATUR- UND GEWÄSSERSCHUTZund


2 ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 2011ImpressumHerausgeber:Schriftleitung:Beirat:Anschrift:<strong>Land</strong>esamt für Umwelt, Gesundheitund Verbraucherschutz<strong>Brandenburg</strong> (<strong>LUGV</strong>)<strong>LUGV</strong>, Referat Ö2Natura 2000/Arten- undBiotopschutzDr. Matthias HilleDr. Frank ZimmermannThomas AvermannDr. Martin FladeDr. Lothar KalbeDr. Bärbel LitzbarskiDr. Annemarie SchaepeDr. Thomas Schoknecht<strong>LUGV</strong>, Schriftleitung NundLBbgSeeburger Chaussee 214476 PotsdamOT Groß GlienickeTel. 033 201/442 223E-Mail: matthias.hille@lugv.brandenburg.deRedaktionsschluss: 30.11.2011Layout/Druck/Versand:<strong>Brandenburg</strong>ische Universitätsdruckereiund VerlagsgesellschaftPotsdam mbHKarl-Liebknecht-Str. 24/2514476 Potsdam (OT Golm)Tel. 0331/56 89-0Fax 0331/56 89-16Naturschutz und <strong>Land</strong>schaftspflege in<strong>Brandenburg</strong>Beiträge zu Ökologie, Natur- und GewässerschutzBeilage zu Heft 3, 2011JULIA SCHARF, UWE BRÄMICK, LARS DETTMANN, FRANKFREDRICH, UDO ROTHE, CHRISTIAN SCHOMAKER, HEN-RIK SCHUHR, MICHAEL TAUTENHAHN, ULRICH THIEL,CHRISTIAN WOLTER, STEFFEN ZAHN & FRANK ZIMMER-MANN<strong>Rote</strong> <strong>Liste</strong> der <strong>Fische</strong> und Rundmäuler (Pisceset Cyclostomata) des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong>(2011)Inhaltsverzeichnis1 Einleitung 32 Methodik2.1 Bewertungskriterien für die Einstufungenin die <strong>Rote</strong>-<strong>Liste</strong>-Kategorien 42. 2 <strong>Rote</strong>-<strong>Liste</strong>-Kategorien und Definitionen 52. 3 Bewertungsgrundlage 63 Gesamtartenliste der <strong>Fische</strong> undRundmäuler <strong>Brandenburg</strong>s mitAngabe der <strong>Rote</strong>-<strong>Liste</strong>-Kategorienund Zusatzangaben 7Titelbild:Rücktitel:Die Westgroppe (Cottus gobio) hatnur in der Stepenitz einen langfristigstabilen Bestand mit regelmäßigemVorkommen Foto: S. ZienertDie Stepenitz ist Lebensraum zahlreicherFischarten Foto: S. Zahn4 <strong>Rote</strong> <strong>Liste</strong> der <strong>Fische</strong> und Rundmäulerdes <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> 20114.1 Arten der Kategorien der <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> 124.2 Weitere Kategorien (IUCN) 125 Bilanz der <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> 14Zitiervorschlag: Scharf, J., Brämick, U., Dettmann, L.,Fredrich, F., Rothe, U., Schomaker, C.,Schuhr, H., Tautenhahn, M., Thiel, U.,Wolter, C., Zahn, S., & Zimmermann,F. (2011): <strong>Rote</strong> <strong>Liste</strong> der <strong>Fische</strong>und Rundmäuler (Pisces et Cyclostomata)des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong>(2011), Natur und <strong>Land</strong>schaftspflegein <strong>Brandenburg</strong> 20 (3), Beilage, 40 S.6 Kommentare 18Danksagung 38Literatur 39


ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 2011 3JULIA SCHARF, UWE BRÄMICK, LARS DETTMANN, FRANK FREDRICH, UDO ROTHE, CHRI-STIAN SCHOMAKER, HENRIK SCHUHR, MICHAEL TAUTENHAHN, ULRICH THIEL, CHRISTIANWOLTER, STEFFEN ZAHN & FRANK ZIMMERMANN<strong>Rote</strong> <strong>Liste</strong> der <strong>Fische</strong> und Rundmäuler (Pisces et Cyclostomata)des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> (2011)1 Einleitung<strong>Rote</strong> <strong>Liste</strong>n geben Auskunft über den Gefährdungsgradvon Arten in einem definierten Bezugsraumund sind ein bewährtes Instrumentin der Naturschutzpraxis. Ausgehend vomGrundprinzip, dass die empfindlichsten Artenauf Beeinträchtigungen als erste reagieren undaus dem lokalen Artenpool verschwinden, ist derEinstufungsgrad ein Indikator für ihre Sensibilität.Folglich deutet das Vorkommen bestandsbedrohter,sog. <strong>Rote</strong>-<strong>Liste</strong> Arten, in einem Gebietauf das Vorhandensein mindestens ausreichenderLebensbedingungen für diese besonderssensiblen oder anspruchsvollen Arten hin undist deshalb auch im Rahmen der Umweltbewertungals positiv anzusehen. Je größer der Bezugsraumeiner <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> und je höher der Gefährdungsgradeiner Art, desto wertvoller sind derenlokale Vorkommen und Nachweise einzuschätzen.Aus dieser Indikatorfunktion begründet sichdie Bedeutung <strong>Rote</strong>r <strong>Liste</strong>n für den Naturschutzund die <strong>Land</strong>schaftsplanung. Daraus ergibt sichaber auch die Verpflichtung zu deren regelmäßigerAktualisierung und Überarbeitung sowieeiner nachvollziehbaren, verlässlichen und fundiertenEinstufung der Arten.Die <strong>Rote</strong> <strong>Liste</strong> der <strong>Fische</strong> und Rundmäuler <strong>Brandenburg</strong>sdokumentiert und bewertet das landesweiteAusmaß der aktuellen Gefährdungder heimischen Arten. Das vorliegende Werk istdie dritte <strong>Rote</strong> <strong>Liste</strong> der <strong>Fische</strong> und Rundmäuler<strong>Brandenburg</strong>s. Eine erste Fassung erschien imJahr 1992 (KNUTH 1992) und wurde 1998 aktualisiert(KNUTH et al. 1998). Gegenüber den früheren<strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong>n gibt es aktuell wesentlicheNeuerungen. Einerseits hat sich das Spektrumder in <strong>Brandenburg</strong>er Gewässern etabliertenund zu bewertenden Arten aufgrund neuerNachweise und Erkenntnisse deutlich erweitert,andererseits wurden auch die Methoden undKriterien der Gefährdungsanalyse weiterent-Abb. 1Die Havel im Westen <strong>Brandenburg</strong>sFoto: F. Plücken


4 ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 2011wickelt und standardisiert (LUDWIG et al. 2006).Erstmals wird nun für alle Arten bundesweit eineeinheitliche und nachvollziehbare Einstufungsmethodikverwendet (LUDWIG et al. 2006). Inder erst kürzlich erschienenen neuen bundesweiten<strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> der Wirbeltiere Deutschlands(BfN 2009) wurde diese Methodik erstmalsangewendet. Dabei werden umfangreicheAnalysen zur Entwicklung und Situation derBestände integriert, welche die Nachvollziehbarkeitder Einstufung ermöglichen und darüberhinaus wichtige praxisrelevante Zusatzinformationengeben. Allerdings ist damit ein direkterVergleich der aktuellen <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> mit der vorhergehendenFassung nur bedingt möglich. Essei aber explizit darauf hingewiesen, dass dieaktuelle Gefährdungseinschätzung nicht nur dasErgebnis einer veränderten Methodik ist, sonderninsbesondere auch die tatsächlich beobachtetenfischfaunistischen Veränderungen und Verbesserungenreflektiert.2 Methodik2.1 Bewertungskriterien für die Einstufungenin die <strong>Rote</strong>-<strong>Liste</strong>-KategorienDie Kategorisierung der Arten erfolgte nach derallgemeinen methodischen Anleitung zur Erstellung<strong>Rote</strong>r <strong>Liste</strong>n, die vor einigen Jahren fürDeutschland grundsätzlich überarbeitet wurde(LUDWIG et al. 2006). Das Kernelement der Gefährdungsanalyseist ein Bewertungssystem mit viernachfolgend erläuterten Kriterien, jeweils dahinterliegenden, definierten Kriterienklassen und einemeinheitlichen Einstufungsschema. Die Kriterienklassenermöglichen die relative Unterteilungeines Kriteriums anhand ordinaler Skalierungenoder durch Schwellenwerte. Über das Einstufungsschemawird ein eindeutiger Zusammenhangzwischen den verschiedenen Kriterienklassenund den <strong>Rote</strong>-<strong>Liste</strong>-Kategorien hergestellt.Ausführliche Erläuterungen finden sich bei LUD-WIG et al. (2006).Kriterium 1: aktuelle BestandsituationFür die Einschätzung der aktuellen Bestandssituationsind möglichst neue, höchstens 25 Jahrealte Daten zu verwenden. Die Angabe erfolgtin acht Häufigkeitsklassen (ausgestorben, extremselten, sehr selten, selten, mäßig häufig, häufig,sehr häufig und unbekannt).Kriterium 2: Bestandstrend langfristigFür dieses Kriterium sind Daten der letzten50-150 Jahre zu betrachten. Die Einteilung erfolgtin sieben Klassen (sehr starker Rückgang,starker Rückgang, mäßiger Rückgang, Rückgangmit unbekanntem Ausmaß, gleichbleibend, deutlicheZunahme und ungenügende Datenlage).Kriterium 3: Bestandstrend kurzfristigFür den kurzfristigen Bestandstrend sind Datender letzten zehn bis maximal 25 Jahre auszu-Abb. 2Der Parsteiner See im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin, ein typischer KlarwasserseeFoto: M. Tautenhahn


ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 2011 5Abb. 3Wehre sind für die meisten Fischarten unüberwindbarwerten. Bei guter Datenlage ist dabei besondersder Zeitraum seit dem Erscheinen der letzten<strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> zu berücksichtigen. Die Einteilungerfolgt in sechs Abstufungen (sehr starke Abnahme,starke Abnahme, Abnahme mäßig oder imAusmaß unbekannt, gleichbleibend, deutlicheZunahme und ungenügende Datenlage).Kriterium 4: RisikofaktorenBei diesem Kriterium werden Faktoren betrachtet,die begründet erwarten lassen, dass in dennächsten 10 Jahren eine Verschlechterung derBestandssituation eintritt. Dabei ist anzugeben,ob negativ wirksame Risikofaktoren vorhandensind oder nicht. Die methodische Anleitunggibt zehn Gruppen von Risikofaktoren vor(LUDWIG et al. 2006).Für die Einstufung einer Art muss neben deraktuellen Bestandssituation mindestens einesder beiden Trendkriterien – lang- oder kurzfristigerBestandstrend – bekannt sein.2.2 <strong>Rote</strong>-<strong>Liste</strong>-Kategorien und DefinitionenNeben dem völligen Verlust einer Art als drastischsteAuswirkung des Bestandsrückgangs (Kategorie0) sieht die <strong>Rote</strong> <strong>Liste</strong> vier abgestufteKategorien der Bestandsbedrohung vor (1, 2,Foto: M. Tautenhahn3, G), die zusammen die eigentliche „<strong>Rote</strong> <strong>Liste</strong>“bilden. Sie werden ergänzt durch drei Kategoriennicht unmittelbar bestandsgefährdeterArten (R, V, *) sowie um die separate Kennzeichnungvon Arten die nicht bewertet werdenbzw. für die keine zur Bewertung ausreichendenDaten vorliegen.0 Ausgestorben oder verschollenArten, die nicht präsent sind oder von denenaktuell keine wildlebenden Populationen mehrbekannt sind.1 Vom Aussterben bedrohtArten, die so schwerwiegend bedroht sind,dass sie voraussichtlich in absehbarer Zeit aussterben,wenn die Gefährdungsursachen weiterfortbestehen.2 Stark gefährdetArten, die erheblich zurückgegangen oderdurch menschliche Einflüsse stark bedroht sind.Bei einem Fortbestehen der Gefährdung werdendie Arten voraussichtlich in die Kategorie„vom Aussterben bedroht“ eingestuft.3 GefährdetArten, die merklich zurückgegangen sind oderdurch menschliche Einflüsse bedroht sind. Bei


6 ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 2011einem Fortbestehen der Gefährdung rücken dieArten voraussichtlich in die Kategorie „starkgefährdet“ auf.G Gefährdung unbekannten AusmaßesArten, die gefährdet sind, bei denen die vorliegendenInformationen aber für eine exakteZuordnung zu den Kategorien 1 bis 3 nichtausreichen.R Extrem seltenExtrem seltene oder nur sehr lokal vorkommendeArten, deren Bestände nicht abgenommenhaben und die aktuell nicht bedroht, abergegenüber unvorhersehbaren Gefährdungenaufgrund ihrer Seltenheit sehr anfällig sind.Zusätzliche KategorienV VorwarnlisteArten, die merklich zurückgegangen, aber aktuellnoch nicht gefährdet sind. Bei weiterem Bestandsrückgangist eine Einstufung in die Kategorie„Gefährdet“ wahrscheinlich.* UngefährdetArten, die derzeit nicht als gefährdet angesehenwerden, weil ihre Bestände zugenommenhaben oder relativ stabil sind.D Daten unzureichendDie Informationen zur Verbreitung und Gefährdungoder zur Biologie sind unzureichend. EineGefährdungseinschätzung ist zwar erwünscht,kann jedoch mangels zuverlässiger Daten nichtgetroffen werden. Nicht bewertetDiese Arten werden von der Gefährdungsanalyseausgeschlossen. Die Kategorie bringt zumAusdruck, dass eine Bewertung nicht sinnvolloder nicht möglich ist. Hierbei handelt es sichz. B. um nicht einheimische Arten (Neobiota)oder um Arten, bei denen eine regionale Gefährdungseinschätzungnicht repräsentativ ist (Aal).2.3 BewertungsgrundlageDie Basis für die vorliegende Einschätzung derBestandssituation von <strong>Fische</strong>n und Rundmäulernbildete eine landesweite Datensammlung fürden Zeitraum 1999-2009, die im Zusammenhangmit dem Fischartenkataster <strong>Brandenburg</strong>serhoben wurde (SCHARF et al. 2011). Nach Auswertungder Gesamtdaten erfolgte die Einordnungin die verschiedenen Kriterienklassen durchExperteneinschätzung in gemeinsamen Beratungenregional und landesweit tätiger <strong>Fische</strong>reiwissenschaftlerund Fachleute.Abb. 4Schnelle HavelFoto: F. Plücken


ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 2011 7Bei der Häufigkeitseinstufung der aktuellenBestandssituation (Kriterium 1) wurde die Verbreitungim <strong>Land</strong> <strong>Brandenburg</strong> stärker gewichtetals die relative Häufigkeit gegenüber anderenArten in einzelnen Gewässern. Auch regionaleHäufigkeitsunterschiede wurden bei derKlassifizierung berücksichtigt. Bei Beständen, diedurch Fischbesatz gestützt werden, wurden entsprechendder Vorgabe von LUDWIG et al. (2006)nur eigenständig reproduzierende Populationenberücksichtigt und der Zustand geschätzt, derohne Besatzmaßnahmen wahrscheinlich vorherrschenwürde. Dies ist bei manchen Arten mitverbreitetem Besatz, wie z. B. der Kleinen Maräne,problematisch und bei der Interpretationder Ergebnisse zu berücksichtigen.Für die Einschätzung der Bestandsentwicklungenwurde die langfristige Entwicklung (Kriterium2) der vergangenen 50-150 Jahre anhandhistorischer Daten betrachtet, während für diekurzfristige Entwicklung (Kriterium 3) Datender letzten zehn Jahre aus eigenen Erhebungen(SCHARF et al. 2011) sowie der 1998 dokumentierteZustand der Fischbestände in <strong>Brandenburg</strong>(BRÄMICK et al. 1998) berücksichtigt wurden.Da aus unterschiedlichen Anlässen aufgenommeneoder aus verschiedenen Quellenstammende Daten mit unterschiedlicher Qualitätnur schwer vergleichbar sind, und vor allemfür den langfristigen Bestandstrend kaum konkretehistorische Daten vorliegen, beruht dieEinstufung insbesondere auf abgestimmtenExpertenurteilen. Ähnliches gilt für die Beurteilungvon Risikofaktoren (Kriterium 4).Bei einer Kategorieänderung gegenüber der vorherigenFassung der <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> (KNUTH et al.1998) wurden zusätzlich die Gründe der Änderungermittelt. Außerdem wurde bei jeder Artgeprüft, ob <strong>Brandenburg</strong> eine besondere Verantwortlichkeitfür deren Erhalt hat.Die wissenschaftliche Bezeichnung der aufgeführtenArten folgt KOTTELAT & FREYHOF (2007).Abb. 5Schlitzpass als Fischaufstiegshilfe an QuerbauwerkenFoto: F. Fredrich3 Gesamtartenliste der <strong>Fische</strong>und Rundmäuler <strong>Brandenburg</strong>smit Angabe der <strong>Rote</strong>-<strong>Liste</strong>-Kategorien und ZusatzangabenDie Fauna der <strong>Brandenburg</strong>er Binnengewässerumfasst gegenwärtig 65 Fisch- und Rundmaul-Arten (Tab. 1). Dabei sind die stationären undwandernden Populationen der Art Salmo truttaals Bach- und Meerforelle separat aufgezählt.Im Gegensatz dazu werden die wanderndenund stationären Populationen des Stintes (Osmeruseperlanus) zu einer ökologischen Einheitzusammengefasst. Mit Ausnahme des Ostseeschnäpels(Coregonus maraena) werden dieGroßmaränen aufgrund der häufigen Unsicherheitenbei der taxonomischen Zuordnung gegenwärtigals Coregonus spec., geführt. Der nachaktuellen Erkenntnissen wahrscheinlich nur imRheineinzugsgebiet beheimatete Nordseeschnäpel(Coregonus oxyrinchus) wird nicht mehraufgeführt.Die derzeitige Gesamtartenliste enthält auch<strong>Fische</strong>, die in der vorherigen <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> nichtberücksichtigt wurden oder zu diesem Zeitpunktin <strong>Brandenburg</strong> noch nicht nachgewiesenwaren. Dabei handelt es sich um die ArtenBaltische Groppe (Cottus microstomus), BaltischerStör (Acipenser oxyrinchus), Blaubandbärbling(Pseudorasbora parva), Donausteinbeißer(Cobitis elongatoides), Fontane-Maräne(Coregonus fontanae), Goldsteinbeißer (Sabanejewiabaltica), Schneider (Alburnoides bipunctatus)und Ziege (Pelecus cultratus).


8 ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 2011Tab. 1: Gesamtartenliste und <strong>Rote</strong> <strong>Liste</strong> Einstufung mit Zusatzangaben<strong>Rote</strong>- Deutscher Name wissenschaftlicher Name Kriterium Kriterium Kriterium Kriterium Kategorie- RL-Kategorie Verant- Neobiota<strong>Liste</strong>- Bestand Bestandstrend Bestandstrend Risiko- änderung 1998 wortung EndemitKategorie aktuell langfristig kurzfristig faktoren (Grund) Aal Anguilla anguilla nb V* Aland Leuciscus idus mh = = = + (R, M) 3G Äsche Thymallus thymallus s ? (v) = DV Bachforelle Salmo trutta s < = = + (M) 33 Bachneunauge Lampetra planeri s


ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 2011 9<strong>Rote</strong>- Deutscher Name wissenschaftlicher Name Kriterium Kriterium Kriterium Kriterium Kategorie- RL-Kategorie Verant- Neobiota<strong>Liste</strong>- Bestand Bestandstrend Bestandstrend Risiko- änderung 1998 wortung EndemitKategorie aktuell langfristig kurzfristig faktoren (Grund) Graskarpfen Ctenopharyngodon idella nb nb ND Große Maräne Coregonus spec ? ? ? = nb* Gründling Gobio gobio h < (v) = = *** Güster Blicca bjoerkna h = = = = **V Hasel Leuciscus leuciscus s < = = + (K) 3* Hecht Esox lucius sh < ^ = = **V Karausche Carassius carassius mh < vv = - (R, K) ** Karpfen Cyprinus carpio mh = = = nb* Kaulbarsch Gymnocephalus cernua h = (v) = = **V Kleine Maräne Coregonus albula mh


10 ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 2011<strong>Rote</strong>- Deutscher Name wissenschaftlicher Name Kriterium Kriterium Kriterium Kriterium Kategorie- RL-Kategorie Verant- Neobiota<strong>Liste</strong>- Bestand Bestandstrend Bestandstrend Risiko- änderung 1998 wortung EndemitKategorie aktuell langfristig kurzfristig faktoren (Grund)* Schleie Tinca tinca h < = = = *** Schmerle Barbatula barbatula mh < = = + (M, K) 2R Schneider Alburnoides bipunctatus es ? ? = kN Silberkarpfen Hypophthalmichthys molitrix nb nb N Sonnenbarsch Lepomis gibbosus nb nb N* Steinbeißer Cobitis taenia mh < ^ = + (R, K) 23 Stint Osmerus eperlanus s


ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 2011 11Legende:<strong>Rote</strong>-<strong>Liste</strong>-Kategorie0 Ausgestorben oder verschollen1 Vom Aussterben bedroht2 Stark gefährdet3 GefährdetG Gefährdung unbekannten AusmaßesR Extrem seltenV VorwarnlisteD Daten unzureichend* Ungefährdet Nicht bewertetKriterium: Bestand aktuellex Ausgestorben oder verschollenes Extrem seltenss Sehr seltens Seltenmh Mäßig häufigh Häufigsh Sehr häufig? Unbekanntnb Nicht bewertetKriterium: Bestandstrend lang


12 ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 2011<strong>Rote</strong> <strong>Liste</strong> der <strong>Fische</strong> und Rundmäuler des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong>4 <strong>Rote</strong> <strong>Liste</strong> der <strong>Fische</strong> und Rundmäulerdes <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> 20114.1 Arten der Kategorien der <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong>0 Ausgestorben oder verschollen RL Bbg. 1992 RL Bbg. 1998Baltischer Stör Acipenser oxyrinchus nb nbEuropäischer Stör Acipenser sturio 0 0Finte Alosa fallax 0 0Ziege Pelecus cultratus nb nb1 Vom Aussterben bedroht RL Bbg. 1992 RL Bbg. 1998Maifisch Alosa alosa 0 0Meerneunauge Petromyzon marinus 0 12 Stark gefährdet RL Bbg. 1992 RL Bbg. 1998Lachs Salmo salar 0 0Nase Chondrostoma nasus 0 0Ostseeschnäpel Coregonus maraena 1 nb3 Gefährdet RL Bbg. 1992 RL Bbg. 1998Bachneunauge Lampetra planeri 2 2Meerforelle Salmo trutta 0 1Stint Osmerus eperlanus 1 1Westgroppe Cottus gobio 2 2Zährte Vimba vimba 1 1G Gefährdung unbekannten Ausmaßes RL Bbg. 1992 RL Bbg. 1998Äsche Thymallus thymallus nb DR Extrem selten RL Bbg. 1992 RL Bbg. 1998Flunder Platichthys flesus Nb **Fontane-Maräne Coregonus fontanae Nb nbSchneider Alburnoides bipunctatus kN kN4.2 Weitere Kategorien (IUCN)D Daten unzureichend RL Bbg. 1992 RL Bbg. 1998Baltische Groppe Cottus microstomus kN kNDonausteinbeißer Cobitis elongatoides kN kNGoldsteinbeißer Sabanejewia baltica kN kNGroße Maräne Coregonus spec nb nb


ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 2011 13V Arten der Vorwarnliste RL Bbg. 1992 RL Bbg. 1998Bachforelle Salmo trutta 2 3Barbe Barbus barbus 1 1Elritze Phoxinus phoxinus 2 2Flussneunauge Lampetra fluviatilis 0 1Hasel Leuciscus leuciscus 3 3Karausche Carassius carassius * *Kleine Maräne Coregonus albula 2 2Quappe Lota lota 2 2<strong>Rote</strong> <strong>Liste</strong> der <strong>Fische</strong> und Rundmäuler des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong>Abb. 6Die Oder nimmt immer mehr an Bedeutung für verschiedene Fischarten zuFoto: F. Plücken


14 ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 20115 Bilanz der <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong>Von den 65 Fisch- und Rundmaul-Arten der<strong>Brandenburg</strong>er Binnengewässer gelten acht alsNeobiota und wurden daher nicht bewertet.Ebenso wurde unter den einheimischen Arten(Indigene und Archaebiota) der Aal nicht beurteilt(siehe Kommentare). Die aktuelle Anzahlder Fisch- und Neunaugenarten, die in der vorliegenden<strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> hinsichtlich ihrer Gefährdungssituationkategorisiert wurden, beträgtdaher 56 (Tab. 2)Von diesen 56 bewerteten Arten gelten vier(7,1 %) als ausgestorben oder verschollen.Zwei Arten sind vom Aussterben bedroht, dreiweitere stark gefährdet, fünf gefährdet und beieiner Art ist das Ausmaß der Gefährdung unbekannt.Damit sind insgesamt elf Arten (19,6 %)in ihrem Bestand bedroht. Des Weiteren sinddrei Arten als extrem selten eingestuft und insgesamtacht Arten stehen auf der Vorwarnliste.Bei vier Arten kann die Gefährdungssituationaufgrund unzureichender Daten derzeit nichteingeschätzt werden. Die Bestände von 26 Arten(46,4 %) sind aktuell ungefährdet.Insgesamt zeigt die Auswertung der aktuellen<strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> <strong>Brandenburg</strong>s ein überwiegend positivesBild. Der kurzfristige Bestandstrend weistbei 26 Arten (46,4 %) einen gleichbleibendenZustand auf, bei 13 Arten (23,2 %) sogar einedeutliche Zunahme (Tab. 3). Dies unterstreicht,dass sich die Verbesserungen der Wasserqualität,der Gewässerstruktur und der ökologischenDurchgängigkeit positiv auf die Fisch- undRundmaulbestände auswirken.In der <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> der Rundmäuler und <strong>Fische</strong><strong>Brandenburg</strong>s von 1998 (KNUTH et al. 1998)wurden von 50 aufgeführten Arten noch 29(58 %) als „vom Aussterben bedroht“ bis „gefährdet“eingeschätzt. Die meisten aktuellenKategorieänderungen gegenüber 1998 sindpositiv (Tab. 4).Dabei ist in 13 Fällen (50 %) eine tatsächlicheVerbesserung der Bestandsituation (reale Verän-Tab. 2: Bilanz der Gefährdungssituation von <strong>Fische</strong>n und Rundmäulern in <strong>Brandenburg</strong>Bilanzierung der Anzahl etablierter Arten absolut prozentualGesamtzahl etablierter Arten 65 100,0%Neobiota 8 12,3%Indigene und Archaeobiota 57 87,7%bewertet 56 86,2%nicht bewertet () 1 1,5%Bilanzierung der <strong>Rote</strong>n-<strong>Liste</strong>-Kategorien absolut prozentualBewertete Indigene und Archaeobiota 56 100,0%0 Ausgestorben oder verschollen 4 7,1%1 Vom Aussterben bedroht 2 3,6%2 Stark gefährdet 3 5,4%3 Gefährdet 5 8,9%G Gefährdung unbekannten Ausmaßes 1 1,8%Bestandsgefährdet 11 19,6%Ausgestorben oder bestandsgefährdet 15 26,8%R Extrem selten 3 5,4%<strong>Rote</strong> <strong>Liste</strong> insgesamt 18 32,1%V Vorwarnliste 8 14,3%* Ungefährdet 26 46,4%D Daten unzureichend 4 7,1%


ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 2011 15derung) an der Kategorieänderung beteiligt, inzehn Fällen ist der Kenntniszuwachs ein beeinflussenderFaktor (Tab. 5). Insgesamt zwölf Kategorieänderungensind auf die veränderte Methodikbei der Gefährdungseinstufung zurückzuführen,bei einer weiteren spielt auch die taxonomischeZuordnung eine Rolle.Die zwei negativen Änderungen der Gefährdungseinstufungsind durch Kenntniszuwachsund geänderte Methodik begründet, in einemFall ist ein tatsächlicher Bestandsrückgang zuverzeichnen (Karausche).Daraus wird deutlich, dass ein Vergleich der aktuellen,nach der bundesweit vereinheitlichtenMethodik von LUDWIG et al. (2006) erarbeiteten<strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong>n, mit früheren Versionen nureingeschränkt möglich ist und unbedingt weitererErläuterung bedarf. Anderenfalls könnten ggf.Tab. 3: Auswertung der Kriterien für die bewerteten ArtenKriterium 1: Bestand aktuell absolut prozentualex ausgestorben oder verschollen 4 7,1%es extrem selten 7 12,5%ss sehr selten 7 12,5%s selten 9 16,1%mh mäßig häufig 16 28,6%h häufig 8 14,3%sh sehr häufig 3 5,4%? unbekannt 2 3,6%Kriterium 2: Bestandstrend langfristig absolut prozentual


16 ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 2011Tab. 4: Kategorieänderungen gegenüber der vorherigen <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> (KNUTH et al. 1998)Kategorieänderungen absolut prozentualKategorie verändert 28 50,0%positiv 26 46,4%negativ 2 3,6%Kategorie unverändert 17 30,4%Kategorieänderung nicht bewertbar (inkl. → ) 11 19,6%Gesamt 56 100,0%Tab. 5: Gründe der Kategorieänderungen gegenüber der vorherigen <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> (KNUTH et al. 1998)alle negativ positiv1. Grund 1. bis 3. GrundGründe für die Kategorieänderungenabs. proz. (Taxa) abs. proz. (Taxa)R Reale Veränderungen 11 42,3% 11 42,3%R(Na) Reale Veränd. durch Naturschutzmaßnahmen 2 7,7% 3 11,5%K Kenntniszuwachs 5 19,2% 10 38,5%M Methodik 7 26,9% 12 46,2%T Taxonomische Änderungen 1 3,8% 1 3,8%gesamt mit Grund 26 100,0% 37 [100,0%][leer] Grund unbekannt 0 0,0% 0 0,0%gesamt positive Änderungen 26 100,0% 37 *R Reale Veränderungen 1 50,0% 1 50,0%R(Na) Reale Veränd. durch Naturschutzmaßnahmen 0 0,0% 0 0,0%K Kenntniszuwachs 0 0,0% 1 50,0%M Methodik 1 50,0% 1 50,0%T Taxonomische Änderungen 0 0,0% 0 0,0%gesamt mit Grund 2 100,0% 3 [100,0%][leer] Grund unbekannt 0 0,0% 0 0,0%gesamt negative Änderungen 2 100,0% 3 *R Reale Veränderungen 12 42,9% 12 42,9%R(Na) Reale Veränd. durch Naturschutzmaßnahmen 2 7,1% 3 10,7%K Kenntniszuwachs 5 17,9% 11 39,3%M Methodik 8 28,6% 13 46,4%T Taxonomische Änderungen 1 3,6% 1 3,6%gesamt mit Grund 28 100,0% 40 [100,0%][leer] Grund unbekannt 0 0,0% 0 0,0%gesamt alle Änderungen 28 100,0% 40 *Bilanzierung realer Veränderungen [R + R(Na)] abs. proz. (Taxa) abs. proz. (Taxa)positiv 13 50,0% 13 50,0%negativ 1 50,0% 1 50,0%* Aufgrund von Mehrfachnennungen sind Summenbildungen bezüglich der Taxa nicht möglich.[%]: Anteil derjenigen Taxa, für die mindestens ein Grund genannt wird (nicht die Summe der Prozentsätze dereinzelnen Gründe, s.*).


ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 2011 17falsche Schlüsse zur Entwicklung der Gefährdungssituationgezogen werden (vgl. ZIMMER-MANN 2008, BfN 2009). Immerhin sind etwaein Viertel der positiven Kategorieänderungenausschließlich methodisch bedingt. Die tatsächlichbei einem großen Teil der Fisch- und Rundmaulartenin <strong>Brandenburg</strong> positive Bestandsentwicklungist dennoch unübersehbar.Abb. 7Fischaufstiegsanlage an der LöcknitzFoto: F. Fredrich


18 ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 20116 KommentareAal – Anguilla anguillaDie Art wird in der <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> <strong>Brandenburg</strong>snicht bewertet. Alle europäischen Aale gehöreneiner globalen, sich in der Sargassosee (Westatlantik)vermehrenden Population an, so dasseine Beurteilung von einzelnen Regionen nichtaussagekräftig ist. Zudem ist die weite Verbreitungdes Aals in <strong>Brandenburg</strong>er Gewässern dasErgebnis umfangreicher Besatzmaßmaßnahmenund nicht Ausdruck eines reproduktionsstarkenBestandes. Bereits vor mehr als 100 Jahren wurdendurch den Deutschen <strong>Fische</strong>reiverein – unteranderem auch als Reaktion auf die anthropogenenBeeinträchtigungen der Flüsse und demdamit verbundenen Bestandsrückgang – Besatzmaßnahmendurchgeführt. Nach vermindertenBesatzmengen zu Beginn der 1990er Jahrewerden aktuell wieder verstärkt Aale besetzt.Im <strong>Brandenburg</strong>er Elbeeinzugsgebiet sind dies2-4 Mio. Glasaale jährlich. Der Umfang desnatürlichen Aalaufstiegs in Binnen- und KüstengewässerEuropas ist dagegen nicht konkretquantifizierbar.Als Indikator für die Bestandsgröße kann mansich nur an den Fängen der Erwerbsfischereiorientieren, die seit 30 Jahren drastische Rückgängezeigen. Heute wird bei Speiseaaleneuropaweit nur noch ein Viertel, bei Glasaalenwerden sogar nur noch 1-4% der durchschnittlichenMenge des Zeitraums 1970-1990 gefangen.Auch in <strong>Brandenburg</strong> haben sich die Aalfängein den vergangenen 20 Jahren mehr alshalbiert. Als Ursachen kommen sowohl Faktorenwährend des Aufenthalts im Meer, als auchder Lebensphase im Süßwasser in Betracht. Soscheinen sich die Temperatur- und Ernährungsbedingungenfür die Larven im Laichgebietebenso wie die Stärke und Ausrichtung des alsTransportmedium wichtigen Golfstromes zuverändern. Neben dem Lebensraumverlust durchverbaute und verschmutzte Binnengewässertragen der vor 25 Jahren nach Europa gelangteSchwimmblasenparasit Anguillicoloides crassusund eine zunehmende Zahl an Wasserkraftwerkenund Kormoranen zur erhöhten Sterblichkeitvon Aalen bei. Es ist von einer Gefährdungunbekannten Ausmaßes auszugehen. Mitder Fortführung der Bestandsstützung im Rahmenentsprechender Schutzprogramme (EU-Aalverordnung)soll ein weiterer Rückgang derAalbestände abgewendet werden.Aland – Leuciscus idusDer Aland ist aktuell in allen potentiell geeigneten<strong>Brandenburg</strong>er Gewässern präsent und diefestgestellten Häufigkeiten entsprechen in etwaden historischen Fangdaten. Die Bestandsentwicklungist in den letzten 10 Jahren stabilgeblieben, da die Art nach wie vor von denvielfältigen Anstrengungen zur Verbesserungder Wasserqualität und der zunehmenden Ausstattungder Wehre mit Fischwanderhilfen profitiert.Während der Aland noch 1998 alsgefährdet galt (KNUTH et al. 1998), ist er heutein <strong>Brandenburg</strong> als ungefährdet einzustufen.Äsche – Thymallus thymallusObwohl die Äsche in linksseitigen Nebenflüssender Elbe (Lüneburger Heide) und rechtsseitigenZuflüssen der Oder (Einzugsgebiet der Warthe/Netzein Polen) in autochthonen Beständenvorkommt, fehlte sie offenbar in historischerZeit im nördlichen <strong>Brandenburg</strong>. Für denSüden des <strong>Land</strong>es sind Angaben aus der Spreeund der Neiße von Interesse, die sich aber aufdas angrenzende sächsische Gebiet beziehen(VON DEM BORNE 1882). Daher können auchehemals autochthone Populationen in <strong>Brandenburg</strong>nicht ausgeschlossen werden, wennauch sichere historische Belege weiterhin fehlen.Die gegenwärtigen Vorkommen der Art im <strong>Land</strong><strong>Brandenburg</strong> sind das Ergebnis von Besatzmaßnahmen.Nach PLOMANN (1997) waren um1970 viele ursprüngliche Äschenvorkommenim Gebiet der heutigen neuen Bundesländererloschen oder stark bedroht. Der DeutscheAnglerverband (DAV) versuchte deshalb, durchBesatz mit <strong>Fische</strong>n aus der Ulster (Thüringen)einige Niederungsbäche <strong>Brandenburg</strong>s mit derÄsche zu besiedeln. In der Stepenitz (Prignitz)und im Rheinsberger Rhin (Ruppin) etabliertensich daraufhin reproduzierende Bestände. In derStepenitz breitet sich die Art auch eigenständigaus, im Rheinsberger Rhin ist dagegen seit 1990ein starker Rückgang zu verzeichnen. Ansiedlungsversuchein der Nuthe waren nicht erfolgreich.Aktuell kommt ein ausreichend großer und sichselbst erhaltender Bestand der Äsche nur im


ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 2011 19Abb. 8Eine Einschätzung der Gefährdungssituationder Äsche (Thymallusthymallus) in <strong>Brandenburg</strong>ist nur bedingt möglich,da auch ein Besatz stattfindetFoto: S. ZienertFlussgebiet der Stepenitz vor. Durch verstärktenPrädationsdruck durch Kormorane in den letzten,strengen Wintern wurde dieser jedoch starkdezimiert, weshalb im Frühjahr 2010 erstmalswieder Besatz mit einjährigen <strong>Fische</strong>n aus Thüringendurchgeführt wurde. Die Stepenitz und ihreZuflüsse sind mittlerweile in dem von Äschenbesiedelten Gebiet ungehindert durchwanderbar.Die Wasserqualität ist gut, die Gewässerstrukturals überwiegend gut zu bewerten.Relevante Gefährdungen sind derzeit der hohePrädationsdruck durch Kormorane sowie diezunehmende Versandung der Gewässer bedingtdurch vermehrten Energiepflanzenanbau (Mais,Raps) und fehlende Uferrandstreifen. Aufgrundder Tatsache, dass die Äsche durch Besatzmaßnahmenverbreitet und gestützt wird sowie dernicht gesicherten historischen Angaben zumVorkommen der Art im <strong>Land</strong>, kann das Ausmaßder Gefährdung nicht konkret abgeschätztwerden. Daher wurde die Äsche in der <strong>Rote</strong>n<strong>Liste</strong> <strong>Brandenburg</strong>s in die Kategorie G (Gefährdungunbekannten Ausmaßes) eingestuft.Bundesweit gilt die Äsche als stark gefährdet(FREYHOF 2009).Bachforelle – Salmo truttaBisher wurden die einheimischen Forellen in dreiökologische Formen eingeteilt, die Bachforelle(Salmo trutta f. fario), die Meerforelle (Salmotrutta f. trutta) und die Seeforelle (Salmo truttaf. lacustris). Nach neuen wissenschaftlichenErkenntnissen handelt es sich dabei aber umunterschiedliche Lebensstrategien ein und derselbenArt, Salmo trutta, die reproduktiv nichtgetrennt sind (WYSUJACK et al. 2009, KOTTELAT& FREYHOF 2007, SCHREIBER & DIEFENBACH 2004).In der bundesweiten <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> werden dieökologischen Formen der Forelle zu einer biologischenEinheit zusammengefasst und geltenals ungefährdet (FREYHOF 2009). Um ausführlicherauf die Entwicklung und Situation wandernderund stationärer Forellen einzugehenund dem Schutz dieser Bestände gerecht zu werden,sind diese in der <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> <strong>Brandenburg</strong>sjedoch als Meer- und Bachforelle getrennt eingestuft.Bereits COLER (1599) erwähnt die Bachforelleals eine in der Mark <strong>Brandenburg</strong> auftretendeFischart. Darüber hinaus gibt es bei ECKSTEIN(1908) erste Hinweise, dass die Art bereits infrüheren Jahrhunderten durch Besatz gefördertund möglicherweise auch weiterverbreitet wurde.Heutige Verbreitungsschwerpunkte liegenim Fläming und in der Prignitz, aber auch inGewässersystemen wie Ucker, Schwärze, Finowund Pulsnitz.Durch die verringerte Abwasserbelastung, eineExtensivierung der Gewässerunterhaltung undeine verbesserten Durchgängigkeit in den Fließgewässersystemenbefanden sich die Beständeseit 1998 verstärkt in Ausbreitung. Außerdemerfolgte in ehemals durch anthropogene Einflüssestark beeinträchtigten Gewässern wiedereine eigenständige Reproduktion. Diese positiveEntwicklung wird aktuell aber durch neue


20 ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 2011Abb. 9Die Bachforelle (Salmo trutta)profitiert von der Verbesserungder WasserqualitätFoto: U. RotheGefährdungen überlagert. Dazu zählen insbesonderedie Reaktivierung von Wasserkraftanlagen,die zunehmende Versandung der Forellengewässerinfolge einer großräumigen Vernichtungvon Uferrandstreifen zur Steigerungdes Anbaus von Energiepflanzen (v. a. Mais)sowie der zunehmende Fraßdruck durch Fischfressende Vögel. Da die Bachforelle in den meistenGewässern jedoch weiterhin durch Besatzgestützt wird, treten die teilweise besorgniserregendenZustände oft nicht deutlich zu Tage.Aufgrund der Beeinträchtigungen der Beständewird die Art in der <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> <strong>Brandenburg</strong>s indie Vorwarnliste eingestuft.Bachneunauge – Lampetra planeriDas Bachneunauge war vor etwa 100 Jahren inweiten Teilen <strong>Brandenburg</strong>s existent. Heute istdie Verbreitung nur noch lückenhaft. Schwerpunktedes Vorkommens liegen im Fläming, inder Prignitz und im Südosten des <strong>Land</strong>es. Mitunterfinden sich auch Restpopulationen inkleinen und mittelgroßen Bächen der Agrarlandschaft.Einzelne Exemplare können kurzzeitigauch in direkt an Fließgewässer angebundeneStillgewässer einwandern.Der Rückgang der Art im Vergleich zu historischenAngaben korreliert mit dem Verlust geeigneterLebensräume, nicht zuletzt infolge einereinseitig auf die Gewährleistung des Wasserabflussesausgerichteten Gewässerunterhaltung.Voraussetzung für eine dauerhafte Erholungder Bestände ist aufgrund der langen Larvalphaseeine Sicherung konstanter hydrologischerund wasserchemischer Verhältnisse. Abwassereinleitungenund intensive Gewässerunterhaltungen,wie tiefer Pflanzenschnitt und Grundräumungen,gefährden die Art.In den letzten 10 Jahren ist die Bestandssituationdes Bachneunauges in <strong>Brandenburg</strong> offen-Abb. 10Die Bestandsituation des Bachneunauges (Lampetra planeri) ist in den letzten 10 Jahren stabilFoto: S. Zienert


ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 2011 21Abb. 11Die Plane (hier bei Werdermühle) ist Lebensraum des Bachneunaugessichtlich stabil geblieben. Bei Vorhandenseingeeigneter Laichhabitate konnten vereinzeltsogar Massenvorkommen von Querdern festgestelltwerden. Auch bundesweit zeigt derkurzfristige Bestandstrend einen gleichbleibendenZustand, so dass die Art in der <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong>Deutschlands inzwischen als ungefährdet eingestuftwurde (FREYHOF 2009). In <strong>Brandenburg</strong>gilt das Bachneunauge aufgrund der kleinräumigenVerbreitung derzeit aber noch als gefährdet.Foto: I. BorkmannBaltische Groppe – Cottus microstomusDie in Polen weit verbreitete Baltische Groppewird seit einiger Zeit auch in <strong>Brandenburg</strong> inden Gewässersystemen der Schwärze und Neißenachgewiesen und bildet dort nach Experteneinschätzungstabile Bestände (FREYHOF et al.2005, KOTTELAT & FREYHOF 2007, FREYHOF 2009).Es wird angenommen, dass alle Groppenvorkommenim Odereinzugsgebiet dieser Art angehören.Im Rahmen des Fischartenkatasters konntedies jedoch nicht geklärt werden, so dass allenicht eindeutig als Baltische Groppe gekennzeichnetenFunde weiterhin vorläufig der Westgroppe(Cottus gobio) zugeordnet wurden.Mit den einzigen deutschlandweiten Nachweisenin den Gewässersystemen Schwärze undNeiße hat <strong>Brandenburg</strong> eine hohe Verantwortungfür den Schutz und Erhalt der Beständeder Baltischen Groppe. Die Art ist in der bundesweiten<strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> als extrem selten eingestuft(FREYHOF 2009). In <strong>Brandenburg</strong> kann ihreGefährdung aufgrund der unzureichendenDaten derzeit noch nicht eingeschätzt werden.Es sind aber ähnliche Gefährdungsursachenanzunehmen wie für die Westgroppe (siehedort).Baltischer Stör – Acipenser oxyrinchusDie Störart Acipenser oxyrinchus kommt an dernordamerikanischen Atlantikküste von Kanadabis zum Golf von Mexiko sowie in den größerenZuflüssen vor. Nachdem durch genetischeUntersuchungen (LUDWIG et al. 2002, 2008)aufgedeckt wurde, dass die Art vor rund 1200Jahren auch das Ostseegebiet besiedelte undhier die dominierende sowie seit 800 Jahren


22 ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 2011Abb. 12Für den Baltischen Stör (Acipenser oxyrinchus) laufen Wiederansiedlungsmaßnahmen im Einzugsgebiet der OderFoto: J. Gessnerausschließlich vorhandene Störart war und sichihr historisches Verbreitungsgebiet auch überweite Teile Europas erstreckte (LUDWIG et al.2008, DESSE-BERSET 2009, DESSE-BERSET & WILLIOT2011), wird der Baltische Stör als einheimischeFischart betrachtet.Im Odergebiet stiegen Baltische Störe noch biszur Mitte des 19. Jahrhunderts auf, müssenhier aber spätestens seit den 1960er Jahren alsausgestorben gelten. In der Warthe (Warta) inPolen wurde 1951 der letzte Baltische Störgefangen, im Oderhaff die beiden letzten 1954und 1964 (DEBUS 1996). Verbauungen undVerschmutzungen der Gewässer sowie die frühereÜberfischung bewirkten seine drastischeBestandsabnahme, so dass der Baltische Störheute in Europa als verschollen gilt.Seit einigen Jahren wird intensiv an der Wiedereinbürgerungder Störe in ihren historischenHeimatgewässern gearbeitet. Dank internationalerKooperation mit Kanada und Polen werdenseit 2006 Baltische Störe aus Nachzuchtenin der Oder und im polnischen Odereinzugsgebietausgesetzt. Solange sich hier aber nochkeine natürlich reproduzierende Population ausgebildethat, wird die Art in den <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong>nweiterhin als verschollen bzw. ausgestorbengeführt.Barbe – Barbus barbusBereits für das Mittelalter beschreibt COLER(1599) den Fang von Barben mit großen Netzenbzw. Hamen in der Mark <strong>Brandenburg</strong>. ZuBeginn des 20. Jahrhunderts wurde das Vorkommender Barbe in <strong>Brandenburg</strong>er Gewässern(Elbe, Oder, Havel, Westhavelländer Kanäle,Wublitz, Spree, Löcknitz, Neiße, Schwarze Elster,Dosse, Dahme, Finow-Kanal, Spree-Oder-Wasserstraße sowie in der Dahme-, Spree- undRüdersdorfer Seenkette) als regelmäßig eingeschätzt(VON DEM BORNE 1882, ECKSTEIN 1908).Seit den 1950er Jahren vollzog sich in <strong>Brandenburg</strong>ein erheblicher Bestandsrückgang, biszum großflächigen Verschwinden der Art. AlsHauptursachen sind der Verlust der ursprünglichenLaichplätze durch Strombaumaßnahmen(Beseitigung von Kiesbänken, Bau von Wehrenu. ä.) sowie die allgemeine Verschmutzung derGewässer anzusehen.Inzwischen haben sich die Bestände wiederleicht erholt, die Verbreitung reicht aber beiweitem nicht an historische Angaben heran. ImGebiet von Neiße und Oder kommt die Barbewieder regelmäßig bis häufig vor. Bedingtdurch Besatzmaßnahmen trifft man sie auch inSpree, Dosse und Schneller Havel wieder häufigeran. Auch in Elbe und Havel sind die Fangnachweiseleicht angestiegen. In <strong>Brandenburg</strong>wird die Art daher in der <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> nur nochin der Vorwarnliste geführt. Mit einer Wiederherstellungder ökologischen Durchgängigkeitder Flüsse sowie durch die Erschließung undden Schutz potenzieller Kieslaichplätze wird eineweitere Verbesserung der Bestandssituationprognostiziert. Bundesweit gilt die Barbe derzeitals ungefährdet (FREYHOF 2009).


ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 2011 23Abb. 13In Neiße und Oder ist die Barbe(Barbus barbus) wieder regelmäßigverbreitetFoto: U. RotheBitterling – Rhodeus amarusIn <strong>Brandenburg</strong> tritt der Bitterling heute über dasgesamte <strong>Land</strong> verteilt in verschiedenen Gewässernauf. Im Vergleich zu früheren Jahren sindaktuell deutlich mehr Nachweise von Bitterlingsvorkommenzu verzeichnen. Dies ist zumeinen auf eine tatsächliche Ausbreitung der Artzurückzuführen. Durch seine artspezifische Fortpflanzungsstrategie,das Ablaichen in Großmuscheln,ist der Bitterling von stabilen Vorkommender Unio- und Anodonta-Arten abhängig.Diese Großmuscheln profitieren von der aktuellenReoligotrophierung der Gewässer durch verminderteNährstofffrachten, was sich wiederumauch positiv auf die Bestände des Bitterlingsauswirkt. Zum anderen sind die vermehrtenNachweise aber auch das Resultat einerverstärkten Nachsuche, insbesondere im Zusammenhangmit den Fisch-Monitoringprogrammender Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL NATURA 2000) und der EU-Wasserrahmenrichtlinie(WRRL). Da der Bitterling fischereiwirtschaftlichunbedeutend ist und zudem oftKleingewässer besiedelt, blieb die Art frühervermutlich häufiger unentdeckt.Aufgrund der heutigen Verbreitungssituationkann der Bitterling in <strong>Brandenburg</strong> als ungefährdetangesehen werden. Von KNUTH et al.(1998) wurde er noch als stark gefährdet eingestuft.Donausteinbeißer – Cobitis elongatoidesDer Donausteinbeißer wurde 2001 erstmals inDeutschland nachgewiesen, an einem diploidenMännchen und indirekt an 34 triploiden Hybridweibchenzwischen C. taenia und C. elongatoides,die am 03. Mai 2001 in der sächsischenSpree bei Uhyst gefangen wurden (BOHLEN et al.2005). In <strong>Brandenburg</strong> gelang der Fang vonzwei Exemplaren in der Alten Oder.Wenn die Steinbeißerfänge bei künftigen Befischungensorgfältiger geprüft werden, ist dieEntdeckung weiterer Vorkommen denkbar. Allerdingsliegt <strong>Brandenburg</strong> auch am äußerenwestlichen Rand des Verbreitungsgebietes derArt. Rückschlüsse zur Bestandsentwicklung undGefährdung lassen sich aufgrund der unzureichendenDatenlage in <strong>Brandenburg</strong> derzeit nochnicht ziehen. Auch fehlen historische Überlieferungenzum Auftreten der erst 1969 beschriebenenArt, da frühere Funde alle C. taenia zugeordnetwurden. In der bundesweiten <strong>Rote</strong>n<strong>Liste</strong> gilt der Donausteinbeißer als ungefährdet(FREYHOF 2009).Elritze – Phoxinus phoxinusFür <strong>Brandenburg</strong> finden sich kaum historischeAussagen zur Verbreitung der Elritze. Bei COLER(1599) und ECKSTEIN (1909) ist sie als Fischartder Mark <strong>Brandenburg</strong> erwähnt, jedoch ohnedetaillierte Aussagen zum Vorkommen.Aktuelle Nachweise der Elritze gibt es in <strong>Brandenburg</strong>nur aus der Prignitz. Dort tritt die Artim Stepenitzssytem mit hoher Individuenanzahlund in zunehmender Populationsgröße auf. Inder Dosse wurde die Elritze zu Beginn des neuenJahrtausends durch den <strong>Land</strong>esanglerverbanderfolgreich wiederangesiedelt. Für die Erhaltungdieser einzigen, stabilen Elritzenbeständedes <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> kommt beiden Gewässersystemeneine hohe Bedeutung zu. DieLebensräume im Dosse- und Stepenitzsystem


24 ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 2011müssen durch einen strengen Biotopschutz gesichertwerden. Eine uneingeschränkte ökologischeDurchgängigkeit der Gewässer sowieSchutz, Erhalt oder Neuschaffung von Kieslaichplätzenund die Vermeidung von Feinsedimenteinträgenkönnten eine Ausbreitung der Elritzein <strong>Brandenburg</strong>er Gewässern unterstützen.Obwohl die Art in der <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> Deutschlandsinzwischen als ungefährdet eingestuft ist(FREYHOF 2009), muss die Elritze für <strong>Brandenburg</strong>aufgrund der lokal stark begrenzten Vorkommenin der Vorwarnliste geführt werden.Europäischer Stör – Acipenser sturioDas ursprüngliche Verbreitungsgebiet des EuropäischenStörs erstreckte sich im Atlantik vonder skandinavischen Halbinsel bis nach Portugal.Ebenso kam er in der Nordsee, im Mittelmeereinschließlich der Adria und des TyrrhenischenMeeres und im Schwarzen Meer vor.Vereinzelt wurde die Art auch an der isländischenKüste, im Weißen Meer und an den nordafrikanischenKüsten nachgewiesen. Heute existiertweltweit nur noch eine Restpopulation imGironde-Becken in Frankreich.In <strong>Brandenburg</strong> wanderte der Europäische Störnoch bis Ende des 19. Jahrhunderts relativ zahlreichdurch die Elbe bis in die Nebenflüsse undhatte fischereiwirtschaftlich große Bedeutung.Mit dem Ausbau der Elbe um die vorletzteJahrhundertwende nahm die Zahl der Störeaber drastisch ab. Heute ist die Art in Deutschlandausgestorben. Hauptverantwortlich dafürAbb. 14Die Elritze (Phoxinus phoxinus)kommt in <strong>Brandenburg</strong> nur inder Prignitz (Stepenitz, Dosse)vorFoto: S. Zienertsind Verbauungen und Verschmutzungen derGewässer, die zu Verlusten der Laichhabitateführten, sowie die Überfischung der laichreifenTiere.Inzwischen wurden Programme zur Wiedereinbürgerungdes Europäischen Störs in seine historischenHeimatgewässer erstellt. In diesemZusammenhang werden seit 2009 EuropäischeStöre aus Nachzuchten in die Elbe gesetzt. Solangehier aber noch keine eigenständige Reproduktionnachgewiesen wurde, gilt die Art weiterhinals verschollen bzw. ausgestorben.Finte – Alosa fallaxHistorischen Angaben zufolge stiegen Finten inder Elbe nachweislich bis zur Estemündung(nördliches Niedersachsen) auf und wurdennoch in der Stör und Bramau (Schleswig-Holstein)beobachtet. Als Hauptlaichplatz der Fintewird heute der Bereich unterhalb der StadtgrenzeHamburgs genannt, wo sie die zweithäufigsteFischart nach dem Stint ist. WidersprüchlicheAngaben existieren allerdings bezüglichder Länge der Fintenwanderungen in derElbe und damit auch zum Erreichen <strong>Brandenburg</strong>erTerritoriums. Aufklärung verspricht mittelfristigdie erheblich verbesserte Fischpassierbarkeitdes Wehres Geesthacht. Sofern es einhistorisches Verhaltensmuster gab, ist zu erwarten,dass künftig Finten aus der Unterelbe auchwieder weiter stromauf wandern. Anderenfallskann angenommen werden, dass die historischenNachweise aus der Elbe in Sachsen,


ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 2011 25Sachsen-Anhalt und <strong>Brandenburg</strong> auf Verwechslungenmit dem Maifisch beruhen undFinten auch früher nicht bis in diese Gebietegezogen sind. In der Oder scheinen die Fintenkaum über den Bereich des Oderhaffes hinausin die Oder einzuwandern. Obwohl im Resultatdie historische Verbreitung der Finten in <strong>Brandenburg</strong>schwer zu bewerten ist, wird die Artaus heutiger Sicht als Element der natürlichen<strong>Brandenburg</strong>er Fischfauna betrachtet und giltals verschollen.Flunder – Platichthys flesusFlundern sind an allen europäischen Küstenund in den Mündungsbereichen der Flüsse verbreitet.In <strong>Brandenburg</strong> ist ihr Vorkommen alsNahrungsgast in der Elbe und seltener auch inder Oder bis ins 16. Jahrhundert zurückzuverfolgen.In diesen Flüssen und einigen Nebengewässernstiegen sie zwar regelmäßig, aber niein hoher Anzahl bis in <strong>Brandenburg</strong>er Regionenund gelegentlich sogar bis Sachsen auf. Mitdem Rückgang der Bestände in der Elbmündungund noch verstärkt durch die Fertigstellungdes Wehres Geesthacht im Jahr 1960wurden auch die Fänge von Flundern in <strong>Brandenburg</strong>erElbeabschnitten sehr selten. Dasletzte belegte Vorkommen aus der Oderstammt aus dem Jahr 1993.Die zwischenzeitlich verbesserte Durchgängigkeitder Gewässer durch Rückbau von Staustufenoder ihre Nachrüstung mit geeigneten Fischpässensowie die vielerorts gestiegene Wassergüteresultierten in zwei aktuellen Flundernachweisenfür das <strong>Brandenburg</strong>er Gebiet ausden Flussseen der Havel bei Werder und Potsdamin den Jahren 2006 und 2009. Aufgrundder Tatsache, dass die Art bei uns seit jeher eingelegentlicher Nahrungsgast ist, wird sie in der<strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> <strong>Brandenburg</strong>s als extrem selten eingestuft.Da sich die Flunder im Meer fortpflanzt,wird sie nicht in der bundesweiten <strong>Rote</strong>n<strong>Liste</strong> der Süßwasserfische (FREYHOF 2009)geführt.Flussneunauge – Lampetra fluviatilisVerlässliche Angaben zum früheren Auftretenoder zu Laichplätzen des Flussneunauges in<strong>Brandenburg</strong> finden sich nur spärlich. Feststeht, dass die Art in Elbe und Oder teilweisesehr zahlreich einwanderte, um selbst kleinereNebenflüsse als Laichhabitat aufzusuchen. Ausder Oder bei Schwedt sind historische Massenfängeüberliefert. Die Art war aus <strong>Brandenburg</strong>erGewässern nie restlos verschwunden, istheute jedoch selten. Mehr oder weniger regelmäßigkönnen die Tiere besonders in abflussreichenWintern in Reusenfängen in der Elbeund unteren Havel nachgewiesen werden. Auchim Einzugsgebiet der Oder existieren relativstabile Bestände, wie die regelmäßigen Fangberichteortsansässiger <strong>Fische</strong>r bezeugen. Einequantitative Einschätzung ist jedoch infolgeunzureichender Nachweismethodik kaum möglich.Hauptursachen der gegenüber historischenAngaben negativen Bestandsentwicklung sindAbb. 15Die Nachweise des Flussneunauges (Lampetra fluviatilis) im Elbegebiet haben in den letzten Jahren zugenommenFoto: U. Rothe


26 ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 2011in erster Linie Aufstiegshindernisse in Form vonQuerbauwerken sowie die Versandung, Verschlammungoder das völlige Verschwindenvon Laich- und Querderhabitaten.In jüngster Zeit haben jedoch die Nachweise imElbegebiet, besonders in der unteren Havel undin der Stepenitz, deutlich zugenommen. Damitwird auch in <strong>Brandenburg</strong> die allgemein positivePopulationsentwicklung im Nordseeeinzugsgebiet(FREYHOF 2009) als Reaktion auf einegestiegene Wasserqualität bestätigt. Im besonderenMaße werden aber die Auswirkungen derverbesserten Durchgängigkeit der Gewässerdurch Rückbau von Wehren oder eine Nachrüstungderselben mit geeigneten Fischpässendeutlich, wodurch solchen ausgeprägten Wanderarteneine Wiederausbreitung ermöglichtwird. Für den Bereich der Oder ist eine Bestandsverbesserungallerdings nicht erkennbar. Hiersind die Vorkommen vergleichbar mit denender 1990er Jahre. Lediglich für die Neiße gibtes einen Hinweis auf eine Zunahme der Laichgesellschaften.Nach (FREYHOF 2009) geht dieOstseepopulation des Flussneunauges nachwie vor zurück, da insbesondere Wanderhindernisseund Ausbaumaßnahmen in den Fließgewässerneiner Ausbreitung im Wege stehen.Andererseits gibt es in der östlichen Ostseenoch beachtliche Vorkommen, die z. B. in Lettlandindustriell zur Konservenproduktion genutztwerden.In der bundesweiten <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> ist das Flussneunaugemittlerweile von stark gefährdet aufgefährdet zurückgestuft (FREYHOF 2009). In<strong>Brandenburg</strong> wurde die Art noch 1998 als vomAussterben bedroht geführt (KNUTH et al. 1998),während sie aktuell in die Vorwarnliste eingestuftwurde.Fontane-Maräne – Coregonus fontanaeDie Fontane-Maräne kommt weltweit ausschließlichim Stechlinsee vor und ist somit hierendemisch. Damit trägt <strong>Brandenburg</strong> internationaleVerantwortung für den Schutz undErhalt der Art.Das Vorkommen einer als „Tiefenform“ bezeichnetenPopulation der Kleinen Maräne imStechlinsee war bereits seit den 1950er Jahrenbekannt (BAUCH 1953). Im Jahr 2003 konnteanhand genetischer Untersuchungen gezeigtwerden, dass es sich dabei um eine eigenständigeArt handelt (SCHULZ & FREYHOF 2003). Diefestgestellten Längenverteilungen und Häufigkeitender Fontane-Maräne deuten auf einestabile Population hin. Eine Bestandsentwicklunglässt sich derzeit noch nicht einschätzen,da die Art erst in jüngster Zeit separat erfasstwird. Zunächst erscheint der Erhalt der Artgesichert, da das Vorkommen in einem Naturschutzgebietliegt, wo keine drastischen Nutzungsänderungenabsehbar sind und die Artinfolge ihrer Kleinwüchsigkeit auch nicht derfischereilichen Nutzung unterliegt. Allerdings istin den letzten 50 Jahren die Wassertemperaturdes Stechlinsees klimabedingt um etwa 1,5 °Cangestiegen. Als Folge konnten in den letztenJahren Modifikationen in der Physik, Chemieund Biologie des Sees beobachtet werden. Wiesich dies letztendlich auf die Fischfauna auswirkenwird, ist bisher noch nicht absehbar. Derzeitwird die Fontane-Maräne in den <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong>nsowohl in <strong>Brandenburg</strong> als auch bundesweitals extrem selten geführt.Goldsteinbeißer – Sabanejewia balticaDer Erstnachweis des Goldsteinbeißers fürDeutschland und <strong>Brandenburg</strong> gelang durchden Fang eines Einzelexemplars in der Oder beiStützkow am 23.06.2001 (BOHLEN et al. 2005).2009 wurden weitere elf Goldsteinbeißer in derOder bei Reitwein nachgewiesen (WOLTER &SCHOMAKER 2009). Aussagen zur Bestandsentwicklungund Gefährdung des Goldsteinbeißersin der Oder sind damit allerdings nochnicht möglich. Es ist derzeit auch noch nichtrestlos geklärt, ob auf deutscher Seite desOdergebietes eigenständige Populationen derArt existieren, oder ob nur Einzeltiere aus polnischenBeständen nach <strong>Brandenburg</strong> abdriften(FREYHOF 2009).Große Maräne – Coregonus spp.Der Begriff „Große Maräne“ umfasst eine ganzeGruppe von Maränenarten einschließlich derwandernden Bestände (Schnäpel) in Rhein, Elbe,Oder u. a. (Coregonus maraena, Coregonusoxyrinchus) sowie die Arten der Voralpenseen.Bei den Großen Maränen herrschen Unsicherheitenin der Systematik und der Zuordnungder Arten, die auch durch moderne genetischeMethoden noch nicht beseitigt werden konnten.Durch eine hohe Plastizität der Merkmals-


ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 2011 27ausprägung kann nahezu jedes Gewässer einespezielle Lokalform beherbergen (z. B. Schaalseemaräneoder Madümaräne). Da Große Maränenals begehrte Wirtschaftsfische schon seitetwa 1870 in ganz Deutschland durch Besatzverbreitet wurden, ist aber auch diese Zuordnungunter Umständen zweifelhaft.In <strong>Brandenburg</strong> wurden Große Maränen imBereich von Elbe und Havel, in der Oder und ineinigen Stillgewässern nachgewiesen. Wegender systematischen Unsicherheiten und deräußerst schwierigen Artzuordnung wird nur diePopulation des Ostseeschnäpels C. maraena inder Oder differenziert. Alle anderen Nachweisewerden als Coregonus spp. zusammengefasst.Daher sind Angaben zu den Bestandstrendsund konkreten Gefährdungen einzelner Artenin <strong>Brandenburg</strong>, mit Ausnahme des Ostseeschnäpels(siehe dort), nicht möglich.Hasel – Leuciscus leuciscusHistorische Aufzeichnungen lassen vermuten,dass die frühere Verbreitung des Hasels weitumfangreicher war als die heute zu beobachtende.Hauptursache des Rückgangs sind Verbauungender Fließgewässer und die damitverbundene Vernichtung von Laichplätzen. In<strong>Brandenburg</strong> sind kleine naturnahe Fließgewässerein gefährdeter Biotoptyp, weshalb auch diedarauf angewiesenen Vorkommen des Haselspotentiell gefährdet sind. Aktuell haben sichdie Bestände des Hasels auf geringem Niveaustabilisiert, was wahrscheinlich auf eine vielerortsverbesserte Wasserqualität zurückzuführenist. Die Art ist in der <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> <strong>Brandenburg</strong>sin die Vorwarnliste eingestuft, während sie bundesweitals ungefährdet gilt (FREYHOF 2009).Karausche – Carassius carassiusDie Karausche ist landesweit verbreitet, mit regionalenSchwerpunkten im Nordosten <strong>Brandenburg</strong>s(Uckermark). Historische Angaben zumVorkommen sind nur sehr begrenzt verfügbarund können kaum zur Bewertung der Bestandsentwicklungherangezogen werden. In denletzten 10 Jahren sind die Bestände jedoch insgesamtzurückgegangen. Ursache dafür ist inerster Linie der Verlust geeigneter Lebensräume(typische Auengewässer, pflanzenreiche Kleingewässer,Feldsölle). Daher wird die Art aktuellin der <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> <strong>Brandenburg</strong>s in der Vorwarnlistegeführt.Auch bundesweit haben die Karauschenbeständedrastisch abgenommen, was ebenfalls aufdas Verschwinden geeigneter Habitate zurückgeführtwird. In der <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> Deutschlandswurde die Art daher als stark gefährdet eingestuft(FREYHOF 2009). Daraus leitet sich für dienoch relativ weit verbreiteten Populationen in<strong>Brandenburg</strong> eine überregionale Bedeutung fürden Schutz der Art ab. Zu den hierzu erforderlichenMaßnahmen zählen besonders die Erhaltungund Förderung der spezifischen Lebensräumeder Art, wie Flussauen und Sölle.Kleine Maräne – Coregonus albulaDie Kleine Maräne ist im Norden und Osten<strong>Brandenburg</strong>s verbreitet und stellt dort einenwichtigen Wirtschaftsfisch der Seenfischerei dar.Historische Quellen lassen vermuten, dass einAbb. 16Der Hasel (Leuciscus leuciscus) ist ein typischer Bewohnerkleiner, naturnaher Fließgewässer Foto: S. ZienertAbb. 17Die Bestände der Karausche (Carassius carassius) sind sowohlin <strong>Brandenburg</strong> als auch ganz Deutschland teilweise drastischzurückgegangenFoto: S. Zienert


28 ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 2011Abb. 18Die Kleine Maräne (Coregonusalbula) ist eine Leitfischart nährstoffarmer,sauerstoffreicher undsommerkühler SeenFoto: S. ZienertTeil der heutigen Vorkommen auf Besatzmaßnahmenzurückgeht. Die Bestände sind in den1970er-1980er Jahren erheblich zurückgegangen.Hauptursache dafür war die Zunahmeeutrophierungsbedingter Sauerstoffmangelsituationenam Gewässergrund. Daher galt dieArt noch 1998 als stark gefährdet (KNUTH et al.1998). Die Verringerung der Trophie zahlreicherSeen <strong>Brandenburg</strong>s in der jüngeren Vergangenheithat sich noch nicht spürbar auf dieBestandsgrößen der Kleinen Maräne ausgewirkt.Daher wird die Art in der <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong><strong>Brandenburg</strong>s aktuell in die Vorwarnliste eingestuft,während sie bundesweit bereits als ungefährdetgilt (FREYHOF 2009).Lachs – Salmo salarIm Elbeeinzugsgebiet sind wirtschaftlich bedeutendeLachsfänge für <strong>Brandenburg</strong> historischbelegt (VON DEM BORNE 1882, ECKSTEIN 1908,KISKER 1934). Die wichtigsten Laichplätze lagenjedoch außerhalb des <strong>Land</strong>es in Saale und Mulde.Auch in der Oder traten Lachse regelmäßigauf, stiegen aber vorwiegend in Warthe undNetze auf (VON DEM BORNE 1882). Durch einezunehmende Abwasserbelastung der GewässerAbb. 19Seit 1999 werden Lachse (Salmo salar) in <strong>Brandenburg</strong> wieder erfolgreich angesiedeltFoto: S. Zahn


ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 2011 29Abb. 20Junger Lachs im „Jugend(Parr)-Farbkleid“ Foto: S. Zienertund den Bau von Stauwehren setzte jedoch einstetiger Rückgang der Bestände ein. Ab Mittedes 20. Jahrhunderts galt der Lachs in <strong>Brandenburg</strong>als verschollen bzw. ausgestorben.Seit 1994 existieren Bestrebungen zur Wiedereinbürgerungder Art im Elbegebiet und 1997startete das Wiederansiedlungsprojekt „Lachsein <strong>Brandenburg</strong>“. In diesem Zusammenhangwerden seit 1999 umfangreiche Besatzmaßnahmenim Stepenitz-System durchgeführt. ImJahr 2002 tauchten dort die ersten Laichfischeauf und bis 2010 wurden insgesamt 204 Rückkehrerregistriert. Ferner konnten Laichplätzelokalisiert und durch Jungfischfunde die erfolgreicheFortpflanzung bestätigt werden (ZAHNet al. 2009). Auch im Flussgebiet der SchwarzenElster/Pulsnitz werden seit 2004 Besatzmaßnahmenmit Junglachsen durchgeführt. Der ersteRückkehrer wurde hier 2007 nachgewiesen.Regelmäßiger Besatz im polnischen Odergebietseit 1996 hat auch zum Fang einiger markierterLachse in <strong>Brandenburg</strong> geführt. Derzeit wirdder Lachs in der <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> <strong>Brandenburg</strong>s alsstark gefährdet geführt, während er bundesweitnoch als vom Aussterben bedroht gilt(FREYHOF 2009).Maifisch – Alosa alosaVon 1820 bis 1870 kamen Maifische in der Elbehäufig vor. Sie wurden bis Dresden bzw. in Böhmenbis oberhalb der Moldaumündung und inder Moldau bis Prag gefangen. In <strong>Brandenburg</strong>waren Maifischfänge in der Elbe oberhalb desKreises Genthin selten, häufiger hingegen imBereich unterhalb Wittenberge. Um 1900 wardie Art bereits drastisch zurückgegangen undwurde nur noch sehr selten nachgewiesen(DUNKER 1960). Unterhalb der Havelmündungwurden bis in die 1950er Jahre Einzelexemplaregefangen. Danach galt der Maifisch für <strong>Brandenburg</strong>als verschollen bzw. ausgestorben. AlsHauptursachen des Bestandszusammenbruchswerden Ausbaumaßnahmen und Querbauwerkein den Flüssen angesehen. Verschmutzungen derGewässer und ausbaubedingte Versandungendürften zusätzlich zur Degradierung der Laichplätzeund Nahrungsareale beigetragen haben.Darüber hinaus standen die Laichfische untereinem hohen Fangdruck durch die <strong>Fische</strong>rei.Nachdem es aber bereits 1991 für die Elbe eineEinzelmeldung aus dem benachbarten BundeslandSachsen gab, folgte 1997 eine weitere ausSachsen-Anhalt und schließlich gelang 2001der Fang eines Maifischs in der Unteren Havel.Damit kann aktuell von einem sporadischenVorkommen aufwandernder Maifische in <strong>Brandenburg</strong>ausgegangen werden. Zu dieser Entwicklunghaben mit hoher Wahrscheinlichkeitdie gestiegene Wasserqualität und die verbesserteökologische Durchgängigkeit der Gewäs-


30 ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 2011ser beigetragen. Allerdings konnten bisher keineJungfische nachgewiesen werden. Die gefangenenMaifische stammen vermutlich von französischenPopulationen ab (NEUDECKER & DAMM2005). Da es aktuell in Deutschland keine sichselbst tragende Population gibt, gilt der Maifischbundesweit und auch in <strong>Brandenburg</strong> alsvom Aussterben bedroht.Meerforelle – Salmo truttaZum Artstatus und zur systematischen Einordnungsiehe Kommentare zur Bachforelle!Die Meerforelle, früher Lachsfohre genannt,wurde schon bei COLER (1599) als Fischart derMark <strong>Brandenburg</strong> aufgeführt. HistorischeAngaben über das Vorkommen von Meerforellenin <strong>Brandenburg</strong> sind jedoch spärlich, vermutlichwegen der großen Ähnlichkeit zuBachforelle und Lachs.Im Odergebiet lagen die Hauptlaichplätze derMeerforelle außerhalb des heutigen <strong>Brandenburg</strong>sim Flusssystem der Netze in Polen. In derElbe suchte die Meerforelle kleine Nebenbächezum Laichen auf (BAUCH 1953). ECKSTEIN (1908)berichtet von Meerforellen in der Beck, einemZufluss der Karthane. Andere Autoren nennendie Art auch für die Nieplitz bei Treuenbrietzen(BEKMANN & BEKMANN 1751; MAY 1907), für denStrom bei Prenzlau (BORGSTEDE 1788, MAY 1907)und die Schwärze bei Eberswalde (SCHMIDT1918).Mit zunehmender Verschmutzung und technischemAusbau der Gewässer, insbesondereQuerverbauungen, brachen die Bestände derMeerforelle in <strong>Brandenburg</strong> zusammen. Allerdingsgalt sie, im Gegensatz zum Lachs, nie alsganz verschollen, da in der Unterelbe sowie impolnischen Odereinzugsgebiet noch einige Laichplätzein Nebengewässern erhalten blieben. ZurWiederausbreitung und Förderung der Beständein <strong>Brandenburg</strong> wurden im Zusammenhang mitdem Wiederansiedlungsprojekt „Lachse in <strong>Brandenburg</strong>“auch umfangreiche Besatzmaßnahmenmit Meerforellen durchgeführt. Seit 1999bzw. 2001 werden regelmäßig Jungfische in dasSystem der Stepenitz bzw. der Ucker ausgesetzt.In der Stepenitz wurden von 2002-2010 insgesamt300 zurückkehrende Laichfische registriert,in der Ucker seit 2007 Einzeltiere. Auch in Polenwerden regelmäßig Meerforellen im Odereinzugsgebietausgesetzt. In <strong>Brandenburg</strong> wurdedie Art in jüngster Zeit auch in Oder, Mühlbach(Ucker), Elbe und Unterer Havel nachgewiesen.Aus diesen Gewässern sind zusätzlich Beständeder stationären Bachforelle bekannt.Da die Bestände derzeit noch durch Besatzmaßnahmengestützt werden müssen, gilt dieMeerforelle in <strong>Brandenburg</strong> als gefährdet.Meerneunauge – Petromyzon marinusMeerneunaugen wurden in <strong>Brandenburg</strong> niezahlreich gesichtet. Während es jedoch noch bisAbb. 21Auch für Meerforellen (Salmo trutta) werden seit 1999 umfangreiche Besatzmaßnahmen durchgeführtFoto: S. Zahn


ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 2011 31Abb. 22In den letzten 10 Jahren wurden wieder mehrfach Meerneunaugen (Petromyzon marinus) im Elbegebiet nachgewiesenFoto: S. ZienertMitte des 19. Jahrhunderts regelmäßige Einzelfängein Elbe und Havel gab, wurden danachnur noch vereinzelt Individuen nachgewiesen.Die Oder wurde allgemein seltener als Wanderwegbenutzt.In den letzten 10 Jahren wurden in <strong>Brandenburg</strong>wieder mehr Nachweise im Einzugsgebietder Elbe bestätigt. Während zuvor lediglichdirekt in der Elbe einzelne Individuen gefangenwurden, gelangen in jüngerer Zeit auch Einzelnachweiseder Art in der Stepenitz sowie imUnterlauf der Havel bis hin zum Breitlingsee.Aus diesen Fängen können noch keine Rückschlüssehinsichtlich einer tatsächlichen Bestandszunahmein <strong>Brandenburg</strong> gezogen werden.Dennoch verdeutlicht die aktuelle Ausbreitungim Elbegebiet den positiven Effekt der verbessertenDurchgängigkeit der Gewässer infolgedes Rückbaus von Staustufen oder der Nachrüstungderselben mit Fischwanderhilfen, wodurchauch weiter stromauf gelegene Gebiete wiederfür die Tiere erreichbar sind.Ursache für das heute seltene Auftreten der Artwar im Wesentlichen der durch Flussverbauungenörtlich stark eingeschränkte Laichaufstieg.Weiterhin ist von einer Gefährdung der Larvenlebensräumedurch Gewässerausbau und Versandungauszugehen. Für einen effizientenSchutz ist die Schaffung der durchgängigenPassierbarkeit der Wanderwege notwendig.Jedoch ist als Reaktion auf die allgemein verbesserteWasserqualität auch bundesweit einpositiver Trend bei der Entwicklung der Meerneunaugenbeständezu beobachten, wodurchdie Art in der <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> Deutschlands nurnoch auf der Vorwarnliste steht (FREYHOF 2009).In <strong>Brandenburg</strong> gilt das Meerneunauge aberweiterhin als vom Aussterben bedroht.Moderlieschen – Leucaspius delineatusAufgrund ihrer geringen Lebenserwartung neigenModerlieschen zu starken Bestandsschwankungen.Oft lässt sich ein Wechsel von starkenund schwachen Jahrgängen in einem 2-3 jährigenZyklus beobachten, was die sichere Einschätzungder Bestandsentwicklung erschwert.Teilweise wird die Art auch übersehen, da siemit der Angel und den herkömmlichen <strong>Fische</strong>reigerätennicht zu fangen und wirtschaftlich ohneBedeutung ist. Durch gezielte wissenschaftlicheBestandserhebungen haben sich in den letzten10 Jahren jedoch viele Kenntnislücken geschlossen.Dies führte auch zu einer Kategorieänderungin der bundesweiten <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong>, wo dieArt aktuell nicht mehr als gefährdet sondern indie Vorwarnliste eingestuft wurde (FREYHOF2009).Auch in historischen Schilderungen zur Fischfauna<strong>Brandenburg</strong>s fand das ModerlieschenBeachtung und wurde wegen seiner Häufigkeitoft „Hundert-Tausend-Fisch“ genannt. Im frühenMittelalter hielt man die kleinen <strong>Fische</strong> garfür den „Samen aller anderen Arten“. DieseAnnahme führte nach einer alten Überlieferungdazu, dass die Art geschont und nicht massenhaftaus den Gewässern entnommen wurde.In <strong>Brandenburg</strong> ist auch heute die Zahl derBestände an Moderlieschen insgesamt relativ


32 ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 2011hoch. Im Mittel wurde die Art mit Hilfe derElektrofischfangmethode an jeder fünften Probestellenachgewiesen. Verbreitungsschwerpunktefinden sich in den Teichwirtschaften des<strong>Land</strong>es, in Klein- und Kleinstgewässern allerRegionen, sowie besonders in Auengewässern.Daher wurde die Art aktuell von gefährdet aufungefährdet zurückgestuft.Nase – Chondrostoma nasusIn <strong>Brandenburg</strong> war die Nase historisch mindestensim Einzugsgebiet der Oder verbreitet. Ihrautochthones Vorkommen im Elbesystem wirdkontrovers diskutiert, scheint aber durchausplausibel (WOLTER et al. 2004). Darüber hinauswird die Nase seit 1958 in Tschechien besetztAbb. 23Die charakteristische Oberlippe verhalf der Nase zu ihremNamenFoto: I. Brümmerund bildet heute in der Elbe bis Magdeburgeinen reproduktiven, leicht zunehmendenBestand.Die Nasenbestände der unteren Oder brachenim vorigen Jahrhundert infolge der Anlage vonQuerverbauungen in den Nebengewässernzusammen. Insbesondere das Neißewehr inGuben verhinderte die Wanderung fortpflanzungsbereiter<strong>Fische</strong> zu ihrem Hauptlaichgebietin <strong>Brandenburg</strong>. Aufgrund ihrer spezifischenAnforderungen an den Laichplatz (stark überströmte,flache Kiesbänke) können Nasen kaumauf Ersatzstrukturen ausweichen. In der vorherigen<strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> <strong>Brandenburg</strong>s galt die Art alsausgestorben (KNUTH et al. 1998).Aktuell werden durch Berufsfischer wieder einzelneNasen in der Oder und Elbe nachgewiesen.Inwieweit es sich dabei in der Oder umnatürlich aufgekommene <strong>Fische</strong> oder Satzfischeaus dem polnischen Wanderfischprogramm handelt,ließ sich nicht klären. Daher wird die Art in<strong>Brandenburg</strong> derzeit als stark gefährdet angesehen.Bundesweit hat sich die Verbreitungssituationder Art positiv verändert, so dass dieNase in der <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> Deutschlands von starkgefährdet auf die Vorwarnliste zurückgestuftwurde (FREYHOF 2009).Neunstachliger Stichling – Pungitius pungitiusVorkommen des Neunstachligen Stichlings konntenaktuell in verschiedenen Regionen Branden-Abb. 24Die Nase (Chondrostoma nasus) wurde in Oder und Elbe wieder vereinzelt gefangenFoto: U. Rothe


ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 2011 33burgs belegt werden. Besonders kleine Fließgewässerwerden mitunter in hohen Dichtenbesiedelt, in Standgewässern ist die Art dagegenseltener anzutreffen. Die Bestandssituationhat sich in den letzten 10 Jahren kaum verändert.Lediglich im Norden und Nordwesten des<strong>Land</strong>es haben sich die Nachweise in Fließgewässernleicht erhöht.In <strong>Brandenburg</strong> und im gesamten Bundesgebietgilt der Neunstachlige Stichling in den<strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong>n derzeit als ungefährdet. 1998 wardie Art mit einer anzunehmenden Gefährdungeingestuft worden, da es lokal begrenzt in einigenGewässern Bestandsrückgänge gab (KNUTHet al. 1998). Dies konnte aktuell nicht mehrbestätigt werden.Ostseeschnäpel – Coregonus maraenaDer Ostseeschnäpel war ursprünglich im Bereichder südlichen Ostseeküste mit ihren Zuflüssenverbreitet. Als letzte deutsche Population konntenur die der Oder überleben, obwohl die Fängehier stark zurückgegangen sind. Der Bestandwird heute durch künstliche Erbrütung undBesatz gestützt, so dass vor allem im Oderhaffeine lokale wirtschaftliche Nutzung auf stabilemNiveau (20–55 t/a) erfolgt.Die Gefährdung des Ostseeschnäpels ergibt sichaus dem Verbleib dieser einen lokalen Populationin der Oder in <strong>Brandenburg</strong>. Die Art wirdinsbesondere durch die Regulierung der Flüssebeeinträchtigt, die zum Verlust der strommittigenKiesbänke (Laichhabitate) führte. Daherwird der Ostseeschnäpel in der <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> <strong>Brandenburg</strong>sals stark gefährdet eingestuft. Bundesweitgilt er als gefährdet (FREYHOF 2009).Der früher in der Elbe häufig vorkommendeund heute als ausgestorben geltende Nordseeschnäpel(Coregonus oxyrinchus) soll nach neuerenwissenschaftlichen Erkenntnissen ebenfallseine Population des Ostseeschnäpels (C. maraena)bzw. einer weiteren und bisher taxonomischunbeschriebenen Art gewesen sein (KOT-TELAT & FREYHOF 2007, FREYHOF 2009). Daherwird der Nordseeschnäpel in der aktuellen <strong>Rote</strong>n<strong>Liste</strong> nicht mehr als eigene Art geführt. Seit einigenJahren finden umfangreiche Wiederansiedlungsmaßnahmenim Elbegebiet statt. DieBesatzfische stammen aus einer Schnäpel-Population des dänisch-deutschen GrenzflussesVidau. Welcher Art jedoch die wenigen Nachweiseaus dem Elbe- und Havelgebiet in <strong>Brandenburg</strong>zuzuordnen sind, konnte im Rahmenbisheriger Untersuchungen nicht endgültiggeklärt werden.Quappe – Lota lotaFrüher galt die Quappe in <strong>Brandenburg</strong> als weitverbreitet, wobei sie im Spreewald nach der Plötzedie zweithäufigste Art war (VON DEM BORNE1882). Mit zunehmender Gewässerverschmutzungund dem Beginn des Fließgewässerver-Abb. 25In Elbe und Oder kommt die Quappe heute wieder regelmäßig vorFoto: S. Zienert


34 ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 2011baus war jedoch ein starker Bestandsrückgangzu beobachten. Besonders massiv haben sichQuerverbauungen in den Gewässern ausgewirkt,die zur Isolation von Quappenbeständenführten und die <strong>Fische</strong> von kühleren Temperaturrefugienim Sommer sowie Laichplätzen undBruthabitaten abschnitten. So ist z. B. der Zusammenbruchder oberelbischen Quappenpopulationnach dem Bau des Wehres Geesthachtdokumentiert. Auch der Verlust von Bruthabitatendurch die Ausdeichung von Flussauen istals eine Gefährdungsursache anzusehen.Heute sind Quappen in <strong>Brandenburg</strong> mit stabilenBeständen vor allem in Elbe und Oder zufinden. Auch in anderen Regionen gibt es Vorkommender Art, meist jedoch relativ kleinwüchsigeIndividuen in geringer Zahl. In Fließgewässernzeigt sich in den letzten Jahren einpositiver Trend mit zunehmenden Bestandsgrößen,während die Populationen in Standgewässerngleichbleibend sind. Auffällig ist das häufigeFehlen der Quappe in den Nebengewässernder größeren Flüsse. Eine Wiederherstellungder Passierbarkeit von Fließgewässern in ehemaligenVerbreitungszentren (Spreewald!) unddie funktionale Revitalisierung von Flussauensind daher dringend geboten.Während die Quappe 1998 sowohl in <strong>Brandenburg</strong>als auch bundesweit als stark gefährdetgalt (KNUTH et al. 1998, BLESS et al. 1998)wurde sie aktuell in die Vorwarnlisten zurückgestuft.Schlammpeitzger – Misgurnus fossilisIn mittelalterlichen Beschreibungen der Fischfauna<strong>Brandenburg</strong>s finden Schlammpeitzgerals „Wetterfische“ Erwähnung, jedoch ohnedass daraus Schlussfolgerungen über derendamalige Häufigkeit zu ziehen wären. Durchseine verborgene Lebensweise in Verlandungszonen,kleinen Gräben und Tümpeln wird derSchlammpeitzger oft übersehen oder nichterfasst, weshalb seine Bestände schwer einzuschätzensind. Gezielte Untersuchungen habenjedoch bereits ein genaueres Bild zur Verbreitungssituationder Art in <strong>Brandenburg</strong> geliefertund werden auch zukünftig den Kenntnisstandnoch deutlich erweitern. Es hat sich gezeigt,dass die Bestandssituation des Schlammpeitzgersin <strong>Brandenburg</strong> in den letzten 10 Jahrenrelativ stabil geblieben ist. Daher wird die Artzurzeit als ungefährdet angesehen, währendsie noch 1998 als gefährdet eingeschätzt wurde(KNUTH et al. 1998).Bundesweit gelten Schlammpeitzger allerdingsnach wie vor als stark gefährdet (FREYHOF 2009),da die Bestände durch die Zerstörung ihrerLebensräume vielerorts immer wieder bedrohtsind. Besonders Unterhaltungsmaßnahmen, wiedie mit schwerer Technik betriebene Krautungund Grundräumung von Wiesen- und Meliorationsgräben,führt häufig zu Beeinträchtigungenund hohen Verlusten. Darüber hinaus unterliegenKleinstgewässer einer generellen Bedrohungdurch Verfüllung oder Trockenfallen, diesich zusätzlich auf die Präsenz von Schlammpeitzgernauswirken. Wird ein Lebensraum zerstört,können Ortswechsel aufgrund von Querverbauungenoder unzureichender Vernetzunggeeigneter Habitate oft nicht durchgeführtwerden. Um der Art langfristig eine größereVerbreitung zu ermöglichen, sind der Schutzihres Lebensraumes sowie eine Extensivierungund Anpassung der Gewässerunterhaltung (abschnittsweiseUnterhaltung, einseitige Mahd)unerlässlich.Schmerle – Barbatula barbatulaDie Hauptvorkommen der Schmerle wurdenfür Bäche des Flämings, der Prignitz, der Uckermarkund seltener auch für das Oder-Neiße-Gebiet benannt. Auch aus einigen Teichwirtschaftenoder deren Zu- und Abläufen sindSchmerlenbestände bekannt. Bei Untersuchungenin den Bächen des Flämings und der Prignitzwurden zum Teil hohe Individuendichtenfestgestellt. Oft sind diese starken Bestände dasErgebnis menschlicher Einflussnahmen, findensich derartige Populationen doch oft im Auslaufbereichvon Wassermühlen oder in der geschottertenSohle unter Brücken. Seit einiger Zeit isteine zunehmende Besiedlung der Lückenräumevon Steinschüttungen in größeren Flüssen zubeobachten. In vielen kleineren Bächen, die imEinfluss landwirtschaftlicher Tätigkeit und maschinellerGewässerunterhaltung liegen, gehen dagegendie Bestände eher zurück. Insgesamt ist dielandesweite Verbreitungssituation in den letzten10 Jahren allerdings stabil geblieben. DieSchmerle kann daher als ungefährdet angesehenwerden. Noch 1998 galt die Art als starkgefährdet (KNUTH et al. 1998).


ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 2011 35Schneider – Alburnoides bipunctatusNachweise des Schneiders gelangen in <strong>Brandenburg</strong>im Jahre 2001 im Grano-Buderoser-Mühlenfließ,einem kleinen in die Lausitzer Neißemündenden Bach (ROTHE 2002). Die Populationbesteht nur aus wenigen Individuen. Bisheute konnten bei Untersuchungen nur insgesamt28 Exemplare ermittelt werden. In denJahren 2002, 2004 und 2005 wurden erfolgreicheReproduktionen, jedoch mit nur wenigenJungfischen festgestellt. Untersuchungen inanderen Zuflüssen zur Lausitzer Neiße erbrachtenkeine weiteren Nachweise. Eine kleine Populationin einem südlicher liegenden polnischenBach ist erloschen. Aufgrund der lokal sehrbegrenzten Vorkommen in <strong>Brandenburg</strong> giltdie Art als extrem selten. Potentielle Beeinträchtigungenkönnen leicht zu einer Bedrohungdes Bestandes führen. Schneider reagierenauf abrupte Veränderungen des Wasserchemismusäußerst sensibel. In der Vergangenheitwar die Wasserqualität des Grano-Buderoser-Mühlenfließeszeitweilig stark beeinträchtigt.Zudem sind schnell fließende Abschnitteund geeignete Kieslaichhabitate nur abschnittsweisevorhanden.In der bundesweiten <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> wurde derSchneider 1998 als stark gefährdet geführt(BLESS et al. 1998). Inzwischen hat sich die Verbreitungssituationin Deutschland verändert, sodass die Art aktuell in die Vorwarnliste eingestuftwurde (FREYHOF 2009).Steinbeißer – Cobitis taeniaDie historische Verbreitung von Steinbeißern in<strong>Brandenburg</strong> ist schwer zu beurteilen, da dieArt in früheren Zeiten vorzugsweise als „Steinschmerle“bezeichnet und oft nicht von derSchmerle unterschieden wurde. Heute sind nebender Oder stabile und zunehmende Vorkommenaus Elbe und Havel sowie einer Reihe von Seenbekannt. Die Verbreitungsschwerpunkte liegenim Norden und Osten des <strong>Land</strong>es. Der Steinbeißerprofitiert von der Verbesserung derWasserqualität in den meisten Gewässern, sodass seine Bestände insgesamt in Ausbreitungbegriffen sind. Daher wurde die Art aktuell alsungefährdet eingestuft, während noch 1998von einer starken Gefährdung ausgegangenwurde (KNUTH et al. 1998). Auch bundesweitwurde der Steinbeißer in der <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> vonstark gefährdet in ungefährdet zurückgestuft(FREYHOF 2009).Stint – Osmerus eperlanusIn historischen Berichten zur Mark <strong>Brandenburg</strong>findet der Stint bereits Erwähnung (COLER 1599;BEKMANN & BEKMANN 1751). Stinte wurdensowohl als Nahrungsmittel als auch in Jahrenmassenhaften Auftretens als Dünger für Äckergenutzt. Daraus lässt sich ableiten, dass die Artfrüher zumindest periodisch in <strong>Brandenburg</strong>sehr häufig vorkam. Auch WITTMACK (1875)beschrieb sehr starke Bestandsschwankungen.Vom Stint sind sowohl stationäre, als auchAbb. 26Der Schneider (Alburnoides bipunctatus)kommt in <strong>Brandenburg</strong>nur im Grano-Buderoser-Mühlenfließ vorFoto: S. Zienert


36 ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 2011wandernde Populationen bekannt. Früher zogdie damals als Flussstint (Osmerus eperlanuseperlanus) bezeichnete und gegenüber demstationären Binnenstint (Osmerus eperlanusspirinchus) großwüchsigere Wanderform in derElbe bis in den Raum Wittenberge und in derOder bis zur Finow. Anhand der aktuellenDatenlage in <strong>Brandenburg</strong> können die beidenökologischen Formen der Art jedoch nicht differenziertwerden.Aufgrund der starken Bestandsschwankungender Art sind Aussagen zur langfristigen Populationsentwicklungin <strong>Brandenburg</strong>er Gewässernschwierig. In den zurückliegenden Jahren überwogdie Meinung, dass sowohl Bestandsgrößenals auch die Präsenz der Art rückläufigwären (KNUTH et al. 1998, BRÄMICK et al. 1998).Ähnliche Ansichten wurden auch aus dembenachbarten Mecklenburg-Vorpommern geäußert(WINKLER et al. 2007). Die Daten aus denletzten 10 Jahren zeigen aber keine weiterenRückgänge, in wenigen Gewässern wurdensogar starke Bestandszunahmen (z. B. im Werbellinsee)verzeichnet. Damit kann der kurzfristigeBestandstrend des Stints zumindest alsstabil bezeichnet werden.In der <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> Deutschlands steht der Stintauf der Vorwarnliste, da insgesamt neben denstabilen Populationen an den Küsten viele kleineBestände in Binnenseen negative Entwicklungenaufweisen. In <strong>Brandenburg</strong> wird derStint zurzeit noch als gefährdet geführt.Stromgründling – Romanogobio belingiHistorische Daten zur Verbreitung des Stromgründlingsfehlen, da er erst 1933 als eigeneArt erkannt und beschrieben wurde. Der Stromgründlingist ein Element der autochthonenFischfauna <strong>Brandenburg</strong>s und des nordostdeutschenTieflands. 1996 wurde der bis dato inDeutschland weitgehend unbekannte Stromgründlingzuerst im Odergebiet in der Neiße(ROTHE 1998) und kurze Zeit später auch in Elbeund Rhein nachgewiesen. Damals noch als Weißflossengründlingangesprochen, wurde dieGattung Romanogobio 2001 revidiert und denvier Unterarten u. a. R. belingi 2004 der Artstatuszuerkannt (WOLTER 2006).Nach wie vor liegt der Verbreitungsschwerpunktdes Stromgründlings im Odereinzugsgebiet, woer in der unteren Oder mindestens seit 1997die dominierende Gründlingsart ist. Die Strommittewird ausschließlich von Stromgründlingenbesiedelt, weshalb auch die entsprechendedeutsche Namensgebung vorgeschlagen wurde(WOLTER 2006). In den Nebengewässern überwiegthingegen der Gründling (Gobio gobio)und in den Litoralbereichen des Hauptstromesfinden sich beide Arten vergesellschaftet.Noch 1998 wurde angenommen, dass eineGefährdung für die Art (damals als WeißflossengründlingGobio albipinnatus bezeichnet)in <strong>Brandenburg</strong> vorliegen könnte (KNUTH et al.1998). Durch den Kenntniszuwachs der vergangenenzehn Jahre wird der Stromgründling heutesowohl in <strong>Brandenburg</strong> als auch bundesweit(FREYHOF 2009) als ungefährdet angesehen.Wels – Silurus glanisIn <strong>Brandenburg</strong> liegen Verbreitungsschwerpunkteder Art entlang der großen Flüsse Oder,Elbe, Havel und Spree. Durch Besatzmaßnahmenist die Art aber auch in Stillgewässern,mitunter auch in kleinen Seen, präsent. In denletzten Jahren ist in <strong>Brandenburg</strong> ein verstärktesJungfischaufkommen und eine Bestandszunahmezu beobachten. Daher wurde die Artaktuell von der Vorwarnliste (KNUTH et al. 1998)in die Kategorie ungefährdet zurückgestuft.Auch bundesweit ist die Art in Ausbreitungbegriffen und wurde in der <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> alsungefährdet kategorisiert (FREYHOF 2009).Westgroppe – Cottus gobioBereits im Mittelalter wird die Westgroppe für<strong>Brandenburg</strong> näher beschrieben und dem typischenLebensraum der Schmerle zugeordnet.Historische Hinweise aus dem 18. Jahrhundertfinden sich für einige Fließgewässer um Eberswaldesowie aus dem südlichen Fläming. DurchBestandserhebungen seit den 1990er Jahrensind Nachweise der Art nur aus drei Gewässersystemenbekannt: Stepenitz, Schwärze undNeiße. Einen langfristig stabilen Bestand derWestgroppe mit regelmäßigem Vorkommengibt es aber nur in der Stepenitz. Mit denNachweisen einer weiteren Groppenart in derSchwärze und Neiße sind möglicherweise alledort vorkommenden Individuen der BaltischenGroppe zuzuordnen (FREYHOF et al. 2005, KOT-TELAT & FREYHOF 2007, FREYHOF 2009). Dieskonnte im Rahmen des Fischartenkatasters


ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 2011 37nicht endgültig geklärt werden, würde aberbedeuten, dass damit das Vorkommen derWestgroppe allein auf das Stepenitzsystembegrenzt wäre.Aufgrund dieser Verbreitungssituation hat<strong>Brandenburg</strong> eine besondere Verantwortungfür den Schutz und Erhalt der Population. AlsHauptgefährdungsursachen der Art müssenneben der Querverbauung (Wehre, Staue) undEutrophierung von Gewässern heute vor allemdie Zerstörung des Lebensraums durch künstlicheVeränderungen der Bachläufe, maschinelleGewässerunterhaltung sowie die Überdeckungder steinig-kiesigen Gewässersohlsubstrate durchEintrag von Feinsedimenten angesehen werden.Neben der Beseitigung der Gefährdungsursachenbedarf es auch eines umfassendenBiotopschutzes, um die Bestände zu fördern.Da durch die Gefällearmut nur wenige Fließgewässerabschnitteals potentieller Lebensraumzur Verfügung stehen, ist eine Ausbreitungder Westgroppe in <strong>Brandenburg</strong> aufnatürlichem Wege nicht zu erwarten.Die Westgroppe gilt aufgrund des lokal starkbegrenzten Vorkommens in <strong>Brandenburg</strong> alsgefährdet, während sie in der bundesweiten<strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> als ungefährdet geführt wird (FREY-HOF 2009).Zährte – Vimba vimbaZährten waren historisch in den großen Flüssenund Strömen <strong>Brandenburg</strong>s weit verbreitet. ImZuge der durch die Industrialisierung verursachtenVerschlechterung der Wasserqualität sowieder zunehmenden Strukturzerstörung in denFlüssen durch Querverbauungen und Kanalisierungengingen die Bestände jedoch drastischzurück.Die Hoffnung, dass sich aus den erstmals 1995wieder nachgewiesenen Zährten in der Saalemündungbzw. der relativ starken Population imUnterlauf der Weißen Elster in Sachsen-Anhalteine stabile Population in der Elbe entwickelt,die sich auch nach <strong>Brandenburg</strong> ausbreitet, hatsich bislang nicht erfüllt. Im <strong>Brandenburg</strong>er Elbeabschnittgelangen im letzten Jahrzehnt keineNachweise der Art, lediglich in der Havel und ineinigen Havelseen traten wieder selten bzw.vereinzelt Zährten auf. Eine sich selbst reproduzierendekleine Population existiert offensichtlichin Oder und Neiße. Die tatsächliche Bestandsgrößeist aber schwer einschätzbar. VereinzelteLaichfischnachweise gelangen hier inden Jahren 1999 und 2008. Insgesamt hat sichsomit die kritische Bestandssituation der Zährtein <strong>Brandenburg</strong> nur leicht verbessert. Die Art istdaher in den <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong>n <strong>Brandenburg</strong>s undDeutschlands als gefährdet eingestuft.Zander – Sander luciopercaDer Zander wurde bereits in Beschreibungender <strong>Brandenburg</strong>er Fischfauna des 16. Jahrhundertserwähnt. Das Elbeeinzugsgebiet bildetebis Mitte des 19. Jahrhunderts die westlicheAbb. 27Die Bestände der Zährte (Vimbavimba) gelten in <strong>Brandenburg</strong>erGewässern derzeit alsgefährdet Foto: S. Zienert


38 ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 2011natürliche Verbreitungsgrenze der Art. DurchBesatzmaßnahmen besiedelt der Zander heutejedoch alle großen europäischen Flusseinzugsgebiete.In <strong>Brandenburg</strong> ist der Zander insbesonderein großen Fließgewässern und nährstoffreichenSeen weit verbreitet. In der Vergangenheithatte er aufgrund der Eintrübungvieler Gewässer im Zusammenhang mit starkerNährstoffzufuhr den Hecht als dominantenRaubfisch mancherorts verdrängt. In den letztenJahrzehnten sind die Bestände des Zandersin <strong>Brandenburg</strong> wieder leicht zurückgegangen.Durch eine Verringerung von Nährstoffeinträgenund der damit einhergehenden Abnahmeder Gewässertrübung wurde in einigen Regionenvon einem Rückgang der Zanderbeständebei gleichzeitiger Zunahme des Hechts berichtet.Zander unterliegen aber oft auch starkenPopulationsschwankungen, die als sogenannte„Zandermüdigkeit“ eines Gewässers bekanntsind und auf dem Umstand beruhen, dass sieihr größenmäßig sehr begrenztes Beutespektrumstark dezimieren.Wenngleich auch der Zander 1998 wegen desleichten Bestandsrückgangs auf der Vorwarnlistestand (KNUTH et al. 1998), ist die Populationbundesweit (FREYHOF 2009) und auch in <strong>Brandenburg</strong>derzeit als ungefährdet anzusehen.Ziege – Pelecus cultratusNach der Eiszeit gelangte die ursprünglich aufdas pontische Becken beschränkte Ziege bis indie Ostsee und besiedelte hier besonders dieöstlichen Brackwasserregionen und Flussmündungen.Der Greifswalder Bodden und die Odergelten als westliche Verbreitungsgrenze. Imungarischen Plattensee (Balaton) existiert seitüber 100 Jahren eine große stationäre Population.Der Aufstieg von Ziegen in die Flüsse unterlagschon zu Vorzeiten großen Schwankungen.Nach COLER (1599) kann ein früheres Vorkommender Ziege in der brandenburgischen Oderangenommen werden. Aufgrund der Lage derOderregion am Rande des natürlichen Verbreitungsgebietesder Art, dürfte dieses Vorkommenaber sehr variabel gewesen sein.Ein Nachweis der Ziege in <strong>Brandenburg</strong> ist auchin den letzten 10 Jahren nicht gelungen. Sie giltdaher weiterhin als verschollen bzw. ausgestorben.Aufgrund der geringen Kenntnisse zur ehemaligenVerbreitung der Art für die Region <strong>Brandenburg</strong>sind Aussagen zu möglichen Ursachendes Erlöschens der Bestände kaum möglich. Inder bundesweiten <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> ist die Ziege alsvom Aussterben bedroht geführt (FREYHOF2009).Zope – Ballerus ballerusIn <strong>Brandenburg</strong> gibt es Nachweise der Art inden Gebieten von Elbe, Havel und Oder. DieBestände erscheinen stabil und entsprechenweitestgehend der historischen Verbreitung.Obwohl Zopen auch in wenigen Nebengewässernund an den Hauptstrom angebundenenStillgewässern nachgewiesen wurden, zeigte dieArt in den letzten 10 Jahren keine weitere Ausbreitungstendenz.Die Zope gilt in <strong>Brandenburg</strong>derzeit als ungefährdet.Neben einem einzigen Fund in der Vils bei Vilshofenin Bayern, sind die stabilen Populationenin Elbe und Oder jedoch die alleinigen Vorkommenin Deutschland. Aufgrund dieser eingeschränktenVerbreitung steht die Art in derbundesweiten <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> auf der Vorwarnliste.<strong>Brandenburg</strong> hat damit eine überregionale Verantwortungfür den bundesweiten Schutz undden Erhalt der Zope.DanksagungDas Kernstück dieser <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> bildet daskürzlich aktualisierte Fischartenkataster <strong>Brandenburg</strong>s.Diese landesweite Datensammlungkonnte nur durch das Zusammenwirken vonichthyofaunistisch tätigen Institutionen, Behörden,Sachverständigen und Planungsbürossowie durch die Berufsfischerei und Anglerverbändeentstehen. Allen in diesem Zusammenhangengagierten Personen sei ausdrücklich fürihre Mithilfe und die uneigennützige Übermittlungfischfaunistischer Nachweisdaten gedankt.Den Autoren der Bilder gilt ebenfalls ein Dankfür die Bereitstellung der Motive.


ROTE LISTE FISCHE UND RUNDMÄULER; NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (3) 2011 39LiteraturBAUCH, G. 1953: Die einheimischen Süßwasserfische. NeumannVerlag Radebeul & Berlin, 200 S.BEKMANN, B. L. & BEKMANN, J. C. 1751: Historische Beschreibungder Chur und Mark <strong>Brandenburg</strong>, 3. Teil. Verlag Christian FriedrichVoß, BerlinBfN 2009: <strong>Rote</strong> <strong>Liste</strong> gefährdeter Tiere, Pflanzen und PilzeDeutschlands. Band 1: Wirbeltiere. Naturschutz und BiologischeVielfalt 70 (1). Hrsg.: Bundesamt für Naturschutz (BfN). BonnBad-Godesberg. 386 S.BLESS, R., LELEK, A. & WATERSTRAAT, A. 1998: <strong>Rote</strong> <strong>Liste</strong> der inBinnengewässern lebenden Rundmäuler und <strong>Fische</strong> (Cyclostomata& Pisces). In: BINOT, M., BLESS, R., & BOYE, P. (Bearb.): <strong>Rote</strong><strong>Liste</strong> gefährdeter Tiere Deutschlands. 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