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24 WIRTSCHAFT Blick auf die moderne Flaschenabfüllanlage der Hanseatischen Brauerei in der Rostocker Doberaner Straße. Hopfen und Malz – Gott erhalts Rostock feiert in diesem Jahr 750 Jahre Brautradition - und die Hanseatische Brauerei wird 130 Jahre Rainer Buuk hat den Job des Bierbrauens von der Pike auf gelernt. In Rostock, damals in der unmittelbaren Produktion und in der- Grevesmühlener Malzfabrik. Genau 50 Jahre ist das jetzt her. Noch so ein Jubiläum. Heute führt der Vorruheständler Besuchergruppen durch die Produktionshallen an der Doberaner Straße. An diesem Tag sind es vornehmlich Touristen aus Süddeutschland. Und es gibt einiges zu sehen und noch mehr zu hören. Weltstars auf der ROSTOCKER-Bühne Als Höhepunkt auf der ROSTOCKER-Bühne werden am 6. September um 15 Uhr‚ Boney M. feat. Liz Mitchell’ erwartet. Mit insgesamt zehn Nummer 1-Hits wie „Daddy Cool“, „Ma Baker“ oder „Rivers of Babylon“ hat Boney M. eine einmalige Weltkarriere hingelegt. Das erst im Oktober 2006 zum 30jährigen Bühnenjubiläum aufgelegte Album schaffte es auf Anhieb in die Top 20 der Albumcharts. Denn Geschichten kann Rainer Buuk viele erzählen. Beispielsweise wie er zu DDR Zeiten mal vermeidlich tolle Souvenirs einer tschechischen Brauerei beim Abladen mit einem Kumpel unbemerkt beiseite geschafft hat, um später festzustellen, dass da nur Bierdeckel drin waren. Pech gehabt. Ansonsten war die Brauerei für ihn ein einziger Glücksfall, wie er selbst sagt. Nach der Lehre ging es im Lagerkeller los, ein paar Jahre später war er schon Brauführer. Nach erfolgreichem Abschluss der Meisterschule war das Sudhaus mit der Reifung und Gärung des Bieres sein ständiges Arbeitsfeld, das er mit sprichwörtlichem Biereifer beackerte. „Durst wird mit Bier erst schön“, weiß Rainer Buuk seinen Gästen stets aufs Neue zu berichten. Wenngleich er da eine kleine Einschränkung macht: Zu DDR Zeiten sei es mitunter schwer, manchmal sogar unmöglich gewesen, das deutsche Reinheitsgebot von 1516 einzuhalten. Wasser, Hopfen und Malz sind ja die einzigen für das Bier akzeptierten Rohstoffe, doch die waren all zu oft Mangelware. Die Hallertau, das weltweit größte Hopfenanbaugebiet zwischen Nürnberg und München gelegen, war weit weg und der Rohstoff mangels Devisen ohnehin kaum zu haben; die Warnow als Ressource mit ihrem Oberflächenwasser floss zwar vor der Haustür, aber da stimmte die Qualität oft nicht. Eine eigene zusätzliche Aufbereitungsanlage in der Brauerei schuf kaum Abhilfe. Aber das alternativ Ochsenblut, oder ähnliches mangels vorgeschriebener Rohstoffe, ins Rostocker Bier geflossen ist, wie viele erzählen, bezeichnet Rainer Buuk jedoch als „absoluten Quatsch“. Wenngleich er zugeben muss, dass der Ruf der Rostocker Brauerei nicht immer der beste, das Bier nicht gerade ein Hochgenuss war. Dabei hatte alles so gut angefangen. Es gab Zeiten, da waren in und um Rostock bis zu 800 Brauereien gemeldet. In fast jedem dritten Haushalt gab es eine. Und nicht nur für den Eigenbedarf. Noch vor dem 14. Jahrhundert wurde Bier in Rostock vor allem auch für den Export gebraut. Kaufleute lieferten den Gerstensaft nach Dänemark, Norwegen, Schweden bis hin nach Russland. Namhafte Herrschaftshäuser waren Kunden. Zur Hanse- zeit war Rostock der bedeutendste Braustandort im wendischen Raum. Vor 200 Jahren waren es dann nur noch 100, 1848 lediglich 30 Brauereien. Grund für den Rückgang waren vor allem die spätfeudalen Zwangs- und Bannrechte. Nachdem Bier Anfang des 19.Jahrhunderts als preiswertes Getränk wieder langsam in Mode kam, ging es mit den Brauereien erneut aufwärts. 1878 schlug die Geburtsstunde der heutigen Hanseatischen Brauerei. Mit Georg Mahn und Friedrich Ohlerich hatten sich zwei Rostocker Geschäftsmänner gefunden, die mit dem Kauf der Julius Meyer`schen Bierbrauerei den Grundstein für eine Bierbrautradition legten, die nun schon 130 Jahre anhält. Für gerade mal 19 000 Mark übernahmen sie das Gelände samt aller Anlagen an der Doberaner Straße. Es folgten Geschäftsstellen, in Greifswald, Sternberg, Bad Doberan, Kühlungsborn, Grevesmühlen, Tessin, Teterow, Wismar, Bützow oder Barth beispielsweise. Mahn und Ohlerich war schnell die Nummer 1 in der Region. Das Ende kam unfreiwillig. Im Frühjahr wurde die Aktiengesellschaft im Ergebnis des 2. Weltkrieges in einen volkseigenen Betrieb umgewandelt. Doch die Technik war zumeist zerstört, vorhandenes verschlissen. Da kam ein Großfeuer im August 1967 schon fast wie gerufen. „Nach einer Rekordbauzeit von drei Monaten wehte bereits die Richtkrone auf dem neuen Sudhaus. Fast die gesamte neue Technik kam anschließend aus der Bundesrepublik. Alles vom Feinsten. Von solchen Arbeitsbedingungen hatten wir bis dahin nur geträumt“, erinnert sich Rainer Buuk. Über Nacht war die Rostocker Brauerei zu modernsten im gesamten Ostblock avanciert. Der Bierausstoß stieg kontinuierlich, die Angebotsvielfalt nahm zu. „Hafenbräu“, „Baltic“, „ArkonaPilsner“ für das Traumschiff waren schnell Renner. Legendär waren auch die alljährlichen Bockbierfeste im Herbst im Ratskeller. Mit der politischen Wende 1989 wurde ein neues Kapitel in der ROSTOCK delüx 01/08
2008: Einfahrt in die moderne Brauerei. Die Mitarbeiter von 1925. damals schon 111 jährigen Geschichte eingeläutet. Muße zum Feiern hatte seinerzeit aber keiner. Niemand wusste, wie es weitergehen sollte. Der Absatz war völlig eingebrochen, die Zukunft damit ungewiss. Zur Hilfe kam den Rostockern da die erst zwei Jahre zuvor unterzeichnete Städtepartnerschaft mit Bremen und damit auch die Brauerei Beck & Co – mit seinerzeit vier Millionen Hektoliter Jahresproduktion eine der Top 5 unter den deutschen Brauereien. Vieles wurde in den folgenden Jahren erneuert, Bewährtes beibehalten. 2001 entschieden sich die Eigentümer von Beck & Co jedoch ihr eigenes Unternehmen, einschließlich der Rostocker Tochtergesellschaft, an die belgische Interbrew Gruppe zu verkaufen. Doch weil dem großen Braukonzern die Rostocker Produktionsstätte viel zu klein war, wurde die schon gut ein Jahr später an die Brau und Brunnen AG Dortmund weiterveräußert. Brauerei – Bauerei –Sauerei. Rainer Buuk sagt es scherzhaft. Über 50 Jahre hat er jetzt die Entwicklung der Rostocker Brauerei maßgeblich mit begleitet. Und kaum ein Jahr ist darunter, in dem nicht größere Baumaßnahmen anstanden. Aber es hat immer der Qualität geholfen. Eine Woche in der Gärung, vier Wochen in der Lagerung – ein Bier braucht zum Reifen vor allem Zeit und es bedarf dazu allerbester Rohstoffe und Produktionsbedingungen. Bei der Hanseatischen Brauerei sind diese Vorraussetzungen heute allgegenwärtig. ROSTOCK delüx 01/08 Zeugnis dafür sind die nun schon fast traditionell alljährlich durch die Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft, DLG, vergebenen Goldmedaillen. Jetzt erstmals auch für das neu entwickelte „Rostocker Lemon“, ein Biermischgetränk mit dem die Rostocker dem Trend der Zeit zu immer neuen innovativen Angeboten gefolgt sind. Rainer Buuk hat nach fast zwei Stunden Betriebsrundgang mit seiner Besuchergruppe den Traditionskeller erreicht. Hier kann sich jeder anhand von verschiedenen Exponaten noch einmal die nunmehr 130-jährige Firmengeschichte vor Augen führen. Und er kann endlich auch probieren, was er da an den verschiedenen Produktionsschnittstellen zuvor gesehen und auch schon mal gerochen hat. „Vielleicht habe ich ja heute den einen oder anderen neuen Kunden gewonnen. Dann hab ich auch noch als Rentner für meine Brauerei was gekonnt, freut sich der 65-jährige und startet zum Anstoßen in die Runde. „Übrigens“, freut sich Wolfhard Buß, Geschäftsführer der Hanseatischen Brauerei, „findet zum ersten Mal auf dem Brauereihof ein Rockkonzert statt“. Um das zu tun, steht den Rostocker Brauerei- Mitarbeitern eine logistische Meisterleistung bevor. Dort, wo sich normalerweise tausende Bierkisten als Leer- oder Vollgut stapeln, darf am 6. September nichts mehr stehen: Für das große Jubiläumskonzert muss der gesamte Brauereihof leer geräumt werden, um Platz für die große Rostocker Bühne und für die vielen Besucher zu schaffen. Auch die Abfüllbänder werden an diesem Samstag still stehen. Wenn Wolfhard Buß am 6. September um 15 Uhr die Tore auf dem Brauereihof öffnet, warten tolle Musikacts auf die Besucher. Das große Jubiläumskonzert startet um 16 Uhr. Los geht es mit Jennifer Rostock. Seit ihrem 5. Platz beim 2008er Bundesvision Song WIRTSCHAFT Contest von Stefan Raab ist die aufstrebende Band aus Mecklenburg-Vorpommern auch bundesweit bekannt. Im Anschluss werden die ‚Rostock Old Stars’ auf dem Brauereihof rocken. Dahinter verbergen sich ‚Five Men On The Rocks’, ‚Oldie Company’,‚Riff’,‚Frog’ und ‚Berluc’. Weitere Informationen zum Konzert unter: www.rostocker.de. Jürgen Drewes Prost aufs Jubiläum: Wolfhard Buß, Geschäftsführer der Hanseatischen Brauerei . Fotos: Hanseatische Brauerei/Hagedorn (4) 25
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