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Die neue Heilwissenschaft

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Heinrich GrobelBuchhandlungS ao PauloRua Florencio de AI


<strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong>oder die Lehre von derEinheit aller Krankheitenund deren darauf begründeteeinheitliche, arzneilose und operationslose Heilung.EID Lehrbuch und Ratgeber für Gesunde nnd KrankeLouiö Kühne.SiehenPe, deutsche Auflage.• (25.-29, Tausend.)Wahrsprucb:„Wer Wahrheit sucht, darf nicht dieStimmen zählen."Leibniz.Auch in englischer, französischer, spanischer, portugiesischer,holländischer, italienischer, schwedischer, dänischer, polnischer, böhmischerund ungarischer Sprache erschienen.Mit einem Bildnis des Verfassers in StahlsticheLeipzig 1894.Verlag von Louis Kühne.Kommissions -Verlag:E. Steiger & Co., New-York. Ernst Nolte, Bjuenos-Aires. Herrn. Michaelis, Kapstadt.F. Basedow, Adelaide. Windeier & Co., .Yokohama.


PLAN DE SITUATION CONSOLAT-MIRABEAUUn conte documentaire de Till Roeskens« Un jour, je suis sorti de chez moi et j'ai roulé vers le nord de la ville, sous la passerelle de l'autoroute, le longdu port autonome, le long des rails d'une gare de triage, le long de trottoirs craquelés, le long de talus auxherbes folles où j'ai croisé un homme qui ramassait des plantes dans un sac plastique. J'ai dépassé les ferrys, lessilos, les yachts de luxe en cale sèche. J'ai dépassé les hangars du dernier chantier naval où il était écrit : Icil'Etat tue l'emploi. J'ai dépassé une colline à la crête rocheuse qui s'avançait vers la mer - et à l'endroit où lepaysage s'élargissait de nouveau, j'ai bifurqué. J'ai vu une rue qui montait raide et au bout deux grandes barresd'immeubles plantées à angle droit dans la colline. J'ai vu qu'on m'observait... »Till RoeskensLes plans de situation : La démarcheCarte la plus détaillée du territoire, un plan de situation focalise le regard sur un petit fragment du monde,pour recenser ce qui en occupe la surface ; mais aussi pour indiquer ce qui à la surface est invisible : frontières,parcelles, propriétés, rapports de pouvoir qui structurent l’espace.Depuis plusieurs années, je consacre le plus clair de mon temps à une série de projets quasi-documentaires quiallient l’exploration de divers fragments du monde à l’écoute des vies qui les habitent ou les traversent.Aboutissant à des formes variées (conférence-diaporama, livre, film, exposition), ces plans de situation tententde dessiner des géographies subjectives via la parole des autres.Les étapes de cette quête se font au gré des occasions et sans grande cohérence d'ensemble. J'avance à tâtonset ne sais pas toujours très bien où je veux en venir.Nos tentatives d’habiter le monde, de nous y situer, d’y chercher un chemin… la joie de s’orienter comme cellede se perdre : voilà quelques-uns des motifs qui sous-tendent ma recherche.9


Vorwort.schiedenen Seiten hinter meinem Bücken mir mein mühsamerworbenes Material oft in der dreistesten Weise entwendetwurde. Ja, selbst ein Professor und Hofrat hat sich nichtgescheut, in s.einen Schriften ganze Abschnitte meiner Vorträgewörtlich abzudrucken mit dem ausdrücklichen Hinweis,dass es das Produkt seines Schaffens sei.Von seiten der Gegner scheint man eben mit grosserSchlauheit mir meine Entdeckungen abspenstig machen zuwollen. Man fängt in jenen Kreisen offenbar an, sehr unbehaglichdie Fackel meiner Aufklärung, d. h. die Verbreitungdieses Lehrbuches zu empfinden. Zu um so grösserem Dankgefühlesehe,ich'mich allen denen verpflichtet, welche mitunablässiger Hingebung meine Lehren weiterverbreiten halfen,und ich bitte meine verehrten Freunde und Anhänger, auchin Zukunft um ihre wohlwollende Unterstützung, um die begonnene,ernste Arbeit erfolgreich fortzusetzen.Es mag hier noch die vielleicht vielen Ausländern willkommeneMitteilung Platz finden, dass mein Lehrbuch nunmehrberöits in 12 Sprachen und zwar in deutscher, englischer,französischer, spanischer, portugiesischer, holländischer,italienischer, schwedischer, dänischer, ungarischer,böhmischer und polnischer Sprache erschienen ist.Ferner habe ich auf vielseitigen Wunsch dem Werkeam Ende noch einige Abbildungen über Gesichtsausdruckskundebeigefügt.So möge denn diese <strong>neue</strong> Auflage eine ebenso erspriesslicheWirksamkeit entfalten und Aufklärung auf demGebiete der Heilkunde in alle Welt hinaustragen!Leipzig, im Januar 1894.;Louis Kühne.


Inhaltsverzeichnis.Erster Teil.SeiteWasführtemichzurEntdeckungder<strong>neue</strong>u Heilkunst? (Vortrag) 1—13Eröffnung meiner Anstalt . . 5Meine Stellung zur Allopathie, zur Homöopathie und der bisherigenNaturheilkunde . . 6—8Kurzgefasste Übersicht meiner Entdeckungen .^,. 9—13Wie entsteht Krankheit? — Was ist Fieber? (Vortrag) 14—34Gesichtsausdruckskunde: Form Veränderungen durch Krankheit. . 15—17. 353—354. 446Erklärung [der Formveränderungen durch das Vorbandenseinvon Fremd- oder Krankheitsstoffen . 17—18Wie gelangen die Fremdstoffe in den Körper?* 18—22Beispiel vom Lastpferd . . 19Anfang der Belastung mit Fremdstoffen 21—22Der Herd der Fremdstoffe . . 2 2Fieber resp. Krankheit eine Gärung der Fremdstoffe imKörper, Wesen des Fiebers und der Krankheit 22—26Wesen der Gärung . 23Kückbildung der Gärung . 23Vergleich mit der gärenden Masse in der Flasche 24. 39Bazillen .. 23. 25. 29. 31. 261—262. 266. 308. 310Krankheitsursachen . . 24Wein und Bier bei der Gärung 26Vergleich der Krankheiten in den Tropen und den gemässigtenZonen . O 26Lebenskraft und Krankheitsursache 26Wie entsteht Fieberhitze? . 27Wesen des Kältegefühls vor dem Fieber . 28Beispiel von der Stube und dem Ungeziefer . . 29^ „ „ den Mücken und dem guinpfigen Waldesrand 30„ „ den Fleisch- und Aasfressern 30—31Fieber ohne Belastung unmöglich 31Heilung des Fiebers . 31—32. 39


Inhaltsverzeichnis.vi T. SeiteZwei verschieden gärende Flaschen , 81Gicht.'83—85Ischias . 85—86Kalte Hände und Füsse 86—88Heisser Kopf . . 86—88Schiefwerden, Wesen und Heilung 88—100Norinaler Körper 90—91Hohe Schulte^. 90—91Zu langer Rumpf 92Hoher Rücken 94Verkrümmung des Rückgrats 95—96. 98Buckeliger Rücken. . 96Krankenbericht Hofmann , .• 98Krankenbericht eines Fünfzigers. . 100Vergleich zwischen der Diagnose der Schulmötiizin und meinerGesichtstrasdruckskunde 100—104Beispiel von der Nähmaschina 103Meine Heilfaktoren . . 104—131Dampfbäder verschiedener Art . 104—111Kopfdampfbad und Unterleibsdampfbad 110»Sonnenbad. 111-T115Teilsonnenbäder . . 112Erklärungen über die Wirkungen der Sonnenbäder . 112—115Rumpfreibebad 115—116Reibesitzbad 116—131Erklärung der Wirkung der Reibesi|zbäder 119—131Erklärung des Herausschaffens der Fremdstoffe aus demKörper ' ... -122—124Erklärung des häufigen Wiederholens der Reibesitzbäder 125Erklärung der Lebenskraft im Körper . 125—128Beispiel von der galvanischen Batterie 128—130. 132—133Erklärung der Genügsamkeit und Massigkeit gesunder Men- —sehen . .- 130Wie eine Erhöhung der Lebenskraft sich kundgiebt ., . 130Was sollen wir essen — was sollen wir trinken?. 132—166Wesen und Bedeutung der Überernährung 132. 133. 134Lebenskraft und Überernährung .'.134Bedeutung jles Fastens *C 135—136Verhütung,;von Überernährung . 136Verdaujfpjkeitsgrade unserer Nahrungsmittel . 137. 138. 140irkung unreifen Obstes auf die Verdauung 139Verdaulichkeit der Körnerfrüchte 140—143Bedeutung der Schale der Körnerfrüchte 141—142


YUIInhaltsverzeichnis.SeiteBeispiel vom Pferde • 141—142Vortrag des Herrn E. Hering . . 144—160Klassifizierung der Tiere nach der Ernährungsart 146—148Der Mensch ein Frugivor, wissenschaftliche Begründung 148—152Gebiss des Menschen . 148Darm des Menschen . 149<strong>Die</strong> Sinne* als Wegweiser zu naturgemässer Nahrung .150—151Bedeutung naturgemässer Lebensweise für die|Fortpflanzungsfähigkeit.,\y . 151—152Abweichen der Tiere von ihrer naturgemässen Nahrung 152—153Bedeutung naturgemässer .^Nahrung für die Sittlichkeit des•{- Menschen , . ; 155Bedeutung naturgemässer ipäbensweise für Kranke . 156 .<strong>Die</strong> <strong>neue</strong> Heilkunst und ihre Stellung zum Vegetarismus. 156Naturgemässes Getränk . 157Naturgemässe Nahrungsmittel der Menschen • 157—169Krankenkost . .. 61—62. 159Genuss an naturgemässer Nätrung - 160'Schrotbrotrezept . . 161^rotbackapparat für einzelstehende Leute 161Schrotsuppenrezeptlg2Anleitung zur richtigen Auswahl naturgemässer Kost 162Einfache Kochrezepte zur Anleitung 162—166Nerven- und Geisteskrankheiten 167—183Nervenkrankheiten, Wesen und Heilung- 167—175Äussere Erscheinung der Nervenkrankheiten 167 168Standpunkt der heutigen Wissenschaft zu den Nervenkrankheiten.. 170Nerven und ihre Stellung zur Krankheit. . 170 171<strong>Die</strong> Verdauung und die Nerven 171 172Nervenleiden nur chronische körperliche Leiden. 172Standpunkt des Arztes .den Krankheiten gegenüber 173Spezialistentum und «die Neue <strong>Heilwissenschaft</strong> 173Geisteskrankheiten 175—133Moderne Ansicht über Geisteskrankheiten 175 176Wahres Wesen der Geisteskrankheiten 173Weshalb Landbewohner seltener geisteskrank werden als eStädter .. m i^g inaWeshalb Frauen seltener geisteskrank werd|ü als Männer 179Trunkenheit und Geisteskrankheit .' ** i 78Gesteigerte geistige Thätigkeit, ein Vorstadjum zu Geisteskrankheitt, JBQWesen der lichten Momente Geisteskranker 180


Inhaltsverzeichnis.SeiteProgressive Paralyse 180—182Verhütung der Geisteskrankheiten 180Frauenkrankheiten . 4$. 184—223Einleitung 184—185Kindbettfieber. Wesen und Heilung. 185—187Wie erreicht mä*n leichte und glückliche Geburten 187—201Verglei ch der Geburten bei Menschen und gesunden Tieren 187—188<strong>Die</strong> Folgen der Abweichung von der Natur. 189—190Wie erbliche Krankheit (Belastung) entsteht . 190—191Nachteilige Folgen der Begattung während der Schwangerschaft... '*• , 191—192Normaler und unnormaler Geschlechtstrieb . 193Unnatürliche Geburten und deren Wesen 194Wehenthätigkeit, normale und anormale * 195Angewachsensein der Nachgeburt 195Wesen der Angst vor der Niederkunft 195Nachteilige Folgen operativer Eingriffe bei Geburten 195—19*TNatur als Geburtshelfer *" . 196—197Wie man leichte Geburten erreicht. . . . *198Beweise für das Gesagte durch Kurberichte . . . 198—201Schlimme Brüste und fehlende Nahrung, Bedeutung derMenstruation. 201—212Beschaffenheit normaler Brüste . J501—20%Menstruation. Wesen und Bedeutung . 202—204Ovulation und. Menstruation 203—204Störungen der Menstruation . , 204—205Bedeutung der Menstruationszeiten während der Schwangerschaft. . 205Beispiele dazu: 1. Kind mit Mäuseabzeichen ". 205„ „ 2. Kind mit zerquetschtem Kopf 206„ „ 3. Kind mit besonderer Haarfarbe ... 206„ „ 4. Kind mit abnormem Munde 207„ „ '• 5. Erzeugung bunter^Lämmer 20?* „ „ 6. Füllen mit abnormem Abzeichen 208Bedeutung des Unterleibes bei Eindrücken, die von aussen-Jurch die Sinne hervorgerufen werden . 208—210Fehlende Nahrung. Wesen und Heilung . a 210—211Unfruchtbarkeit. Wesen und Heilung 212—214Gfcbärmuttervorfall nnd Tragen eines Ringes. 214'Gebärmutterknickungen . . 214—215Behandlung- des Kindes in den ersten Monaten * , . 215—216Kinderaufziehnng 216—223Erlsatzmittel für die Mutterbrust. •> 216—218ix


xInhaltsverzeichnis.SeiteWeshalb abgekochte Milch schwer verdaulich ist 217Verhältnis abgekochter und natürlicher Milch 217—219Gesundheitszustand unserer, Kühe 218—219Ersatz für Kuhmilch 219—220Unartige und träge Kinder.. Wesen und Heilung 220—221Unnatürlicher Geschlechtstrieb der Jugend«COnanie). Wesenund Heilung . . . 221—223Gleichnis vom Borkenkäfer 223Schlussbetrachtungen zum ersten Teil 224—229Gleichnis von den Wilden 224—225Gleichnis vom einfachen Bauern und der Dampfkraft. 225Schwierigkeiten bei Entdeckungen . . 225—226Weshalb Mediziner mein Naturheilverfahren so schwer begreifen, . . 226—227Stellung alterrZünfte zu <strong>neue</strong>n Errungenschaften . 227Sachunkundige Anwendung meiner Methode durch Ärzte 228—229Zweiter Teil.Wundbehandlung. Arzneilose und operationslose Behandlungund Heilung von Wunden aller Art 230—271Wesen der Wunden 231Wesen und Entstehung der Schmerzen und Anschwellung beiVerwundungen 231Wundfieber, ein Heilbestreben der Natur 232Einfluss der Belastung des Körpers auf das Wundfieber 232Natur als Wundarzt 233Heilung eines Beinbruchs bei einer Katze 233—235Vergleich antiseptischer und natürlicher Wundbehandlung 236238. 245. 252-254Heilung eines angeschossenen Hundes . 236—237Heilung eines Überfallenen Neufundländer Hundes 237Einfluss geringer und nur naturgemässer Nahrung (Diät) beiHeilung von Wunden f. . 238Schnitt-, Stich-, Quetsch- und Risswunden. 239—245Einfluss des inneren Blutdrucks auf diese Verwundungen 239—240Einfluss des atmosphärischen Luftdrucks auf den Körper l 240Naturgemässes Verbinden dieser Wunden •. .-•«? 241 — 242Stillung der Blutungen 241 242Falsche Wasserkompressen. 242Einfluss meiner ableitenden Bäder auf die Heilung'* vonWunden. . , r% 243Verletzung an der Kreissäge, deren Behjflicllung und Heilung 244


Inhaltsverzeichnis.SeiteQuetschungen, Kontusionen und innere Verletzungen.Wesen und Heilung ... 245—248Wirkung meiner ableitenden und lokalen Dampfbäder aufdiese Verletzungen 246—248Brandwunden und deren Heilung . 248—249Wie man am schnellsten die unerträglichen Schmerzen dabeistillt 248Schusswunden und deren Heilung . 249—255Verkehrtheit der Amputationx " 250Sollen die Geschosse aus dem Körper entfernt*" werden odernicht? 250—251Was wird aus dem Geschoss im Körper und wie macht derselbeersteres für sich ungefährlich? . 251Wie kühlt man im Notfalle Schusswunden, wenn kein Wasserzu haben ist? &: , 252Beispiele, wie antiseptische Behandlung nachteilig wirkt 253—254Knochenbrüche und deren Heilung 255—257Offene Wunden ohne äussere Verletzungen. Deren Wesenund Heilung .#-. 257—266Wahrer Ggund, weshalb wir seit Einführung der Impfungkeine grossen Pockenepidemieen mehr haben ,. 258Verhältnis der Lebenskraft des Körpers zu den Medikamenten258. 259—26J.Aus welchem Grunde die Schulmedizin bankerott werden muss 260Dazu ein*Beispiel aus der Praxis 260—261Entwickelungsfähigkeit der Bazillen in nur bestimmten Temperaturen. 261—262Verhinderung der Entwickelungsfähigkeit der Bazillen durchRegulierung der anormalen Körpertemperaturen 262Wie die Fremdstoffe in den Körper kamen 264Bedeutung der Bazillen bei naturgemässer Heilung 266Stiche von giftigen Insekten, Bisse von tollen Hunden,von Schlangen, Blutvergiftung. Wesen und Heilung 266—271Gärungsfähigkeit des Blutes . . 266Wirkung der verschiedenen Gifte auf das Blut und die^Fremdstofleim Körper . " 267—268Eigenartige Wirkung des Geifergiftes toller Hunde oder gif-*r tiger Schlangen auf den Unterleib . 268—269Hundswut ein Unterleibsleiden . . 268Bedeutung der Dampfbäder bei allen Blutvergiftungen 269—270Blutarmut und Bleichsucht. Wesen und Heilung 272—293Tägliche Thatsachen sprechen gegen die moderne Behandlungsweisedieser Leiden . .' . 272—273XI


XIIInhaltsverzeichnis.SeiteEinfluss frischer Luft 275—277Heilprinzip der modernen Schulmedizin . . 275Erkältung. Wesen und deren Bedeutung im landläufigen Sinneund vom Standpunkte meiner Entdeckungen 276 277Verdauung. Wesen und Bedeutung 274. 277—288Verstopfung und Hartleibigkeit (Wesen) 281Normaler Verdauungsprozess 278—281Medizinische^Wissenschaft und Chemie im Widerspruch mitder Praxis"k286—287Essig-, AlkoEol-, Zucker-, Farbstoff-Fabrik im Körper. 286Rückgang der Fremdstoffe 291Lungenleiden. Asthma. Lungenentzündung. Rippenfellentzündung.Tuberkulose. Lupus. — Wesen und Heilung 294—323VerschiedenaÄtigkeit der Lungenleiden 294Zu späte Erkennung der Lungenleiden durch die Sch»Jmedizin 295Erkennung der Lungenleiden in ihren ersten Stadien 296—297Entstehungsursache der Lungenleiden ^ 297—300Skrofulöse ein V^stadium der Tuberkulose 298Einfluss der Verdauung bei Lungenleiden . 299—301Einfluss des Klimas auf Lungenleidende f 301Erklärung, weshalb meist die Lungenspitzen zuerst angegriffenwerden .. 802Lungenstiche 302Tuberkelknoten. Wesen und Entstehung . 303—306Wesen und Bedeutung von Geschwürsbildunglm. 303—306Knoten im Körper sind unentwickelte Geschwüre 304Lungen- und Rippenfellentzündung . 307Wesen der hohen Temperaturen in den Lungen Lungen-T K ^ f „ 308-309luberkelbacillus und sein Wesen . . 308Natürliche Regulierung zu hoher innerer Körpertemperaturen 309Kochsche Impfung 309Impfung grösste Kurpfuscherei der Welt 310Heilbarkeit der Lungenleiden . QH Q 10Asthma (Kurberichte). ^ 312I314Tuberkulose (vorgeschrittene). Kurberichte 315Knochentuberkulose . 319—320Lupus (fressender Hautwolf) 320-323Krebsleiden Wi|des Fleisch. Wesen und Heilung * 324-339-Eiinlluss Einfluss längeren Gebrauchs Gebraucl von Abführmitteln und Pillen 325Fehler lokaler Behandlung^Gleichnis von der Reblaus _g 26Morphiumsucht. Wesen und Heilung,326


Inhaltsverzeichnis.xni*" SeiteTrunksucht. Wesen und Heilung . 327Heilbarkeit der Krebsleiden 327—328Nasen- und Brustkrebs. Zwei Kurberichte aus der Praxis 328—329Gleichnis vom morschen Aste. . 328Eigentümlichkeit der Ableitung innerer entzündeter und brandigerKörperstellen ..-. 330Operieren ist noch unnatürlicher als die Anwendung vonMedikamenten 7 335Zungenkrebs .*-. , 335Wirksamkeit der Reibesitzbäder bei Zungenkrebs . 336JEminente Wirksamkeit der Reibesitzbäder bei Erstickungsanfällen. . . 336Wildes Fleisch . 337—339Eiter ist umgewandeltes wildes Fleisch 337Herzleiden und Wassersucht. Wesen und Heilung 340—356Herzklappenfehler 341Herzklopfen .gt. 341Nervöses Herzleiden . 342Wassersuchtsfall eines Butterhändlers • v 343Heilbarkeife von Herzleiden und Wassersucht . , 348Kurbericht eines schwer Herzleidenden und Wassersüchtigenund gleichzeitig auch Leprakranken 349—356Orientalischer Aussatz, Lepraseuche, Leprose. Wesen undHeilung . . 357—376, Allgemeines über Lepra . 357—359Nasse Lepra 358—359Trockene Lepra. . 359Gleichnis von der Madengrube 362—363Auf welche Weise man allein Lepra heilt 364Grundlosigkeit der Ansteckungsgefahr bei Lepra für solche,die meine Kur gebrauchen 365Sicheres Schutz- und Vorbeugungsmittel gegen Lepra undalle übrigen akuten Krankheiten 366Erkennen der Disposition zu Lepra 366—367Worin naturgemäjse Lebensweise gesteht 367Kurberichte über drei Leprakrankgnebst Abbildungen dazu 369—376Malaria, Gallenfieber, Gelbfieber, Wechselfieber. Wesen undHeilung - * 377—384Berichte aus tropischen Ländern über Erfolge mit dem arzneilosenund operatpnslosen Heilverfahren 379—384Kurbericht aus Batavia (Ostindien) 379„ „ Brasilien ; 380,, „ Westafrika 380


xivInhaltsverzeichnis.SeiteKurbericht aus Honduras. . 380„ „ Südwestafrika 380„ „ Ostafrika 381„ „ Insel Borneo 382Typhus-Nervenfieber. Wesen und Heilung . 385—386Ruhr, Cholera und Durchfall. Wesen und Heilung 386—391Bedeutung« des hitzigen und nicht hitzigen Zustandes 387Wie deutlich Cholera meine Entdeckungen bestätigt , 388Sicheres yorbeugungsmittel gegen Cholera . . * 389Durchfall . . 390Geschlechtskrankheiten . 392^407Schaden, der durch Geschlechtskrankheiten entsteht 392Latenzzustand der Geschlechtskrankheiten 393Geschlechtstrieb. Wesen, Normalität und, Unnormalität -. 395Geschlechtskrankheiten sind Heilkrisen des Körpers „ 398Nächteilige Wirkungen durch Medikamente bei Geschlecht^krankheiten 4^, 398—399Wie Latenzzustände, bei Geschlechtskrankheiten durch MedikamenteZustandekommen . . 398Beweise aus der Praxis dazu . 399—400Heilbarkeit der Syphilis . 401—402Nachteilige Wirkungen latenter Geschlechtsleiden auf dieNachkommen . , *. 402Wohin der Irrtum der Schulmedizin geführt hat 405Mannesschwäche (Impotenz). Wesen und Heilung 407—410Blasen- und Nierenleiden. Wesen und Heilung 411—417Gleichnis vom Wasser 412Schweissbildung. Wesen und Bedeutung 412Nierenthätigkeit . 413 414Schädlichkeit des Urinverhaltens 414—415Steinbildungeli im Körper . 414Gefahren des Urin- und Stuhlverhaltens 416Harnruhr oder Zuckerkrankheit. Wesen und ^Heilung . 417Wie sich Steine im Körper bek-meiner Kur auflösen 417Gleichnis vom SturmWind#; v 418Urämie. Wesen und Hei^g .. 418Bettnässen. Wesen und Heilung 419Mastdarmfisteln 419Blaseukatarrh4i9Leberleiden, Gallensteine, Gelbsacht. Weseiüünd Heilung 420—421Eigentümlichkeit der rechtsseitigen Belastung und des damitverbundenen besonderen Schweissverhältnisses im Körper 420Schweissfüsse. Wesen und Heilung 421—422


Inhaltsverzeichnis. ^SeiteGleichsris von den Kloaken einer Grosstadt . 421Hautflechten und Hautkrankheiten. Wesen und Heilung 422Augen- und Ohrenleiden . 423—447Augen- und Ohrenleiden Folgeübel anderer tieferer Leidenoder der Anlage dazu . 423—424Ohrenbelastung v . 424Vergleich zwischen Ohrenlaufen, Schnupfen, Tripper, weisserFluss, , 424Augenßel^ung 425Ursache der Kurasichtigkeit 425Schwarzer Star 425Grauer Star. 425. 429Grüner |>tar . 425Be^eutungslosigkei|^er Augenoperationen . 426Ägyptische Augenenipündüng. . 426Doppelsehen. Wesen und Heilung. 426Schielen. Wesen und Heilung 426Heilbarkeit der Augen- und Ohrenleiden. . 428Zwei Kurberichte^ zu Augenleiden 429—430Taubheit, einseitige (Kurberi«ftt). -. 431Allmählicher Belastungsgang von der Kindheit bis zumMannesalter 431—439ReaktionserschekiUngen bei diesem Patienten 434Feinfühligkeit eines gesünder „werdenden Magens 440Krankhaftes Hungergefühl. Wesen und Heilung 440—442Irrtümliche Anschauungen über Ernährungsweise von Seitender Schulmedizin. 441 — 442Normalisierung der Haut •% . . 442Normalisierung der Körperwärme ". 443Ursache der Schwerhörigkeit und Kurzsichtigkeit des Alters 445Veränderung der Körperformen beim Gesundwerden 446Zahnleiden und Zahnschmerzen. Wesen und Heilung 448—450Ausreissen der Zähne. 448—449Zähneputzen!? Wesen des Zahnschleims 449Schnupfen 450Influenza 451Halsleiden 451Platzkrankheit 451-4524 Eingeweidebrfiche. 452Epilepsie (Krämpfe). Wesen und Heilung 454—457Gleichnis vom Vulkan 454Verlauf der Heilang bei Epilepsie 455—456Zahl der epileptischen Schulkinder Sachsens 456xV


xviInhaltsverzeichnis.SeiteRückenmarksleiden, Rßckenmarksschwindsucht . 458—462Erkennungszeichen der Disposition zu Rückenmarksleiden 458—459Heilbarkeit der Rückenmarksleiden. 459Erfahrungen aus der Praxis mit Rückenmarkskranken 460—461Kopfschmerzen, Migräne, Gehirntuberkulose, Hämorrhoidalleiden.X 463—468Ursprung der sämtlichen Kopfleiden . . 463Hämorrhoidalknoten und Gehirntuberkelknoten und ihr Zusammenhang. 464Rückbildungsprozesse der Gehirntuberkeln 466—468Krätze, Würmer, Bandwurm, Parasiten. Wesen und Heilung *469—472Filzlaus t, 470Scblussbetrachtungen zum zweiten Teil . 473—475MDritter Teil.Vorwort zu den Kurberichten . 476—477Kurberichte. 478—520Originalsehreiben •. . 520—544Asthma No. 1. 25 278. 312. 496Augenleiden No. 58. 60. 92 429. 523. 525. 543Ägyptische Augenentzündung No. ; 2. 3. . 479. 480. Aussatz, orientalischer ,-n J 349 33gAusschlag No. 70 . 531Balggeschwulst No. 4 . 481Bartflechte No. 5 481Beingeschwulst No. 67 530Blasenkatarrh . 4^gBJausucht No. 12 4 86Bleichsucht W. 292Bleivergiftung (chronische) No. 88 . 539Blutarmut ~ 099Blutstockung No. 25 . *»


Inhaltsverzeichms.Durchfall No. 46. 47. 65Epilepsie No. 63. 69Erkältung No. 68Fernsichtigkeit No. 18FieberFlechten No. 22.Gallensteine No. 29Gebärmutterblutungen No. 50. 61Gebärmuttergewächs No. 24Gebärmutterkrebs No. 66Geburtserleichterung No. 41Gfehirntuberkulose No. 8Geisteskrankheit.Gelbsucht No. 38 rGelenkrheumatismus No. 9. 56., 79Gesichtsrose No. 51Gesichtsschmerz No. 17Gicht No. 74Halsleiden No. 8. 20. 72. 73Hämorrhoiden No. 86Herzleiden No. 25. 49Hüftgelenkentzündung No. 34. 53Hüftleiden No. 48Impotenz No. 42Influenza No. 52Ischias No. 48. 89Karbunkel No. 44Kehlkopfpolyp No. 14Achhusten No. 64. 87KindbettfieberKlimafieberKniescheibenzertrümmerungKnochenfraw Np. 55Knochentuberkulose No. 26. 31. 33Knochenzersplitterungen .KnochenbrücheKopfleiden No. 58. 71Kopfschmerz No. 72Krämpfe No. 11KrätzeKrebs No. 6. 21. 45. 66Lahmheit No. 34. 53. 54Lähmung No. 37. 78Louis Kühne, <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> Heilwissenschaff.XVIISeite513. 528527. 531530490379. 380. 381494502514. 526495529199 50Q467. 48318150879. 484. 520. 53551548983. 588488. 492. 582. 638349. 496. 514505. 516513409. 51051585. 518. 54051148756." 528. 589185379255518498. 503. 504246. 253256523. 582532485471"%.482. 493. 512. 52»505. 516. 517. 507. 534b


xVnlInhaltsverzeichnis.Leberleiden No. 7. 86Lepra, siehe AussatzLippenkrebs No. 21Lungenkatarrh No. 30Lungenleiden No. 27. 30. 57Lungenentzündung No. 91Lungentuberkulose No. 31. t}2LupusMagenkatarrh No. 7. 90 *.Magenleiden No. 30. 57. 84MalariaMannesschwäche No. 42Masern No. 60Menstruationsleiden No. 50Mouches volantes No. 49Nasenkrebs No. 45 CO..Nervenleiden, Nervosität No. 29. 40.502.Nervenschmerzen No. 81Neuralgie No. 63 . *>.Neurasthenie No. 13. 63. 80Ohrensausen No. 4. 16Ohrenfluss No.,16'Paralyse (progressive)Pocken (schwarze) *«*Podagra-No. 74Polypen No. 19 .Quetschung No. 85Rachenkatarrh No. 13. 30Rheumatismus No. 86Rückenmarksschwindsucht No. 10Rothlauf No. 37Rückenschmerzen No. 62Rückgratsverkrümmung No. 26. 28Ruhr No. 46. 47. 65 *Scharlach No. 1. 20Schiefwerden No. 26. 28Schlaflosigkeit No. 29. 75. 80Schlimme BrüsteSchwäche (allgemeine) No. 41. 58Schweissfüsse No. 7Schwerhörigkeit No. 62Schwindelanfälle No. 57. 72Seite482 . 538349 . 368493503500 . 503 : 521542'tr ' 503!& 322482. , 542503. 521. 537381409. 510525514-•' •. »51451259. 82. 83. 84. 89 . 90509. 524. 536. 537. 540. 542536527487. 527. 535481. 48848818252. 386533491246. 247. 538. 487. 50378. 7S i. 82. 538460. 461.98. 498.513.43. 478.498.502. 533.509.521.484507527500528492500535211523482527532


Inhaltsverzeichnis.xixSeiteSchwindsucht No. 35 505Schussw^den252Sehnen- und Muskelzerreissung 254Sehnenverdehnung No. 58 523Skrofulöse No. -18 60. 490Star (grauer) 429St^gs Knie No. 54 517Stich eines giftigen Insekts 270Syphylis 407Taubheit No. 14. 16 431. 487. 488Taubstummheit No. 15 488Tripper 406Tuberkulose No. 54 314. 517Unfruchtbarkeit 213Unterleibsleiden No. 24. 77 ^ 495. 534Veitstanz No. 40 . -%~ . 509Verdauungsstörungen No. 19. 75. 76 491. 533. 534Verknorpeltes Knie No. 54 . 517Verstopfung No. 39 , 508Wasserkopf No. 1. 2 478. 479Wassersucht No. 36 345. 346. 349. 506Wüdes Fleisch 337Wundbehandlung . 244Würmer 471


Erster Teil.Was führte mich zur Entdeckung der<strong>neue</strong>n Heilkunst?Vortrag von Louis Kühne.Verehrte Damen und Herren!Es liegt in der menschlichen Natur begründet, dass jeder,der etwas Neues, Eigenartiges gefunden zu haben glaubt,einen ünwiderstehlichen^pang empfindet, seine Entdeckungenfestzuhalten und den Mitmenschen mitzuteilen.Wohl mögen Ehrgeiz und Eitelkeit ihr Teil an diesemStreben haben, im innersten Kerne ist es ein durchaus berechtigtesund echt menschliches. <strong>Die</strong> Wahrheit muss manverkündigen, mag man sonst auch jeden Schein und Glanzfliehen und das geschäftige Getriebe »der Welt noch so lästigund eitel finden. <strong>Die</strong>sem Naturgesetze beuge auch ich mich,indem'ich versuche, die von mir s in heisser Arbeit einesyiÄrteljahrhunderts gefundenen Ergebnisse Ihnen mitzuteilen.Freilich vorsichtiger wäre es, wenn ich meine Entdeckungennur der getreuen Schrift anvertraute und erst die Nachweltzum Urteile aufriefe. Allein es handelt sich bei der Sache,der ich mein Leben geweiht, nicht um blosse, reine Erkenntnis,sondern neben ihr und aus ihr folgend, um Thaten, um praktischeVerwirklichung des Erkannten.Will ich also meine Lehre der Mit- und Nachwelt erhalten,will ich nicht mit dem Rufe eines „Pfuschers" sterben,so bin ich gezwungen, durch Unterricht, durch DemonstrationLouis Kühne, <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> HeilwissenSchaft. 1


2 Erster Teil.an lebendigen Modellen, die von mir entdeckten Wahrheitenzu entwickeln^ zu beweisen und anderen mitzuteilen.Hier in dieser grossen Versammlung verbietet sich allerdingsdas Vorführen kranker Personen, und ich muss michdaher lediglich damit begnügen, Ihnen meine Anschauungen,so gut es geht, durch Worte darzulegen. Zunächst lassenSie mich kurz ausführen, wie ich zur Aufstellung meinesSystems gelangt bin. *"Von jeher hatte ich eine ganz besondere Liebe zur Natur,so dass es für mich keine grössere Freude gab, als draussenin Feld und Wald die Vorgänge zu beobachten, durch welchedas Gedeihen von Pflanzen und Tieren bedingt wird, undferner das Wirken der grossen Mutter Natur an Erde undHimmel zu verfolgen, ihre Gesetze zu erkennen und festzustellen.Daneben trieb es mich zu hören, was tüchtige Forscher,wie der Professor Rossmässler, gefunden hatten, und dasalles lange Zeit, bevor ich nur da^an dachte, mich speziellder Heilkunst zuzuwenden. Ihr hat* mich erst die gewaltigeGebieterin, die Not, zugetrieben, die Lehrerin und Erzieherinder Völker und des Einzelnen.Als ich zwanzig Jahre überschritten, wollte mein Körpernicht mehr vollkommen seinen <strong>Die</strong>nst verrichten, die Lungeund der Kopf begannen heftig zu schmerzen. Anfänglichsuchte ich Hilfe bei der Schulmedizin, aber ° ohne Erfolg.Auch war mein Vertrauen zu ihr gering. Hatte doch meineMutter, die Jahrzehnte lang siech und elend war, immer undimmer wieder uns Kinder vor den „Doktoren" gewarnt undgesagt, dass nur sie ihren Jammer verschuldet, und war dochmein Vater unter den Händen der Mediziner am Magenkrebszu Grunde gegangen. Da las ich im Jahre 1864 von einerVersammlung der Freunde der Naturheilkunde. Ich wurdeaufmerksam, und als ich zum zweiten Male die Annonce sah,ging ich in die Versammlung. Es war der Kreis wackererMänner, welche sich um unseren unvergessenen Meltzerversammelt hatte. Ganz bescheiden fragte ich einen derAnwesenden, was ich wohl gegen Lungenstiche, an denen


7'Was führte mich zur Entdeckung der <strong>neue</strong>n Heilkunst? J$"9?ich gerade litt, thun müsse. Ganz bescheiden, denn meineständige nervöse Aufregung war so gross, dass ich unmöglichvor mehreren Personen laut hätte sprechen können. Er verordnetemir einen Umschlag, der auch sofort vortreffliche<strong>Die</strong>nste leistete. Von da ab blieb ich ein ständiger Besucherjener Versammlungen. Einige Jahre danach, es war im Jahre1868, wurde mein Bruder ernstlich krank, ohne dass dieNaturheilkunde, so wie sie damals war, ihm helfen konnte.Da hörten wir von den erfolgreichen Kuren .Theodor Hahnsauf der Waid. Mein Bruder entschloss sich, dorthin zu gehenund er kam nach wenigen Wochen viel gebessert zurück.Auch ich sah die Vorzüglichkeit des dort gebräuchlichenNaturheilverfahrens ein und wandte mich ihm bereits damalsmit vollster Überzeugung zu.Inzwischen hatte mein Leiden nicht stille gestanden.<strong>Die</strong> von den Eltern überkommenen Krankheitskeime hattenfortgewuchert, zumal durch die frühere medizinische Behandlungden alten Krankheitin <strong>neue</strong> Krankheitsursachen hinzugefügtworden waren. „Mein Zustand wurde allmählich schlimmerund schlimmer, bis er zuletzt schier unerträglich war. ImMagen hatte sich der vererbte Magenkrebs eingestellt, dieLunge war teilweise zerstört, die Kopfnerven waren so mitgenommen,dass ich nur noch draussen in freier Luft Ruhefand, an ruhiges Schlafen und Arbliten aber gar nicht zudenken war. Heute darf ich es sagen, so wohlgenährt undrot ich damals aussah, ich war durch und durch ein armerLazarus. Dabei that ich alles auf das genaueste, was dieNaturheilkunde verordnete. Bäder (Wasser- und Sonnenbäder),Packungen, Klystiere, Douchen, Diät, kurz alles, alles wandteich an, ohne doch mehr als Erleichterung und Milderungmeiner Schmerzen zu finden. Da entdeckte ich durch Beobachtungin der freien Natur die Gesetze, auf welchen das vonmir geübte und gelehrte Heilverfahren beruht. Auf siegründete ich zunächst für mich selbst «meinen Heilplan, unddann konstruierte ich die dazu zweckmässigsten Geräte. DerVersuch glückte. Mein Zustand besserte sich allmählich vonl*


4Erster Teil.Tag zu Tag. Aach andere, die meinen Rat befolgten unddasselbe Verfahren beobachteten, waren zufrieden. <strong>Die</strong> Apparatebewährten sich vortrefflich. <strong>Die</strong> Diagnosen vorhandener(empfundener), die Prognosen zukünftiger, von den Betroffenennoch nicht bemerkter, aber in den Anlagen bereits sichtbarerKrankheiten trafen regelmässig zu. Ich durfte sicher sein,dass meine Entdeckungen keine blossen Selbsttäuschungenseien. Indessen, wenn ich davon sprach", begegnete ich ungläubigemStaunen, gleichgültiger Ablehnung, höhnischer Zurückweisung;und das nicht bloss bei Medizinern oder Medizingläubigen,sondern auch und vor allen Dingen bei Anhängernder Naturheilkunde, ja sogar bei ihren vortrefflichsten Vertretern.Denen hatte- ich, um meine Entdeckungen derMenschheit nutzbar zumachen, meine Apparate unentgeltlichzur Verfügung gestellt. Sie schoben sie ohne ernstlichen,ehrlichen Versuch als unbrauchbar in den Winkel, wo sieunter Staub und Spinnweben vermodern mochten.Da kam es mir zum Bewusstsein; dass es nicht genüge,die Theorie der Entstehung und des Verlaufs


Was führte mich zur Entdeckung der <strong>neue</strong>n Heilkunst? 5aufgeben und anderen überlassen, um meine ganze Krafteinem <strong>neue</strong>n Berufe zu widmen, der mir doch zunächst nurHohn j Beschimpfung und sichere Verluste, aber keinen materiellenVorteil bringen konnte. Jahrelang schwankte derKampf zwischen dem Verstände, der mich zurückhielt, unddem Gewissen, das mich zur Erfüllung meines inneren Berufestrieb.'.fAm 10. Oktober 1883 eröffnete ich endlich die Anstalt.<strong>Die</strong> Idee hatte gesiegt. Aber reichlich, ja fast im Üb«rmaasstrat ein, was ich vorausgesehen. In den ersten Jahrenwurde die Anstalt fast gar nichi besucht, obgleich einigeErfolge erzielt wurden, < welche wohl die Aufmerksamkeithätten auf sie ziehen sollen. Danach kamen allmählich zuersteinfache Badegäste, dann mehr und mehr Kurgäste.Mit der Zeit wuchs der Besuch, insbesondere auch vonausserhalb und zwar namentlich deshalb, weil fast jeder beimir Behandelte zu einem freiwilligen Verkünder und Agentenwurde. An vielen Hunderten hatte sich meine Heilweise undDiagnose bewährt, und viele konnte ich durch das Vorauserkennenkünftiger Krankheiten vor schweren Gefahren bewahren,irer.ade hierauf lege ich den grössten Wert. Dennallein dadurch wird es uns möglich, wieder ein wahrhaft»gesundes Geschlecht zu schaffen.Meine Entdeckungen haben sich, in jedem einzelnen Fallebestätigt, meine Erfahrungen sind in den neun Jahren selbstverständlichwesentlich reicher geworden, und meine eigeneGesundheit, welche fast aussichtslos darniederlag, ist geradedurch konsequente Anwendung des <strong>neue</strong>n Verfahrens so sehrgebessert, dass ich mich jetzt den Anstrengungen einer ausgedehntenPraxis vollauf gewachsen fühle. Das ist aber nurmöglich gewesen, weil ich schliesslich nach vielem Nachdenkeneine vervollkommnete Art des Sitzbades fand, die so wirksamist, dass ich mit Sicherheit jede Krankheit, möge sie einenNamen haben, welchen sie wolle, für Jieilbar erklären darf.Jede Krankheit, sage ich, nicht jeden Kranken. Denn wessenOrganismus schon gar zu sehr zerrüttet ist, wer insbesondere


6Erster Teil.durch langen Gebrauch von Arzneimitteln schon gänzlichdurchgiftet ist, dem vermag mein Verfahren wohl Linderungund Milderung seiner Schmerzen, aber nicht immer Rettungund vollständige Heilung zu bringen.Ich trete vor Sie, meine Damen und Herren, mit demfreudigen und stolzen Bewusstsein, dass, nachdem ich fastein Vierteljahrhundert hindurch mit dem^ Verderben hartgerungen, ich mich selbst gerettet und da&ei zugleich zumallgemeinen Wohle den lange und von den ausgezeichnetstenGeistern gesuchten Weg zur wirklichen Beseitigung vonKrankheiten gefunden habe. Wohl klingen diese Worte wieEitelkeit und Selbstüberhebung. Das Experiment hat aberin jedem Falle^ auch da, wo es mir nicht vergönnt war,Rettung zu bringen, meine Theorie durchaus und in jederWeise bestätigt.Was mich zu meinen Entdeckungen geführt hat, ist diestrengste, auf sorgsamster Beobachtung, Urteil- und plan %massigem Experiment aufgebaute Experimentalmethode. Undwenn man mich doch einen „Pfuscher" heisst, wenn man mirdie fachwissenschaftliche Ausbildung zur Ausübung meinesgegenwärtigen Berufs abstreitet, so nehme ich da^ mit vollkommenerRuhe und unerschütterlichem Gleichmut hin. Sinddoch selbst die grössten Wohlthäter des Menschengeschlechtsund besonders die grossen Entdecker und Erfinder, fast samtund sonders Pfuscher und Unzünftige gewesen, ganz zuschweigen von dem Bauer Priessnitz, dem FuhrmannSehroth, dem Theologen und Forstmann Francke(Rausse),dem Apotheker Hahn, welche mit hellem Geiste und starkemWillen eine <strong>neue</strong> bessere <strong>Heilwissenschaft</strong> geschaffen-In welchem Verhältnis steht die <strong>neue</strong> Heilkunst zu derüberlieferten Heilweise der Allopathie, der Homöopathie undder bisherigen Naturheilkunde?Ich beabsichtige eine Kritik dieser Heilmethoden nursoweit zu geben und ihre Fehler und Schwächen, die ihnen,wie jedem menschlichen Dinge anhaften, auch nur soweit indas rechte Licht zu stellen, als dies zum Wohle der Menschheit


Was führte mich zur Entdeckung der <strong>neue</strong>n Heilkunst? 7und zur klaren Auffassung meiner Darlegung notwendig ist.Möge jeder annehmen und treiben, was er für das Bestehält. _. Aber es ist zum Verständnis degi von mir Gebotenennotwendig zu wissen, in welcher Beziehung es mit demBisherigen übereinstimmt, inwiefern es abweicht, um danachseine Eigenart, seinen absoluten oder relativen Wert zu bestimmen.AMit der Allopathie hat die <strong>neue</strong> arzneilose und operationsloseHeilkunst nur das Eine gemeinsam, dass ihr Gegenstandder menschliche Körper ist. Im übrigen gehen ihre Zieleund ihre -Mittel um eines Himmels Weite auseinander. Ja,ich betrachte die ganz besonders in <strong>neue</strong>rer Zeit zunehmendeVergiftung der Menschen durch die Arzneimittel der innerenMedizin als eine, wenn -nicht die Hauptursache, der schierunheimlichen Erscheinung, dass es fast keineir^wahrhaft gesundenMenschen mehr giebt, und sich die chronischen Krankheitenin erschreckender Weise mehren. <strong>Die</strong> Chirurgie wirddurch richtige und rechtzeitige Ausübung der <strong>neue</strong>n Heilkunstgänzlich überflüssig.<strong>Die</strong> Homöopathie begrüsse ich als eine wackere Mitkämpferingegen den verderblichen Arzneimittelglauben. Sieist durch ihre "kleinen Arzneigaben, in denen die Chemie^,keine Arzneistoffe mehr zu entdecken vermag, und durchdie Sorgfalt, welche sie auf die Wahl der richtigen Diät' verwendet, ein Übergang, eine Vermittelung zur arzneilosenHeilkunde; doch fehlt ihr ein festes, klares Prinzip in bezugauf die Diät, und auch ihre kleinen Arzneigaben sind nachmeinen Erfahrungen nicht ganz unschädlich. -<strong>Die</strong> bisherige Naturheilkunde, welche^ die. übrigen Heilweisenbei weitem überragt, ist die Grundlage der <strong>neue</strong>narzneilosen und operationslosen Heilkunst. Dabei habe ichaber mehr an die grossen Entdecker und Begründer desSystems: Priessnitz, Schroth, Rausse, Theodor Hahnmich anschliessen müssen, als an die <strong>neue</strong>ren Vertreter. Beiihrem übermässigen Eifer des Individualisierens laufen letztereGefahr, in Künsteleien zu verfallen, von dem klaren und


8 Erster Teil.einfachen Wege der Natur abzuweichen. Der bisherigenNaturheilkunde fehlte die Einsicht in die Eigenart, das Wesendes Krankheitsstoffes und die Erkenntnis des Naturgesetzes,nach welchem er sich im Körper bewegt und an gewissenStellen ablagert, mit anderen Worten, es fehlte die Erkenntnisdes wahren Wesens der Krankheit, und somit aller Krankheiten;die Erkenntnis jenes schon immer dagewesenen, aberbis jetzt noch unerkannten Naturgesetzes, auBwelchem alleinmeine Entdeckungen basieren. Ferner betrifft sie sich mitder Diagnose der Schulmedizin, wiewohl freilich bekannt ist,dass sie einer solchen „genauen" Diagnose gar nicht bedarf,steht. also noch mit einem Fusse im alten Lager. <strong>Die</strong> <strong>neue</strong>Heilkunst lehrt dagegen eine andersartige, aus der Natur derKrankheit selbst folgende, äusserlich schon aus Gesicht undHals zu schöpfende Diagnose, die Gesichtsausdruckskunde.<strong>Die</strong> Naturheilkunde gebietet über einen reichen Schatzvon Anwendungsformen des Wassers: Packungen, Klystiere,Douchen, Brausen, Halbbäder, Vollbäder, Sitzbäder, Dampfbäderin verschiedenen Arten. <strong>Die</strong>se vielen Heilmittel beweisensich *bei Einsicht in das wahre Wesen der Krankheit als teilweiseüberflüssig und verwirrend. <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> Heilkunst vereinfachtdie Anwendung des Wassers auf das äusserste.Während bei der bisherigen Naturheilkunde mindestensvielfach die Diät,unbestimmt und willkürlich sich der überliefertengemischten Kost anbequemte, hat die <strong>neue</strong> Heilkunsteine auf naturgesetzlicher Grundlage beruhende, genau undklar umgrenzte reizlose Ernährungsweise vorgeschrieben.Sie sehen, die Abweichungen von der „bisher üblichenNaturheilkunde,'welche, ich wiederhole es noch einmal, ganzVortreffliches geleistet hat und leistet, sind so gross* dassich meiner Theorie und Praxis wohl mit Recht einen <strong>neue</strong>nNamen — den der <strong>neue</strong>n arzneilosen und operationslosenHeilkunst — beilegen durfte.Ich kann Ihnen nicht alle die einzelnen Versuche schildern,die ich angestellt habe, ehe mein System zu seinem Ausbaugelangte, das wäre wohl für manchen zweifellos interessant,


Was führte mich zur Entdeckung der <strong>neue</strong>n Heilkunst? 9A'N r ' ' .... \würde aber doch nicht von praktischem. Nutzen, sejin. Es ist]ja gerade ein besonderer Vorteil, wenn man direkt aufs Ziellos gehen und die vielen Irrwege vermeiden kann, die vorAuffindung desselben alle durch wandelt werden mussten.Wenden wir uns daher nach diesen einleitenden Wortender Sache-selbst zu.<strong>Die</strong> Grundfrage, die ich zunächst erörtern muss, undauf welche sich die ganze Heilweise gründet, ist die: „WelcherKörper ist gesund und welcher nicht?" <strong>Die</strong> landläufigen Ansichtensind sehr verschieden. Wer hätte nicht schon darinErfahrungen gemacht. Da behauptet der eine, er sei ganzgesund, nur ein wenig Rheumatismus plage ihn, ein andererwill nur an Nervosität leiden, sonst ist er die Gesundheitselbst, gerade so, als ob der Körper aus einzelnen Abteilungenbeständeptlie gegen «inander völlig abgeschlossen wären undkaum in Verbindung ständen. Eigentümlicherweise wird dieseAnsicht durch die übliche Heilweise gestützt. Denn diesearbeitet vielfach nur an einzelnen Organen und berücksichtigtmitunter kaum die Nachbarorgane. Und doch ist es zweifellosklar, dass der ganze menschliche Körper ein einheitlichesGanzes ist, dessen Teile in fortwährender Wechselbeziehungstehen, so dass Une Erkrankung' in einem Teile einen Einflussauf andere Teile haben muss. Das dies so ist, hönnen Sietäglich beobachten. Haben Sie Zahnschmerzen, so sind Siefasst zu jeder Arbeit unfähig, und es schmeckt Ihnen wederSpeise noch Trank. Ein Splitter im kleinen Finger hat ähnlicheWirkung, ein Druck in der Magengegend nimmt unsdie Lust zu körperlicher und geistiger Arbeit. Das ist zunächstnur der; Einfluss, der sofort durch die Ner^fin herbeigeführtwird. Aber wir sehen doch bereits, wie; die eine. Störungsogleich die andere nach sich zieht. Dauert nun eine solchelange, so sind auch die Folgen bleibend, gleichviel ob sieuns immer fühlbar sind oder nicht. Ein Körper kann dahernur dann gesund sein, wenn alle Teile in ihrem normalenZustande sich befinden und die Arbeit, für die sie bestimmtsind, ohne Schmerz, Druck oder Spannung vollbringen; <strong>Die</strong>


10 Erster Teil.Teile müssen dann aber auch alle die zweckmässigste Form,die ja auch unseren Schönheitsbegriffen am besten entspricht,besitzen. Ist die äussere Form nicht die richtige, so warenEinflüsse vorhanden, die dieselbe abänderten. Es gehörenaber vielseitige Beobachtungen dazu, um in allen Fällen bisins einzelne die Normalform zu bestimmen, namentlich giltes, wahrhaft gesunde Personen zu suchen, um* an diesen dieFormen zu studieren. Nun ist aber dies gerade fast zurUnmöglichkeit geworden. Zwar reden wir von gesunden undkräftigen Personen, zwar behaupten viele von sich, zu denselbenzu gehören, aber fragen wir genauer nach, so hat dochjeder eine Kleinigkeit, wie er sich ausdrückt,;' zu erwähnen,einen geringfügigen Schmerz, ein mitunter sich einstellendesKopfweh, einen dann und- wann auftretenden Zahnschmerzoder ähnliche Erscheinungen, die beweisen, dass^von vollkommenerGesundheit nicht die Rede sein kann. Es bedarfaus diesem Grunde mannigfacher Studien, um die richtigeKörperform kennen zu lernen. Doch gelingt dies durchVergleiche von kranken und annähernd gesunden Personen,und aus den späteren Darlegungen werden Sie noch klarerersehen, auf welchem Wege es möglich ist.Wenn ich Ihnen hier zunächst die Thatsache kurz erwähnte,dass Krankheit die Körperfprmen ändert, so will ichnoch einige bekannte Erscheinungen anführen. Ich erinnereSie für's erste an die an Fettsucht Leidenden, deren Körperjenen wohlbekannten Umfang annimmt und im Gegensatzhierzu an die hageren Personen, bei denen fast gar keineFettablagerung stattfindet, beides unzweifelhaft krankhafteErscheinungen«%^Ferner weise ich hin auf den Verlust derZähne, der das ganze Antlitz-verändert, auf gichtische Zustände,bei denen sich Knoten bilden, auf Gelenkrheumatismus, beidem ganze Körperteile anschwellen. In allen diesen Fällentreten die Änderungen so auffallend hervor, dass sie auchder Ungeübteste erkennt. In anderen Krankheitszuständenfallen sie weniger scharf in die Augen, und doch kann ichSie noch an manche Erfahrungen erinnern. Sie finden alle,


Was führte mich zur Entdeckung der <strong>neue</strong>n Heilkunst?Hdass ein Gesunder ein ruhiges, klares Auge besitzt, und dassseine Gesichtszüge nicht verzerrt sein dürfen. Nur wird esIhnen schwer werden, die Grenze zu bestimmen, wo dasGesicht den rechten Ausdruck gewonnen hat, und Sie werdenohne weiteres zugestehen, dass der eine hierin schärfer sieht,als der andere. So finden wir z. B. oftmals eine Person, diewir vor Jahren sahen, nach dieser Zeit, wie man sagt, sehrzu ihreinNachteil verändert, ohne dass es bis jetzt möglichwar, das Wesen dieser Veränderung genau feststellen zu können.Und doch haben diese Umbildungen, durch welche der Körperunschöner und hässlicher wird, Ihre tiefe Bedeutung, auf dieich noch später zurückkommen werde. Aus dem allen gehtschon hervor, dass Krankheiten sich durch Veränderungendes Körpers besonders an Kopf und Hals offenbaren, unddass eine f wichtige Aufgabe ist, die Änderungen zu erkennenund zu deuten.Ob dies jedem gelingen wird, will ich nicht entscheiden,es gehört grosse Beharrlichkeit und unverdrossene Übungzu den Beobachtungen. (<strong>Die</strong> Theilnehmer an meinem Unterrichtin der Gesichtsausdruckskunde werden zu solchen Beobachtungenvon mir angeleitet.)Heute will ich noch auf einen anderen Prüfstein derGesundheit hinweisen.Wenn bei jeder einzelnen Erkrankung immer der gesamteKörper beteiligt ist, so können wir auch an jedemOrgan den Gesundheitszustand prüfen,, wir wählen aber ambesten solche, deren Thätigkeit sich recht gut und rechtleicht prüfen lässt, und das sind die Verdauungsorgane. <strong>Die</strong>gute Verdauung ist ein Zeichen guter^ Gesundheit, und gehtsie Tag für Tag ganz fehlerlos von statten,' so ist der Körperauch zweifellos ganz gesund. An Tieren können wir rechtdeutlich diese Beobachtungen machen. Am besten sehen wiran den Verdauungsüberresten, wie die Verdauung selbst war.<strong>Die</strong>se "müssen in solcher Form ausgeschieden werden, dasseine Verunreinigung des Körpers ausgeschlossen ist. Siekönnen dies alltäglich an Pferden sowie an Vögeln, die im


12 Erster Teil.Freien leben, beobachten. Sie verzeihen, wenn ich diesesdelikaten Punktes hier weiter erwähne, aber wenn man überGesundheit und Krankheit spricht, muss man auch jedesDing mit rechten Namen nennen.Das Ende des Mastdarmes hat eine ganz vorzüglicheEinrichtung; es ist so gestaltet,, dass die Auswurfstoffe, wennsie im richtigen Zustande ankommen, ohne Schwierigkeitausgestossen werden, und dabei ist eine Beschmujbzung unmöglich.(Ich habe mich darüber ausführlich in meinemkleinen Schriftchen „Bin ich gesund oder krank" ausgelassen.)Das Klosettpapier ist eine Errungenschaft der krankenMenschheit, vollkommen Gesunde-bedürfen desselben thatsächlichnicht. Man verstehe mich nicht falsch, ich meinenicht, dass jemand, der nicht wirklich gesund ist, nun glaubensoll, dass er durch Nichtbenutzung des kleinen Kulturpapiereseinen Triumph erzielt hat, — für diese ist es eben bestimmt,um dem Reinlichkeitsbedürfnis gerecht zu werden. An derVerdauung kann nun jeder leicht erfahren, ob er gesund istoder nicht, der angegebene Prüfstein ist ein äusserst wichtiger,und ich scheue mich* nicht, dies mit vollster Entschiedenheitauszusprechen, ungeachtet aller spöttischen BemerkungenUngläubiger.Wem genannter Prüfstein die Mitteilung macht, dasser völlig gesund ist, den können wir glücklich preisen. EinGesunder fühlt sich immer völlig wohl, er weiss nichts vonSchmerz oder Unbehagen, so lange ihm nicht von aussendiese bereitet werden; er wkd überhaupt nie seinen Körperfühlen. Er ist arbeitslustig und findet an der ThätigkeitFreude, bis er ermüdet ist, und dann kann er die süsseRuhe wieder in ihrer vollen Annehmlichkeit gemessen. Ihmwird es leicht, seelischen Schmerz zu ertragen, gewährt ihmja sein Körper auch hierin lindernden Balsam: die Thränen,deren sich in solchen Fällen auch der Mann nicht zu schämenbraucht. Ein gesunder Mann kennt nicht die ängstlichenSorgen um die Familie, fühlt er doch Kraft in sich, fürdie Seinen zu sorgen. Eine gesunde Mutter pflegt die Ihrigen


Was führte mich zur Entdeckung der <strong>neue</strong>n Heilkunst? 13mit Lust, kann sie doch ihre Lieblinge schon von klein aufin naturgemässer Weise nähren, und wenn nun auch' diesevöllig gesund sind, welch ein wonnevolles Leben! Auf denGesichtern derselben strahlt fast immer ein glückliches Lächeln,da sieht man nicht die fortgesetzte Unruhe, hört nicht dasviele Nörgeln und Weinen, kurz die Erziehung gesunderKinder ist eine Freude, zumal bei solchen der erzieherische•r. - ,•*. *Einfluss einfiel leichterer und nachhaltigerer ist.Fassen wir alles Gesagte kurz zusammen: Innerer Drangtrieb mich zur Naturwissenschaft, schwere Krankheit undüble Erfahrung mit der Schulmedizin führten mich zur Natur-> heilkunde; die Erkenntnis, dass auch diese in der bisherigen• Gestalt meine sehr schweren chronischen Leiden nicht zuheben vermochte, drängte zu weiteren Forschungen; die unausgesetzteBeobachtung der lebendigen Natur offenbartemir die» notwendige Veränderung der äusseren Gestalt jedesOrganismus durch Krankheit, urid die Art, wie sich dieseVeränderung vollzieht, und wie sie bei Heilung der Krankheitwieder verschwindet, brachte mir die Einsicht darüber, wasKrankheit ist und wie Krankheit entsteht.<strong>Die</strong> Aufgabe meines nächsten Vortrages wird nun sein,Ihnen diese Resultate meiner Forschungen vorzuführen undIhnen zu sagen, was nach meiner Erkenntnis Krankheit ihremWesen nach ist, wie sie entsteht, welchen Zweck sie hat undwie sie geheilt werden muss.


Wie entsteht Krankheit? —Was ist Fieber?Vortrag von Louis Kühne.* c *Geehrte Damen und Herren!'* *. ' *Was ist Krankneit? Wie entsteht sie? Wie äussert sie sich?<strong>Die</strong>se Fragen sind es, die ich heute vor Ihnen erörternwill. Wenn Sie auf der Ankündigung noch die weitere Fragelesen: Was ist Fieber? so werden Sie bald sehen, wie auchdiese dabei ihre Erledigung findet.<strong>Die</strong> Beantwortung obiger Fragen ist nicht nur für dieTheorie, sondern auch ganz^esonders für die Praxis vonWichtigkeit, denn erst der kläre Einblick in das Wesen derKrankheit setzt uns in den Stand, das rechte zielbewussteHeilverfahren zu finden, und schliesst damit jedes Herumprobieren,jedes Herü*mtappen im Dunkeln absolut aus.Der Weg, "den wir einschlagen, ist derselbe, auf dem Naturgesetzeüberhaupt erkannt werden. Wir gehen aus vonBeobachtungen,knüpfen hieran unsere Schlussfolgerungen und beweisenendlich durch das Experiment die Richtigkeit unserer Schlüsse.Unsere Beobachtungen müssen sich zunächst- auf alleErscheinungen erstrecken, die wir an Kranken" wahrnehmen,und es gilt dann diejenigen „herauszufinden, die immer wiederhervortreten und bei jedem Kranken vorkommen.Solche Erscheinungen sind wesentliche und auf siemüssen wir fassen, um das Wesen der Krankheit zu erkennen.In meinem vorigen Vortrage führte ich bereits an, dasswir bei gewissen Krankheiten auffallende Formveränderungendes Körpers "gewahren, und diese Wahrnehmung war es, diemich veranlasste, weiter ;zu beobachten, ob nicht bei allenKranken eine solche Änderung eintrete.<strong>Die</strong>s ist denn, wie die Beobachtungen ergaben und immer


Wie entsteht Krankheit? * Was ist Fieber? 15wieder ergeben fcaben,thatsächlich der Fall, namentlich verändertsich das Gesicht und der Hals, und es sind an denselbendie Änderungen am deutlichsten zu beobachten.Jahre, lang habe ich Studien angestellt, ob meine Einzelbeobachtungenin allen Fällen stimmten und mit der Änderungder äusseren Form auch der Gesundheitszustand sich in jedemFalle ändere, und siehe, es stimmtaimmer und immer wieder.So befestigte sich in mir die AJberzeugung, dass jedeFKörper eine ihm^eigentümliche,NormalformJiaben müsse, dieer bei vollständiger Gesundheit allemal*aufweise, dass fernerjede Abweichung von dieser Normalform durch Krankheit bedingtwerde, und dass aus den Formveränderungen am Halse'und im Gesichte sich ein zuverlässiges Bild vom Gesundheitszustanddes betreffenden Körpers bilden lasse, was mich zurEntdeckung und Anwendung meiner s <strong>neue</strong>n Diagnose/derGesichtsausdruckskunde, führte^ie ich jetzt über neun Jahrebereits in meiner ausgedehntefFTrgeris verwerte.<strong>Die</strong> Änderungen, welche wir an Jlals und Kopf wahrnehmen,finden in den entsprechenden Teijen im Unterleibeund. Rumpfe in erhöhtem Maasse statt, weil sie, wie wir spätersehen werden, vom Unterleibe selbst ausgegangen sind, so dasswir aus der alleinigen Untersuchung von Hals und Kopf desPatienten ein genaues Bild von dessen Zustande im Leibeselber erhalten. Wahrzunehmen sind diese äusseren Verän-rderungen an Hals und Kopf einmal durch vermehrten Umfang,wenn die Krankheitsstoffe sich zwischen die Muskelgewebegedrängt haien und der Körper, der nachgiebig ist wie Gummi,durfh diesesTDazwischendräiigen ausgedehnt wird, — dieserZustand ist der am wenigsten gefährliche —; ferner durcherhöhte Spannung^d. h. Härterwerden der einzelnen Gewebe.Sie werden sich bliesen Zustand am leichtesten vergegenwärtigen,wenn Sie sich eine Wurst vorstellen. Gewöhnlich"gestppft ist dieselbe noch biegsam ng,ch allen Seiten. Stopftman nun diese Wurst immer fester, solange der Darm esäushält, so wird dieselbe so straff und hart werden, dassschliesslich gar keine Biegung mehr an ihr möglich ist, wenn


16 Erster Teil.nicht der" Darm platzen soll. Eine vermehrte^Ausdehnung desKörpers tritt ebenfalls nur bis zu einem gewissen Grade ein,und die^Spaftoung^der Gewebe ist dann die nächste Folge.Sehr deutlich kann man die Spannungen bemerken,, wenn derPatient den Kopf und Hals dreht. <strong>Die</strong>ser Zustand ist schonschlimmer. Reicht der Platz zwischen den Geweben zur Ablagerungder Fremdstoffi&jricht mehr aus, so lagern dieselbensich auchlknotenweise lieben den Muskelgeweben unter derHaut ab, sie we^en dann besonders deutlieh am Halse sichtbar.^ Finden wir solche Knoten am Halse und Kopfe vor, sogehen wir nie fehl, wenn wir aus diesen Anzeichen auf einenoch weit, grössere Zahl solcher Knoten in den entsprechendenTeilen des Rumpfes selber schliessen. Auf der Bauchdeckecsindin solchen Falten die Knoten in jeder Grösse dann* leichtfühmar und sichtbar. Denn die Knoten am Halse entstandenerst, nachdem bereits vorher Knoten im Unterleibe vorhandenund abgelagert waren, (genaue Erklärung über Wesen undEntstehung im Körper^befindlicher Knoten, wofür man nochkeine Erklärung g^wusst nat, gebe ich im II. Teil, Abschnitt-4über Lungenleiden.) Ferner sehen wir im Gegensatz dazu anhageren Kranken, wie die normalen Körpergewebe geradezudurch die Krankheitsstoffe verdrängt werden und nur dieÜberreste der ersteren gleichsam wie zusammengetrocknetzwischen den Frem$|stoffen erhalten bleiben.<strong>Die</strong> verschiedene anormale Färbung der Haut bildet dannweiter ebenfalls einen sicherte Ajphalt für die^rkenntnis derKrankheiten und fehlt bei gewissen Krankheiten*.niemals.„ Nebenstehende $wei Figureil, die nach der Natur^ufgenommenwurden, zeigen Ihnen einen schwer Herzkrankenund zugleich Wassersüchtigen vor seiner Kur bei mir und vierMonate nach^eginn derselben. Sie sehen deutlich die grossenFormveränderungen, welche bei demselben in dieser Zeit vorsich gegangen sind.' Der Kranke war, wie sie sehen, schwermit Fremdstoffen belastet und hatte in drei Monaten durchmein Verfahren eine grosse Menge dieser Stoffe aus seinemKörper durch dessen natürliche Ausscheidungsorgane aus-


Wie entsteht Krankheit? — Was ist Fieber? 17geschieden, wie es deutlich an dem zweiten Bilde zu bemerkenist. Ich kann hier nicht näher, sondern nur andeutungsweiseauf die Gesichtsausdruckskunde eingehen, weilmich das von meinem eigentlichen Thema zu weit abbringenwürde. Zur Erlernung der Gesichtsausdruckskunde habe ichUnterrichtskurse von kurzer Daii^r eingerichtet, die wenigstensjeden Monat einmal stattfinden.Was aber lehrt uns diese Erscheinung, nämlic% die Veränderungender Körperformen, über das Wesen der Krankheit?Es ist zunächst zweifellos, dass diese" Erhöhungen, undAnschwellungen von irgend welchen Stoffen herrühren, dieFig. 1. Fig. 2.sich an den Stellen abgesetzt haben. Zunächst wissen wirnicht, ob es Stoffe sind, die der Körper verwenden könnte,und die nur an eine¥ falschen Stelle sich niedergelassenhaben, oder ob es Stoffe sind, die überhaupt nicht in denKörper gehören. Wir wissen auch anmngs nicht, ob dieStoffe die Krankheit verursachen, oder ob die Krankheit dieUrsache der Ablagerung ist. Eine weitere Beobachtung bringtuns aber schon der Wahrheit näher. <strong>Die</strong> Ablagerungen beginnennämlich fast immer 1 auf der einen Seite' des Körpersund sind dort stets weit stärker als auf der anderen, unddas ist immer die Seite, auf der wir zu schlafen pflegen.. <strong>Die</strong> Stoffe folgen also der Schwerkraft. Da aber dieseLouis Kühne, <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong>. 2


18 Erster Teil.Seite dann auch immer die kränkere ist, so geht daraushervor, dass die Stoffe die Krankheit erst herbeifuhren. Imanderen Falle würde die Krankheit sicher auch mitunterauf der änderen Seite beginnen. Im weiteren folgen nochandere Beweise für diese Behauptung.Ferner, dürfen wir daraus folgern, dass die Stoffe Fremdstoffesein müssen, das'heisst solche, die nicht, oder dochin der vorliegenden Form nicht in den Körper gehören, denndie Nährstoffe können im Körper nicht der Schwerkraftfolgeji, sonsl müssten auch im gesunden Körper einseitigeAblagerungen stattfinden, sobald der Betreffende stets aufeiner und derselben Seite zu schlafen pflegt.Der Körper selbst ist übrigens sichtlich bemüht, dieStoffe zu entfernen,, es bilden sich Geschwüre, offene Wunden,oder es brechen heftige Schweisse oder Ausschlagkrankheitenaus, wodurch der Körper sich der Stoffe entledigen will.Gelingt dies, so tritt sqfort ein angenehmes Wohlbefindenan Stelle des Krankheitsgefühles; vorausgesetzt, dass die Ausscheidunggenügend war. ^Hiernach gewinnen wir ganz von selbst eine Erklärungdes Begriffes Krankheit; sie ist das Vorhandensein von Frenidstoffenim Körper. Ob unsere Erklärung richtig ist, dafürgiebt es einen untrüglichen Beweis. Sobald nämlich, wenn ausdem Körper auf einem dazu geeigneten Wege die als Krankheitsstoffebezeichneten Massen entfernt werden, die Krankheitselbst dabei schwindet und der Körper seine normale Gestalt zugleichdabei zurückgewinnt, ist der Wahrheitsbeweis erbracht.<strong>Die</strong>ser Beweis liegt bereits vor, und in den späteren Vorträgenmuss ich Ihnen die einzelnen stattgehabten Experimentevorfahren.Jetzt lassen Sie uns aber noch der Frage näher treten,welcher Art die Fremdstoffe sein mögen und wie sie in denKörper gelangen.Es sind zwei Wege, auf denen überhaupt Stoffe in denKörper eingeführt werden, nämlich durch die Nase in dieLungen und durch den Mund in den Magen. Auf beiden


Wie entsteh* Krankheit? - Was ist Fieber? 19Wegen stehen Wachposten, aber sie sind nicht ganz unbestechlichund lassen mitunter Stoffe hinein, die nicht in denKörper gehören. <strong>Die</strong>se Wächte? sind die Nase und dieZunge, jene für die Luft, diese, für die Nahrung.Sobald wir anfangen,* dem, reinen «Geruchs- und Geschmackssinnnicht pünktlich Folge zu leisten, werden dieselbenlässiger in ihrerfPflichterMlung und lassen «allmählichunbeanstandet schädliche Stoffe in den Körper. Sie wissen, wieman sich daran gewöhnen kann, im dicksten Tabaksqualmzu sitzen und denselben so einzuatmen, als tfb er zur gesundenguten Luft gehör^. Viel mehr hat man noch dieZunge bestochen, und es ist bekannt, dass man» dieselbe allmählichan völlig naturwidrige Speisen gewöhnen kann. Sollich Sie an die mannigfaltigen' Genussmittel erinnern, die unsjetzt als unentbehrlich erscheinen, die aber alle vor Jahrhundertenunbekannt waren, und an die sich die jetzigeMenschheit allmählich so gewöhnt hajt, dass sie lieber dienaturgemässen Nahrungsmittel meidet, ehe sie von ersterenlässt? <strong>Die</strong> Lungenkost ist im ganzen noch nicht so entartet,wie die Magenkost, da wir mit ersterer keinen Luxus zutreiben vermögen, und in der Regel behagt uns auch heute' noch die reinste Luft am meisten, während z. B. eine kräftigeMehlsuppe, die unseren Vorfahren Blut und Kraft verlieh,nur noch wenigen recht munden will. JftttUm es Ihnen deutlicher zu veranschaulichen, wie dieVerdauungsorgane ganz allmählich den an sie gestellterunnatürlichenAnforderungen unterliegen, will ich Ihnen einBeispiel vorführen. Ein Lastpferd', das mit Leichtigkeitseine 50 Ctr. zieht, wird auch vorübergehend eine grössereLast, z. B. 80 Ctr., fortschleppen. Wollte man indessen ihmnun, da man gesehen, dass es 80 Ctr. ziehen kann, täglichsoviel aufbürden, so wird das Tier gewiss eine ganze Zeitauch diese vermehrte Last bewältigen, allmählich aber werdensich diese Überanstrengungen nachteilig ausweisen.Immer schwerer wird es seine Last ziehen, bis es zuletztauch nicht menr die gewarnte von 50 Ctr. ziehen kann. Jeder2*


20 Erster Teil.weiss, das Tier ist überanstrengt, was man auch äusserlichdeutlich an seinen galligen Beinen und anderen Anzeichensehen kann. Genau so verhält es sich mit den Verdauungsorganendes Menschen. <strong>Die</strong>selben leisten lange, sehr lange,eine über ihre natürliche Funktion gehende Arbeit, angeregtdurch die fortwährenden Reizmittel der Jetztzeit. Aber allmählichwird ihre Naturkraft untergraben, sie bewältigennur noch teilweise die an sie gestellte Anforderungen. DerÜbergang vom gesunden zum kranken Zustand findetdabei soallmählich statt (oft erst nach Jahrzehnten), dass der Krankedie Veränderung lange Zeit hindurch gar nicht wahrnimmt.Sehr schwer ist es zu sagen, wo die Grenze des füreinen kranken Magen noch zuträglichen Speisequantums liegt.Nehmen wir eine völlig gesunde Speise für einen Kranken,einen Apfel an. Oft wird ein Apfel für einen schwachenPatienten noch zuträglich sein, während zwei bereits einenachteilige Wirkung hervorrufen.Einen Apfel konnte der kranke Magen noch verdauen,während zwei bereits zu viel waren. Alles zu Viele istaber Gift für den Körper. Wir dürfen nie vergessen, dassalles das, was wir in den Magen hineinschaffen, auch verdautwerden muss. Auch der gesunde Magen kann nur ein gewissesQuantum von Speisen wirklich verdauen. Alles mehr istauch für ihnGift und wird, wenn nicht mehr ausgeschieden,FremdstofPeHi Körper. <strong>Die</strong> grösste Massigkeit im Essen* un


Wie entsteht Krankheit? - Was ist Fieber? 21So sorgt der Körper in bereitwilligster Weise, dassunsere Sünden keine schlimmen Folgen haben. Freilich allzuvieldürfen wir nicht verlangen. Muten wir unserem Körperzu viel solche Ausscheidungsarbeit zu, so kann er sie nichtmehr völlig leisten, und er muss die Fremdstoffe im Innernselbst unterbringen. Zum Aufbau des Körpers taugen sie nicht,ja sie beeinträchtigen ihn geradezu, indem sie den Blutkreislaufund damit die Ernährung erschweren. Sie lagern sich aberallmählich an einzelnen Stellen ab, besonders in der Nähe derAusscheidungsorgane, denn sie waren auf dem Wege dahin.Ist nun einmal der Anfang gemacht, so schreitet, fallsnicht baldige Änderung in der Lebensweise eintritt, die Ablagerungrasch fort.Jetzt treten nun die Formveränderungen in ihren erstenAnfängen auf, doch sind sie zunächst nur dem geübten Augesichtbar. Ein solcher Körper ist bereits krank, seine Krankheitist aber eine schmerzlose, chronische (latente). Sie entwickeltsich so allmählich, dass der Betroffene es nicht merkt, nurnach längerem Zeitraum kommt ihm .das Bewusstsein vonunangenehmen Veränderungen. Er hat nicht mehr denselbenAppetit, er kann körperlich nicht mehr so viel leisten, er kanngeistig nicht mehr ganz so anhaltend arbeiten, oder es stellensich ähnliche Erscheinungen ein. Der Zustand ist so langeimmer noch leicht erträglich, so lange die Ausscheidungsorganenoch kräftig arbeiten, so lange Darm, Nieren uAhLunge eifrigschaffen und die Haut warmen Schweiss hervorbringt, v^bald .aber diese Thätigkeiten nachlassen, tritt sofort grössere Unzufriedenheitmit dem körperlichen Befinden ein.<strong>Die</strong> Ablagerung selbst beginnt also in der Nähe derAusscheidungsstellen, setzt sich aber bald nach den entfernterenTeilen fort, besonders nach den oberen Körperstellen.Am Halse ist dies am deutlichsten wahrnehmbar. Dort ander Durchgangsstelle sieht man recht bald die Veränderungen,und es finden. infolgedessen bei der Drehuug des HalsesSpannungen statt, an denen zugleich zu erkennen ist, vonwelcher Seite her die Stoffe heraufgedrungen sind.


22 Erster Teil.Ehe ich nun weiter von den Folgen spreche, die dieseStoffanhäufung mit sich bringt, sei noch erwähnt, dass heutein seltenen Fällen dieser ganze Entwickelungsgang der Krankheitvon Anfaug an beobachtet werden kann, denn die meistenMenschen kommen mit Krankheitsstoffen beladen zur Welt,und ich kann hier gleich anfügen, dass dies die Ursache ist,dass fast kein Kind von den sogenannten Kinderkrankheitenverschont bleibt, die aber gerade eine Art von Reinigungsprozessbilden, weil der Körper durch sie bestrebt ist, sichvon den in ihm befindlichen Fremdstoffen zu befreien. Dochdarüber näheres im nächsten Vortrage.<strong>Die</strong> Stoffe, die hauptsächlich im Unterleibe sich abgelagerthaben,'durchziehen schliesslich den gesamten Körperund hindern die regelmässige Bildung der Organe.Wenn auch die Organe stellenweise dadurch sich helfen,dass sie umfangreicher werden, so können sie sich doch dabeinicht in vollkommener Weise ausbilden, denn wo Fremdstofferuhen, da ist den Nährstoffen Raum genommen. Sobald auchdie Blutzufuhr gehindert ist, leidet die Ernährung vollständig,und die Organe werden jetzt dünner, trotz oder richtiger infolgeder darin ruhenden Fremdstoffe.<strong>Die</strong>se Stoffe können nun lange Zeit in völliger Ruhe(chronisch-latent) beharren, aber unter passenden Umständenkann plötzlich in ihnen eine Veränderung eintreten. Essind fast alles > Stoffe, die auflösbar und um wandelbar sind,Stoffe,\die verwesen können, die in Zersetzung oder Neubildungübergehen, wenn die Bedingungen sich einstellen,Stoffe, die in Gärung geraten. Der Leser wolle sich dasWort Gärung hier und für die Folge in einem etwas erweitertenSinne als dem bisher üblichen vorstellen. Vielfachwird sich die Bedeutung mit der früheren Auffassungdecken, vielfach aber auch in einem erweiterten Sinne ihmbegegnen. Gerne hätte ich dafür noch ein zutreffenderesWort gefunden, indessen habe ich beim besten Willen keinpassenderes dafür in unserer Sprache entdecken können.<strong>Die</strong> Gärung ist es aber, die wirklich oft im Körper


Wie entsteht Krankheit? - Was ist Fieber? 23auftritt, und die von besonderer Bedeutung für den gesamtenKörper ist.Bei jeder Gärung wuchern kleine pflanzliche Wesen,oder richtiger gesagt die gärenden Stoffe selber, und es trittdabei eine auffallende Änderung des gärenden Stoffes ein,er gewinnt bedeutend an Umfang.Bei jeder Gärung wird Wärme erzeugt, je heftiger $ieGärung vor sich geht, um so grösser ist die Temperaturerhöhung.Hervorgebracht wird diese Wärme durch dieReibung der Massen aneinander und am Körper, sowie durchden Gärungsprozess selbst und die mit ihm verbundene Veränderungund Umwandlung der gärenden Stoffe.Jeder Gärungsprozess kann unter den geeigneten Bedingungenwieder auf seinem eigenen Wege rückwärts geleitetwerden, infolgedessen auch alle durch solche Gärungsprozessehervorgerufene Form Veränderungen. Es ist dieszwar eine bereits immer dagewesene, jedoch bis heute nochnicht in der richtigen Weise erkannte Thatsache. Ich darfSie indessen wohl nur daran erinnern, wie in der Natur dasEis zu Wasser zerschmilzt, dieses bei grosser Wärme undWind in Wasserdampf übergeht, und wie dann dieses verdunsteteund dadurch unsichtbar gewordene Wasser wiedersich verdichtet, als Wolke sichtbar wird, als Regen zuWasser wird, oder als Schnee und Hagel wieder aus derLuft herunter kommt und von <strong>neue</strong>m Teich© und Flüsseanfüllt, um dann TOI grosser Kälte wieder als Eis zu gefrieren.Und alles das brachten nur die Temperaturdifferenzenhervor. <strong>Die</strong> immer zunehmende Wärme brachteden Zersetzungsprozess des Wassers hervor, während die zunehmendeKälte denselben ebenso wieder rückwärts bildete.Ein ähnlicher Vorgang geht bei der Entwickelung der Fremdstoffeim Körper vor sich und ähnliche Bedingungen veranlassenderen Rückbildung und Herausschaffung aus demKörper.fWelcher Art die kleinen pflanzlichen Wesen sind, istfür uns nebensächlich, wichtig ist es aber zu wissen, dass


24 Erster Teil.sich dieselben nur dort entwickeln können, wo der geeigneteBöden vorhanden ist, wo sich Stoffe befinden, die in Verwesungübergehen wollen.Sind solche vorhanden, so bedarf es nur noch des passendenWetters oder irgend eines Anstosses, dann beginnt dieGärung. Solche Gärung tritt nun auch im menschlichenKörper ein, sobald der Boden dazu vorhanden, sobald genügendeFremdstoffe da sind, die in Umwandlung oder Zersetzungüberzugehen drohen, und der erforderliche äussereAnstoss erfolgt. Eine solche Gelegenheitsursache ist der Witterungswechsel(daher die sogenannte Erkältung), ferner derGenuss einer besonders zur Gärung neigenden Speise, dielänger als bestimmt im Verdauungskanal bleibt, Ärger, Schreck,Gemütsbewegungen, Stoss u. s. w.Meine Beobachtungen haben gezeigt, dass die Gärungimmer im Unterleibe beginnt. Oft führt sie dann zum Durchfallund endet damit; oft aber, besonders wenn Verstopfungvorhanden ist, gelingt dem Körper diese rasche Selbsthilfenicht, und die Gärung setzt sich fort in den anderen Teilen,wo Fremdstoffe abgelagert sind.Es ist so ähnlich wie in obenstehender Flasche, der Bodengestattet keinen Ausweg, und so drängt die Gärungsmasse nach


Wie entsteht Krankheit? — Was ist Fieber? 25dem Ausgange oben. In den obersten Teilen fühlen wir danndie Vorgänge zuerst, und es stellen sich Kopfschmerzen ein.Durch die Gärung wird Wärme erzeugt, und bald spürenwir die Temperaturerhöhung im Innern. Es ist der Zustandentstanden, welchen wir Fieber nennen.Nach diesen Darlegungen gewinnen wir eine sehr einfacheErklärung des Fiebers, die den Vorzug hat, sich streng aufBeobachtungen und unumstössliche Wahrnehmungen zustützen.Fieber ist eine Gärung, die im Körper vor sichgeht. Wir werden daher die beim Fieber zu Tage tretendenErscheinungen am besten verstehen, wenn wir uns die Gärungsvorgängerichtig vorstellen, wie wir sie ausserhalb des menschlichenLeibes sehr häufig beobachten können. Lässt man z. B.eine Flasche frischgebrautes Bier einige Tage stehen, so bemerktman in der Flüssigkeit eine Veränderung, die manallgemein mit dem Worte Gärung bezeichnet. Über das Wesender Gärung wissen wir soviel, dass sie eine Zersetzung, eineUmwandlung oder eine Art von Fäulnis ist, und. dass sichdabei, wie schon erwähnt, kleine pflanzliche Organismen,Bazillen genannt, entwickeln. <strong>Die</strong>se Entwickelung ist indessenso zu denken, dass sich diese Bazillen nicht etwa, wie vielfachangenommen^ allein dadurch entwickeln, dass sie sich vonanders woher in die gärende Masse hineinfinden und dannweiter wuchern, sondern auch dergestalt, dass dieselben durchdie Umbildung der Masse entstehen und selber so nurumgebildete Masse oder das Produkt der Gärung sind.Durch den Gärungsprozess, Zersetzungsprozess wird eben dieursprüngliche Masse in ihrer Form verändert. So entstehtaus Speise und Trank durch den Gärungsprozess der Verdauungumgewandelt lebendiger tierischer Körper, so dassderselbe das Produkt der durch den Gärungsprozess derVerdauung umgewandelten Nahrung ist. Auf diese Weisegewinnen wir ganz von selber die Überzeugung, dass allesLeben nur eine stete Veränderung unter gegebenen Bedingungenund ohne die Zustände, welche ich Gärung nenne, überhaupt


26 Erster Teil.nicht denkbar ist. <strong>Die</strong> äusseren Erscheinungen der Gärungsind folgende-:Zunächst setzen sich die gärenden Stoffe, welche ausder ganzen Flüssigkeit ausscheiden, am Boden der Flascheab. Schüttelt man die Flasche, oder tritt ein Temperaturwechselein, so geraten die am Boden ruhenden Massen inBewegung und zeigen das Bestreben sich auszudehnen. <strong>Die</strong>seAusdehnung geschieht nach oben und ist um so stärker, jemehr gärende Stoffe sich am Boden abgelagert hatten.Sehen wir uns nach einem Beispiel aus der alltäglichenPraxis um: Ein jeder weiss, dass man Wein und Bier inFlaschen füllt und in den Keller bringt, um eine möglichstlangsame Gärung hervorzubringen. <strong>Die</strong> Keller-Temperaturist Sommer und Winter eine ziemlich gleichmässige, es tretenhier keine raschen Temperaturwechsel ein, weshalb auch dieveranlassende Ursache zu einer schnellen Gärung fehlt.Eine ähnliche Beobachtung machen wir, wenn wir dietropischen Länder vergleichen mit unseren nördlichen gemässigtenZonen. Wir sehen, wie im Süden und den Tropendie akuten Fieberkrankheiten in den verschiedensten Formenfortwährend herrschen, während unsere kühleren Gegenden beiweitem mehr der Sitz aller chronischen Krankheiten sind.<strong>Die</strong> Erklärung dieser Erscheinung liegt in den schneUerenund grösseren Temperaturwechseln in den heisseren Klimaten,wo wir mitunter am Tage + 30° R. und in der Nacht + 4° R.haben, während in unseren nordischen Gegenden die Unterschiedeselten mehr, meist weniger als 10° R. betragen. Besondershäufig treten bei uns die Fieberkrankheiten im Frühlingauf, da haben wir auch die grössten Temperaturunterschiede.Ganz ähnlich erklärt es sich auch, weshalb geradebei den Kindern leichter akute Krankheiten (Befreiungskrisen),die bekannten Kinderkrankheiten, auftreten, währendim späteren Alter mehr chronische Krankheitszustände vorherrschen.Dem vorher erwähnten Temperaturwechsel kommthier noch die grössere Lebenskraft der jugendlichen Organismenzu Hilfe, welche noch so gross ist, dass sie gar keiner


Wie entsteht Krankheit? — Was ist Fieber? 27oder doch sehr geringer äusserer Anregung bedarf, um einheftiges Heilbestreben, d. i. eine akute Krankheit behufs Entfernungder Fremdstoffe hervorzurufen.<strong>Die</strong>selben Erscheinungen wie in der Flasche könnenwir nun im Körper beobachten. Auch hier lagern sich diegärenden Stoffe im unteren Teile des Rumpfes ab und geratendann, durch Witterungswechsel, äussere Erschütterungen oderGemütsaufregung veranlasst, in Bewegung. Auch hier gehtdie Bewegung nach oben, die gärenden Stoffe haben dasBestreben, sich auszudehnen und drängen gegen die denKörper umschliessende Haut. Solange nun die Haut verschlossenist, findetdies Drängen einen Widerstand. Dadurchentsteht Reibung, und durch die Reibung entwickelt sichWärme. Das ist die Erklärung der bekannten Fieberhitze.Auf diese Weise erklärt sich auch, dass der Mensch imFieberzustande einen etwas grösseren Umfang hat, als imfieberfreien. Denn da die Haut dehnbar ist, so giebt sie nach,wenn die gärenden Stoffe dagegen drängen, und je stärkerdas Drängen wird, desto grösser wird auch die Spannung derHaut. Hat die Haut die grösste Spannung erreicht, so dasssie nicht weiter nachgeben kann, dann ist auch die Fieberhitzeund Gefahr am grössten. Denn da die gärenden Massennoch immer das Bestreben haben sich auszudehnen und nachaussen keinen Raum mehr finden, so schaffen sie sich imInnern Platz. Der Körper verbrennt von innen heraus, unddie unvermeidliche Folge ist der Tod — natürlich nur, wenndie Haut verschlossen bleibt. Gelingt es den Verschluss zuöffnen, dann ist die Gefahr beseitigt. Denn dann finden diegärenden Stoffe einen Ausweg, indem sie als Schweiss denKörper verlassen. Das Innere des Körpers wird dadurch entlastet,die Spannung der Haut und die Hitze lassen sofort nach.Es bedarf keines Wortes, dass der Vergleich des mitGärungsstoffen belasteten Körpers mit der mit Gärungsstoffenangefüllten Flasche nicht in jeder Beziehung zutrifft. In derFlasche hat die Gärung freie Bahn, die gärenden Massenkönnen sich ohne jede Hemmung nach allen Seiten frei


28 Erster Teil.ausdehnen, bis sie die einschliessenden Wände erreichen.Beim menschlichen Körper stossen sie überall auf Hindernisse.Jedes Organ setzt ihnen Widerstand entgegen und hält ihrenGang auf. Dann drängen und stossen und reiben sie gegendas ihnen in den Weg tretende Organ und erzeugen hierdurchin diesem Hitze und zerstören es, wenn ihnen nicht Auswegegeschaffen oder sie abgeleitet werden. Je nach dem Teil,den sie nun vorzugsweise befallen, pflegt man die Krankheitserscheinungals Magen-, Lungen-, Leber- oder Herz-Krankheitu. s. w. zu bezeichnen. Welcher Teil aber im einzelnen Fallebesonders betroffen wird, das hängt von dem Wege ab, dendie Gärungsstoffe nehmen, und dieser wiederum von demOrte und der Art und Weise ihrer vorangegangenen Ablagerung(Belastung).Es wird also nachher meine Aufgabe sein, Ihnen zuzeigen, wie man die verschlossene Haut öffnet. Ich mussaber noch über eine andere Erscheinung sprechen. Ehenämlich die Hitze eintritt, beobachten wir jedesmal Tage,Wochen, ja schon Monate vorher, etwas anderes, das scheinbardas Gegenteil von dem eben Gesagten ist: nämlich Frostgefühl.<strong>Die</strong> Erklärung dafür ist sehr einfach. Es entsteht,sobald die Ablagerungen so bedeutend geworden sind, dassdas Blut die äusseren Körperteile nicht mehr genügenddurchdringen kann. Um so mehr wird es in den innerenTeilen zusammengepresst* so dass dort grosse Hitze entsteht.<strong>Die</strong>se Ablagerung dauert bei dem einen kürzere, beidem anderen längere Zeit, bis eben jene vorhin genanntenUrsachen, Witterungswechsel, äussere Erschütterung oderGemütserregung eintreten, welche die abgelagerten Stoffezur Gärung bringen. Durch die Ablagerung dieser Stoffewerden Störungen im Blutlaufe und in der Ernährung hervorgerufen.<strong>Die</strong> Blutgefässe werden teilweise, besonders inihren feinsten Ausläufern verstopft, sodass das Blut nichtmehr bis an die äussere Haut zirkulieren kann. Daher stellensich kalte Füsse und Hände und überhaupt Frostgefühl imganzen Körper ein. Es ist also das Frostgefühl eine Vor-


Wie entsteht Krankheit? — Was ist Fieber? 29stufe des hitzigen Fiebers, und wir würden einen grossenFehler begehen, wenn wir es unbeachtet Hessen. Tritt hierschon eine richtige Behandlung ein, so kann die Krankheitgar nicht zur vollen Entwickelung kommen, sondern wirdschon im Keime erstickt.Als ich vorher über das Wesen der Gärung sprach, bemerkteich, dass bei jeder Gärung sich kleine pflanzlicheOrganismen, Bazillen genannt, von selber entwickeln. Dasist natürlich auch beim Fieber der Fall, und damit findetdie soviel besprochene Bazillenfrage ihre einfache Lösung.Sobald die im Unterleibe abgelagerten Stoffe in Gärung geraten,entstehen die Bazillen von selber im Körper, sie sinddas Produkt der Gärung, und sie verschwinden auch ebensowieder von selber, sobald die Gärung aufhört und der Körpergesundet, d. h. der Gärungsprozess sich zurückbildet.Also von Ansteckung durch die Bazillen, auf geheimnisvolleWeise, ohne das Vorhandensein von Fremdstoffen imKörper, kann gar nicht die Rede sein, und es handelt sichdeshalb nicht etwa darum, die Bazillen zu töten, sondernvielmehr darum, die Ursachen der Gärung, die Fremdstoffezu beseitigen; dann verschwinden diese kleinen Ungetüme,die schon so viele zaghafte Gemüter geängstigt haben, ganzvon selber. (Auf Seite 61—70 werde ich eingehender auf dieAnsteckungsgefahr zu sprechen kommen.)Einige einfache Beispiele werden Ihnen diese Behauptungennoch deutlicher veranschaulichen: VergegenwärtigenSie sich eine Stube, welche wochenlang nicht gekehrt undgereinigt worden ist, obgleich sich viel Schmutz darin täglichansammelt. Sehr bald wird sich Ungeziefer aller Art indieser Stube niederlassen, das allen Bewohnern zur Lastfällt und auf dessen Vertilgung man eifrig bedacht ist.Wollten wir nun nach der althergebrachten Weise durchGaben von Gift das Ungeziefer beseitigen, so würden wireine ganze Menge desselben damit töten, keineswegs abereine dauernde Änderung schaffen, denn der Schmutz selberist der eigentliche Erzeuger und Pfleger des Ungeziefers,


30 Erster Teil.welcher immer wieder und immer wieder <strong>neue</strong>s Ungeziefergedeihen lassen würde. Zu einem ganz anderen Resultatewären wir dagegen gelangt, hätten wir die Stube selbergleich von allem Schmutze gereinigt, und wären wir damitauch in Zukunft fortgefahren, dann hätten wir mit einemSchlage jedem Ungeziefer den geeigneten Boden entzogenund ein für allemal Ruhe vor demselben.Ein anderes Beispiel: Stellen Sie sich einen sumpfigenWaldesrand im Sommer vor. Jeder von Ihnen weiss, welchePlage an solcher Stelle die Mücken für uns sind. Es wirdIhnen wohl allen einleuchten, dass man fehlgreifen würde,wollte man ein Gift dazu benutzen, um dieselben zu vernichten.Hunderttausende würde man zwar töten, aberMillionen würden immer und immer neu aus dem Sumpf*hervorkommen. Der Sumpf ist, wie Sie alle sehen, dereigentliche Boden für diese Quälgeister, daher wird manihrer auch erst Herr werden, wenn man diesen beseitigt.Wir sehen ja, dass auf trockenen Höhen so gut wie garkeine Mücken leben. Würde man den Versuch machen,eine grosse Anzahl von Mücken zu sammeln und auf dietrockene Höhe bringen, damit sie dort bleiben soUen, sowird man sehr bald wahrnehmen, wie alle diese mühsamhingebrachten Tierchen sich wiederum, nach ihren Sümpfenhinziehen werden, weil die trockene Höhe nicht der eigentlicheBoden für sie ist. Man würde nur dann die trockeneHöhe zum Aufenthaltsorte der Mücken machen können,wenn man auch den Sumpf auf dieselbe hinverpflanzenkönnte.Ein drittes Beispiel wird Ihnen dies noch klarer vorAugen stellen. Sie alle wissen, wie die Natur in den Tropen,wo die grössere Sonnenhitze, im Gegensatz zu den gemässigterenund kalten Zonen, eine vielseitigere und grössereLebensentfaltung der Tierwelt hervorruft, gerade die meistenund hervorragendsten Fleisch- und Aasfresser gedeihen lässt.Wie sehr man sich auch abmühen wollte, dieselben zu töten,immer, <strong>neue</strong> werden wieder die Stelle der alten vertreten.


Wie entsteht Krankheit? — Was ist Fieber? 31Sie sehen also, diese Tiere erscheinen nur da, wo infolge dergrösseren Lebensentfaltung auch eine grössere Sterblichkeitund mit dieser die Verwesung rasch vor sich geht. Würdenun keine Abhilfe vorhanden sein, so würden die toten Tieresehr bald durch ihre Verwesung die Luft total verpesten undfür die lebenden unbrauchbar machen, Sie werden jetzt auchbegreifen, weshalb gerade in den Tropen die hauptsächlichstenFleisch- und Aasfresser leben und nicht im hohen Norden,wo sich kaum das Gras und Moos fressende Renntier erhaltenkann.Wollten wir also die Fleisch- und Aasfresser der Tropenbeseitigen, so würde uns dies nur gelingen wenn wir derenExistenzbedingungen: die grosse Menge der^dort lebendenTierwelt beseitigen würden, dadurch würden sie von selberverschwinden. Alle anderen Mittel sind aber erfolglos. Jekleiner aber die Lebewesen sind, um so schwerer sind siedirekt zu entfernen. Darum verhält es sich mit den Bazillenerst recht so. Wollen wir dieselben also beseitigen, so dürfenwir nicht etwa Medikamente dagegen anwenden, um sie zu vergiften,sondern wir werden nur mit der Beseitigung ihrerUrsache, durch Herausschaffung der Fremdstoffe aus demKörper, dieses Ziel erreichen.Ich habe Ihnen an den Beispielen gezeigt, wie es dieNatur im Grossen mächt, genau so macht sie es auch imKleinen, denn alle ihre Gesetze sind einheitlich. Ausnahmegesetzegiebt es bei ihr auch für die Krankheitserscheinungennicht. Gerade so wie das Ungeziefer, Mücken, FleischundAasfresser, nur da sich einfinden, leben und existieren,wo ein für sie geeigneter Nährboden vorhanden ist undohne diesen zu Grunde gehen, so ist auch das Fieber nichtohne den geeigneten Boden, ohne Belastung des Körpersmit Fremdstoffen möglich, nur da, wo solche Stoffe vorhanden,können sie, wie gesagt, durch eine Veranlassung in Gärunggeraten, welchen Vorgang wir Fieber nennen.Wenn wir aber wissen, was Fieber ist, so ergiebt sichauch mit Leichtigkeit, wie es zu beseitigen ist. <strong>Die</strong> ver-


32 Erster Teil.schlossene Haut, gegen welche die gärenden Massen drängen,muss zunächst geöffnet werden, und das geschieht dadurch,dass der Körper zum Schwitzen gebracht wird.In demselben Augenblick, in dem der Schweiss ausbricht,haben die gärenden Stoffe Luft, und die Hautspannung undFieberhitze lassen nach, ,»Mit dem Schwitzen ist aber die Ursache der Krankheitnoch nicht entfernt. Denn die Gärung erstreckt sich jedesmalmeist nur auf einen Teil der im Leibe abgelagerten Stoffe;die übrigen, welche ruhig liegen geblieben sind und nochdurch <strong>neue</strong> Ablagerungen vermehrt werden, bilden so einestete Fieberquelje, die nur der richtigen Veranlassung bedarf,um immer wieder von <strong>neue</strong>m hervorzubrechen. Es handeltsich also darum,* diese noch fest im Leibe ruhenden Stoffezur Ausscheidung zu bringen, und dazu dienen nun die vonmir eingeführten ableitenden Rumpfreibe- und Reibesitzbäder,deren Beschreibung später erfolgt. Durch dieselben wird derKörper angeregt, die im Leibe ruhenden Krankheitsstoffe innatürlicher Weise auszuscheiden.Erst wenn dies geschehen, ist die Ursache der Krankheitund damit auch die Krankheit selber beseitigt.Fassen wir das Vorgeführte erst nochmals kurz zusammen,um dann noch einige wichtige Schlussfolgerungen daraus zuziehen.An allen Kranken zeigen sich Veränderungen der natürlichenKörperformen. <strong>Die</strong>se Änderungen werden hervorgebrachtdurch Fremdstoffe. Das Vorhandensein von Fremdstoffenim Körper ist Krankheit. <strong>Die</strong>se Fremdstoffe sind Stoffe, fürdie der Körper keine Verwendung hat, und die infolge ungenügenderVerdauung im Körper zurückbleiben. <strong>Die</strong> Fremdstoffelagern sich zunächst in der Nähe der Ausscheidungsorganeab, verbreiten sich aber allmählich, namentlich durcheintretende Gärung, über den ganzen Körper. Solange dieAusscheidungsorgane einen Teil der Fremdstoffe immer wiederentfernen, ist das körperliche Befinden ein erträgliches, sobaldderen Thätigkeit eine geringere wird, treten grössere Störungen


Wie entsteht Krankheit? — Was ist Fieber? 33ein. Doch ist die Ablagerung der Fremdstoffe nicht schmerzhaft,weil sie sozusagen eine latente, chronische ist, die sichunbemerkt durch einen längeren Zeitraum hinzieht.Wir bezeichnen die daraus hervorgehenden Krankheitserscheinungenam besten als schmerzlose, verborgene, es sindim wesentlichen dieselben^ * die man sonst mit dem Wortchronisch — langwierig — benennt.<strong>Die</strong> Fremdstoffe sind verweslich (zersetzlich), sie bildenden Boden, auf welchem sich eine Gärung (Bazillen) entwickelnkann. <strong>Die</strong>-frärung beginnt im Unterleibe, wo diemeisten Fremdstofre liegen, setzt sich aber rasch nach obenfort. Der Krankheitszustand ändert sicfy es ejftstehen Schmerzen,und es tritt Fieber auf. <strong>Die</strong>se KrankÄfeerscheinungennennen wir am besten schmerzhafte, hitzige Krankheiten,es sind dieselben, die man sonst als akute bezeichnet.Aus aUen diesen Darlegungen müssen wir nun die schwerwiegendeFolgerung ziehen: Es giebt nur eine Krankheitsursache,es giebt auch nur eine Krankheit, die sich durchverschiedene Erscheinungen offenbart. Wir dürfen daherstreng genommen nicht die verschiedenen Krankheiten, sondernnur verschiedene Krankheitserscheinungen unterscheiden.Beiläufig sei be||er^t, dass nur die direkten Verletzungenhierbei ausgeschlossen bleiben, es sind dies keine Krankheitenin dem ausgeführten Sinne. Ich werde auf diese in derWundbehandlung im II. Teil näher eingehen.1Ö?* e Einheit der Krankheit ist es also, die ichaurtxrund der vorgeführten Beobachtungen lehreund verteidige. ***..Ich habe Ihnen den Weg angegeben, auf dem^icH JIUder von vielen als kühn bezeichneten Überzeugung gellmgW,dass es in Wahrheit nur eine Krankheit giebt.So haben wir jetzt an der Hand von Beobachtungen undSchlüssen eine Behauptung aufgestellt, die von grundlegenderWichtigkeit für die gesamte Krankenbehandlung ist. Kannich aber auch ihre Richtigkeit durch Thatsachen. beweisen ?In der heutigen Naturwissenschaft wird allen anderenLouis Kühne, <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong>. 3


34 Erster Teil.Beweisarten eine Art vorgezogen, und fast nur diese eineBeweisart als vollgültig angesehen, die durch das Experiment.Das Experiment konnte im vorliegenden Falle nur durchdie gleichartige Behandlung der verschiedensten Krankheiten,und deren gleichen glücklichen Verlauf, die gleichmässige undin gleicher Art sich vollziehenÄ Heilung geführt werden.Selbstverständlich ist es nicht möglich, hier in solchergrossen Versammlung vor Ihren * Augen Kranke aller Art zuberaten und zu behandeln, die Veränderungen ihres Befindens,ihrer Körperformen und ihrer Leistungg|||igkeit festzustellenund ihre Berichte über den Fortschritt der Kur entgegenzunehmen.Ich gebe am Schlüsse des Buches in den Krankenberichten,als|f^l|rc'h Anführung von Thatsachen, die Beweise,von deren Wahrheit sich jeder Einzelne selbst überzeugenkann, und werde bei Abhandlung der einzelnen Krankheiten,soweit es der Platz erlaubt, stets solche Beweise folgenlassen.Hier kann es nur meine Aufgabe sein, in den nächstenVorträgen eine Reihe der bekanntesten, häufigsten und gefürchtetstenKrankheitsformen vorzuführen, Ihnen die Ursachederselben im Einzelnen klarzulegen, den Verlauf der Heilungzu. entwickeln, indem ich zugleich möglichst viele Beispieleaus meiner Praxis dabei anführe, um Ihnen so die Zurückführungder einzelnen Krankheiten auf ihre einheitliche Ursachein jedem einzelnen Falle klar vor Augen zu führen.Mit den sogenannten Kinderkrankheiten werde ich|;beimnächsten Vortrage den Anfang machen.


Wesen, Entstehung,*Zweck und Heilung derKinderkrankheiten und ihre Einheit!Masern, Scharlach, Diphtherie, Pocken, Keuch-|iusten, Skrofulöse.Vortrag von Louis Kühne.Geehrte Damen und Herren!Krankheit ist das Vorhandensein von Fremdstoffen imKörper. Das war das Hauptresultat, welches wir aus denim vorigen Vortrage Ihnen dargelegten Beobachtungen" gewannen.Doch muss ich Ihnen in aller Kürze auch dieweiteren Beobachtungen und Schlussfolgerungen aus demletzten Vortrage wiederholen, da auf denselben das Heilverfahren,das ich im weiteren vorführen werde, aufgebautist, und da bei >jeder Krankheit der Weg der Entwickelungderselbe ist.Krankheit ist das Vorhandensein von Fremdstoffen imKörper. <strong>Die</strong> Fremdstoffe ruhen in demselben von Geburtan oder werden durch Aufnahme schädlicher Stoffe in denselbengebracht. Der Körper sucht sie durch Darm, Lunge,Nieren und Haut zu entfernen und lagert sie, wenn er dazunicht im stände ist, überall ab. Dadurch werden die Körper-- formen verändert, was am besten an der engsten Stelle,- amHalse und im Gesicht fwahrnehmbar ist.Hierzu ein Beispiel: Denken Sie sich wieder die schonerwähnte Flasche mit Gärungsstoff, wie in umseitiger Abbildungsichtbar. Solange dieselbe offen steht, kann diegärende Flüssigkeit ruhig herausgären. Denken wir uns aberauf den Flaschenhals einen hohlen Gummikopf aufgezogen,


36 Erster Teil.der keine Gase aus der Flasche entweichen lässt, so wirdder ursprünglich schlappe Gummischlauch ganz allmählichsich immer mehr spannen, je mehr die Gärungsmassen Raumbeanspruchen. Sehr bald wird die zunehmende Spannung dendehnbaren und nachgiebigen Gummi immer mehr und mehrausdehnen. Ein dem menschlichen Körper noch mehr ähnelndesBild erhalten Sie, wenn Sie sich statt der Glasflasche einesolche mit dehnbaren Wandungen vorstellen, in welcher dieGärungsmasse .^deutlich sichtbar ist. Hier würden Sie sehen,wie sich die Spannung in der ganzen Flasche geltend machtund die Formveränderung der Flasche allein von dem Andrängeder Gärungsstoffe abhängig ist. So ist es auch immenschlichen Körper, nur mit dem Unterschiede, dass hierder Raum nicht überall frei ist, sondern überall Organe liegen,die erst durchdrungen oder umgangen werden müssen, undwelche dem freien Entwickeln der Gärung immer ein Hindernisentgegensetzen! Auch ist der Herd der Gärung hierim Unterleibe, während er dort am Boden der Flasche sichbefindet. Im übrigen kommen die Form Veränderungen aufdieselbe Weise zustande, wie in der- Flasche.<strong>Die</strong> im Körper abgelagerten Fr^ihistoffe verändern sich,sie gären und durch die Gärung werden sie durch den ganzen


Wesen, Entstehung, Zweck u. Heilung der Kinderkrankheiten. 37Körper getragen. <strong>Die</strong> Gärung erzeugt nun Wärme und setztden ganzen Körper in Erregung: den entstandenen Zustandnennen wir Fieber. Geht die Gärung mehr in den innerenTeilen vor sich, so ist auch die Hitze mehr innerlich, und estritt dann äusserlich gerade Frostgefühl auf. <strong>Die</strong>ser Zustandist gefährlicher als der hitzige. Das Frostgefühl geht demhitzigen Fieber bekanntlich jedesmal voraus, und es ist einewichtige Aufgabe, den Frostzustand in einen hitzigen umzuwandeln,d. h. das innere Fieber nach aussen zu leiten unddie Gärungsstoffe nach der Oberfläche -zu bringen. Gelingtdies nicht, so führt das Fieber zu schwerer Krankheit oder*zum Tode, weil dann die inneren Organe- förmlich verbrennen,oder, wenn die Gärung vorher aufhört, mit Fremdstoffengeradezu überladen werden.Heute habe ich mir nun zur Aufgabe gestellt, eine ReiheFieberkrankheiten in ihrer JSntwickelung und ihrem VerlaufIhnen vorzuführen: die Kinderkrankheiten. Ich werde Ihnenzeigen, wie dieselben alle eine gemeinsame Grundursachehaben, wie es also nur darauf ankommt, das einheitlicheWesen dieser Krankheiten genau zu kennen und jeder besondereName dabei für uns nebensächlich ist, ja sogar nochirre führen kann. Auch diese Krankheiten können nur dannauftreten, wenn der Körper die nötigen Gärungsstoffe enthält;es ist zweifellos, dass die meisten Menschen genügenden Vorratmit zur Welt bringen. Deshalb ist es beinahe sicher, dassj&der Mensch Kinderkrankheiten bekommen müsse. Weshalbaber Kinder öfter akute Krankheiten bekommen, als erwachseneMenschen, habe ich früher S. 26 gezeigt.Aber man kanit doch vorbeugen. Ich möchte es Ihnenan einem Bilde erläutern. Um unsere Städte und Dörfer' vorZerstörung zu hüten, duldet man niemals grössere Niederlagenvon Pulver oder anderen explodierbaren Stoffen in denselben. -Man weiss ganz sicher, dass trotz scharfer Wachen docheinmal der zündende Funke hineinfallen könnte. Warum, sofrage ich, wollen wir mit unserem Körper nicht gleich vorsichtighandeln? Warum wollen wir immer mehr Fremd-


38 Erster Teil.stoffe hineinbringen, die zu Gewaltausbrüchen führen? Warumwollen wir nicht lieber besorgt sein, die vorhandenen hinauszuschaffen?Zwar sind die Ausbrüche im Körper nicht immerso verheerender Natur, aber sie führen doch oft zum Tode,zumal dann, wenn die Gärung keinen Ausweg findet.Lassen Sie mich nun die Kinderkrankheiten selbst inihrem Verlaufe näher betrachten, ich werde dabei die gebräuchlichenNamen, obwohl dieselben für uns keinen besonderenWert „mehr haben, beibehalten, weil dieselben diecharakteristischen Formen der Kinderkrankheit ganz gut bezeichnen.<strong>Die</strong> Kinderkrankheiten treten alle, wie wi£ wissen, inso verschiedener Form und Gefahr für Erhaltung des Lebensauf, dass es gar nicht so leicht schept, in jedem Falle dasrechte Mittel zur Heilung zu finden. Es soll nun meine Aufgabesein, Ihnen verständlich zu machen, worin die Verschiedenheitder Krankheiten besteht und wie man dieselbenmit gutem Eriblge behandelt, und wie selbst die unähnlichstenKrankheitserscheinungen immer zwei Hauptbedingungen: „vermehrteHitze öder Kältegefühl," miteinander gemeinsam haben.Masern. Denken wir uns ein masernkrankes Kind; wirfinden dasselbe zunächst unruhig, schlaflos, mit trockener,heisser Haut am Körper, und man sagt jetzt nur: „da§».Kindfiebert."Wollen wir dem fieberkranken Kinde helfen, so mussuns vor allen Dingen klar sein, was Fieber ist, und wieFieber entsteht. Nun, wer mir in meinem letzten Vorträgegefolgt ist, dem wird es heute kein Rätsel mehr sein. DasFieber ist eine Gärung, die im Körper vor sich geht. <strong>Die</strong>Gärung kommt dadurch zustande, dass sich Fremdstoffeim Leibe abgelagert haben. <strong>Die</strong> Ursache hierfür ist ungenügendeVerdauung oder, besser gesagt, Zuführung vonzuviel Nahrung und von ungenügender Nahrung. Zu letztererrechne ich auch schlechte mit schädlichen Gasen vermengteLuft. <strong>Die</strong> Überreste der Nahrunf müssen sich, da sie keinenAusweg finden, in der Nähe der Ausgangswege, d. h. im


Wesen, Entstehung, Zweck u. Heilung der'Kinderkrankheiten. 39Unterleibe, ablagern. Denken wir uns die? Gärung, wie Siesie hier in der Flasche sehen, im Unterleibe. <strong>Die</strong> im Unterleibeangesammelten Fremdstoffe werden durck die Gärungin den ganzen Körper getragen. Dabei beschränken sie sichnicht auf die Blutkreislaufwege, sondern durchdringen auchunmittelbar alle Organe. <strong>Die</strong> Fremdstoffe beanspruchen ingärendem Zustande einen weit grösseren Raum als vorher.Sie dringen deshalb nach allen Richtungen im Körper undsuchen aus demselben hinauszugelangen. Ist aber die Hautgeschlossen, so wird sie durch den inneren Drang angespannt,da die Haut so weit, als ihre Elastizität erlaubt, nachgiebt.<strong>Die</strong> Gärung, d. i. die Umwandlung der Fremdstoffe in einenanderen Zustand, erzeugt Wärme. Weitere Wärme wirddurch das Andrängen der gärenden Massen gegen die Organe,namentlich gegen die Haut, hervorgerufen, denn dasselbe istnichts als Reibung, welche T^rme hervorbringen muss. Dendurch die Gärung in dieser Weise veranlassten Zustandnennen wir Fieber.Daraus folgt: Das Fieber muss auf folgende Weise ambesten gehoben werden: Wir müssen bemüht sein, die Hautporenzu öffnen; wir müssen also den Körper zum Schwitzenzu bringen suchen, und das Fieber wird sofort nachlassen!


40 Erster Teil.Ausserdem aber müssen wir die Hitze durch Kühlung ableiten.Sobald w^r dies thun, wird die Krankheit in den meistenFällen, ohne dass die Masern zum Ausbruch kommen, verschwinden,das will sagen: die Fremdstoffe werden in einerForm abgeleitet und ausgeschieden, in der wir sie nicht miteinem besonderen Krankheitsnamen bezeichnen können, weildie Fremdstoffe auf den natürlichen Ausscheidungsorganenim Schweiss, im Urin, durch den Darm und durch den Atemausgeschieden^ werden. Ist der rechte Zeitpunkt dazu versäumt,so kommen die Masern selbst hervor und treten,wie wir wissen, in linsengrossen, hochrote^^Pickelchenauf. Je mehr nun der Ausschlag auftritt, oder, wis gleichbedeutend'damit ist, je mehr die Beföjiderung der gärendenKrankheitsstoffe nach der äusseren Haut stattfindet, destoweniger Gefahr ist da für das Leben des Kindes; je wenigerund je schwächer der Ausschlag eintritt, desto mehr Gefahrist vorhanden durch die Hitze, welche sich in den innerenOrganen entwickelt, weil dann die Gärungsmassen dieselbenleicht verbrenrfen. Es entsteht sehr leicht Lungenentzündung;der Körper geht dann zu Grunde,, nicht, weil er die Masernhat, sondern weil er sie nicht vollständig bekommen hat.Um die Masern zu heilen, erwachsen uns zwei Aufgaben:Wir müssen versuchen, die Verdauung zu ordnen, dieAusgangswege durch Vieren, Haut und Darm frei zu machen.Dann wird das Drängen der Gärung sich nach unten leitenund der Druck nach oben nachlassen. Das geschieht durchmeine ableitenden Rumpfreibe- und Reibesitzbäder. Nachdenselben ist das Kind zum Schwitzen zu bringen. Das machtsich am einfachsten und leichtsten, wenn die Mutter esin der Nacht zu sich ins Bett nimmt und ihm durch ihreeigene Körperwärme zum Schwitzen verhilft. Sonst genügtvielfach das blosse gute Zudecken mit Federbetten undWolldecken in einem guten grossen Bette. Dabei hat manstets bei Tag und bei Nacht durch öffnen der Fenster fürfrische Luft zu sorgen. Erreicht man hierdurch den ange-


Wesen, Entstehung, Zweck u. Heilung der Kinderkrankheiten. 41strebten Zweck nicht, so hat man ein Dampfbad anzuwenden.Am bequemsten wird ein solches auf dem von mir eingeführten^Apparat gegeben. Doch kann man es nötigenfalls auch in"anderer Weise herrichten. (Siehe Seite 108.) Nach jedemDampfbad hat eine Kühlung in der Form meines Rumpfreibebadeszu erfolgen.Gelingt es, das Kind zum Schwitzen zu bringen, so istschon eine wesentliche Besserung eingetreten. Wenn das Fieberwiederkehrt, so ist die Abkühlung, also das Rumpfreibe- oderReibesitzbad, zu wiederholen und danach das Kiöd ins Bett zubringen, damit es schwitze. <strong>Die</strong> «Abkühlung und die Wiedererwärmungistj-jo oft zu wiederholen, als Fieber eintritt.Ist der Dreck besonders stark nach dem Kopfe odernach den Augen oder^onst einem einzelnen Teile, so istvor allem wichtig^ diesen Druck dadurch zu beseitigen^ dasswir nur ein örtliches Dampfbad an die stark belastetenOrgane bringe Wenn dann die Haut zum Schwitzen kommt,wird der betrllp^le Körperteil sofort entlastet, «nd die Gefahr,dass irgend ein prgan durch die andrängendfpj&ärungsstoffezerstört werde, ist vorüber. Auch nach jedem Teildampfbadmuss eine Kühlung und Ableitung durch Reibesitzbad.oder Rumpfreibebad erfolgen.Fapen Sie jetzt das von mir über Masern Gesagte nocheinmal zusammen, so werden Sie verstehe^ wie diese Krankheitnur dadurch zustandekam, dass im Körper eine bedeutendeMenge von Fremdstoffen latent ruhte, die danndurch irgend eine Veranlassung in Gärung übergingen, wodurchFieber entstand und die Krankheitserscheinung (Masern)hervorgebracht wurde. Sie sehen also, wie Masern genaudieselbe Entstehungsursache haben wie Fieber überhaupt, undich werde Ihnen im weiteren zeigen, wie auch alle anderenKrankheitserscheinungen, die ich zu besprechen gedenke, aufdieselbe Ursache zurückzuführen sind. Dazu Kurbericht ausder Praxis siehe III. Teil, Originalschreiben.Scharlach. Beim scharlächkranken Kinde finden wirim wesentlichen dieselben Erscheinungen wie beim masern-


42 Erster Teil.kranken, das Fieber ist aber gewöhnlich noch weit heftiger,weshalb sich die Sorge der Eltern mit Recht in erhöhtemMaasse zeigt.Auf der äusseren Haut entstehen beim Scharlach ebenfallsFlecken und zwar von scharlachroter Farbe, daher überhauptder Name. <strong>Die</strong> Flecken selbst sind anfangs klein,fliessen aber später zusammen, so dass sie dadurch grossund breit werden. Der Ausschlag ist aber nicht so allgemeinwie bei den Masern, er ist oft nur über einen Teil des Körpersverbreitet, namentlich tritt er an Kopf, Brust und Leibauf, während die Füsse mehr oder weniger frei bleiben. Oftsjnd diese kalt, während der übrige Körper in ^ftjgem Fieberglüht. Kopf und Herz sind beim Scharlach 4 am stärkstenbetroffen, und es ist eine gewöhnliche Erscheinung, dassscharlachkranke Kinder über Ohren- und Augenschmerzklagen. Meine verehrten Zuhörer, es wird Ihnen jetzt leichtfallen, diese Erscheinung zu erklären: es ist hier der schonfrüher er^phnte Zustand eingetreten, dass die gärendenKrankheitefcoffe vom Ünterleibe aus nur. den Weg nach oben,nach Kopf und Hals genommen haben und mich nur die imoberen Teile des Körpers bereits abgelagerten Krankheitsstoffein hitzige Gärung übergegangen sind. <strong>Die</strong> Gefahr istum sp grösser, je geringer der Teil der Haut ist, welcherdurch Hervorbringung des Ausschlages an der Ausscheidungdes Krankheits Stoffes mitarbeitet.<strong>Die</strong> Hauptfrage bleibt aber wieder: Was ist zu thun,um rasche und sichere Hilfe zu bringen? Zunächst handeltes sich darum, die Gefahr bleibender Zerstörung von Augenund Ohren abzulenken. <strong>Die</strong>s geschieht dadurch, dass wirrasch die Hautporen öffnen, indem wir den Kopf recht gründlichdampfen. <strong>Die</strong> Ausführung des Volldampfbades wie derTeildampfbäder s. S. 106—108. Sobald der Kopf gründlichfeucht geworden ist und die Hautporen sich geöffnet haben,hört der Schmerz auf, und die erste Gefahr ist damit bereitsabgewendet. Doch ist es sehr leicht möglich, dass solche Kopfdampfbäderwiederholt veranstaltet werden müssen, da der


Wesen, Entstehung, Zweck u. Heilung der Kinderkrankheiten. 45Schmerz häufig nach einiger Zeit wiederkehrt. Derselbewürde sogar regelmässig nach kurzer Pause eintreten, wennwir nicht auf anderem Wege für Ausscheidung der GärungsstoffeSorge trügen. Das geschieht abermals durch Abkühlungund Reiben des Unterleibes durch meine ableitenden Bäder,wodurch Ausleerungen durch Darm und Nieren und auchdurch die Haut veranlasst werden. <strong>Die</strong> Verdauung war ganzzweifellos seit Eintritt des Fiebers gestört, sie war auchvorher schon nicht in Ordnung, gleichviel, ob es die Elternmerkten oder nicht. Das Fieber beraubt die Verdauungsorganeihrer schleimigen, schlüpfrigen Masse, sie trocknenaus und können ihre Arbeit nicht mehr leisten, Verstopfungist die notwendige Folge davon. <strong>Die</strong> Verdauung wird nundurch die erwähnte Abkühlung und durch die dabei stattfindendenReibungen aufs beste beeinflusst, und es dauertnicht lange, so treten die erwünschten Ausleerungen ein,immer ein gutes pichen für einen günstigen Verlauf desScharlachfiegers*^pBei Scharlachkranken bedarf^ es aber fastdurchgängig einff ^längeren Zeit und einer energ«£en Handhabungder ang^ebenen Mittel, ehe Erfolg erzielt^rd, wiederein Beweis dafür, dass mehr Krankheitsstoff vorhanden ist«als bei Masernkranken.Sie sehen, wie Scharlach ebenfalls nur durch dieGärung der Fremdstoffe im Körper zustande kam, wodurchwieder Fieber entstand, nur dass hier mehr solche Stoffegärten, weshalb auch das Fieber stärker war und die Gärungcmehr ihren Weg nach dem Oberkörper nahm; die Ursachedieser Krankheit ist daher wieder die gemeinsame mit allenanderen Fieberkrankheiten. Ich will Ihnen hierzu ein Beispielaus meiner Praxis mitteilen:<strong>Die</strong> siebenjährige Tochteiiund das zweijährige Söhncheneines hiesigen Fabrikbesitzers waren am Scharlach erkrankt,und der Hausarzt hatte den Fall als einen sehr schwerengezeichnet, dessen Heilung sechs bis. acht Wochen dauernkönne. Herr W., der zur Herstellung seiner eigenen Gesundheitvon mir einen Dampfbadeapparat bezogen hatte,


44 Erster Teil.nahm nun wegen seiner Kinder mit mir Rücksprache, daihm die in Aussicht genommene Medizinkur des Hausarztesdoch etwas zu'flange erschien. Nachdem.ich die Kinderuntersucht, konnte ich dem Vater die tröstliche Versicherunggeben, dass bei meiner Behandlung der ganze Krankheitsprozessin etwa acht Tagen beendet sein werde. <strong>Die</strong>se Behandlungwar keine andere als die, welche ich schon obenbeschrieben habe: die Kinder wurden täglich auf dem Dampfbadeapparatgedampft und darauf im Rumpfreibebade von17—18° R. gebadet. Jedesmal, wenn das starke Fieber wiederauftrat, gsyurden die Rumpfjf|gtbebäder er<strong>neue</strong>rt, was sich anfangsetwa alle zwei Stunden nötig machte. .Dass auch indiesem Krankheitsfalle der Diät eine ganz besondere Aufmerksamkeitgewidmet werden musste, ist um so mehr klar,als es feststeht, dass reizende und scharfe Speisen ausFleisch u. s. w., gerade dem Fieber Vorschub leisten und seinVerschwinden erschweren. <strong>Die</strong> Kinder durften daher nurBrot, Wei?|jnschrotsuppe, sowie rohes ooTer J|pochtes Obstessen und'alles dieses „immer erst^dann, weÄF sich wirklicherHunger einstellte. Wie ich vorausgesagt iMtfe, waren dieKinder nach acht Tagen zur Freude ihrer Eltern wieder gesund,und jener Hausarzt, welcher anfangs behauptet hatte,eine so schnelle Gesundung müsse unbedingt ein Nierenleidennach sich ziehen, sah sich später genötigt, anzuerkennen,dass die Kinder in der That vollständig gesund seien.Diphtherie. Das Wort Diphtherie oder Diphtheritisruft bei allen Eltern Angst und Schreck hervor, denn mankennt die grosse Gefahr, welche die gefürchtete Krankheitmit sich bringt. <strong>Die</strong> äusseren Erscheinungen sind etwas•""ändere als bei den vorher erwähnten, doch das Fieber treffenwir auch bei ihr als wesentliches Zeichen. Mitunter trittdasselbe allerdings scheinbar ziemlich" schwach auf undzwar gerade* bei iden Kindern, die teilnamslos auf demKrankenlager hingestreckt liegen und nur über den Atemklagen, die aber thatsächlich meist am schwersten erkranktsind. Hier wütet das Fieber um so schlimmer im Innern, die


Wesen, Entstehung, Zweck u. Heilung der Kinderkrankheiten. 45äussere Haut kommt wenig in Thätigkeitfj Parm und Nierenruhen fast ganz, und doch möchte die Gärungsmasse nachder Oberfläche j* da im "Innern der Raum gebricht. <strong>Die</strong>seFälle sind die gefährlichsten. Würde es dem Körper gelingen;die Krankheitsstoffe wie bei Masern und Scharlachnach der äusseren Haut zur Ausscheidung zu schaffen, sofortwäre jede Gefahr beseitigt, wohingegen grosse Gefahr vorhandenist, wenn das Fieber (die gärenden Fremdstoffe) imInnern bleibt. ^Gelingt es uns nidÜ/ diese innere Fieberhitzenach der Hautoberfläche abzuleiten, so ist auch wenig Hoffnungauf Heilung. Für den Körper giebt es dann nur einen Ausweg,das ist der Hals, nach dem die Gärungsmasse mit aller Gewalthindrängt, so dass oft in kürzester Zeit der Erstickungstod droht.Ist diese Gefahr bereits eingetreten, so gilt es zunächst wieder,lokale Hilfe zu bringen und den Hals zu befreien, wenn esauch zunächst nur auf kurze Zeit möglich ist. <strong>Die</strong>s erreichenwir auch bei^Diphtherie am leichtesten und sichersten durchWasserdamp^, der die Schmerzen lindert und ^Ausstossungder Massen bewirkt. Freilich, einen * grossen Erfolg habenwir damit noclr nicht erzielt, aberedie momentane Hilfegiebt uns Zeit, den HauptherÜ* des Krankheitsstoffes zusäubern, der wiederum in den Organen des^Unterleibes zusuchen ist. Es ist erstaunlich, wie schnell durch meineableitenden Bäder der Zustand im Halse verändert wird,namentlich bringen die Reibesitzbäder eine vorzügliche Wirkunghervor, sodass mitunter schon nach^eniem oder wenigen-Bädern die Wucherungen verschwinden. Durch das Drängennach clem Halse ist aber noch eine Änderung dort eingetreten,er ist angeschwollen und entzündet, diese AnschweUungund Entzündung ist aber weit gefahrdrohender,*als die Pilz Wucherung. Vor Ausbruch der eigentlichen Diphtherieklagte der Kranke in der Regel auch schon überSchmerzen in anderen Gelenken, z. B. im Knie oder in den(ßchultern. Eine Gelenkentzündung in diesen Teilen kann manlänge aushalten, aüöh-wenn sie heftig auftritt, nicht aber einesolche des Halses, darum ist ihre Bekämpfung so energisch;


46 Erster Teil.wie ^möglich vorzunehmen. Es wäre dafeer ein grosser Fehler,nach Beseitigung der Pilzwucherung mit der Abllitung : nachOJ|^*•"'.'den Unterleibiorganen aufzuhören, dieselbe muss so langein rascher Folge* gehandhabt werden, bis guter Stuhlgangsich einstellt und die Verdauung völlig geregelt ist. Dannerst kann der Kranke für gerettet erklärt werden. Wie schonfrüher ausgeführt, gehört aber auch die Haut zu den wichtigstenAusscheidungsorganen, sie hat namentlich die Krankheitsston;e,welche nahe^ an der Oberfläche aufgestapelt liegen,nach aussen zu bringen. «j,Folgendes Beispiel wir^Ihnen dies genauer veranschaulichenADenken Sie sich wiederum die Flasche mit den dehnbarenWandungen. Solange dieselbe verschlossen, kann die.tGärungsmasse nicht aus der Flasche, und Ausdehnung undSpannung ist die Folge. Sobald Sie aber mit einer Nadelfeine Löcher, ähnlich den Hautporen, in die Wandungstechen, findet die Gärungsmasse durch dieselben sofort ihrenAusweg, und die Flasche erlangt wieder ihre ursprünglicheForm. Genau so ist es mit der Haut am Körper. JederSchweiss ist nichts als der durch den Gärungsprozess ausdem Inneren herausgedrängte Fremdstoff. Jede Verdauungist aber bereits eine Gärung, und die Haut muss daher beständigfunktionieren, wenn der Körper nicht krank werdensoll, weshalb Sie auch bei allen Gesunden eine feuchtwarmeHaut finden. Trockene und kalte Haut ist bereits ein sicheresZeichen von Kraßheit im Körper.Bei Diphtheritiskranken ist die Haut fast völlig unthätig,und es bedarf starker Anregungen. Auch bei Diphtheritisbraucht eine gesunde Mutter sich nicht zu scheuen, das Kind*mit ins Bett zu nehmen, sie wird dadurch vielleicht dieRettung des Kindes ermöglichen. Solange namentlich nochkein ordentlicher Stuhlgang eingetretÄ ist, will die Naturbesonders die Haut als Ausscheidungsorgan benützen, dochbedarf sie derselben auch später noch fortgesetzt. Hätte die,Mutter früher, als die Haut anfing trockdli zu werden, sofortdurch ihre mütterliche Wärme für Öffnung der Poren und


Wesen, Entstehung, Zweck u. Heilung der Kinderkrankheiten. 47gehörige Ausscheidung durch Darm und Nieren gesorgt,wahrscheinlich wäre die Diphtheritis gar nickt zum Ausbruchgekommen. , f , •,,»•..„ 4,Nur da, wo es nicht möglich ist; auf ändere Weise fürSchwÄserzeugung zu sorgen, muss man sich mit der künstlicher!Hilfe %egnügen und dem Kinde auch Volldampfbäderverabreichen. *Auch von der Diphtheritis haben Sie nun gelernt, wiedas Wesen derselben genau dasselbe ist, wie bei den torhergenannten Krankheitserscheinungen, d. h. Fieber, wie nur dieäusseren Anzeichen dabei sich veraghieden äussern, so dass mansich dadurch täuschen lassen und glauben konnte, die verschiedenenKrankheitserscheinungen seien auch verschiedenenUrsprungs. Ein Kurbericht aus meiner Praxis wird Ihnendas noch klarer vor Augen führen.Im November wurde ich zu einer Frau S. hier" gerufen,deren neunjähriges Söhnchen ziemlich heftig an Diphtheritis^krankt war. Dem Knaben wurde zunächst ein Dampfbadgegeben. Da ein Dampfl^äeapparat, wie^ich dieselben an*efertigen lasse, nicht zur Stelle war, so musste schnell ein^solcher improvisiert werden. Wir setzten daher *den Knaben4uf einen Rohrstuhl und unter diesen einen^öpf mit 4 bis5 Liter kochendem Wasser. <strong>Die</strong> Füsse wurden auf einenebenfalls mit kochendem Wasser bis zur Hälfte gefüllten undmit zwei Latten überdeckten Eimer gestellt. Der ganzeKörper wurde vorher mit einer wollen©»^ Decke sorgfältigüberhüllt, so dass kein Dampf unter der Wolldecke entweichenkonnte. Nachdem der Patient tüchtig in Schweiss gekommenwar, wurde er in ein 18° Rumpfreibebad gebracht, worinihm der Unterleib so lange gewaschen wurde, bis die Hitzeaus dem Kopfe verschwunden war. <strong>Die</strong> anfangs vorhandenegrosse Atemnot «Hess dabei nach, doch musste, um diesenZustand ^zu erhalten, jetzt alle drei Stunden ein Ijalbstündiges»Reibesitzbad angewendet werden und dies auch während derNachtzeit. Selböflerständlich musste, wenn das Kind imBette lag, stets bei Nacht und Tag das Fenster etwas geöffnet


48 Erster Teil.bleiben, um stets frische Luft zu haben. Durch die häufigenReibesitzbäder^gelang es, die immer neu entstehende Fieberhitzejedesmal sofort abzuleiten, so dass schon am erstenTage der Behandlung jede Gefahr beseitigt war. Bei sofortgesetzter Kur war der Knabe nach etwa fünßeTagenwieder vollständig hergestellt. So heilt man die gefürchteteDiphtheritis, für welc%e die kurzsichtige Medizingelehrsamkeitnoch immer nach einem Mittel sucht.Pocken. <strong>Die</strong> Poe|pfe' kommen häufiger vor, als manglaubt. Freilich aus den amtlichen Statistiken ergiebt sichdas nicht. Denn ein Familienvater, der einigermaassen mit demNaturheilverfahren Bescheid weiss, erstattet nicht so leichtdie "vorgeschriebene polizeiliche Anzeige, da er sich und seineFamilie dadurch den unangenehmsten Beschränkungen undBelästigungen ohne jeden Nutzen aussetzt. Ist doch beirichtiger Behandlung die Pockenkrankheit in der Regel einfast harmloser Vorgang, wie wir sehen wenden. <strong>Die</strong> Pockentreten in sehr verschiedener Art auf, z. B. als Wasser-, Spit%-,Schaf- und schwarze Pocken. Früher bezeichnete man alleAusschlagskrankheiten als Pocken. Am gefährlichsten sindzweifellos die schwarzen; denn bei ihnen ist das Fieber am*,stärksten, und^sie führen bei falscher Behandlung darumrasch zum Tode. Sie sind gerade deshalb so sehr gefürchtet,denn man hält die Krankheiten, welche bei falscher Behandlungrasch zum Tode führen, immer für gefährlicher, alssolche, bei denen* ein längeres Siechtum dem Ende vorangeht,und welche weit schwerer und erst in weit längerer Zeitauch bei richtiger Behandlung gehoben werden können, wennHeilung überhaupt noch möglich ist. Nur weil man diePocken nicht zu behandeln verstand, wurden sie so gefährlich,dass man mit der Impfung dagegen, glaubte einschreitenzu müssen. Bei richtiger Behandlung wäre es nie dahingekommen.O. <strong>Die</strong> schwarzen Pocken sind leicht-als solche zu erkennensobald sie ordentlich ausgebildet sind, im beginn aber gleichensie den anderen Kinderkrankheiten völlig, da nichts


Wesen, Entstehung, Zweck u. Heilung der Kinderkrankheiten. 49anderes als staskes Fieber zu bemerken ist. Allmählichkommen hochrote, linsengrosse« Flecken zum Vorschein, diedem Masernausschlag ähnlich sehen. Sie heben sich weiterempor und gleichen dann * einer Johannisbeere, die zurHälfte im Körper ruht, zur anderen Hälfte herausragt. Inder Mitte bildet sich ein schwarzer Punkt. <strong>Die</strong>se Pockenkönnen über den ganzen Körper verbreitet sein oder nuran einzelnen Stellen hervorkommen. <strong>Die</strong> Ursache ist dieverschieden starke Anhäufung und Verteilung der Fremdstoffeim Körper, durch welthe der Gang und Verlaufder Gärung bedingt wird. Am Schlimmsten sind die Krankendaran, bei denen der Ausschlag im Gesicht sichstark entwickelt, weil dann die bekannten Pockennarbenzurückbleiben können, wenn die Behandlung nicht dierechte ist.Es ist durchaus kein Zufall, dass bei diesem die Pockenbesonders an der, bei einem anderen an jener Stelle desKörpers auftreten, dass siß vor allem den Kopf besondersheimsuchen, weshalb denn sehr viele Pockenkranke oft amganzen Körper nur wenige Pockennarben tragen, das ganzeBesicht dagegen dadurch entstellt ist. Vergegenwärtigen Siesich noch einmal den auf Seite 35 angeführten Vergleich mitder Flasche und dem Gummikopf. Auf derjenigen Körperseite,auf welcher die Fremdstoffe in grösserer Menge abgelagertsind, findet auch ihre Hauptgärung statt, und eswerden sich hier auch mehr Pocken bilden. Sind nuneinzelne kleine Körperteile ganz besonders mit Fremdstoffenbelastet, so werden dieselben auch besonders derSitz von Pocken sein, so dass es vorkommen kann, dassjemand von Ohr zu Ohr quer über die Nase besonders vielePockennarben aufweist, während er sonst nur hier und daeine solche hat. Der Kopf ist sozusagen eine Endstationim Körper. Sind die Gärungsmässen in Bewegung, so findensie hier immer wieder eine feste Grenze. Wie wir aber ahder Flasche gesehen haben, auf welche wir jenen Gummikopfgezogen hatten, drängen die Gärungsstoffe stets nach obenLouis Kühne, <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong>. 4


50 Erster Teil.und wirken., wird ihnen im Kopfe ein Hiiidernis zur freienWeitergärung entgegengesetzt ganz besonders auf diese Endhindernisseein.Sobald der Pockenausschlag völlig auf die Haut herausgetretenist, verschwindet mehr oder weniger die Lebensgefahr,denn gewöhnlich sterben nur die Kranken, bei denender Körper nicht im stände ist, die Gärungsmassen herauszubringen.Oft treten sogar erst nach dem Tode die Pockenplötzlich hervor, man könnte also auch hier wieder behaupten,dass die Kranken gestorben sind, nicht, weil sie diePocken bekamen, sondern, weil sie sie nicht bekamen. <strong>Die</strong>Kranken sterben allemal im stärksten Fieber.Dass die Krankheit auch wieder mit heftigem Fieberverbunden sein muss, darüber kann kein Zweifel bestehen,und thatsächlich finden wir den Pockenkranken, besondersvor dem Heraustreten der Pickel, im stärksten Fieber. <strong>Die</strong>Pusteln verursachen bei der grossen Hitze des Körpers einlebhaftes Brennen und Jucken« so dass der Kranke zumKratzen veranlasst wird. Dadurch werden die Pusteln vorder Reife herausgerissen, und es bleiben dann die entsteUendenNarben zurück. Man wusste dies früher auch bereitsund band oft dem armen Kranken die Hände, um ihn amKratzen zu verhindern. Ein weit verbreitetes Konversationslexikonrät dies auch heute noch an. Welche Folterqualen fürdie Unglücklichen! Wir wissen bessere Mittel, um die Pockenzur Heilung zu bringen, ohne dass jene entstellenden Narbenhinterbleiben, und solche, dass überhaupt jede Furcht vor diesersonst so gefürchteten Krankheit schwindet. Wir verhinderndas Jucken und Kratzen durch dieselben einfachen Mittel,die wir bei den schon erwähnten Fieberkrankheiten anwenden:öffnen der Hautporen, damit der Körper schwitzt, undKühlung des Gärungsherdes im Unterleibe. Wenn es sich umWein und Bier handelt, weiss ein jeder, dass in diesen bei derkühlsten Temperatur sich am schwersten und langsamstenGärung entwickelt. Demselben Naturgesetz unterliegen nunaber auch die gärenden Fremdstoffe im Körper. Erhöhte


Wesen, Entstehung, Zweck u. Heilung der Kinderkrankheiten. 51Wärme begünstigt jede Gärung, Kühlung behindert, verlangsamtdieselbe und hebt sie auijGerade bei dieser Krankheit kann man es nicht ernstgenug nehmen, da der Körper bei derselben mit besondererHeftigkeit arbeitet. Doch nimmt diese Behandlungsweiseder Krankheit ihre Furchtbarkeit, und man kann sicher sein,dass mit verschwindenden Ausnahmen die Genesung einevollständige und rasche sein wird. <strong>Die</strong> Ausnahmen liegenm dem Zustande des betreffenden Körpers, es ist der Falldenkbar, dass derselbe so sehr mit Fremdstoffen überladenist, dass trotz des Arbeitens der Haut die Massen nichtschnell genug beseitigt werden können, oder dass der Körperzu schwach ist, um die Ausstossung zu bewirken. In derRegel wird dies aber nur dann eintreten, wenn die Behandlungzu spät beginnt. Darum kann ich die Mahnung nichtoft genug wiederholen, sofort bei Eintritt des Fiebers mitBekämpfung desselben zu beginnen und nicht erst abzuwarten,in welcher äusseren Form die Krankheit sich ausbildenwird.Sie sehen, wie wir bei den gefürchteten Pocken genaudasselbe Heilmittel mit Erfolg anwenden, wie^ibei den vorigenKrankheiten. Das kann aber nur möglich sein, wenn auchdiese Krankheit dieselbe Ursache hatte, wie die vorigen, bestehendin Belastung des Körpers mit Fremdstoffen, und dasist, wie wir gesehen haben, der Fall. Heutzutage, wo Masernund Scharlach nicht mehr, wie das früher geschah, zu denPocken gerechnet werden und die Pocken mithin scheinbarseltener 'geworden sind, kann man sich nicht mehr so genauin jene Zeiten hineinversetzen, wo dieselben eine ungeheurePlage und ein Schreckgespenst unserer Vorfahren waren.Nachdem wir die Einheit aller Krankheiten und ihre Heilungkennen, verliert dieser Gedanke von selber seine Schrecklichkeit.Ausserdem sind wir im stände, durch die Gesichtsausdruckskundebereits jahrelang vorher zu erkennen, woeine so grosse Belastung des Körpers mit Äemdstoffen vorliegt,dass bei einer geeigneten Gelegenheit sich Heilbestre-4*


52 Erster Teil.bungen wie Pocken einstellen können. Auch hierzu will ichIhnen einen Fall aus meiner Praxis mitteilen.In der Familie eines Handarbeiters erkrankten drei vonseinen fünf Kindern im Alter von 7, 9, 13 Jahren an denschwarzen Blattern. Der Vater, welcher dieselben ebenfallsgehabt hatte und daher diese grausige Krankheit sehr genaukannte, fühlte sehr bald, in welcher Gefahr sich seine Kinderbefanden, kannte aber auch sehr genau die unsäglichen Unannehmlichkeitenund Schwierigkeiten, welche ihm und seinerFamilie bevorstanden, wenn die Behörde von der Erkrankungerführe. In aller Heimlichkeit wandte er infolgedessen beiallen drei Kindern meine Kur an und zwar nur DampfundRumpfreibebäder. Der Zustand der Kinder war einrecht gefährlicher. Ihre Haut war mit schwarzen Pockenbedeckt. Um dies vor jedermann zu verbergen, hatteer Gesicht und Hände der Kinder mit Asche eingerieben,um ja vor allen Schutzmaassregeln der modernen Hygieineverschont zu bleiben. Das ho&hgradige Fieber der Kinderwurde durch vier Dampfbäder und zehn Rumpfreibebädervon 17° soweit gemildert, dass jede Lebensgefahr beseitigtwar und die Haut sich zu schälen begann. Reizlose Diätund frische Luft halfen das gute Resultat herbeiführen. FortgesetzteDampf- und Reibebäder brachten dann die Kinderin einigen Tagen so weit, dass sie wieder aufstehen und herausgehenkonnten, wenn auch meine Kur noch eine Wochefortgesetzt werden musste, um völlige' Heilung zu erzielen.Dag Interessanteste an diesen schweren Pockenfällen ist jedochdas, dass bei keinem Kinde auch nur eine einzigeNarbe zurückgeblieben war. Alle fünf Kinder dieser Familiewaren wiederholt geimpft und trotzdem bekamen drei diePocken. Aus diesem interessanten Kurberichte sieht man,erstens, wie ungefährlich die schwarzen Pocken sind, wennman sie zu behandeln versteht, und zweitens, welchen sehrzweifelhaften Schutz die Impfung gewährt. Wer die umständlichennaturwidrigen Schutzvorkehrungen kennt, welchedie moderne Sanitätsbehörde trifft, sobald ihr ein Ort bekannt


Wesen, Entstehung, Zweck u. Heilung'der Kinderkrankheiten. 53wird, an welchem Pocken ausgebrochen sind, der kann dieselbennach der Impfung um so weniger begreifen, weilletztere uns doch absolut vor Pocken schützen soll. Überdie Verwerflichkeit der Impfung brauche ich kaum nochbesonders zu reden. Durch das Impfen werden dem menschlichenKörper auf künstliche Weise direkt Fremdstoffe insBlut eingeführt. Wie die Menschen sich so von der Naturentfernen konnten, ist fast rätselhaft zu nennen, aber wodas Wissen fehlt, da glaubt man gern ans Wunderbare (Ausführlicherüber die Impfung habe ich mich in meiner kleinenSchrift über Kindererziehung ausgesprochen. Seite 17—30).Keuchhusten. Keuchhusten gilt zwar nicht für so gefährlichwie Diphtherie und Pocken, aber es sterben dochimmerhin eine Reihe von Kindern an demselben, und dieanderen leiden zum mindesten ganz entsetzlich durch dieHustenanfäUe. Dabei sei gleich hervorgehoben, dass jederHusten als ein Zeichen von ernster Erkrankung angesehenwerden muss, denn der Mensch ist weder ein hustendes nochein spuckendes Wesen. Husten entsteht immer ers& dann,wenn der Druck der Fremdstoffe nach oben geht und dernatürliche Ausweg nach unten gehemmt ist. Entweder arbeitetdie Haut schlecht, oder Darm und Nieren verrichten ihreThätigkeit unvollkommen.Auch bei keuchhustenkranken Kindern treten die bekanntenGärungserscheinungen wieder auf, mit anderenWorten, „auch sie fiebern". <strong>Die</strong> Massen wollen zum Halseund zum Kopfe oben hinaus, trotzdem der Körper dort keineAusschejdungsorgane hat. Von ausserordentlicher Bedeutungist es nun, ob der Kranke bei den Hustenanfällen in Schweisskommt oder nicht; ist ersteres der Fall, so kann er ohne jedeweitere Einwirkung gesunden. Tritt bei den Hustenanfällenkein Schweiss ein, so wird das Gesicht über und über rotund blau, und der Keuchhusten führt, wenn nicht Hilfe gebrachtwird, zum sicheren Tode. Zuletzt strömt oft Blutaus Augen, Nase und Ohren, denn alle Fremdstoffe möchtendort hinausdringen. In diesem Stadium ist Hilfe gewöhnlich


54 Erster Teil.nicht mehr möglich. Wird aber rechtzeitig dem KörperUnterstützung zu teil, so überwindet er die Krankheit auchin den schwereren Fällen.<strong>Die</strong> Behandlung ist auch bei dieser Krankheit dieselbe,sie kann keine andere sein, da das Wesen der Krankheitdasselbe ist. <strong>Die</strong> Hauptaufgabe bleibt fürs erste schnelleErzielung von Schweiss. Daneben ist es notwendig, denstarken Andrang und Druck der Fremdstoffe nach oben,nach unten, nach den natürlichen Ausscheidungsorganen, abzuleiten.Der Körper hat nur ganz bestimmte Ausscheidungsorganeund Wege und nur auf diesen ist es möglich,die Krankheitsstoffe auf natürliche Weise herauszuschaffen.Das erreichen wir aber in hervorragender Weise durchunsere ableitenden Reibesitzbäder. Bereits mit Eintritt desSchweisses tritt auffallende Linderung des Hustens ein, wirdaber die Verdauung besser, so schwindet er ganz, ohne aneine bestimmte Zeitdauer gebunden zu sein. Es ist möglich,dass er bei dieser Behandlung nach wenigen Wochen, ja oftnach einigen Tagen auf Nimmerwiedersehen verschwindet,und es ist ein Irrtum, dass er zwei bis drei Monate anhaltenmüsse.Ich habe Ihnen nun gezeigt, wie der Keuchhusten ebenfallsauf dieselbe Weise zustandekam, wie die anderenKrankheiten, dadurch dass die im Körper vorhandenen Krankheitsstoffein Gärung gerieten und durch dieselbe Fiebererzeugt wurde. Aus allen diesen Vorführungen werden Siedie '(Überzeugung gewonnen haben, dass alle akuten Fieberkrankheitennur ein Heilbestreben des Körpers sind, umdie nicht in ihn gehörigen Fremdstoffe hinauszuschaffen.Wir sollten also jede solche akute Fieberkrankheit (Heilkrisis)nur mit Freuden begrüssen, denn wir haben gesehen, wiesie bei richtiger Behandlung von grösstem Nutzen für denKörper werden kann, weil derselbe dabei gründlich von aUenFremdstoffen gereinigt werden kann. Sie werden mich nochbesser verstehen, wenn ich Ihnen auch dazu noch ein Gleichnisgebe.


Wesen, Entstehung, Zweck u. Heilung der Kinderkrankheiten. 55Das Fieber im Körper ist zu vergleichen mit einemGewittersturm. So wie einem akuten Fieber erst einige ZeitFrostgefühl und Unbehagen vorhergeht, so wird das Gewitterdurch eine Schwere und Schwüle der Luft, die jeder auchunbewusst bemerkt, vorausgespürt. Wir sagen dann, dieLuft ist belastet, sie drückt und beschwert uns, und wirhaben die Empfindung, dass eine Erlösung durch ein Gewitterkommen muss, weil dasselbe sozusagen in der Luftliegt. <strong>Die</strong> Hitze und Schwüle steigert sich bis zum äusserstenund erreicht dann jene Höhe, die den Gewittern unmittelbarvorangeht. Wir fühlen die bevorstehende Gefahr desGewittersturmes, dieselbe kommt indessen erst mit dem Sturmund währt so lange, bis derselbe vorüber ist. Sobald derSturm vorbei, tritt Erfrischung und Abkühlung, mit einemWort gesagt, Neubelebung der ganzen Natur ein. Das Gewitterist ein Gärungsprozess der Fremdstoffe in der Lufbdurch welchen dieselbe bestrebt ist, den unsichtbar in ihrschwebenden Wasserdampf, welcher in diesem Falle derFremdstoff ist, aus ihrer Verbindung fortzuschaffen; es istalso ein Reinigungsprozess der Luft. Durch diese Gärungwird die Form des Wasserdampfes auch verändert. Währender vorhin unsichtbar war, verdichtet er sich durch denTemperaturwechsel zu Gewölk und kommt dann als Regenoder Hagel herunter.Ähnlich ist es mit dem Fieber im Körper; sobald dasselbelosbricht, ist der Körper in Gefahr, die erst mit seinemWeichen schwindet, um einer erfrischenden NeubelebungPlatz zu machen.Sie sehen, wie in beiden Fällen die Gefahr erst durchden Gewittersturm und das Fieber entstand, welche dannaber in ihrem Gefolge die Neubelebung und Gesundungherbeiführten. Neubelebung und Gesundung waren alsobeide nur durch diese Gefahr zu erreichen, die Grundursachederselben waren dagegen im ersteren Falle eine Belastungund Schwere der Luft, im anderen die Belastung desKörpers" mit Krankheits- oder Fremdstoffen. Es wird sich


56 Erster Teil.Ihnen aus diesem Beispiele auch deutlich die Einheitlichkeitder Naturgesetze bei allen Naturerscheinungen mit logischerNotwendigkeit aufdrängen.Aus meiner Praxis folgende Heilung:Mitte Juli 1889 erkrankte der vierjährige Sohn der EheleuteB. hierselbst an Keuchhusten. Anfang August erreichtedie Krankheit ihren Höhepunkt. Da wird auch das zweijährigeTöchterchen von dem Leiden befallen. Zehn Tage steigt dieKrankheit, während welcher Zeit das Kind gar keine Nahrungzu sich nimmt. Nun wenden sich die Eltern, welchebisher nach ihrem besten Ermesssen die Naturheilkunde angewendet,an mich. Ich übernahm die Behandlung. Das kleineMädchen hatte entsetzlich an Kräften verloren, so dass esnicht mehr gehen konnte. loh verordnete täglich vier ableitendeReibesitzbäder und danach Schwitzen im Bette oderdurch ein Sonnenbad, daneben einfache naturgemässe Diät. <strong>Die</strong>herrliche Witterung gestattete tägliche Sonnenbäder, welche imVerein mit den Reibesitzbädern wahre Wunder wirkten. Schonnach wenigen Wochen der energisch verfolgten Kur warenbeide Kinder ausser Gefahr, und nach zwei Monaten hattensie sich völlig erholt. Eigentümlich war bei der Ernährung,dass das kleine Mädchen den ungesalzenen, ungesüssten undnicht gefetteten Haferschleim, der ihr am dienlichsten gewesenwäre, durchaus zurückwies und nur die gewohnte ungekochteMilch und Schokolade annahm. Man ersieht daraus,wie wichtig es ist, die Kinder von früh auf an das Allereinfachstezu gewöhnen. Ebenso war es nicht möglich, sieim Bette bei der Mutter zu halten, wiewohl sie dadurch amschnellsten zum Schwitzen gekommen wäre. An ihr kleinesselbständiges Bettchen gewöhnt, verlangte sie mit solcherEnergie danach, dass man ihr nachgeben musste. Und dochist die Wärme des menschlichen Körpers das beste SchweissundBeruhigungsmittel. Man darf wegen der üblen Folgender Ausdünstungen keine Sorge hegen. <strong>Die</strong> Tiere sind unsdas beste Vorbild, welche einfach mit ihrem eigenen Leibedie schwächlichen und kränklichen Jungen wärmen und eben


Wesen, Entstehung, Zweck u. Heilung der Kinderkrankheiten. 57dadurch kräftigen. Man gewöhne deshalb in gesunden Tagendie Kinder daran, ihren liebsten Platz am Herzen der Mutterzu suchen, dann werden sie bei Krankheiten sich nicht dagegensträuben. Natürlich sind hier die Worte „gesund" und„krank" in dem allgemeinen Sinne gebraucht. Denn wirwissen ja, dass ein wirklich gesundes Kind bei vernünftigerBehandlung überhaupt nicht krank werden kann.Skrofelkrankheit. <strong>Die</strong> Skrofelkrankheit oder Skrofulöseist nicht hitziger Art und wird daher auch gewöhnlich nichtzu den Fieberkrankheiten gezählt, obwohl sie in Wirklichkeitdoch dazu gehört. Sie ist mindestens ebenso schlimm wiedie vorgenannten, ich möchte sagen noch schlimmer. Siegehört zu jenen verborgenen, chronischen Krankheiten, diemeist auf eine erbliche Belastung zurückzuführen sind. <strong>Die</strong>Lebenskraft des Körpers reicht nicht aus, um eine hitzigeFieberkrankheit herbeizuführen, und ganz besonders sind,wie ich Ihnen in meinem zweiten Vortrage bereits sagte, diegemässigten und kälteren Gegenden der Erde der Sitz dieserKrankheit. <strong>Die</strong> äusseren Erscheinungen sind etwa folgende:starker Kopf, viereckiges Gesicht, entzündete Augen, aufgetriebeneroder fester Leib, schwache Beine, verunstalteteHände und Füsse, geistige Trägheit. Von diesen Merkmalentreffen wir aber gewöhnlich nur eins oder mehrere an, ganzselten alle auf einmal. Dazu gesellen sich kalte Hände undFüsse und allgemeines Frostgefühl. Gerade dieser Zustanddes Kältegefühls ist es, der die Krankheit zu einer schlimmenmacht. Denn derselbe besagt, dass die äusseren Teile desKörpers durch ihre starke Belastung mit Fremdstoffen einengrossen Teil ihrer Lebens- und Funktionskraft verloren habenund dass im Innern eine um so verzehrendere Hitze »herrscht.Es ist das so zu denken, dass durch die Fremdstoffeder äussere Körper und besonders die feinsten Enden derBlutgefässe, gleich wie mit Schlamm verstopfte Drainröhren,verstopft sind, so dass das Blut nicht mehr bis an die äusserstenTeile der Haut zirkulieren kann, wodurch dann ebenjenes Kältegefühl hervorgerufen wird.


58 Erster Teil.Da die Krankheit nicht hitziger Natur ist, so verursachtsie keine Schmerzen, und man erkennt es nur an der ganzenBeschaffenheit des Körpers, dass er krank ist. Niemandwusste bisher so recht zu sagen, woher die Krankheit stammeund worin sie bestehe und noch weniger, wie sie zu heilensei. Gewöhnlich erwartet man Hilfe von Luftveränderungund schickt dann die Kranken, wenn die nötigen Mittel zuGebote stehen, in ein anderes Klima oder doch in einenBadeort. <strong>Die</strong> Erfolge waren aber nie gründliche, wenn auchgünstige Veränderungen mitunter eintraten.Nach unserer Erfahrung ist ein an Skrofeln erkranktesKind durch und durch mit Fremdstoffen durchsetzt, die eszum grossen Teil schon von den Eltern ererbt hat. Siedrängen namentlich nach den Endorganen und bei starkemDruck verschwindet die Rundung des Kopfes allmählich,so dass er eine auffallend viereckige Gestalt annimmt.Vergegenwärtigen Sie sich hierbei noch einmal das vonmir im Anfang dieses Vortrages «rwähnte Bild von derFlasche mit gärender Flüssigkeit, auf deren Hals wir einenGummikopf gestreift haben. So wie dieser durch die gärendenMassen gespannt und dann ausgedehnt wird, so wirdauch der Körper bei Skrofulösen ausgedehnt. Durch die Gesichtsausdruckskundesind wir jedoch in den Stand versetzt,auch die geringsten Anfänge dieser Krankheit zu erkennen.Notwendig ist freilich, dass man weiss, wie ein normalerKörper beschaffen ist. Darüber mich eingehender auszulassen,behalte ich mir für meine Kurse in der Gesichtsausdruckskundevor, weil eine gründliche Darlegung nur an der Handguter Modelle möglich ist.<strong>Die</strong>,Verdrehung der Hände und Füsse hat ganz dieselbenUrsachen. <strong>Die</strong> Haut ist ziemlich unthätig und kanndie Menge der Stoffe, welche unter ihr lagert, nicht entfernen.<strong>Die</strong>se erschweren dabei, wie erwähnt, die Blutzufuhr,weshalb die Haut sich in vielen Fällen kalt anfühlt.In den inneren Organen ist die Wärme daher um sobedeutender und ruft eine innere Unruhe hervor, die wir


Wesen, Entstehung, Zweck u. Heilung der Kinderkrankheiten. 59bei skrofulösen Kranken immer in gewissem Grade antreffen.Es ist dieses eben ein latenter (chronischer) Fieberzustand,der oft Jahre und Jahre lang fortbesteht, wenn er nichtgeheilt wird. Bleibt er ungeheilt, so entwickeln sich ausdiesem Krankheitsstadium allmählich <strong>neue</strong>, andere Krankheitsstadien,welche noch weit gefahrlicher und schwerer heilbarsind wie die Skrofulöse. Meist entstehen Lungenleidenaus ungeheilter oder unberücksichtigter Skrofulöse, so dassdieselbe gewissermassen nur das Vor- oder Anfangsstadiumzu schweren inneren Leiden ist.Wo sollen wir nun mit der Heilung beginnen? UnsereAufgabe muss es sein, den Frostzustand in einenhitzigen, den chronischen Zustand in einen akutenumzuwandeln, das innere Fieber nach aussen zuversetzen. Da wir es aber ebenfalls mit Fieber zu thunhaben, so ist unsere Behandlung folgerichtig auch dieselbewie bei den anderen Fieberkrankheiten, wir müssen dieAusgangspforten öffnen, um allmählich die Masse der Gä-.rungsstoffe zu entfernen. Wir wirken also in der bekanntenWeise auf Darm, Nieren und Haut. <strong>Die</strong> letztere wird allmählichwarm, vielleicht heiss, doch letzteres nur so lange,bis Schweiss eintritt, dann stellt sich sofort normalereHautthätigkeit ein. Anfangs wird die Kur nur zeitweiligebessere Verhältnisse herbeiführen, und nur Beharrlichkeitund Energie führt zu dauerndem Erfolg. Wie lange eswährt, ehe völlige Heilung eintritt, ist schwer zu sagen, mitTagen und Wochen ist es nicht gethan, es nimmt Monate,vielleicht Jahre in Anspruch und gelingt zuweilen gar nicht,wenn der Körper nicht mehr genug Lebenskraft hat.Schon in meinem zweiten Vortrage hatte ich Ihnen gezeigt,wie das Frostgefühl bei Kranken dieselbe Ursache hat,wie die zu grosse Hitze, nämlich das Fieber, und Sie habendasselbe jetzt noch einmal bei den Skrofelkrankheiten gesehen.So sind zwei an sich den äusseren Anzeichen nach völligverschiedene Krankheitszustände beide aus einer Quelle hervorgegangenund nur deshalb so verschieden, weil sie in


60 Erster Teil.verschiedenen Stadien oder Entwickelungsmomenten Ihnenentgegentreten. Gerade so wie man unter der Raupe undPuppe nicht dasselbe Tier vermutet, welches wir später alsSchmetterling fliegen sehen, und wovon doch das erste undzweite nur die Vorstadien des dritten sind, verhält es sichauch hier mit den verschiedenen Krankheiten. Sie würdenjeden auslachen, der behaupten wollte, die Raupe ist ein Tierfür sich, unabhängig vom Schmetterling und umgekehrt, aberdass dieser Glaube über die Krankheiten bis jetzt bestehtund es niemand eingefallen ist, auch hier die Wahrheit derEinheit zu erkennen, ist zu bedauern.Zur Heilung der Skrofulöse ein Beispiel:Ein fünfjähriger Knabe war vom zweiten Lebensjahrean so skrofulös, dass er bis zu seinem fünften Jahre nochnicht laufen konnte. Elendiglich lag er wie ein dicker Klotzin seinem Kinderwagen. Sein Vater hatte ihn von den bedeutendstenÄrzten behandeln lassen, jedoch ohne jeden Er-.folg. <strong>Die</strong> angewendeten Medikamente hatten sogar eine sehrwesentliche Verschlechterung seines Zustandes herbeigeführt,so dass der behandelnde Professor erklärte, das Kind werdeüberhaupt niemals gehen lernen. Medikamente, Gipsverbände,Bäder, Elektrizität, alles war angewendet worden, aber allesohne jeden Erfolg, weil den behandelnden Heilkünstlern dasWesen der Skrofulöse völlig fremd war. So kam das Kindam Ende des fünften Jahres in meine Behandlung. <strong>Die</strong> Verdauung,welche bei der früheren Behandlung niemals genügendberücksichtigt worden war, lag vollständig danieder.Der Leib war aufgetrieben, hart und knotig. Bereits in achtTagen änderte sich während meifler Kur die Verdauung ganzbedeutend, so dass Aussicht auf völlige Heilung eintrat. DerStoffwechsel ging von Woche zu Woche immer reger vorsich, so dass bereits in sechs Wochen der Kranke fähigwurde, sich selbständig auf den Füssen zu halten. SeinLeib hatte bedeutend an Umfang und Härte abgenommen,auch hatten sich viele von den im Leibe befindlichen undäusserlich fühlbaren Knoten aufgelöst und waren verschwun-


Wesen, Entstehung, Zweck u. Heilung der Kinderkrankheiten. 61den. Naelf einem halben Jahre war auch der viel zu starkeKopf des Kindes wesentlich kleiner und normaler gewordenund der Knabe als geheilt zu betrachten, denn er konntelaufen und springen wie jeder andere und war munter undguter Dinge.Soll ich nun noch die vielen anderen Krankheiten allenennen? Es genügt wohl, noch einige Namen anzuführen:Ziegenpeter, Quaddeln, Krämpfe, Diarrhoe, Schwämmchen,Ansprang u. s. w. u. s. w. Alle sind auf gleichen Ursprungzurückzuführen, alle sind mit geringerem oder stärkeremFieber verbunden, und die Heilung ist daher auf dieselbeWeise herbeizuführen. Bei allen den genannten Krankheitserscheinungenbeobachteten wir stets zweierlei, entweder gesteigerteWärme (Hitze) oder vermehrtes Frostgefuhl (Kälte).Beide Erscheinungen sind, wie wir erfahren haben, Fieber,weshalb auch beide durch dieselbe Behandlung gehoben werden,was ich in tausenden von Fällen erprobt habe; dennalle Krankheitsformen sind auf die verschiedene Belastungdes Körpers mit Krankheitsstoffen zurückzuführen, mit anderenWorten: Es giebt nur eine Krankheit, die sich in denverschiedensten Formen äussert, weshalb auch nur eine Artder Behandlung möglich ist. Alle diese verschiedenen Formender Krankheitserscheinungen sind, wie wir gesehen haben, nurHeilbestrebungen des Körpers, weshalb es darauf ankommt,dieselben nicht, wie die Schulmedizin es macht, zu unterdrückenund latent zu machen, sondern zu unterstützen*||Lndemwir dem Körper helfen, diese Heilkrisen rasch unW fürihn ungefährlich zu vollziehen, denn nur so kann der Körperwirklich gesunden. Unterdrückte oder latent gemachte Krankheitenführen aber sicher allmählich zu immer schwererenund unheilbareren Krankheiten, denn der Krankheitsstoff ruhtnicht etwa unthätig im Körper, sondern ist beständigen Veränderungenund Umwandlungen, wie alles in der Natur, unterworfen,wodurch dann immer <strong>neue</strong> Krankheiten entstehen.Noch ein kurzes Wort über die in allen Krankheitsfällengebotene Diät. <strong>Die</strong>se muss derartig eingerichtet sein, dass


62 Erster Teü.nicht <strong>neue</strong> Fremdstoffe dem Körper zugeführt Werden, unddass die Gärung nicht noch heftiger angeregt wird. Da derKörper im Innern schon mächtig arbeitet, so ist ihm möglichstwenig <strong>neue</strong> Arbeit durch die Verdauung aufzubürden.Es bleibt also oberster Grundsatz: Man gebe dem Krankenwenig Nahrung und zwinge ihn nie zum Essen undTrinken, solange er nicht nach Speise und Trankverlangt. Genaueres über die Diät im Abschnitt „Wassollen wir essen, was sollen wir trinken?"An dieser Stelle möchte ich nun noch einiges über dieAnsteckungsgefahr bei Krankheiten durch Kranke hinzufügen.Keine akute Krankheit (Fieber) ist überhaupt denkbar,wenn ihr nicht ein chronischer (latenter) Krankheits(Fieber)-zustand, bestehend in Belastung des Körpers mit Fremdstoffen,vorausgegangen isj^ Daher ist dieser chronische Zustand auchgerade der gefährlichste. Eine Übertragung dieses Krankheitszustandesfindet freilich nur von Eltern auf die Kinder statt,diese aber in jedem Falle, wo die Eltern belastet sind, undist deswegen, wenn auch eine latente, so doch sichere Weiterfortpflanzungaller Krankheitsstoffe. — Wenn man sieht, wieKinder die äusseren Formen, die Farbe der Augen, ja auchdie geistigen Eigenschaften der Eltern erben, so wird man esschon begreiflich finden,dass auch die Fremdstoffe übertragenwerden, besonders die der Mutter. Der direkte Beweis liegtaber noch darin, dass erfahrungsmässig bei den Kindern sichdkselben Krankheitsformen entwickeln wie bei den Eltern."UP<strong>Die</strong> Ansteckung im landläufigen Sinne war bis jetzt nurbei akuten Krankheiten denkbar, und doch ist, wie ich gezeigthabe, die Übertragung der Fremdstoffe im latentenZustande von den Eltern auf die Kinder ganz dasselbe.Wie jeder weiss, ist der Schmetterling nur das letzte Stadiumeines Tieres, und nur denkbar, wenn Raupe und Puppeihm vorausgegangen, so ist auch eine akute Krankheit nur dadenkbar, wo ein chronischer latenter Krankheitszustand (Belastungmit Fremdstoffen) vorausgegangen ist, und die Übertragungder Krankheit, d. h. der Krankheitsstoffe, im latenten


Wesen, Entstehung, Zweck u. Heilung der Kinderkrankheiten. 63und akuten#Zustand ist dasselbe, nur ist sie, wie Raupe undSchmetterling, verschieden. Eine akute Krankheit (Pocken,Scharlach, Diphtherie, Cholera, Masern, Syphilis u. s. w.) ist,wie ich sagte, nichts als ein Gärungszustand im Körper,welcher dadurch bestrebt ist, sich seiner Fremdstoffe zu entledigen.<strong>Die</strong>se Gärung der Fremdstoffe ist je nach ihrer Arteine verschiedene und daher mit verschiedenen Temperaturenverbunden. <strong>Die</strong> Fremdstoffe selbst werden in ihrer Formdurch diese Gärung verändert und erscheinen dabei als diegefürchteten Bazillen, Bakterien, Mikroben und andere Mikroorganismen,welche das Produkt der Gärung sind.Während der akuten Krankheit gären aus dem Körperfortwährend gärende Fremdstoffe heraus. Besonders ist diesder Fall, wenn der Patient genest, d. h. wenn er durch dieAusscheidung seine Krankheitsstoffe herausbefördert. Daherkommt es, dass gerade bei Rekonvaleszenten die Ansteckungsgefahram grössten ist. Wie die Ansteckung aber selbervor sich geht, will ich an einem bekannten Vorgang deutlichzu machen suchen.Jeder weiss, dass wenn man einen leicht gärendenStoff, z. B. Hefe oder Sauerteig in Gärung versetzt und indiesem Zustande einem anderen leicht gärenden Stoffe Brotteig,Milch u. a. m. zusetzt, diese bei genügender Wärmeebenfalls leicht in Gärung geraten. Es erzeugt hier also dieHefe, die selber erst ein Gärungsprodukt ist, auf Brotteigoder Milch übertragen, wiederum einen Gärungszustand.sagen, das Brot geht, oder die Milch wird dick und sÄhnlich verhält es sich bei den akuten Krankheiten. Hiersind es die gärenden Fremdstoffe, welche durch den Atemund die Ausdünstung des Kranken in die Atmosphäreübergehen oder aus dem Stuhlgang emporsteigen. Kommensie auf diesem Wege in den Körper eines anderen mitFremdstoffen belasteten Individuums und werden hier zurückgehalten,also nicht gleich wieder ausgeschieden, sowirken sie auf die hier befindlichen Fremdstoffe genau sowie die Hefe im Brotteig oder der Sauerteig in der Milch,


64 Erster Teil.nämlich gärungerzeugend, und so entsteht in*dem <strong>neue</strong>nKörper dieselbe Krankheit wie in dem ersten und zwarmeistens dieselbe, weil der Gärungs(Fieber)zustand bei jederKrankheit ein spezifischer ist, was nach mikroskopischenUntersuchungen durch die Verschiedenheit der Bazillen begründetist. <strong>Die</strong>ser ganze Ansteckungsprozess ist eigentlich*nichts weiter als eine Einimpfung des gärenden Krankheitsstoffesin einen anderen Körper auf den natürlichen Wegenund in natürlicher Verdünnung. Gärungerzeugend kann derselbefreilich nur da wirken, wo er in einem anderen Körpergenügende Fremdstoffe latent ruhend vorfindet. Der Ansteckungsgefahrdurch eine akute Krankheit ist daher^ nurderjenige ausgesetzt, welcher bereits genügend dazumit Fremdstoffen belastet ist, oder wie man sonst sägt,welcher die Disposition dazu in sich trägt, nur dass man bisjetzt nicht wusste, worin diese Disposition bestand. DerUnterschied in der Wirkung zwischen dieser natürlichen Einimpfungdes Krankheitsstoffes und der unnatürlichen Einimpfungdesselben durch die Impflanzette besteht nun in derVerschiedenheit des Impfstoffes und dessen Verdünnung. Inder Verdünnung sind, wie uns jiie Homöopathie lehrt, alleStoffe am wirksamsten, weshalb denn der gärende Krankheitsstoffin seiner natürlichen Verdünnung so eminent wirksamist, wo er den geeigneten Boden findet. Das Impfgift inallopathischer Dosis wirkt, wie alle allopathischen Mittel,lernend auf die Lebenskraft des Körpers, d. h. sie benimmtdemselben diejenige Kraft, welche er benötigt, um sich durcheine akute Krankheit (Heilkrisis, Fieber) seiner Fremdstoffezu entledigen, vermehrt nur noch die Menge derselbenund schafft so einen noch weit schlimmeren chronischenKrankheitszustand, was die stete Zunahme aller chronischenKrankheiten seit Ausübung der Impfung deutlich bewiesenhat. Aber auch alle anderen Fiebermittel, wie Chinin, Antipyrin,Antifibrin, Morphium u. s. w. haben dieselbe Wirkung.Sie legen alle die Heilbestrebungen des Körpers lahmund bringen es nur dahin, dass die Gärung der Fremdstoffe


,,, [« Wesen, Entstehung, Zweck u. Heilung der Kinderkrankheiten. 65nachlässt oder gar aufhört, nie aber, dass es zur Ausscheidungder Fremdstoffe kommt. Daher kommen dann jene frühernur seltenen Krankheiten wie Krebs, hochgradige Nervosität,Irrsinn (Paralyse), Syphilis, Schwindsucht, Skrofulöse u. s. w.Der Körper wird immer stärker und stärker mit Fremdstoffen«belastet, ohne mehr die Kraft zu finden, •>dieselben durchirgend eine akute Heilkrisis auszuscheiden. <strong>Die</strong> Belastungerreicht ihren höchsten Grad in obigen Krankheiten, undvöllige Hilfe ist dann überhaupt meist nicht mehr möglich,weil die Fremdstoffe schon mehr oder weniger Organe desKörpers selbst zerstört haben und diese nicht wie bei denAmphibien wieder wachsen. Auf diese Weise sind geradeS^emgen Medikamente, Chinin, Antifibr^Antipyrm ü. s. w.,welche die Eigenschaft besitzen, das Fieber am schnellstenzu unterdrücken, die bei den Medizinern beliebtesten Fiebermittelgeworden. Nun, nach unserer Überzeugung sind siegeradezu die allergefährlichsten Schädigungsmittel der Gesundheit.Aber noch eine andere Beobachtung knüpft sich daran.Wir haben es aUe erfahren, wie die medizinische Wissenschafttäglich nach <strong>neue</strong>n Arzneimitteln herumsucht undsolche anwendet, weil die alten nicht mehr genügend wirken.*)<strong>Die</strong> Begründung ist folgende: Im Anfange lähmt jedes <strong>neue</strong>Medikament die Lebenskraft, mit der Zeit aber wird derKörper dagegen so abgestumpft, dass er nicht mehr daraufreagiert, dann gehört schon wieder ein <strong>neue</strong>s schärferes,Mittel dazu, um die Lebenskraft noch weiter zu lähmen, bisschliesslich der Gärungsprozess der Fremdstoffe durch nichtsmehr aufzuhalten ist und dann das Leben vernichtet. EinBeispiel wird dies noch klarer machen.Jeder, der anfängt Zigarren zu rauchen, muss erst mitseinem Magen so lange kämpfen, bis derselbe gefühllos gegendas Nikotingift geworden,' ist. Im Anfange besass der Magennoch Lebenskraft genug, um erfolgreich sich gegen das Gift*) Man denke nur an die blinde Begeisterung für die KochschenImpfungen, bevor nur ein Kranker auch nur scheinbar genesen war;wahrlich, ein solches Schauspiel hat die Welt noch nie gesehen!Louis Kühne, <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong>. 5


66 Erster Teil.zu wehren, sehr bald aber wurde diese Kraft-lahm gelegtund völlige Abstumpfung dagegen ist die Folge. Jetzt gehörtschon ein stärkeres Gift dazu, wenn der Magen sichin ähnlicher Weise dagegen auflehnen soll.Meist freilich hören wir zu unserer Verwunderung diejenigen,welche ^anfangen zu rauchen und das nicht gleiclPvertragen können, sagen, ihr Magen sei noch zu schwach,er müsse sich erst daran gewohnen, noch vertrage er dasRauchen nicht. Gerade das Gegenteil ist der Fall; solangeder Magen sich gegen das Rauchen auflehnt, beweist er damit,dass er« noch Lebenskraft genug hatte, also noch starkgenug war, sich geraaltsam von dem Gifte zu befreien. l!jimmter es erst stillschweigend hin, ist es auch aus mit fernerfrüheren natürlichen Lebenskraft, er ist schwächer geworden.Der Körper bedarf nun bei dieser erhöhten latentenBelastung (Krankheit) weit grösserer äusserer Einflüsse, umzu einer Ausscheidung der Fremdstoffe den genügenden Anlasszu finden, weil seine Lebenskraft geschwächt ist. Worinaber diese Veranlassungen bestehen, habe ich bereits gesagt.Meist ist es ein Witterungswechsel, welcher den Anlassgiebt, weshalb wir denn grosse Epidemieen stets nachsehr kalten Wintern beobachtet haben.Doch will ich dazu noch einige Beispiele anführen. Mannehme eine Flasche mit Bier * und bringe dieselbe in einendunklen kalten Keller, hier wird eine Gärung- nicht soleicht von statten gehen. Sobald wir aber die Flasche ansSonnenlicht in eine wärmere Temperatur bringen, entstehtsofort die Gärung, trotzdem die Flasche wohlverschlossen war.Da waren es keine Bazillen oder Mikroben, welche dieseGärung hervorriefen, sondern nur Licht und Wärme. Dabeihat sich die äussere Erscheinung des Bieres geändert, erstklar, ist es jetzt völlig trübe geworden, und wenn jetzt Bazillendarin enthalten sind, so sind diese das Produkt derGärung.Dasselbe beobachten wir in der Luft. Heute haben wireinen herrlichen klaren Sommertag, morgen einen völlig


Wesen, Entstehung, Zweck u. Heilung der Kinderkrankheiten. 67trüben. Jeder weiss aber, dass der unsichtbar in der Luftschwebende Wasserdampf bei einem Temperaturwechsel (hierAbkühlung) sich zu Gewölk verdichtet und sehen wir auchhier, wie die spezifische Art der Abkühlung die verschiedenenFormen der Niederschläge (Thau, Nebel, Regen, HagelSchnee) entstehen lässt, und||doch fällt esÜniemand schwer,alle dieselben nur für Produkte des Wassers zu halten..In sümpfigen Tfopengegenden erfüllen die Gärungsstoffeder Sümpfe fortwährend die Atmosphäre, so dass ein kurzerAufenthalt für einen belasteten Menschen genügt, um indiesem eine Fieberkrankheit hervorzurufen, d. h«|peine Fremdstoffein Gärung zu bringen. Sie wirkgip| ähnlich auf dieFrimdstoffe des Körpers, wie die Hefe im Brotteig: Gärung(Fieber) erzeugend. Ähnlich, wenn auch nicht so stark,wirken alle unsere stehenden Gewässer. Man sehe sich nurden Unterschied zwischen den klaren Gebirgsseen, welchewegen ihres steinigen Untergrundes keine Gärung zulassenund anderen trüben Landseen an. Zeitweilig sind die letzterenauch massig klar, aber bei jedem!Witterungswechselfindet in ihrem Wasser eine-Gärung statt/%elche vom Grundeausgeht und das ganze Wasser trübt, so dass man oft genauwissen kann, welchen* Untergrund das Wasser hat. <strong>Die</strong>stehenden Gewässer mit schlammigem Untergrund werdenso wie Sümpfe durch, WittejÄgswechsel, in eine Art Gärungversetzt und wirken dann wieder gärungerzengend auf andereStoffe. Ganz deutlich trel|n die verschiedenen Zuständeim Sommer und Winter zu Tage. Im Winter sind selbstsumpfige stehende Gewässes ziemlich klar, weil die Kältejede Gärung beh^dert, während sie im Sommer bei Hitzeentsetzlich trübe und schlammig sind. Der Volksmund sagtdann, das Wasser blüht.Es fragt sich nur, was denn die Ursache einer Epidemieda ist, wo eine direkte Ansteckung unmöglich erscheint;sehen wir doch heute hier, morgen dort dieselbe Krankheitauftreten.Ohne das Vorhandensein von Fremdstoffen im Körper5*


68 Erster Teil.der Menschen ist eine Epidemie unter ihnen nicht denkbar.Wir haben, wenn wir genauer hinsehen, alle Jahre Epidemieen,wenn auch nicht stets in solchem Umfange, wiedie Influenza Anfang 1890. Aber wer wüsste nicht, dassalle Jahre zu gewissen Zeiten Masern, Scharlach, Diphtherie,Keuchhusten, Schnupfen, Influej&za epidemisch auftreten? Esliegt eben bei der allgemein ziemlich gleichmässigen Lebensweiseder Menschen auch stets eine gewisse Gleichmässigkeitin ihrer quantitativen und qualitativen Belastung mit Fremdstoffenvor. Wirkt nun ein und dasselbe auslösende Momentauf diese St»ffe, d. h. stellt sich durch die Witterung einegleiche äussere Anregung der Lebenskraft des Körpers ein,so wird derselbe auch durch ein gleichartiges Heilbestreben(Fieber) bemüht sein, sich/, von seinen Fremdstoffen zu reinigen.Wo nun eine ziemlich gleichmässige Belastung beieiner Reihe von Individuen vorliegt, wird dieselbe Veranlassungauch gleichzeitig bei vielen dieselbe Wirkung äussern,und so kommt es zur Epidemie. Dabei darf man jedochniemals vergessen, dass auch bei Epidemieen die einzelnenKrankheitsfälle /Sbmals völlig gleichmässig, sondern stetsetwas verschiedfn erscheinen untjt* Verlaufen. Wenn eineEpidemie, wie wir dies bei der Influenza gesehen, heute hier,morgen dort auftritt, liegt das y eben in der veranlassendenUrsache: der Witterung. Es)jst bei solchen Krankheitenähnlich wie hei Gewittern, Jlie auch mitunter „epidemisch",heute Biier, morgefi' dÄbt im Lande auftreten. Istdie Epideapfaber erst am Orte, so thut die direkte Ansteckungin der oben beschriebenen Weise das ihre, um einUmsichgreifen, wie bei der letzten Influer&a, zu ermöglichen.Man denke nur, wie z. B. auf einem jugendlichenKörper Ungeziefer, wie Läuse, sich einfinden. Sie kommennur, wenn die gegebenen Bedingungen vorhanden sind, aufscheinbar rätselhafte Weise. Vermehren sich aber, wennerst am Platze, direkt ausserordentlich schnell.Im allgemeinen sind grössere Epidemieen in letzter Zeitseltener gewesen, das hat aber allein, wie^vorher erwähnt,


Wesen, Entstehung, Zweck u. Heilung der Kinderkrankheiten. 69seinen Grund darin, dass man es verstanden hat, durch immer<strong>neue</strong> Medikamente von medizinischer Seite die Lebenskraftder Menschen wesentlich zu lähmen, so dass zu allen grösserenepidemisch auftretenden Heilkrisen der Körper nur dann dienötige Lebenskraft findet, wenn er eine ganz besonders starkeVeranlassung dazu erhält. Ein weit bedenklicherer, allgemeiner,chronischer «(latenter) Krankheitszustand ist aber dienotwendige Folge davon geworden, und wir zweifeln nicht,dass die Zeit kommen wird, wo man das allseitig begreifenwird, zumal da bei der geeigneten Gelegenheit Epidemieenkommen können und werden, die das Gesagte v^oll und ganzbewahrheiten werden. <strong>Die</strong> Influenza 1891/92 liefert dafürsgshon einen unwiderleglichen Beweis. j?*•• Ziehen wir nun das Fazit aus diesen Erörterungen, sofinden wir 1., dass bei der Übertragung der Krankheitenaus dem chronischen Zustande (also von $en Eltern aufdie .Kinder) allein die Fremdstoffe an dieslr Übertragungschuld waren. Wer also diesem Umstand vorbeugen will,muss vor allen Dingen sauf Beseitigung dieser Stoffe bedachtsein. <strong>Die</strong>se Übertraget Ist die schlimm^ Weiterfortpflanzungder Krankheiten^ weil sie in allen Fällen *"vor sich geht,während eine Ansteckung durch einen akuten Kranken nurda stattfindet, wo der an&re Körper die nötige Dispositionaufweist. ", £Erkennen lässt sich diejjpJtssere oder,geringere latenteBelastung des Körpers mnÄriäidstoffen durch^ie Gesichtsausdruckskunde,und zwar mit untrüglich|^e^p:aüigkeit.2. Bei der Ansteckung, in akuten Krankheiten gehendiese durch Übertragung der gärenden Fremdstoffe von demeinen auf den anderen über, meist durch die atmosphärischeLuft. Sie ist aber ohne* das Vorhandensein von Sremdsto^eif 1^(Disposition) im anderen Körper nicht denkbar, weil nurdurch die Gärung dieser Stoffe die Krankheit entsteht. ReineLuft ist daher erstes Bedingnis im Krankenzimmer. <strong>Die</strong>seaber auf andere Weise erreichen zu wollen, als durch öffnender Fenster ocjj|r giuch gute und zweckmässige Ventilations-


70 Erster Teil.feinrichtungen, ist unmöglich. Alle dazu angewendeten Parfümsund Desinfektionsmittel schaffen die Fremdstoffe nicht fort,sondern tragen nur noch zu einer grösseren Verschlechterungund Verunreinigung der. Luft bei. Dabei aber wirken sielähmend auf den Wächter unserer Gesundheit, „die Nase",und machen sie unempfindlich gegen jede noch so übelriechendeAusdünstung der Kranken; wirken also genau so,wie die vorher erwähnten Arzneimittel, nicht verbessernd,sondern noch verschlimmernd. Man mag die Gärungsstoffein der Luft durch Gifte zu vernichten suchen so viel manwill, es wird nie gelingen, und da schon ganz wenigegenügen, um im Körper die Gärung hervorzurufen, ist die Desinfectioneine vergebliche Mühe. Das einzig richtige Gegenmittelkann nur das sein, welches den Körper reinigt und dieFremdstoffe, die Disposition, entfernt. Sie kennen es schon,es ist das Rumpfreibebad, Reibesitzbad und Dampfbad.OBei Behandlung der Kranken habe ich oft genug dievielfach schauderhafte Ausdünstung derselben genügend einatmenmüssen. Beim nächsten Reibesitzbade kam dannöfters genau derselbe schauderhafte Gestank wieder ausmir heraus, nur etwas schwächer. Ein deutlicher Beweis,wie durch das Bad der Körper eine erhöhte Lebenskraftgewann, die ihn befähigte, das Krankengift wieder auszuscheiden.3. Schützt uns dies einlache Mittel auch vor dem Befallenwerden. von jeder Epidemie ,* weil dadurch die Fremdstoffe(Disposition) aus dem Körper ebenfalls entfernt werdenund ohne diese keine Krankheit, also auch keine epidemische,denkbar ist.Ich habe so gezeigt, wie Übertragung und Ansteckungvon KrankHfeiten in allen Fällen nur gemeinsam da möglichsind, wo Fremdstoffe im Körper vorhanden. Ohne diesekeine Krankheit und ohne Krankheit keine Ansteckung! JedeBelastung des Körpers mit Fremdstoffen ist aber nichts anderes,als eine innere Verunreinigung desselben. Wer daherweiss, seinen Körper sich innerlich und nicht nur äusserlich


Wesen, Entstehung, Zweck u. Heüung der Kinderkrankheiten. 71rein zu halten, der ist gesichert vor aller Ansteckung. NurReinlichkeit heilt. Unter der verschiedenen Form vermutetman freilich auch stets <strong>neue</strong> und verschiedene Ursachenund vergisst ganz, dass die Natur uns sehr oft unterden verschiedensten Formen doch nur ein und dasselbe Wesenvorführt, wie ich das an Raupe und Schmetterling, Regen,Schnee, Hagel, Thap, Nebel gezeigt habe.Vergegenwärtigen wir uns nach dem Gesagten jetzt dieVorkehrungen der Schulmedizin gegen die Ansteckung akuterKrankheiten, z.B. der Diphtherie, Pocken, Cholera, so beschleichtuns fast ein Gefühl von Mitleid, wenn wir sehen,wie ängstlich von allem Verkehr ganze Häuser abgesperrtwerden und überall Karbolgeruch und andere nutzlose Desinfektionsgerüchein den Wohnungen der Kranken verbreitetwerden, um den Ansteckungsstoff zu töten. Es empört unsgeradezu, wenn wir immer und immer wieder in den Zeitungenlesen, wie Schiffe Wochen und Monate lang einer nutzlosenQuarantäne ausgesetzt werden, um dadurch Ansteckung zuverhindern. Wer so lange in der praktischen Krankenbehandlungsteckt wie ich, der muss über die Ansteckungsgefahr,wenn er nicht blind ist, ein anderes Bild gewinnen. Ichhabe diphtherie-, Scharlach-, masern-j pockenkranke Kindermit ihren Geschwistern in einem Bette schlafen sehen, weildie Verhältnisse es nicht anders gestatteten, und doch bliebenletztere von jeder Ansteckung befreit, weil sie keine Disposition,d.h. keine Belastung in sich trugen, die zur Bntwickelungjener Krankheiten den geeigneten Nährboden hätte hergebenkönnen. Dagegen habe ich in anderen Familien alle,Kinder an Scharlach, Diphtherie und Pocken nacheinandererkranken sehen, trotzdem alle Desinfektionsvorschriften derSchulmedizin aufs genaueste befolgt waren. Ja, ich habe insolchen Fällen manchen Eltern vorhergesagt, dass, obgleichzunächst erst eins ihrer Kinder erkrankt war, die anderenvoraussichtlich ebenfalls erkranken würden, weil sie dazudisponierten, was sich durch meine Gesichtsausdruckskundegenau feststellen liess. In allen solchen Fällen hat sichy •*


72 Erster Teil.dann auch meine Prophezeihung bewahrheitet. Man siehtdaraus deutlich, wie nichts verkehrter ist, als die Sicherheitsmaassregelnder Schulmedizin vor ansteckenden Krankheiten.Wir dürfen nur in die Natur hineinsehen, um das noch deutlicherbewahrheitet zu finden. Wir sehen im Walde einenBaumstumpf von Würmern, Käfern und Pilzen zerfressenund verfaulen, während daneben der jung#Baum unbekümmertund unberührt von diesen ihm gefährlichen Feinden undunversehrt von jeder Krankheit stolz emporwächst. Trügeder junge Baum auch schon Krankheitskeime und schlechteSäfte in sich, so würde er sicher von Pilzen, Käfern undWürmern nicht verschont bleiben, so aber wächst er stolzempor, kein Wurm, kein Käfer nagt an ihm, keine Pilzekönnen auf ihm Wurzel fassen, weil für alle der geeigneteNährboden fehlt.Möge das über Ansteckungsgefahr Gesagte von denweitesten Schichten der Bevölkerung gewürdigt und begriffenwerden, um den Aberglauben und die Irrlehren der Schulmedizinendlich zu durchbrechen. Man wird dann bei Krankheitsepidemieennicht so leicht den Kopf verlieren, sondernruhig und besonnen handeln.


Bhenmatisnms und Gicht, Ischias, Schiefwerden,Verkrüppelungen* kalte Hände und Füsse, heisserKopf, deren Entstehung und Heilung.Vortrag von Louis Kühne.Geehrte Anwesende!Rheumatismus, auch Gliederreissen genannt, ist eine soweit verbreitete Krankheit, dass es gewiss interessiert, dieFortschritte kennen zu lernen, welche ich in der Behandlungdieser Krankheit gemacht habe. In früheren Zeitenwurden nur ältere Leute, und meist Männer, von Rheumatismusgeplagt, heutzutage verschont er kein Alter undkein Geschlecht, und besonders leiden auch schon viele Kinderdaran. Wir können mit gutem Gewissen behaupten, dass trotzder mannigfachsten Mittel, die man dagegen anwendet, dieVerbreitung des Leidens doch zugenommen hat. JederKörperteil kann davon betroffen werden. Wer hat nichtschon selbst einmal erlebt, wie qualvoll die Schmerzen inBeinen, Armen, Schultern, Kopf oder Zähnen auftretenkönnen. Der gefürchtetste unter allen ist aber wohl der Gelenkrheumatismus.Mit der Ursache dieser Krankheit macht man es sichsehr leicht. Erkältung und immer wieder Erkältung solldie Schuld tragen, und man muss sich eigentlich wundern,dass der Erfindungsgeist unseres Jahrhunderts nicht danachgestrebt hat, ein Wetter fertig zu bringen, welchesdie üble Eigenschaft nicht hat, dass jung und alt sichdabei erkältet. Mit der Erkältung hat es aber seine eigeneBewandtnis. Schicken wir z. B. bei kaltem, nassem Wetter


74 Erster Teil.ein Regiment Soldaten in- das Freie, die doch ausgesuchtund — nach gewöhnlicher Ansicht — von etwa gleichguter Gesundheit und annähernd gleichem Alter sind, sowird bei ihrer Rückkehr die Wirkung und das Resultat dochein verschiedenes sein. Einige werden über Husten undSchnupfen klagen, dieser oder jener vielleicht über Zahnreissenoder sonstige rheumatische Schmerzen, die meistenwerden sich des besten Wohlbefindens erfreuen oder vielleichtgar ein kleineres Leiden, z. B. Kopfweh, losgeworden ,sein. Alles dies soll nun das Wetter hervorrufen, und diedas behaupten, haben auch scheinbar recht; denn die Veränderungin dem Körper der Leute wurde ja, wie sie selbstfühlten, durch die Witterung hervorgebracht, nur haben siedie Ursache an falscher Stelle gesucht, und es hat wohl nochniemals einen grösseren Trugschluss und einen unheilvollerenIrrtum auf derWelt gegeben als den, dass dasselbeWetter gleichzeitigden einen krank und den anderen gesund machen könne.Durch eine Krankheitstheorie, die solche Widersprüchenicht lösen kann, ist aber auch der kranken Menschheitthatsächlich seit Jahrhunderten, wenig geholfen worden, wohlaber haben sich gerade die rheumatischen Erkrankungen bedeutendausgebreitet.Oft sehen wir den Rheumatismus nur eine Seite desKörpers treffen, oder auch nur ein Bein, einen Arm,eine Schulter, und ich glaube, diese Erscheinung dürfteschon beweisen, dass das Wetter nicht die eigentliche Schuldhat, weil es nicht gut denkbar ist, dass dann der Rheumatismusnur in das eine Bein oder in den einen Armgefahren sei, denn es waren ja beide Beine und beide Armedenselben Einflüssen ausgesetzt. Ebenso geschieht es oft,dass jemand mit dem rechten Arm einem zugigen Fenster amnächsten sitzt, und gerade am linken Arm Rheumatismus davonbekommt, der doch weiter entfernt und geschützter vor derZugluft war, als der rechte. Wollen wir also den Rheumatismusmit besserem Erfolge bekämpfen, müssen wir es mitdem Forschen nach der Ursache genauer nehmen.


Rheumatismus, Gicht, Schiefwerden, kalte Hände u. Füsse etc. 75Wir wollen einmal sehen, was diese Krankheit mit anderenLeiden gemein hat. Beobachten wir einen rheumatischKranken genau, so finden wir, dass derselbe ebenfalls fiebertund dass die schmerzhaften Teile eine Entzündung und An 5Schwellung zeigen, auch die Verdauung gestört ist. Wir findenferner, dass die Entzündung, namentlich bei Gelenkrheumatismus,immer an bestimmten Stellen auftritt. Mit den genanntenErscheinungen sind wir nun der Ursache schon etwasnäher gekommen, wir müssen uns zunächst streng an die dreiErscheinungen Fieber, Entzündung und Verdauungsstörunghalten und nachforschen, wie sie Zustandekommen. Ichsagte, bei Gelenkrheumatismus treten die Schmerzen immeran bestimmten Stellen auf. Es ist sonderbar^ noch nichtein einzigesmal ist es in meiner ausgedehnten Praxis vorgekommen,dass bei Gelenkrheumatismus der Hauptschmerzsich auf einer anderen'Stelle als vor dem Gelenke, vonden entferntesten Körperteilen gerechnet, gezeigt hätte* z. B.unterhalb des Knies, nicht oberhalb. Das kann kein Zufallsein, das muss einen Grund haben. Wir wollen sehen, wiees zugeht.AWer meinem letzten Vortrage gefolgt ist, wird sicherinnern, dass Krankheit nichts anderes ist, als das Vorhandenseinvon Fremdstoffen im Körper, welche durch ungenügendeVerdauung in demselben bleiben und sich zunächstim Unterleibe ablagern, dann aber durch weitereGärung durch den ganzen Körper bis in seine entferntestenTeile getragen werden. Jeder Witterungswechsel, jede Erregung,jeder Ärger^ jeder Stoss ist im stände, fremde Stoffe,wenn man solche in sich trägt, weiter zu bewegen und inGärung zu versetzen. Unser ganzes Leben ist ja nur einefortwährende Bewegung aller Stoffe. Sind nun hinreichendKrankheitsstoffe im Körper vorhanden, so ist derselbe biszu seinen äussersten Punkten vollgeladen. Nicht immerführt dies zu den heftigen Heilbestrebungen, d. h. akutenKrankheiten, die wir im letzten Vortrage kennen . lernten,bei Erwachsenen sogar selten. Ich erinnere Sie nur an die


76 Erster Teü.Thatsache, welche ich Ihnen in meinem zweiten VortragSeite 26 erwähnte, nämlich das gerade die Tropengegendenmehr der Sitz der akuten Fieberkrankheiten sind, währendin unserer kühleren Erdzone mehr die chronischen Leidenvorherrschen. <strong>Die</strong> Ursache liegt hier in dem grösseren^und*g*er!ngeren Temperaturwechsel. Ähnlich ist es bei jüngerenund älteren Personen. Erstere werden leichter von akutenFieberkrankheiten ergriffen als letztere, weil die Lebenskraftbei ihnen eine noch energischere ist als bei letzteren.Derselbe Temperaturwechsel, welcher bei ersteren schon ge-.nügte, um ein akutes Fieber heraufzubeschwören, reicht beiletzteren nicht mehr aus, um ihre Lebenskraft derartig anzufachen,dass es zu einem Heilbestreben des Körpers kommt.. Tritt nun durch raschen Temperaturwechsel Abkühlungein, so fangen die Stoffe an, sich nach ihrem Ausgangspunktezurückzubewegen. Wir wissen*, Hitze dehnt alle Körperaus, Kälte zieht sie zusammen. <strong>Die</strong>ses allgemeine Naturgesetzfindet auch am menschlichen Körper seine volle Bestätigung.Ganz deutlich beobachten wir an ihm vermehrteAusdehnung in der Fieberhitze, und umgekehrt können wirdie Zusammenziehung der Glieder bei Kälte an Schuhwerkund Handschuhen deutlich merken. <strong>Die</strong> Zusammenziehungder Gliedmaassen übt auf die in ihnen lagernden Fremdstoffeeinen Druck aus, der sie in Bewegung bringt und sie veranlasst,sich nach ihrem Ausgangspunkt, dem Unterleib, zurückzubewegen.An den Gelenken tritt nun eine Anstauungder Fremdstoffe ein, der Weg ist hier nicht frei,weil dieGelenke der Fortbewegung dieser Stoffe ein Hindernis entgegenstellen.<strong>Die</strong> Stoffe rufen durch ihr Drängen gegen dasHindernis eine Entzündung hervor und so entsteht derheftige Schmerz. Weil es ein Rückweg ist, den die Stoffe antreten,deshalb treten die Entzündung und die Schmerzenimmer vor den Gelenken auf, also unterhalb des Knies, desSchultergelenkes u. s. w.Kehren wir nochmals zu meinem Beispiel von den Soldatenzurück, so wird sich uns die Überzeugung aufdrängen,


Rheumatismus, Gicht, Schiefwerden, kalte Hände u. Fasse etc. 77dass die eigentliche Ursache der Erkrankung im Körperselber ruhen musste, die Witterung dagegen nur den Körperzu Heilbestrebungen veranlasste, d. h. seinen latenten, chronischenKrankheitszustand in einen akuten hitzigen verwandelte.<strong>Die</strong> Krankheitserscheinungen treten daher nur indenjenigen Körpern odtriauch nur Körperteilen auf, in wel-'chen genügende Fremdstoffe vorhanden sind.Will man einem rheumatisch Kranken zu Hilfe kommen,so ist es falsch, die kranken Stellen ausschliesslich lokal zu behandeln.Nur um die Schmerzen zu lindern, um die Stoffe dünnflüssig,die Wege für die Krankheitsstoffe transportfähiger zumachen, kann man ein lokales Dampfbad geben. <strong>Die</strong> Fremd- .stoffe müssen nach und nach sämtlich nach den natürlichenAusscheidungsorganen geschafft und dort ausgeschieden werden.Uns ist es also klar, auf» welche Weise der Gelenkrheumatismuszustandekommt. Gerade so verhält es sichmit jedem anderen Rheumatismus. Wo er auftritt, ob anSchultern^ Rücken, Seite, Hals oder Gelenk, immer entstehter durch Reibung; es muss ein Hindernis, ein Widerstandsein, den die kranken Stoffe (Fremdstoffe) finden.Da nun im Körper die gärenden Stoffe auf Hindernissestossen, weil nicht wie in der Flasche (s. Fig.) die Gärung


78 Erster Teil.ohne Widerstand vor sich gehen kann, sondern hier Organewie Nieren, Magen, Herz, Lungen und Gelenke hindernd imWege stehen, so tritt allenthalben Reibung ein. <strong>Die</strong>se verursachtbei starker Bewegung Schmerzen. Weil aber die* Fuemdstoffe an den Organen sich reiben, ablagern und festsetzen,so ist es erklärlich, wie die Organe sich verändernund krank werden müssen.Jeder Schmerz, jeder Rheumatismus (der spezielle Nameist Nebensache), jedes Stechen, jedes Brennen, jeder Druckentsteht nur durch Reibung; die Reibung ist aber nur durchBewegung entstanden.Das wäre das, was ich Ihnen ^zunächst über die Entstehungdes Rheumatismus sagen wollte.Ich will Ihnen nun zum Beweise der Richtigkeit einigevon den vielen Erkrankungen, wie ich sie ja so häufig inndeiner Praxis beobachtet habe, schildern und Ihnen auf dieseWeise die Art der Heilung darlegen.Anfangs dieses Jahres wurde ich zu einer Frau gerufen,die, wie mir der Mann sagte, stark an Rheumatismus litt,namentlich im rechten Beine, dann weiter oben im Gelenkim Rücken und am Halse. „Was beabsichtigen Sie nun vorzunehmen,Herr Kühne?" das war die Frage, welche mir vonihr gestellt wurde. <strong>Die</strong> bisherige mehrwöchentliche Behandlungwar ohne Erfolg gewesen. Ich bin ja an solche Examinalängst gewöhnt, und es war mir nicht schwer, ein solches zubestehen. Ich sagte und erklärte zunächst, auf welche Weisediese Schmerzen zu stände gekommen wären. „Es ist nachmeinen Erfahrungen unrichtig, wenn ich an den Beinen, amHalse, am Rücken und an den Schenkeln irgend eine Behandlungvornehmen wollte (Einwickeln mit Watte und dergl.).Alle die Schmerzen, über die Sie klagen, sind ein inneresFieber. Wir dürfen also nicht mit Wärme dagegen vorgehen,sondern wir müssen die Behandlung da vornehmen, wodie Krankheit herstammt und die innere zu grosse Wärmeableiten. <strong>Die</strong> Richtigkeit dieser Methode werden Sie baldsehen." — Da die Frau sich selbst nicht behelfen konnte,


Rheumatismus, Gicht, Schiefwerden, kalte Hände u. Füsse etc. 79wurde die Badewanne unmittelbar an das Bett gebracht. DreiLeute konnten mit Mühe und Not die Frau, die bei jederBewegung laut aufschrie, in die Wanne bringen. Eine Wärterinbeauftragte ich, der hilflosen Kranken das Reibesitzbad zuverabfolgen. Es dauerte, glaube ich, kaum 15 Minuten, so wurdedie Frau, welche anfanefl||mmer jammerte, ruhig. Ich sagte:„Nun, Sie sind ja recht ruhig geworden," worauf sie entgegnete:„<strong>Die</strong> Schmerzen haben nachgelassen." — Sie sehenalso, wie richtig die Behandlung war. <strong>Die</strong> Schmerzen imRücken, in den Schenkeln, im Halse waren so, wie ich eserklärte, zu stände gekommen und konnten nur auf angegebeneWeise gehoben werden, In einigen Tagen war die Frau imstände, sich selbst aus dem Bett zu bewegen und die Bäderzu nehmen, nach einigen Wochen konnte sie wieder ihreArbeit verrichten.Ein anderer Fall: Ein ältlicher Mann, welcher schonmonatelang vergeblich wegen seines Gelenkrheumatismus behandeltworden war, Hess mich kommen und fragte, ob ichihm helfen könnte. Ich erklärte ihm, nachdem ich ihn durchdie Gesichtsausdruckskunde untersucht hatte, dass ihm nochzu helfen sei. Es war das linke Bein, welches schmerzte.<strong>Die</strong> Behandlung wurde in ähnlicher Weise, wie die vorige, «,vorgenommen, und zwei Bäder genügten, dass der Mann zu Fusseweggehen konnte, während er hergefahren worden war. Warumwar es hier nun gerade das linke und nicht das rechte Bein?Das will ich Ihnen an folgenden Vorgängen erklären:In meinem Fiebervortrage habe ich Ihnen bereits dieeinseitige Ablagerung der Fremdstoffe an ähnlichen Vorgängenin einer Flasche erläutert, ich wiederhole Ihnen heute dieVorführung dieser Versuche. So viel ist Ihnen jetzt wohlohne weiteres klar, dass die einseitige Erkrankung von einereinseitigen* Aufspeicherung der Fremdstoffe herrühren muss.Nur werden Sie vielleicht noch fragen, worin diese ihre Ursachehat** Wir müssten doch wohl meinen, dass der Körperdie Stoffe möglichst verteilen würde, weil er ja dadurch mehrRaum für dieselben gewinnt. Nun, ganz einseilig sind auch


80 Erster Teil.die Ablagerungen in der Regel nicht, aber sie beginnen fastimmer auf einer Seite und bleiben auch so lange auf diesebeschränkt, bis eine gewisse Überfüllung eingetreten ist, wodurchdie Stoffe mehr oder weniger auch nach der anderengedrängt werdejn. <strong>Die</strong> eine Seite bleibt aber lange Zeit mehrbelastet. <strong>Die</strong> Ursache zu diese&j&inseitigen Ablagerung isteine rein mechanische, sie hat ihren Grund nur darin, dassdie Stoffe dem Gesetz der Schwere folgen. Einige einfacheVersuche werden es uns klar machen. Wir nehmen zu denselbenzwei Glasflaschen und füllen sie zunächst mit reinemWasser, verschliessen sie und lassen sie eine Nacht überruhig liegen. Betrachten wir sie am Morgen, so finden wirkeine (Veränderung, und wir sehen den Flaschen nicht an,wie sie gelegen haben. Schütten wir nun für die nächsteNacht "ein wenig Schlamm in das Wasser jeder Flasche undbringen diese die Nacht über in dieselbe Lage, so ändertsich das Bild am Morgen. Wir sehen den Flaschen, sobaldwir sie behutsam vornehmen, sofort an, in welcher Lage siesich die Nacht über befanden, denn auf derjenigen Seite, aufwelcher die Flaschen lagen, hat sich der Schlamm abgesetzt,und oberhalb desselben ist das Wasser ziemlich klar geblieben.Mischen wir für die dritte Nacht noch einen leicht gärendenStoff dem Schlamme hinzu, so wird am Morgen das Bildzunächst dasselbe sein, aber sobald wir die Flasche öffnen undins Warme bringen, so beginnt im Innern und zwar in derSchlammasse die Gärung. <strong>Die</strong> gärende Masse kommt auf derSeite oben heraus, auf welcher die Flasche gelegen hat (sieheFig. A und Fig. B). Es ist also keineswegs Zufall, auf welcherSeite die Massen aus der Flasche herausgären, vielmehrwerden sie stets auf derjenigen Seite hinaus- und herunterlaufen,auf welcher sie in der Flasche sich angesammelt undabgelagert haben. **<strong>Die</strong> Gärung würde übrigens in dem Schlamme auch ohnebesonderen Gärungsstoff einmal begonnen haben, nur hinge dieselbedann von den gesamten Witterungsverhältnissen ab, undwir würden vielleicht lange darauf warten müssen. Ein dem


Rheumatismus, Glicht, Schiefwerden, kalte Hände u. Füsse etc. 81Körper noch ähnlicheres Bild erhalten Sie, wenn Sie sich diegärenden Massen in einer fest verschlossenen Flasche mitdehnbaren Wandungen denken. <strong>Die</strong> gärenden Stoffe bedürfenRaum, und den verschaffen sie sich nun, da die Flascheverschlossen ist, durch Ausdehnung ihrer Wandungen. ^,<strong>Die</strong>se einfachen Vorgänge gewähren uns ein Bild vonden Vorgängen im Körper, die Stoffe lagern sich in diesemunten ab, und es richtet sich buchstäblich nach unsererLage, die wir während der Nacht einnehmen, auf welcher Seitewir liegen.Fig. B.Einem ganz gesunden Menschen kann man es nicht ansehen,auf welcher Seite er zu schlafen pflegt, ihm wird esauch gleich sein, auf welcher Seite er schläft, er wird aufder rechten so gut schlafen wie auf der linken; bei wemaber der. Körper sich mit Krankheitsstoff gefüllt hat, beidem sieht man es ohne weiteres, denn nach meiner <strong>neue</strong>nArt der Diagnose ist es ein Leichtes, die grössere oder geringereBelastung des Körpers auf der einen oder* anderenSeite des Körpers festzustellen. Wenn die Stoffe dagegenzu sehr überhand genommen haben, dann wir^ die Verbreitungeine gleichmässigere, dann ist aber der Zustand auchLouis Kühne, <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong>. 6


82 Erster Teil.ein derartiger, dass der Betreffende nicht mehr ruhig aufeiner Seite liegen kann, sondern sich in unruhigem Schlafehin- und herwirft.* 'Wenn nun eine Seite besonders belastet ist, so wird auchdiese Seite immer eher erkranken oder doch stärker betroffenwerden. Das wird es Ihnen auc(|ierklären, weshalb, wennjemand mit dem rechten Arm z. B. an einem zugigen Fenstergesessen hat, er manchmal gerade Rheumatismus im linkenArme davonträgt.<strong>Die</strong> einseitige Ablagerung geht nun im Menschen freilichnicht so rasch von statten, wie in einer Flasche, dazu gehörtein langer Zeitraum, doch können Kinder oft schon einseitigbelastet zur Welt kommen, was von der einseitigen Lage derMutter während des Schlafens zur Zeit der Schwangerschaftkommt, oder auch von der Lage des Kindes im Mutterleibeabhängig sein kann. *V Jetzt wird es Ihnen klar sein, weshalb |jei den Eingangserwähnten Soldaten dieser und jener nur auf einerSeite Zahnschmerzen u. s. w. bekam, desgleichen werden Sieaber auch ohne weiteres einsahen, weshalb mein Patient nurRheumatismus im linken Beine bekommen hatte, er hatteJahre lang immer auf der linken Seite geschlafen; daher dieeinseitige Belastung.Kurze Zeit nach dem vorigen Krankheitsfall wurde ichnach Magdeburg berufen, weil ein ganz außergewöhnlicherFall von Rheumatismus vorliegen sollte. Ich folgte diesemRufe und fand, dass es gar kein außergewöhnlicher Fallwar, nur traten die Erscheinungen recht heftig auf. KnieundFussgelenk waren stark angeschwollen und schmerztenungeheuer, der Mann konnte das Bein nicht bewegen. <strong>Die</strong>Gelenke unterhalb des Knies waren stark entzündet, abernebenbei war auch oberhalb des Knies eine Stelle sehr angeschwollen,so dass der Kranke das Bein nicht gerade machenkonnte. Er erzählte, er habe schon viel in seinem Lebendurchgemacht, die Krankheit habe ihn in jedem Jahre befallen,aber bei jeder Wiederholung sei sie schlimmer geworden.


Rheumatismus, Gicht,- Schiefwerden, kalte Hände u. Füsse etc. 8,3Der Mann war vim oben bis unten vollgestopft mit Krankheitsstoff.Neue Fremdstoffe drängten*nach dem Knie, unddie alten Stoffe wollten zurück. Es wäre hier bald Verhärtungeingetreten, und dann wäre die Gicht fertig gewesen.Das kam zum Teil mit daher, dass die Krankheit früherimmer örtlich mit Wärme ^behandelt worden war. Der Zustandhatte sich dadurch allerdings geändert, und es warscheinbar immer wieder gut geworden, in Wirklichkeit hattesich aber die Krankheit nur in eine chronische verwandelt;die Stoffe ruhten, um bei jeder <strong>neue</strong>n (|ärung wieder in erneuteBewegung zu geraten.<strong>Die</strong> kranken Stellen wurden nuü zunächst durch einDampfbad erweicht, die Reibesitzbäder in bedeutendemMaasse verlängert. A » **,Der beste Erfplg trat schon in einigen Tagen ein.In meine ^Sprechstunde kam eine Frau, welche* stark, ajiGicht in Händen und Füssen litt. Sie sagte, dass alle vorherangewendeten Mittel keinen Erfoig gehabt hätten. Ich suchteauch dieser Frau klar zu machen, dass ihr Leiden nur eineFolge ihrer ungenügenden Verdauung und Hilfe nur möglichsei, wenn ihre Verdauung eine bessere würde, wenn siebessere Ausleerungen erlangen und schwitzen könnte. Ichriet, täglich drei Reibesitzbäder zu nehmen und die entsprechendeDiät zu befolgen, um nicht <strong>neue</strong> Fremdstoffe inden Körper gelangen zu lassen. Nach einigen Wochen warendie Gelenke nicht mehr kalt wie früher, sondern hitzig; mankonnte in geringer Entfernung die Hitze deutlich fühlen.<strong>Die</strong> kalten Bäder haben also den Körper nicht etwa erkältet,sondern sogar Wärme erzeugt; sie sollen die Fremdstoffe,entfernen und damit die bessere Zirkulation (des Blutes) bewerkstelligen,so dass der normale Blutkreislauf eintreten,kann und damit normale Wärme. Nach kurzer Zeit verschwandauch die Hitze aus den Gelenken und natürlicheKörperwärme folgte, die Genesung war eingetreten.Noch ein Fall von Gicht.In einer Familie, wo ich schon seit Wochen Kinder mit6*


84 Erster Teil.gutem Erfolg behandelt hatte, wurde ich|in ein Stäbchengerufen, wo, wie man mir sagte, die Grossmutter weilte.Sie hätte den dringenden Wunsch ausgesprochen, auch mitmir ein /Wortchen zu reden. „Ich sehe die guten Erfolge s beimeinen Enkeln, können Sie mir denn nicht auch helfen? Ichhabe grosse Sehmerzen und mache meiner Umgebung sehrviel Mühe; seit drei Jahren, liege ich im Bette," so redetesie mich an. Ich sagte kurz: „Es ist schon möglich, wenndrei Bedingungen eintreten! <strong>Die</strong>se sind: bessere Ausleerungendurch Darm, Nieren und Hatfi Ihre Krankheit ist aus Mangeldieser Ausscheidungen entstanden." „Da können Sie rechthaben, Herr Kühne; ich schwitze nämlich schon seit vielenJahren nicht mehr und'bin eigentlich recht froh darüber;früher schwitzte ich . Mit den Ausleerungen ist es auchso: alle vier, fünf, auch sechs. Tage; sftust habe ich einegute Verdauung." §ehr oft hört man die Behauptung aussprechen,mein Magen und meine Verdauung sind vorzüglichnur "leide ich an Verstopfung. Ein traurjges Zeichen dafür,wie wenig das Verständnis für eine gute Verdauung vorhandenist. „Ja, es geht wohl hinein in den Körper, aber nicht regelmässighinaus. Was ^sollte aus diesen Stoffen, die in denKörper gebracht wurden, werden? — <strong>Die</strong> Gicht ist nichtsweiter, als die Folge der ungenügenden Verdauung." Dasschien der 70jährigen Dame «einzuleuchten, und sie bat mich,in den nächsten Tagen die Kur zu beginnen. Ich schicktemeine Badefrau und ordnete an, in welcher Weise die Bädervorgenommen werden sollten. <strong>Die</strong> Kranke musste täglichdrei Reibesitzbäder nehmen und darauf ins Bett gebrachtwerden, damit sie womöglich zum Schwitzen käme. DasSchwitzen trat überraschend schnell ein. Nach jedem Badeschwitzte sie so heftig, dass sie in jeder Nacht zweimal umgezogenwerden musste. Wenige Wochen gehörten dazu, umdie Frau dahin zu bringen, dass sie ohne Schmerzen aufstehenund in der Stube, herumgehen konnte.<strong>Die</strong>se Frau hatte Gicht. <strong>Die</strong> war in erster. Linie dadurchentstanden^ dass sie keine gute Verdauung hatte, und


Rheumatismus, Gicht, Schiefwerden, kalte 1 tläncle u. Füsse etc. 85eine der ersten Folgen^ieser ungenü^pden Verdauung warRheumatismus gewesen.. „So lange, wierich mein Geschäftbesass, hatte ich immer viel Arbeit, da habe ich nicht-besonders auf die' rheumatischen Schmerzen geachtet," erläutertemir eines TagSs die Patientin, -„seitdem ich! meinGeschäft aufgegeben habe, da hfibe ich die Gicht." Sie sehen,die Gicht, war entstanden, weil der Rheumatismus nicht beachtetund gehoben worden war.Ischias ist auch weitef nichts, als eine Hüftgeleglk^intzündung,welche auf dieselbe Weise entsteht, wie der Rheumatismusund folglich tiuch auf dieselbe Weise beseitigt wird. Hörenwir, was ein von mir Geheilter aus Dankbarkeit schreibt:„Hierdurch sage ich Ihnen den innigsten Dank für dieHeilung von meinen vijelen ganz unsäglichen Leidelu.Ich erkrankte»zuerst im Herbst 1885 an heftigen Schmerzenund Ungelenkigkeitf in der linken, dann in der rechnenHüfte und im Kreuz, welche sich zu einer allgemeinen Steif*heit und Ungelenkigkeit ausbildeten. Der von mir befragteArzt bezeichnete %nein Leiden als Ischias. Im Laufe der'Kurtrat noch eine sehr starke Lichtscheu, Zittern der Augenlider,über das Gesicht ziehende Schmerzen, Schwere im Kopf,furchtbares Reisseni und Ziehen im linken Arm und der linken»Hand und vollkommene allgemeine Unb.ehilflichkeit hinzu,dergestalt, dass ich mir weder Schuh noch ^trumpfe anziehen,noch auch nur mich allein in das Bett legen konnte.Von den furchtbaren Schmerzen wurden meine Haare inkurzer Zeit ganz grau.Erfolglos behandelt würde ich von mehr-als zwölf be- vrühmten Professoren und Doktoren hiesiger Stadt, auch voneinigen der Herren Universitätslehrer den Studenten alsmerkwürdiger Fall vorgestellt; Em junger Arzt hat an mirsein Staatsexamen gemacht. Wiederholt war ich monatelangin dem hiesigen städtischen Kränkenhause und in derUniversitätsklinik. — Schliesslich 'rieten mir ein Professorund ein Doktor der hiesigen Uniyersitätspoliklinik im Januar1889, Heriai Louis Kühne hier, der damals gerade öffent-


86 Erster Teil.liehe Vorträge abhielt, zu konsultieren. Ich that dies am23. Januar 1889. •'Am 24. Januar 1889 nahm ich die ersten Bäder. Esgingen schon beim ersten Bade bedeutende Mengen Wasserab, der Leib wurde dünner, der Kopf leichter, und ich konnteseit Jahren zum ersten Male ohne die bis dahin von mirgebrauchten Stöcke gehen. Noch an demselben Tage stellteich mich den Herren Professoren in der Universitätspoliklinikihrem Wunsche gemäss vor und Hess von ihnen die ganzauffällige'Besserung meines Befindens feststellen.Naöhdem*ich drei Wochen hindurch die von Ihnen verordneteHeilmethode gewissenhaft durchgeführt, konnte ich am13. Februar 18§9 in der von Ihnen in Gegenwart von ungefähr20^-30 Schülern abgehaltenen öffentlichen Sprechstundeberichten, dass es mir ausgezeichnet gehe und zugleich durchBewegungen aller Art den augenfälligen Beweis dafür erbringen.Seitdem bin ich gesund und arbeitskräftig und kann injed*er Hand einen Centner tragen, während ich vordem michnicht einmal bewegen, geschweige denn etwas arbeiten oder tragenkonnte. Vom Herbst 1885 bis zum 23. Januar 1889 wurdeich von den ersten Ärzten Leipzig^rteandelt, wobei meinZustand immer jämmerlicher und elencßr wurde. In der Zeitvom 23. Januar bis zum 13. Februar 1889 haben Sie michdurch Ihre <strong>neue</strong> Kurmethode gesund und arbeitsfähig gemacht.Leipzig, den 16'. Juni 1890.Heinrich K."Wir kommen nun zur Entstehung der kalten Händeund Füsse und des heissen Kopfes. Wir alle wissen, dassgerade der Kopf kühl, Füsse una" Hände warm sein müssen.Und doch findenwir es so oft umgekehrt. WirwoUen nun einmalsehen, wie diese Krankheitserscheinungen Zustandekommen.Ich sagte in einem meiner früheren Vorträge, es giebtkeine Krankheit ohne Fieber und ohne Fieber keine Krankheit.Es muss also nach meinen Behauptungen der Zustand ebenfaUsein Fieberzustand sein. Dass es beim heissen Kopfe so ist,wird nicht bezweifelt. <strong>Die</strong> kalten Füsse und Hände werdenweniger für einen Fieberzustand angesehen. Ich behaupte, dass


Rheumatismus, Gicht, Schief werden, kalte Hände u. Füsse etc. 87beides — heisser Kopf und kalte Hände und Füsse — auf einund dieselbe Weise zustandekommt. Wie soll das zugehen?Jedes Kranksein wird bedingt durch das Vorhandensein vonFremdstoffen im Körper. Durch das Fieber, die Gärung,werden diese Stoffe vom Untfifrleibe nach den entferntestenTeilen des Körpers getragen. * Eine Ablagerung an den entferntestenOrten — also beim* Körper in Händen, Füssenund im Kopfe — findet statt. Treten die Gärungsstoffe indie Füsse und Hände, so finden sie hier einen sehr geringenWiderstand. <strong>Die</strong> Fremdstoffe lagern sich zunächst in denZehen, dann in den Füssen und allmählich immer w&iter nachoben in den Beinen ab und erschweren die IBlutzufuhr unddamit die Erwärmung. Ebenso ist es mit den Händen. Beivielen sind erst nur die Fingerspitzen kalt; bei anderen istnur der eine Fuss kalt; später, nach einigen Jahren, klagtman dann auch über die Beine, welcfie bis ans Knie hinankalt sind. Nun werden warme Strümpfe angezogen, aberdauernd will auch das nicht helfen. Pelzstiefeln legt'manan, aber auch die halten nur eine Zeit lang vor; es kommtdie Zeit, wo auch das nicht mehr genügt. <strong>Die</strong> Füsse sindnicht mehr zu erwärmen. Es ^geht daraus recht klar hervor,wie ja auch bekannt^ dass nicht die Kleider den Körper, sondernder Körper die Kleider wärmen soll. Und wenn anfangsdie wärmeren Kleider vor'dem Kältegefühl doch schützen, sohat dies-seinen Grund darin, dass immer noch eine gewisseWärme in den Gliedern steckt, welche sich den dickerenKleidern mitteilt und von ihnen festgehalten wird. Aber esdauert nicht lange mit dem Schutz der wärmeren Kleider.Sobald die Ausscheidung der Haut und die regelmässige Blutzufuhrzu ihr mehr uncf mehr aufhört, nützt auch diewärmste Kleidung nichts mehr.Ganz anders verhält es sich mit dem Kopfe. Das blutreicheGehirn ist eher im stände, als Hände und Füsse, denFremdstoffen, wenn sie nach dem Kopfe drängen, Widerstandzu leisten. Dadurch entsteht starke Reibung und durch diesewieder Wärme. So ist also das Rätsel gelöst: Genau die-


88 ErsterTeil.selben-Stoffe, welche Füsse und Hände kalt machen, machenden Köpf zunächst heiss», Aber auch mit dem heissen Kopfnimmt es ein JEnde. Es sind mir genug Kranke in derPraxis vorgekommen, bei denen der Kopf auch schon vollständigkalt war. Also"» äuüh >hier ist eine Grenze gesetzt.Wenn die Fremdstoffe in|tio!hem Maasse nach dem Kopfedrängen, dann hört endlich der Widerstand auch hier auf,und der Kopf wird nun ebenfalls kalt. Der Beweis für dieRichtigkeit dieser Vorstellung kann nur geführt werden durchdie Heilung, welche aus einer dieser Vorstellung entsprechendenBehandlung hervorgeht. Will man von dem Kältegefühleder Hände un#Füsse und dem Hitzegefühle des Kopfes befreitwerden, so hat man die Behandlung an der Stelle, von derdie Gärupg ausging, d. h. am Unterleibe, zu beginnen. <strong>Die</strong>Verdauung muss geordnet werden, dann müssen die Händeund Füsse warm und der heisse Kopf kühl werden. Der kalteKopf wird anfangs wieder warm und dann normal kühl, Allediese Erscheinungen sind aber in mehr als tausend Fällenbeobachtet worden und werden in meiner Praxis täglichimmer von <strong>neue</strong>m beobachtet. ' Ich will hier noch hinzufügen,dass alle, die an kalten Händen und Füssen leiden,auch stets Gefahr laufen, an Rheumatismus zu erkranken.Jetzt komme ich nun zum Schiefwerden.Aus meinen Darlegungen haben Sie gesehen, dass allebis jetzt Ihnen vorgeführten Krankheitsformen sich auf einegemeinsame Ursache zurückführen lassen. Vielleicht werdenSie aber trotzdem staunen, wenn ich an Gicht und Rheumatismusdie eingangs bereits genannten krankhaften Veränderungenim Körper, wie hohe Schulter, hoher Rücken, Verkrümmungen,Schiefwerden u. s. w. unmittelbar anreihe. Unddoch haben diese, wie ich Ihnen zeigen werde, mit den genanntenKrankheiten eine gemefÜsame Ursache; nämlich dieBelastung des Körpers mit Fremdstoffen und vermehrte Ablagerungderselben an einzelnen Kprperstellen. Häufig tretendiese Krankheiten vereint auf. Wenn wir nach den Ursachender Krankheitserscheinungen fragen,, so werden Sie selbst


Rheumatismus, Gicht, Schiefwerden, kalte feindeu. Füsse etc. 89i'erwidern: <strong>Die</strong> Veränderungen können nur durch Abmagerungvon Fremdstoffen entstanden sein, «sie sind gewisslkinaassenein Gichtzustand im grossen Maasstabe. Darin haben Sieauch das Rechte getroffen. 1% welcher Weise aber die Ablagerungerfolgte und wie sie allmählich nach einer bestimmtenStelle ihren Weg nahh^ das will ich Ihnen an derHand einiger Abbildungen erläutern. <strong>Die</strong> Erfahrung zeigt,dass es lange dauert, ehe die Fremdmoffe grosse Auswüchseund Veränderungen am Körper hervorzubringen vermögen',es gehören Jahre dazu. Mitunter schafft sich der Körperauch durch akute Krankheit wieder Luft, und scheidet dabeiso viel Fremdstoffe aus, dass die Auswüchse-und Körperveränderungenwieder zeitweilig verschwinden, sodass* Jahrzehntevergehen können, bis aus den ersten Anfängen* die ausgebildeteVerwachsung fertig geworden ist. <strong>Die</strong>selben Fremdstoffealso, die bei dem einen Pocken, dem anderen Typhus, demdritten "Diphtheritis u. s. w. hervorrufen, bringen, sobald derKörper nicht mehr die Lebenskraft hat, durch akute Fieberkrankheitensich ihrer zu entledigen, dieses Schiefwerden unddie Verkrüj&pelungen zu stände. <strong>Die</strong> Krankheitsstoffe wählensich besondere Ablagerungs-Sammelorte, meist solche, wo siedem Organismus möglichst wenig hinderlich sind, und wo siemöglichst aus dem fortwährenden Getriebe abseits liegen;so kann die Krankheit selbst, wenn die Ablagerungen aneiner Stelle erfolgten, an der keine wichtigen Organe liegen,recht wenig lästig sein.<strong>Die</strong> äusseren Veränderungen fallen allerdings nach undnach auf, und man sucht nach allen möglichen Erklärungen. (Meist soll der Beruf schuld sein, der eine einseitige Beschäftigungverlangt oder eine besondere Angewohnheit, z. B.schiefes Sitzen. Gewiss tragen sie .etwas bei, aber sie helfennur den Weg bestimmen," tragen also nur dazu bei, welcheForm die Veränderung- annimmt. Bei völlig gesunden Personenkönnen durch einseitige Stellungen nie Verkrümmungeneintreten, sobald sie, dem Gefühle der Ermüdung folgend,dem Körper wieder Zeit zum Ausruhen, geben.


90 Erster Teil.Oft habe ich beobachtet, wie Landbewohner, welche denganzen Tag in gekrümmter Stellung arbeiteten, sobald siesich gelegentlich'aufrichteten, eine schöne gerade und aufrechteStellung zeigten. Waisen diese Menschen nicht gesundgewesen, ihre Haltung würde sicherlich durch die Fremdstoffebeeinträchtigt worden "sein. Im Anfange sucht manVerwachsungen in der Regel mit Hilfe des Schneiders oderder Schneiderin vor anderen Personen zu verbergen, dochauf die Dauer ist dies nicht möglich.<strong>Die</strong> Formen der Verwachsung können ausserordentlichverschieden sein, und diese Verschiedenheiten werden ebendurch BeseMfffgung,, Gewohnheiten, Lage während des Schlafesund zum grossen Teil durch angeborene Anlage hervorgebracht.Sie werden vielleicht nicht zwei finden, bei denendie Formen ganz gleiche sind, doch kann man gewisse Grundformenunterscheiden, die ich Ihnen in nachstehenden Abbildungenvorführen will.Fig. A zeigt Ihnen einen annährend normal gebautenMenschen, bei dem das Ebenmaass der Glieder sofort in dieAugen fällt. Da ist nichts zu lang und nichts zu kurz, nichtszu dick und nichts zu dünn, alle Gliedmaassen zeigen dierichtige Proportion.Fig. B giebt ein anderes Bild. Sie erkennen sofort dieVeränderungen auf.der linken Seite: unten eine Verlängerufi|j^oben eine Erhöhung des Rumpfes, die erstere war viel frühervorhanden, weil die Fremdstoffe vom Unterleibe ausgehen.und daher auch in diesem die Veränderung immer zuerstvor sich geht, und es hat sicher noch Jahre gedauert, ehesich die Schulter auch hob. Hätten die Angehörigen dieuntere Verlängerung rechtzeitig gemerkt und die Folgen gekannt,so würden sie gewiss nicht mit der Ejpleitung einergeeigneten Kur gewartet haben* Freilich einen Vorwurf kannich niemandem damit machen, denn die bisherigen Heilmethodenwaren nicht im entferntesten im stände diese Krankheitenzu heilen, erkannten dieselben meist überhaupt nichtals Krankheiten an. Es war eben ein Krüppel und damit


Rheumatismus,'Gicht, Schiefwerden, kalte* Hände u. Füsse etc. 91Iwar die Sache abgemacht; wie aller diese Verkrüppelungenzu stände gekommen, aus welchen Ursachen sie herf ölgegangen,das hat wohl bis jetzt noch niemand klar erkannt.* Meine <strong>neue</strong>Heilweise steht diesen Kranken nicht mehr so hilflos gegenüberwie die bisherigen Methoden, und der Weg der HeilungFig. A. Fig. B.durch diesf Methode hat in den verschiedensten Fällen denBeweis ihrer ^Richtigkeit erbracht. Ich habe mir immer erstaus meiner Paxis meine Theorie gebildet.<strong>Die</strong> Fremdstoffe waren in diesem Körper eben besondersauf der linken Seite abgelagert, die Ausdehnung war genauhier so zu stände gekommen wie in der Flasche mit dehnbarenWandungen, in welcher die Gärungsmasse nur auf


92 Erster Teil.der linken Seite lagerte. ^<strong>Die</strong> Stoffe beanspruchen einen vergrössertenRaum, und da sonst kein Ausweg da ist, dehnensie durch ihr beständiges Drängen gegen die Wandungendieselben allmählich aus. Liegt nun die Gärungsmas^e, wiehier, nur auf d#r linken Seite, so wird auch diese nur ganzbesonders ausgedehnt.Durch "meine <strong>neue</strong> Diagnose, die Gesichtsausdruckskunde,hätte man diese Krankheit bereits in ihren ersten Anfängenmit Leichtigkeit feststellen und dann.die geeigneten Wege^einschlagen können, um die Ursache dieser linksseitigen Belastung,die Fremdstoffe, aus dem Körper herauszuschaffen.Denn Jahre lang bevor noch überhaupt unten eine Verlängerungdes linken Rumpfes eingetreten, war eine vermehrtelinksseitige Belastung am Halse schon festzustellen, und nachdemwir die Einheit aller Krankheiten kenlen und wissen,dass dies Schiefwerden ebenfalls nur durch dieselben Fremdstoffehervorgerufen wurde,, durch welche bei anderen Typhus,Diphtherie u. s. %. entsteht* ist es ein Leichtes, auch solchenVerkrüppelungen vorzubeugen und sie zu heilen.Nun, verehrteiZuhörer, »Sie Tiaben heute zürn erstenmalkennen gelernt, wie'das Schiefwerden und die Verkrüppelungenim Körper Zustandekommen. Ich will Ihnen nun an weiterensolchen Fällen zeigen, wie alle diese Formen dieselbe Ursachehaben.Fig. C zeigt Ihnen einen Körper, bei dem beide Rumpfseitenausgedehnt sind. Sie werden vielleicht zunächst nurdas dunkle Gefühl haben, dass der hier dargestellte Körperd§,s rechte Ebenmaass vermissen lässt. Ein Vergleich mitFig. A zeigt Ihnen aber sofort, dass hie:g der gesamte Rumpfzu ausgedehnt ist. Namentlich ist das untere Rumpfendezu .lang, weshalb «denn die Beine und der Hals zu kurz gewordensind und letzterer beinahe in den Schultern steckt.In;diesem Falle hat.nicht nur eine einseitige Belastung desRumpfes mit Fremdstoffen stattgefunden, sondern eine gleichmassige;infolgedessen .ist denn auch der ganze Rumpfgleichmässig auf beiden%eiten durch,die Stoffe ausgedehnt.


. . . ' • . •Rheumatismus, Gicht, Schiefwertfen, kalte Hände u. Füsse etc. 93Es kommt in diesen Fällen YO®, dass die Stoffe auch, durchden Hals nach dem Kopfe drängen, und dann ist auch jedesmaleine abnorme Kopfbildung damit Verbunden, wie Siesolche vielfach beobachten können. Ich erinnere Sie hier andas Beispiel von* der Flasche, auf die wir einen Gummikopf 1Fig. A. Fig. G.gesetzt hatten. <strong>Die</strong> Veränderungen am Kopfe ? sind ganzähnlich zu stände gekommen wie.in jener Flasche. «^Aber auch das gerade^ Gegenteil -von dieser Erscheinungkönnen Sie oft genug beobachten, nämligk zu lange Beineund Arme und einen verhältnismässig viejffzuCkurzen Rumpf *dazu. <strong>Die</strong> Entstehungsursache ist auch?" hier dieselbe, nurdass die Fremdstoffe in diesem Falle schon frühzeitig den


94 * Erster Teil.Weg nach diesen Extremitäten einschlugen, weshalb dennder Rumpf schon lange Jahre nicht mehr in der Ausdehnunggleichen Schritt mit den Gliedmaassen halten konnte.Niemand ahnt wohl, dass wir durch unsere einfacheMethode in allen solchen Fällen das volle Ebenmaass wiederFig. D. Fig. E.herstellen können. Freilich gehört dazu meistenteils jahrelangeskonsequentes Anwenden meiner Kur, bis solche chronischenZustände sich wieder ausgleichen, und da, wo derOrganismus schon zu alt, wo also die erforderliche Lebenskraftdazu nicht* mehr vorhanden, findet eine völlige Heilungdann auch nicht'mehr statt.Fig. D giebt uns eine Form/ die leider in der Gegen-


Rheumatismus, Gicht, Schiefwerden, kalte Hände u. Füsse etc. 954 'wart sehr verbreitet ist, die Ablagerungen haben eine Erhöhungdes Rückens bewirkt, die gleichzeitig eine normaleEntwickelung der Brust verhindert, so dass dieselbe auffallendflach gestaltet ist. Es hat fast den Anschein, als ob das,was hinten im Rücken zuviel, auf der Brust zu wenig ist.<strong>Die</strong> Brust nimmt sofort an Umfang zu, sobald der Rückenvon seiner Last befreit wird. Selbstverständlich war auch|hier dei; Rumjjf schon lange vorher stark belastet gewesen,so dass 4Üe mit dieser Erscheinung stets einen zu starkenoder harten Leib verbunden sehen. Mitunter' rührt dieseBemsfung aus den ersten Lebensjahren, oder sie trat schon,vor der Geburt ein, und so kommt es, dass wir bereitsKinde$ im Alter jon 4—5 Jahren mit deutlich gerundetemRücken und flacher Brust einhergehen sehen. In dieser Zeitist Hilfe am leichtesten und schnellsten zu bringen, weil ein'i!©ieh jugendlicher Körper bei unserer Kur oft in einemMonat solche Fortschritte macht, die ein älterer kaum in,e|»em. Jahre erreicht. Es hat dies seinen Grund in dergrosseren Lebenskraft der Jugend. Wie man aber dahin gelangenkann, schon die ersten Anfänge dieser Missgöstal-'Jjpngen wahrzunehmen, habe ich Ihnen bereits gesagtY das *ist nur durch meine Gesichtsausdruckskunde möglich,<strong>Die</strong> Fremdstoffe können mitunter auch einen rechtWnregefmässigenWeg einschlagen und von ^iner Seite nach deranderen und wieder zurück wandern. In Fig. E seh|n wirdies # dargestellt. Wir nehmen wahr, wie hier die Haupt-Jllagerüngen dieser Stoffe' besonders auf der linken Seitestattgefunden haben, wie dann aber in der Mitte der freieWeg durch irgend eines der dort lagernden Organe gehemmtist und nach der rechten Seite hinübergedrängt wurde, dannaber wieder nach der linken Seite herübergeht. Sie sehendeutlich die Ausdehnung der ganzen linken Seite nach untenund oben und in der Mitte den Zug nach rechts herüber.Eine Verkrümmung der Rückenwirbelsäule hat hier auchbereits stattgefunden. Es ist dies' eine in ihren Anfängensicher ererbte Belastung. Wollte man, um das, Ebenmaass


96 Erster TeiL 'herzustellen, Geradehalter oder sonstige maschinelle Bandagenzum Geradeziehen anwenden, man würde damit nur denPatienten quälen, aber in keinem Falle eine Heilung erzielen.<strong>Die</strong>. Stoffe bedürfen einmal Raum und oft genug ist es mirin meiner Praxis vorgekommen, dass da, wo man z. B. einenkrummen Rücken mit Gewalt hereingezwungen hatte, nunauf einmal die Fremdstoffe auf der Brust ihre Ablagerungs-Fig. F.stelle nahmen. Man hatte es also wohl erreicht, von hintendiese Stoffe fort zu bekommen, aber nur mit dem Erfolge,dass sie vorn zum Vorschein gekommen waren. Den Raum,Reichen die Stoffe brauchten, konnte man ihnen nicht nehmen,nur den Ablagerungsort vermochte man zu verändern.Fig. F stellt uns eine Person dar, bei welcher die Fremdstoffemitten auf dem Rücken eine Lagerstätte bezogen undden Körper völlig krumm gedrückt haben. <strong>Die</strong>se Erscheinungist seltener, da die Stoffe in der Regel bis nach demEnde drängen. Zu ^diesem Fall werde ich Ihnen weiter


Rheumatismus, Gicht, Schiefwerden, kalte Hände u. F,üsse etc. 97unten ein schlagendes Beispiel aus meiner Praxis bringen,wie Fig. G und H zeigen.Ihnen allen werden bei dieser Gelegenheit die armenbuckeligen Menschen, welche durch diese Verkrüppelunggeradezu entstellt werden, in den Sinn kommen. Meist isteine völlige Verkrümmung der Wirbelsäule bei denselben eingetreten.Fast ausschliesslich liegt hier eine erbliche Belastungvor. Bevor ich aber zu einzelnen Krankheitsfällen* übergehg, muss ich noch einer besonderen Verwachsung gedenken.tÄ. jEs kommt oft vor, dass die Stoffe noch durch, den Halsdringen und im Kopfe sich ablagern. Ich erwähnte schonfrüher, wie der kalte Kopf davon herrührt. Bei Kindernführt -es leicht zu einer unnatürlichen Ausdehnung desKopfes! Der unverhäliflismässig grosse Kopf ist immer einZeichen schwerer chronischer Krankheit. Sehr häufig tritt^ine solche Ausdehnung des Kopfes bereits vor der Geburtein, die erste Folge davon ist eine schwere Geburt. DasVolk selbst hat aber auch bereits beobachtet, dass Kincjermit grossem Kopfe leicht sterben. Heute haben Sie den.Grund erfahren, den Ihnen bisher noch niemand dürfte gesagtwaben. <strong>Die</strong> Erklärung dieser Belastung habe ich Ihnen be-*reits früher an der Flasche mit Gummikopf gegeben.Der Beweis für die vorgebrachten Behauptungenkann immer wieder nur durch die Heilung erbrachtwerden, die sich auf diese Theorieen gründet. Freilichist allen meinen Theorien, wie ich Ihnen bereits sagte,die Praxis vorausgegangen, und erst aus dieser und meinenvielen Beobachtungen sind sie entstanden. Eine Reihe solcherHeilungen sind thatsächlich unter meiner Leitung erfolgt.<strong>Die</strong> Kur war dieselbe, wie bei den früher genannten Krankheitserscheinungen,und es mag wohl wunderbar klingen,wenn ich einen .gekrümmten Rücken auf dieselbe Weiseheilen will wie Husten und Schnupfen, aber wie kann ich esanders* wenn die Krankheitsursache dieselbe ist? <strong>Die</strong> Thatsachenhajben auch bewiesen, dass ich Recht habe, denn esLouis Kühne, <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong>. 1


98 Erster Teil.schwinden alle Krankheitserscheinungen bei beharrlich durchgeführterKur. Voraussetzung bleibt nur in allen Fällen, dassder Körper noch Lebenskraft genug hat und die Nervenverbindungnach keiner Seite unterbrochen ist, um den Heilungsprozessvorzunehmen, und ich wiederhole, was ich schonfrüher sagte: Es sind alle Krankheiten (richtiger die Krankheitin allen Formen) heilbar, aber nicht jeder Kranke.Fig. G. Fig. H.Doch will ich Ihnen jetzt aus meiner Praxis einigeHeilungen solcher Fälle vorführen.Im Jahre 1889 kam in meine Sprechstunde eine Frauund brachte in einem Kinderwagen ihren 13jährigen Sohngefahren, der wegen einer schmerzhaften Verkrümmung desRückgrats, auf dem sich, wie in Fig. G (Fig. G und H wurdennach der Natur aufgenommen) ersichtlich ist, ein bereits erheblicherBuckel gebildet hatte. Nur mit grösster Mühe konnteder Knabe an zwei Stöcken gehen und musste meistens ge-


Rheumatismus, Gicht, Schief werden, kalte Hände u. Füsse etc., 99fahren werden. Ich fragte nun die Frau, (was sie denn ^jiheifbereits dagegen angewendet hätte. Sie erzählte mir nun, dassdas Leiden schon über zwei Jahre so störend sei, dass siesich veranlasst gesehen hätte, ärztliche Hilfe zu suchen. Einhiesiger Professor hatte den Knaben operiert und mit Streckbett,Eisenschienenverband und anderen Zwangsmitteln erbärmlichgequält, aber ohne jeden Erfolg. Medizinische undchirurgische Hilfe konnte hier nichts helfen, das hatte FrauH. deutlich erfahren, weshalb sie denn längere Zeit das Kindmit Hausmitteln weiter behandelte, bis sie zu mir kam. Icherklärte ihr, wie hier die Krankheitsstoffe sich in dem Buckeleine Ablagerungsstätte ausgesucht hätten, und dass man, wenndas Leiden geheilt werden solle, allein auf Beseitigung dieserStoffe bedacht sein müsse. Das leuchtete ihr ein und nocham selben Tage wurde meine Kur begonnen. Der Knabenahm täglich drei Reibesitzbäder von je halbstündiger Dauerneben völlig reizloser Kost, und es musste dafür gesorgtwerden, dass das Kind möglichst viel im Freien ausserhalbder Stadt sein konnte. Bei dem noch jugendlichen Körpertraten die Fremdstoffe ausserordentlich rasch ihren Rückwegan, so dass der Erfolg ein überraschender war. Nach acht.Tagen brauchte das Kind nicht mehr gefahren zu werden,sondern konnte allein mit seinen beiden Stöcken gehen. Nachweiteren vierzehn Tagen waren bereits beide Stöcke überflüssigund die Haltung war eine viel geradere geworden. Nochzwei Wochen Kur und der Knabe konnte wieder die Schulebesuchen, die er seit längerer Zeit versäumen musste. Einhalbes Jahr hat das Kind nun diese Kur durchgesetzt undist dadurch soweit gekommen, dass es wieder völlig geradegehen kann, wie Fig. H zeigt.Wenn ich nun behaupte, dass die Fremdstoffe, welchedas Leiden hervorbrachten, dieselben waren, welche bei anderenPocken, Scharlach, Diphtherie u. s. w. hervorriefen^ somussten sie auch durch dieselbe Methode zur Ausscheidungund dadurch der Körper zur Heilung gebracht werden, unddas habe ich den Eltern an ihrem Sohne bewiesen.7*


100/ Erster Teil.i ! jAn demselben Tage, an welchem dieser Knabe in meineSprechstunde kam, war auch eine Frau mit abnormen Blutverlustenund ein Mädchen von neun Jahren mit grauenhaftenFlechten bei mir, welche, beide alle anderen Heilmethodenbis ins TZ vergeblich durchprobiert hatten. Beidemachten dieselbe Kur wie der Knabe, und alle drei wurdendurch dieselbe geheilt, das war aber nur möglich, wenndie Ursache aller drei Leiden dieselbe war, was hierdurchbewiesen ist.In einem anderen Falle gelangte ein Fünfziger durchvierjährige konsequente Durchführung meiner Kur dahin,dass sein zu langer Rumpf und der damit verbundene zukurze Hals und die kurzen Beine wieder ausgeg'lichen wurden.Von Halbjahr zu Halbjahr kam es bei diesem Herrn so,dass seine Beinkleider immer wieder zu kurz wurden, währenddie Schultern des Rockes in die Höhe standen. Stets war ergenötigt, seine Kleider demgemäss immer wieder und wiederbei seinem Schneider verändern zu lassen, bis sein Körperwieder ziemlich normal wurde.Nach allen diesen Ausführungen hoffe ich nun, dassIhnen die Einheit aller Krankheiten, d. h. ihre einheitlicheUrsache, verständlich geworden ist. <strong>Die</strong> Beweise können Sietäglich in meiner Praxis dafür kennen lernen.Bevor ich nun dies Thema abschlösse, will ich Ihnennoch etwas über meine <strong>neue</strong> Diagnose, die Gesichtsausdruckskunde,mitteilen, weil dieselbe noch so vielseitig missverstandenwird, obgleich sie genau so einfach und natürlich istwie alle meine anderen Entdeckungen.Der Umstand, dass viele meiner Patienten erst bei mir,gewissermaassen als letztem Rettungsanker, Hilfe suchten,nachdem sie alle anderen Heilmethoden erfolglos erprobthatten, hat mir oft einen tieferen Einblick in die Diagnose dergelehrten Herren verschafft, als viele wohl glauben mögen.Dazu nur einige Beispiele. In meine Sprechstunde kam einstein grosser starker, nach der allgemeinen Ansicht blühendaussehender Mann und klagte mir, dass er völlig arbeits-


Rheumatismus, Gicht, Schiefwerden, kalte Hände u. Füsse etc. 101unfähig sei. Alle Ärzte (und er hatte deren viele konsultiert)hatten ihn genau untersucht, beklopft, befühlt und behorchtund hatten ihm schliesslich erklärt, er wäre völlig gesund,sie könnten keine Krankheit an ihm finden,er bilde sich dieselbenur ein. Er solle nur eine Reise machen, damit er auf andereGedanken käme, und er würde dann sein Leiden nicht mehrmerken. Gesagt, gethan; abet geholfen hatte dies Mittel nichts,und so war er zu mir gekommen. Ein Blick auf seinen Halsund Kopf und die Betrachtung des ersteren bei Drehungdes Kopfes nach rechts und links zeigten mir deutlich dieschwere Belastung des Körpers mit Fremdstoffen, von denender ganze Mann über und über angefüllt war. Ich verordnetemeine übliche Kur, und nach sechs Wochen hatte er so vielFremdstoffe herausgeschafft, dass ich von ihm die freudig^Mitteilung erhielt, er könne nun wieder den ganzen Taghintereinanderweg arbeiten. Sie sehen, welche Diagnose hierzutreffender war. Solche Fälle, wie dieser, wo die betreffendenPatienten allseitig für gesundheitsstrotzend gehalten werden,obgleich sie sich selber schwer krank fühlen, und wo siesich nur schwer dazu entschliessen mochten, einen Arzt zukonsultieren, weil sie aus wiederholter übler Erfahrung sichvor dem Vorwurf der nur eingebildeten Krankheit fürchten,kommen mir fast täglich in der 'Praxis vor, so dass ich geradevon dieser Seite die Unzulänglichkeit der bisherigen Diagnosengenügend kennen zu lernen Gelegenheit hatte.In einem anderen Falle kam ein 18jähriges Mädchenzu mir, welches stark an Bleichsucht litt. <strong>Die</strong> Ärzte'hattenihr gesagt, sie hätte nur etwas Bleichsucht, sonst wäre sieaber ganz gesund, sie solle nur Eisen einnehmen, dannwürde sich ihr Leiden schon heben. Nun gut, Eisen hatte sieeingenommen, aber gewichen war die Bleichsucht in keinerWeise. Durch meine Gesichtsausdruckskunde stellte ich nunfest, dass von dem „ganz gesund" neben der Bleichsuchtkeine Rede sein konnte, denn auch ihr Körper war starkmit Fremdstoffen belastet. Alle die feinsten Blutgefässe,welche das Blut bis an die äusserste Haut heranführen sollen,


102 Erster Teil.waren derartig durch diese Stoffe verstopft, dass das Blutnur ungenügend bis zur äusseren Haut zirkulieren konnte, weshalbdieselbe fahl, bleich und tot aussah. Der Grund diesesLeidens aber war eine schon seit langen Jahren ungenügendeVerdauung, was mir die Patientin denn auch zugab. Dabeiwill ich noch bemerken, wie gerade eine normale Verdauungleider den allermeisten Menschen unbekannt ist und die Bedeutungeiner solchen fast nirgends voll gewürdigt wird.<strong>Die</strong>se Erfahrung mache ich täglich in meiner Praxis. Ichverordnete diesem Fräulein dieselbe Kur„ wie dem vorigenPatienten, und bereits nach mehreren Monaten war dasLeiden beseitigt und das Aussehen des Mädchens ein völligverändertes. Sie sehen, wie die Diagnose der SchulmedizinHer ebenfalls nicht im stände war, den Krankheitszustand richtigzu erkennen. Denn die Bleichsucht war nur eine äussereErscheinung der Erkrankung, diese selbst aber wurde durchj, die Fremdstoffe hervorgerufen, und diese waren wieder durchdie ungenügende Verdauung im Körper zurückgeblieben. Dasalles stellte ich mit einem Blick auf Kopf und Hals derPatientin fest, während es den Herren Vertretern der Schulmedizinvöllig entgangen war.Ein weiterer Fall: Zu mir kam eine Frau aus New-York,welche an der hartnäckigsten Verstopfung litt. Kein Mittelwollte mehr helfen, und der Arzt hatte ihr gesagt, sie solltesich nur zufrieden geben, selbst ganz gesunde Leute littenan Verstopfung, das müsse von selber wieder besser werden.Ich stellte fest, dass die Frau stark mit Fremdstoffen belastetwar, die besonders im Leibe eine heftige chronische Fieberhitzeerzeugten, welche alle Schleimabsonderungen der Eingeweideaustrocknete und den Kot fast verbrannte, so dassderselbe fest und trocken in den Därmen steckte. Ich verordnetemeine Kur, und in ganz kurzer Zeit, schon nach denersten Bädern, wurde die innere Hitze nach aussen abgeleitetund Stuhl trat ein. Auch in diesem Falle sehen Sie wiederdeutlich die völlige Unzulänglichkeit der bisherigen Diagnose.Ich möchte fast behaupten, es giebt keinen unheilvolleren


Rheumatismus, Gicht, Schiefwerden, kalte Hände u. Füsse etc.* 103und doch verbreiteteren Irrtum als den, dass auch ein völliggesunder Mensch an Verstopfung leiden könne. Wie weit istdiese Krankheitserkenntnis vom rechten Wege abgewichen!So weit, dass sie eigentlich nichts mehr sieht, als was auchjedes Kind sehen kann, nämlich nur äussere Erscheinungen,deren Bedeutung ihr fremd ist. Eine Verdauungsstörung ist,wie ich behaupte, die Mutter aller Krankheiten.Ein tüchtiger Arzt sagte mir einst} er hätte sich bei denvielen anatomischen Untersuchungen der Leichen oft darüberden Kopf zerbrochen, wie der Verstorbene gerade an dieseroder jener Krankheifegestorben sein konnte. Alle Körperteileund Organe waren im Innern völlig richtig und unverändertzu sehen, nirgends aber eine Spur von Krankheit. Ich sagteihm darauf, dass der Unterschied zwischen seiner Diagnoseund der meinigen eben darin bestehe, dass die Medizinervorzugsweise an toten Körpern durch Sektionen zu lernenbestrebt seien, während sich meine Wissenschaft nur auf dieVorgänge an den lebenden Körpern erstrecke und deren*'Ursachen und Störungen zum Studium habe, dagegen alleBeobachtungen am Leichnam für mich wertlos seien. Zumbesseren Verständnis führte ich ihm folgendes Beispiel dafür an.Jemand geht sich eine Nähmaschine zu kaufen. Er siehteine ganze Anzahl der schönsten Maschinen stehen und suchtsich eine davon aus. Von aussen findet er keinen Tadel,alles sieht sauber gearbeitet aus bis ins kleinste Detail. Damacht ihn sein Freund darauf aufmerksam, die Maschinekönne im ruhenden Zustande so gut aussehen, wie sie wolle,jeder Fehler daran werde erst ersichtlich, wenn sie gehe.Beim Gehen genügt auch der sonst völlig unsichtbare Fehler,um die ganze Maschine wertlos zu machen, er solle sie daherlieber beim Gehen prüfen. Ähnlich ist es mit der Erkenntnisder Vorgänge im menschlichen Körper. Ist derselbe unthätig,das bedeutet hier tot, so kann man ihm oft nicht im geringstenansehen, wo es ihm fehlt. Am lebenden Körp.er macht sichjede Unregelmässigkeit sofort bemerkbar. Wer„,daher dieseUnregelmässigkeiten (die Krankheit in allen Formen und ihre


*


Meine Heilfaktoren.Dampfbäder. Sonnenbad. Rnmpfreibebad. Reibesitzbad.H Aus den vorigen Auseinandersetzungen werden Sie ersehenl&feen, wie ich alle Krankheitserscheinungen auf eineeinzi^S-undursache zurückführe. <strong>Die</strong>se Einheit der Krankheitbej||igt aber auch ihre einheitliche Behandlung, und ichwill Ihwln jetzt in Nachstehendem eine eingehende Beschreibungmeiner einheitlichen, höchst einfachen Heilfaktorengeben, welche nur in verschiedenartigen Bädern bestehen.Dampfbäder verschiedener Art. Das Dampfbad ist dasprobateste Mittel zur Herstellung der Hautthätigkeit, die zurvollen Gesundheit unerlässlich ist, bei Gesunden aber vonselbst in normaler Weise vor sich geht.Lange Zeit habe ich nach einem einfachen, praktischenApparate gesucht, der in jeder Familie und zwar auch beischweren Krankheitsfällen Verwendung finden kann. Dasführte mich zur HersteEung meines „ Zerlegbar enDamp f-b ade-Apparat es". (Siehe Inserat am Schlüsse des Buches.)Derselbe beansprucht beim Aufbewahren kaum den Raumeines Zimmerstuhles und seine Handhabung bedarf keinerbesonderen Fertigkeit.Erforderlich dabei sind eine grosse Decke, einige Töpfeund eine Ideine Wanne (Rumpfbadewanne) oder^ein Fass.Man kann auf dem Apparate den ganzen Körper und jedeneinzelnen Körperteil besonders dampfen, und dies ist einwichtiger Vorzug.


106 Erster Teil.Hat man den Apparat in untenstehender Weise aufgestellt(siehe Fig. A), so bringt man in drei bis vier Wassertöpfenim gewöhnlichen Kochofen Wasser zum Sieden, odernoch besser, man wendet die von mir hierzu konstruiertenDampftöpfe mit Spiritusheizung und Wasserbehälter an. Amvorteilhaftesten finden drei dieser Dampftöpfe bei einemVolldampfbade Verwendung.Man fülle die Wassertöpfe der Bequemlichkeit wegennicht ganz voll. /Der Kranke lege sich, sobald das Wasser kocht, voUständigentkleidet, zuerst am besten i%der Rückenlage, aufden Apparat und überdecke sich mit • einer wollenen Decke,die auf beiden Seiten frei soweit herunterhängt, dass sie dasEntweichen des Dampfes hindert. Anfangs wenigstens thutman gut auch den Kopf mit unter die Decke zu bringen.Eihe zweite Person stellt die Töpfe unter die Bank, indemdie Decke etwas gehoben wird; die Hitze reguliert man nachBedürfnis, indem man den Topfdeckel mehr oder wenigerlüftet und so mehr oder weniger Dampf entweichen lässt.Bei grossen Personen nehme man drei Töpfe, bei kleinerenzwei, bei Kindern genügt einer; ein Topf bleibt im Ofenzurück. Den ersten, bei kleinen Kindern also nur den einen,stelle man in die vordere Abteilung unter die Kreuzgegend,


Heilfaktoren: Dampfbäder. 107den zweiten unter die Füsse und den dritten, wo ein solchernötig ist, etwas vor den ersten unter den Rücken.Sobald die Dampfentwickelung nachgelassen (in etwazehn Minuten), bringe man den noch im Ofen befindlichenTopf an Stelle des ersten und diesen zurück in den Ofen.Unter den Füssen ist eine Er<strong>neue</strong>rung in der Regel nichtnötig. Durch Gebrauch der besonders konstruierten Dampftöpfeerledigen sich diese Vorschriften von selbst. Ein Wechselist alsdann nicht mehr nötig, und alles Genauere ergiebt diesorgsam ausgearbeitete Gebrauchsanweisung, welche stetsden Apparaten beigegeben wird.Nach zehn bis fünfzehn Minuten mag sich der Badendeumwenden, damit Brust und Unterleib energischer erwärmtwerden. Sollte der Schweiss nicht schon vorher ausgebrochensein, so wird er sich jetzt in ergiebigster Weise »einstellenund zwar so, dass Kopf und Füsse gleichzeitig zu schwitzenbeginnen. Bei Kindern ist oft gar keine Er<strong>neue</strong>rung desTopfes ngtig. Solche,- die schwer in Schweiss kommen,


108 Erster Teil.mögen ja den Kopf zugedeckt halten; ihnen wird dies nichtzu lästig werden und ist notwendig, um auch den Kopf zumSchwitzen zu bringen.Man kann nach Beheben eine Viertel- bis eine halbeStunde fortschwitzen und die Töpfe ganz nach Wunsch er<strong>neue</strong>rnlassen oder nicht. Körperteile, die besondersreich mit Gärungsstoffen belastet sind, kommenschwer in Schweiss, und der Kranke verlangt anFig. C.diesen Stellen von selbst grössere Wärme. <strong>Die</strong>sVerlangen erfülle man stets, gerade dadurch werdenmittels dieser Dampfbäder so grosse Heilerfolge erzielt.Schwache und schwerkranke Leute, desgleichen schwereNervenkranke, dürfen Dampfbäder niemals anwenden. Fürsolche Kranke gewähren meine später beschriebenen ableitendenReibesitzbäder und Rumpfreibebäder in Verbindung mitSonnenbädern die wirksamste Hilfe. Leute, die von selbstleicht schwitzen, können Dampfbäder mitunter ganz entbehren.Mehr als wöchentlich zwei Dampfbäder


Heilfaktoren: Dampfbäder. 109dürfen selbst bei leichten Krankheiten nur unterLeitung eines Sachkundigen genommen werden.Unmittelbar nach dem Dampfbade ist eine Abkühlungmit Wasser von 16—20° R. durch ein Rumpfreibebad erforderlich.<strong>Die</strong>ses Rumpfreibebad wird genau so ausgeführt,wie auf Seite 115 und Fig. D beschrieben ist, nur werdenzu Anfang oder am Schlüsse desselben, neben der Unterleibsabwaschung,auch alle übrigen Körperteile, also: Brust,Arme, Beine, Füsse, Kopf und Hals, kurz mit abgewaschen,damit sie ebenfalls die nach dem Dampfbade erforderlicheAbkühlung erhalten. Je wärmer der Körper ist, desto wenigerfühlt er die Kälte. Derselbe ist, sobald er schwitzt, nichtaufgeregt, nur die Haut ist gründlich erwärmt; darum scheueman ja nicht vor der Waschung zurück. Der Stahl, derdurch Feuer in Glühhitze gebracht wurde, muss in kaltesWasser getaucht werden, um die notwendige Härte zuempfangen und nicht weich und unbrauchbar zu werden;ähnlich verhält es sich mit dem menschlichen Körper. Allesheftige Frottieren desselben ist jedoch zu vermeiden.Nach dem Rumpfreibebade ist für Wiedererwärmung,womöglich Schweisserzeugung zu sorgen, wenn angänglichdurch Bewegung in freier Luft, sonst durch gute Bedeckungim Bette bei etwas geöffnetem Fenster oder durch Sonnenbäder.Bemerkt sei hier noch, dass Wasserdampf entsteht, sobalddas Wasser auf 80° R. erhitzt ist; der in den Töpfenentwickelte Dampf ist also genau derselbe, wie der in Dampfkesselnhervorgebrachte. In Frage kommt nur die Mengedes Dampfes, und dass diese in den Töpfen in durchausgenügender Weise erzielt wird, davon kann jeder durch einenVersuch sich vollständig überzeugen. Daneben hat diese Art,den Dampf zu erzeugen, noch den Vorteil, dass der nichtgespannte Dampf ganz milde ist und nicht sticht oder brennt,wie der aus geschlossenen Dampfkesseln.Wo ein Dampfbade-Apparat nicht vorhanden ist undauch keine Rohrbank, die ihn zur Not ersetzen könnte, nehme


110 Erster Teil.man einen Rohrstuhl zu Hilfe. Der Kranke setzt sich aufdenselben und wird von der Decke völlig überdeckt. Unterden Stuhl kommt, wie oben beschrieben, ein Topf mit kochendemWasser, während man die Füsse auf einen ebenfallszur Hälfte mit, kochendem Wasser gefüllten und mit zweiLatten überdeckten Eimer stellt.Ein wesentlicher Vorzug des Dampf bade-Apparates besteht,wie bereits gesagt, darin, dass auch einzelne Teilefür sich allein gedampft werden können. Fig. B zeigt ein:Dampfbad für den Unterleib, das besonders bei hartnäckigenUnterleibsleiden, namentlich auch Bleichsucht, Menstruationsstörungenund anderen Frauenkrankheiten, wenn dies sonstder Belastüngszustand zulässt, erfolgreich Verwendung findet.<strong>Die</strong> Handhabung ist wie beim Volldampfbade, dochbraucht man hier, wenn man will, nur einen Topf unterzustellen,der ganz nach dem Verlangen des Kranken gewechseltwird. Da auch die anderen Körperteile mit erwärmtwerden, ist eine volle Abkühlung des Unterleibes genau wienach dem Volldampfbade nötig. Überhaupt ist das ganzeVerfahren so wie dort. Besonders wichtig ist nach diesemDampf bade das Reibesitzbad, das täglich in der Weise ziwiederholen ist, wie es später beschrieben ist. Das Rumpfreibe-oder Reibesitzbad endet mit Eintritt des Kältegefühls.Bei genauer Anwendung wird man über die guten Wirkungendieser Dampfbäder erstaunt sein.Dampfbad für den Kopf und Hals veranschaulicht Fig.C.Man setzt den Topf auf das Brettchen, welches man auf dieBank gelegt hat, und dampft Kopf und Hals so lange, bisdieselben gründlich schwitzen. Mit Eintritt des Schweisseswird der Schmerz immer schwinden, das wird man besondersdeutlich bei Zahnschmerzen finden. Kalte Abwaschung desKopfes und der Brust, soweit man erwärmt ist, muss auchhier notwendig folgen, doch ist ausserdem auch nach diesemLokal-Dampfbad am besten ein Reibesitzbad angebracht.Sollten die Schmerzen nach einiger Zeit wiederkehren, sonehme man abwechselnd ein Volldampfbad, bei dem nament-


Heilfaktoren: Dampfbäder. Sonnenbad.Hllieh der Unterleib gründlich zu dampfen ist, und ein Halsdampfbad,da das Leiden dann tiefer liegt.<strong>Die</strong>se teilweisen Dampfbäder sind sehr wichtig undschaffen z. B. bei Ohren-, Augen-, Nasen- und Halsleidenund besonders bei Zahnschmerzen und Behandlung' von Geschwürenund Karbunkeln ausserordentlich schnell Linderung.Auch ihnen hat stets als Kühlung ein Rumpfreibebad odernoch besser ein Reibesitzbad zu folgen.Um sie zu geben, kann man sich auch in anderer Weiseals gerade durch meinen Apparat helfen, wenngleich nichtganz so bequem. Da's Unterleibsdampfbad (Fig. B) kann manauf einem einfachen Rohrstuhl geben, bei Kopfdampfbadgenutzt man eine Küchenbank, auf welche man den Dampf-1 topf stellt, und rückt einen Stuhl davor, um eine Stütze fürdie Arme zu schaffen.Das Sonnenbad. Das Sonnenbad wird in folgender Weiseausgeführt. Der Betreffende legt sich an einem geschütztenPlatze auf eine Decke leicht angekleidet in die Sonne. Am vorteilhaftestenist in unserem Klima die Mittagssonne, und die Zeigleich nach dem Mittagsessen. Das Schuhwerk zieht man aus,ebenso dürfen Frauen und Mädchen dabei niemals ein Korsettanhaben. Kopf und Gesicht sind vor den Strahlen der Sonne 'zu schützen, doch darf man nicht glauben, dass es gleich sei,womit dieser Schutz erfolgt. <strong>Die</strong> vollkommenste Wirkung desSonnenbades wird erreicht, wenn man das Gesicht durch grüneBlätter vor der Sonne schützt. Am besten eignet sich dazuein so grosses Blatt, das gleich den ganzen Kopf schützt, wiez. B. unsere Rhabarberblätter u. dgl. Wo grünes Laub nichtzur Benutzung vorhanden, bedecke man den Kopf mit einemTuch. <strong>Die</strong> Dauer des Sonnenbades soll sich ganz nach demBelieben und Befinden des Badenden richten und kann einbis zwei Stunden währen. Alle diejenigen, denen das Sonnenbadim Anfange Kopfschmerzen oder Eingenommenheit desKopfes verursacht, dürfen dasselbe anfangs nicht zu lange ausdehnen,doch wird das nur diejenigen treffen, welche dabei


112 Erster Teil.nicht zum Schwitzen kommen. Nach dem Sonnenbade hatstets ein ableitendes Reibesitzbad (siehe S. 116) oder einRumpfreibebad (siehe S. 115) zu folgen. Alle diejenigen,welche sich schwer nach den ableitenden, Reibebädern wiedererwärmen, können das Sonnenbad auch zur Wiedererwärmungnach diesen Bädern benutzen. Von besonderer Wichtigkeitist dies für alle, welche zu Spaziergängen nach den ableitendenReibebädern zu schwach sind oder überhaupt nicht gehenkönnen.Teil-Sonnenbäder. In gewissen Krankheitsfällen, z.B.bei Knotenbildungen, offenen Wunden, Verhärtungen, innerenNeubildungen, schmerzhaften Stellen u. dgl. m. finden mitgrossem Erfolg diese sogenannten, von mir zuerst eingeführtenTeilsonnenbäder statt. Wenn dieselben den Namen Teilsonnenbäderauch nicht mit Recht verdienen, so glaube ich doch,dieselben am zweckmässigsten so bezeichnen zu müssen. DasTeil-Sonnenbad wird in derselben Weise, wie das vorigeSonnenbad ausgeführt, nur dass'diejenige Stelle des Körpers,welche das Teil-Sonnenbad empfangen sollj entblösst und nurmit einem oder mehreren grünen Blättern gegen die Strahlender Sonne geschützt wird. Es findet neben dem gewöhnlichenSonnenbade hierbei also nur eine besondere Behandlung derverschiedenen Körperstellen statt.<strong>Die</strong> Sonnenbäder sind von hervorragender Bedeutung undeignen sich ganz besonders dazu, die Wirkungen meiner ableitendenReibebäder zu erhöhen. <strong>Die</strong> Existenzfähigkeit allerLebewesen auf der Erde ist an die Wechselwirkung von Sonne,Wasser, Luft und Erde geknüpft. Geradeso wie Pflanzen* undBäume nur gedeihen können, wenn ihnen Sonne, Wasser, Luft undErde in harmonischer Weise zu Gebote stehen und verkümmernoder kränkeln, sobald ihnen auch nur einer dieser Lebensfaktorenteilweise oder ganz entzogen wird, so ist dies auchmit allen anderen Lebewesen, also ,auch dem Menschen derFall. Der grösste Teil unserer heutigen Menschheit meidetSonne und Wasser mehr als gut ist. Ihr Körper verweichlichtinfolgedessen mehr als nötig und disponiert zu Krankheiten.


Heilfaktoren: Sonnenbad. 113Ein gesunder Körper verträgt jede Sonnenhitze ohne Nachteilund ohne Beschwerde, während ein kranker Körper dieSonne instinktiv meidet, weil sie ihm Beschwerden verursacht,die ihrerseits nur dadurch entstehen, dass die Sonne denKörper mächtig anregt, gegen die in ihm befindliche Krankheitzu reagieren. <strong>Die</strong>s kann aber nur erfolgen durch Stärkungoder Erhöhung seiner Lebenskraft. <strong>Die</strong> ersten Anzeichendabei sind Kopfschmerzen, Eingenommenheit des Kopfes,Müdigkeit und Schwere im ganzen Körper. Wir sehen also,wie auch die Sonne ein hervorragendes Mittel ist, unsereLebenskraft zu erhöhen. Das Sonnenbad allein würde unsj^ber niemals die gewünschten Erfolge bringen. Wie ichsjphon sagte, empfinden kranke Personen danach leicht grosseMüdigkeit, Schwindel und Schwere im ganzen Körper. Dassind sichere Anzeichen dafür, dass Fremdstoffe im Körperdurch die Einwirkung der Sonne zur Lösung kamen, wodurchsich zu grosse innere Hitze bildet, welche erschlafft. Wollenwir diesen an und für sich günstigen Erfolg ausnutzen zurweiteren Gesundung des Körpers, so wird uns dies nur durchdie Einwirkung des Wassers gelingen. Wir sehen ja, wieauch die Pflanzen .nur durch die Wechselwirkung von Sonneund Wasser gedeihen können und zu Grunde gehen, sobaldsie nur der Sonne ausgesetzt sind. Haben wir also das Waltender Natur verstanden, so kann es uns keinen Augenblickzweifelhaft sein, dass wir die nützlichen,,, wenn auch momentanstörenden Wirkungen der Sonnenbäder bei Kranken sofortdurch ableitende Wasserbäder auszugleichen haben. Meineableitenden Reibebäder lassen diesen Zweck aber in hervorragenderWeise erreichen. So schön und stärkend also auchfür jeden wirklich Gesunden die Sonnenbäder allein wirkenmögen, in Krankheitsfällen lassen sich mit dem Sonnenbadeallein nicht annähernd die Erfolge erreichen, welche wir mitdemselben gerade in Verbindung mit meinen ableitendenReibesitzbädern erreichen können. In Verbindung mit diesenwirken sie aber ganz grossartig.Nun erwähnte ich schon vorher, dass es keineswegs gleichLouis Kühne, <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> Heilwisäenschaft. 8


114 Erster Teil.sei, womit man während des Sonnenbades die entblösstenKörperteile, also z. B. den Kopf bedecke. Auch ist die Wirkungder Sonne eine ganz andere, wenn sie auf den nacktenKörper und nicht auf den bedeckten Körper scheint. Wohlmancher wird im


Heilfaktoren: Sonnenbad. Rumpfreibebad. 115Auch ist es durchaus nicht gleich, womit wir den Körpergegen .die Strahlen der Sonne schützen. Jeder weiss, dass einschwarzes Kleid die Wirkungen der Sonnenstrahlen' ganzanders empfinden lässt, als ein weisses. Ein ebenso grosserUnterschied besteht aber auch dabei, \»n wir den Körperdurch Kleider oder durch grüne Blattender Laub vor denSonnenstrahlen schützen. Bei letzterer. Bedeckung werden wirfinden, dass die Sonne eine ganz besondere, lösende Wirkungauf alle schlechten Säfte im Körper ausübt. So kommenz. B. Knoten im Unterleibe, die sich durchaus nicht auflösenwollen, durch derartige Behandlung bei Sonnenbädern in Verbindungmit meinen ableitenden Reibebädern oft überraschendffchnell zur Auflösung und Ausscheidung.i; A Das Sonnenbad unterstützt die Heilung aller Krankheiten,gleichviel, ob chronischer: ider akuter Natur. Daher sindSonnenbäder nicht dringend*' genug zu empfehlen. Von ganzbesonderem Werte sind sie aber bei Bleichsucht, Blutarmut,Skrofulöse, allen Lungten^iden und Gicht.mvDas Rumpfreibe^ad« <strong>Die</strong> Rumpfbadewanne, deren Ge-. stalt iman aus Fig. D ersimt, wird soweit mit Wasser gefüllt,dass dasselbe nur bis an«ie Hüften oder den Kabel reicht.Man gebrauche Wasser vonÄO—14° R:, und nehme in der Wanneeine halbsitzende und ^Inliegende Stellting ein, wascheFig. D.und reibe dann fortwährend kräftig mit einem rauhen Tuche(Jute, grobe Leinwand) den ganzen Unterleib vom Nabel abwärtsund seitswärts. <strong>Die</strong>ses Waschen setze man bis zurvollständigen Abkühlung fort. Zuerst werden 10—15 Minuten8*


116 Erster Teil,genügen, später kann man die Bäder auch noch etwas längerausdehnen." Bei sehr schwachen Leuten und Kindern genügendagegen schon einige Minuten. Es ist sehr wichtig, dassBeine, Füsse und Oberkörper nicht mit abgeküJaltwerden, da dieseüten gewöhnlich an Blutleere leiden; manschlage erstere daner in eine wollene Decke ein. Nachdem Rumpfreibebade muss Wiedererwärmung eintreten^, wasman am besten durch Bewegung im Freien oder durchSonnenbäder erzielt; wenn die Erwärmung zu langsam erfolgt,mag man auch eine Leibbinde anlegen.Nach dem Bade esse man nicht eher, alsbis.dienormale Wärme wieder erlangt ist.Solche Rumpfreibebäder kann man des Tages ein- bisdreimal, je nach dem jedesmaligen Zustande des Kranken,nehmen. In vielen Fällen müssen sie durch Reibesitzbäderersetzt werdenDas Reibesitzbad. Durch die Reibesitzb„äder erzieltman noch grössere und schnellere Wirkungen, als durch dasRumpfreibebad. Darm und Nieren werden durch dieselbenohne jede Überspannung zur höchsten Thätigkeit angeregt.Zugleich wird^ in das Körperinnere, welches bei den Krankenoft von einer grossen Fieberglut verzehrt wird, unmittelbareKühlung hineingeleitet. Dabei empfindet der Kranke imBade, da nur ein ganz kleiner Teil des Körpers gekühltwird, nicht Kälte, sondern angenehme Erwärmung. Der Raum,in welchem die Reibebäder genommen werden, muss besondersim Winter angenehm warm sein.Das Reibesitzbad wird von den Frauen folgendermaassenausgeführt:Während beim Rumpfreibebade die Badende sich bis zuden Hüften im Wasser befindet, kommt es bei dem Reibesitzbadedarauf an, dass sie im Trockenen sitzt und derKörper, mit dem Wasser nicht in unmittelbare Berührungkommt. Zu diesem Zwecke wird in dieselbe Wanne, welche zuden Rumpfreibe bädern dient, eine Fussbank oder die von mir


* Heilfaktoren: Rumpfreibebad. Reibesitzbad. H7konstruierte Bretteinlage hineingesetzt und die Wanne nursoweit mit Wasser angefüllt, dass dasselbe mit dem oberenRande des Sitzes der Fnssbank resp. des Sitzbrettes abschneidet,den Sitz selbst also nicht übersteigt. <strong>Die</strong>Badende setzt sich auf das somit völligy^ockene Brett resp.die trockene Fussbank, taucht ein grobesTeinenes Tuch (Juteoder ^grobes Handtuch) in das darunter befindliche Wasserund beginnt nun, indem sie mit dem Tuche stets sovielWasser wie nur möglich heraufholt, den Geschlechtsteilsanft zu waschen. Es wird besonders betont, dass nur dieäusseren, nicht etwa die inneren Schamteile zu waschen sind,und dass kein scharfes Hin- und Herscheuern, sondern nurein sanftes Waschen, mit möglichst vielem Wasser zu erfolgenhat. Das Gesäss der Badenden wird während desBadens selbstverständlich ebenfalls nass, wovor niemandzurückschrecken darf, weil es nichts schadet. Während derZeit der Menstruation setzen Frauen und Mädchen mit denReibesitzbädern aus. In solchen Fällen dagegen, wo dieZeitdauer der Menstruation abnorm lange währt, treten besondereBadevorschriften auch während der Periode ein, dieich mir indessen vorbehalte, in jedem Falle selber zu bestimmen.Erwähnen will ich nur noch, dass die Periode beiFrauen und Mädchen im normalen Zustande 2—3, höchstens4 Tage dauert und jede längere Dauer anormal ist., Das Wasser wird bei den Reibesitzbädern stets so kalt,ffyie die Natur es bietet, genommen (8—12° R.), doch kanneine etwas mildere Temperatur, bis 15° R. in besonderen"Fällen angewendet werden.Je kälter das Wasser während des Reibesitzbades ist,desto wirksamer sind diese Bäder. Man nehme das Wasserjedoch nie kälter als man es an den Händen bequemertragen kann. In den Tropen und heissen Zonen wird esnicht möglich sein, so kaltes Wasser zu nehmen wie bei uns,man nehme das Wasser dort nuf getrost so kalt, wie es zuhaben ist; denn das Verhältnis des dortigen Wassers zurdortigen Lufttemperatur wird ziemlich übereinstimmen mit


118 Erster Teil.demjenigen bei uns, weshalb auch die Wirkung dort dieselbeist wie hier. Viele Berichte aus Tropengegenden, die beimir eingelaufen sind, haben das in jeder Weise bestätigt.Wo keine Rumpfbadewahne vorhanden ist, kann zu denReibesitzbädern jec^s beliebige Waschgefäss verwendet werden,wenn es nur gross genug ist, eine Fussbank oder sonst einenbequemen Sitz und wenigstens 30—40 Liter Wasser bis zurSitzfläche aufzunehmen. Für Kinder genügt ein Gefäss mit10—25 Liter Wasserinhalt bis an den Sitz. Nimmt man zuwenig Wasser zu diesen Bädern, so wird das Wasser zurasch warm, wodurch das Bad an Wirkung verliert.Weiches Wasser verdient den Vorzug vor frischemBrunnenwasser. Wo nur Brunnenwasser zur Verfügung steht,thut man gut, dasselbe einige Zeit abstehen zu lassen, wenndies zu erreichen ist, ohne dass dasselbe dadurch zu warm wird.In fast allen besseren Familien sind ähnliche Waschungenaus blossen Reinlichkeitsrücksichten auf dem Bidet langebekannt, freilich nicht mit so kaltem Wasser und in der vonmir angeordneten Zeitdauer und Weise.Bei den Männern ist die Wanneneinrichtung dieselbe;bei ihnen wird der äussere Rand d. h. die Spitze der Vorhautunterm Wasser gewaschen. Der Badende hält ambesten mit. Mittel- und Zeigefinger oder auch mit Daumenund Zeigefinger der linken Hand die vorgezogene Vorhautvor der Spitze der Eichel zusammen, so dass letztere vonder Vorhaut völlig bedeckt ist und wäscht nun leise nntermkalten Wasser fortwährend mit einem Jute- oder Leinentuchein Taschentuchgrösse, welches er in der rechten Handunter Wasser hält, die äusserste Spitze oder die äussersteKante der vorgezogenen Vorhaut.Auch dieses Bad ist so einfach, dass ich es nicht begreifenkann, wie trotz dieser genauen Beschreibung dasselbeso vielfach falsch ausgeführt wird. In den meisten Fällenwird fälschlich überm Wassfer gewaschen und nur der Waschlappeneingetaucht, statt dass fortgesetzt unterm Wasser gewaschenwerden muss. In andern Fällen hatten die Betreffen-


Heilfaktoren: Reibesitzbad. 119den das Glied richtig gefasst und auch mit der Spitze richtigins Wasser gehalten, dann aber statt unterm Wasser dieEndspitze der Vorhaut zu waschen, fälschlich das obere Endedes Gliedes von der Hand bis zum Leibe gewaschen. DasGlied und die Hände müssen bei diesem Bade teilweiseunters Wasser. Bei falscher Ausführung können die Reibesitzbädernicht die ihnen sonst innewohnende Wirkung haben,weshalb ich allen denjenigen, welche nicht ganz sicher sind,dieselben richtig zu machen, den Rat gebe, sich lieber voneinem Sachkundigen dieselben zeigen zu lassen oder sich anmich zu wenden, als Zeit und Mühe nutzlos zu opfern. <strong>Die</strong>Dauer der Bäder ist je nach dem Alter und dem Kräftezustand10—60 Minuten.Bei solchen Patienten, welche in ihrem inneren .Körperentzündete oder brandige Stellen haben, oder bei welchender chronische latente Krankheitszustand in einen akuten ,übergeht, • wird die innere Entzündung sehr bald, oft bereitsnach dem ersten Bade, nach unten abgeleitet, und tritt dannan der Reibestelle resp. in deren nächster Nähe wieder auf.In der Abhandlung über Krebsleiden komme ich eingehen-*der auf diese Erscheinung zu sprechen. Es ist dies inallen Fällen eine günstige Erscheinung, die niemand zurück-»schrecken darf, die Bäder fortzusetzen.Manchem wird es vielleicht unerklärlich dünken, weshalbgerade dieser Körperteil und kein anderer als Appli-'kationsstelle für diese Bäder ausgewählt ist. <strong>Die</strong> Begründungist eine sehr einfache. <strong>Die</strong> "Wirkung der Reibesitzbäder isteine doppelte, zunächst eine rein mechanische, weil dadurchin einer bis jetzt völlig unbekannten eigenartigen Weise das vKörperinnere, in welchem bei allen Krankheitszuständen einezu grosse Hitze herrscht, normal abgekühlt wird, ohne denübrigen Körper unnötig auszukühlen, so dass gleichzeitigwährend jedes Reibesitzbades eine eigenartige Erwärmung derbesonders bei allen chronischen Kranken zu kalten äusserenHaut eintritt. Durch diese besonders dem Reibesitzbade,aber auch dem Rumpfreibebäde eigentümliche Wirkung, werden


120 Erster Teil.die l im Körper durch die Krankheit hervorgerufenen unnormalenKörpertemperaturen normalisiert, d. h. jede weitereGärung der Fremdstoffe im Körper verhindert. Denn wieich schon gesagt hsabe, wird jede Gärung durch Abkühlungbehindert resp. rückwärts geleitet.Ferner aber werden durch die Reibesitzbäder die Nerven,die Träger des Lebens, also die Lebenskraft selber im ganzenKörper in bis jetzt unbekannter Weise stärkend beeinflusst.An keiner anderen Stelle des Körpers, als gerade an der vonmir angegebenen, laufen viele Enden der 'wichtigsten Nervenim Körper zusammen. Es sind dies besonders die Ausläufervieler Rückenmarksnerven und des Nervus sympathicus,welche die Hauptnerven des Unterleibes sind und durchihren Zusammenhang mit dem Gehirn eben eine Beeinflussungdes gesamten Nervensystems des Körpers auf diese Weisezulassen. Nur an den Geschlechtsteilen der Menschen ist dasganze Nervensystem des Organismus beeinflussbari Hier istgewissermaassen die Wurzel des ganzen Lebensbaums. Durchdie kalten Waschungen findet nun eine sehr erheblicheStärkung der Nerven statt, oder mit anderen Worten gesagt,die .jjebenskraft des ganzen Körpers, auch die des kleinstenTeils, wird dadurch angefacht. Eine Ausnahme findet nurda .ptätt, wo die Nervenleitung unterbrochen ist.Um indessen die Wirkung der Reibesitzbäder jedermannnoch deutlicher zu veranschaulichen, und zugleich damit einegenauere Erklärung der Lebenskraft zu geben, durch derenBelebung die Wirkungen erzielt werden,, will ich noch etwasausführlicher auf dies Thema hier eingehen.Ich sagte vorher „die Wirkung der Reibesitzbäder seizunächst eine rein mechanische", dazu sei noch folgendesbemerkt: <strong>Die</strong>se mechanische Wirkung wird ganz allein vonder Entstehungsursache oder dem Wesen aller Krankheitenbedingt, und lässt sich kurz in den Satz zusammenfassen:Jede Krankheit ist nur durch Rückwärtsleitung auf demselbenWege, auf welchem sie in den Körper gelangt ist, auchwieder aus demselben herauszuschaffen. Also nur, wenn es


Heilfaktoren: Reibesitzbad. 121*uns gelingt ein Mittel zu finden, durch welches wir dieKrankheit nach ihrem eigenen Entstehungsherde zurückführenkönnen, kann es uns gelingen, Krankheiten wirklichzu heilen.ff*Ich habe in meinem IL, III. und IV. Vortrage dasbisher unbekannte Wesen oder die Entstehungsursache allerKrankheiten ausführlich erläutert. Wer diesen Auseinandersetzungengenau gefolgt ist, der wird wissen, dass Krankheitsich nur durch die Einwanderung oder Entstehung vonKrankheitsstoffen im Körper entwickeln kann. Hinein inden Kferper gelangen diese Krankheitsstoffe nur durch ungenügendeVerdauung, wozu eine mangelhafte Lungenthätigkeitebenfalls mit hinzuzurechnen ist, und ferner durch falscheresp. ungeeignete Ernährung, wozu schlechte Atmungsluft''"ebenfalls gehört.<strong>Die</strong> im Körper befindlichen Krankheitsstoffe unterliegennun, wie alles in der Natur, ganz bestimmten Gesetzen. Dasie durch die Verdauungsorgane in den Körper gelangen,werden sie zunächst den Leib anfüllen und dadurch eine normaleVerdauung immer mehr behindern. Was für uns aberdas bei weitem Wichtigste zu wissen ist, es werden durchjedes Vorhandensein von Krankheitsstoffen im Körper auch(Jessen innere und äussere Temperaturen anormal beeinflusstc<strong>Die</strong> Erklärung ist eine sehr einfache. Jeder Fremdstoff musssich im Körper seinen Platz erst gewissermassen durch einenKampf erringen, denn soviel Platz wie er braucht, sovi^verdrängt er Körperstoff. <strong>Die</strong>ser Vorgang des Drängens uncVerdrängtwerdens ist aber ohne erhebliche Reibung derStoffe aneinander undenkbar. Durch diese Reibung entstehtHitze. Solange diese Reibung noch keine sehr grosseist, wird auch die Temperatur im Körper nur wenig höherals die normale werden, sie wird aber steigen, sobald dieReibung eine grössere wird. Bei jeder fortschreitenden Belastungdes Körpers mit Fremdstoffen beobachten wir aberstets folgende Erscheinungen. <strong>Die</strong> Temperaturen im Innerendes Körpers nehmen zu, während die äussere Haut ab-


122 Erster Teil.weichend von ihrer normalen Temperatur trocken und kälterwird. Eine normale Haut fühlt sich stets feuchtwarm an.Weshalb der Kopf hiervon eine Zeitlang eine Ausnahmemacht, habe ich stuf Seite 86 erklärt, auch habe ich früherbereits gesagt, dass diese Abkühlung der Haut nur durchderen Verstopfung mit Fremdstoffen entsteht. Es fragt sichalso*.jetzt nur noch, wie gelangten denn diese Fremdstoffeimmer gerade besonders an die äussersten und entferntestenTeile im Körper (vom Unterleibe aus gerechnet). Obgleichich dies bereits früher erklärt habe, will ich diesen von sosehr vielen noch nicht begriffenen Vorgang noch an einemsehr handgreiflichen Beispiele erklären.Würde jemand von uns verlangen, in einem Zimmer einbestimmtes Quantum Wasser in seiner flüssigen Form an dieDecke des Zimmers zu bringen, wir alle würden ein solchesVerlangen mit dem Bemerken zurückweisen: das ist ein Dingi der Unmöglichkeit. Sobald wir dagegen dies Quantum Wasserin einen Kochapparat schütten und hier zum Verdampfenbringen, werden wir wahrnehmen, wie das^ vorher flüssigeWasser jetzt in Dampfform ganz von selber nach der Decketund den äussersten Teilen des Zimmers strelJjÄNicht langewird es dauern und alles Wasser in dem .Apparate ist verkochtund an der Decke des Zimmers. Würden sich feineLöcher in der Decke des Zimmers befinden, so würde derWasserdampf durch dieselben dringen und noch höher steigen,so aber bleibt er so lange unsichtbar im Zimmer, bisplötzlich eine kältere Temperatur eintritt. <strong>Die</strong>selbe zwingtihn wiederum zu einer Umwan^elung. Er muss sich jetztwieder in seine frühere Form verwandeln; und wir sehenihn dann sehr bald in grossen Tropfen an der Decke und denWänden hängen, die dann wieder herabtropfen. Man kanndiesen Vorgang täglich in jeder Dampfbadeanstalt beobachten.Fragen wir uns jetzt, wodurch diese Vorgänge ermöglichtwurden, so wird ein jeder von selber finden, dassdieselben nur durch die verschiedenen Temperaturen hervorgerufenwerden konnten. Wir sehen das in seiner


Heilfaktoren: Reibesitzbad. 123flüssigen Form transport u n fähige Wasser, durch Erwärmungumgewandelt, von selber dorthin gelangen, wohin esin seiner flüssigen Form keine Menschenkunst bringenkonnte, und sehen dasselbe Wasser dann, sobald Temperaturabkühlungeintritt, sich wiederum zu Wasser verdichtenund ganz von selber infolgedessen wieder nach dort zurückkommen,woher es gekommen war. <strong>Die</strong>sen von ganz ^bestimmtenNaturgesetzen abhängigen Vorgang beobachten wirfortwährend in der Natur.Ganz ähnlich verhält es sich aber'mit der Umwändelungder Fremdstoffe im Körper. Durch ihre Reibung amKörper erzeugen sie zunächst, wie ich bereits sagte, vermehrteWärme und Hitze im Körper und dieses vornehmlichan ihrem Entstehungs- und Ausgangspunkte, dem Unterleibe.Durch diese vermehrte Wärme werden die Fremdstoffein immer verdünntere Formen umgewandelt, bis sie inder verdünntesten Form, der Gasform, dann ebenso wie derWasserdampf das Bestreben haben, von ihrem Ausgangspunktesich so weit wie möglich nach den äussersten Teilendes Körpers zu entfernen. Solange die Haut normal funktioniert,werden die Fremdstoffe durch die Hautporen imSchweiss sofort ausgeschieden, und es tritt keine weitere Belastungdes Körpers mit Fremdstoffen, also kein chronischesKranksein ein. Daher die feuchtwarme Haut bei normalGesunden. Sobald aber die Haut bei zu starkem Andrangder Fremdstoffe .nicht mehr alle Fremdstoffe als Schweiss,aus dem Körper herausbefördern kann, beginnt die Belastungdes Körpers mit Fremdst^ffen und zwar ganz natürlicherWeise zunächst unter der Haut und besonders an denäussersten Teilen und Gliedmaassenenden des Körpers, daherdie kalten Hände und Füsse. Aus ihrer gasförmigen Formgehen die Fremdstoffe dann wieder in festere Formenüber, und wir beobachten jetzt die Formyeränderungendes Körpers. Nun ist der Körper natürlich kein solch'hohler Raum, wie das Zimmer, sondern es befinden sichin ihm überall Organe, welche der freien Fortbewegung der


124 Erster Teil.Fremdstoffe Hindernisse in den Weg legen. <strong>Die</strong> Fremdstoffemüssen sich an den verschiedenen Organen vorbeidrängenund zwängen, ehe sie nach der äusseren Haut gelangen^können. Durch dieses Drängen und Schieben findet vielfacheine erhöhte Reibung an den Organen statt, und dieOrgane sind dadurch einer gewissen Gefahr ausgesetzt. Aufdiese Weise entstehen dann die vielen verschiedenen innerenLeiden.Wir haben bei Besprechung der Entstehungsursachen;^der Krankheit gesehen, wie dieselbe unter Herbeiführung zuhoher Temperaturen entsteht, und wie sich dann allmählichim ganzen Körper die Temperaturen verändern, das Innerezu warm, das Äussere zu kalt und trocken wird. Wollenwir nun diesen krankhaften Zustand heilen, so müssen wirden Weg einschlagen, den uns das angeführte Beispiellehrte, denn es sind ganz bestimmte Naturgesetze, denensowohl der Körper, als auch die Krankheit unterliegen, undnur, wenn wir der Natur ihr Wirken und Schaffen ablauschen,vermögen wir den rechten Weg zu finden. Ganz ähnlichaber wie mit dem Wasser, ist es hier mit den Krankheitsstoffenoder der Krankheit. Infolge erhöhter Temperaturentstand sie, und sie kann nur schwinden, d. h. sich geradeso wie das Wasser^ zurückverwandeln und zurückbewegennach ihrem Ausgangspunkte, wenn die entgegengesetztenBedingungen eintreten, also fortlaufende Abkühlung undHerabstimmung der zu hohen inneren Körpertemperaturenerfolgt. Das erreichen wir durch kein anderes Mittel sovollkommen, als durch das Reibesitzbad. Durch diesessind wir im stände, die innerliche zu hohe Temperatur ausdem Körper abzuleiten, ohne die an und für sich meistzu kalte Oberfläche des übrigen Körpers dabei unnötigerweisemit abzukühlen'. Sobald es uns aber gelingt, die zuho^e innere Hitze (den Herd der Krankheit) dauernd abzuleiten,ist auch sofort die weitere Entstehungsmöglichkeitund Fortentwickelung jeder Krankheit damit beseitigt unddie vorher nach allen Teilen des Körpers drängenden


Heilfaktoren: Reibesitzbad. .• * 125Fremdstoffe bringt der Körper fortan wiederum auf seinennatürlichen Ausscheidungsorganen zur Ausscheidung. <strong>Die</strong> imKörper aber bereits abgelagerten Fremdstoffe wandeln sichbei dieser Temperaturveränderung wieder um und tretendann, da jeder lebende Körper das Bestreben hat sich seinerFremdstoffe auf den natürlichen Ausscheidungsorganen 4 zuentledigen, ihren Rückweg nach diesen Ausscheidungsorganenan.Nach diesen Erklärungen wird es auch jedem sofortklar werden, weshalb ich in gewissen Fällen ein so häufigesBaden empfehle. Schon oft bin ich gefragt worden: weshalbsollen wir denn nur gleich dreimal täglich baden, wowir früher höchstens alle Wochen einmal gebadet haben?<strong>Die</strong> Beantwortung ergiebt sich aus der Natur der Sache vonselber. Es gelingt uns wohl sofort, durch das Reibesitzbäddie innere zu hohe Temperatur abzuleiten, doch immernur auf kurze Zeit. Je nach den Krankheitsfällen, früheroder später, gewinnt die frühere zu grosse innere Wärmewieder Überhand, und es tritt mit diesem Momente auch anuns sofort wieder die Notwendigkeit, dieselbe von <strong>neue</strong>mdurch das Reibesitzbad abzuleiten, denn nur durch eine permanenteAbkühlung der inneren zu hohen Temperaturenlassen sich dauernde Besserungen erzielen. Aus diesemGrunde ist das Reibesitzbad so oft erforderlich, als dieTemperatur im Innern des Körpers über die normale*steigt. Natürlich darf man nicht annehmen, dass sich diesesin allen Fällen ohne Beschränkung durchführen lässt. SolcheKranke, deren Lebens- und Reaktionskraft überhaupt eineHeilung nicht mehr zulässt, sogenannte Todeskandidaten,lassen eine Behandlung, welche Reaktionen im Körper hervorruft,nicht mehr zu, weil ihr Körper zu schwach ist.Geren wir jetzt zu dem zweiten Punkte in der Begründungder Wirksamkeit der Reibesitzbäder über. Früher hatteich bereits gesagt, dass durch die Reibesitzbäder die Nerven'und mit diesen die Lebenskraft d. h. hier die Verdauungsfähigkeitdes Körpers in auffallender Weise gestärkt werden. Das


126 Erster Teil.werden wir aber erst verstehen, sobald wir wissen, dassdiese Lebenskraft identisch ist mit dem, was man Verdauungsfähigkeitim Körper nennt und woher der Körper seineLebenskraft schöpft. Es bleibt uns dabei auch gleichzeitignoch zu erklären übrig, weshalb wir allein gerade nur vonder bereits vorher erwähnten Äpplikationsstelle aus beimReibesitzbade diese Wirkungen erreichen können und weshalbvon keiner anderen Stelle des Körpers. Auch dies willich zunächst an einem Beispiele deutlich zu machen versuchen.Denken wir uns eine Maschine, z. B. eine Dampfmaschineoder eine Getreidemähmaschine, eine Nähmaschine,Wassermühle u. s. w., so werden wir finden, dass ohne einebestimmte Kraft, Dampfkraft, Pferdekraft, Menschenkraft,Wasserkraft, diese Maschinen tot und bewegungslos sind.Sie werden erst brauchbar und gangbar durch Einwirkungeiner Triebkraft auf sie. <strong>Die</strong>se Einwirkung der Kräfte istaber bei allen Maschinen immer nur an einem einzigenPunkte an der Maschine in vollkommener Weise möglich,das 4 wissen wir alle. Wir werden daher eine Nähmaschinevon keinem anderen Punkte zu einer Leistungsfähigkeitin Bewegung zu setzen versuchen, als von dem Tritt-" 1brett, von welchem die Kraftübertragung ausgeht. Haltenwir unsere Maschinen aber nicht sauber und "rein, lassenwir sie einrosten und das öl eintrocknen u. s. w., so wirdihr sonst so leichter Gang erschwert werden und dieselbeKraft, die vorher im stände war, die Maschine leicht undzwanglos zu treiben, wird jetzt kaum ausreichen, um sie nurnoch langsam und schleppend fortzubewegen. Jetzt gehörtschon eine bei weitem grössere Kraft dazu, um die Maschineso schnell wie vorher im Gange zu erhalten.Ganz ähnlich verhält es sich mit dem menschlichenKörper. Auch der menschliche Körper braucht eine Kraft,die ihn beständig nährt. Woher nimmt sie der Körper?und woraus besteht zunächst diese Kraft, die wir Lebenskraftnennen wollen? <strong>Die</strong>se Kraft schöpft der Körper ausseiner Nahrung, und zu dieser Nahrung gehört nicht nur


Heilfaktorenfc Reibesitzbad. 127Speise und Trank, wie man für gewöhnlich annimmt,^sondernzum wichtigsten Teile auch die Atmungsluft. Ob demso ist, wie ich gesagt habe, wird jeder sofort einsehen, sobaldwir die Probe machen und diese Kraftquellen demKörper entziehen. Entziehen wir ihm seine Atmungsluft, soist er schon in wenigen Minuten, genau wie die Maschine,ein lebloser Körper, ebenso wenn wir ihm die Nahrungentziehen, nur dass er hier nicht ganz so rasch dahinstirbt.Wir sehen also, wie er seine ganze Lebenskraft nfraus diesen Quellen schöpft, und wie infolgedessen seineLebenskraft allein von diesen Quellen, also von der Nahjrung, abhängig sein muss.Welche gewaltige Kraft es aber ist, die der Körper' ausseiner Nahrung zu ziehen im stände ist, davon werden sichwohl nur die allerwenigsten eine richtige Vorstellung zumachen im stände sein. Ich will daher noch näher daraufeingehen. Nehmen wir also das Hauptbetriebskraftmitteldes Körpers, die atmosphärische Luft, so wissen wir, dassdieselbe aus Stickstoff und Sauerstoff in ganz bestimmterMischung besteht. Eine ungeheure Kraft ist es, welche die**Luft gerade in dieser bestimmten Mischung von Sauerstoffund Stickstoff zusammenhält. Man mache nur den Versuchund probiere die Luft in ihre verschiedenen Bestandteile zutrennen. Ein Versuch, der selbst unseren Chemikern nurmit ganz kleinen Quantitäten Luft und auch nur mit ganzbesonderen Vorkehrungen dazu, gelingt. Das, was der Chemienur mit Schwierigkeiten möglich, vollzieht unser Körper mitjedem Atemzuge. <strong>Die</strong> Luft, welche der Körper einatmet,trennt er sofort durch die Lungen in seine Bestandteile:Sauerstoff und Stickstoff. Ersteren braucht er als Nahrungsmittelfür sich und letzteren atmet er wieder aus. <strong>Die</strong> gevaltige Kraft aber, welche vorher dazu nötig war, um Stickstoffund Sauerstoff in Luft vereint zu halten, wird dadurchim Körper frei und von diesem verwendet. Je reiner undnatürlicher die Atmungsluft ist, desto mehr Lebenskraft istder Körper aus ihr zu ziehen im stände.


128 Erster ^eü.Einen ähnlichen Prozess vollzieht der Körper mit Speiseund Trank. Durch die Verdauung wandelt er die ihm zugeführtenStoffe vollständig um und zieht die für sichbrauchbaren Bestandteile aus ihr heraus. Je natürlicherund von ihrem Naturzustande unveränderter diese Nahrungsmittelnoch sind, desto grösser wird auch die Kraft sein,die der Körper aus ihnen für sich als Lebenskraft abzuleitenim stände ist. Haben wir z. B. einen Apfel, so hat derselbeeine ganz bestimmte Form und es gehört bereits eine rechterhebliche Kraft dazu, diesen Apfelstoff aus seinem natürlichenGefüge herauszubringen. Kochen wir dagegen denÄpfel, so verändert sich seine ganze Form, sein ganzesinneres Wesen in einen anderen Stoff, und seine ihm innewohnendeUrkraft wird frei. Das so entstandene Apfelkompothat dann wohl auch noch eine gewisse Nährkraft,aber immer nur einen Teil der Urkraft des Apfels selber.Genau so verhält es sich aber auch mit allen anderenNahrungsmitteln des Menschen. In ihrer natürlichsten Formgewlhren sie dem Menschen auch die grösste Lebenskraft,-und je mehr man diese Produkte durch Kochen umwandeltund verändert, desto geringer ist das Quantum Lebenskraft,das der Körper daraus zu ziehen vermag.Nach diesen Auseinandersetzungen gewinnen wir jetztganz von selber die Anschauung, dass die Lebenskraft desKörpers allein von dem Verdauungsmaterial, sowie von derFähigkeit des Körpers, dasselbe in der für ihn geeignetstenWeise umzuwandeln oder zu verdauen, abhängig ist undresultiert. (<strong>Die</strong> Lungenthätigkeit rechne ich stets mit zurVerdauung.) <strong>Die</strong> Nerven sind die Leiter dieser Kraft, dasGehirn und das Rückenmark ihr Speicher oder Konduktor.<strong>Die</strong> Kraft selber ist eine positive und negative, wie auchbereits aus ihrer verschiedenen Entwickelungsart ersichtlich.So gewinnen wir ganz von selber über die Lebenskraft desKörpers ein Bild analog der elektrischen Kraft. Der Körperist einerseits einer galvanischen Batterie ähnlich.Seine Elemente sind Luft-und Nahrung und dem Säuremedium


Heilfaktoren; Reibesitzbad. 129der Batterie entspricht hier der Speichel und Verdauungssaftund die Lunge des Körpers.Ist der Körper innerlich mit Krankheitsstoffen belaste^ ,so dass er einer eingerosteten Maschine gleicht, so wirdseine dadurch behinderte Verdauung nicht mehr die genügendeLebenskraft aus dem gewöhnlichen Quantum Nahrungziehen können, um den Körper so leistungsfähig wie ehedemzu erhalten, es bedarf jetzt bereits grösserer QuantitätenNahrung wie früher und meist auch schon ganz besondererReiz- und Anregungsmittel, um ihn leistungsfähig zuerhalten. Natürlich kann dies nur auf Kosten seiner Verrdauungsfähigkeit geschehen. Eine normale Verdauung wirdjetzt immer mehr leiden.Wollen wir jetzt die Lebenskraft im Körper wiederumerhöhen, so kann dies nur durch ein Mittel geschehen,welches die Verdanung bessert und hebt. Das beste mirdafür bekannte Mittel sind aber, neben naturgemässer Kost,die Reibesitzbäder, denn diese bessern selbst die schlechtesteVerdauung, solange dieselbe überhaupt noch besserungsnthigist, in der kürzesten Zeit wie kein anderes Mittel, und zwarin natürlicher Weise. <strong>Die</strong> hartnäckigste Verstopfung, diebereits Jahre lang keinem Mittel mehr weichen wollte, wirddurch die Reibesitzbäder oft in wenigen Tagen bereits gehoben,so dass normaler Stuhlgang eintritt und erhaltenwird.Geradeso wie sich aber eine Maschine nur von einemPunkte aus in vollkommener Weise treiben, stärker undschwächer in Bewegung setzen lässt, geradeso lässt sich dieLebenskraft im Körper ebenfalls nur von dem einen einzigen „Punkte aus am wirksamsten beeinflussen, den ich als Applikationsstellefür die Reibesitzbäder ausgewählt habe. Natürlichist der von mir gebrauchte Vergleich des Körpers*mit der Maschine nicht wörtlich, sondern nur bildlich zunehmen, denn wir wissen ja alle, dass der Körper keineMaschine ist.Jetzt wird es uns auch klar, weshalb allemal 1 'dieLouis Kühne, <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong>. 9


130 Erster Teil.leichtverdaulichste Kost auch die nahrhafteste ist, und wieallemal die Nahrungsmittel in ihrem natürlichen unverändertenZustande auch am leichtesten verdaulich und am verwertbarstensind. Das erklärt auch die Erscheinung, dassAraber, Chinesen und amerikanische Trapper mit einem verhältnismässigäusserst geringen Quantum naturgemässer Kostdie grössten körperlichen Anstrengungen leisten können unddabei gesund sind, wohingegen unsere modernen nervösenLebemänner das vierfache Quantum gekochter und zubereiteterNahrung zu sich nehmen und dabei doch nicht halbso leistungsfähig sind wie jene.Nach diesen Erörterungen werden wir das Reibesitzbadjetzt von einem Standpunkte betrachten, der es uns in einembesonderen Lichte erscheinen lässt. Auch wird es jetzt jedemklar werden, wie ich Augen- und Ohrenleiden mit demselbenMittel erfolgreich behandle, mit welchem ich in anderenFällen Scharlach, Pocken, Cholera u. s. w. hebe. <strong>Die</strong> Lebenskraftdes ganzen Körpers wird eben angefacht und dabei istes nicht möglich, wenn nicht gerade eine Nervenleitung unterbrochenist, dass ein Glied mehr, das andere weniger angeregtwird. Wie sich eine erhöhte Lebenskraft äussert, ist denmeisten aber völlig unbekannt, denn oft treten dabei geradeden Erwartungen des Patienten entgegengesetzte äussere Erscheinungenauf. Es kommt vor, dass Raucher nach denBädern ihre Zigarre nicht mehr vertragen können und demzufolgeglauben, dass ihr Magen schwächer wird, währendgerade das Gegenteil der Fall ist. Früher hatte ihr Magengar nicht mehr die Kraft, sich gegen das Nikotingift erfolgreichaufzulehnen, wohingegen er jetzt wieder diese Kraftgewann. Und ähnliches mehr. Da wo sich nun durch dieseBäder die Nerven im Körper noch stärken lassen, gewinntderselbe durch diese Stärkung stets die Kraft, die in ihmbefindlichen Fremdstoffe allmählich wieder auf den natürlichenAusscheidungswegen herauszuschaffen.Niemand darf indessen glauben, dass durch dies Mitteletwa alle Kranke noch Heilung finden müssten; wie ich schon


Heilfaktoren: Reibesitzbad. 131früher erwähnte, kann ich wohl alle Krankheiten damit heilen,keineswegs aber alle Kranken. Denn wo die Lebenskraft, alsodie Verdauungsfähigkeit des Körpers bereits vernichtet, woeinzelne Organe schon zum grössten Teil zerstört sind, bringtdies Mittel wohl noch eine Linderung aller Schmerzen wie keinanderes, aber eine völlige Heilung ist unmöglich.Ich glaube, dass mir niemand eine andere Körperstelleausfindig machen kann, von der aus man in ebenderselbenWeise den ganzen Organismus beeinflussen könnte. Aberwie niemand es zu ändern vermag, dass alles Leben von derWechselwirkung der Sonne, Luft und des Wassers ausgeht, soist auch an obiger Einrichtung nichts zu ändern möglich. <strong>Die</strong>Sonne beeinflusst unsere ganze Erde auf ein und dieselbeWeise, aber die äusseren Erscheinungen dieser Einwirkungsind in jedem Klima andere. Da, wo ihre Wirkung am intensivsten(in den Trö*pen), ist auch die Entfaltung des Lebensdie grösste und mannigfachste im Gegensatz zum Norden,wo Vegetation und Tierwelt immer geringer werden. Ebensosind die Wirkungen der Reibesitzbäder je nach der Beschaffenheitder Individuen und ihrer noch vorhandenen Lebenskraftverschiedene; bei dem einen stärker, bei dem andern geringer.Aber sie sind das beste mir bekannte Mittel zur dauerndenBelebung und Kräftigung des ganzen Organismus.


Was sollen wir essen, was sollen wir trinken?<strong>Die</strong> Auseinandersetzungen über die Wirkungen des Reibesitzbadesund die Erklärung der Lebenskraft leiten die Beantwortungdieser Fragen bereits ein. Wir haben darausschon das eine ersehen, dass Krankheit nur infolge Überernährungoder falscher Ernährung entstehen kann, denn nurdadurch wird die Verdauung eine schlechtere und es kommtzur Bildung von Fremdstoffen oder Krankheit im Körper.Jetzt wird die Frage: „was sollen wir essen und trinken,damit keine Überernährung eintreten kann", für uns bereitseine brennendere.Von einer galvanischen Batterie wissen wir ganz genau,dass zur Erzeugung einer elektrischen Kraft, oder wie mansonst zu sagen pflegt, eines elektrischen konstanten Stromes,ganz bestimmte Elemente notwendig sind, z. B. eine Zinkundeine Kohlenplatte in einem Gefäss mit Säure. Dannwird durch die Zersetzung oder Umwandlung der Zink- undKohlenplatte die Kraft frei, welche früher dazu gehörte, umZink- und Kohlenplatte in ihrem ursprünglichen Gefüge zuerhalten, und diese Kraft leitet man zunächst als eine positiveund negative durch Drähte ab, um sie hernach vereint alsElektrizität zu benutzen. Wollte man an Stelle dieser Elemente(Zink und Kohle) aber andere setzen, welche diesenähneln oder aus ähnlichen Bestandteilen bestehen oder auchZink und Kohle selber aber in anderer Form, vielleichtpulverisiert oder als Vitriol, so wird man sehr bald sehen,dass entweder gar keine elektrische Kraftentwickelung mehrstattfindet, oder eine wesentlich .veränderte, geringere, trotz-


Was sollen wir essen, was sollen wir trinken? 133dem wir bei Anfertigung dieser <strong>neue</strong>n Elemente genau dieselbenBedingungen einhielten, wie bei Zink- und Kohlenplatte. Sehrähnlich verhält es sich mit der Bildung der Lebenskraft imKörper, auch hier ist die richtige Wahl der Elemente oderNahrung bedingend für die grössere oder geringere Erzeugungder Lebenskraft; wie wir ja alle wissen, dass die eine Speisedem Körper zuträglich, die andere nachteilig ist. Am deutlichstentritt dies wiederum bei der Wahl der atmosphärischenLuft, unserer Hauptnahrung, zu Tage. Man bringeeinen Menschen aus seiner gewöhnlichen Atmungsluft nurauf wenige Minuten in eine andere Gasart, und man wirdsehen, wie er hier schon innerhalb dieser wenigen Minutenzu Grunde gehen muss, weil dies <strong>neue</strong> Element ihm nichtin der richtigen Weise seine Lebenskraft erzeugen kann.Weniger schnell und auffallend treten die Nachteile heieiner falschen Ernährungsweise ein. Hier sind die Grenzenvom naturgemässen Nahrungsmittel bis zum tödlichen Giftesehr weite, und der Übergang vom Naturgemässen zum Naturwidrigenist oft ein so geringer, dass er zunächst kaum wahrgenommenwird. Wenn wir nun wissen, dass Fremdstoffenur durch Überernährung, d. h. schlechte Verdauung in denKörper gelangen können, wie verhüten wir es, dass Überernährungoder schlechte Verdauung eintritt?Ich will zur näheren Klarstellung des Begriffes: „Überernährung"oder schlechter Verdauung noch kurz dazu einigeerläuternde Beispiele aus der täglichen Praxis anführen.Wir sehen z. B. den einen sehr dick und korpulent umhergehen,trotzdem er, wie er uns versichert, nur wenig essenund trinken kann, und dabei hören wir ihn klagen, dass erallmählich immer dicker und dicker werde. <strong>Die</strong>ser Menschleidet an Überernährung.Ein anderer zeigt uns das gerade Gegenteil. Er istdürr, mager und abgezehrt, trotzdem er die #nach seinerAnsicht nahrhaftesten Speisen und Getränke in ungewöhnlichgrossen Quantitäten zu sich nimmt. Nach dem Quantum zuurteilen, das er täglich geniesst, musste er sich in einem


134 Erster Teil.völlig anderen Ernährungszustande befinden. <strong>Die</strong> < Nahrunggeht wohl durch, seinen Körper hindurch, aber dieser istnicht im stände, den für sich geeignetsten Vorteil aus ihr zuziehen. So verlässt ein grosser Teil der Nahrung unausgenutzt,oder wenigstens ungenügend ausgenutzt, wieder seinenKörper. Wir sehen daraus, wie das blosse Durchgehen derSpeisen und Getränke durch den Körper durchaus nochkeine normale Veriauung in sich begreift, wie dies leidervon so sehr vielen und besonders auch von vielen Ärztenangenommen wird.<strong>Die</strong> beiden Personen zeigen uns zwei Gegensätze.Ersterer zeigt, wie man bei wenigem Essen und Trinkendicker, letzterer, wie man bei vielem Essen und Trinkenmagerer werden kann. Trotz dieses scheinbaren Gegensatzesist die Ursache des Leidens in beiden Fällen die gleiche:nämlich schlechte Verdauung oder Überernährung. Jetztwird es uns auch klar werden, wie z. B. ein Lungenleidenderdas nach seiner Ansicht Kräftigste und Nahrhafteste essenkann, ohne dass sein Körper dadurch richtig ernährt würde,während uns auf der andern Seite die Appetitlosigkeit scheinbarkräftiger aber nervöser Menschen nicht verwundern wird.Das, was wir im vorigen Artikel über die Lebenskraftselber erfahren haben, wird uns jetzt schon deutlich denWeg zeigen, den wir einschlagen müssen, um zu erfahren,wie wir uns vor Überernährung schützen. Wir werden jetztschon zu der Überzeugung gelangt sein, dass es nicht Fleisch,Eier, Wein, Bier, Extrakte, Kakao, Kaffee, Thee u. s. w. sind,welche für den Körper das nahrhafteste und geeignetsteEssen und Trinken bilden, sondern nur diejenigen Nahrungsmittel,welche am schnellsten und leichtesten verdaulich sind.Je schneller unser Körper die ihm zugeführte Nahrung umzuwandelnim stände ist, desto mehr davon wird er verarbeitenkönnen und desto mehr Lebenskraft wird er sich erzeugen.Das Quantum der zu erzeugenden Lebenskraft ist alleinabhängig von der leichten Verdaulichkeit der Nahrungsmittel.


Was sollen wir essen, was sollen wir trinken? 135Je schwerer aber eine Speise verdaulich ist, desto längerist die Arbeit, welche der Körper mit ihrer Verdauung hat.Wer schwer verdauliche Speisen geniesst, muss in allenFällen, soll sein Körper nicht Schaden leiden, so lange mitder Aufnahme <strong>neue</strong>r Nahrungsmittel warten, bis die vorigengenügend verdaut sind. Das ist aber leider heute nur seltender Fall, weil unsere Lebensgewohnheiten einem solchenFasten hinderlich im Wege stehen. Überhaupt ist diewahre Bedeutung des Fastens uns heute ziemlich fremd geworden.In der Natur sehen wir dagegen überall eine gewisseFastenzeit einhalten. Wir beobachten, wie z. B. Schlangenoft wochenlang fasten, nachdem sie eine reichliche Mahlzeitgehalten haben. Andererseits sehen wir, wie die Natur beiuns den Tieren im Freien durch den Winter eine ganzbesondere Fastenzeit auferlegt. Wir sehen dann z. B. Reheund Hasen u. a. m. oft wochen- und. monatelang sich aufsspärlichste ernähren und dabei dennoch alle Strapazen einerrauhen kalten Winterszeit ertragen. Wären diese Tieredagegen in der Lage, während des Winters ebensoviel Nahrungzu sich nehmen zu können, als im Sommer, sie würdenzweifellos krank werden und nicht im stände sein, die Winterkältezu ertragen, denn Kälte behindert jeden Gärungsprozess,also auch den der Verdauung, und so wäre dasQuantum Nahrung, welches bei der Sommerwärme noch leichtverdaulich ist, während eisiger Winterkälte weniger leichtverdaulich. Darin liegt auch die Erscheinung begründet,dass unsere Haustiere, die meist im Stalle gefüttert werdenund fast ausschliesslich an Überernährung leiden, die kalteund rauhe Temperatur des Winters im Freien nicht mehrertragen können, während die Tiere im Freien selbst diegrössten Unbilden der Witterung aushalten können. Das istaber zweifellos auch eine körperliche Leistungsfähigkeit, dieviel zu wenig gewürdigt wird, und zu der nur ein gesunderKörper fähig ist.Der Mensch achtet die von der Natur bestimmteFastenzeit meist gar nicht. Im Gegenteil, wir sehen ihn im


136 Erster Teil.Winter, weil er zu dieser Zeit meist mehr Zeit hat als imSommer, öfter und reichlicher tafeln, als im Sommer, undfinden sogar die vollkommen irrtümliche Ansicht vielfachverbreitet, dass man im Winter - tüchtig essen müsse, um dieKälte besser. ertragen zu können. Das ist freilich eine Ansicht,die sich im Gegensatze mit allen Naturgesetzen befindet.Ich habe vielfach Gelegenheit gehabt, die nachteiligenWirkungen zu vielen Essens und Trinkens während der Winterszeitbeobachten zu können. <strong>Die</strong> meisten trösten sich damit,dass es allgemein üblich ist, sich während des Winters etwassogenanntes Winterfett ansammeln zu lassen, und ahnen nicht,dass dadurch in vielen Fällen, bei Witterungswechsel im Frühjahr,der Keim' zu allen möglichen Erkrankungen gelegt ist.Treten wir jetzt der Frage, wie Überernährung zu verhütenist, näher. Wenn wir also wissen, dass Krankheit nurdurch Überernährung zustandekommt, so werden wir unssagen müssen, dass es nicht gleich sein kann, was wiressen, in welcher Form wir die Nahrung geniessenund wo wir sie essen.Essen wir z. B. eine ungewürzte Wassersuppe, odertrinken wir abgekochtes Wasser, so wird ein jeder finden,dass uns dieses fad und schlecht schmeckt und uns auch inkeiner Weise erfrischt. Wie erfrischend und erquickendschmeckt dagegen ein Trunk frischen Wassers oder ein Apfel.Eine ganz ähnliche Beobachtung machen wir mit unsererAtmungsluft. Wie drückend und erschlaffend, bei vielen sogarKopfschmerz erregend, wirkt verdorbene und mehrfach durchgeatmeteStubenluft. Wir merken dies besonders, wenn inkleinen Räumen viele Menschen beisammen sind. Wie sehntsich da ein jeder nach der frischen, belebenden Aussenluft.Sehr wichtig ist es auch, wo wir unsere Nahrung geniessen.Das, was wir im Freien geniessen, wird stets leichterverdaulich sein, als das im Zimmer Genossene, weil wir beimKauen die Speisen vielfach mit Luft durchmischen, und einefrische Luft ganz anders auf die Verdaulichkeit der Speiseneinwirkt, als stagnierende Stubenluft.


Was sollen wir essem.. was sollen wir trinken? 137Ich habe bereits vorher gesagt, dass die leicht verdaulichstenNahrungsmittel auch stets die für das Gedeihen desKörpers vorteilhaftesten sind. Eine Überernährung oderschlechte Verdauung treten aber am schwersten ein beileicht verdaulichster Kost. Es handelt sich also bei derErnährungsfrage zunächst darum, festzustellen, welches füruns einerseits die leicht verdaulichste Nahrung und dabeiandererseits auch diejenige ist, die uns infolgedessen diemeiste Lebenskraft liefert. <strong>Die</strong> Beantwortung dieser so umfassendenund vielumstrittenen Frage ist ebenso einfach wiealle Lösungen in der Natur, und lässt sich kurz in folgendenSätzen ausdrücken:Alle diejenigen Nahrungsmittel, welche uns in ihremunveränderten natürlichen Zustande wohlschmecken und zumEssen einladen, sind auch allemal diejenigen, die am leichtestenverdaulich sind und uns die meiste Lebenskraft liefern.Jede Nahrung, die wir bereits durch Kochen aus ihrernatürlichen Substanz umwandeln, erleidet dadurch bereitsEinbusse an ihrer leichten Verdaulichkeit und liefert unsebenfalls nicht mehr die Lebenskraft, wie unbeeinflussteNahrung.Je mehr die Nahrungsmittel durch Kochen, Würzen undZubereitung aus ihrer ursprünglichen natürlichen Form umgewandeltwerden, desto schwerer werden sie in dieser <strong>neue</strong>nForm verdaulich sein.Alles, was die leichtere Umwandlungsfähigkeit, Zersetzlichkeit,Gärungsfähigkeit von Nahrungsmitteln behindertund aufhält, oder anders gesagt ihre Haltbarkeit verlängert,wozu alles Salzen, Einpökeln, in Essig legen, Räuchern,Kochen und Zubereiten gerechnet werden muss, macht solcheNahrungsmittel schwerer verdaulich.Von allen gekochten und zubereiteten Nahrungsmittelnsind diejenigen am leichtesten verdaulich, welche am einfachstenzubereitet und gekocht sind, und welche am wenigstenund geringsten dabei gesalzen und gewürzt sind.Nahrungsmittel in flüssiger Form, zum Beispiel Suppe


138 Erster Teil.oder Getränk, wie Bier, Wein, Kakao u. s. w., sind beiweitem schwerer verdaulich, als die festen, kaubaren.Der fortgesetzte Genuss flüssiger Nahrung führt stetszu Magenerweiterung und Verdauungsstörungen.Alle diejenigen Nahrungsmittel, die uns in ihrer natürlichenForm Abscheu und gerade das Gegenteil als Esslusterregen, sind allemal für uns gesundheitsnachteilig, auchwenn sie in zubereitetem und gekochtem Zustande vielengut schmecken mögen. Zu diesen Nahrungsmitteln gehörtnamentlich das Fleisch. Keinem würde es einfallen, in einlebendes Rind einzubeissen oder rohes Schafsfleisch zu essen.Durch die Zubereitung wird nur unser Instinkt und unsernatürliches Gefühl betrogen, aber niemals werden die vorherunserem Instinkte, Geruchs- und Geschmackssinn feindlichenStoffe unschädlich gemacht.Zu diesen Fundamentalsätzen einer naturgemässen Ernährungsweisesei noch folgendes bemerkt.Alle Nahrungsmittel sind in unreiferm, d. h. unausgewachsenemZustande leichter verdaulich und kräftigender,als im vollkommen reifen und ausgewachsenen. Ein unverdorbener,natürlicher Instinkt findet das stets heraus.Man darf nur solche Lebewesen, die noch einen solchenInstinkt besitzen, beobachten, und man wird finden, wie dieselbenstets alles Unreife dem Reifen vorziehen. Wir sehenz. B. die Tiere auf der Weide sich allemal die jüngsten undunreifsten Gräser und Kräuter heraussuchen und die älteren,reiferen erst dann fressen, sobald die jüngeren nichtmehr da sind. Auch wir essen lieber das noch junge Gemüse,als das ausgewachsene ältere. So sind auch alleFrüchte im unreifen oder halbreifen Zustande viel leichterverdaulich, als im völlig reifen. Wer Gelegenheit gehabthat, Eingeborene, die sich zumeist von Früchtennähren, zu beobachten, der wird gesehen haben, wiediese Naturmenschen stets die halbreifen Früchte den reifenvorziehen.Nun herrscht vielfach die irrtümliche Ansicht, unreifes


Was sollen wir essdh, was sollen wir trinken? 139Obst sei gesundheitsschädlich, weil es Durchfall, Ruhrund Dysenterie erzeuge. Das ist ein grosser Irrtum. Sicherist, dass wer hauptsächlich an Fleischgenuss gewöhnt ist,und dann gelegentlich einmal unreife Äpfel oder anderesunreifes Obst geniesst, leicht davon Durchfall bekommt. Dasist aber auch nur wieder ein sicherer Beweis dafür, dassdas unreife Obst ausserordentlich leicht verdaulich ist. Dennjede sehr rasch und leicht verdauliche Nahrung wird durchden Gärungsprozess der Verdauung so rasch umgewandelt,wie kein schwerer verdauliches Nahrungsmittel. Befindensich nun in den Verdauungsorganen schwerer umwandlungsfähigeoder schwer gärungsfähige Nahrungsmittel, so werdendieselben durch den schnelleren Gärungsprozess des unreifenObstes derartig beeinflusst, dass sie ihrerseits jetzt ebenfallsschneller in Zersetzung und Gärung übergehen. Dadurchentsteht aber der ganz mit Unrecht so viel gefürchteteDurchfall. Solch eine Durchfallkrise befreit den Körper oftin unglaublich kurzer Zeit von einem grossen Teile seinerFremdstoffe und ist für den Organismus eine wahre Wohlthat.Wie ich über Durchfall denke, habe ich ausführlicherin dem Kapitel über Ruhr auseinandergesetzt.Wir beobachten ja auch, wie z. B. Hunde, wenn siedurch die Fürsorge ihrer Pfleger zu fett genährt werden,öfters Gras fressen, ein Nahrungsmittel, das wahrhaftig einemfleischfressenden Tiere nicht von der Natur bestimmt ist.Fragen wir aber, weshalb der Hund in solchen Fällen Grasfrisst, so haben wir darauf nur die Antwort: sein Instinktsagt ihm, dass das leichtverdauliche Gras seine durch zufette Nahrung beschwerte Verdauung wieder infolge seinerleichten Verdaulichkeit beschleunigen hilft.Haben wir es also mit Schwer-Magenkranken oder überhauptmit solchen Patienten zu thun, deren Verdauung sichdurch nichts mehr heben lassen will, so sei allen denen,welche mein Verfahren praktisch ausüben wollen, gesagt, dassman in solchen Fällen an Stelle des reiferen Obstes unreiferesgeben muss, und zwar solange, bis der Magen des Kranken


140 Erster feil.dann allmählich soweit gekräftigt ist, % dass er- auch wiederreifes Obst verdauen kann.Auch die Körnerfrüchte sind je nach ihrer Zubereitungund der Art und Weise, wie wir sie geniessen, sehr verschiedenschwer verdaulich. In ihrem natürlichsten Zustandeals ganze Körner, sind sie am leichtesten verdaulich. Indieser Form hat das Gebiss eine bedeutende Arbeit mit ihrerZerkleinerung, und gerade diese Arbeit und die damit unvermeidlicheausserordentliche Einspeichelung ist es, die zumgrossen Teile ihre leichtere Verdaulichkeit mit bedingt. Indieser Form indessen kann nur ein mit gutem Gebisse ausgerüsteterMensch die Körnerfrüchte geniessen, alle diejenigendagegen, welche kein volles Gebiss mehr haben, wozu mehroder weniger wohl alle Patienten zu rechnen sind, werdendiese Arbeit nicht bewältigen können, weil ihr Gebiss dazunicht ausreicht, dagegen werden sie die Körner in geschrotetemZustande noch gut bewältigen können. Körnerschrot ist daherfür Schwerkranke, wo es die Verhältnisse gestatten, einüberaus wichtiges Ernährungsmittel und allemal da anzuwenden,wo z. B. Patienten das Schrotbrot noch nicht vertragenkönnen. In diesem Falle leistet das Schrotmehl diebesten <strong>Die</strong>nste, und wenn der Zustand des Patienten überhauptnoch besserungsfähig ist, wird er sich bei dem Genussvon Schrotmehl und unreifem Obst sehr bald soweit bessern,dass Patienten dann wieder Schrotbrot geniessen können.In der Form des Schrotbrotes oder sogenanntem Grahambrotessind Körnerfrüchte schon nicht mehr so leicht verdaulich,wie in den vorher erwähnten beiden Formen. Vonallen Brotsorten ist aber das Grahambrot (vergleiche dasRezept dazu auf Seite 161) am leichtesten verdaulich. Beiden meisten Brotsorten wird von dem Korne nur ein Teilund zwar der innere weisse, mehlhaltige Kern verwendet,wogegen die Hülsen fast ausnahmslos anderweitig verwertetwerden. Durch solche Zubereitung der Körner wird zwarein sehr feines Mehl gewonnen, aber alle daraus gefertigtenBrote sind schon viel schwerer verdaulich, als das Graham-


Was sollen wir essen, was sollen wir trinken? 141brot, denn sie führen leicht zu Verstopfung, weil ihnen dieKleie fehlt, welche das Grahambrot so locker hält. Inmeiner erst kürzlich erschienenen kleinen Broschüre: „Kindererziehung"habe ich mich auf S. 41—50 ausführlich über diesThema ausgesprochen, weshalb ich hier nur darauf verweise.Ich will indessen auch hierzu noch ein Beispiel aus derNatur anführen. Wir alle wissen, dass der Hafer für Pferdeein ausgezeichnetes Nahrungsmittel ist. Wie sehr es aberauf die Form ankommt, in welcher wir dem Pferde den Haferreichen, um diesen als gutes Nahrungsmittel gelten zu lassen,werden uns leicht einige Versuche lehren. Reichen wir denPferden reinen Hafer mit Strohhäcksel vermischt, so ist erden Tieren am leichtesten verdaulich und auch am nahrhaftesten.Lassen wir die Tiere dagegen nur reinen Haferohne Strohhäcksel fressen, so werden wir bald finden, dassjetzt der reine Hafer schon ein zu fettes Futter für dieselbenist. Reichen wir dagegen eine andere Körnerfrucht, z. B.Weizen oder Roggen ohne Zusatz von Strohhäcksel, so wirdes sich noch viel schneller als vorher an der Verdauung derPferde zeigen, dass diese Nahrungsmittel noch fetter sindals der Hafer, weil sie weniger Schale haben als der Hafer.Noch deutlicher tritt die schwere Verdaulichkeit zu Tage,sobald wir den Hafer enthülst verabreichen. <strong>Die</strong> Pferdewerden dabei rasch fett, leistungsunfähig und verstopft.Gerade, die Schale oder Hülse des Kornes ist es, welchedas Korn leicht verdaulich macht. Jemehr Hülse oder Schaleein Korn hat, desto leichter ist es auch verdaulich. DerHafer ist aber von allen Körnerfrüchten dasjenige, welchesdie meiste Schale besitzt, und aus diesem Grunde auch vielgeeigneter zum Pferdefutter, als Weizen oder Roggen, dieweit 'weniger Schale besitzen. <strong>Die</strong> Schale des Kornes machtletzteres gewissermaassen magerer. In Verbindung mit Strohhäckselist der Hafer dann noch leichter verdaulich, weildas Stroh der Hülse des Kornes ziemlich gleichkommt, alsoebenso wie die Hülse mit dazu beitragen hilft, das Kornmagerer zu machen.


142 Erster Teil.Finden wir j«tzt in den Ausleerungen des Pferdes Teileder Haferspelzen und des Strohhäcksels scheinbar unverändertwieder, so dürfen wir nicht etwa, wie dies leider vielfachirrtümlich angenommen wird, glauben, dass diese nur wertloserBallast für die Verdauung des Pferdes sind, und wirbesser thäten, ihm diesen Ballast zu ersparen. Das wäreein sehr grosser Irrtum, der sich sofort an der Verdauungund infolgedessen an dem Gesundheitszustande des Pferdesrächen würde. Denn gerade diesen scheinbaren Ballastbraucht das Pferd zu seiner normalen Verdauung ebensonötig, als das Innere der Körner selber; das eine istohne das andere nicht normal verdaulich. Gerade in derForm, wie es uns die Natur bietet, ist es auch für die•Verdauung am vorteilhaftesten, und nur ein beschränkterKopf wird dieses nicht einsehen und danach streben, dieNatur zu vervollkommnen und zu verbessern. Leider ist aberdie Natur nicht verbesserungsfähig; wenn der Mensch sie verbessernwill, so geschieht es immer zu seinem Nachteil.Das, was für das Pferd seine Giftigkeit hat, gilt auchfür alle übrigen Lebewesen, also auch für den Menschen.Es kommt also auch bei diesem sehr viel darauf an, inwelcher Form er seine Nahrung geniesst. Man hörjfc sooft sagen: „Hülsenfrüchte kann ich nicht verdauen, die blähenmich zu sehr u. s. w." Das liegt aber zum geringsten Teilean den Hülsenfrüchten, und zum allermeisten an der Artihrer Zubereitung. In Form von Püree oder Suppe, durchgeschlagen,wie wir heute fast ausschliesslich die Hülsenfrüchtegeniessen, sind sie allerdings sehr schwer zu verdauen, undes ist kein Wunder, wenn sie Verdauungsbeschwerden verursachen.Besonders in Suppenform sind sie heimtückisch,denn die Suppe gelangt ohne langes Kauen in den Magenund ist deshalb von vornherein ungenügend vorbereitet fürdie Verdauung. Kochen wir uns dagegen dasselbe QuantumErbsen, das uns gerade zu einer Suppe genügte, die wirauf einmal zu uns nehmen konnten, in anderer Form, nurmit wenig Wasser, so dass, wenn die Erbsen gar gekocht


Was sollen wir essen $ was sollen wir trinken? 143-sind, alles Wasser eingekocht ist und die* Erbsen in ihrerrunden natürlichen Form daliegen, so werden wir finden,dass wir zunächst kaum den dritten Teil von dem Quantumzu uns nehmen können, das wir vorher in Suppenform mitBehagen hinabgossen, und werden ferner bemerken, dass unsdies geringere Quantum, obgleich mit der Hülse genossen,durchaus keine Verdauungsbeschwerden macht und weit mehrstärkt, als die Suppe. Noch geringer aber wird das Quantumsein, welches wir essen können, wenn wir versuchen wollten,die Hülsenfrüchte roh zu verzehren. In dieser Form würdeuns bequem der dritte Teil von dem vorigen Quantum genügen,um uns dieselben <strong>Die</strong>nste zu leisten.


144 Erster Teü.für ihn das Beste. Es muss daher genügen, die verschiedenenVerdaulichkeitsgrade der einzelnen Nahrungsmittel angegebenzu haben. Lassen Sie uns jetzt zu der theoretischen Begründungeiner solchen Ernährungsweise übergehen.Ich lasse hier einen Vortrag des Vorsitzenden des LeipzigerVegetarier-Vereins, des Herrn E. Hering, folgen, derdiese Begründung in treffender Weise giebt.Wir nehmen durch zwei Organe Stoffe in unseren Körperauf, durch die Lunge und durch den Magen. *) Für beide hatder Körper auch einen Wächter gestellt, für die erstere dieNase, für den letzteren die Zunge. Leider sind sie aber beidediicht unbestechlich, wie die Erfahrung hinlänglich zeigt. Esunterliegt wohl keinem Zweifel, dass die Luft draussen auffreier Bergeshöhe für unsere Lungen die beste Speise ist,und der Geruchssinn fühlt sich beim Einatmen derselbenvöllig befriedigt. Wer sich immer in dieser reinen Luft bewegt,dem ist es ganz unmöglich, im rauchgeschwängerten Zimmerstundenlang zu verweilen, denn sein Geruchssinn warnt ihnbei jedem Atemzuge. Wiederholt sich aber der Aufenthalt insolchem Räume, so wird nach und nach die Warnungsstimmeschwächer, bis sie schliesslich verstummt, ja allmählich gewöhntsich der Geruchssinn so daran, dass der Qualm ihm angenehmerscheint. Er ist bestochen und es bedarf einiger Zeit, ehe erseinen verführerischen Gelüsten wieder entrückt werden kann.Weil wir aber jede Minute 16—20 mal atmen, treten dieüblen Folgen der direkten Aufnahme der Fremdstoffe raschhervor, und so kommt es wohl, dass der Verstand da baldeingreift, wo der Geruchssinn uns verlässt.Viel schlimmer steht es mit der Zunge, die wir leidervon klein auf zu bestechen pflegen, und die daher zuletztkaum mehr einigermaassen zuverlässig genannt werden kann.Es ist ja allgemein bekannt, wie das Urteil des Geschmackssinnessich nach unseren Gewohnheiten ändern kann. Nun*) <strong>Die</strong> StofFaufnahme durch Einimpfen von Flüssigkeiten ist einevöllig widernatürliche, daher auch ausnahmslos von schlimmen Folgenbegleitet.


Was sollen wir essen, was sollen wir trinken? 145aber ist es doch so ausserordentlich wic*htig, ob wir dierechte Nahrung in den Körper aufnehmen, denn jede naturwidrigeNahrung enthält Stoffe, die nicht in den Körper gehören,bringt uns also die bekannten Krankheitserzeuger.Eine naturgemässe Diät bildet daher einen Hauptbestandteilder <strong>neue</strong>n arzneilosen und operationslosen Heilkunst. LassenSie uns also die Frage genauer untersuchen:Welche Diät ist naturgemäss? ,Da wir uns auf die Zunge und unseren natürlichen Instinktnicht* mehr so recht verlassen können, so müssen wiruns durch anderweitige genaue Beobachtungen und SchlüsseGewissheit darüber verschaffen.<strong>Die</strong> Frage ist in ihrem ganzen Umfange eine rein naturwissenschaftliche,und daher müssen wir zu ihrer Lösungauch den für die Naturwissenschaft einzig zulässigen Wegeinschlagen, den sogenannten induktiven, oder den Weg vombesonderen zum allgemeinen. Es erwachsen uns dabei dreiHauptaufgaben: 1. Beobachtungen zu sammeln, 2. Schlüssedaraus zu ziehen, 3. Versuche anzustellen.Das Beobachtungsgebiet ist freilich ein überaus grosses,und es ist dem Einzelnen ganz unmöglich, dasselbe in allenseinen Teilen kennen zu lernen. Wir müssen uns dahermit einigen Streifzügen begnügen, ungefähr so, wie wir esthun würden, um die Flora Deutschlands kennen zu lernen!Das Gebiet, das bei einer wissenschaftlichen Begründung*irgend einer Ernährungsform in Frage kommt, ist nun einso bedeutendes, dass wir gleich von vornherein es möglichstbeschränken müssen, denn es käme die Ernährungsweisesämtlicher organischer Wesen in Frage. Es wird aber füruns genügen, wenn wir, um Schlüsse ziehen zu können undum Grundlagen zu gewinnen für planmässige Versuche, namentlichdie uns näher stehende, höhere Tierwelt ins Augefassen. Alle die Sätze aber, über welche bereits Übereinstimmungherrscht und die klar aus der Beobachtung hervorgehenoder doch sicher bewiesen sind, will ich sofort, umaUe Abschweifung zu ersparen, als bekannt voraussetzen.Louis Ku-hne, <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong>. 10


146 Erster Teil.Schon der erste Blick auf die Lebewesen zeigt uns, dassdieselben zur Unterhältung des Stoffwechsels unbedingt Nahrungzu sich nehmen müssen, dass sie aber auch in der Wahlderselben ziemlich beschränkt sind. <strong>Die</strong> am Meeresufer aufdem salzhaltigen Boden üppig wachsende Pflanze, sie gehtzu Grunde im Binnenlande; die Sandpflanze, die auf demtrockenen Kiesboden vortrefflich gedeiht, sie geht zu Grundeim Gartenlande; die Kulturpflanze, welche die reiche Humuserdeliebt, sie geht zu Grunde auf dem Sandboden.Sehr bestimmt ausgeprägt finden wir die gleiche Erscheinungim Tierreiche, so bestimmt, dass man die Tierenach der Ernährungsart klassifizieren kann. Schon demVolke ist die Einteilung der Säugetiere in Fleisch- undPflanzenfresser geläufig. Freilich ist dieselbe eine so oberflächliche,dass x sie uns nicht genügen kann. Bei genauererBetrachtung merken wir bald, dass wir die Insektenfresservon den eigentlichen Fleischfressern abgliedern müssen, unddass die Pflanzenfresser sich in Gras- und .Fruchtfressertrennen (Herbivoren und Frugivoren). Ausserdem finden wirnoch einige wenige Allesfresser (Omnivoren). <strong>Die</strong> Beobachtungmuss sich bei den einzelnen Klassen wieder auf dieOrgane erstrecken, die der Ernährung dienen; an diesen drücktsich die Ernährungsart so bestimmt aus, dass man selbst am•'Skelett des Tieres dieselbe erkennen kann. Hauptsächlich^woUen wir unser Augenmerk auf die Zähne, den Verdauungskanal,die Sinnesorgane, die das Tier zur Nahrung^führen, sowie auf die Ernährung der Nachkommenschaftrichten. Vier Streifzüge sind es also, die wir durch dasschon begrenzte Gebiet unternehmen und an die wir unsereBeobachtungen knüpfen wollen.Wir unterscheiden bekanntlich dreierlei Zähne: Vorder-,Eck- und Backenzähne. <strong>Die</strong> Vorderzähne der Raubtiere sindwenig ausgebildet und werden so gut wie nicht verwendet,hingegen zeigen die Eckzähne eine ganz auffallende Länge.Sie überragen die anderen Zähne weit, und in der gegenüberliegendenZahnreihe ist eine besondere Lücke nötig, um


Was sollen wir essen, was sollen wir trinken? 147sie aufzunehmen. Sie sind spitz, glatt und etwas gebogen.Zum Kauen eignen sie sich in keiner'Weise, wohl aber zumErfassen und Festhalten der Beute. Wir bezeichnen siebei den Raubtieren am besten als Fangzähne und könnenthatsächlich beobachten, dass die Raubtiere sie als solche•gebrauchen. Zum Zerkleinern des Fleisches dienen ihnenaber die Backenzähne, die sämtlich oben mit Spitzen versehensind. <strong>Die</strong>se Spitzen stossen nicht aufeinander, sonderngehen dicht aneinander vorüber, sodass sie beim Zerkleinerndes Fleisches nur die Muskelfasern mechanisch trennen. EineSeitenbewegung des Unterkiefers würde dabei störend seinund ist den Raubtieren auch nicht möglich. Daraus gehthervor, dass dieselben keine Mahlbewegung ausführen können,und man kann z. B. täglich wahrnehmen, wie schwer es Hundenfällt, Brotstücke zu zerkleinern, sie müssen dieselbenschliesslich beinahe unzerkaut verschlucken.Bei den Grasfressern sind die Schneidezähne auffallendstark entwickelt; sie dienen ihnen zum Abbeissen des Grasesund der Kräuter. <strong>Die</strong> Eckzähne sind gewöhnlich verkümmert,bisweilen auch zu Waffen ausgebildet, wie beim Elefanten.<strong>Die</strong> Backenzähne sind oben breit und nur an der Seite mitSchmelz versehen. Sie eignen sich vorzüglich zum Zerdrückenund Zerreiben der Nahrung.Frugivoren giebt es nicht allzuviele, für uns sind diemenschenähnlichen Affen die wichtigsten. Wir finden beiden Fruchtessern das am gleichmässigsten ausgebildete Gebiss.<strong>Die</strong> Zähne haben annähernd dieselbe Höhe, und nurdie Eckzähne ragen ein wenig über die anderen empor, dochviel zu wenig, um denselben Zweck erfüllen zu können wiebei den Raubtieren. Sie sind kegelförmig, aber oben stumpfund nicht glatt, so dass sie nie als Fangzähne dienen können,sie sind sichtlich für grosse Kraftleistungen bestimmt, undman weiss ja auch, dass die menschenähnlichen Affen mitdiesen Zähnen Erstaunliches leisten können. <strong>Die</strong> Backenzähnedieser Tiere sind oben mit Schmelzfalten versehen, undda der Unterkiefer ausgiebige Seitenbewegungen gestattet,10*


148 Erster Teil.ist ihre Thätigkeit mit der von Mühlsteinen zu vergleichen.Besonders wichtig ist der Umstand, dass kein einziger Backenzahnoben Spitzen zeigt, dass also keiner zum Kauen desFleisches bestimmt ist. Das ist um so bemerkenswerter, alsdie Omnivoren, zu denen eigentlich nur die Bären gezähltwerden können, sowohl mit Spitzen versehene als auch breiteBackenzähne besitzen. Natürlich haben diese auch die Fangzähneder Raubtiere, ohne die sie ja ihre Fleischnahrungnicht erlangen könnten, die Vorderzähne hingegen gleichendenen der Fruchtfresser.Welchem dieser Gebisse gleicht nun das menschliche? Eskann kein Zweifel obwalten und lässt sich ohne Mühe erkennen,dass es fast vollständig dem der tierischen Frugivoren gleichgebildetist. Der Eckzahn des Menschen erreicht nicht ganzdie Höhe wie bei diesen und ragt sehr wenig oder gar nichtüber die anderen Zähne hervor, aber das ist kein wesentlicherUnterschied. Man hat aus dem blossen Vorhandensein desEckzahns oft geschlossen, dass der menschliche Körper auchfür Fleischnahrung eingerichtet sei, aber dieser Schluss wärenur berechtigt, wenn der menschliche Eckzahn denselbenZweck erfüllen könnte, wie der Eckzahn der Raubtiere, undwenn wir, wie" die Bären, wenigstens einige entsprechendeBackenzähne zum Zerkleinern des Fleisches hätten.<strong>Die</strong> Schlüsse, die wir aus unseren Beobachtungen ziehenmüssen, werden nun die folgenden sein: 1. Das Gebiss desMenschen gleicht nicht dem der Karnivoren, folglich ist erkein Karnivor; 2. das Gebiss des Menschen gleicht nicht demder-Herbivoren, folglich ist er kein Herbivor; 3. das Gebissdes Menschen gleicht nicht dem der Omnivoren, folglich ister kein Ömnivor; 4. das Gebiss des Menschen gleicht fastvollständig dem der menschenähnlichen Frugivoren, folglichist er ein Frugivor.Der oben genannte Fehlschluss wird vielfach noch inanderer Form angeführt und zwar in der folgenden: „DerMensch ist dem Gebisse nach weder Karnivor noch Herbivor,sondern steht in der Mitte zwischen beiden, folglich ist er


Was sollen wir essen, was sollen wir trinken? t 149auch beides." Dass dieser Schluss vor dem Richterstuhlder Logik nicht bestehen kann, dürfte wohl kaum einesNacl^ireises bedürfen. Der Begriff Mittelstellung ist einviel zu allgemeiner und unbestimmter, als dass er bei einerwissenschaftlichen Beweisführung verwendet werden könnte, (nur in der Mathematik lässt sich eine bestimmte Vorstellungdamit verbinden.Treten wir nun unseren zweiten Streifzug durch dasreiche Beobachtungsgebiet an, und lenken wir dabei unsereAufmerksamkeit auf den Verdauungskanal der Tiere! <strong>Die</strong>Raubtiere haben einen kleinen, fast kugelrunden Magen, undder Darmkanal besitzt die, 3—öfache Länge des Körpers,als Körperlänge den Abstand zwischen Rachenöffnung undSchwanzwurzel genommen. <strong>Die</strong> Grasfresser, besonders die* Wiederkäuer, haben einen sehr ausgedehnten und zusammengesetztenMagen, und der Darmkanal erreicht die 20—28facheKörperlänge. Bei den Fruchtfressern ist der Magen etwasbreiter als bei den Fleischfressern, und sie besitzen im Zwölffingerdarmeinen Anhang, den man als zweiten Magen bezeichnenkönnte. <strong>Die</strong> Länge des Darmkanals beträgt das10—12fache der Körperlänge. Man findet nun in anatomischenWerken oftmals die Behauptung, der menschlicheDarm besitze die 3—öfache Länge des Körpers, folglich sei1 er mehr zur Fleischspeise eingerichtet. Man zeiht hier chjeNatur eines grossen Widerspruchs, denn den Zähnen nach*soll sie den Menschen nach der landläufigen' Ansicht zumOmnivoren, dem Darm nach zum Karnivoren gebildet haben.<strong>Die</strong>ser Widerspruch löst sich aber sehr einfach. Man hatnämlich als Körperlänge des Menschen die Entfernung desScheitels von der Sohle genommen und vergessen, dassman, den Vergleichsfällen entsprechend, nur den Abstandder Mundöffnung vom Ende des Rückgrats als solche gebrauchenkann. Der angeführte Schluss ist demnach einTrugschluss. — <strong>Die</strong> Länge des menschlichen Darmkanalsbeträgt je nach der Grösse des Individuums 5—8,5 mund der bezeichnete Abstand 50—80 cm, so dass die


150 Erster Teil.Division etwa 10 als Resultat ergiebt. So gelangen wirzum zweiten Male zu dem Schlüsse: „Der Mensch ist einFrugivor."Lassen Sie uns nun unseren dritten Weg einschlagen unddiesmal auf die Wegweiser zu unserer Nahrung, auf dieSinne sehen. Namentlich sind es der Geruchs- und Gesichtssinn,welche die Tiere zu ihrer Nahrung führen und in ihnenzugleich das Verlangen nach derselben wecken. Findet dasRaubtier die Fährte eines Wildes, so fangen die Augen anzu funkeln, es folgt eifrig der Spur, erhascht die Beute inkühnem Sprunge, und leckt gierig das hervorspritzende Blut;alles das erregt in ihm sichtlich volle Befriedigung. Der"Grasfresser dagegen geht ruhig an seinen Mitgeschöpfenvorüber und kann höchstens durch andere Umstände veranlasstwerden, sie anzugreifen, nie wird ihn der Geruchssinnverleiten, Fleisch zu verzehren, und er lässt sogar seinenatürliche Nahrung unberührt, wenn sie mit Blut bespritztwurde. Hingegen führen ihn Geruchs- und Gesichtssinn zuKraut und Gras, die dann auch seinem Geschmackssinn behagen.Ganz die entsprechenden Wahrnehmungen finden wirbei den Frugivoren, die durch ihre Sinne auf die Baum- undFeldfrüchte verwiesen werden..Wie• verhalten sich nun die menschlichen Sinnesorgane?Lockt uns je der Gesichtssinn und der Geruchssinn dazu, -einen Ochsen zu töten? Wird ein Kind, das nie etwas vomSchlachten der Tiere gehört hat, selbst dann, wenn es schonFleisch genossen hat, beim Anblicke eines Masttieres aufden Gedanken kommen: Das musste einen Leckerbissen fürdich geben? Nur wenn wir uns im Geiste die Brücke vomlebenden Tier bis zum Braten, wie er auf den Tisch kommt,herstellen, nur dann kommen uns derartige Gedanken, abervon Natur liegen sie nicht in uns.Unsere Sinne empfinden das Töten selbst entschiedenals etwas Abschreckendes, und das frische Fleisch will wederdem Geruch noch dem Gesicht behagen. Warum errichtetman denn die Schlachthäuser immermehr ausserhalb der


Was Sollen wir essen, was sollen wir trinken? 151Städte? Warum erlässt man in vielen Orten Verbote, dasFleisch unbedeckt zu tragen? Kann dasselbe thatsächlicheine naturgemässe Speise genannt werden, wenn Auge undNase' von ihm so sehr beleidigt werden? Vor dem Genüssemuss es dem Geruchs- und sogar dem Geschmackssinne, wenndieselben nicht bereits allzusehr abgestumpft sind, durchWürzen angenehm gemacht werden. Wie lieblich erscheintuns dagegen der Duft des Obstes, und es ist gewiss kein Zufall,dass Berichterstatter über Obstausstellungen fast regelmässigihre Empfindung durch den einen Satz ausdrücken:„Beim Anblicke der Früchte läuft einem das Wasser imMunde zusammen." Ich kann noch hinzufügen, dass auchdie Körnerfrüchte einen, wenn auch schwachen, so doch 4angenehmen Geruch besitzen, und dass sie auch roh gutschmecken. Ihre ganze Gewinnung und Zubereitung hat füruns nie etwas Abstossendes, und der Landmann wird nichtmit Unrecht der „glückliche" Landmänn genannt. So müssenwir zum dritten Male den Schluss ziehen: „Der Mensch'muss von Natur entschieden ein Frugivor sein."Wenn wir auf unserm vierten Streifzuge die Vorkehrungenbetrachten wollen, welche die Natur für die Forterhaltungder Art getroffen hat, so sind die einschlagenden Beobachtungenschon schwieriger. Allen Geschöpfen wird sofortnach dem Eintritt in das Leben eine Nahrung geboten,.welche die rasche Weiterentwickelung begünstigt. Für denneugeborenen Menschen ist ohne Zweifel die Muttermilchdie einzig natürliche Nahrung. Hier machen wir auf einmaldie Bemerkung, dass eine Reihe Mütter ihren heiligen Pflichtennicht nachzukommen vermag, da ihr Organismus die Nahrungfür das Kind nicht zu erzeugen im stände ist. Es ist diesbesonders schlimm, da solchen Kindern von klein auf derrechte Maassstab für die sinnlichen Eindrücke verloren geht,denn keine künstliche Nahrung gleicht der natürlichen vollkommen.Unsere Beobachtungen zeigen uns sehr bald, dassdie vorwiegend von Fleisch sich nährenden besseren Ständeweit mehr darunter zu leiden haben und genötigt sind,


152 Erster Teil.4draussen vom Lande, wo man sehr wenig Meisch geniesst,sich Ammen kommen zu lassen. <strong>Die</strong>se speisen dann in derRegel auch von der Tafel ihrer Herrschaft, und nicht seltenverlieren sie bald die Fähigkeit, am Kinde Mutterstelle zuvertreten. Auf Seeschiffen reicht man den stillenden MütternHaferschleim, denn bei der vorwiegend aus Fleisch bestehendenSchiffskost versagen sonst ihre Brüste.<strong>Die</strong>se Beobachtungen lassen uns den Schluss ziehen,dass das Fleisch wenig oder gar nichts für die Erzeugungder Muttermilch beiträgt.*)Wir werden dadurch zum vierten Male zu dem Schlüssegedrängt, dass der Mensch von Natur auf Fruchtnahrungangewiesen ist.Wenn wir richtig geschlossen haben, folgt aber mitNotwendigkeit, dass die meisten Menschen mehr oder wenigervon ihrer natürlichen Nahrung abgewichen sind. Geschöpfesind von ihrer natürlichen Nahrung abgewichen! Das klingtfast ungeheuerlich und erfordert zunächst noch weitere Begründung.Ist es denn möglich, dass auch andere Geschöpfeihrer natürlichen Nahrung untreu werden können, und welcheFolgen hat dies? r <strong>Die</strong> Zwischenfrage müssen wir erst lösen,ehe wir unseren Weg nach aufwärts fortsetzen.* Wir wissen wohl, dass Hunde und Katzen sich anPflanzenspeise gewöhnt haben, aber wir können auch Beispieleanführen, wie sich Tiere an die Fleischnahrunggewöhne% können. Es war mir vergönnt, einen höchstinteressanten Fall zu beobachten. In einer Familie wurdeein junges Reh gross gezogen, welches bald Freundschaftmit dem im Hause lebenden Hunde schloss. Es sah nundiesen oftmals von der Fleischbrühsuppe fressen und machtebald Versuche, ihm darin Gesellschaft zu leisten. Anfangswandte es sich regelmässig mit Zeichen des Widerwülensdavon ab, wenn es nur die Zunge hineinbrachte: doch wieder-*) Es ist damit nicht gesagt, dass bei vegetarischer Kost jedeMutter ihr Kind stillen könne; es gehört dazu auch ein gewisser Gradvon Gesundheit, der nicht im Handumdrehen gewonnen werden kann.m


Was sollen wir essen, was sollen wir trinken? 153holte es den Versuch, und nach einigen Wochen frass eslustig mit. Nach mehreren weiteren Wochen war es schonso weit, Fleisch selbst zu verzehren, und zuletzt zog es dasselbeseiner natürlichen Nahrung vor. <strong>Die</strong> Folgen bliebenfreilich nicht lange aus, es kränkelte bald und starb, ehees ein Jahr alt war. Ich füge noch hinzu, dass das Tiernicht eingesperrt war, sondern im Garten und Walde umherspringenkonnte.-Wir wissen ja (auch, dass die frugivoren Affen in derGefangenschaft leicht an Fleischkost zu gewohne.ii sind, abersie sterben auch in der Regel nach ein bis zwei Jahren anLungenschwindsucht. Man schreibt dies zwar bis jetzt fastaUgemein dem Klima zu; da aber die anderen Tropenbe-wwohner recht gut bei uns gedeihen, so kann man wohl annehmen,dass die unnatürliche Nahrung die grösste Schuldträgt. Neuere Versuche bestätigen dies auch.Es ist also sicher, dass die Tiere von ihrer natürlichenNahrung abweichen können, und es wird hierdurch die Annahme,dass ein grosser Teil der Menschheit ebenso abgewichenist, schon viel wahrscheinlicher. Wenn dem aber soist, so müssen auch die Folgen für uns wahrnehmbar sein,es müssen sich ebenso sicher Krankheiten einstellen oderschon eingestellt haben. -m *Fragen wir die Menschen aufs Gewissen, wie viele vonihnen noch nie die Hilfe eines Arztes beansprucht haben,ich glaube, wir finden nur verschwindend wenige. Und wieviele giebt es denn, die den Tod an Altersschwäche sterben?<strong>Die</strong> Fälle sind so vereinzelt, dass die Tageblättergewöhnlich Notiz von ihnen nehmen. Es sind thatsächlichverschwindend wenig Menschen zu finden, die keineFremdstoffe in sich tragen. Im allgemeinen ist die mehrfrugivor, wenn auch nicht ganz naturgemäss lebende Landbevölkerungimmer noch glücklicher daran; wenn auch derGenuss frischer Luft das seinige beiträgt, die Hauptrollespielt doch die Nahrung. Dass die ungünstigen Gesundheitsverhältnissedes Menschen auch von anderen Faktoren mit


154 Erster Teil.abhängig sind, ist allerdings sicher, aber dass die Nahrungder wichtigste Faktor ist, kann man aus einem Vergleichemit der Tierwelt erkennen. <strong>Die</strong> Stalltiere leben z. B. unterden ungünstigsten hygieinischen Verhältnissen, die man sichdenken kann; sie sind genötigt, fortwährend die Gase zuatmen, die ihren Exkrementen entströmen und sind fastvöllig an der freien Bewegung verhindert. Natürlich müssensie infolgedessen krank werden, und man kann annehmen,dass das Schlachtvieh nie ganz gesund ist* aber so vieleKrankheiten herrschen trotz dieser ungünstigen hygieinischenVerhältnisse doch nicht unter diesen Tieren als unter denMenschen, die in allen jenen Beziehungen viel besser fürsich sorgen können und sorgen. <strong>Die</strong> Schuld muss also hauptsächlichan der Nahrung liegen.- Wir sind nun endlich dahin gelangt, die letzte Stufe zubetreten und durch Experimente die Haltbarkeit oder Unnahbarkeitunserer Schlüsse zu beweisen. Namentlich zweiEinwände sind es, die durch dasselbe zugleich auf ihren Wertgeprüft werden. Der eine ist der, dass der Mensch zufolgeseiner höheren Organisation nicht .denselben Bedingungenunterworfen sei, als die unter ihm stehenden Geschöpfe —und der andere, dass vielleicht durch den langen Gebrauchde»*Fleischkost der Körper sich dieser angepasst habe, etwaim Sinne der Darwinschen Anpassungslehre. <strong>Die</strong>ser zweiteEinwand gliedert sich wieder in zwei Behauptungen, einmaldass das ganze Menschengeschlecht diesen Anpassungsprozessdurchgemacht habe, und das andere Mal, dass wenigstensdie Erwachsenen sich ihm nicht ohne Gefahr entziehenkonnten.Alle diese Fragen sind endgültig nur durch Experimentezu beantworten und zwar durch Experimente an Kindernund an Erwachsenen. <strong>Die</strong>se Versuche sind aber bereits inMenge angestellt worden, und ich wül die Resultate in kurzenZügen vorführen. In einer Reihe Familien sind Kinder vonklein auf ohne Fleisch ernährt worden, und ich habe es mirimmer zur besonderen Aufgabe gestellt, die Entwickelung


Was sollen wir essen, was sollen wir trinken? 155solcher zu beobachten. Ich kann getrost behaupten, dassdie Versuche entschieden zu Gunsten der vegetarischen Diätausgefallen sind. <strong>Die</strong> Kinder entwickeln sich fast ausnahmsloskörperlich und geistig vortrefflich, und zwar geistig nachallen drei Seiten hin*, der des Verstandes, des Willens unddes Gemütes.Das führt mich noch dazu ein besonderes Wort überdie.Erziehung der Sittlichkeit hinzuzufügen. <strong>Die</strong> Frage istin der Gegenwart geradezu eine brennende geworden, undKlagen über Unsittlichkeit der Jugend sind etwas Alltägliches.Was ist denn nun der Hauptfeind der Moral?Man frage nur die Priester aller Religionen und alle Philosophenund Sittenlehrer und wird immer wieder dieselbenAntworten erhalten: „<strong>Die</strong> sinnlichen Leidenschaften!" Mangab sich denn auch ausserordentliche Mühe, dieselben zuunterdrücken, benutzte aber meist naturwidrige Mittel, wieübertriebenes Fasten, Kasteien, Absperren in Klöster u. s. w.,natürlich ohne genügenden Erfolg. Wie nun der Feldherrden Feind am raschesten und sichersten überwindet, wenner ihn verhindert, sein Heer erst in Schlachtordnung aufzustellen,so auch der Erzieher. Sobald es ihm gelingt, diesinnlichen Leidenschaften in ihrer Entwicklung zu hindern,so ist der Hauptfeind der Moral beseitigt; ein wichtigesMittel hierzu ist die Ernährung der Kinder durch reizlose,also vegetarische Kost. <strong>Die</strong> Experimente haben die Richtigkeitder Behauptungen erwiesen,- und die Thatsache ist vonso hoher Bedeutung, dass sie nicht genug betont werden kann.Das Freibleiben von sinnlichen Leidenschaften und dieSeelenruhe, die dadurch erzielt wird, ist zugleich eine sichereGrundlage für eine vorzügliche intellektuelle Bildung. JederPsycholog weiss, dass der Zustand der Befriedigung fürgeistige Thätigkeit, klares Denken und Urteilen entschiedender günstigste ist, und diesen Zustand herbeizuführen, dürfteauf keine Weise in dem Maasse erfolgen, als durch vegetarischeErnährung.So gern ich die Gedanken hier weiter verfolgte, ich


156 Erster Teil.muss doch davon abbrechen, um Ihre Aufmerksamkeit nichtzu lange in Anspruch zu nehmen. Wir müssen ja noch dieExperimente an erwachsenen Personen ins Auge fassen. Esliegen auch deren eine Menge vor, und wir Vertreter dernaturgemässen Lebensweise stehen als Objekte derselben vorIhnen. Welche Resultate wir erzielt haben, das sprechenwir wohl am deutlichsten dadurch aus, dass wir treue Anhängerdieser Lebensweise geworden und geblieben sind;dabei müssen sie wohl bedenken, dass die meisten Vegetariernur durch schwere Krankheit dazu getrieben wordensind. Wenn diese nun froh sind, dass sie mit Hilfe derselbenwieder leidliche Gesundheit erlangen konnten, so kann mannatürlich nicht fordern, dass sie auch noch stets ein blühendesAussehen gewinnen müssten; vielen gelingt dies ja noch,anderen aber nicht. Wenn z. B. ein Theodor Hahn im Altervon 29 Jahren am Rande des Grabes stand und die Ärzteeine Wiedergenesung für unmöglich hielten, und wenn nunderselbe bei naturgemässer Diät wieder ziemlich gesundeteund noch weitere 30 Jahre leben konnte, so hat das Experimentdoch wohl zu Gunsten derselben entschieden, und esberührt eigentümlich, wenn Gegner triumphierend ausrufen:„Seht, er ist nur 59 Jahre alt geworden!" Eine Reiheinteressanter Fälle, wie auch nichtvegetarische Ärzte, alsodoch gewiss keine Parteigänger, Krankheiten mit Zuhilfenahmevegetarischer Diät heilten und heilen, hat Alfredv. Seefeld in seinem Schriftchen: „Altes und Neues über dievegetarische Lebensweise" zusammengestellt.<strong>Die</strong> <strong>neue</strong> arzneilose und operationslose Heilkunst hat diereizlose Ernährung als die naturgemässe für durchaus notwendigzu jeder gründlichen Kur befunden. <strong>Die</strong> Erfahrunghat auch stets bewiesen, dass die Erfolge immer rascheresind, sobald die strengste reizlose Diät befolgt wird. Allediejenigen, welche sich nicht entschliessen können, denFleischtöpfen zu entsagen und den Spirituosengenuss zu meiden,erzielen weit langsamere Heilerfolge, führen sie dochdem Körper immer wieder <strong>neue</strong> Fremdstoffe zu, die auch


Was sollen wir essen, was sollen wir trinken? 157wieder entfernt sein wollen. Sie werden also die Anlage zuKrankheiten niemals beseitigen.Leidlich Gesunde können die Arbeit ihrem Körper eherzumuten, wenn immerhin auch nicht zu ihrem Vorteil; weraber gesund werden will, dessen Körper braucht alle Kraftzur Ausstossung der Krankheitsstoffe.<strong>Die</strong> herrschende gemischte Kost macht es uns übrigenserklärlich, dass Krankheit und Siechtum allenthalben unsbegegnen.Nun fragen Sie aber bestimmter: Was sollen wir dennnun essen, und was sollen wir trinken? Was das Getränkanbetrifft, so muss ich nochmals zurückkehren zu unserenBeobachtungsgebieten. Wir finden ausser dem Menschen keinGeschöpf, das von Natur zur Löschung des Durstes eineandere Flüssigkeit als Wasser wählte. Bemerkenswert ist esdabei, dass die Tiere fast immer das fliessende Wasser aufsuchenund lieber aus dem Flusse oder Bache trinken, alsaus der Quelle, die aus dem Fels sprudelt, und thatsächlichist Wasser, welches von der Sonne beschienen wurde undül^er Kies dahinfloss, dem frischen Quellwasser vorzuziehen.Tiere, die saftige Nahrung geniessen, trinken übrigens sehrwenig, und auch der Mensch fühlt selten Durst, wenn er diesaftige Frucht bei seiner Nahrung nicht vernachlässigt. Hater aber das Bedürfnis zu trinken, so ist auch für ihn Wasserdas einzig wahrhaft naturgemässe Getränk. Schon die mitFruchtsaft versetzten Wässer veranlassen ihn leicht, reichlicherzu trinken als erforderlich, wenigstens dann, wenn sie starkmit Zucker versetzt sind. Wer Heilung von Krankheit sucht,der muss sich streng an das Getränk halten, das von Natur füruns bestimmt ist, und muss seinen Durst nur mit Wasser löschen.Was sollen wir aber essen?Auf Früchte hat die Natur uns hingewiesen, und Fruchtnahrungist also die naturgemässe. Alle Baum- und Getreidefrüchte,alle Beeren und auch alle Knollen, die Gesicht,Geruch und Geschmack nicht abstossend, sondern einladendfinden, können uns zur Nahrung dienen. Wir finden solche


158 Erster Teil.in allen Erdgegenden; ünd*Zonen in genügender Menge, höchstensfehlen sie in den kältesten Regionen. Letztere sinddaher auch nicht zur Wohnstätte für Menschen geeignet,und wir finden die dortigen Bewohner körperlich verkommenurid geistig nur "wenig entwickelt.Soweit als möglich sollen die Naturgaben auch in ihrernatürlichen Form genossen werden, was freilich wegen dermannigfachen Entartung, der wir (namentlich die Zähne) ausgesetztwaren, nicht durchzuführen ist. Doch meide man, sogut es geht, alle künstlichen Zusätze und Extrakte, dennjede konzentrierte Nahrung ist widernatürlich, da die Naturniemals solche darbietet. Auch der Zusatz scharfer Gewürzeist zu vermeiden, möglichst auch der von Zucker und Salz.Das Kochen der Speisen wird heutzutage oft recht fehlerhaftausgeführt, man giesst das Kochwasser, welches docheine Reihe Nährstoffe aufgenommen hat, gewöhnlich weg undbringt dann die ausgelaugten Gemüse auf den Tisch. Dasist durchaus verwerflich. Man koche alle Gemüse in möglichstwenig Wasser oder im Dampftopf und lasse ja dasWasser daran. Über die einzelnen Speisen selbst bitte ichdie vegetarischen Kochbücher zu fragen, und ich nenne Ihnendie von Carlotto Schulz und von Ed. Baltzer, die Sie durchjede Buchhandlung beziehen können.Es wäre aber ein Irrtum zu glauben, dass jede der darinverzeichneten Speisen auch für die Kranken zu empfehlenSei. Mit einem kranken Arm kann man nicht in normalerWeise arbeiten, und so kann auch ein kranker Magen nichtin normaler Weise verdauen. Er sagt es schon selbst, waser zu verarbeiten im stände ist. Sobald Aufstossen oderMagendrücken oder Blähungen oder saurer Geschmack odersonst -eine Unregelmässigkeit eintritt, so hat man entwederzu viel oder etwas Unpassendes genossen. Der Kranke wirdsehr bald herausfinden, was ihm frommt, sobald er sich nurgenau beobachtet. Zuerst wird für ihn immer noch Schrotbrot,wenn er es gut und gründlich durchkaut, das bestesein, kann er dieses nicht mehr vertragen, wird*er sogar


Was sollen wir essen, was sollen, wir trinken? 159nur Getreideschrot mit besonderen! Erfolge geniessen können,denn dieses lässt sich nur verschlucken, wenn es gründlicheingespeichelt ist, und der Kranke kommt nicht so leicht inGefahr davon zu viel zu geniessen. Das richtige Maasshaltenim Essen ist für die Kranken neben der Auswahl an passendenNahrungsmitteln von grösster Wichtigkeit. Selbst diegeeignetste Krankenkost wirkt schädlich, sobald zu viel vonihr genossen wird.Als Krankenspeise sei hier noch besonders Hafergrützegenannt, womöglich ohne jeden Zusatz, höchstens mit sehrwenig Salz und frischer ungekochter Milch dick zubereitet.Milch darf überhaupt nur kühl genossen werden und ungekocht,man überzeuge sich jedoch, ob sie widerlichen Geruchhat, in diesem Falle und wenn sie unangenehm schmeckt oderUnbequemlichkeiten verursacht, ist sie ungeeignet zur Nahrung.Man meine nicht etwa, dass man sie durch.Abkochen.verbessern kann; abgekochte Milch ist durch den Verdauungsprozessweit schwerer zu verarbeiten, weil sie schwerer in^Gärung übergeht, und die schlechten Bestandteile sind nichtetwa durchs Kochen hinausbefördert worden, sondern nachwie vor in der Milch. Sie kann daher nur wenig zur Ernährungbeitragen und macht höchstens dick, ohne zur Kräftigung zudienen. Frisches Obst kann zur Mahlzeit genossen werden.Um auch etwas Abwechselung zu bieten, obwohl dieselbe nichtgerade erforderlich ist, sei noch hingewiesen auf Reis, Gräupchen,Gries u. s. w., die am besten durch Zusatz von grünemGemüse, z. B. Blumenkohl, Spargel oder gebackenem Obst,dem Geschmack angenehm gemacht werden. Dem Gesundenoder doch annähernd Gesunden steht eine reiche Fülle vgnNahrungsmitteln zu Gebote, und er wird sich beim Durchblätterneines der oben erwähnten Kochbücher überzeugen,dass er durchaus nicht Not zu leiden braucht.Um jedem Missverständnis vorzubeugen, weise ich aber:noch einmal darauf hin, dass der schwerer Erkrankte, namentlichder schwer Verdauungsleidende nur die allereinf^chsteNahrung geniessen darf und nur solche,, die er gehörig kauen


160 Erster Teil. • imuss, am besten grobes Schrot und, Obst, und dass er erstbei Besserung wieder mehr Rücksicht auf seine liebe Zungenehmen darf.Ob es aber auch gut schmeckt? so hege ich verschiedene .fragen. Woher kommt denn der Genuss beim Essen? Es wirdhervorgebracht durch den Reiz, welchen die Speisen, auf • dic|Zungennerven ausüben, dieser Reiz wird verglichen niit dengewohnten Reizen, und er gefällt uns, sobald er denselbenentspricht. Ausnahmsweise kann dieser Reiz etwas höher sein,da gewährt er uns einen besonderen Genuss; kommt dieserhöhere Reiz aber oft, so werden wir ihn gewöhnt, und derbesondere Genuss geht verloren. Sobald wir uns also an dieraffinierteren Genüsse gewöhnt haben, gewähren sie uns genauso viel Genuss, wie die früher gebotenen, weniger ausgesuchtenund weniger kostenden, nur hat man bei letzteren den Vorteil,dass man die Nerven nicht unnötig stark zu-erregenbraucht, um einen angenehmen Eindruck zu haben.Und soll ich noch einmal an die eingangs erwähntenFolgen erinnern? Eine naturwidrige Nahrung war es, welche,die Menschen mit Fremdstoffen belastete, eine naturgemässebringt solche nicht in den Körper, oder wenigstens nurdann, wenn sie nicht richtig verarbeitet werden kann, oderdas richtige Maass im Essen nicht eingehalten wird. Vermögenwir die alten Stoffe herauszuschaffen, so giebt unsdie naturgemässe Diät die Garantie, dass wir uns gesunderhalten können, vorausgesetzt, dass wir die anderen Gesundheitsbedingungennicht völlig vernachlässigen.So schliesse ich denn mit dem Wunsche, dass Sie auchder heutige Vortrag zum Nachdenken und zum Versuchenätiregen möge, damit in immer weiteren Kreisen unseresVolkes erkannt werde, welchen hohen Segen eine naturgemässeLebensweise dem Einzelnen, der Familie, einemganzen Volke zu bringen vermag.


Was sollen wir essen, was sollen wir trinken? ., 161Anweisung -zur Bereitung guten Schrotbrotes (Grahambrotes).Nach Louis Kühne.Man nehme 2 1 / 2 Kilogramm Weizenschrot oder auchjedes .andere Getreideschrot (in tropischen Gegenden Maisschrotmit Weizenmehl oder Reisschrot und andere) in eineSchüssel, giesse etwa 1 */ 2 Liter kaltes Wasser dazu und mengebeides recht gut untereinander. Kaltes Wasser halte ich fürvorteilhafter als warmes, da erfahrungsgemäss warmes Wasserleichter das Brot in Gärung versetzt, als kaltes, und dasBrot wohl dadurch etwas lockerer wird, an Nahrhaftigkeitund Schmackhaftigkeit aber verliert.Hierauf teile man die Masse in drei bis vier gleiche Teile,forme aus jedem ein Brot, lege jedes auf einen trocknen, mit6*Schrotmehl bestreuten Dachziegelstein (nicht Mauerstein),streiche die Brote von oben tüchtig mit Wasser glatt undstelle jedes mit dem Dachziegelstein auf einen leeren thönernenfelumentopf in die recht heisse Kochröhre oder den Backofen.In beiden dürfen während des Backens andere Gegenständeoder Kochtöpfe nicht stehen.<strong>Die</strong> Hitze in der Kochröhre muss gleichmässig durchflottes doch nicht zu starkes Feuer unterhalten werden.Nach einer halben Stunde, während welcher nicht geöffnetwerden darf, dreht man die vordere Seite der Brote nach hinten.Nach einer weiteren Viertelstunde sieht man nach, obdie Rinde von oben schön fest gebacken ist und wendet nundie Brote um, da sie auf der unteren Seite gewöhnlich nochweich sind.Anmerkung. Für alle diejenigen, welche keine eigene Häuslichkeithaben und keinen eigenen Herd besitzen, habe ich <strong>neue</strong>rdingseinen kleinen Brotbackapparat konstruiert, der es auch jedem Einzeldastehendenermöglicht, sich das Grahambrot selber zu backen, dennder Backapparat wird nur mit einer Spiritusflamme geheizt, wiejsolchezu meinen Dampftöpfen zum Dampfbadeapparat gebraucht "werden. DasBrot in «ijesem Backapparat wird schon innerhalb einer halben Stundegär und ist von vorzüglicher Qualität.Louis Kühne, <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong>. 11


162 Erster Teil.<strong>Die</strong> Brote müssen nun so lange weiter backen, bis siebeim Beklopfen mit dem Finger in der Mitte ganz hohlklingen. Es erfordert für gewöhnlich noch eine halbe Stunde.Dann kann man bestimmt darauf rechnen, dass das Brotausgebacken und die Rinde nicht zu hart ist.Anweisung zur Bereitung der Schrotsuppe.Man rühre zu einem Teller Suppe einen gehäuften, EsslöffelSchrot in etwas kaltem Wasser an, so dass ein dickflüssigerBrei entsteht. <strong>Die</strong>sen schütte man in das kochendeWasser und lasse ihn unter beständigem Rühren einigeMinuten kochen. Salz gebe man wenig oder gar nicht dazu.Sehr gut schmeckt diese Suppe, wenn sie mit Korinthenbestreut wird.Anleitung zur richtigen Auswahl naturgemässer Kost.Morgens: Schrotbrot und Obst oder Schrotsuppe mit Brotoder Hafergrütze mit Obst und Brot. Milch nur ungekocht.Mittags: Wenn Suppe, dann dick gekocht; oder Mehlspeisendick gekocht, wie: Reis, Gräupchen, Gries, Hafergrütze,nur mit Wasser und etwas Butter vielleicht zusammenmit etwas Obst; oder auch Hülsenfrüchte: Erbsen, Bohnen,Linsen un durchgeschlagen, nur mit Wasser und vielleichtetwas Zusatz von Pfefferkraut und Majoran dick gekocht;oder irgend ein Gemüse, wie es die Gegend und die Jahreszeitbietet; Kompot oder frisches Obst; dazu Schrotbrot.Abends: Schrotbrot und Obst (roh oder gekocht) oder dickgekochteMehl- oder Schrotsuppe mit Brot und Obst.Zur Anleitung einige einfache Kochrezepte.1. Rotkraut (Rotkohl) mit Äpfeln.Ein grösseres Köpfchen Rotkraut wird fein länglich geschnittenund mit wenig Wasser (etwa 1 Tassenkopf) halbweich gedämpft; dann 4—6 in dünne Scheibchen geschnitzelte


Was sollen wir essen, was sollen wir trinken? ••• 163säuerliche Apfel, etwas Salz und wenig Butter dazugegebenund nun vollends gar gedämpft, dass keine Flüssigkeit daraufbleibt. (Für drei Personen.) i (Schmeckt auch ohne Salzund Butter gut.)2, Weiss(kohl)kraut.mit Tomaten.Ein Kopf Weisskraut wird wie oben geschnitten und gedämpft,dann etwa ein halber Tassjhkopf Tomatenextrakt,oder je nach Grösse vier bis zehn frische, durch ein Siebgeschlagene, Tomaten hinzugethan, etwas Salz und Butter, undsechs bis -acht rohe geschälte und bloss in zwei Teile ge*-schnittene Kartoffeln oben aufgelegt und ohne weiter zujpinrengar gedämpft. (Drei Personen.) (Schmeckt ebenfalls auchohne Butter und Salz. Wer keine Tomaten hat, nehme etwasPfefferkraut.).3. Spinat mit Kartoffeln.Der Spinat wird gelesen und mehrmals gewaschen, gleichso roh gewiegt und mit recht wenig Wasser, etwas Butterund Salz und einigen rohen Kartoffeln weich gedämpft. Sollnoch Brühe darauf sein, so kommt ein Esslöffel Weizenschrotdazu.4. Grünkohl mit Hafergrütze.Der Grünkohl wird gelesen und dabei gleich in Stückchengerupft, gewaschen und mit etwa 2 Tassenköpfen Wasserangesetzt. Ist er schon ziemlich weich, so wird etwas Salzund Butter und1 / 2 Tassenkopf Hafergrütze dazu gerührtund noch so lange gekocht, bis letztere ausgequollen ist.5. Mohrrüben mit Kartoffeln.5—8 Mohrrüben (je nach Grösse) werden stiftlich geschnittenmit etwa 1 Tassenkopf Wasser angedämpft, nachher6—8 roh geschälte entzweigeschnittene Kartoffeln obenaufgethan und mit etwas Salz und Butter weich geschmort.(Drei Personen.) (Schmeckt auch ohne Salz und Butter.) .11*


164 Erster Teil.6. Kohlrüben mit Kartoffeln.Eine grössere gelbe Kohlrjäbe wird länglich gechnitten,mit 1—P/2 Tassenköpfen Wasser halb weich gedämpft, etwasSalz und Butter dazu gegeben und mit noch 6—8 roh geschältenKartoffeln nun vollends gar gedämpft. (Drei Personen,schmeckt auch ohne Salz und Butter gut.) No. 6 und 5 könnenauch zusammen als ein Gericht gekocht werden und schmecktdasselbe sehr gut.7. Reis mit Äpfeln.l j 2 Pfund Reis und 4—8 in Scheibchen geschnittene Äpfelmit 4 Tassenköpfen Wasser ausgequollen giebt einen schmackhaften,steifen Brei. Etwas Salz und Butter kann auchdaran, ist aber durchaus nicht nötig. (Drei Personen.)8. Reisspeise, auf einfache Art.Obigem Reisbrei werden etwa knapp 1 / 4 Pfund Korinthenbeigemischt und das Ganze in buttergestrichener mit Semmelkrumebestreuter Form gebacken.9. Weisse Bohnen mit Tomaten.1 / 2 Pfund weisse Bohnen werden den Abend vorher inkaltem Wasser eingequollen und am Morgen mit sovielWasser, dass sie davon bedeckt sind, angesetzt. Sind sieweich, so kommt etwa 1 / 2 Tassenkopf Tomatenextrakt oder5—10 durch ein Sieb geschlagene Tomaten dazu und etwas. Butter Und Salz (doch schmeckt es auch ohne letztere Zuthaten),und wird am besten noch 1—2 Stunden mit derTomatensauce in warmer Ofenröhre stehen gelassen. Solltenoch Brühe daran sein, so kommt ein Löffel Weizenschrot,zur Verdickung dazu. (Zwei Personen reichlich.) (Wer To^maten nicht liebt, nehme Pfefferkraut oder Majoran.)- 10. Grüne Bohnen mit Äpfeln.Den grünen Bohnen werden die Fäden abgezogen, jedeBohne in Stücken gebrochen, in kochendes Wasser zum


Was solletfwir essen, was sollen wir trinken? 165Dämpfen gethan und bald (Jarauf in Scheibchen geschnittenesauere, auch unreife Äpfel, gewiegte grüne Petersilie oderZwiebeln, etwas Salz und Butter dazu gegeben. Sind dieBohnen weich, so kommt noch Weizenschrot zur Verdickungdaran.11. Linsen mit Pflaumen.1 / 2 Pfund Linsen werden abends vorher eingequollen, dannmit etwa 30 Stück Backpflaumen und darüberreichendemWasser langsam weich gekocht, bis gar keine Brühe mehrdaran ist. Etwas Salz und Butter kann dazu, ist aber nichtnötig. (Drei Personen.)12. Steinpilze mit Kartoffeln.<strong>Die</strong> Steinpilze werden in Stücken geschnitten, gewaschenund mit Wasser, grüner Petersilie oder einer gewiegtenZwiebel weich gedämpft. Dann kommt etwas Salz undButter dazu und wird die Brühe mit zwei Esslöffel Weizenschrotzu einer Sauce verdickt. Kartoffeln werden in derSchale gekocht, geschält, in Stücken geschnitten zu denPilzen in die Sauce gemischt, noch einmal aufgekocht unddann noch einige Zeit lang warm gestellt.13. Salat von roten Rüben.<strong>Die</strong> roten Rüben werden gewaschen und in der Ofenröhreauf einem Ziegel weich gebraten. Hierauf geschält,in Scheibchen geschnitten und mit verdünntem Zitronensaftangemacht.14; Kopfsalat.j,-. Kopfsalat wird gelesen, gewaschen und dann mit etwas£)l, Zitronensaft (nicht Essenz) und nach Belieben mit einwenig Zucker angemacht.15. Kartoffelsalat mit Äpfel.Gar gekochte Schalenkartoffeln werden geschält, in Scheibengeschnitten; dann werden einige säuerliche Äpfel eben-


166 Erster Teil.falls in dünne Scheiben geschnitten und mit etwas Ol undZitronensaft zusammengerührt.16. Erbsen (Linsen) in leichtverdaulichster Form.Ungeschälte Erbsen (Linsen) quelle man den Abendvorher in kaltem, wennmöglich weichem Wasser ein. Amfolgenden Tage schütte man sie in den Kochtopf, doch so,^dass nur wenig Wasser übersteht. Etwas Salz (möglichstwenig), Pfefferkraut und Majoran koche man mit. <strong>Die</strong>Erbsen (Linsen) werden nun gar gekocht, doch so, dass allesWasser, wenn sie gar sind, so ziemlich eingekocht ist. Erbsenund Linsen behalten so ihre ursprüngliche Form bei undsind nahrhafter und leichter verdaulich, als wenn man siedurchschlägt oder noch Fett dazu nimmt.17. Kartoffelklösse. (Zwei Personen.)Ein Liter mehlige Kartoffeln werden gar gekocht, danngeschält und abkühlen gelassen, darauf werden sie mit einemReibeisen gerieben. Zwei Semmeln in Würfel geschnittenund diese in Butter geröstet, mit einem Ei und den geriebenenKartoffeln und etwas Schrotmehl oder anderem Mehlgehörig durchgemengt und in der Hand zu apfelgrossen, rundenKlössen geformt. Dann, nachdem sie in Mehl (Schrotmehloder anderem Mehl) gerollt sind, ungefähr 10 Minutenlang in kochendem Wasser ziehen gelassen, doch muss achtgegeben werden, dass die Klösse nicht zerkochen. Dazukann jede Fruchtsauce oder auch Zwiebelsauce oder Buttersaucegegeben werden.


Nerven- und Geisteskrankheiten.Das neunzehnte Jahrhundert ist das Jahrhundert derNervenkrankheiten in allen ihren tausend Formen. <strong>Die</strong>seFormen sind so mannigfaltig, so verschieden und oft, sichso widersprechend, dass man bis jetzt gar keinen rechtenAnhalt zu ihrer Benennung fand, geschweige denn sie zielbewusstheilen konnte. Das konnte allerdings nur geschehen,weil man die eigentliche Entstehungsursache dieser Leidennicht kannte und nicht fand. Da quälte man sich, immer<strong>neue</strong> Erscheinungen mit richtigen Namen zu benennen oderimmer <strong>neue</strong> Abarten zu schon bekannten oder benanntenFormen hinzuzuteilen, ohne erst wirklich das Wesen derersteren zu kennen.Namen solcher Krankheiten sind: Nervosität, Neurasthenie-,Neuralgie, Hypochondrie, Hysterie, Irrsinn, Geisteskrankheit,Paralyse u. a. m., denen sich die allgemeinen undspeziellen <strong>neue</strong>ren nervösen Übel in wachsender Zahl zugesellen.Wollten wir nur auf die äusseren Anzeichen bei diesenKrankheitserscheinungen sehen, so würde es freilich schwerfallen, uns von ihrem Wesen ein klares Bild zu machen, dieäusseren Formen bieten dazu keinen genügenden Anhalt. Wirsehen z. B., dass der eine übermässig gesprächig ist, währendein anderer sich durch besondere Stummheit und Verschwiegenheitauszeichnet. Viele leiden an Schlaflosigkeit. Anderezeigen einen rastlosen, fieberhaftenFleiss, wogegen wiederandere sich durch unbezwingbare Faulheit hervorthun. Hier


168 Erster Teil.quält sich jemand beständig mit Selbstmordgedanken, weil ersich für überflüssig hält und unzufrieden mit aller Welt ist;dort sehen wir einen Millionär sich täglich mit grundlosenNahrungssorgen plagen, die ihn niemals verlassen. * Überallverfolgt ihn der peinigende Gedanke, er könne sich und seineFamilie nicht mehr ernähren. Andere leiden an Schlaflosigkeit,die keinem Mittel mehr weichen will, und für die mankeine Ursache findet. Andere zittern am ganzen Körper, 1wieder andere sind gelähmt am ganzen Körper oder nur aufdieser oder jener Seite, an diesem oder jenem Gliede. Dazukommen die unendlich vielen verschiedensten und oft geradezuentgegengesetzten Äusserungen des Wahn- oder Irrsinns, zuderen schlimmsten Formen die Paralyse gehört. Das einebeobachten wir freilich bei all solchen mit diesen Leiden Behafteten,nämlich innere Unzufriedenheit, inneres Unbehagen,jenes unbewusste und unbestimmbare Gefühl des Krankseins,sich Krankfühlens, ohne zu wissen, wo die Ursache dafür zusuchen ist, und vor allen Dingen, ohne das Kranksein eingestehenzu wollen. Wir sehen ferner, dass diese Übel mehroder weniger die Menschen bei der normalen Ausübung ihrerFunktionen behindern. Der eine wird durch die Nervenkrankheitdahingebracht, dass er nicht Herr seiner Glieder, währendein anderer nicht Herr seiner Gedanken, Willensäusserungenund Worte ist. Wollten wir Tausende von Nervenkrankenbeobachten, so werden wir kaum zwei finden, bei denen dieäusseren Erscheinungen völlig dieselben sind, so verschiedenartigäussern sich diese Krankheitserscheinungen. Es kanndaher niemand Wunder nehmen, wenn so verschiedene äussereAnzeichen der Schulmedizin keinen genügenden Anhalt botenzur richtigen Erkenntnis, Benennung und Heilung der Nervenkrankheiten.Arzneimittel hat es bis jetzt noch keine gegeben,welche in solchen Krankheiten Heilung brachten.Man darf bei der Verabreichung von Medikamenten niemalsvergessen, dass es nicht das Medikament ist, welcheswirkt, sondern allein der Körper, welcher sich in irgend einerWeise zu dem Arzneimittel verhält. Entweder äussert er


Nerven- und Geisttflrankheiten. 169durch eine vermehrte Thätigkeit das sichtbare Bestreben, mitaller Gewalt sich dieses für ihn schädlichen Giftes wieder zuentledigen — dieses ist der Fall^ wenn die Arzneimittel in sokleinen Dosen verabfolgt werden, dass sie noch nicht lähmendauf den Körper wirken —, oder der Körper zeigt bei grösseren(allopathischen) Dosen Arzneigift wohl noch anfangs das Bestrebennach Befreiung davon, seine Lebenskraft ist indesdieser erhöhten Anforderung nicht mehr gewachsen und erlahmtnun unter den äusseren Anzeichen der Lähmung. Imersteren Falle wird der Körper zu erneuter Thätigkeit getrieben,der dann eine ausgleichende Erschlaffung folgt; im zweitenFalle wird er gelähmt, wodurch auch seine Heilbestrebungen(akute Krankheiten) und die äusseren Erscheinungen seinerchronischen Leiden mit lahmgelegt werden. <strong>Die</strong>ser Umstanderklärt auch das zeitweilige Verschwinden solcher Krankheitserscheinungenbei allopathischer Behandlungsweise und dannihr stetes Wiederkommen. Anfangs werden sie unterdrücktdurch die Lähmung des Körpers, dann, nachdem die Lähmungdes Körpers nachgelassen, treten sie wieder hervor. StarkeMedizingifte in grossen Dosen lähmen den Körper derartig,*dass er stirbt; in kleineren Dosen führt diese Lähmung nichtmehr den Tod herbei, wohl aber eine Schädigung des ganzenOrganismus, und man kann ruhig behaupten, viele Nervenleidensind und werden erst durch Anwendung von Arzneimittelnherbeigeführt, die ein leichteres Übel heilen sollten.In noch kleineren Dosen wird die Lähmung des Körpers •scheinbar in das Gegenteil verwandelt, indem derselbe davonnoch nicht gelähmt wird, sondern noch mit beschleunigterAnstrengung bestrebt ist, sich von dem Gifte zu befreien.<strong>Die</strong>se gesteigerte Thätigkeit des »Körpers ist genau dieselbe,welche jede drohende Gefahr bei allen Lebewesen zu ihrerAbwehr hervorruft. Es ist daher ein Irrtum, wenn man behauptet,Gifte wirken in grossen Dosen lähmend (tötend), aberin kleinen oder in genügender Verdünnung anregend oder belebend.<strong>Die</strong> gesteigerte Thätigkeit des Körpers ist nur einfcadium zu seiner Lähmung, niemals etwas anderes.


170 Efrster Teil.Fast ratlos und thatlos steht die so viel geprieseneschulmedizinische Wissenschaft vor den Nervenkrankheiten.Luftveränderung, Zerstreuung durch Reisen und ähnliche unschädlicheAbhilfsmittel werden angeraten, welche deutlichbeweisen, wie wenig bekannt noch der herrschenden SchuleUrsachen und Wesen dieser Krankheiten sind. Bei Behandlungderselben tritt aber ganz besonders ihre Ohnmacht zuTage, denn nur zu oft muss sie offen eingestehen, dass siedabei nicht helfen kann. <strong>Die</strong>s offene Geständnis ihrer hervorragendstenVertreter, welches ihnen freilich nur die eigeneErkenntnis mit eiserner Notwendigkeit abgenötigt hat, trägtaber nicht dazu bei, diese Heilmethode in unserer Achtungzu erhöhen. Was der herrschenden Schule und ihren Vertreternunmöglich war und ihnen rätselhaft erschien, hat die <strong>neue</strong>arzneilose Heilkunst möglich gemacht und aufgeklärt. MeineKurberichte und die diesen beigefügten Original-, Dank- undAnerkennungsschreiben eines kleinen Teiles meiner Patientenwerden deutlicher und beweisender sprechen, als allewissenschaftlichen und theoretischen Erörterungen. Ich-beschränke mich daher darauf, nur einige Hauptmomenteanzuführen.Jeder weiss, dass wir erstens solche Nerven haben, welcheunter unserem Willen stehen, und zweitens solche, die unabhängigvon unserem Willen die Atmungs-, Verdauungs- undBlutkreislaufthätigkeit regeln. Wenn ich aber behaupte, alleKrankheiten, welche durch Belastung des Körpers mit FremdsJboJFenhervorgerufen werden, sind auch Nervenkrankheiten,sb wird vielleicht mancher im ersten Augenblick staunen.Nun, ich will mich deutlicher ausdrücken. Jede Krankheit,die sich entwickelt hat, kommt uns erst zum Bewusstsein,wenn sie unseren Körper oder Geist in seinen normalen Verrichtungenin irgend einer Weise hindert oder Schmerzenhervorruft. <strong>Die</strong>s setzt schon immer einen vorgeschrittenenKrankheitszustand voraus, dem bereits lange Zeit vorher einlatenter chronischer Zustand, den wir Belastung des Körpersmit Fremdstoffen nennen, vorausgegangen ist, ein Zustand,


Nerven- und Geisteskrankheiten. 171der mit Hilfe der Gesichtsausdruckskunde glücklicherweisegenau und leicht zu erkennen ist. Nun wird aber bekanntlichjedes Organ durch die Nerven erst in Aktions- und Funktionsthätigkeitversetzt. Aus meinen früheren Vorträgen haben wir^ber gesehen, dass Krankheit ohne das Vorhandensein vonFremdstoffen im Körper nicht denkbar ist. Jede Belastungvon Fremdstoffen im Körper wirkt aber nicht nur störend aufdie einzelnen Organe, sondern gleichfalls ebenso gleichmässigstörend auf die betreffenden Nerven, welche mit den belastetenOrganen und Körperteilen in Verbindung stehen, denn erstdadurch, dass die Nervenleitungen mit krank wurden, kommtuns die Krankheit zum Bewusstsein. Nun kommen für alleoberflächlicheren Beobachter meist nur die Nerven in Anbetracht,welche unter unserem Willen stehen, und sonachauch nur solche Krankheiten, welche Organe betreffen,die unter der steten Kontrolle dieser willkürlichen Nervenstehen.Weit schwerer und langsamer machen sich alle diejenigenLeiden bemerkbar, welche unser Atmungs-, Blutkreislauf- undVerdauungsgeschäft behindern. Auch hier sind es die jedesmalin Frage kommenden Nerven, welche ebenfalls bei diesenLeiden mit leidend sind, und welche uns das Leiden zumBewusstsein bringen. <strong>Die</strong>se Nerven stehen zwar nicht unterunserem freien Willen, aber dennoch hängt von ihrer normalenThätigkeit auch die normale Funktionierung der nichtunter unserem Willen stehenden Organe, wie Lunge, Herz,Magen, Nieren, Darm, Blase u. s. w. ab. Niemals kann uns*einVerdauungsleiden, ein Nieren-, Blasen-, Herz-, Lungen- undMagenleiden eher zum Bewusstsein kommen, ehe nicht diebetreffenden Nerven ebenfalls von den Fremdstoffen derartigbelastet sind, dass ihre normale Leitung und Thätigkeit unmöglichwird. Jedes der obengenannten Leiden schliesstalso stets auch das gleiche Nervenleiden mit ein. Ein Verdauungsleidenkann daher nicht möglich sein, ohne dassdamit Hand in Hand gleichzeitig ein Verdauungsnervenleidengeht.


172 Erster Teil.Aus meinen früherenAuseinandersetzungen wird wohl jederherausgefühlt haben, dass eine normale Verdauung das ersteErfordernis zur Gesunderhaltung des Körpers ist. Denn alleFremdstoffe, die nicht ererbt sind, gelangen erst durch eineungenügende Verdauung in den Körper, ungenügende Atmungsthätigkeitmit inbegriffen. Man muss daher jede Krankheitund somit auch alle Nervenkrankheiten auf gestörteVerdauung und Ererbung zurückführen. Das ist aber dieauch allen anderen Krankheiten gemeinsame Ursache. Da,wo der Körper noch Lebenskraft genug hat, macht er durcheine'akute Krankheit (Heilkrisis) den Versuch, sich seinerFremdstoffe zu entledigen. Wo der dazu erforderliche Gradvon Lebenskraft nicht mehr vorhanden, treten jene chronischen(latenten) Krankheitsfälle ein, die niemals enden,höchstens ihre Form verändern und schliesslich in den Nerven-und Geisteskrankheiten ihre höchste Blüte oder ihrEndstadium erreichen. <strong>Die</strong> Nervenkrankheiten sind nichtsweiter als chronische (latente) körperliche Leiden;- mögenihre Erscheinungen sein wie sie wollen.f 1 Bei allen Nervenkrankheiten beobachten wir ebenfallswie bei allen anderen Krankheiten entweder Frostgefühl odergesteigerte Wärme: Hitze. Aus meinen früheren Vorträgengeht aber hervor, dass Frostgefühl und Hitze nur die Folgeneines inneren Fieberzustandes im Körper sind.Somit kommen wir zu dem schwerwiegenden Schlüsse,dass alle Nervenkrankheiten ebenfalls nur innere chronische(latente) Fieberzustände im Körper sind. Welche Bedeutung"ftas Fieber hat, und wie es geheilt wird, habe ich im zweitenVortrage gezeigt. Wenn ich nun behaupte, dass die Nervenkrankheitendieselbe Ursache haben wie Pocken, Masern,Scharlach, Diphtherie, Syphilis u. a. m., so muss auch folgerichtigdasselbe Mittel, mit welchem wir diese Krankheitenerfolgreich behandeln, die Nervenkrankheiten heilen, und dashabe ich in meiner Praxis an hunderten und tausendenFällen bewiesen, wofür die Kurberichte im HI. Teil Zeugnisablegen.


Nerven- und Geisteskrankheiten. 173Ä Aus diesen Auseinandersetzungen finden wir jetzt einen"festen und sicheren Anhalt über das Wesen, die Entstehungund Heilung aller Nervenkrankheiten und stehen nichtmehr so ratlos und thatlos vor denselben wie die moderneSchule.Wer jetzt von meinem Standpunkte aus auf das Heerder Krankheiten hirflblickt und ihre Abteilungen und Zügemustert, dem wird es begreiflich sein, dass nur derjenigedarüber eine genaue Übersicht haben kann, der von demgeeigneten Standpunkte auf diese Legionen herabsieht. Weraber mit diesem Heere kämpfen will, ohne sein Wesen zukennen, ohne jene Übersicht zu haben, die für jeden Heerführererstes Erfordernis ist, der wird gewiss nichts erreichen.Wer aber gar mit diesem Heere siegen wollte, indem er fürjede besondere Abteilung einen besonderen Feldherrn ernennt,der nun nach eigenem Gutdünken darauf losgeht, ohne denZusammenhang des Ganzen zu kennen und zu sehen, der«wird gewiss nur Niederlagen erleiden. Ähnlich aber verhält"es sich mit dem Spezialistentum der modernen Schule. DasSpezialistentum in der medizinischen Wissenschaft muss not- 4,wendigerweise zum Ruin dieser Wissenschaft, zu ihrer immeTfc:weiter verbreiteten Missachtung führen. Denn wie soll einSpezialist zur Förderung einer Wissenschaft beitragen können,wenn er die erste Hauptbedingung; bei allem wirklichen Erkennender Natur und ihrer Gesetze missachtend, nur einStück des Ganzen studieren und behandeln will, ohne denZusammenhang der einzelnen Teile mit dem Ganzen zu beachten.•$;>Uns erscheint alles Spezialistentumwesen der Medizinwissenschaftals ein überwundener Standpunkt.Nur wer das Ganze richtig auffasst, nur wer die Naturals ein grosses untrennbares einheitliches Ganzes ansieht undzu erkennen bestrebt ist, kann sie auch in allen ihren Erscheinungenrichtig beurteilen und ihre Gesetze sich nutzbarmachen. Wie oft zeigt uns die Natur ein und denselbenStoff in den verschiedensten und einander unähnlichsten


174 Erster Teil.Formen, deren Gestalt allein durch die verschiedenen Temperaturenbedingt ist. Ich erinnere nur daran wie wir das Wasserin seinen verschiedenen Gestalten als Eis, Schnee, Hagel,fliessendes Wasser, Nebel und Wasserdampf, Gewölk, so oftGelegenheit haben zu beobachten, und wie die Verschiedenheitder Gestalt allein von der Temperatur abhängig ist.Wir sehen hier auch wie bei den Krankheiten verschiedeneFormen, welche aus einem einheitlichen Stoff hervorgegangen.So zeigt uns die Natur oft vielfach verschieden gestalteteErscheinungen, obgleich alle aus ein und demselben Stoffhervorgegangen sind. Uns bleibt der einheitliehe Zusammenhangdieser Erscheinungen nur verborgen, weil wirnoch zu kurzsichtig sind, und das einheitliche Schaffenoder die Einheit der Natur nicht begreifen und fassenkönnen.So unbeholfen wie die medizinische Wissenschaft denNervenkrankheiten gegenübersteht, genau so unzulänglich istauch ihre Diagnose denselben gegenüber. In vielen Fällenist die Schulmedizin überhaupt nicht im stände, die Nervenkrankheitenzu erkennen. Wie viele Nervenkranke sind inmeiner Behandlung gewesen, welche vorerst überall andersHilfe gesucht hatten, ehe sie mich als ihre letzte Zufluchtkonsultierten. Alle diese waren lebendige, sprechende Beweisefür die Unzulänglichkeit der herrschenden Schule aufcliesem Gebiete. Viele waren von den Schulmedizinern fürgeradezu völlig gesund erklärt worden, indem ihre Krankheitnur eine eingebildete wäre, während ich durch meine Gesichtsausdruckskundesofort die schwere Belastung des Patientenmit Fremdstoffen feststellen konnte. Alle die von mir behandeltenNervenkranken haben es beobachtet und mir mitgeteilt,wie unerwartet rasch durch meine Behandlung Besserungin ihrem Befinden eintrat, und wie diese Besserung stetsmit der Ausscheidung des Krankheitsstoffes einherging. Beimeiner Methode sieht jeder Patient die Früchte seiner Arbeitdeutlich in den täglichen Ausscheidungen der Krankheitsstoffevor Augen. Wer diese Ausscheidungen erst wahrgenommen


Nerven- und Geisteskrankheiten. 175und dabei die stete Besserung seines Wohlbefindens dadurchgefühlt hat, der ist keinen Augenblick mehr in Zweifel, dasser seinem Körper keinen grösseren Nutzen bringen kann alsdurch die Anwendung dieser Kur.Meine Diagnose sichert aber für alle Zukunft den Vertreternmeines Verfahrens eine bevorzugte Stelle in der Heilkunde,denn durch sie allein kann man jedes Nervenleidenmit Sicherheit feststellen und sogar bei allen solchen Leidenschon jahrelang ihre Entwickelung beobachten, noch langebevor überhaupt der Patient selber etwas davon ahnt.Geisteskrankheiten.Dasselbe gilt von den schon erwähnten Geisteskrankheiten.Hören wir das in der Presse über diese unheimlicheKrankheit von den Vertretern der modernen Schule abgegebeneUrteil, das seine Wanderung durch fast alle ZeitungenDeutschlands genommen hat:„Von den Irrenärzten wird seit einigen Jahren die betrübendeThatsache vermerkt, dass, wie die Geisteskrankheiten im allgemeinen.so besonders eine ihrer häufigsten Formen, die sogenannte progressiveParalyse (fortschreitende Lähmung) der Irren sichstetig vermehrt. Man weiss seit langer Zeit, dass die Krankheitbei Männern weit häufiger ist, als bei Frauen, in Deutschlandim Verhältnis von 7 zu 1, aber bei beiden Geschlechtern hat sie imletzten Jahrzehnt erheblich zugenommen. So kam z. B. in der HamburgerIrrenanstalt im Jahre 1875 auf 12 Irre, im Jahre 1883.schonauf 6 Irre ein Paralytiker. Unter den aufgenommenen Kranken überhauptkam 1873 auf 17 Kranke, 1883 auf 4 Kranke ein Paralytiker.Ähnliche Berichte von der Zunahme jener Geisteskrankheit laufen inletzter Zeit fast aus allen Irrenanstalten ein. <strong>Die</strong> progressive Paralysetritt in dem Alter der vollsten Lebensentfaltung (zwischen 35 und 45Jahren) auf, und gerade unter den gesundesten und kräftigsten, dengedankenreichsten, den entschlossensten und leistungsfähigsten Männern*»hält sie die reichste Ernte, die mittleren Gesellschaftsklassen stellendie grösste Zahl der Opfer dieser furchtbaren Krankheit. Man nenntsie <strong>neue</strong>rdings auch die Krankheit des neunzehnten Jahrhunderts. Eskann keinem Zweifel unterliegen, dass die Ursachen für die stetige


176 Erster Teil.Vermehrung der Krankheit in der zunehmenden Zivilisation, in dergesteigerten Geistesbildung, in der misslichen Entwickelung der sozialenVerhältnisse, in dem erschwerten Kampf ums Dasein, in der fieberhaftenJagd nach Glück und Reichtum zu suchen sind. Wie wäre dieThatsache sonst anders zu denken, dass die Krankheit unter den Landbewohnernsehr selten ist? Ja. in den schottischen Hochlanden und, in den ländlichen Bezirken von Irland und Wales, ebenso überallauf dem platten Lande ist sie fast unbekannt, aber man hat dieBeobachtung gemacht, dass die Bewohner dieser Gegenden ihre Immunitätverlieren, sobald sie in grosse Städte ziehen. Unter den NegernAmerikas kam die Krankheit nicht vor, so lange sie Sklaven waren;"seitdem sie selbst die Sorge für sich übernommen haben, werden sieebenso stark wie andere Rassen von der Krankheit heimgesucht. Auchdass die Frauen der Kulturvölker jetzt in weit grösserer Zahl von ihrbefallen werden als früher ist nicht anders zu deuten, als dass dieErringung einer selbständigen Stellung, welche für sie unter den obwaltendensozialen Verhältnissen eine zwingende Notwendigkeit gefwordenist, Sorgen und Aufregungen schafft, unter deren ständigerEinwirkung das Hirn leidet. <strong>Die</strong> Zunahme der Geisteskrankheiten istum- So betrübender, als nach Lage der Dinge ein Stillstand dieser Zunahmenieht abzusehen ist, und auch eine Verhütung derselben nichtmöglich scheint."Wie deutlich spricht dieses Urteil die Ratlosigkeit undOhnmacht der modernen Schule den Geisteskrankheiten gegenüberaus, und wie schlagende Beweise liefert uns dasselbefür die Verkennung des wahren Wesens dieser gefürchtetenKrankheiten. Nicht etwa die darin angeführten Ursachenführen, wie bis jetzt angenommen, das Irrewerden des Gehirnsherbei, sondern ganz ausschliesslich die in jedem solchenFalle schon jahrelang vorhergehende Belastung der Menschenmit Krankheitsstoffen, welche in der Geisteskrankheit undprogressiven Paralyse ein in vielen Falten unheilbares Endstadiumerreicht. Hervorgerufen wird diese schleichendelatente Belastung allein, wie ich schon früher erwähnt habe,durch die ganz allmählich schlechter werdende Verdauunginfolge naturwidriger Lebensweise, oder anders gesagt, infolgedes zunehmenden Abweichens der Menschen von derNatur. Wenn nun bei dieser gleichmässigen unnatürlichenLebensweise nicht alje Menschen geisteskrank werden, so liegt


' Nerven- und Geisteskrankheiten. 177dies daran, ^dass die Belastung der Menschen eine voneinanderverschiedene ist und nur gewisse, ganz bestimmte Belastungs^anlagen zur Geisteskrankheit führen, wenn nicht in der Zeiteine Entlastung stattfindet, während andere von diesen Be^lastungszuständen abweichende, aber gleich schwere latenteKrankheitszustände zu anderen Krankheits-Endstadien führen.*<strong>Die</strong> zunehmende Zivilisation hat daher nur insofernSchuld daran, als sie die,Notwendigkeit für die Menschen insich schliesst, von der Natur abzuweichen und deren unaWänderlichen Gesetzen zuwider zu handeln. <strong>Die</strong> Hauptschulddaran tragen vielmehr allein die von der modernen Schuleaufgestellten', den Naturgesetzen zuwiderlaufenden Gesundheitsvorschriftenund irrtümlichen Ansichten. Durch dieselbenist es bereits dahin gekommen, dass man das Wasser allgesundheitsschädlich meidet und nur Bier, Wein und alkojpholische und kohlensaure oder mineralische Wässer 4afür jtrinkt, dass ferner besonders die Männer vielfach wahre Sehern-*steine infolge des Tabakrauchens und Bierfässer infolge desBiertrinkens geworden sind, wobei die dadurch erschlaffendenNerven beständig durch die reizbarsten Speisen und aufregendstennarkotischen Getränke angeregt werden müssengdamit sie nicht erschlaffen und ihren <strong>Die</strong>nst versagen, undendlich, dass man infolge der dadurch zunehmenden körper^,liehen Abgespanntheit und Schlaffheit mehr als früher iriabgeschlossenen Wohnräumen, oder infolge der Lebensbedürfnisseund des Erwerbes in überfüllten Fabriken und ungesundenLokalen zubringt, in denen aus Furcht vor Erkältungniemals genügend gelüftet wird, weshalb alle Besucher solcherRäume beständig eine dem Organismus nachteilige Atmosphäreeinsaugen.Auf dem platten Lande, wo die Bevölkerung noch vielfachim engsten Zusammenhange mit der Natur lebt und beständigin .freier Natur arbeitet, wo alle jene Laster der Zivilisationund die verkehrten Gesundheitsvorschriften der modernenmedizinischen Schule aus dem einfachen Grunde, weil sie dortnicht durchführbar sind, noch keinen*||llgemeinen EingangLouis Kühne," <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong>.*'' 12


178 Erster Teil.gefunden haben, ist daher die Geisteskrankheit ein so gut wieunbekannter Gast. Sie findetsich dort höchstens* bei Kindernvon Sauf bolden ein, welche in betrunkenem oder angeheitertemZustande erzeugt wurden. In solchen Fällen vererbt sich aufdas Kind eine Belastung, die zur Geisteskrankheit oder schwerenanderen Krankheiten führt, weil das Kind allemal einegetreue Kopie der körperlichen Verfassung seiner Eltern ist.<strong>Die</strong> Betrunkenheit ist eine Art Wahnsinn, bei welchem wir esgenau verfolgen können, wie er aus falscher Nahrung unddemzufolge gestörter Verdauung, also aus dem Unterleibehervorgegangen ist.Dem Körper wird durch zu vieles alkoholisches Getränkeine derartige Verdauungsarbeit aufgebürdet, dass ihm zu keinertandern Thätigkeit mehr Kraft übrig bleibt, woraus sich dieübergrosse Ermüdung und der oft unnatürliche Schlaf erklärt,welchem alle Betrunkenen verfallen, solange ihr Magennoch im stände ist, die Verdauung der ihm naturwidrigenMassen vorzunehmen. Der während dieses Verdauungs-Gärungs-Vorganges im Körper auf das Gehirn ausgeübte Druck dersich dabei entwickelnden Gase verursacht die GeistesumnachtungBetrunkener. Ein im betrunkenen oder auch nur angetrunkenenZustande erzeugtes Kind, wie solche vielfach vorhanden,wird aber fast immer geisteskrank, wenn es nichtvorher eingeht, weil es lebensunfähig ist.Wie ich schon vorher bei den Nervenkrankheiten erwähnteist auch die Ursache jeder Geisteskrankheit, mag dieselbe auseiner ererbten oder erworbenen Belastung hervorgegangen sein,stets eine unnormale Verdauung in unserem Sinne, kommtalso ebenso wie alle anderen Krankheiten aus dem Unterleibe.Bei den Landbewohnern ist aber infolge ihrer einfachen natürlichenLebensweise, neben ihrer beständigen Arbeit im Freien,die Verdauung noch eine viel bessere, und infolgedessen auchihr ganzer Gesundheitszustand als bei allen Städtern.<strong>Die</strong>s ist die Ursache, weshalb die Landbevölkerung vonder Geisteskrankheit ebenso gut wie von vielen anderen bösartigenKrankheiten zum grossen Teil verschont bleibt. Je


Nerven- und Geisteskrankheiten. 179einfacher und natürlicher der Mensch lebt, desto gesunderund glücklicher ist er. Aus demselben Grunde erklärt es sichauch, dass die Neger während ihrer Sklaverei, durch die sie* gezwungen waren, einfach und massig zu leben und tüchtig-zuarbeiten, frei waren von Geisteskrankheit, dagegen jetzt nachihrer Befreiung, da sie mit allen anderen Menschen gleichmassigneben den Vorteüen auch die Nachteile erhöhter Lebensansprüchegeniessen, ebenfalls nicht mehr frei bleiben vonGeisteskrankheiten.Wenn die Frauen nach statistischen Ermittelungen wenigeran Geisteskrankheit leiden als Männer, so liegt das daran,dass dieselben vielfach weit massiger sind als die Männer,Tabakrauchen und übermässigen Genuss alkoholischer Getränkein der Regel meiden. Bei Frauen ist es fast in allen Fälleneine ererbte Belastung, wie vorher erwähnt, die zur Geistesrkrankheit führt.Bei vielen Geisteskranken gehen der Krankheit eine gesteigerteThätigkeit des Geistes und Körpers und oft besondereFähigkeiten voraus oder mit ihr Hand in Hand, eine dermodernen Schule rätselhafte Erscheinung. <strong>Die</strong> allmählicheBelastung des Körpers und speziell des Gehirns mit Krankheitsstoffenübt einen steten sich durch Jahre hindurchsteigernden Druck auf das Gehirn und somit auf die Nervencentrenaus, wodurch in erster Linie eine erhöhte Thätigkeitderselben geschaffen wird, die keineswegs normal ist. Sehrverschiedenartig äussert sich dieselbe, wie ich bereits bei denNervenkrankheiten gezeigt habe. Ohne Ruhe eilt Körper undGeist von einer Arbeit und Beschäftigung zur andern, ohnejemals den Zustand zufriedenstellender Ruhe oder Genugthuungfinden zu können. Oft tritt diese anormale Beschaffenheitbereits als besondere Begabung, während des Schulalters auf,die dann erst im vollendeten Mannesalter zum Gegenteil umschlägt.Daher leisten Wunderkinder selten auch nur etwasOrdentliches im späteren Leben.Bei allen solchen, wo hauptsächlich eine Rückenbelastungdes Körpers vorliegt, wobei die Hauptunterleibs-12*


180 , Erster Teil.nerven,-Rückenmark und Nervus sympathicus schwer in Mitleidenschaftgezogen werden, ist, wenn der Körper sich nichtdurch akute Krankheiten von dieser Belastung befreien kann^die Anlage zur Geisteskrankheit vorhanden. Dann kann durchdas latente Fieber ein chronischer Krankheitszustand geschaffenwerden, der in der Geisteskrankheit seinen Höhepunkt erreicht.Man denke nur "daran, wie bei akuten Krankheiten auchGeistesstörungen, d. h. Bewusstlosigkeit, verbunden mit Phantasieren,eintreten, welche plötzlich kommen und gehen, jenachdem der innere Druck der Krankheitsstoffe höher oderniedriger ist. Anderseits hat man bei den Irren vielseitiglängere und kürzere Momente völliger Geistesklarheit undmomentaner Normalität beobachtet. Dann war der Druck derKrankheitsstoffe zeitweilig ein geringerer. <strong>Die</strong> lichten Momenteverschwinden, sobald der Druck der Krankheitsstoffe wiederein stärkerer wird.<strong>Die</strong> progressive Paralyse ist nichts, als ein noch weitervorgeschrittenes Stadium der Geisteskrankheit.Wenn die Presse als Organ der Schulmedizin sagt, dassdie progressive Paralyse gerade unter den „gesundesten"und „kräftigsten" Männern ihre reichste Ernte hält, so legtdies wiederum einen schlagenden Beweis dafür ab, wie wenigdie moderne Schule wahre Gesundheit zu erkennen vermag.Wir sind heute schon einen Schritt weiter gekommen, dennwir wissen, dass eine so schwere Krankheit, wie die progressiveParalyse, nicht so plötzlich kommen kann, sondern dassihre Vorstadien bereits lange Zeit vorher für den Kenner derGesichtsausdruckskunde zu beobachten sind, und daher garkeine Rede davon sein kann, dass die gesündesten Männergeisteskrank werden können.Will man die Geisteskrankheit heilen, so ist dies nurdurch Zurückführung der sie bedingenden Belastung möglich;In wiederholten Fällen sind Geisteskranke durch meine Methodegeheilt worden, so dass dadurch der volle Beweis fürdie Richtigkeit meiner Behauptungen erbracht worden ist.Ich lasse hier einen Bericht aus meiner Praxis folgen:


Nerven- und Geisteskrankheiten. 181*Ein Mädchen von 23 Jahren litt bereits seit langenJahren an völliger Geisteskrankheit. Ihre Eltern fragtenmich um Rat und ob ich vielleicht noch helfen könnte, denn"der Patient sei der Familie eine beständige Sorge.<strong>Die</strong> Belastung lag günstig, und so konnte ich den Elternzureden, wenigstens einen Versuch mit meiner Kur zu machen.<strong>Die</strong> Kranke war in solchem Zustande, dass sie sich selbernicht badete, so dass ihre Mutter genötigt war, sie zu baden.Nach vier Wochen war ihr Zustand schon so weit gebessert,dass sie allein badete und sich auch nicht mehr verunreinigte.In einem halben Jahre konnte sie wieder unter die gesundenFamilienmitglieder gerechnet werden.#•..<strong>Die</strong>se überraschend schnelle Heilung war nur möglich,weil die Patientin erstens ziemlich günstig belastet war undsich infolgedessen allmählich ihre Verdauung wieder Hob,und zweitens, weil sie nicht tobsüchtig, sondern ziemlich, teilnahmlosund in sich gekehrt war, wodurch es überhaupt erstmöglich wurde, sie zu behandeln.In vielen Fällen, in welchen die Belastung ungünstigerliegt oder der Zustand der Geisteskranken eine Behandlungnach meiner Methode überhaupt nicht zulässt, ist die Geisteskrankheitdann auch nicht mehr heilbar.^Ich habe viele Fälle erlebt, wo die Geisteskranken zukeinem Reibebade zu überreden waren. In solchen Fällennatürlich ist an Heilung nicht mehr zu denken. Es kommtbei der Geisteskrankheit, da sie ebenso wie Tuberkulose einKrankheits-Endstadium ist, vor allen Dingen darauf an, dieKrankheit abzuwenden, so lange es Zeit ist. Früher war diesunmöglich, weil man Mittel und Wege dazu nicht kannte,und die Krankheit erst gewahr wurde, wenn es zu spät war,jetzt aber, nachdem wir in meiner Gesichtsausdruckskundeein sicheres Mittel haben,, das Herannahen der Geisteskrankheitschon jahrelang vorher zu beobachten, und ferner inmeiner Methode der Weg gefunden ist, solche Krankheitsanlagensicher zu beseitigen, sehen wir ohne Besorgnis auchauf die gefürchteten Geisteskrankheiten. Da indessen die


182 Erster Teü.Geisteskrankheit bis jetzt für unheilbar gehalten ist, so lasseich hier aus meiner Praxis noch einen Fall folgen, der vonallgemeinem Interesse sein dürfte, weil sich heute viele inähnlicher Lage befinden dürften. Es handelte sich hier um«einen schweren Fall progressiver Paralyse auf syphilitischerBasis. Der Patient litt bereits seit vielen Jahren an schlechterVerdauung, welche infolge geistig aufregender Geschäftsthätigkeitbeständig schlechter wurde, und keinem Mittel mehrweichen wollte. Auf Anraten verschiedener Arzte begab ersich im Juli a. c. in das Bad W., woselbst er sehr starkenmineralhaltigen Brunnen trank. Derselbe wirkte so schlechtailf ihn, dass sein Zustand jetzt Besorgnis erregend wurde,so dass er nicht mehr wusste, was er sprach. <strong>Die</strong> zu Rategezogenen vier berühmtesten Ärzte B . s verordneten,nachdem sie sich in einer längeren Sitzung darüber schlüssiggeworden waren, Quecksilbereinreibungen, welche indessennur 2 mal zur Anwendung kamen. Patient befand sich jetztin einem solchen Zustande, dass er, wenn der Arzt eine Fragean ihn richtete, dieselbe nur nachsprach aber nicht beantwortete.Nachdem so jede Hoffnung auf Genesung geschwunden,wurde Patient nach Wien gebracht, um den für solcheLeiden berühmtesten dortigen Arzt M. zu konsultieren. Derselbebescheinigte, dass der Kranke an „Atrophia cerebri"(Gehirnschwund) auf luetischer Basis, Paralysis progressive,leide, und innerhalb kurzer Zeit ins Irrenhaus müsse. Aussichtauf Besserung sprach er rund ab, verordnete aber trotzdemJod zum Trinken, wovon indessen abgesehen wurde.Jetzt reisten die Angehörigen auf Veranlassung eines Freundesunverzüglich nach Leipzig, um meine Kur anzuwenden.Beim Beginne derselben sprach der Patient kein Wort, sondernwar vollständig apathisch, alle an ihn gerichteten Fragenschien er gar nicht zu hören. Auch war er nicht mehr fähigseine Bedürfnisse in menschlicher Weise zu befriedigen. DerKörper arbeitete vollständig willenlos. Infolge der Reibesitzbäderund der einfachen naturgemässen Diät trat sehr raschBesserung ein. Bereits nach dreitägiger Kur besserte sich


Nerven- und Geisteskrankheifen. 183vdie Verdatung. In acht Tagen war der Patient wieder seinerumnachteten Sinne mächtig und sprach wieder. Von jetzt abschritt die Besserung täglich fort, so dass nach achtwöchentlicherKur vollständige Heilung eintrat und jede Spur progressiverParalyse verschwunden war. <strong>Die</strong>se beiden Kurberichteliefern aber wiederum einen schlagenden Beweis fürdie einheitliche Ursache aller Krankheiten. Hätte die Geisteskrankheitnicht mit den bereits früher angeführten Krankheitserscheinungendie einheitliche Ursache gehabt, nie hättesie durch dasselbe Mittel geheilt werden können, das auchjen^e vdrhererwähnten Leiden erfolgreich heilte.


Frauenkrankheiten.Kindbettfieber. Wie erreicht man leichte nnd glücklicheGeburten. Schlimme Brüste. Unfruchtbarkeit.Gebärmuttervorfall. Behandlung des Kindes in den erstenMonaten. KinderanMehung.In meiner ausgedehnten Praxis ist es mir wiederholtaufgefallen, dass gerade Frauen und Mädchen für meine einfache,billige, aber erfolgreiche Kurmethode oft in kürzesterZeit das grösste Verständnis gezeigt haben. Wenn sie dieim Vergleiche mit allen anderen Heilmethoden überraschendenErfolge sahen, genügte es ihnen, um von der Sacheüberzeugt zu sein. Andere wurden allein durch meine <strong>neue</strong>Diagnose, die Gesichtsausdruckskunde, völlig gewonnen, welchealle die dem weiblichen Geschlecht so unangenehmen örtlichenUntersuchungen an den Genitalien völlig ausschliesst,und doch das Leiden viel genauer und richtiger beurteilenlässt, als jede örtliche Untersuchung. Wenn ich in solchenFällen einer Dame sagte, wie sich ihr Leiden entwickelt hatte,und wie diese oft Jahre lang zurückgreifende Beurteilungihres Zustandes in allen Fällen stimmte, musste ihr'das freilichStaunen und Ehrfurcht vor der <strong>neue</strong>n Wissenschaft einflössen,weil das noch niemand anders vermocht hatte. Schwerlichahnte man in solchen Fällen die grosse Einfachheitmeines ganzen Verfahrens und dieser Diagnose. Sobald dieFrauen dann noch vernahmen, dass meine Methode auch alle


Frauenkrankheiten. * 185und jede Behandlung mit Instrumenten an Scheide und Gebärmutteru. s. w. Unnötig mache und das ganze Mittel zurHeilung nur in besonderen Waschungen • und Bäderanwendungenund einer einfachen naturgemässen Lebensweise undeiner dem jedesmaligen Zustande genau angepassten Diätbestehe, war es kein Wunder, wenn ich bald überall ihrVertrauen mir erwarb.Kindbettfieber.<strong>Die</strong>se gefürchtete Krankheit, welche jährlich nach sta


186 Erster Teil.äusserte ich der Kranken gegenüber, dass ich ihr wohl helfenkönne, dass ich aber befürchte, sie werde nicht thun, wasich ihr verordne. „Verordnen Sie nur, was Sie wollen, ichthue alles," das war ihre Antwort. Darauf verordnete ichihr täglich drei bis vier Reibesitzbäder von 15—30 MinutenDauer mit 14° R. Wasser.Obgleich ich 14° R. Wasser zu den Bädern anordnete,hatte sie doch aus Mangel an warmem Wasser zum Zugiessendas Wasser, wie es die Leitung hergab, nur 8° genommen,sonst aber meine Vorschriften genau eingehalten. Auch dieAbweichung war nicht zu ihrem Nachteil gewesen, hatte vielmehrden Heilprozess nur noch beschleunigt, wenngleich dievon mir verordnete mildere Temperatur zunächst angenehmergewesen wäre, die kühlere ist stets wirksamer. Nach 18 Stundenwar das Fieber verschwunden und die Wöchnerin jederGefahr überhoben. Bereits nach acht Tagen konnte sie wiederihren gewohnten Arbeiten nachgehen.Es ist dies einer von den vielen Fällen, an welchen mandie erstaunlich schnellen Wirkungen der Reibesitzbäder erkennenkann. <strong>Die</strong> Fremdstoffe wurden nach ihren natürlichenAusscheidungsorganen abgeleitet und dadurch war ihreweitere Gärung wie bei jedem anderen Fieber aufgehoben.Nach meinem Rat gebrauchte die Frau die Bäder noch eineZeitlang fort und wurde gesünder, als sie es je zuvor gewesenwar. Man sieht, dass meine Vorschriften in diesemFalle, denen der Schulmedizin diametral entgegengesetzte sind.<strong>Die</strong>selbe verordnete, wie ich dies vielfach gefunden habe,Wärmung des Unterleibes, wodurch das Fieber (die Gärung)in demselben nur begünstigt wird, und Kühlung des Kopfesmit Eisbeutel. Freilich ist mir niemals dabei klar geworden,weshalb der Eisbeutel gerade auf den Kopf gelegt wurde,denn dadurch wird alles Blut nach demselben hingezogen,und jeder weiss doch, dass der Kopf nicht zum Ausscheidender Fremdstoffe da ist, sondern die natürlichen Ausscheidungsorganezu diesem Zwecke dienen. Ausserdem wirkt das Eisnicht allein kühlend, sondern geradezu erstarrend auf das.


Frauenkrankheiten. 187Gehirn. Der Organismus ist sofort bestrebt, diese Kühlungdadurch auszugleichen, dass er durch vermehrte Blutzufuhrdie normale Körperwärme herzustellen sucht. Dadurch findeteine vermehrte Blutzufuhr ins Innere des Gehirns statt, welcheselbstverständlich auch einen gesteigerten Wärmegrad hervorruft.Äusserlich haben wir dann eine erstarrende Eiskälteund innerlich eine brennende Hitze im Kopfe. <strong>Die</strong>ser Gegensatzwirkt aber allein schon eingreifend genug auf das Gehirn,um den Tod zu beschleunigen.Wie erreicht man leichte und glückliche Geburten?Empfängnis, Schwangerschaft und Geburt sind Vorgänge,die in der Natur täglich vorkommen und nur dann das Geprägeder Natürlichkeit verlieren Und mit irgend welchenUnannehmlichkeiten und Schwierigkeiten verbunden sind, sobaldman sich vom Gängelbande der Natur lossagt und unterMissachtung der Naturgesetze seine eigenen Wege zu wandelnbestrebt ist.Sehen wir uns in der Natur um, unter welchen Bedingungenund mit welchen Schwierigkeiten die Tiere, welchenicht durch den Einfluss der Menschen behindert, also keineHaustiere sind, ihre Jungen zur Welt bringen.Beobachten wir die Rehe in der Freiheit oder eine Häsin,eine Katze oder irgend welche anderen Tiere der freien Natur,so werden wir nirgends finden, dass dieselben irgend welcherMithilfe bei ihren Geburten bedürfen, oder dass diese selbstschwer und schmerzhaft oder länger als nötig dauerten.Nirgends bemerken wir, dass solche Tiere irgend welcheFurcht oder Unruhe schon vor der Geburt bekunden. Ganzim Gegenteil können wir uns täglich davon überzeugen, wiedieser bei den Menschen oft so schwierige Akt dort überallohne alle Mühe leicht und schnell vollzogen wird, ohne selbstirgendwelche Störungen auch nur auf kurze Zeit in derFunktiohsfähigkeit der Tiere herbeizufuhren.


188 Erster Teil.Wiederholt habe ich Gelegenheit gehabt, mich von derRichtigkeit dieser Thatsache zu überzeugen.Ich habe solche Tiere beobachtet und gefunden, dassdieselben unmittelbar nach vollzogenem Geburtsakt, so alswenn nichts geschehen wäre, all ihren gewohnten Lebensbeschäftigungennachgingen, während sie gleichzeitig alleerdenküche Sorge um ihre Nachkommenschaft dabei an denTag legten. Niemals habe ich beobachtet, dass es bei völligemGesundheitszustande anders in der Natur herginge.Mit eigenen Augen habe ich gesehen, wie eine Häsin, diebereits zwei Junge zur Welt gebracht hatte, in ihrem Geburtsgeschäftdurch Jäger aufgestört wurde und trotzdemso rasch davon lief, dass niemand im stände war, ihr anzusehenoder auch nur zu ahnen, dass sie mitten im Geburtsaktgestört worden war. <strong>Die</strong> Häsin wurde geschossen, undnachdem man sie besehen hatte, stellte sich heraus, dass siebei der Geburtsthätigkeit gestört worden war. Der Jägeröffnete sofort ihren Leib und fand darin noch ein lebendesJunges vor, das er versuchen wollte aufzuziehen, währenddie anderen zwei vorher geborenen nach einigem Suchenebenfalls gefunden wurden.Wenn nun bei den Menschen heute so leichte Geburtenzur allergrössten Seltenheit und Ausnahme gehören, schwere,langwierige, unglückliche Geburten und namentlich Fehlgeburtenaller Art, daneben alle erdenklichen Nebenleidenwährend der Schwangerschaft an der Tagesordnung sind, undeine Geburt ohne Hebamme nur selten vorkommt, der Geburtsaktselber aber thatsächlich bereits viel öfter KunstaisNaturakt ist, und jede Frau nach vollzogener Geburtlänger oder kürzer der ungestörtesten Bettruhe bedarf, umsich keine schlechten Folgen zuzuziehen, und es nur nochauf dem Lande hier und da beobachtet wird, wie Frauengleich nach der Geburt ohne jede Folgen ihren gewohntenArbeiten nachgehen können und nachgegangen sind, somüssen wir daraus den Schluss ziehen, dass diese Abweichungvon dem für alle wirklich gesunden Lebewesen geltenden


Frauenkrankheiten. 189Naturgesetze auf tief einschneidenden Thatsachen beruhen,welche eben im stände waren, solche unnatürliche und keineswegsin der Absicht der Vorsehung und Natur liegende Abweichungenund Störungen hervorzurufen.Nicht die Natur und ihre unwandelbaren Gesetze sindes, welche etwa der Menschheit gegenüber unvollkommengeworden sind, um deren viele Krankheiten zu rechtfertigen.Im ganzen Weltenraume giebt es nichts, was nicht ein unddenselben Naturgesetzen unterläge, und nun gar auf einemeinzelnen Weltkörper, wie unsere Erde unter den tausendenvon Himmelskörpern einer ist, glauben zu wollen, dass diedarauf bestehenden Naturgesetze nur für gewisse NaturerscheinungenGeltung haben sollten, dagegen aber auf andereErscheinungen wie die verschiedenartigen Krankheitserscheinungenkeinen Einfluss haben sollten! Das wäre für einengesunden Menschenverstand unfassbar.Es konnte nicht anders kommen, als dass die Missachtungder Naturgesetze sich an dem Menschengeschlechtenachteilig bemerkbar machte und es dem Abgrunde körperlicherZerrüttung so weit näherte, dass vielfach ein Hinabstürzenunvermeidlich wurde.Erst mit dem Abweichen von der Natur wurde dieMenschheit allmählich krank, d. h. belastet mit Fremdstoffen,und sie musste bald fühlen, in welcher unangenehmen Weisesich diese Übertretung der Naturgesetze gerade bei der Fortpflanzungstörend bemerkbar machte. Auf diese Weise gingallein das Paradies verloren, jenes irdische Glück, das sicheinzig in dem Gefühl und dem Vorhandensein völliger Gesundheitnebst allen Bedingungen zur bewussten Erhaltungderselben offenbart und offenbaren kann, was aber nur damöglich ist und sein wird, wo die Menschheit im engstenZusammenhang mit der Natur lebt und ihre Gesetze strengbefolgt.Verloren ist das Paradies völliger Gesundheit gegangen,aber erhalten hat sich eine dunkle Vorstellung davon imHerzen aller Menschen. Und wenn auch vielfach diese Vor?


190 Erster Teil.Stellung durch Vorurteile völlig zu verschwinden scheint, oftgenügt nur ein Schimmer dieses entfernten Lichtes, eine leiseAhnung, um dasselbe in vollem Glänze vor den erstauntenAugen der irregeleiteten Menschheit erscheinen zu lassen.Nach dem Gesagten können wir nun folgenden Grundsatzaufstellen: „Völlig gesunde Eltern in unserem Sinne werdenauch stets leichte Schwangerschaften und gleichfalls leichteund glückliche Geburten und gesunde Kinder haben." AlleAbweichungen von diesem der Natur entsprechenden Satzewerden allein durch Krankheit, d. h. Belastung des Körpersmit Fremdstoffen, hervorgerufen. Selbstverständlich ist dasWort Krankheit in dem von uns erweiterten Sinne eineschronischen, latenten Zustandes der allmählichen Belastungdes Menschengeschlechts mit Fremdstoffen zu verstehen, dereben in vielen Fällen ein solcher ist, dass man bei stark belastetenMenschen oft sogar von strotzender Gesundheitspricht; erst nach genauer Kenntnis meiner Gesichtsausdruckskundekann der Zustand richtig erkannt werden.Wie eine Belastung mit Fremdstoffen oder ein allmählichesKrankwerden in unserem Sinne zustandekommt, habeich bereits früher auseinandergesetzt. Es erübrigt nur nochzu sagen, dass die Natur stets bestrebt ist, jeden Fötus, alsoalle im Mutterleibe befindlichen Jungen, aus den bestenBestandteilen der betreffenden Eltern zu bilden, dass alsoeine direkte Vererbung der Krankheitskeime in vielen Fällennur darin besteht, dass die beim Vater oder der Mutterwährend der Zeugung krank oder belastet gewesenen Organebeim Kinde nur schwächer ausgebildet oder veranlagt, alsoden gesunden Organen nicht proportioniert entwickelt zurWelt kommen. Entsteht nun im Kinde, wie das heute durchsImpfen und bei dem Genüsse abgekochter Kuhmilch unvermeidlichist, eine Belastung mit Fremdstoffen, so werden,da die Fremdstoffe stets das Bestreben haben, sich dortniederzulassen und dahin ihren Weg zu nehmen, wo ihnender geringste Widerstand entgegengebracht wird, gerade dieim Körper verhältnismässig schwächer veranlagten Organe


Frauenkrankheiten. 191der Sammelpunkt der Fremdstoffe werden, mithin wird beimKinde wieder dieselbe Krankheit entstehen, wie bei den Eltern.Dagegen sind wir aber gerade beim Kinde im stände, durchnaturgemässe Behandlung und sorgfältige Beobachtung derNaturgesetze, jede Belastung mit Fremdstoffen fern zu haltenund so etwa schwächer beanlagte und leicht zu Belastungneigende Organe allmählich wieder zu kräftigen und gesundzu erhalten, so dass es möglich- ist, nach Generationen wiederein viel gesünderes und kräftigeres Geschlecht zu erreichen.In vielen Eällen, wo die Eltern bereits «stark belastetwaren, wird auch das Kind stark belastet zur Welt kommen,obgleich es dennoch aus den besten Bestandteilen hervorgegangenist, welche den Eltern zur Verfügung standen. „Anihren Früchten werdet ihr sie erkennen", kann man hiermit völliger Berechtigung sagen. Da nun die Kinder auchnicht naturgemäss lebten, so ist es dahin gekommen, dassvon Generation zu Generation das Menschengeschlecht nichtgesünder, sondern stets kränker geworden ist.Aber noch andere Umstände sind es, welche heute argeSchädigungen unserer Gesundheit bedingen.Nirgends in der Natur finden wir, dass durch die GeburtsthätigkeitTiere schwächer, hässlicher oder gar geradezudeformiert werden. Wenn wir nun beobachten, wie bei unsfast alle Frauen durch mehrere Geburten von Kindern immerunschöner und oft geradezu entstellt werden, wenn wir fernersehen, wie selbst in den sonst gesundesten Verhältnissen undunter den sonst noch günstigsten Bedingungen auf dem Lande,möglichst vollkommen gesunde Mädchen als Frauen sehrbald, oft bereits nach den ersten Niederkünften, auffallendaltern und vielfach bereits runzlich werden, so muss es unsfast wie eine Fabel klingen, wenn wir in alten Überlieferungenlesen, dass Frauen, die bereits erwachsene Kinder hatten,noch immer so jugendlich und begehrenswert aussehen konnten,dass sie, wie Penelope, in diesem vorgerückten Alternoch viele Freier an sich ziehen konnten.Kein Zufall ist es, dass wir heute solche Fälle zu den


192 Erster Teil.allergrössten Seltenheiten zählen können. Auf eine Ursachesei noch besonders hingewiesen. Nirgends in der Natur,ausser bei dem bevorzugten Menschengeschlechte, beobachtenwir, dass nach stattgefundener Empfängnis sich ein weiblichesWesen noch weiterer Begattung aussetzt, sie verweigert dieselbevielmehr aufs entschiedenste. Es liegt dies völlig inder Natur der Sache, denn der Begattungsakt ist nur zumZwecke der Empfängnis, niemals aber zum Vergnügen da,dies ist Naturgesetz.Während' des Begattungsaktes findet eine vermehrteBlutzufuhr nach den Geschlechtsteilen statt, welche, wenndas weibliche Wesen bereits schwanger ist, stets eine nachteiligeWirkung auf den Fötus, d. h. den bereits in der Entwicklungsich befindenden Embryo oder das Junge, ausübt.Ganz besonders aber fällt diese nachteilige Wirkung auf diebetreffende Mutter selber zurück, weil die Natur stets bestrebtist, im Mutterleibe alles Nachteilige von der Fruchtfern zu halten, und das macht sich nun in einem frühen Altem,einem schnellen Verbrauche der Lebenskräfte und vielenjener lästigen Frauenkrankheiten bemerkbar, die heute nachHunderten zählen.Aber auch direkte Störungen während der Schwangerschaftverursacht dieser Verstoss gegen dies Naturgesetz.Viele jener leidigen Begleiter der Schwangerschaft, wieErbrechen, Übelkeiten, Zahnweh, Wechsel der Gesichtsfarbe,vorübergehende mit Hitze wechselnde Kälteschauer, Neigungzu Trübsinn und zum Weinen, leichte Reizbarkeit derNerven, Widerwille vor gewohnten Genüssen und oft rätselhafterAppetit, sind, sobald sie nicht auf Krankheit in unseremSinne zurückgeführt werden müssen, direkte Folgen diesesVerstosses.Namenloses Elend wird durch Übertretung dieses Naturgesetzesunter die Menschheit gebracht. Denn nicht nurwird die Gesundheit der Frau • und des Kindes dadurchzerrüttet, soridern es wird auch das. seelische und leiblicheVerhältnis zwischen Mann und Frau in jeder Weise dadurch


Frauenkrankheiten. • 193getrübt. Der noch gesunde Instinkt jeden Weibes verbietetdemselben, wie. ich dies vielfach zu beobachten Gelegenheitgehabt habe, jede weitere Begattung nach stattgehabterEmpfängnis, aber unsere heutigen Gewohnheiten und Gebräuchetragen einerseits dazu bei, diese Stimme der Naturin uns systematisch zu ertöten, wozu dann anderseits der mitjeder zunehmenden Belastung des Menschengeschlechts mitFremdstoffen sich ebenfalls stetig krankhaft steigernde, aberunnatürliche Geschlechtstrieb der Männer das seinige beiträgt.Jeder Landwirt weiss, dass in seinen Rindviehherden einunnatürlich gesteigerter Geschlechtstrieb sofort ein sicheresAnzeichen für eingetretene Krankheit der Rinder ist. Aber auchbei den Menschen hat dies Gesetz volle Gültigkeit, und wernur seine Augen aufmachen will, kann sich davon täglichüberzeugen. Ich erinnere nur an die geschlechtliche Überreiztheitder Schwindsüchtigen.Der Geschlechtstrieb bei gesunden Männern (d. h. gesundin unserem Sinne) ist völlig verschieden von demjenigender Jetztzeit. Frei von allen und jeden erotischen Nebengedanken,frei von allem unnatürlichen Dränge ist der Triebauch beim Manne nur zur Erhaltung der Art da, aber niemalsdarf er ein Bedürfnis werden, unter dessen zeitweiligerNichtbefriedigung das Individuum Qualen der Entbehrung zuleiden hat. Freilich wird diesen Zustand nur derjenige richtigbeurteilen können, der gesund ist und sich seinen Körperdurch reizlose Nahrung und naturgemässe Lebensweise freiund rein von jeder Belastung zu halten versteht. Am bestenaber der, der beide Stadien kennt. Wer also nicht habenwill, dass sein Wille im Widerspruch mit demjenigen derNatur steht, wer ferner seinen Körper derart regulieren will,dass dessen unnatürliche Begierde, ohne Verringerung, vielmehrunter Vermehrung seiner wirklichen Kraft, auf dasrichtige Maass zurückgebracht werde, so dass ihm zur Wohlthatwird, was unter anderen Umständen als der gewaltsamsteZwang erscheint, der kehre zurück zur Natur, indem er dievon mir aufgestellten Regeln zum Gesündejrwerden, also zurLouis Kühne, <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong>. 13


194 Erster Teil.Entlastung seines Körpers von den ihn belastenden Fremdstoffen,sich zu eigen macht und befolgt, und er wird erreichen,was er beabsichtigt, wenn sein Körper eben nochnicht zu weit herunter ist.Sehen wir uns nun an, welche verschiedenartigen unnatürlichenGeburten heute überall vorkommen. Wie vielhören wir zunächst von Fehl- und Frühgeburten. Hier habenwir eine Steissgeburt, dort kommt ein Kind in der Seitenlagenach dem Ausgangswege, dann finden wir wieder Kindermit unnatürlich grossen Köpfen und dabei so enge Geburtswegebei der Mutter, dass eine Geburt ohne künstliche Eingriffeunmöglich ist, bei anderen Müttern beobachten wirviel zu geringe Wehenthätigkeit u. s. w. Kurzum lauter unnatürlicheVorkommnisse, welche nur durch die verschiedeneBelastung der Mutter mit Fremdstoffen oder auch bereitsdurch Belastung des Kindes zu erklären sind.Falsche Lage des Kindes im Mutterleibe wird stets nurdurch die verschiedenartige Belastung der Mutter hervorgerufen,indem das Kind dabei durch die Ablagerungen vonseiner richtigen Lage verdrängt und verschoben wird. Wodie Geburtswege der Frau durch Ablagerungen von Fremdstoffenverengt sind, findet in jedem Falle eine erschwerteGeburt statt. Das Kind selber kann, wenn die Eltern starkbelastet waren, ebenfalls bereits so stark belastet sein, dasses viel zu gross in seinen Dimensionen, namentlich mit einemzu grossen Kopf versehen ist, was ebenfalls, namentlich, wenndie Geburtswege verengt sind, wieder zu einer schwerenGeburt führen wird. Eine Belastung der Geburtswege istnun so zu denken, dass alle dabei in Betracht kommendenMuskeln, Sehnen und Bänder derart mit Fremdstoffen durchsetztsind, dass sie dadurch verschwollen erscheinen und anihrer Elastizität und Nachgiebigkeit, Ausdehnungs- und Zusammenziehungsfähigkeiteine erhebliche Einbusse erleiden,deren völlige Gesundheit in unserem Sinne aber unbedingzu jeder leichten Geburt erstes Bedingnis ist.<strong>Die</strong> Wehenth|Ltigkeit wird hauptsächlich durch die krampf-


Frauenkrankheiten. 195haften .Zusammenziehungen der ringförmig um die Gebärmutterherumlaufenden Muskelspiralen hervorgerufen. Sinddiese Muskeln ebenfalls belastet, so wird ihre Zusamraenziehungsfähigkeitdadurch behindert sein, und die Zusammenziehungenselbst werden niemals mehr mit der sonstigen Kraftund Energie ausgeführt werden können. Denn jeder Muskel,der belastet ist, leidet an seiner Funktionsfähigkeit ganz erheblichund verursacht grosse Schmerzen, wenn er, wie diesbei den Wehen der Fall ist, krampfhaft, mehr als seine Belastungzulässt, zusammengezogen und in Anspruch genommenwird, da ist er dem Zerspringen nahe, und dieses Gefühl isthöchst schmerzhaft. Wir sehen, die grossen Schmerzen beiden Geburten rühren auch nur von der Belastung mit Fremdstoffenoder von Krankheit in unserem Sinne her. <strong>Die</strong>selbeUrsache hat das Angewachsensein der Nachgeburt, bei welcheres sich niemals um ein wirkliches Angewachsensein, sondernnur um ein Verbundensein durch Ablagerungen von Fremdstoffenhandelt.Eine notwendige Folge solcher leidigen Zustände währendder Geburten und jeder, auch der leisesten Krank- (Keit des Körpers selber, ist die allen belasteten Fraueninnewohnende Angst vor dem Geburtsakt. <strong>Die</strong>se Angst istnicht etwa Naturgesetz, sondern einzig und allein Folge vonder Belastung. <strong>Die</strong> wirklich gesunde Frau kennt solche Gefühlenicht <strong>Die</strong>s Angstgefühl ist die Stimme unseres Instinkts,die, wenn auch vielfach unterdrückt, dennoch bei Vorgängen,die so eingreifend sind wie Geburten, uns deutlichverrät, dass wir mit dem uns von der Natur anvertrautenGute unseres Leibes und dessen Gesundheit nicht recht geschaltetund gewaltet haben. Aber wer vermag heute nochdiese Stimme richtig zu deuten? Wer mir nach dem Gesagteneinwenden will, dass es zweifellos doch viele Fällegeben wird, wo bei Geburten operative Hilfe notwendig werdenmuss, dem will ich als Antwort nur einen Fall mitteilen.Eine Frau von 36 Jahren, welche ihr zweites Kind zur Weltbringen wollte, hatte bereits 2 Tage und, 2 Nächte vergeb-13*


196 Erster Teil.lieh unter starken Wehen zugebracht, ohne dass sich dasKind in ihrem Leibe rührte. <strong>Die</strong> Hebamme erklärte, es müsseärztliche Hilfe hinzugezogen werden, ohne diese sei die Geburtnicht möglich. Ein sehr geschickter und als Geburtshelferberühmter Arzt wurde hinzugezogen. Vier Stundenlang arbeitete dieser mit allen möglichen Instrumenten. Schliesslicherklärte er, dass es bei der verkehrten Lage des Kindesganz unmöglich sei, dasselbe ohne Gefahr für das Leben derMutter herauszubekommen. <strong>Die</strong> arme Frau erklärte liebersterben zu wollen, als noch länger die ärztliche Hilfe zu ertragen.Ohne zum Ziele zu kommen, ging der Arzt wiederfort und erklärte, dass die Frau sterben müsse, weil dasKind nicht fortzubringen sei. <strong>Die</strong> Natur hatte es aber andersbeschlossen als der Arzt. Nach 24 stündiger fortgesetzterWehenthätigkeit kam das Kind ohne Arzt, nur mit Hilfe derHebamme. Wer hatte hier wohl mehr geschafft, der berühmteArzt oder die einfache Natur? Der naturwidrige ärztlicheEingriff blieb aber nicht ohne nachteilige Folgen, denndie Frau blieb noch infolgedessen neun Wochen nach stattgefundenerGeburt lebensgefährlich und bettlägerig krank,sie war fast gelähmt, und nur ihre kräftige Natur half ihrdann wieder auf die Beine.Gern gebe ich zu, dass bei der vielfachen latenten, chronischenKrankhaftigkeit der Menschen Geburtszustände undKomplikationen eintreten können, vor deren Lösung jeder Arztund Geburtshelfer ratlos stehen. Ich habe die Erfahrung,dass in allen solchen Fällen es das Geratenste ist, den Vorgangruhig der Natur zu überlassen. Besser als diese schafftniemand. Zur Unterstützung erschlaffter Wehenthätigkeit istmir aber kein besseres Anregungsmittel bekannt als die Reibesitzbäder.Durch zu voreilige Operationswütigkeit bei Geburtensind schon tausende Frauen ins Grab befördert worden.Ich bin jn allen Fällen gegen jeden operativen Eingriff beider Geburt. Da wo die betreffende Frau wirklich zu derGeburt nicht befähigt sein sollte, wenn ja dieser Fall eintritt,ist es für die Gebärenwollende auch zweifellos besser,


Frauenkrankheiten. 197wenn das Kind nicht geboren wird. Auch für solche Fällesorgt Mutter Natur in der ungefährlichsten Weise. <strong>Die</strong> ausgetrageneFrucht stirbt ab und trocknet im Laufe der Zeitfest und immer fester zusammen, so dass schliesslich derLeib wieder annähernd normale Formen bekommt. Ich habesolche Fälle bei Rindern und Schafen vielfach zu beobachtenGelegenheit gehabt, habe aber in allen diesen Fällen niemalsden geringsten Nachteil für die Tiere selber daraus beobachtet.<strong>Die</strong> Natur schafft überall auch in diesen Fällen am Ungefährlichstenund normalsten und verhütet durch ihr Schaffenin solchen Fällen, auf natürliche Weise, auch jede Möglichkeitzu weiteren Schwangerschaften. Wie froh wäre manche geplagteMutter und wie viel namenloses Elend bliebe vielenarmen Familien erspart, wenn an Stelle der operationswütigenGeburtshelfer, welche die Sucht haben mit Gewalt und Kunstjedes Kind ans Tageslicht zu schaffen, das auf natürlichemWege nicht geboren werden kann, allein die allsorgendeMutter Natur am Lager der Gebärenden stände.Man vergesse aber niemals, dass es stets eigene Schuldder Frauen ist, wenn sie in solche Zustände geraten, wo eineGeburt ohne Instrumente fast unausführbar erscheint. <strong>Die</strong>eingetretene Schwangerschaft merkt man stets bald und esbleibt noch immer eine reichliche Spanne Zeit übrig, um biszur Geburt das Nötige thun zu können. Wer meine Methodekennt, der weiss, was er zu thun hat um leichte Geburtenzu erzielen. Heute, wo seit dem Erscheinen dervorigen Auflagen dieses Werkes wieder ein Jahr ins Landgegangen ist, blicke ich auf eine grosse Reihe <strong>neue</strong>r Bestätigungenmeiner Lehren auf diesem Gebiete zurück. In keinemFalle haben die Reibesitzbäder neben meinen Diätvorschriftenangewendet ihre Wirkung verfehlt. Überall sind überraschendleichte Geburten eingetreten, wo meine Kur noch rechtzeitigangewendet wurde. <strong>Die</strong> wärmsten Danksagungen haben denReibesitzbädern gerade in solchen Fällen den Stempel derUnübertrefflichkeit aufgedrückt. Es wird nach dem Gesagtenwohl jedem einleuchten, dass es leichter ist, zu rechter Zeit


198 Erster Teil.einer schwierigen Geburt vorzubeugen, als in dem GeburtsmomenteHilfe zu bringen.Wer das Gesagte zusammenfasst, wird nun begreifen,wie die stete Zunahme aller künstlichen Geburtshilfen mitden vielen verschiedenen Geburtsinstrumenten allein die notwendigeFolge des stets zunehmenden chronischen Krankheitszustandesder Menschheit ist, mit dem sie gleichen Schrittzu halten gezwungen ist.Eltern, welche glückliche Geburten und gesunde Kindererzielen wollen, müssen vor allen Dingen dafür sorgen, dassihr eigener Körper in der Zeit der Zeugung von Fremdstoffenfrei, also gesund ist. Einen gesunden Körper erreicht manaber nur, wie ich gezeigt habe, durch Herausschaffen derihn belastenden Fremdstoffe und Vermeidung <strong>neue</strong>r Belastung,also durch Anwendung der <strong>neue</strong>n Heilkunst, vonwelcher die naturgemässe Lebensweise einen unentbehrlichenTeil bildet.Der Beweis für die Richtigkeit des vorher Gesagten kannnur durch die Praxis erbracht werden, und so will ich hiervon den vielen Beweisen einige folgen lassen, aus denen dasGesagte genügend hervorgeht.Eine Frau, welche ich bereits seit längerer Zeit an Gelenkrheumatismusbehandelt hatte, die also ziemlich starkmit Fremdstoffen belastet war, hatte bereits fünf Kinder«... . , __unter den allerschwierigsten Umständen geboren. Bei ihrerstarken Belastung, namentlich im Unterleibe, waren Schwergeburtenselbstverständlich. <strong>Die</strong> Geburten hatten auch stetszwei bis drei Tage lang gedauert und unter den grösstenSchmerzen und bei völlig ungenügender Wehenthätigkeit stattgefundenund waren ohne Zange, wie sie sagte, nie möglichgewesen. Während ihrer sechsten Schwangerschaft hatte dieseFrau nun genau meine Kurvorschriften befolgt und täglichzwei bis drei Reibesitzbäder gebraucht. Der Erfolg war der,dass die sechste Geburt, welche sonst sicherlich die schwerstevon allen sechs geworden wäre, die leichteste wurde. <strong>Die</strong> G?-burtsthätigkeit selber hatte kaum eine Stunde gedauert. <strong>Die</strong>


Fraufhkrankheiten. 199Wehen hatten vom ersten Einsetzen an in richtiger Folgeprompt und fast schmerzlos ihre Schuldigkeit gethan.Fast wie ein Wunder war dieser Erfolg der Frau vorgekommen,hatte sie doch auch wirklich naturgemässe Zuständean sich nie kennen gelernt, und wenn ich ihr vor derGeburt sagte, dass ich diesen Ausgang erhoffte, so hatte siemich stets misstrauisch angesehen und gemeint, schmerzloseGeburten würde ich nicht erfinden. Jetzt bedauerte sie essehr, bereits so alt zu sein, dass sie schwerlich auf noch eine<strong>neue</strong> Schwangerschaft werde rechnen können. Heute, wo sieein Mittel wüsste, schmerzlos und leicht zu gebären, würde siegerne noch mehr Kindern das Leben schenken. Auch sei sie garsehr verwundert, diesmal das Kind selber stillen zu können, trotzdemsie früher niemals • dies Glück hätte geniessen können.Und dies alles war durch nichts anderes hervorgerufen,als dass die Frau seit ihrer Bekanntschaft mit meiner Methodestreng naturgemäss lebte und meine Bäder gebrauchte.Ihr vorhin stark belasteter Körper wurde dadurch ziemlichfrei von den ihn belastenden Fremd Stoffen, was sich denn auchin einer vermehrten körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeitaller Welt offenbarte. Wie sehr ihr Körper in all seinenFunktionen kräftiger und leistungsfähiger geworden war, waran dem Geburtsgeschäft deutlich zu Tage, getreten.Eine Frau Z. von hier begann auf meinen Rat währendihrer Schwangerschaft meine Kur und hatte nach siebenmonatlicherKur eine ebenfalls fast schmerzlose Geburt in"einer halben Stunde ohne Hebamme.Frau Louise B. von hier schreibt im September 1890wie folgt:„Ich bin jetzt 28 Jahre alt und war bereits seit meinem15. Lebensjahre schwer blasen- und nierenleidend. Zuersthatte ich acht Wochen lang im T.schen Institut hier zugebrachtund hatte nur das erreicht, dass mein Blasenkatarrhnach dieser Zeit geradezu unerträglich geworden war, so dassich nur noch liegen, aber nicht mehr stehen und gehenkonnte, weil mich die fürchterlichsten Schmerzen quälten."*


200 Erster Teil.*„<strong>Die</strong>ser Zustand währte vier Wochen, worauf ich in dieKlinik in der L.- Strasse ging, wo ich »nach längerer Zeitvorübergehende Linderung meines schmerzhaften Leidenserreichte. Da man indessen mein Leiden bis jetzt niemalsan seiner Wurzel gefasst hatte, so kehrte dasselbe im Laufeeines Jahres mit erneuter Heftigkeit zurück. Ich befandmich dazumal in Chemnitz und musste in das dortige Krankenhaus,woselbst ich über drei Monate lang auf alle möglicheWeise mit Salicyl und Höllenstein, Umschlägen und Elektrisierenvöllig erfolglos behandelt wurde, sodass ich im April1880 nach Leipzig übergesiedelt, sofort ins dortige Krankenhausmusste, woselbst ich auf Gebärmutterleiden vier Wochenlang ebenfalls erfolglos behandelt wurde, dass ich oft kaumvor Schmerzen vermochte, den Weg vom Krankenhaus bisnach meiner Wohnung zu gehen."„Ich verliess das Krankenhaus, weil ich dort keine Besserungsah und suchte vier Jahre lang in der Behandlungdes Dr. M. hier Hilfe, der ebenfalls auf Blasenkätarrhund Gebärmutterentzündung kurierte, und mich drei Jahrehintereinander nach Franzensbad schickte, woselbst ich MoorundStahlbäder nahm und Brunnen trank. Jedoch alles ohnedauernden Erfolg. Bei meinem letzten Aufenthalte in Franzensbad'wurde ich sogar vom dortigen Sanitätsrat nach hierzurückgesandt, weil eine Operation nach seiner Meinung durchausnotwendig sei. Von Dr. L. hier wurde ich operiert undweiterhin behandelt, sodass mein Zustand vorübergehend erträglichwurde. Ich fühlte allerdings noch mein altes Leiden„täglich und nahm deutlich wahr, wie dasselbe durch die operativeBehandlung nur unterdrückt, keineswegs aber mitseiner Wurzel aus meinem Körper herausgeschafft war. Von Zeitzu Zeit war ich stets genötigt, mir Linderung durch Umschlägeund anderes zu verschaffen, musste aber endlich doch wiederin ärztliche Behandlung und zwar des Dr. Z. hier treten, diewiederum ein volles Jahr währte, jedoch keinen Erfolg brachte.Schliesslich erklärte mir Dr. Z., ich hätte Wanderniere, es*wäre nichts mehr zu machen, schickte mich aber auf alle Fälle


Frauenkrankheiten. 201doch noch zu Professor Dr. Seh. hier. Derselbe untersuchtemich acht Tage hinter einander und erklärte dann ebenfalls,dass mir nicht mehr zu helfen sei, und schickte mich fort."„So kam ich ohne jede Hoffnung im Juli vor zwei Jahrenin Ihre Behandlung hier. Bereits nach den ersten Tagendieser Behandlung erreichte ich Befreiung von meinen unerträglichenSchmerzen, und nach vier Wochen Kur war ichwieder arbeitsfähig, und ich habe mich auch bis heute durchdiese Methode gesund und. arbeitsfähig erhalten."„Ich fühlte mich bereits während des ersten Jahres dieserKur körperlich so gekräftigt und erfrischt, dass ich michverheiratete, trotzdem mir von allen Seiten abgeredet wurdeund Arzte mir keine glückliche Geburt prophezeiten. IhreRatschläge und meine eigenen Erfahrungen belehrten michindessen eines anderen, und es ist alles genau so eingetroffen,wie Sie es mir vorhergesagt haben. Ich heiratete, befolgtewährend meiner Schwangerschaft gewissenhaft Ihre Vorschriftenund hatte zur Verwunderung vieler eine ganz erstaunlichleichte und glückliche Geburt ohne Hebamme.Alles das verdanke ich Ihrer einfachen Heilmethode."Leipzig. Frau Louise B.Schlimme Brüste und fehlende Nahrung.Bedentnng der Menstruation.<strong>Die</strong> Brüste der Frau dienen nur während des Säugenszur Ernährung des Kindes, und haben ausser diesem Geschäftekeine Obliegenheit. Beobachtet man nun im Tierreich,d. h. nicht gerade bei unseren Haustieren diesen Körperteil,so finden wir durchweg, dass, wo völlige Gesundheitvorliegt, die Brüste respektive Euter oder Zitzen, so langekeine Schwangerschaft vorliegt oder Junge gesäugt werden,klein und kaum viel grösser als bei den Männchen sind. Wirfinden aber trotzdem niemals, dass ein solches Tier seineJungen, nicht ernähren könnte oder gar schlimme Saugapparatedurchs Säugen bekäme.


202 Erster Teil.Wenn nun bei den Frauen oft ausserordentlich üppigentwickelte Brüste vor der Schwangerschaft und noch vorjeplem Säugen vorhanden sind, so fragt, es sich vor allenDingen, ob dieser Zustand normal ist oder nicht, zumal daviele solcher Frauen heute kein Kind mehr selber stillenkönnen, oder doch vielfach beim Säugen mit schlimmenBrüsten sich plagen müssen. Normal sind üppig entwickelteBrüste im jungfräulichen Zustande niemals, sie sind imGegenteil ein sicheres Anzeichen für eine bereits recht erheblicheBelastung des betreffenden Körpers mit Fremdstoffen.Ich habe Gelegenheit gehabt, besonders auf dem Landegesunde Mädchen und Frauen zu beobachten und habe stetsgefunden, dass Frauen, die ohne Mühe ihre Kinder zur Weltbringen konnten und ohne jeden Schmerz stillen, niemalssehr üppig entwickelte Brüste vor ihrer Schwangerschaft unddem Säugen hatten. Überall habe ich dagegen beobachtet,dass, wo vorher die Brüste bereits zu üppig entwickelt waren,entweder gar nicht gestillt werden konnte, oder doch schmerzhafteund schlimme Brüste beim Stillen sich einstellten.Dasselbe gilt, wo zu grosse krankhafte Magerkeit vorherrscht,ein Stadium, das von einem noch tieferen chronischen Belastungszustandbedingt wird. In solchen Fällen, besonders"wenn noch nach den heutigen Begriffen kräftig und nahrhaftmit Fleisch, Wein, Bier, Eiern, Milch etc. gelebt wird, habeich beobachtet, dass die Frauen überhaupt nicht stillen konnten,weil sie keine Nahrung hatten. <strong>Die</strong> Ernährungsquelleist eingetrocknet.Für ein gesundes Weib ist das Säugen eine der grösstenFreuden, dasselbe wird aber zur Plage, sobald der Körpermit Fremdstoffen belastet ist. Zum näheren Verständnisdessen muss ich hier ein Gebiet streifen, das selbst von denbedeutendsten Autoritäten heute noch nicht richtig erkanntworden ist. Es ist dies die Menstruation oder das monatlicheBlut des Weibes. Es ist darüber allenthalben soviel geschriebenworden, dass ich mich nicht näher mit diesem Themabefassen will, sondern nur zeigen werde, in wie weit meine


Frauenkrankheiten. 203Ansicht von derjenigen der heute maassgebenden Autoritätenabweicht. Ich behaupte geradezu, dass, ebenso wenig wieheute das Wesen der Krankheiten und ihre Einheiten anmaassgebender Stelle bekannt, ebenso wenig das Wesen undder eigentliche Zweck der Menstruation dort bekannt ist.Man hat die Menstruation als eine monatliche Reinigungoder als einen Vorgang erklärt, welcher abhängig wäre vonder mit der Pubertät eintretenden Ovulation, d. h. der Loslösungeines reifen Eies aus den Eierstöcken und dessenWanderung durch die Eileiter nach der Gebärmutter, wodessen Einbettung, sobald dasselbe befruchtet ist, zustandekommt.Von anderen Autoritäten wird wiederum behauptet,die Ovulation gehe unabhängig von der Menstruation vorsich und letztere sei nur eine Reinigung, wofür dann auchBeweise beigebracht werden. Danach müssten doch solcheFrauen, die inwendig reines Blut haben, überhaupt keineMenstruation haben, weil bei ihnen nichts zu reinigen wäre.Kurzum, je mehr Autoritäten man über diesen Punkt befragt,um so mehr Ansichten bekommt man zu hören, nur sinddieselben ohne jeden Zusammenhang mit dem Vorgehen derNatur, und ohne deren Absichten erkennen zu lassen, gebildetund ausgesprochen worden.Sobald der Jüngling in das Alter der Pubertät tritt,bildet sich bei ihm das männliche Zeugungsprodukt in ununterbrochenerFolge und bedingt den beim Manne stets ^sich er<strong>neue</strong>rnden Trieb zur Begattung. <strong>Die</strong> zur Erhaltungseines eigenen Körpers nicht mehr nötigen Stoffe werden,sobald sie nicht durch übermässige körperliche und geistigeArbeit absorbiert werden, zur Bildung des Zeugungsproduktesverwendet, das allemal aus der Quintessenz aller Säfte besteht^Beim Weibe ist der Vorgang ein anderer. <strong>Die</strong> Eierstöckesind bereits entwickelt mit all ihren Eichen, sobald die Mädchenin das Alter der Pubertät eintreten. Das Weib bedarfalso keiner besonderen immerwährenden Er<strong>neue</strong>rung ihresZeugungsproduktes zur Zeugung. Bei ihr wird aus dem LJberschussder Säfte des Körpers das allmonatlich oder genauer


204 Erster Teil.alle 28 Tage wiederkehrende Menstruationsblut gebildet. Dasselbehat keinen anderen Zweck, als den der Ernährung derFrucht. Es ist also die Menstruation nichts als ein Ernährungsprozessfür die Frucht im Körper. <strong>Die</strong> Ovulation"Nvird demnach nach meiner Ansicht erst durch den vermehrtenBlutandrang während der Menstruation nach den Geschlechtsteilendes Weibes hervorgerufen. Erst durch diesen vermehrtenBlutandrang platzen die Graafschen Follikel in denEierstöcken und ergiessen ihre Flüssigkeit mit dem dadurchreif gewordenen Eichen, worauf'dasselbe durch das Flimmerepithelder Fimbrien in die Eileiter und durch diese durchderen Flimmerepithel in die Gebärmutter geschafft wird.<strong>Die</strong> Menstruation ist nur ein Ernährungsvorgang derFrucht, durch welchen im schwangerfreien Zustande erst dasOvulum zur Reife gebracht wird. Niemals ist es aber umgekehrt,wie man in vielen medizinischen Lehrbüchern findenkann, dass das Menstrualblut hervorgerufen wird durch dasReifen eines Ovulum und das Platzen der Graafschen Follikel.Sobald wir diese Erklärung festhalten, wird es auch vonselber jedem klar sein, weshalb während des Stillens imnormalen Zustande die Menstruation beim Weibe aufhört.<strong>Die</strong> Natur hat nun die Ernährungsarbeit des Kindes denBrüsten zuerteilt. <strong>Die</strong>selben, welche im engsten Zusammenhangmit dem Uterus stehen, beginnen bereits nach der,*, letzten Menstrualzeit vor der Geburt sich auf ihr Amt vorzubereiten.Mit der zehnten Menstrualzeit tritt die Geburtein, und durch den Geburtsakt werden die Brüste im normalenZustande befähigt, das Säugungsgeschäft zu übernehmen.Solange keine Schwangerschaft eingetrete nist, geht dasMenstrualblut ab, ohne seinen Zweck verrichten zu können.Im normalen Zustande darf dieser Vorgang aber weder mit* Unannehmlichkeiten, noch mit besonderen Schmerzen verbundensein oder.gar fehlen, sondern er soll ohne eine besondereStörung hervorzurufen vor sich gehen. Wo Schmerzenund Beschwerden das Menstruieren begleiten, ist mit Sicherheitanzunehmen, dass der. betreffende Körper mit Fremd-


Frauenkrankheiten. 205Stoffen bereits belastet ist. Zu viele Mädchen und Frauenhabe ich bereits in meiner Behandlung gehabt, welche vorherstets schwer und schmerzhaft, zu wenig oder zu viel menstruierten,nach monatelangem Gebrauche meiner*Kur indessenleicht und schmerzlos, also in normaler Weise, diesen Aktüberstanden, woraus das Gesagte bewiesen wird.Sobald Schwangerschaft eingetreten ist, wird das Menstrualblutzur Ernährung der Frucht verwendet. Mag dieselbeauch immerhin zwischen den einzelnen Menstrualzeitenwachsen, die für die Frucht und deren Entwickelung wichtigstenZeitpunkte sind allemal diejenigen Tage, an welchendie Menstruation im nicht schwangeren Zustande eintretenwürde. Es ist schon seit den ältesten Zeiten die Wichtigkeitdieser Zeiten für die Entwickelung der Frucht bekannt. Werscharf beobachten kann, wird stets finden, wie sich beimKinde die Resultate jener Zeiten deutlich zu erkennen geben.Doch ich will zu Beispielen aus meiner Praxis greifen, umIhnen gerade das deutlich vor Augen zu führen.Einer Frau, die sich sehr vor Mäusen fürchtete, lief währenddes Kornbindens eine Maus auf den nackten Arm. s <strong>Die</strong> Fraubefand sich in der ersten Hälfte der Schwangerschaft, und eswar gerade die Zeit, in der sonst ihre Periode eingetreten wäre.Das unangenehme Gefühl, welches die spitzen Krallender Maus auf dem Arme verursachten einerseits und derAnblick der Maus selber anderseits, jagten der Frau einengrossen Schrecken ein, so dass sie laut aufschrie und mit der'anderen Hand die Maus hastig fortscharrte. Den ganzen Tagüber verHess die Furcht vor der Maus die Frau nicht, auchin der Nacht träumte sie noch davon. Wie das Kind nachsechs Monaten geboren wurde, hatte es auf seinem Armeebenfalls eine Maus, d. h. einen Fleck in der Grösse undForm einer Maus mit einem Mäuseschwanz daran, völlig grauund mit kleinen Haaren bewachsen, die genau Mäusehaarenglichen. Der ganze Fleck selber war mit der übrigen Hautdes Armes gleich hoch, nur mit den ganz eigentümlichenHaaren einer Maus bewachsen.


206 Erster Teil.Eine andere Frau, die wie auch ihr Mann dunkles Haarhatte und deren fünf Kinder ebenfalls dunkle Haare hatten,ging mit dem sechsten Kinde. In der ersten Hälfte ihrerSchwangerschaft befand sich nun ein Mädchen in ihrer täglichenUmgebung, das sie zärtlich liebte, mit auffallendüppigem, brennend rotem, wellig gekräuseltem Haar, einHaarwuchs, wie er nur selten vorkommt und der jedem unvergesslichist, der ihn auch nur einmal gesehen hat. <strong>Die</strong>Schwangere empfand nun solche Zuneigung zu diesem Mädchenund fand ihre auffallenden Haare so bewunderungswürdig,dass sie den innigen Wunsch hegte, ihr Kind, dassie unterm Herzen trage, möge dieselben Haare bekommen.Ganz besonders rege wurde dieser Wunsch zu den Zeiten,wo ihr Blut für gewöhnlich einzutreffen pflegte, so dass siesogar des Nachts lebhaft davon träumte. Wie nach fünfMonaten das Kind (ein Mädchen) geboren wurde, hatte dasselbeäusserlich wohl die Konturen ihrer Eltern, nebenbei"' aber eine auffallende Ähnlichkeit mit jener Rothaarigen, und,war besonders, was gerade das Haar anbelangt, bis ins allergenaueste.eine treue Kopie derselben.In einem anderen Falle fuhr eine Dame mit ihremkleinen Hündchen, das sie sehr in ihr Herz geschlossen hatte,spazieren. Unterwegs wird des Hündchens Jagdlust durchirgend einen Gegenstand gefesselt, es will aus dem Wagenherausspringen, wird an der freien Ausführung seines Vorhabenszunächst durch seine Herrin gehindert, die' ihn inbester Absicht zurückhalten will, springt aber dennoch heraus.Noch im letzten Moment hatte die Dame versucht, das Tierchenan den Beinen zu fassen, wodurch sie dessen Sprungderartig beeinflusste, dass ihm der dahinrollende Wagen mitseinem Hinterrad den Kopf zermalmte. <strong>Die</strong> Dame, die sich«aus dem Wagen gebeugt hatte, um dem Hunde nachzusehen,hatte genau zugesehen, wie das Wagenrad den Kopf des Hündchensdurchschnitt. Sie entsetzte sich so sehr über diesenVorfall, dass sie des Hundes zerquetschten Kopf den ganzenTag vor Augen hatte und selbst in der Nacht davon träumte.


Frauenkrankheiten. 207Als nach sechs Monaten ihr Kind geboren wurde, kam dasselbemit einem völlig abnormen Kopfe tot zur Welt. DerKopf hatte das Aussehen, als wenn ein Wagenrad darübergefahren wäre, wodurch er zerquetscht wurde.So, gebar in einem anderen mir bekannten Fälle eineFrau ein Kind, welches einen Mund von Ohr zu Ohr undkeinen Mundhimmel hatte. Das Kind starb bald nach derGeburt. <strong>Die</strong> Ursache dieser Karikatur war ein namenloserSchreck vor einer Maske, die ebenfalls einen Mund von Ohrzu Ohr hatte. Wie das auf dem Lande öfters geschieht,hatte sich jemand den Spass gemacht, mit dieser Larve verkleidetim Dorfe herumzuspuken. Zur Zeit ihrer Periode inder ersten Hälfte ihrer Schwangerschaft befand sich das betreffendeFrauenzimmer im Kreise anderer Mädchen beimSpinnen abends in der Stube; da kommt auf einmal diesesGespenst hinein, um die Anwesenden zu erschrecken. <strong>Die</strong>Betreffende war nun derart" erschrocken, .dass sie noch die(«ganze Nacht vor Aufregung nicht schlafen konnte, was oben"beschriebene Folgen nach sich zog.Ich könnte noch viele dergleichen mir bekannte einschlägigeFälle erwähnen, doch glaube ich, dass auch diesegenügen werden. Nur noch erwähnen will ich, dass auchdie verschiedenartigen Charaktere und abnormen Eigenschaftenund Anlagen der Kinder vielfach abhängig sind von demjedesmaligen Verhalten, der Stimmung und den Umständen,unter welchen die Frauen ihre Menstruationszeiten währendder Schwangerschaft verbringen. Sind diese während derselbensehr traurig,und pessimistisch gestimmt, so wirddie Stimmung auch bei der Veranlagung des kindlichenCharakters sicher ihren Einfluss nicht verfehlen. Ebensofinden Zorn, Furchtsamkeit, Mut und alle dergleichen Anlagen,aber auch Kleptomanie (Stehlsucht), Betrugssinn, Geldgierund alle sonstigen schlechten Eigenschaften dadurch dieErklärung ihrer Entstehung.Auch die Erzeugung weissfleckiger Lämmer und Kälber,wie sie von Jakob dadurch erzielt wurde, dass er teilweis


208 Er-ster Teil.abgeschälte Äste in das Wasser warf, wovon die Herden seinesHerrn tranken, ist dadurch erklärt, und zeugt davon, dassbereits in allerältester Zeit diese Vorgänge bekannt waren,denn gerade der Platz, wo das Vieh Wasser trinkt, ist derjenige,wo die meisten Jungen gezeugt werden.Ein Pferdezüchter teilte mir gelegentlich mit, dass ervon gleichmässig braunen Elterntieren einmal ein weissscheckigesFüllen erhalten hatte, und dass auf dem sonstbraunen Leibe des Füllens der weisse Fleck ganz die Formeines Hundes gehabt habe. Er erklärte mir diesen seltsamenVorgang damit, dass gerade während des Zeugungsaktes einweisser Hund vor den Augen der Stute unvorhergesehen vorübergelaufensei, wodurch dieselbe sichtlich beunruhigt wurde.Bekannt ist ferner, wie jeder Schreck und andere starkauf uns einwirkende äussere Veranlassungen direkt auf denUnterleib und die Verdauung einwirken. Viele können beiheftigem Schreck, nicht mehr das Wasser halten oder dasGegenteil tritt ein, was man auch bei Hunden beobachtenkann. Bei anderen äussert sich die Wirkung des Schrecksallein in Verdauungsstörungen u. s. w.Was lehren uns nun alle diese Beispiele? Wir sehendaraus, wie äussere Einflüsse und Wahrnehmungen, die wirmit unseren Sinnen beobachten und empfinden, also mit demKopfe wahrnehmen, ihre Hauptwirkung nicht am Kopfe,sondern im Unterleibe und dessen Organen durch Übertragungder Nerven bekunden. Wer meine Fiebertheoriegenau verfolgt hat, wird gesehen haben; wie ich den Ausgangspunktaller Krankheitsentstehungsursachen in den UnterleibVerlegt habe. Es hat dies seinen guten Grund und bekommtdurch obige Ausführungen eine <strong>neue</strong> Stütze, denndas Hauptorgan ist und bleibt der Unterleib, von dem alleanderen Organe abhängig sind. Meine Heilmethode liefertdafür die unwiderleglichsten Beweise. Aber auch aus derEntwickelungsgeschichte des Tierreiches lässt sich der Beweisdafür erbringen, worauf ich später an anderer Stelle nochnäher eingehen werde.


Frauenkrankheiten. 209Will man den Lebensbedingungen der höchst entwickeltenGeschöpfe auf die Spur kommen, so muss man die allerniedrigstenTiergruppen -und Geschöpfe vorerst genau sturdieren, denn an ihnen erkennt man am leichtesten dieLebensbedingungen.Betrachtet man nun die niedrigsten Tierklassen, so wirdman unter denselben solche finden, bei denen nur Verdauungskanalund Zeugungsapparat vorhanden sind. Je weiterman die grosse Stufenleiter der Entwickelungsgeschichteheraufsteigt, desto mehr entwickelt findet man dann nebendiesen Apparaten noch den Kopf und dessen Funktionsvermögen.Doch will es mir bei genauer Beobachtung soscheinen, als wenn dessen geringerer und höherer Entwicke-,lungszustand nur durch ein sich allmählich gebildetes Bedürfniseiner komplizierteren Existenzfrage hervorgegangen ist,und durch die fortwährend weiterschreitende Veränderung,Veredelung und Entwickelung der ganzen Erde bedangtwird.v - Alle diese Ausführungen über die Menstruation und derenBedeutung haben nur den Zweck, deren Beziehung zum Säugenund zu den Brüsten den Lesern vor Augen zu führen undgleichzeitig auf die Bedeutung des Unterleibes und dessenZustand hinzuweisen. Es lässt sich daher aus den Verläufender Menstruationen ein Bild von den Zuständen gewinnen,welche die Brüste beim Säugen aufweisen werden. Ist dieMenstruation stets mit grossen Schmerzen verbunden gewesen,so wird es das Säugen vielfach ebenfalls werden, indem dieBrüste schlimm werden. Eine unregelmässige, unnormaleMenstruation oder Periode wird allein durch die Belastung-des Körpers mit Fremdstoffen hervorgerufen, schlimme Brüstealso ebenfalls. <strong>Die</strong>selbe Ursache hat auch das Fehlen derNahrung, das heute bei der leider vielfach verkehrten aufregendenLebensweise immer häufiger vorkommt, So dass dieFrauen wohl noch mit Mühe gebären können, aber nichtmehr im stände sind, ihre Kinder stillen zu können, so dassi sie sich selber der grössten Mutterfreuden, ihre Kinder aberLouis Kühne, <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> Heil Wissenschaft. 14


210 ,. Erster Teil.der ihnen von der Natur und Rechtswegen zukommendenNahrung wider Willen berauben und sie damit für ihr ganzesLeben auf das empfindlichste schädigen müssen. Eine Frau,die ihr Kind nicht selbst stillen kann oder auch nur ungenügendeNahrung für dasselbe hat, ist eigentlich nicht fortpflanzungsfähig.Im Tierreich beobachten wir stets, dassdie Jungen solcher Mütter zu Grunde gehen. Wenn es nundurch die Findigkeit des Menschengeistes gelingt, dennochKinder aufzuziehen, wenn die Mütter sie nicht selber stillenkönnen, so darf man freilich von einer solchen Nachkommenschaftniemals die Eigenschaften gesunder Menschen erwarten.Es müssen ungesunde und unvollkommene Geschöpfe bleiben,von denen man alles andere, nur keine völlige Gesundheitmehr erwarten darf. Solche Individuen können vielfach, besonderswenn sie ohne Ammen, künstlich grossgezogen sind,selbst durch genaueste Anwendung meiner Kur nicht mehrvöllige Gesundheit erreichen. Erst wenn Generationen strengwieder nach der Natur gelebt haben werden, wird sich auchein besserer allgemeiner Gesundheitszustand der Menschenwieder einstellen.Fehlende Nahrung und schlimme Brüste zur Zeit desSäugens sind nur, wie ich sagte, erst Folgezustände einesUnterleibsleidens, das durch Belastung des Körpers mitFremdstoffen hervorgerufen wurde, haben also auch wiedermit allen anderen Krankheiten die gemeinsame Ursache.Wer dies begriffen hat, wird sich auch einen Begriff von derVerkehrtheit machen können, wenn man, wie dies leiderbei der Allopathie heute noch überall geschieht, schlimmeBrüste lokal behandelt, durch Aufspalten und sonstige Operationenund Anwendung von Medikamenten. Es wird dadurchimmer nur der äusserste Ausläufer der Krankheit, nieaber deren wahrer Herd behandelt; kein Wunder, wenn daherdasselbe Leiden, vielleicht aber in anderer Gestalt wiederkehrt.Auf der anderen Seite werden aber auch allen diegrossen Erfolge einleuchten, die ich mit meiner Methode ohneOperation und ohne Medizin allein dadurch erreiche, dass


Frauenkrankheiten. 211f *ich nur den Herd aller Krankheiten, nämlich den Unterleib,behandle.Der Beweis für die Richtigkeit alles Gesagten kann nurdurch die Praxis erbracht werden.Ich habe nun in meiner Praxis die Erfahrung gemachtdass bei geeigneter reizloser Kost und Anwendung meinerableitenden Bäder sowie Dampfbäder sich die Unfähigkeitzu nähren und schlimme Brüste völlig heben lassen.Eine Frau, welche das dritte Kind hatte und niemalsstillen konnte, erreichte dies Ziel, nachdem sie längere Zeitmeine Kur angewendet hatte. Ähnliche Fälle liegen nochviele in meiner Praxis vor.Einige Wochen nach ihrer Entbindung schwollen derjungen Frau R. die Brüste bedenklich an, so dass ihr Hausarztals letzte Hilfe die Spaltung beider Brüste für dennächsten Tag in Aussicht genommen hatte. <strong>Die</strong> junge Fraukonnte sich zu dieser Operation nicht entschliessen undschickte noch am späten Abend zu mir. Ich erklärte ihr,dass ich eine Operation nicht für nützlich, sondern imGegenteil für sehr schädlich halte und glaube, dass ihr inkurzer Zeit auf andere Weise zu helfen sei. Mit Freudenleistete sie meinen Vorschriften Folge und nahm noch währendder Nacht vier Reibesitzbäder von je halbstündigerDauer mit 10° R. Wasser. Am nächsten Tage hatte sichihr Zustand bereits derartig geändert, dass sie an keine Operationmehr dachte; in einigen Tagen waren alle Schmerzengewichen, und nach einigen Wochen Kur war der Zustandwieder völlig normal.Hätte das im vorigen Abschnitt erwähnte Kindbettfiebernicht mit den schlimmen Brüsten die einheitliche Ursache,nämlich die gärenden Fremdstoffe, gehabt, nie wären beidemit ein und demselben Mittel zu beseitigen gewesen. Siesehen also, geehrte Leser, immer und immer wieder die Einheitaller Krankheiten bewiesen. <strong>Die</strong> Krankheit ist zu vergleichenmit einem Baum, und die verschiedenen Krankheitserscheinungen,für die die Medizin unendliche Namen kennt,14*


212 Erster Teil.mit dessen Ästen. Obgleich diese alle in ihrer Form voneinander abweichen, sind sie doch alle aus einer Wurzel undaus einem Stamm hervorgegangen. Würde man nun das Wachstumeinzelner Äste oder des ganzen Baumes dadurch beseitigenwollen, dass man ihre Spitzen abschneidet, man würdeniemals das ersehnte Ziel erreichen, weil man dadurch nichtverhindern kann, dass der Baum selber die abgeschnittenenSpitzen immer von <strong>neue</strong>m an anderer Stelle nachwachsenlässt. Es ginge uns hier geradeso, wie der Schulmedizinbei ihrer lokalen Behandlung von Krankheiten, sie unterdrücktzeitweilig deren äussere Erscheinungen, aber kannnicht verhindern, dass die Krankheit immer <strong>neue</strong> Triebezeitigt.Wie ganz anders werden wir unser Ziel dagegen erreichen,sobald wir am entgegengesetzten Ende anfangenund den Baum an seinen Wurzeln fassen. Da sind wir miteinem Schlage im stände, den Stamm und alle Zweigegleichzeitig zu beeinflussen. Genau so ist es mit demweitverzweigten Baume aller Krankheiten. Nur wenn wirdiesen an der Wurzel fassen, können wir ihn insgesamt beeinflussen.Unfruchtbarkeit.Wie viele Frauen kenne ich, welche sehnlichst Nachkommenschaftwünschen, und doch nie dieses Ziel ihrerWünsche erreichen konnten. Würden diese wissen, wodurchihre Unfruchtbarkeit bedingt wird, und dass sie es meist inihrer eigenen Hand haben, dieses Ziel zu erreichen, mancheThräne würde ihnen erspart werden.Unfruchtbarkeit wird nur durch Fremdstoffe im Körperhervorgerufen. <strong>Die</strong>se können sich in den inneren Geschlechtsteilenderartig ablagern, dass dieselben wie verwachsen sindund jede normale Thätigkeit ausschliessen. Auch sind inmanchen Fällen die Eileiter völlig mit Fremdstoffen verstopftund erscheinen wie verwachsen. In solchen Fällen kommt


Frauenkrankheiten. 213es überhaupt niemals zur Empfängnis. In anderen kommtes wohl dazu, indessen die, Belastung mit Fremdstoffen imKörper ist so gross, dass durch diesen inneren Druck oderdiese innere Spannung sehr bald eine Frühgeburt herbeigeführtwird, meist innerhalb der ersten vier Schwangerschaftsmonate.Wo nun bei einer Schwangeren eine Belastung mit Fremdstoffenvorliegt, da genügt oft ein geringer Stoss, ein Schreckoder sonst ein geringfügiger Anlass zur Früh- oder Fehlgeburt.<strong>Die</strong> Frauen aus den Städten sollten nur einmal hinaus untergesundes Landvolk gehen und sehen, was dort die hoffnungsvollenMütter ohne jeden Gedanken an Fehlgebären durchmachen,um die Richtigkeit meiner Behauptung voll bewahrheitetzu sehen. Ich habe gesunde Frauen Nächte hindurchin .allen der ersten sechs Schwangerschaftsmonate tanzen sehen,ohne dass dieselben auch nur die geringsten nachteiligenFolgen davon hatten. Noch muss ich dabei erwähnen, dassdies nicht etwa eine Art Tanzen war, wie es heute in unserenGesellschaften Sitte ist, sondern ein weit anhaltenderes, wiees nur dem bekannt ist, der das Land, seine Bewohner undSitten kennt. Wahrhaft zu bedauern sind dagegen alle Frauen,die durch die Schwangerschaft infolge ihrer körperlichen Belastungmit Fremdstoffen unfähig gemacht werden, sich freinach ihrem Willen zu bewegen und bei jeder Gelegenheiteinen Abortus zu befürchten haben.Nun kann eine Unfruchtbarkeit auch vom Manne ausgehen,aber auch bei diesem hat sie meist dieselbe Ursache,wie bei der Frau. In beiden Fällen wird dieselbe gehobendurch das Herausschaffen der Fremdstoffe aus dem Körper.Für beide Behauptungen habe ich in meiner Praxis Beweisegenug gesammelt.Eine Frau, die bereits acht Jahre, ohne jemals empfangenzu haben, verheiratet war, trotzdem aber von dem sehnlichenWunsche, Nachkommenschaft zu haben, beseelt wurde undbereits alles ihr für dieses Ziel von den Ärzten Angeratenevergebens durchprobiert hatte, setzte «endlich ihre letzte Hoffnungauf mein Verfahren. Ich erklärte ihr, dass ihre Un-


214 Erster Teil.fruchtbärkeit nur durch zu grosse Belastung ihres Unterleibesmit Fremdstoffen herbeigeführt werde, und dass sie es in ihrereigenen Hand habe, das Ziel ihrer Wünsche zu erreichen,wenn sie diese Stoffe aus dem Körper herausschaffe. Dazumüsse sie täglich drei ableitende Bäder nehmen und sichreizloser Diät befleissigen und auch sonst naturgemäss leben.Ohne Zögern befolgte sie diese Vorschriften und bereits nacheinem halben Jahre wurde ihr Wunsch erfüllt, sie wardschwanger. Fortgesetztes Baden und naturgemässe Lebensweisewährend ihrer ganzen Schwangerschaft sicherten ihrein gesundes Kind und leichte Geburt.Gebärmuttervorfall und Tragen eines Ringes.<strong>Die</strong> Vorfälle werden ebenfalls durch nichts anderes bedingt,als durch den inneren Druck, welchen die Fremdstoffeim Körper auf die Gebärmutter und die sie haltenden Mutterbänderausüben. <strong>Die</strong> erstere wird gewissermaassen durchdiesen Druck herausgedrängt. Es ist dies ein ganz ähnlicherVorgang wie bei den Eingeweidebrüchen (siehe diese),nur dass in diesem Falle statt der Eingeweide die Gebärmutteraus dem Leibe herausgedrängt wird. Bis jetzt kannteman nicht die eigentliche Ursache dieses Übels und hieltdaher nur mittels eines Gummiringes, der in die Scheidehineingepasst wurde, den Vorfall zurück. Ich habe in meinerPraxis viele solche Frauen, welche diese Gummiringe trugen,in Behandlung gehabt. Überall veranlasste ich sie, ihrenKörper von den sie belastenden Fremdstoffen zu reinigen,und überall wurde bei dieser Behandlung das Tragen diesesRinges überflüssig und jede Ursache zu einem <strong>neue</strong>n Vorfalloft schon in kurzer Zeit beseitigt, weil der innere Druck, dieinnere Spannung, sehr bald dabei nachliess. Dasselbe giltvon den Gebärmutterknickungen, auch diese werden nurdurch den inneren Druck der Fremdstoffe im Körper hervorgerufen.<strong>Die</strong> inneren Teile des Unterleibes verschwellen dergestalt,dass die Gebärmutter aus ihrer natürlichen Lage ver-


j. Frauenkrankheiten. 215drängt wird und nun eine andere Lage einnehmen muss odereine Knickung erleidet. Heilbar ist dieser Zustand ebenfallsnur durch Herausschaffen der Fremdstoffe aus dem Körper.Alle anderen Eingriffe zur Heilung dieser Leiden ziehen meisteine dauernde Schädigung der Gesundheit nach sich. Invielen Fällen werden Knickungen auch durch Knotenbildungenim Leibe hervorgerufen.Wir sehen, wie alle diese Frauenleiden auch nur die einheitlicheEntstehungsursache haben, nämlich Belastung desKörpers mit Fremdstoffen, also die gemeinsame mit derjenigenaller anderen Krankheiten. Sie werden jetzt begreifen,weshalb ich auf den Titel meines Buches schrieb: „<strong>Die</strong> <strong>neue</strong><strong>Heilwissenschaft</strong> oder die Lehre von der Einheit allerKrankheiten."Behandlung des Kindes in den ersten Monaten.Vor einiger Zeit wurde ich in eine Familie gerufen, woder jüngste Sprössling, ein Kind von drei Wochen, durchausnicht mehr ruhig in seiner Wiege liegen wollte. Er machteder Mutter sehr viel Sorgen, befand sich nur ruhig, wenn ervon ihr auf den Schooss genommen wurde und hatte ausserdemauch keine ordentliche Verdauung. Ich erklärte nunder Mutter, dass das Kind erst ruhiger werden würde, wennsie es in der Nacht zu sich .ins Bett nähme, denn dasselbekönne noch nicht die Wärme der Mutter entbehren, weilbeide Körper sozusagen noch zusammengehörten. Mein Ratwurde befolgt, und nach einigen Tagen berichtete mir dieMutter, dass das Kind ungleich viel ruhiger geworden sei,und dass sie es deutlich verspürt habe, wie sie stets auf derSeite, an welcher das Kind lag, viel 1 wärmer als auf der an-*deren geworden sei. Ein deutlicher Beweis dafür, wie hierein Körper auf den anderen wirkt. <strong>Die</strong> Verstopfung warfreilich noch nicht genügend gewichen. Ich riet ihr, täglichdrei ableitende Rumpfreibebäder dem Kinde zu geben unddafür zu sorgen, dass es nach denselben ordentlich warm


216 Erster Teil.werde. Bereits nach zwei Tagen war der Zustand des Kindeswieder ein normaler.Ähnliche Fälle erlebe ich tagtäglich.Zum Nachteil der Kinder werden letztere heutzutage"immer viel zu früh von der Mutter entfernt. Das Kind bedarfim ersten Lebensjahr noch der mütterlichen Wärme.Wenn auch von der Mutter getrennt, steht es dennoch mitihr in enger Verbindung, und wir brauchen, nur in die Naturzu gehen und zu sehen, wie alles Getier in der ersten Zeitängstlich seine Jungen wärmt, um die Richtigkeit des Gesagtenbewahrheitet zu sehen.Kinderaufziehung.Jetzt noch einige Worte über Kinderaufziehung, wenndie natürliche Nahrung, die Mutterbrust, oder ein Ersatzdafür, eine gesunde Amme, nicht zu beschaffen möglich.Bei der Auswahl der Ammen kommen übrigens oft schlimmeIrrtümer vor. Häufig genug werden nach sorgfältigster PrüfungAmmen für vollständig gesund erklärt, die schwer chronischkrank sind, was gar bald in dem Befinden des Kindeszu Tage tritt. Meine Gesichtsausdruckskunde bewahrt vordieser Gefahr. Denn durch sie ist es ein leichtes, die jedemanderen verborgene schleichende innere Krankheit selbst inihren ersten Anfängen zu entdecken.Wie ich schon früher erwähnte, sind Mütter, die ihreKinder nicht selber stillen können, eigentlich gar nicht fortpflanzungsfähig.Einen völligen Ersatz der Muttermilch giebtes überhaupt nicht, so dass es niemand wundern darf, wennKinder, die nicht von der Mutter gestillt werden, überhauptniemals sich so vollkommen entwickeln, als andere Kinder,welche die Milch der eigenen Mutter empfangen.Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die vielfach angewendetenAushilfsmittel teils unzweckmässig hergestellt'teils überhaupt unpassend gewählt waren. Wer Kuhmilchgiebt, gebe dieselbe ungekocht, nur angewärmt, denn gekochte


Kinderaufziehung. 217Milch ist sehr viel schwerer verdaulich als ungekochte, unddas Töten von schädlichen Miasmen durch das Kochen istunwesentlich. Der Beweis dafür ist sehr leicht zu erbringen.Unsere Verdauung ist nur ein Gärungsprozess, durch welchendie Speisen im menschlichen Körper umgewandelt • werden.Wir haben es hier täglich vor Augen, wie allein durch denGärungsprozess der Verdauung die verschiedenartigsten Stoffein lebendigen menschlichen Körper verwandelt werden. JedeBeeinflussung unserer Speisen aber, durch welche ihre Gärungsfähigkeitvermindert wird, macht sie auch schwerer füruns verdaulich. Jeder weiss aber, dass Milch länger vor Sauerwerdenzu schützen ist, wenn man sie aufkocht. Das Sauerwerdender Milch ist aber bereits der Anfang zu ihrer Gärung,(Zersetzung). Es kommt vor allen Dingen auf leichte Verdaulichkeitder Speisen an, weil diese auch allemal die nahrhaftestensind. Befinden sich wirklich schädliche Bestandteilein solchen, so hat, so lange die Verdauung in Ordnungist, unser Blut und unser Verdauungssaft im Zusammenwirkenmit der durch die Vermischung mit den Speisen entstehendenGärung die Kraft, alles Schädliche sofort zu töten und wiederaus dem Körper herauszuschaffen. Ist ungekochte Milch verdorben,so bemerkt das die Zunge sofort, bei der gekochtenfällt die Warnung fort. Gekochte Milch bleibt länger inden Verdauungswegen zurück, als es bei normaler Nahrunggeschehen würde und erzeugt schon durch ihr langes Verbleibenim Körper einen höheren Grad, oder eine schädlichereArt der Gärung.Wer nur die Augen aufmachen will, der kann es überallsehen, wie viel Krankheit und Sterblichkeit heute durch Verabreichungvon gekochter Milch und anderen sogenanntenKiftdernährmitteln und Extrakten unter die Kinder gebrachtwird. <strong>Die</strong> erste Folge solcher Nährmittel ist stets ein aufgetriebenerLeib und gestörte Verdauung, neben grosserUnruhe der Kinder.Gekochte Milch nach dem Soxhletschen Verfahren oderdie <strong>neue</strong>rdings in hiesiger Stadt durch die Behörden für


218 Erster Teil.Kinder empfohlene sterilisierte Dauermilch, welche ebenfallsdurch ein <strong>neue</strong>s Verfahren völlig gekocht wird, um .alleschädlichen Bazillen dadurch zu verlieren, ist ebenso schädlich,unzweckmässig und gesundheitsgefährlich für Kinder, wiedie am eigenen Herde abgekochte Milch. Denn gerade" das,was die gelehrten Herren in der Milch töten wollen durchAbkochen, ist das, was dieselbe leichter verdaulich macht.Sobald die Milch in den Verdauungskanal gelangt, soll sieauch in Zersetzung übergehen. Freilich sieht man in derNatur nirgends, dass die Milch, bevor sie das Kind saugt,noch die Luft berührt. Aus der Brust der Mutter soll dieMilch unmittelbar in den Körper des Kindes übergehen, ohnedie Luft zu berühren. Denn sobald sie letztere berührt, beginntauch bereits eine Veränderung in ihr, die ihrerseitsschon für die Verdauung des Kindes nachteilig wirkt. Soeinfach und unscheinbar auch dieses klingt, so unberechenbarwichtig ist dieser Umstand. <strong>Die</strong> Milch, welche nichts weiterist, als ein Ernährungssaft (Chylus) der Mutter für das Kind,muss aus der Mutter in das Kind übergehen, ohne auch nurdie Luft zu berühren. Nur dann ist sie das Produkt, welchesdas Kind haben soll, und welches noch unverändert ist.Und nur solche Nahrung ist auch geeignet, Kinder gut zu ernährenund sie so entwickeln zu lassen, dass sie wirklich aufGesundheit Anspruch machen dürfen. Ausserdem darf manniemals vergessen, dass Milch von Kühen, welche Sommer undWinter im Stall, wenn auch noch so gut gepflegt, zubringen,niemals gesund sein kann. Nach der landläufigen Anschauui|Bhält man wohl Vieh, das dick und rund ist, für gesund, undfreut sich, wenn solch eine Kuh 10—14 Centner wiegt;"werdagegen meine Krankheitserklärung kennt, der freut sich nichtüber diese krankhafte Aufschwemmung der Tierleiber, son


Kinderaufziehung. 219dass kein Landwirt einem Stück Vieh diese Krankheit eheranmerken kann, als bis dessen Zustand hochgradig und unheilbargeworden ist, weil das jahrelange fast überall bereitsererbte latente Krankheitsstadium der Tiere bis jetzt noch niemandkannte, sondern jeder nur das für eine Krankheit hielt,was eigentlich allemal nur ein Endstadium, oder ein besonderesStadium der latenten Krankheitszustände ist. Milchvon gesunden Kühen giebt es in unseren hochkultiviertenLändern nicht, weil alles Vieh bereits stark latent krank ist.Ich habe Gelegenheit gehabt, Milch von annähernd gesundenKühen zu trinken und war ganz erstaunt über deren Wohlgeschmackund unvergleichliche Wirkungen. Sie ist garnicht zu vergleichen mit dem, was man in den meistenGrossstädten gute Milch nennt. Mir ist aber auch keineswegsder Unterschied zwischen den Rindern, von denen diegute Milch und denen, von welchen die schlechte stammte,entgangen. Sie unterscheiden sich, wie Büffel und modernerStier.Wer bei uns zu Lande Milch trinkt und dieselbe dazuabkocht, trinkt nicht nur an und für sich ein mit Krankheitsstoffender Tiere geschwängertes Produkt, das dem Körperdurchaus nicht naturgemäss ist, sondern macht dieselbedurchs Kochen sogar noch viel schwerer verdaulich.Der Kuhmilch vorzuziehen ist jedenfalls in solchen FällenHaferschleim, ungesalzen, ohne Fett und Zucker, nur inWasser gekocht aus grober, guter, nicht bitterer, ungedarrter&ifergrütze hergestellt, fein durchgeschlagen. <strong>Die</strong> Hafergrützekömmt ihrer leichten Gärungsfähigkeit wegen fast überall prä-•pjtriert, d. h. etwas gedarrt in den Handel, damit sie sichser hält. Sie verliert durch diese Manipulation aber einenöpsen Teil ihrer leichten Verdaulichkeit und eignet sich inK^em Zustande nicht mehr zur Kinderernährung. Das Protjtfmt,welches ich zu diesem Zwecke im Auge habe, ist die völliglungedarrte Hafergrütze. Wer eine solche nicht erlangen kann,pkaufe sich enthülste Haferkerne und koche aus diesen denrHaferschleim. Wo auch diese nicht zu haben sind, da nehme


220 Erster Teil.man ganzen Hafer, quetsche ihn in einem Mörser, oder schroteihn auf der Schrotmühle und koche jetzt daraus den »gewünschtenHaferschleim. <strong>Die</strong>ses letzte Produkt ist nebenseiner grössten Einfachheit auch das für die Kinder vorteilhafteste,nur hat es seine Schwierigkeiten, den Hafer zuschroten. Man darf sich die Mühe dabei indessen nicht verdriessenlassen, denn mit einigem Nachhelfen gelingt diesschon. Ausführlich habe ich mich über dies Thema, sowieüber Kindererziehung überhaupt in meiner schon einmal erwähntenkleinen Schrift „Kindererziehung" ausgesprochen,worauf ich verweise.Gesunde Kinder aufziehen und erziehen ist eine Freude,kranke sind ein wahres Unglück. Wie oft hören wir nicht dieEltern zu den Kindern sagen, dass deren Erziehung vielmehr Sorgen bereite als ihre eigene verursacht habe. Überallhört und sieht man die Not, welche Eltern mit der Erziehungihrer Kinder haben. Da wollen die Knaben nicht lernen,haben stets die Gedanken auf andere Dinge gerichtet, sindungezogen, zornig, leicht erregbar, unverträglich, kurzum,geradezu unleidlich, und doch geben sich Eltern und Lehrerdie erdenklichste Mühe, etwas Vernünftiges aus ihnen zu machen.Den Eltern und auch den Lehrern erscheint es rätselhaft, wiedie Erziehung eine so schwierige sein kann, man sucht nachGründen, findet solche nicht und tröstet sich schliesslich mitdem heutigen Zeitgeist, ohne zu ahnen, dass in allen diesenFällen völlig natürliche Ursachen den Grund bilden. Dennnur überall da, wo eine Belastung des jugendlichen Körpersmit Fremdstoffen vorliegt, werden die natürlichen Funktionendes Gehirns und des ganzen Körpers unnatürlich verändert,sobald dagegen diese Belastung gehoben wird, tritt ein völligveränderter natürlicher Zustand wieder ein. Ich habe es inmeiner Praxis zu oft erlebt, wie Kinder, welche anscheinend!gar nicht erziehungsfähig waren, durch meine Kur die artigsten, iruhigsten und angenehmsten Wesen wurden, die man sichdenken konnte. Ja, ich habe es oft genug beobachtet, wieKnaben, welche durchaus nichts lernen konnten, welche oft


Kinderaufziehung. 221Stunden und Stunden über der kleinsten Arbeit sassen, ohnedass sie im stände gewesen wären, dieselbe fertigzubringen,so dass sie stets den Eindruck träger und unfähiger Schülermachten, durch Herausschaffen der Fremdstoffe aus ihremKörper völlig verändert wurden. Sie lernten und begriffenwieder rasch, waren nicht mehr so schlaff und wurden wiederdie Freude ihrer Eltern. Wer aber weiss, welche Freudees gewährt, gesunde Kinder aufzuziehen und wie geringeSorgen und Mühe das erheischt, der wird gewisslich nichtunterlassen, den Seinigen alle Vorbedingungen zu schaffen,welche dazu führen. Daher ist es um so mehr Pflicht allerEltern, sich meine <strong>neue</strong> Heilweise und vor allen Dingenmeine Diagnose, die Gesichtsausdruckskunde, zu eigen zumachen, vermöge welcher sie im stände sind, jede Belastungder Kinder mit Fremdstoffen sofort und mit untrüglicherGenauigkeit zu erkennen.Hier muss ich noch einen Punkt berühren, der zu wichtigist, als dass ich ihn aus anderen. Rücksichten übergehendürfte. Das ist der sich stets steigernde Geschlechtstriebder Jugend und dessen unnatürliche Befriedigung: die Onanie.Es ist wahrhaftig traurig, dass man die Ursache dieserJugendsünde bis jetzt nicht erkannt hat, sondern im Gegenteilmit einer ängstlichen Prüderie über alles, was damit zusammenhängt,hinweggeht. Damit wird das Übel nicht ausder Welt geschafft. Wer die Fehler der Menschheit bessernwill, muss darüber reden. Auf dem Lande, wo Natur und'^Praxis noch Hand in Hand gehen, weiss man schon lange,dass da, wo sich bei Tieren ein gesteigerter Geschlechtstriebzeigt, ein krankhafter Zustand vorliegen muss. Dass beimMenschen ganz dieselben Naturgesetze ihre volle GültigkeitJiaben, wie für alle anderen Geschöpfe, ist bedauerlicherweise,den meisten noch unbekannt. Viele glauben wirklich, der[ Mensch nehme eine Ausnahmestellung in der Natur ein undfür ihn müssten auch besondere Naturgesetze gelten. Demist nicht so. Genau so, wie bei den Tieren ein krankhafterZustand, d. h. die Belastung des Körpers mit Fremdstoffen,


222 Erster Teil.einen unnatürlich gesteigerten Geschlechtsdrang hervorruft,ist das auch bei den Menschen der Fall. Der Drang oderHang zur Onanie ist nichts weiter als ein sicheres Anzeichendafür, dass der betreffende Körper stark mit Fremdstoffenbelastet ist, welche eben einen fortwährenden Druck auf dieGeschlechtssphäre ausüben. Wird das Kind gesunder, d. h.werden seine Fremdstoffe nach und nach aus ihm herausgeschafft,so lässt auch dieser unnatürliche Hang ganz vonselber nach. Mir sind Fälle bekannt, wo die Eltern stetseine Rute mit sich führten, um ihr Kind, welches fortwährenddie Hände an den Geschlechtsteilen hätte, gleich immerdafür strafen zu können. Alle Prügel waren jedoch vergeblich,denn die Natur, welche einmal die Geschlechtsteile desMenschen mit seinen natürlichen Ausscheidungsorganen verbundenhat, drängt bei der Belastung des Körpers mit Fremdstoffendiese letzteren fortwährend zur Ausscheidung nachdiesen hin und üben jene dabei einen fortwährenden Reizauf sie aus. Wenn man es durch Stärkung des Willens beiden Kindern auch dahin bringt, dass sie diesem Laster entsagen,der Drang dazu bleibt doch in ihnen und schwindetnicht früher, als bis man dessen Ursache, die Fremdstoffe,herausschafft. <strong>Die</strong> Eltern glaubten das beste zu thun mitder Rute, aber weil ihnen die Ursache des Übels unbekannt,waren sie auch in der Wahl ihres Mittels fehl gegangen.Gerade mit Onanisten habe ich zu viele Erfahrungen gemacht,um nicht an dieser Stelle jedermann laut zurufen zu können,dass es neben reizloser Diät und naturgemässer Lebensweisekein geeigneteres Mittel zur Beseitigung dieses Lasters giebt,als meine ableitenden Bäder.Sie dienen also thatsächlich zur Herbeiführung einerbesseren Sittlichkeit unserer Jugend, denn vor allen Dingenheisst es hier, die Ursache des Lasters zu beseitigen, unddas sind die Fremdstoffe. Wer mir zu diesem Zwecke eingeeigneteres Mittel zeigen kann, als die genannten Bäder,dem werde ich dankbar sein.Ich will zum besseren Verständnis Ihnen noch einen


iKinderaufziehung. 223Vergleich anführen. Sie alle wissen, welch ein gefürchteterFeind die Larve des Borkenkäfers den Nadelholzwaldungenist. Man hat alle möglichen Mittel zur Beseitigung dieserTiere erfolglos angewendet, bis man dahinter gekommen ist,dass der Borkenkäfer nur da seine Eier hinlegt, wo er gewisseVorbedingungen antrifft. Der Borkenkäfer befällt nicht etwajeden Nadelwald, so dass keiner vor ihm sicher wäre, sonderner findet sich immer nur da ein, wo die Bäume durchungeeigneten, zu trockenen Untergrund krank geworden sind.Er vertritt hier also nur die Stelle des Mistkäfers, welcherdazu da ist, den Kot der Tiere zu beseitigen, und beseitigtdie über kurz oder lang auch ohne ihn zu Grunde gehendenBäume durch seine Nachkommenschaft nur schneller. Esist dies ein allgemeines Naturgesetz, dass ein Lebewesenhäufig zur Beseitigung anderer da ist, um den Zersetzungsprozesszu beschleunigen. Wir sehen, die Ursache des Absterbensder Bäume ist nicht etwa der Borkenkäfer, wie manirrtümlich früher annahm, sondern vielmehr die zu ihrer Ernährungmangelhafte Beschaffenheit des Untergrundes, unddie Käfer selber wurden erst angelockt durch das Krankseinder Bäume, denn das erst war die Vorbedingung für ihr Gedeihen.Daher finden sich oft im Walde Stellen, die wie miteinem Messer aus einem grösseren Teil, welcher vom Borkenkäferbefallen wurde, herausgeschnitten und nicht von ihmheimgesucht sind, allein deshalb, weil hier der Boden reicher,und der Ernährungszustand der Bäume demzufolge ein bessererist. Ähnlich verhält es sich aber mit der Onanie. <strong>Die</strong>sLaster befällt nicht etwa alle Kinder, sondern nur diejenigen,welche die Vorbedingungen (Disposition) dazu in sich tragen.Der krankhafte Zustand ist aber, wie ich Ihnen gezeigt habe,ebenfalls die Ursache dazu. Der zunehmende Trieb zurOnanie ist daher allein abhängig von dem Grade der körperlichenBelastung mit Fremdstoffen.


224 Erster Teil.Schlussbetrachtungen zum ersten Teil.Zum Schluss nur noch folgende Betrachtung. Es magwohl anmassend klingen, wenn ich mit meiner Krankheitslehreallem bis jetzt Gelehrten und Erforschten entgegentrete.Ich bin mir wohl bewusst, dass, wenn ich nichttäglich die bestätigenden Beweise in meiner Praxis beobachtenkönnte und durch meine Methode dem geehrten Publikumetwas Neues, Besseres, als alles bis jetzt Dagewesenebieten könnte, all meine Entdeckungen bereits über denHaufen geworfen wären. Jetzt aber, wo ich mit denselbeneinen unmittelbaren grossen Nutzen an dem wertvollstenGute der Menschen, nämlich ihrer Gesundheit, erzielte,ist ,das anders. Über die ganze Welt hat sich bereitsmeine <strong>neue</strong> Lehre verbreitet. Festgelegt in tausenden vonedlen Menschen sind ihre Grundprinzipien, und so ist auchihre Zukunft gesichert. Hier am Ort Leipzig hat man mirlange Zeit Schwierigkeiten in den Weg gestellt, augenscheinlichangeregt durch den Neid solcher Leute, welchen esunangenehm ist, dass Entdeckungen auf dem Gebiete derHeilkunde von einer anderen, scheinbar unberufenen Seiteausgehen sollten. Das konnte mich und meine überzeugtenAnhänger freilich in keiner Weise irre und wankend machen.Wollten wir warten, bis die berufenen Zweige der angeblichenWissenschaft die Richtigkeit und den grossen Fortschrittanerkennen möchten, wir würden sicher unser Lebenlang keinen Schritt vorwärts kommen. Mich dauert es wohl,wenn ich sehen muss, wie vielen Menschen noch mit Leichtigkeitbei richtiger Behandlung geholfen werden könnte,welche jetzt kläglich dahinsiechen müssen, es wird miraber niemals einfallen, dafür eine Zunft verantwortlich zumachen, die das hätte verhindern können. Wollte heutejemand zu Wilden in ein noch unzivilisiertes Land gehen,und diesen, welche einzeln höchstens 4—6 Ctr. auf ihrenSchultern fortschleppen können, sagen: es ist eine Kleinig-


Schlussbetrachtungen zum ersten Teil. 225keit, Lasten von 1000 und mehr Centnern meilenweit mitder grössten Geschwindigkeit nur mit kochendem Wasserfortzuschaffen, diese guten Leute würden sicherlich mit offenenMäulern und hartnäckig-ungläubigen Gesichtern zuhören,aber nicht glauben. Übelnehmen kann man es ihnen nicht,wenn sie es nicht glauben, denn sie wissen nicht, wie daszu machen ist. Sie werden es erst für möglich halten,wenn sie die Thatsachen vor Augen sehen. Erst wenn derEisenbahnzug mit dieser Last durch ihr Land fährt, dannglauben sie es.Genau so ungläubig und zweifelnd würde sich ein einfacherBauer anstellen, der noch nie etwas von Dampfmaschinengesehen und gehört hat, wenn jemand ihm hierdie dahinbrausende Lokomotive, welche Zehntausende vonCentnern nach sich zieht, dort die von Tausenden von Arbeiternbesuchten Räume einer grossen Fabrik zeigt, in welcherHunderte von verschiedenen Maschinen, Riemenscheiben undTransmissionen unaufhörlich in Thätigkeit sind, ohne dassman sieht, wo die sie treibende Kraft ist, dann wiederihn an den Dampfkrahn führt, welcher die grössten Lastenaus den Schiffen heraufwindet und ihm dann auf der Seedie grössten Dampfschiffe, welche mit fliegender Schnelligkeitdahingleiten, zeigt, und ihm sagt, dass alle diese ganzverschiedenen Getriebe nur durch ein, und dasselbe einheitlicheBewegungsmittel, nämlich Wasserdampf, getriebenwürden, und dass dies derselbe Wasserdampf sei, welchener sich selber so oft auf seinem Herde erzeugt habe. Wirkönnen uns die Verwunderung des guten Mannes denkenjwerden ihm aber niemals zürnen können, wenn er unsnicht glaubt, denn wir müssten uns sagen, dass nur seinbeschränkter Gesichtskreis daran schuld ist, dessen ungeachtetalle vorher erwähnten Getriebe ja doch ruhig ihren Gangweiter gehen.Genau so ist es mit meinen Entdeckungen. Keinemkann ich es verargen, wenn er allein vom Hörensägen nicht'begreifen kann, dass ich alle Krankheiten nur mit Wasser,Louis Kühne, <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong>. 15


226 Erster Teil.Schweisserzeugung und naturgemässer Lebensweise heilenkann und täglich heile, besser gesagt, auf diese Weise denKörper zur Heilung anrege. Ich weiss sehr wohl, dass nurderjenige dies begreift, welcher die Beweise dafür in derPraxis sieht.Als ich vor etwa 15 Jahren die Gesichtsausdruckskundeund die Einheit der Krankheiten eben entdeckt hatte,als ich diese .Entdeckungen nur ganz allein wusste undmit niemandem darüber sprechen konnte, ohne ausgelachtund verspottet zu werden und immer und immer nur Unglaubenund Misstrauen erntete, da freilich fühlte ich micheinsam und verlassen auf dieser Welt. Jetzt dagegen, womeine Anhänger nach tausenden zählen, wo ich tüchtigeMitarbeiter habe, welche mir die Lasten tragen helfen, rührenmich die noch etwa bevorstehenden Widerwärtigkeitennicht mehr.Wer da glaubt, es sei so schön, Entdeckungen zumachen, der irrt. Wer die vielen Vorurteile kennt, welcheda überwunden werden müssen und es erfahren hat wie ich,wie das ganze Leben nur ein Kampf mit diesen Vorurteilenist, der wird es auch begreifen können, wenn ich sage,dass man den Lohn für alle solche Arbeiten nur in dereigenen Brust empfindet, in der man allein am besten fühlt,dass man etwas gethan hat, was von allgemeinem Nutzenwerden muss.Wenn die medizinisch gebildeten Ärzte meine Lehrenun,d Methode am schwersten begreifen können, so "liegt daserstes daran, dass ihnen die Beweise dafür, welche ich täglichin meiner Praxis habe, fehlen, und zweitens darin, dasssie während %er Studienzeit von Naturheilkunde in den Univeysijg,tenhöchstens abgeschmackte Kritiken hören, dass mitanderen Worten gesagt, die jetzige medizinische Vorbildungfür den ärztlichen Beruf, die für meine Naturheilmethode ungeeignetsteißt. Meine Methode hat mit der medizinischen.nur das eine gemein, dass sie beide den menschlichen Körperzum Gegenstand ihrer Behandlung haben, sonst nichts. Mir


Schlussbetraebtungen zum ersten Teil. 227ist es manches Mal vorgeworfen worden, dass ich medizinischvöllig ungebildet sei; dass aber meine Methode mit derMedizin nichts zu thun hat, und dass ich länger denn 25Jahre die eingehendsten Studien bei der Behandlung vonKranken gemacht habe, bedenkt man nicht. Ich glaube, dass,wer meine Erfolge kennt, mir zugestehen muss, dass ich überdie Vorgänge im lebendigen menschlichen Körper genauerunterrichtet bin als viele andere.Wer freilich Entdeckungen auf dem Gebiete der Heilkunstnur anerkennen wollte, wenn sie mit den althergebrachtenMethoden so weit harmonieren, dass diese durchdie Neuerungen in keiner Weise Einbusse erleiden, der wirdniemals den Wert <strong>neue</strong>r Errungenschaften schätzen können.Unwillkürlich muss ich jener Zeiten gedenken, wo die erstenDampfwagen dem Fuhrwesen einen grossen Schrecken einflössten,weil die alte Zunft in unabsehbarer Zeit in der Entdeckungder Dampfmaschinen ihren sicheren Rückgang erblickte.Das Fuhrwesen ging zurück, aber der Menschheithat es nichts geschadet, und der anfängliche Brotneid erwiessich als ungerechtfertigt.Ebenso verhält es sich mit der Ausübung meiner <strong>neue</strong>nHeilkunst und der alten Heilweise. Freilich wird die alte8 \Heilkunde durch die meinige zum Teil überflüssig und wertlos,aber wer das <strong>neue</strong> nicht gelten lassen will, weil da's altedadurch wertloser wird, und wer gar den Entdecker desNeuen in der freien Ausübung seiner Entdeckung hindernmöchte, weil er nicht das Alte kennt, der kommt mirvor wie einer, der die elektrische Lampe des Elektrotechnikersnicht anerkennen will und die freie Anwendung seinerLampen verwehren möchte, weil er das Wesen und die Behandlungder Rüböl-, Petroleum- und Gaslampen nicht gelernthat; oder wenn er dem Photographen nicht seine»Kunstauszuüben erlauben wollte, weil er nicht das Malen studierthabe. Ich glaube, zur Herbeiführung solcher Zustände sindwir denn doch bereits zu weit in der Kultur vorgeschritten!Vor 200 Jahren war es allerdings noch anders. Keine15*


228 Erster Teil.Neuerung hat anfangs die Majorität auf ihrer Seite, nur ganzallmählich bricht sie sich Bahn.Alle aber können sich von der Richtigkeit meiner <strong>neue</strong>nLehren selber überzeugen. Wer dieselben ohne jede Prüfunggeringschätzend verwirft, der mag, ehe er einen Stein gegenmich aufhebt, erst ihre Unrichtigkeit nachweisen und dieLeistungen meiner araneilosen und operationslosen Heilweiseübertreffen. Blosse Redensarten ohne Beweise zeugen nurvon unlauterem Charakter. Für jeden, ehrlich gemeintenFingerzeig und jede wahre Belehrung werde ich aber vonHerzen dankbar sein:Ich will an dieser Stelle eine Thatsache erwähnen, diezu wichtig ist, als dass ich sie übergehen könnte. Es habennämlich bereits hier und da Ärzte meine Methode in ihrerPraxis eingeführt, nur nach dem Studium dieses Buches undohne ein gründliches sachgemässes Erlernen bei mir. Dashat selbstverständlich dahin geführt, wohin es führen musste.Soweit meine Methode sich ohne weitere Erlernung ausübenlässt und einem jeden dies nach Lesen dieses Lehrbuchesmöglich wird, war es auch- diesen Ärzten gelungen. Da aber,wo es sich um kompliziertere Fälle handelte, besonders inallen solchen Fällen, wo* es zur richtigen Einleitung der Kurund zur Vorbeugung aller dabei eintretenden unvermeidlichenkritischen Erscheinungen einer genauen Kenntnis meiner Gesichtsausdruckskundebedurfte, um schon vor dem Beginn derKür bei Beratung der Kranken dieselben auf alles aufmerksammachen zu können, was im Verlaufe der Kur bei ihneneintreten würde, und welche Krisen sie voraussichtlich durchzumachenhaben würden, reichte dies oberflächliche Studiummeiner Methode in keiner Weise aus. Da fehlten die vonmir in zwanzigjähriger Praxis mühsam gemachten praktischenErfahrungen, um in allen diesen Fällen mit Sicherheit, Verständnisund Erfolg meine Methode durchführen zu können.Es hat namentlich dieser laienhafte Gebrauch meiner Methodevon darin völlig uneingeweihten Ärzten zu manchen Missverständnissenund vielfachen Missdeutungen meiner Methode


Schlussbetrachtungen. 229und meiner'Lehren geführt, allein aus dem Grunde, weil hierwieder einmal das Ei klüger sein wollte als die Henne. Ichwarne daher jeden Patienten vor der Anwendung meinerMethode durch Uneingeweihte, die dieselbe nicht genügendpraktisch und- theoretisch erlernt haben. Ich fühle mich zudieser Warnung um so mehr veranlasst, weil ich bei dem geringenVerständnis, das noch vielfach über meine Entdeckungenobwaltet, alles mit Vorbedacht in Erwägung ziehen muss,. wasdemAnsehen meiner Methode und der Meinung darüber irgendschaden könnte, denn es haben sich heute bereits eine ganzeAnzahl von Vertretern für meine Heilmethode gefunden, dieleider weder Erfahrungen noch Kenntnisse darin besitzen. unddurchaus nicht geeignet sind, meine Methode zu Ansehen zubringen. Wer sich von einem Arzte der modernen Schule,der selber meine Methode nur nach meinem Buche kennt,behandeln lassen will, der thut weit besser, wenn er keinenanderen, besser informierten Vertreter meines Verfahrens konsultierenkann, meine Methode auf eigene Faust an der Handdieses Lehrbuches anzuwenden, weil ich die Erfahrung gemachthabe, dass die meisten Laien meine <strong>neue</strong>n Lehren weit leichterund richtiger begreifen und anwenden lernen, als die in tausendVorurteilen befangenen Vertreter der modernen medizinischenSchule. Ohne gründliche Kenntnis meiner Gesichtsausdruckskunde,ein Studium, welches selbst bei tüchtiger Begabungjahrelange Übung erfordert, ist aber eine stets sachgemässe zielbewussteAnwendung meiner Heilweise ganz undenkbar.


Zweiter Teil.Wundbehandlung.Arzneilose nnd operationslose Behandlung und Heilungvon Wunden aller Art.Fast allgemein ist, selbst bei denjenigen, welche in allenübrigen Krankheiten die Vorzüglichkeit der Wasserheilkundebereitwilligst anerkennen, der Glaube verbreitet, Wunden,innere und äussere Verletzungen könnten •> nicht mit Wasserund auf naturgemässe Weise geheilt werden,, sondern bedürftenchirurgischer und antiseptischer Behandlung. Freilichsind es bis jetzt auch nur noch verhältnismässig wenige,welche die grossen Erfolge kennen, die sich gerade durchmein Verfahren bei Wundbehandlung erzielen lassen.Wenn ich behaupte und sage, dass sich Verletzungenziemlich schmerzlos in kaum dem dritten Teile der Zeit mit-Wasser heilen lassen, als bei medizinischer sogenannter antiseptischerBehandlung, und zwar dergestalt, dass in keinemFalle so entstellende Narben zurückbleiben, wie dies leiderbei chirurgischen Eingriffen stets der Fall ist, so ist dieseBehauptung gestützt auf eine ganze Reihe von Erfolgen anPatienten und eine grosse Anzahl von praktischen Versuchen,bei denen ich auch nicht einen einzigen Misserfolg zu verzeichnenhatte.


Wundbehandlung. 231<strong>Die</strong> Hauptsache bei der ganzen Wundbehandlung ist,dass man sich über das Wesen der Wunden und deren eventuelleintretende Verschlimmerung ein richtiges Bild macht.Sobald jemand eine Verletzung, sei es durch einen Schnitt,sei es durch einen Stich, durch eine Quetschung, durch Verbrennen,Erfrieren u. s. w. erhalten hat, macht sich der Körpersofort an das Geschäft, diese Verletzung auszugleichen oderzu heilen. Durch dieses Bestreben wird zunächst an der betreffendenStelle, schon durch den erhöhten Reiz, der durchdie Verwundung auf die betreffenden Nerven ausgeübt wird,eine vermehrte Zufuhr von Blut und anderen Ersatzstoffenhervorgerufen, wodurch eine erhöhte Wärme und Anschwellungan der betreffenden Stelle entsteht. * <strong>Die</strong>se erhöhte Temperaturwird bedingt durch die durch diese Vorgänge entstehendesogenannte Reibung der Zufuhrstoffe aneinander.Durch diesen Vorgang schafft der Körper eine grosseMenge Material zum Heilen herbei, um den Schaden sobaldals möglich wieder gut zu machen. Kommt man diesemVorhaben des Körpers in der geeignetsten Weise zu Hilfe, dasheisst, unterstützt man dies Vorhaben'in der richtigen Art, sokommt dadurch eine Heilung so rasch und schmerzlos zustände, wie wir es heute kaum für möglich halten.<strong>Die</strong> grossen Schmerzen, welche bei vielen Arten vonVerletzungen entstehen, und namentlich bei Brandwunden undQuetschungen, die nach der alten Art behandelte Patientenund auch alle diejenigen auszustehen haben, bei denen Verletzungenlangsam unter fortwährendem Schlimmwerden heilen,rühren, wie gesagt, einzig und allein von der zu grossenHitze und Anschwellung her, die an den Wunden entstehtund hervorgerufen wird durch die erhöhte sogenannte Reibungder Körpermoleküle aneinander, wie ich dies vorher erklärthabe. <strong>Die</strong> Schmerzen treten also stets erst dann ein, wennder Körper das Heilgeschäft beginnt und sind nichts alseine behinderte Molekularbewegung der Körpermasse, sogenannteReibung der Stoffe aneinander und dadurch erzeugteHitze; mit anderen Worten gesagt, nichts als ein lokales


232 Zweiter Teil.Wundfieber, ein lokaler Fieberzustand. <strong>Die</strong>se Erkenntnisbringt uns nun schon einen ganz erheblichen Schrittvorwärts. Sobald wir wissen, dass wir es hier auch wieder,wie bei allen anderen Krankheiten, mit Fieberzuständen zuthun haben, also dass auch Wunden und Verletzungen mitallen anderen Krankheiten, wenn auch in anderer Form, dennochdas Fieber gemeinsam haben, so ist uns auch der Wegzur Heilung genau vorgeschrieben.Es handelt sich zunächst nur um die Beseitigung desFiebers, das oft nur einen lokalen Herd hat, das aber,wenn man es nicht schnell genug beseitigt, auch den ganzenKörper, besonders bei grösseren Verletzungen ergreifen kann.<strong>Die</strong>sen Zustand nennen die Ärzte dann „Wundfieber".Wie wir die Beseitigung nach unserer Weise erreichen,werde ich später bei Besprechung der einzelnen Arten vonWunden und Verletzungen genauer auseinandersetzen.Sobald wir völlig Herr über das hier in Frage kommendeFieber geworden sind, hören auch die Schmerzen so gut wieganz auf. Nirgends kann man es so deutlich beobachten,als gerade bei der Wundbehandlung, wie das Fieber nichtsweiter als ein Bestreben des Körpers ist, die Wunde, zu heilen.Wenn nun in einzelnen Fällen der Fieberzustand rasch umsich greift und bald den ganzen Körper in Mitleidenschaftund Gefahr bringt, so dass die Wunde selber zu einem eiterndenJauchemund wird und nur sehr langsam und schwer zumHeilen kommt, so hat das freilich noch andere Ursachen alsdie blosse Verletzung. In diesen Fällen, die heute leiderimmer öfter vorkommen, hat bereits lange vor der Verletzungim Körper eine starke Belastung mit Fremdstoffen, also nachunserer Auffassung ein schon lange vorhanden gewesenerlatenter Fieber(Krankheits-)zustand bei dem, betreffenden Patientenvorgelegen. In solchen Fällen ist es ganz selbstverständlich,dass ein Umsichgreifen des Fiebers und damit eineGärung der im Körper befindlichen Fremdstoffe entsteht. Beivöllig gesunden Körpern (in unserem Sinne) heilen selbst dieschwersten Verletzungen in erstaunlich kurzer Zeit. Leider


Wundbehandlung. 233giebt es heute nur wenig wirklich gesunde Menschen mehr,denn wenn auch viele für völlig gesund gehalten werden,unsere Gesichtsausdruckskunde belehrt uns eines anderen,wobei eine Täuschung ausgeschlossen ist.Sehen wir uns in der Natur um, um auch hierfür ausderselben die Beweise für das Gesagte zu gewinnen.Ich habe viel Gelegenheit gehabt zu beobachten, wieverwundete Tiere, von denen man voraussetzen konnte, dasssie gesund waren, sich ihre Wunden selbst heilten.Ich habe gesehen, wie solche Tiere, wenn sie sich völligselbst überlassen waren, ohne Zuthun, ohne Mithilfe von irgendeiner anderen Seite, oft in unglaublich kurzer Zeit völligwiederhergestellt waren. Oft habe ich solche Fälle beobachtet,und stets ist mir der enorme Unterschied aufgefallen, derzwischen diesen Heilungen und denen bei Menschen obwaltete,welchen doch alle Hilfsmittel der Wissenschaft und menschenfreundlichePflege zu Gebote stehen. Nichts hat mehr inmir den Trieb zum Nachdenken angeregt und in mir eineunwiderstehliche Lust, diesem Geheimnisse auf den Grundzu kommen, hervorgerufen, als gerade dieser Umstand. Dennauch ich war wie alle der Ansicht, die armen Tiere hättenes in Verletzungsfällen doch weit schlimmer als wir Menschen.Wenn mich nun meine Beobachtungen in der Natur einesanderen belehrten und mir zeigten, dass gesunde Tiere langenicht so schwer unter Verletzungen zu leiden haben, als diemeisten Menschen bei antiseptischer Behandlung und eineHeilung bei ihnen dreimal so schnell eintrat, als in den Spitälernund Kliniken, so war es für mich eine ausgemachteSache, dass diese Thatsache auf sehr gewichtigen Umständenbasieren musste und kein Zufall sein könnte. Doch ich willan Beispielen das Gesagte näher erläutern.In einem auf Raubzeug im Winter an einer Scheuneauf dem Lande aufgestellten Fangeisen hatte sich eine Katzegefangen. Das Eisen hatte dein Tiere das rechte Hinterbein3 cm über dem Sprunggelenk, gerade da, wo das dickeFleisch anfing, zerschlagen. In ihren Schmerzen und unter


234 > Zweiter Teil.dem Schrecken dieses plötzlichen unerwarteten Ereignisseshatte die Katze alles versucht, um aus der Falle zu kommen.Sie hatte das Eisen im Halbkreise mit sich herumgeschleppt,soweit die Kette reichte, und dabei sich das abgebrocheneHinterbein mehreremal um sich selber herumgedreht, so dassvon unten und oben beide Knochenenden wenigstens je zweiCentimeter weit hervorstachen und die Haut, Muskeln, Adernund Sehnen wie ein starker Bindfaden zusammengedreht undmit vielem Schmutze, Staub und Spreu, die vor der Thürvorhanden waren, bedeckt und vermischt waren.Wie ich des Morgens früh die Falle revidieren ging,fand ich meine arme Katze in der Falle. Aus der Art derWunde war deutlich zu sehen, dass das Tier bereits abendsin die Falle gegangen sein musste, sich also die ganze Nachtdarin gequält hatte, so dass die denkbar ungünstigsten Bedingungenzur Heilung dieser Verwundung vorlagen. Eswar meine Absicht, das Tier zu töten und es dadurch seinerQualen zu überheben; doch die Sache kam anders. <strong>Die</strong> Katzegeberdete sich derartig wild und rasend in der Falle, dass esmir nur mit der allergrössten Mühe gelang, sie aus derselbenzu befreien, ohne gebissen und gekratzt zu werden. Kaumbefreit, suchte sie in langen Sätzen das Weite, so dass dasgebrochene Bein in der Luft und über ihren Rücken herumwirbelte;sie blieb die nächsten Tage verschwunden, und ichglaubte schon, sie wäre zu Grunde gegangen.Nach ungefähr acht Tagen wurde mir dagegen plötzlichberichtet, dass auf einem Heuschuppen eine kranke Katzesich befände. Ich stieg hinauf und erkannte nun in diesemPatienten meine im Eisen gefangene Katze wieder. Wie grosswar aber meine Verwunderung, als ich bemerkte, dass dasHinterbein völlig normal zusammengeheilt, nur an der Bruchstellenoch stark geschwollen war. Dabei war der Patientstark abgemagert, da er augenscheinlich während der ganzenZeit nichts gefressen hatte. Zunächst bot ich dem armenTiere etwas zu fressen an, um seine Kräfte zu heben. Wiesehr war ich aber verwundert, als ich bemerken musste, dass


Wundbehandlung. 235selbst die ausgesuchtesten Bissen konsequent verschmähtwurden. Ich glaubte, der Durst quäle vielleicht das Tierzu sehr und holte ihm Wasser herbei, aber auch dieseswurde verschmäht.. Da mich dieser Vorgang lebhaft interessierte,so zollte ich ihm jetzt ganz besondere Aufmerksamkeit,namentlich, da ich sah, wie diese schwere Verletzung so erstaunlichgut bis jetzt geheilt war. <strong>Die</strong> Katze hielt das verwundeteBein lang ausgestreckt und war sorgsam bemüht, dasselbestets in derselben Lage zu erhalten, wobei sie die wunde Stelleselber von allen Seiten mit ganz besonderer Geschicklichkeitfortwährend leckte. Augenscheinlich linderte das Lecken,das mit einem unermüdlichen Eifer durchgeführt wurde, dieSchmerzen, denn sobald das Tier eine Weüe nicht geleckthatte, wurde das Lecken wieder mit einer solchen Energievorgenommen, dass kein Zweifel darüber obwalten konnte,dass es ausschliesslich die Schmerzen waren, welche das Tierzum Lecken bewogen. Hatte es eine Weile geleckt, so war aufkurze Zeit völlige Beruhigung und sichtbare Schmerzlosigkeiteingetreten, was dem Tiere deutlich anzusehen war. Aberauch das tasten des Tieres hatte seine tiefe Begründung.Der Verdauungsprozess im Körper ist ein Gärungsprozess,der ohne Wärmeerzeugung undenkbar ist. Da dem Tierenun, kein Wasser zur Verfügung stand, womit es hätte diedadurch hervorgerufene für die Heilung der Verwundung unzweckmässigeWärme ableiten können, so verzichtete dasselbevollständig auf die ihm dargereichte Nahrung. Sein Instinktsagte ihm genauer, was zuträglich sei, als man erwartet hätte.Am zehnten Tage machte mein Patient bereits Versuche aufdem Schuppen herumzulaufen, wobei stets das kranke Beinängstlich in die Höhe gezogen und gehalten wurde, weil dasselbenoch nicht im stände war, ein Auftreten auszuhalten.Am Morgen des zwölften Tages fand ich zu meinergrössten Überraschung meine Katze bereits während derMelkzeit im Kuhstalle, wo sie ihren gewohnten Teil Milchzu sich nahm. Fast zum Skelett abgemagert, zeigte dasTier jetzt wieder eine völlig normale Lebendigkeit. Bereits


236 Zweiter Teil.am vierzehnten Tage beobachtete ich, dass es wiederum zeitweiligmit dem verletzten Bein auftrat, obgleich noch vielan der Wunde geleckt wurde. Am dreissigsten Tage warniemand mehr im stände, dem Tiere anzusehen, dass es lahmging, oder den Fuss nicht so gut wie den anderen gebrauchenkonnte. An der Bruchstelle selber war aber ein fester, harterKnoten verblieben, der indessen das Tier in keiner Weise zubehindern schien.Wenn wir uns nun diesen ganzen Prozess auf einen Menschenübertragen denken, wie wäre da wohl bei antiseptischerBehandlung die Heilung verlaufen? In keinem Falle wärees da ohne eine Amputation abgegangen, und die Sache hätteWochen und Monate gedauert, bis endlich eine. Heilung soweit eingetreten wäre, dass der Patient als Krüppel sein Lebenhätte weiterfristen können. Günstigstenfalls hätte man vielleichteine Amputation vermeiden, niemals es aber erreichenkönnen, dass das Bein nicht steif geblieben wäre.Mir ist es völlig begreiflich, dass die Chirurgen bei Anwendungder verschiedensten sogenannten Antiseptika wieKarbolsäure, Jodoform, Sublimat, Cocain u. a. m. und ohneKenntnis der günstigen Erfolge bei Wasserbehandlung, denVerlauf ihrer Behandlun'gsweise für völlig naturgemäss halten,während sie weit vom rechten Wege abgewichen sind; siekennen die Naturheilung nicht, weil sie es meist mit starkbelasteten Menschen zu thun haben.Doch ich will Ihnen zunächst noch andere Fälle aus demTierreiche vorführen, die ich beobachtet habe und die durchausgeeignet sind, meine Wundbehandlung zu erklären. Ich hatteim Sommer Gelegenheit, einen schwer verwundeten Hund zubeobachten, der mit Schrot angeschossen, aber nicht tötlichgetroffen war. Mehrere Schrote hatten die Hinterbeine undVorderbeine durchbohrt und zwei Schrote hatten den Hals vonrechts nach links durchschlagen und waren in der Haut an derlinken Seite stecken geblieben. Luft- und Speiseröhre sowiedie Hauptblutgefässe waren glücklicherweise unverletzt. Sobalddie Wunden anfingen zu schmerzen, suchte der Hund


ifWundbehandlung. 237einen feuchten, kühlen, völlig schattigen Platz auf.;; und kühlteSeinen Körper, namentlich die schmerzhaften Stellen, an demkühlenden Erdreich, das er sich stets wieder frisch auskratzte,sobald es ihm zu warm geworden war. Unaufhörlich leckteer die Wunden an den Beinen, namentlich die sehr schwereVerletzung der Hinterbeine. Alle dargebotene Nahrung verschmähteer konsequent; er lief nur zweimal täglich an denin der Nähe befindlichen Teich, um Wasser zu saufen. Wasserwar seine einzige Nahrung. Bereits in fünf Tagen warendie Verletzungen an den Beinen, die der Hund beständiglecken konnte, derart gebessert, dass man sie als geheiltbetrachten konnte, wenngleich sie auch noch etwas geschwollenwaren. Der Hals, den der Hund sich selber nicht leckenkonnte, war dagegen noch nicht so gut verheilt, obgleich seineVerletzungen nicht so schwer waren, wie diejenigen an denBeinen. In etwa acht Tagen waren aber "auch diese völliggeheilt, und die Schrote hatten sich zwischen der Haut undden Muskeln völlig eingekapselt. «Erst am achten Tage nahmdas Tier wieder Nahrung zu sich.In einem anderen Falle war ein grosser NeufundländerHund in der Stadt von einem schweren Kohlenwagen überfahrenworden. Das Rad hatte des Hundes rechte Pfote gequetscht,dass ihm das Fell abgestreift und der Knochen gesplittertwar. Das Tier war nicht im stände zu gehen und musstevermittelst eines Fiakers nach Hause geschafft werden. Hierlegte er sich an einen schattigen Platz und leckte beständigseine Pfote. Seine Herrschaft, die sehr um den Hund besorgtwar, brachte ihm alles .Mögliche zu fressen, undkonnte es gar nicht begreifen, weshalb er jede Nahrungsaufnahmeverweigerte. Erst am vierten Tage nahm der Hundwieder Nahrung zu sich, nachdem in dieser Zeit die Wundesoweit verheilt war, dass er bequem wieder auf drei" Beinenlaufen konnte, indem er das verwundete Bein in die Höhe hob.Wohl zwanzig Tage hinkte der Hund noch beständig auf demFusse; bis derselbe wieder völlig funktionsfähig war. An diesemFalle kann man gerade so wie an dem vorigen genau sehen,


238 Zweiter Teil.wie jede Verwundung nicht nur eine lokale Störung an demverwundeten Gliede, sondern slets eine solche des ganzenKörpers bewirkt.Der Hund, der sonst täglich mehr Nahrung als der stärksteMann zu sich nahm, frass während der ersten vier Tage,derHeilung nicht einen Bissen. Hätte sein Körper Verlangennach Speise und Trank gehabt, niemals hätte er dieselbe konsequentverweigert. Sein Magen war also nicht im stände Nahrungaufzunehmen, denn die ganze Kraft de 4 s Organismuswurde durch das Heilungsgeschäft der Wunde in Anspruchgenommen. Hätte, der Hund jetzt auch seinem Körper nochdie Verdauungsarbeit aufbürden wollen, dann wäre seine Kraftgeteilt worden, und eine weit langsamere Heilung wäre dieFolge gewesen. Der Instinkt des Hundes wies ihm indessenden richtigen Weg zu seinem Verhalten.Ähnliche Fälle habe ich noch mehrere beobachtet undstets dabei gefunden, dass in der warmen Jahreszeit Tiere beiVerwundungen Kühlung und Schatten aufsuchen und immerbis zur notdürftigsten Heilung der Wunden alle Nahrungausser Wasser vermeiden.Wenn wir nun sehen, wie heute bei der antiseptischenWundbehandlung in den Kliniken und Hospitälern, besonderswenn der Patient durch Blutverluste geschwächt ist, sofortzur Hebung der Kräfte die „nahrhaftesten" Speisen, wie Fleisch,Bouillon, Eier, Milch, Wein dem Kranken verordnet werden,so ist das nach meiner Ansicht gerade das Verkehrteste. Ichhalte es für das beste, wenn man in der ersten Zeit derWundbehandlung dem Körper ausser dem Heilgeschäffce keinerleiweitere Geschäfte und Funktionen aufbürdet, weil-diesnur auf Kosten der Heilung geschehen kann. <strong>Die</strong> ganzeArt und Weise der Wundbehandlung in den Kliniken beweistdeutlich, dass man Wesen und Bedeutung der Vorgänge undErscheinungen des Lebens im Körper noch in keiner Weiserichtig ,erfasst hat.Alle diese Beobachtungen zeigten mir deutlich, dass esauch möglich sein müsse, auf geeignetem Wege eine natur-


Wundbehandlung. 239gemässe Wundbehandlung bei Menschen zu bewerkstelligen,welche wesentlich bessere und schnellere Resultate, als diejenigenunserer Kliniker es sind, ermöglichen müsse, zumalder Mensch mit Verstand und Überlegung an die Sache herangehenkann, während das arme Tier nur seinen Instinkt alsFührer hat. Gerade daher kann der Mensch mit Recht erwarten,dass er auch in dieser Beziehung besser daran ist alsdie Tiere. <strong>Die</strong>ser Gedanke fesselte lange mein Nachdenken,bis es mir durch eigene Erfahrungen möglich wurde, dieselbenauch praktisch zu verwirklichen und der Menschheit nutzbarzu machen.Von vornherein war es mir klar, weshalb der eine Körperschneller, der andere langsamer eine Heilung von Wundengestattet. Es ist dies, wie gesagt, allein abhängig von der Belastungdes Körpers mit Fremdstoffen.Mein erstes Augenmerk richtet sich bei der Wundbehandlungstets auf Beseitigung der Schmerzen, in welcher Weisewerde ich unten zeigen.Ich gehe jetzt gleich zur Behandlung der verschiedenenArten von Wunden über.Schnitt-, Stich-, Quetsch- und Risswunden.Sobald eine Verwundung des Körpers durch Schnitt, Stich,Quetschung oder Riss zu stände gekommen ist, entleeren diedabei geöffneten grösseren oder kleineren Blutgefässe durchden inneren Druck so lange Blut nach aussen, bis dieser Diuckdurch einen äusseren Gegendrück aufgehoben wird. Da dieserVorgang bei meiner Wundbehandlung eine Rolle spielt, seheich mich veranlasst, näher auf denselben einzugehen. Aufuns Menschen lastet beständig ein Luftdruck von so und soviel Centnern, der genau berechnet ist und auf das Quadratcentimeteretwa 1 Kilogramm beträgt. Unser Körper würdediesen Druck niemals aushalten und vertragen können,wenn er nicht in seinem Innern einen so bedeutendenGegendruck ausübte, dass der äussere Luftdruck dadurch


240 Zweiter Teil.aufgehoben würde. Welche Bedeutung dieser innere undäussere Druck hat, bemerken wir deutlich, sobald wir hoheBerge besteigen. Hier wird der äussere Druck geringer, weshalbder innere Gegendruck nicht mehr so stark zu seinbraucht, was sich in der Leichtigkeit, die alle Bergbesteigerbei allen Funktionen empfinden, kund giebt. Auf sehr hohen.Bergen oder, bei Fahrten in Luftballons wird der äussere Luftdruckdem inneren Gegendruck des Körpers gegenüber soschwach, dass vielen Menschen das Blut aus Mund, Nase, Ohrenund Augen geflossen kommt, weil es durch den zu grosseninneren Druck herausgedrängt, wird. Sobald dann der innereDruck dem äusseren wieder gleichmäsläig gegenübersteht, hörtauch sofort das Bluten auf. Genau so ist es bei Verletzungenmit den Blutungen. Durch die Verwundung wird der Körperan der betreffenden Stelle seiner Wandungen beraubt, durchwelche er den inneren Blutdruck auf die ihm bestimmtenWege beschränkt, und es tritt als erstes Zeichen der Verwundungdurch Stich, Schnitt u. s. w. eine Blutung ein. Es handeltsich also zunächst um die Stillung dieser Blutung. Wieich schon vorhin gesagt habe, hört dieselbe auf, sobald manvon aussen einen so grossen Gegendruck auf die Wunde" ausübt,dass der innere Blutdruck aufgehoben wird. Je nach derGrösse und Tiefe der Verwundung, je nachdem grössere oderkleinere Blutgefässe dadurch verletzt worden sind, ist der Blutdruckein grösserer oder schwächerer. Wenn es irgend möglichist, muss jedes Unterbinden von Blutgefässen vermiedenwerften, weil durch das Abbinden der Adern ein Eingriff inden Organismus gemacht wird, der niemals im Sinne dervorsehenden Natur liegen kann und stets den normalen Blutkreislaufhemmt. Es giebt andere Mittel, welche wirksamersind, und welche ein Unterbinden völlig ausschliessen. Nurda, wo durch Verletzung zu grosser Blutgefässe in kurzerZeit ein so grosser Blutverlust zu erwarten steht, dass dadurchdas Leben des Betreffenden Gefahr läuft und man die •notwendigen Umschläge und Wasser nicht gleich bei der HaBsihat, ist ein Unterbinden- von, Ädern und ein Abbinden vöüi


Wundbehandlung. 241Gliedmaassen am Platze. Freilich darf nicht verschwiegenwerden, dass durch das Unterbinden von Blutgefässen injedem Falle bereits eine schwerere und langwierigere Heilungzustandekommt.Da mit der Blutung auch stets Schmerzen, deren Ursacheich in der Einleitung genauer beschrieben habe, verbundensind, so müssen auch gleichzeitig mit der Blutung die Schmerzengestillt werden.Zu diesem Zwecke giebt es kein geeigneteres Mittel, alsdass man die Wunde mit mehrfach zusammengelegter nasser'Leinwand gut und zwar so dick verbindet, dass dadurch derinnere Blutdruck und mit ihm die Blutung aufgehoben wird.Wenn es möglich ist, halte man darauf den verwundetenKörperteil so lange in kaltes Wasser, bis die Schmerzen gestilltsind, was mehrere Stunden dauern kann. Ist dies nichtmöglich, so kühle man, indem man kaltes Wasser fortwährendoder in kurzen Zwischenräumen auf den Umschlagträufelt, damit derselbe stets kalt bleibe.Sobald nun die Schmerzen und die Blutung bis auf einMinimum dadurch beseitigt sind, was 1—3 Tage lang dauernkann, wird auf die Wunde ein so starker, das heisst sovielfach zusammengelegter, nasskalter, grober Leinwandumschlaggelegt und gut befestigt, dass der Gegendruck, denderselbe auszuüben im stände ist, grösser ist als der innereBlutdruck. Dadurch wird zunächst ein unnötiger Blutverlustverhindert. Wie stark, d. h. wievielmal zusammengelegtdie grobe Leinwand zu diesem Zwecke sein muss, richtetsich einzig und allein nach der Verwundung, d. h. nachdem grösseren oder geringeren inneren Blutdruck. Bei kleinerenWunden genügt 2—4—6maliges Zusammenlegen desUmschlagtuches, bei grösseren 10—15—20—30faches. Würdeman auf eine grössere Verletzung einen zu dünnen Umschlaglegen, so würde das ebensowenig eine Blutung verhindern,als eine schnelle Heilung herbeiführen. Desgleichen heilenFjngerschnitte u. s. w. viel langsamer und schwerer untereiijser dicken zwanzigmar zusammengelegten Wasserkompresse,* Lentis Kühne, <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> Heilwissensenäi?. lo


242 Zweiter Teil.als unter einer dünneren, vielleicht zwei- bis viermal übereinandergelegten.<strong>Die</strong> Wasserkompresse selber muss so zusammengelegtsein, dass sie die Grösse der Wunde an allen Seiten nur umwenige Centimeter überragt. Es ist dies aus dem Grundevon Wichtigkeit, weil, wenn der Wasserumschlag um dasganze Glied resp. den ganzen Körperteil herumgelegt wird, dieBlutcirkulation behindert wird, deren ungehinderter Gangbei der Heilung von allergrösster Wichtigkeit ist. Über den'Wasserumsehlag selber wird dann nur eine wollene Bindeein oder mehreremale herumgeschlungen, wodurch die Kompressefestgehalten und der Druck reguliert werden kann undwodurch gleichzeitig wieder die richtige Körperwärme eintritt.<strong>Die</strong> Kompresse wird vor dem Auflegen in kaltes reines,_ wennmöglich weiches Wasser eingetaucht, leicht ausgewrungen, inder entsprechenden Weise zusammengelegt und dann aufgelegt.,.So lange die Kühlung durch dieselbe andauert, werden auchkeine erheblichen Schmerzen obwalten. Sobald indessen derUmschlag durch die Körperwärme angewärmt ist, wird dieHitze und damit der Schmerz in der Wunde sofort wiederzunehmen, und es müssen daher die Kompressen so oft durchEintauchen und Auswaschen in frischem, kalten Wasser er<strong>neue</strong>rtwerden, als sich die Schmerzen wieder bemerkbar machen,.Der Schmerz ist immer das Signal zum Handeln hierbei.Im Anfang wird das Wechseln der Kompressen ein vielhäufigeres sein müssen, als im weiteren Verlaufe der Heilung,weil die Schmerzen gerade im Anfang besonders häufig sichwiederholen.Ich muss bei dieser Gelegenheit einen Umstand erwähnen,der eine Kritik' verdient. Schon seit einiger Zeit bemerkeich, wie auch von den Vertretern der modernen Schule inKrankheitsfällen Wasserumschläge angewendet werden, freilichohne eine tiefere Kenntnis des Wesens der Wasserbehandlungzu besitzen, daher auch erfolglos. Dafür haben sie eine echt„medizinisch-chirurgische" Verbesserung angebracht, nämlicheine Gummilage zwischen Umschlag und Wolltuch. Solche


«Wundbehandlung. * 243Art" von Wasserumschlägen hat' wenig Zweck, weil der Gummidie Verdunstung des Wassers im Umschlag und die freie Ausdünstungaus dem Körper verhindert, wodurch die Wasseranwendungauf den Kopf gestellt wird. Nie und nimmerkann so ein Umschlag den gewünschten Erfolg haben, daherwarne ich jeden, der sich vielleicht fürchtet, mit dem Umschlagdas Bett nass zu machen, vor solcher, Anwendung.Einen ausserordentlich grossen Einfluss auf jede Heilungbei der Wundbehandlung übt die dabei eingeschlagene Diät.Je weniger der Patient während der Zeit der Heilung zu sich*nimmt-und je reizloser er seine Speisen wählt, desto günstigerwirkt dies auf den Heilungsprozess. Grahambrot, Obst undWasser ohne weitere Zuthaten ist das geeignetste; besonderszu meiden sind aber alle zu warmen und reizbaren Speise^<strong>Die</strong> leicht und am schnellsten verdaulichen Speisen, wie obenangeführt sind deshalb die besten, weil sie die wenigste Wärmewährend ihres Verdauungsprozesses im Körper erzeugen, undweil es bei der Wundbehandlung besonders darauf ankommt,jede überflüssige Erhitzung des Körpers zu vermeiden undeine schnelle und gründliche Ableitung aller, zu grossen innerenHitze herbeizuführen.Da, wo es die Verwundung zulässt, giebt es aber nochein weiteres Mittel, welches, wenn es in Anwendung gebrachtwerden kann, den Heilungsprozess in einer Weise unterstütztund fördert,'wie dies wohl noch keinem bekannt sein dürfte,und dieses Mittel ist mein ableitendes Rumpfreibe- und Reibesitzbad.Wo es angängig, wende man sofort bei jederVerwundung täglich mehrere Rumpfreibe- oder Reibesitzbäderan. Dadurch wird jedem Wundfieber in der denkbarsichersten Weise vorgebeugt und gleichzeitig auch eine Ableitungder bei allen Wunden vorhandenen lokalen Fieberhitzebewirkt. Ferner wird aber gleichzeitig die Lebenskraft desgesamten Organismus dadurch derartig angefacht, dass derselbedas Heilungsgeschäft in der.denkbar günstigsten Weisebeschleunigt. Ausserdem heilen bei meiner- Methode dieWunden so, dass so gut wie gar keine Narben zurückbleibe^16*


244 Zweiter Teil.Doch ich will Ihnen , zum besseren Verständnis einige Fälleaus meiner Praxis mitteilen:Ein fünfundvierzigjähriger Mann war mit der linken Handin die Kreissäge gekommen, welche ihm den Ballen zwischenZeigefinger und Daumen zerschnitt und völlig aufriss, dassdas Fleisch an der Kreissäge herumspritzte. Der Knochenwar glücklicherweise unverletzt geblieben. Einige Minutennach diesem Vorfall fiel der Verwundete in Ohnmacht, ausder er erst nach einer halben Stunde wieder erwachte. Inzwischenhatte man ein leinenes Hemde mehrfach zusammengelegt,um die verwundete Hand fest geschlungen und sofest zusammengebunden, dass das Bluten so gut wie ganzaufhörte. In dieser Weise wurde die Hand in eine Schüsselkaltes Wasser gehalten. Bei dieser Manipulation Hessen dieSchmerzen schon in einer Stunde erheblich nach und warenim Laufe eines Tages völlig gewichen. Während das Kühlendie ganzen ersten Tage und Nächte in Anspruch nahm,konnte man bereits am vierten Tage daran gehen, dengrossen Umschlag zu verkleinern, so dass nicht mehr die.ganze Hand umschlungen werden durfte. Es wurde jetzt eincirca 20 fach zusammengelegter Umschlag über die Wundegelegt und gut mit einem wollenen Tuche, das um die ganzeHand geschlungen wurde, angedrückt. Durch das wolleneTuch kam x nun die übrige Hand wieder schnell zur Erwärmung,wodurch eine gehörige Blutzirkulation wieder bewirktwurde. Im Anfange alle halbe "Stunden, dann in immerlänger werdenden Zwischenräumen musste der Umschlag mit~kaltem Wasser begossen werden, bis in ungefähr vierzehnTagen die Wunde derart verheilt war, dass nichts mehr darangethan zu werden brauchte. Nach vier Wochen konnte derMann wieder die Hand zur Arbeit gebrauchen. Ich mussnoch erwähnen, dass bereits vom zweiten Tage der Heilungan der Patient auch meine Rümpfreibebäder täglich zweimalgebrauchte, was den Heilprozess sehr wesentlich beschleunigte.Doch darf ich nicht unerwähnt lassen, dass derGesundheitszustand des. Patienten durchaus kein guter war,


Wundbehandlung. 245so dass bei einer antiseptischen Behandlung jedenfalls" einesehr langwierige und schmerzhafte Heilung zu stände gekommenwäre, mit einer entstellenden Narbe auf Lebenszeit.Bei meiner Behandlung, bei der gar nicht an ein Zusammennähender Wunde gedacht wurde, was zweifellos daserste bei einer sogenannten antiseptischen Behandlung gewesenwäre, verheilte die Wunde dergestalt, dass auch nichtdas geringste von einer Narbe zu sehen, ist. Wenn auch imAnfang die Wunde oben ganz bedeutend auseinanderklaffte,heilte der Körper von innen heraus die Wunde ohne jedeNarbe zu, und die Wundränder fielen von selber mit derZeit ab. Weil nun mehrere wichtige Nervenleitungen durchdie Verwundung zerstört worden waren, war die Hälfte desDaumens zunächst noch völlig gefühllos geblieben, so dassder Patient noch Monate und Jahre lang nicht im stände war**kleine Gegenstände mit dem Daumen zu fassen und zu haltend;Erst nachdem der Patient drei bis vier Jahre lang täglichmeine Reibesitzbäder angewendet hatte, waren die Nervenverbindungenwieder derart hergestellt, dass derselbe sagenkonnte, der Daumen habe wieder sein richtiges Gefühl an derbis dahin unempfindlichen Spitze.Wie wäre dieser Fall wohl bei antiseptischer Behandlunggeworden? Ich nehme den günstigen Fall an undglaube viel zugegeben zu haben, wenn ich behaupte, dass einSteifbleiben des Daumens und eine völlige Gefühllosigkeitzeitlebens dabei nicht zu umgehen gewesen wäre. Ich werdebei Quetschungen einen Fall mitteilen, der zuerst ahtiseptischbehandelt und dann durch meine Methode geheilt worden ist,und werde mich weiter unten über die antiseptische Wundbehandlungnoch ausführlicher aussprechen und einige Beispielezur Erläuterung aus meiner Praxis dazu anführen.Quetschungen, Kontusionen nnd innere Verletzungen.Bei Quetschungen ist die Behandlung genau dieselbe wievorher. Häufig kommt es bei Quetschungen sowie bei Kontusionenund inneren Verletzungen vor, dass sich im inneren


246 C Zweiter Teil. A:KörpercKLutblasen und Blutansammlungen bilden, welchestörend auf den ganzen Organismus wirken. In diesen Fällen,wo man von aussen in keiner Weise ankommen kann, bringenmeine ableitenden Bäder dadurch, dass sie eine blosse innereAbkühlung des Körpers gestatten und gleichzeitig alle Nervendes Körpers in ganz ungeahnter Weise stärken, eine so wunderbarschnelle und sichere Heilung zu stände wie nichtsanderes. Geronnene und eingetrocknete Blutmassen, die sonstder Körper niemals wieder herausgeschafft hätte, werden dadurchin verhältnismässig kurzer Zeit zur Auflösung und Ausscheidunggebracht. Auch giebt es kein Mittel, welches inähnlicher Weise schnell und dauernd alle Schmerzen benimmt.Sollten in einzelnen Fällen innerlich angesammeltegeronnene Blutmassen oder andere Zerzetzungsprodukte sichschwer und nicht schnell genug zur Ausscheidung durch meineableitenden Bäder bringen lassen, so verwendet man in diesemFalle mit besonders gutem Erfolge lokale Dampfbäder mitnachfolgender Ableitung durch meine Reibebäder. Durch dieDampfbäder werden diese schwer für den Körper transportfähigenAusscheidungsprodukte ausscheidungsfähiger gemachtund kommen dadurch oft in unglaublich kurzer Zeit zurAusscheidung. Hierzu einige Beispiele aus meiner Praxis.Zu mir kam ein Mädchen, welchem der Zeigefinger derrechten Hand in einer Strickmaschine zerquetscht und mehreremalezerstochen worden war. Das Mädchen war zunächst dieersten Wochen in Behandlung des Kassenarztes gewesen. Derselbe,hatte die ganze Antisepsis aufgeboten, um die Wundezur Heilung zu bringen, aber vergeblich. Ganz ungeniert vonden fürchterlichen Schmerzen, welche das arme Kind dabeiauszustehen hatte, hatte er Jodoform, Karbol und Salicyl angewendetund nicht unterlassen, das Mädchen stets damit zutrösten, dass sie sich schon diese Schmerzen gefallen lassenmüsse, denn nur auf diese Weise könnte es verhindert werden,dass der Finger oder die Hand abgenommen werdenmüsse. Das Mädchen wollte ja auch gern alle Schmerzenaushalten, die ihr durch die unzweckmässige Behandlung


Wundbehandlung. 247"zu teil wurden, wenn nur ihr Finger dadurch gellfit würde.Als indessen nach den ersten zwei Wochen der .Fingerimmer dieker anschwoll und völlig blaurot wurde, auch dieSchmerzen sehr zunahmen, und als in der dritten Wocheauch die ganze Hand dergestalt angeschwollen war*, dassdieselbe ebenfalls blaurot aussah, fragte der Arzt, ob sie nochjimmer Mut habe, und bereitete sie allmählich darauf vor,dass ihr die Hand werde abgenommen werden müssen, weilder Brand dazugekommen sei. <strong>Die</strong>se Erklärung des Arztesjagte dem armen Kinde einen solchen Schrecken ein, dass.es sofort zu mir kam und mich fragte, ob ich nicht verhindernkönnte, dass es seine Hand verlöre. Ich sagte „ja" und,.wendete sofort kalte Wasserumschläge und täglich zwei lokaleDampfbäder mit nachfolgender Ableitung durch Reibesitzbäderan. Schon nach zweistündiger Behandlung verloren sich dieSchmerzen ziemlich ganz, und sie sind während der ganzenBehandlung auch nicht wieder aufgetreten. <strong>Die</strong> übermässige'Geschwulst der Hand und des Fingers fiel stündlich, undbereits nach zwei Tagen hatten dieselben ihre natürliche^Form und Farbe wieder erlangt. In drei bis vier Wochenkonnte das Mädchen wieder arbeiten, wenn sie auch dieHand noch nicht völlig frei benutzen konnte.Auf diese Weise wurde zwar eine für die Wissenschaftvielleicht interessante Operation verhindert, aber auch gleichzeitig,dass das Mädchen Zeit ihres Xebens ein Krüppel wurde.In ähnlicher Lage trieb die eiserne Notwendigkeit einenZimmermann zu mir. Derselbe hatte sich zwischen denKetten beim Aufwinden der Balken seine linke Hand querüber,sowohl^ auf der inneren als auf der oberen Handflächeschwer gequetscht und verwundet. Zur antiseptischen Behandlunghatte der Mann kein Vertrauen infolge früher gedachterschlechter Erfahrungen, und so kam er zu mir. Der'ganze Arm bis zur Schulter war bereits sehr angeschwollen,dass er völlig unbeweglich war. In kaum drei Stunden hatteich durch meine Behandlung die Schmerzen gestillt, undschon nach 48 Stunden war die Geschwülst völlig beseitigt,


248 Zweiter Teil.und in acht Tagen konnte der Mann bereits wieder auf denBau gehen, wenn auch die Hand zur Arbeit erst in weiterenzwei Wochen völlig befähigt wurde.Brandwunden.Der höchst empfindliche Schmerz, welchen derartigeWunden verursachen, kann nur durch kaltes Wasser gemildert•werden. Unter Umständen muss man die Wunde mehrereStunden in das Wasser halten. Werden die Wunden nur kurze, Zeit in Wasser gehalten, so erhöhen sieh die Schmerzen nachdem Herausnehmen, und das ist der Grund, dass viele voneiner Behandlung der Brandwunden mit Wasser nichts wissenwollen. Wenn die brennenden Schmerzen nachgelassen haben,verfährt man mit den Umschlägen wie bei den früheren Verwundungen.— Was das zu verwendende Wasser betrifft, so istFluss- oder Regenwasser dem Brunnenwasser vorzuziehen, weilletzteres oft Stoffe enthält, welche der Heilung nachteilig sindund den Schmerz vermehren. —Wo Brandwunden bei dieser Behandlung nicht in kurzerZeit geheilt sind, kann man mit Sicherheit behaupten, dassdas Allgemeinbefinden des Betreffenden auch vor der Verwundungschon kein gutes gewesen sein kann, mit anderenWorten gesagt, dass der betreffende Körper tüchtig mitFremdstoffen belastet, also chronisch krank in unserem Sinneist. In solchen Fällen ist eine Allgemeinbehandlung desganzen Körpers durch meine ableitenden Bäder geboten.Aber auch da, wo die" Heilung ihren gewohnten Gang geht,unterstützen diese Bäder, sobald .man im stände ist sie ausführenzu können, in sehr erheblicher Weise das Heilungsgeschäft.Einen ganz besonderen Einfluss auf die rascheHeilung der Brandwunden übt auch eine strenge reizlose,naturgemässe Diät und die grösste Massigkeit.Hierzu ein Beispiel aus meiner Praxis: Ein Herr hattesich drei recht erhebliche Brandwunden zugezogen. Zweidavon befanden sich am Halse und hatten Fünfmarkstück->grosse, die dritte und grösste und tiefste am Fusse auf dem


Wundbehandlung. 249Spann. Der Patient war zuerst in antiseptischer Behandlungbei seinem Arzte, * hielt dieselbe jedoch kaum einen Tagwegen zu grosser Schmerzen aus und begann auf eigeneHand nach den Vorschriften der alten Naturheilmethode zukurieren. Da ihm diese Anwendung auch nicht Linderung:.genug brachte und in acht Tagen noch keine Besserung eingetretenwar, wurde ich geholt. Zunächst war ich nur daraufbedacht, die Schmerzen zu beseitigen, was ich durch nasskalte.Umschläge innerhalb zwei Stunden erreichte, nachdem ich dieWunden von öl und Eiter vorher gereinigt hatte. Nachzwei Tagen solcher Behandlung hatten die Wunden bereitsein völlig verändertes Aussehen. <strong>Die</strong> kleinste Wunde amHalse war bereits so gut wie zugeheilt und die anderenbeiden stark im Verheilen begriffen. Ebenso war die tiefeWunde am Fusse bereis um die Hälfte flacher als vorhergeworden. Nach weiteren fünf Tagen konnte der Patientbereits seine Arbeit in der Fabrik wieder aufnehmen. <strong>Die</strong>Wunden am Halse waren völlig verheilt und die Wunde amFusse soweit gebessert, dass er bereits wieder gehen, wennauch noch keinen Stiefel anziehen konnte.Schusswunden.Wenn die Behandlungsweise dieser Wunden sich auchmit. derjenigen bei Stich- und Schnittwunden deckt, so will ichdoch ihrer Bedeutung wegen, welche dieselben bei einem Kriegehaben, sie noch einer besonderen Besprechung würdigen. Esist besonders für jeden Soldaten, der doch in erster Linie derGefahr, durch Schuss verwundet zu werden, ausgesetzt ist,von grosser Wichtigkeit, dass er genau weiss, was er beisolchen Verwundungen zu thun hat, denn nur zu oft wirddie versäumte Zeit, welche verstreicht, bis Hilfe kommt und:!kommen kann, zur Todesursache oder wenigstens zur Ursacheeiner Amputation, welche stets eine Verkrüppelung nach sichzieht. Wenn Verwundete stundenlang liegen müssen, bis ihnenirgend welche Hilfe werden kann, so ist es kein Wunder, dassbei vielen Verwendungen, noch dazu bei sog. antiseptischer


250 Zweiter Teil.Behandlung, Brand hinzutritt, und bei der allgemeinen Hilflosigkeitund Unkenntnis über das Wesen des Lebens undseiner Bedingungen, sowie über die Art und Weise, wie Heilungenvon Wunden durch den Organismus überhaupt bewirktwerden, kennt man dann kein anderes Hilfsmittel mehrals Amputation. <strong>Die</strong> Schulmedizin heilt durch Amputationennur Wunden, indem sie viel tiefere Wunden•schlägt und den Stempel ihrer Behandlungsweisedem Betreffenden für Lebenszeit aufdrückt. Sielöscht Feuer mit Feuer und stiftet viel Unheil.Bis jetzt hat man geglaubt, die Kugel oder die Geschosssplitter,sofern solche im Körper stecken geblieben sind,müssten unbedingt' aus demselben entfernt werden, um denKörper nicht zu schädigen. <strong>Die</strong>s ist ein ungeheurerIrrtum, der schon vielen Tausenden das Leben gekostethat, denn bekanntlich sind die Geschosse resp. Geschossplitteroft schwer und nur durch noch grössere Verwundungund Zerreissung von Körpefbestandteilen aus demKörper zu entfernen möglich. Bekanntlich sind die innerenTeile des Körpers so schlüpfrig, dass sich, die Geschosseleicht an ihnen .vorbeidrängen und da, wo sie dieselben durch-« bohren nur stets eine kleinste Öffnung entsteht, die gerade 5die Kugel durchlässt. Es kommt dies daher, dass durch denDruck, den das gegen den Körper dringende Geschoss aufdie Gewebe ausübt, dieselben vermöge ihrer Elastizität gespanntund etwas ausgedehnt werden, so dass stets durch dasHindurchdringen des Geschosses eine kleinere Öffnung entsteht,als entstehen würde, wenn die Gewebe ohne diesen^Gegendruck im ungespannten schlaffen Zustände von einemGegenstande in der Grösse des Geschosses durchbohrt würden.^Denken wir uns einen Gummi, den wir mit einer Schrotkugeldurchschiessen. Wir werden finden, dass dadurchein Loch entsteht, durch welches wir das Schrotkorn nichtanders wieder hindurch bekommen, als wenn wir den Gummiso weit ausrecken, dass das Loch dazu gross genug wmLGenau so ist es im Körper.


Wundbehandlung 251Sobald" nach der Verwundung die verletzten Teile anzuschwellenbeginnen, was sehr bald nach der Verwundung geschieht,entbehren sie auch sofort ihrer früheren Elastizität,weil sie überfüllt mit Blut und Heilungsmaterial, jetzt gespänntund straff sind. Will man jetzt die Kugel auf ihremHinwege zurückziehen, wie das, wenn irgend angänglich, beigewöhnlicher Behandlung angestrebt wird, so ist nicht nurdie Eingangspforte der Wunde und ihr ganzer Lauf verschwollen,sondern die vorher sich leicht dehnenden inneren GewebeA.geben jetzt nicht mehr in der früheren Weise nach, weil siegespannt sind, und müssen weit mehr als vorher zerrissenund verletzt werden. Das Geschoss selber ist dem Körperweit weniger gefährlich als die Sucht, dasselbeunbedingt aus ihm zu entfernen. Der Körper machtdiesen grossen Fremdstoff sehr bald völlig unschädlich, indemer ihn zuerst in eine wässerige Masse hüllt, die mit der Zeitsich in eine feste Kapsel um das Geschoss verwandelt. Fernerbringt der Körper solche Fremdstoffe, sobald man ihm nur inkeiner Weise durch antiseptische Giftbehandlung seine volleLebenskraft raubt, sehr bald, zuweilen auch erst nach längererZeit wieder zur Ausscheidung. Gewöhnlich dem Gesetz derSchwere folgend, werden diese Stoffe stets auf den geeignetstenund für den Körper passendsten Wegen ausgeschieden. So kommtes, dass ein Geschoss, welches z. B. an der Schulter steckengeblieben ist, nach Monaten und Jahren vielleicht unten amGesäss oder an der Hüfte herausschwärt.<strong>Die</strong> Hauptaufmerksamkeit bei einer Schusswunde mussalso nicht zunächst auf Herausschaffung des Geschosses, wennsolches noch im Leibe steckt, sondern auf Verhinderung einerzu grossen Hitze an der Wunde und Stillung der Blutung ge-' rrichtet werden. Wie das zu erreichen ist, habe ich bereits"gesagt. Es würde sich zu diesem Zwecke empfehlen, dass jederSoldat etwas Leinwand und Wollbinde mit sich führt, um sichdie erste Hilfe sofort selber geben zu können, damit keine Zeitunnötig verloren geht. Auch ist die Beschaffung von Wasserin den meisten Fällen leichter zu ermöglichen, als die irgend


252 Zweiter Teil!welcher anderer Hilfsmittel. Ein Fluss oder ein Teich, einBrunnen oder sonst ein Quell sind leicht überall zu erreichenund in manchen Fällen wird auch durch ein paar Spatensticheleicht Grundwasser zu erreichen sein. Ist absolut kein Wasseraufzutreiben, so mag der Soldat sich irgend welche Kühlungsmittelbeschaffen, wie Gras, Lehmerde und dergleichen, dennauch diese können im Notfalle, sobald die Wunde fest verbundenist, mit Vorteil zur Kühlung verwendet werden, weil auchsie die Hitze benehmen. Auf diese Weise kann ein grosserTeil verwundeter Soldaten, die noch im stände sind sich zurühren, sich selber die erste Hilfe schaffen und sie brauchenvor allen Dingen nicht die in solchen Fällen kostbare Zeit,unnütz vorüberstreichen zu lassen, bis anderweitige Hilfe kommt.Es bleibt daher eine grosse Hauptsache, dass jeder Soldat überdiese Art naturgemässer, arzneiloser und operationsloser Wundbehandlunggenau orientiert ist, damit er sofort nach empfangenerVerwundung selber sachgemäss handeln kann, und nichtunter hilflosem Gewimmer thatlos abwarten muss, bis der Arztkommt. Auch werden Leichtverwundete dann in der Lagesein, den Schwerverletzten sofort beizustehen.Ich habe während des Krieges 1870/71 und nach demselbengenugsam Erfahrungen gesammelt, wie nachteilig geradeantiseptische Behandlung werden kann und wie sie oft nochnach Jahren ihre verderblichen Folgen zeigt. Ich will Ihnen. dafür ein Beispiel aus meiner Praxis mitteilen. Im Jahre1883 kam ein Herr zu mir, der im Kriege 1870 einen Schuss-durch den Unterleib erhalten hatte. <strong>Die</strong> Kugel war auf demRücken herausgekommen dicht am Rückgrat. Trotz aller antiseptischenBehandlung, war die Wunde in den 13 Jahrennoch nicht zugeheilt und eiterte fortwährend. Zeitweilig warsie dann auch zugeheilt gewesen, aber immer wieder von" <strong>neue</strong>m bei irgend einer Gelegenheit aufgebrochen, so dass derZustand des Patienten bereits sehr schlecht war und ihm besondersdas - Gehen unmöglich wurde. Vermöge meiner Gesichtsausdruckskundeerkannte ich sofort, dass die Ursachedieser schweren Heilung allein in der starken Belastung des


•9 i-Wundbehandlung. 253Betreffenden mit Fremdstoffen und dem damit verbundenenchronischen Fieberzustande seines Körpers lag. An der Wundeunternahm ich nicht das Geringste, sondern ich sorgte zunächstdurch meine ableitenden Bäder und die geeignete Diät,desgleichen durch Anwendung meiner Dampfbäder für Beseitigungdieses chronischen Fiebers und der Belastung, und bereitsinnerhalb acht Tagen war die.Wunde zugeheilt und istauch bis heute nicht wieder aufgegangen. In vierzehn Tagenkonnte der Mann wieder gehen und war über alle Maassenfroh über diesen schnellen Erfolg. Auf meine Veranlassungsetzte er dann meine Kur noch längere Zeit fort, weil seineBelastung in vierzehn Tagen selbstverständlich nicht völlig zuheben war.-Ich will hier noch drei interessante Kurberichte mitteilen,die, wenn auch nicht von im Kriege Verletzten herrühren,dennoch sehr deutlich zeigen, wie durch antiseptische undklinische Behandlung eigentlich gar keine wirkliche Heilung,sondern nur ein Interimstadium einer Heilung erreicht wird.Bei einer Gelegenheit wurde zwei Mädchen an ein undderselben Maschine jedesmal der Zeigefinger in völlig gleicherWeise verletzt. Der Knochen des obersten Gliedes war mehrereMale zersplittert und zerbrochen, wogegen die unterenGelenke unversehrt geblieben waren. Alter und Konstitutionder Mädchen war ebenfalls gleichmässig. <strong>Die</strong> eine ging zumArzt und Hess sich antiseptisch behandeln, während die anderezu mir kam. Der Arzt hatte sofort die einzelnen Knochen- ''splitter heraus operiert und mit Jodoform nicht gespart. DasMädchen hatte sehr viele Schmerzen auszustehen, bis schliesslichnach acht Wochen der Finger soweit zugeheilt war, dass'sie wieder zur Not arbeiten konnte. Leider aber war dasoberste Gelenk durch die Herausnahme, der Knochensplitterverkrüppelt worden, und der ganze Finger hatte dadurch eineentstellte Form bekommen; auch war eine entstellende Narbezurückgeblieben. Bei jedem grösseren Witterungswechsel empfanddas Mädchen ausserdem noch jahrelang recht bedeutendesReissen in der alten Wunde, mit anderen Worten gesagt


254 kweiter Teil.Rheumatismus an der Stelle, welcher durch nichts anderes alsdurch die bei der falschen Behandlungsweise direkt eingeführtenFremdstoffe (Jodoform) hervorgerufen worden war. Ausderselben Ursache resultierte auch eine partielle Gefühllosigkeitan der Fingerspitze.Meine Patientin kam besser davon. Ich unterliess es,der Natur durch Herausnahme von Knochensplittern vorzugreifen,sondern war zunächst nur darauf bedacht, die Schmerzenvöllig zu beseitigen, was mir im Laufe des ersten Tages'gelang. Dabei verfuhr ich wie früher beschrieben. Dadurchversetzte ich den Finger bereits am dritten Tage in die Lageeinen Knochensplitter allmählich auszustossen. Ohne irgendwelches Zuthun ist dieser Splitter während 48 Stunden herausgeschworenund ohne dass dem Patienten dadurch besondereSchmerzen erwuchsen. Dem ersten Knochenstücke folgte amsechsten Tage das zweite grössere Stück. Da das Mädchen auchim übrigen nicht sonderlich gesund war, hatte ich gleich amzweiten Tage bei ihr Reibesitzbäder in Anwendung gebracht,welche den. Heilungsprozess sehr wesentlich beschleunigten.Bereits nach dreissig Tagen konnte Sie wieder in Arbeit gehen,und als nach sechs Wochen der Finger völlig ausgeheilt war,zeigte derselbe keinerlei Verkrüppelungen oder Gefühllosigkeit,nicht einmal eine Narbe auf. Auch haben sich bis heutekeinerlei. Schmerzen bei Witterungswechsel eingestellt. Mansieht daraus, wer der bessere Heilkünstler war, die Natur oderdie widernatürliche Antisepsis, welche Gift in die Wundenstreut und dadurch eine Herabminderung der Lebenskraft erzielt,wobei die Wunde wohl heilt, aber völlig unvollkommen,^so dass es den Anschein gewinnt, als wenn die Vertreterdieser antiseptischen Methode sich fürchteten, mit der vollenLebenskraft des Organismus zu arbeiten.Der andere Kurbericht handelt von einem Manne, dersich im Jahre 1879 am linken Fussgelenke mehrere SehnenundMuskelbänder zerrissen und zu stark ausgedehnt hatte.Der Patient hatte acht Wochen liegend zubringen müssenund war mit Salbe behandelt worden. Nachdem der Fuss ge-


Wundbehandlung. 255heilt war, hatte er eine Schwäche zurückbehalten, die sichnamentlich dadurch bemerkbar machte, dass derselbe beimGehen öfters nach aussen überklappte, was stets,sehr schmerzhaftwar und auch zehn Jahre später sich noch, in keinerWeise gebessert oder geändert hatte; auch war eine Anschwellungzurückgeblieben. Im Jahre .1889 im März begann dieserMann aus anderen Gründen meine Kur und setzte dieselbe,da sie ihm sehr gut bekam, längere Zeit fort. Anfangs Februar1890 entzündete sich, wieder genau dieselbe Stelle am Fussewie damals, als er acht Wochen liegen musste. Auch tratenbedeutende Schmerzen ein, welche drei Tage anhielten. Amvierten Tage waren Entzündung und Schmerzen beseitigt.Verschwunden war aber auch gleichzeitig seit diesem Tagedas frühere Schwächegefühl und das lästige Umklappen desFusses. Es ist aus diesem Falle ebenfalls recht deutlich zuersehen, wie die vor elf Jahren erhaltene Verletzung erstdurch meine Kur nach vollen elf Jahren wirklich geheilt wurde.Ähnliches erreichte ein Militär, der sich im Kriege durchGegenreiten gegen eine Mauer die Kniescheibe zertrümmerthatte, und trotz aller möglichen Heilmittel, die alte Gelenkigkeitwiederzugewinnen, ein nicht ganz steifes, aber doch wesentlichin seiner freien Bewegungsfähigkeit behindertes Bein zurückbehaltenhatte. <strong>Die</strong>ser Fall ist um so bemerkenswerter,weil derselbe 20 Jahre lang nach den Prinzipien der altenNaturheilkunde behandelt wurde, ohne dass jedoch der gewünschteErfolg erreicht ward. Zwanzig Jahre nach seinerVerletzung wandte dieser Herr meine Methode an, um derenWert kennen zu lernen, und ohne dass er auf wesentliche Besserungin seinem Knie dabei rechnete. Nach mehreren Monatenfing die Kniescheibe an sich wieder zu entzünden, undsehr bald kam es dahin, dass das Bein immer beweglicherund wieder völlig leistungsfähig wurde.Knochenbrüche.Welches Mittel kennt die Medizin dagegen? Gipsverbandund wieder Gipsverband, wenn gleich solch ein Verband eine


256 Zweiter Teil.weit grössere Pein ist als der Bruch selber. Es giebt eigentlichkeine unnatürlichere Behandlung als durch Gipsverband.Auch dieser legt wieder Zeugnis dafür ab, dass die moderneSchulmedizin Natur und Wesen des Lebens bis jetzt nochziemlich wenig begriffen und erkannt hat, sonst könnte sienicht so arm an guten Heilmitteln sein. Meine Behandlung-.bei Knochenbrüchen ist genau dieselbe wie bei jeder anderen'Verletzung. Zunächst Kühlung und immer wieder Kühlung,bis jeder Schmerz und die Geschwulst gehoben sind, daneben,wenn dies irgend zu ermöglichen ist, Reibesitzbäder, die auchauf die Heilung von Knochenbrüchen ganz besonders günstigenEinfluss ausüben. Daneben muss, wenn das Glied nichtdurch die Wasserumschläge in der gewünschten Lage erhaltenwerden kann, eine feste Schieneneinpackung von Pappe, Holz,Baumrinde oder dergleichen angebracht werden, niemals aberein Gipsverband, weil "derselbe eine Behandlung mit kaltenWasserumschlägen nicht zulässt. Bei meiner Art der Behandlungheilen Brüche in unglaublich kurzer Zeit ohne wesentlicheSchmerzen, wofür ich Ihnen ein Beispiel aus meinerPraxis mitteilen will.Durch einen Fall hatte sich ein Herr von dreissig Jahrenden rechten Oberarm dicht am Ellenbogengelenk gebrochen.Zu Hause angekommen, hatte er als Anhänger der Naturheil-•kunde sofort kühlende Wasserumschläge und kalte Ärmbäderso 'lange vorgenommen, bis die Schmerzen schwanden und dieGeschwulst zu fallen begann. Der nunmehr zu Rate gezogeneArzt wollte Gipsverband anlegen und erklärte, dass derArm voraussichtlich steif werden würde. Das hatte nun freilich. für den Patienten wenig Verlockendes, so dass er zu mirkam und meinen Rat einholte. Ich riet ihm, eine Schienungdes Armes mittels Drahtgeflecht und Pappe vorzunehmen, dieBruchstelle mit kalten Umschlägen in der beschriebenen Weisezu kühlen und daneben meine ableitenden Bäder anzuwenden.Einfache reizlose Diät und grösste Massigkeit waren Bedingung.Der Erfolg war ein erstaunlicher. Schmerzen und Geschwulstwaren bereits in vierundzwanzig Stunden beseitigt. Nach


Wundbehandlung. 257,fsieben Tagen konnte der Patient bereits die ersten Notizenwieder niederschreiben und nach weiteren acht Tagen einenStuhl ohne Mühe heben, so dass eine völlige Heilung in 2—3Wochen eingetreten war.Offene Wunden ohne äussere Verletzungen.Wunden im Kriege oder auf andere Weise durch äussereVerletzungen erhalten, tragen einen ehrenvollen Charakter ansich. Schnell wie sie gekommen, können sie auch wieder geheiltwerden. Anders ist es mit jenen offenen Wunden, dieewig eiternd und scheusslich stinkend alle Gliedmaassen undTeile des Körpers heimsuchen und nichts anderes als Verwesungszuständebei lebendigem Leibe sind, gleichviel, ob solcheWunden nach der Diagnose der Schulmedizin krebsiger, tuberkulöser,syphilitischer oder anderer Natur sind. Für die Allopathiesind sie bis jetzt unheilbar gewesen und werden esimmer bleiben, gerade, so wie die Geisteskrankheiten undandere Endstadien von Krankheiten. Wenn es der Allopathieauch gelingt, durch scharfe Medikamente den Zersetzungsprozessdes Körpers durch solche Wunden zu verhindern oderin ein anderes Stadium zu bringen, indem man die dadurchaus dem Körper herausgärenden Fremdstoffe in den Körperzurückdrängt, der Zustand wird dadurch nur ein schlimmerer,und bei nächster Gelegenheit bricht die Wunde an eineranderen Stelle wieder auf. Solche Wunden haben vielfachnicht die schmerzhafte Natur wie andere Verletzungen, aberjeder weiss, dass ihr Auftreten stets mit einem tieferen chronischenLeiden (einer schweren Belastung des Körpers mitFremdstoffen) zusammenhängt, das sich jahrelang, bis zumTode hinzieht, und zu einer völligen Heilung, wenn solcheüberhaupt noch möglich ist, oft Jahre in Anspruch nimmt.Schrecken und Grauen hat die Menschheit seit ihrem Bekanntwerdenmit diesen scheusslichen Lebensbegleitern empfunden.Unzählige Selbstmorde sind begangen worden undwerden täglich begangen, deren Ursache in solcher ErkrankungLouis Kühne, <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong>.IT


258 Zweiter Teil.zu suchen ist. Eine Geissei sind solche Wunden für dieMenschen geworden, eine Geissei und ein offenes Zeugnis fürihr systematisches Zuwiderhandeln und Zuwiderleben gegendie allweise Mutter Natur. Fragen wir nun nach der Ursachesolcher Wunden, so ist darauf nur zu antworten, dass dieselbendurch Belastung des Körpers mit Fremdstoffen entstanden,aber immer erst ein vorgerücktes Stadium vorausgegangeneranderer früherer Krankheitsstadien sind. In vielenFällen sind diese Endstadien durch Verseuchung mit medizinischensogenannten Heilmitteln: Quecksilber, Jod, Jodkali,Brom, Salizyl, Dygitalis, Chinin u. s. w., die stets arge Giftefür den Körper sind, und welche in früheren Lebensjahrengegen irgend welche anderen Leiden angewendet wurden,herbeigeführt worden. Solche Krankheiten, gegen die keinMedikament mehr anschlägt^ sind die notwendigen Folgen sonaturwidriger Einrichtungen, wie die Impfung gegen Pockenes ist, und die Anwendung aller anderen giftigen Mittel, mitdenen man zu heilen wähnt. Durch solche Mittel, über derenVerbleib und wahre, eigentliche Wirkung im Körper nochheute die gelehrte Wissenschaft vielfach im Unklaren ist, wirdbereits jahrelang vorher der Keim zu solch hochgradiger Durchseuchungdes Körpers mit Fremdstoffen gelegt, wie es solcheoffene Wunden voraussetzen. Namentlich ist es die sogenannteSchutzpockenimpfung, welche verseuchend auf das ganzeMenschengeschlecht wirkt, und deren Wirkungen oft erst 20bis 40 Jahre später zu Tage treten, weshalb sie der modernenSchule bis heute völlig entgangen sind. Wenn viele dagegeneinwenden, dass wir aber seit der Impfung keine Pockenepidemieenmehr haben - , so ist das nur teilweise richtig, weilsolche in kleinerem Maasstabe alle Jahre in Form von Scharlach,Masern, Windpocken wiederkehren, und anderseits durchdie Impfung die Lebenskraft des Körpers derart dauernd geschwächtwird, dass er es nicht mehr zu so energischen Heilkrisen,wie es die Pocken sind, bringen kann, denn es gehörteben noch eine ungeschwächte Lebenskraft dazu, um sie hervorzubringen.<strong>Die</strong> notwendige Folge davon ist, dass der im


Wundbehandlung. 259Menschengeschlechte seit lange erblich schlummernde Krankheitsstoffjetzt nicht mehr durch Pockenepidemieen, sonderndurch noch viel scheusslichere schleichende, unheilbarere Krankheitenwie Tuberkulose, Krebs, Syphilis, Epilepsie und Geisteskrankheitsich geltend macht. Leider ist eben das Wesender Lebenskraft und des Lebens noch ein von der modernenSchule zu wenig erkanntes <strong>neue</strong>s Gebiet, daher sind ihr auchalle jene verderblichen Wirkungen verborgen geblieben, welchejene Gifte, die als Medikamente verabreicht werden, nichtheute, wo dieselben eingegeben, eingeimpft oder eingeschmiertwerden, sondern oft erst viel später nach Jahren und Jahrzehntenin dem Organismus ausüben. Wer nur ein ganz kleinwenig Beobachtungsgabe besitzt, dem muss es auffallend erscheinen,weshalb denn gerade die moderne medizinischeWissenschaft; fortwährend nach immer <strong>neue</strong>n Medikamenten,Desinfectionsmitteln und Antiseptica herumsucht, wovon daseine immer schärfer und giftiger ist als das andere. Es hatdies ganz naturgemäss darin seinen Grund, dass z. B. bei demersten Auftreten einer Krankheit (Heilkrisis) die Lebenskraftdes Körpers z. B. durch Antifebrin so abgeschwächt werdenkonnte, dass sie nicht mehr im stände war, die begonneneHeilkrisis oder die betreffende Krankheit im Körper weiterfortzusetzen. Dadurch hört nun wohl die Krankheitserscheinungauf, was der Allopathie genügt, um von Heilung zu reden,aber der Krankheitsstoff, die eigentliche Krankheitsursachebefindet sich nach wie vor nur in einem noch chronischeren,latenten Zustande im Körper. Tritt nun dieselbe oder eineandere Krankheit nach, einiger Zeit, wenn die Lebenskraft imKörper wieder stärker geworden ist, in demselben Körperwieder auf, so sehen wir, dass die jetzt gegen früher veränderteLebenskraft nicht mehr auf das frühere Antifebrin reagiert,sondern es bereits stärkerer, giftigerer Mittel bedarf, um denselbenEffekt zu erzielen wie das erste Mal. Es kommt diesdaher, dass die Lebenskraft des Körpers, je stärker und bedeutenderdieselbe ist, desto leichter durch ein Medikamentvon einer Heilkrisis abzulenken ist, je schwächer und siecher,17*


260 Zweiter Teil.desto stärkerer, giftigerer Medikamente bedarf, um sie vonihrem ursprünglichen Zwecke abzubringen. Wer sich dieSache überlegt, wird diesen unumstösslichen Grundsatz leichtbegreifen, zumal wenn man bedenkt, dass jedes Medikamentein Gift, ein starker Fremdstoff für den Körper ist, auf denderselbe, sobald er dem Körper einverleibt wird und je grösserdie Lebenskraft ist, desto intensiver und schneller alle Lebenskraftdaransetzt, um ihn unschädlich zu machen, was dadurchgeschieht, dass er ihn einschleimt, einkapselt, wie jeden anderenvon aussen hereingebrachten Fremdstoff. Ist die Lebenskraftnoch gross, so wird sie schnell und intensiv von der eigentlichenHeilkrisis abstehen und an die Unschädlichmachungdes medizinischen Giftstoffes gehen; ist sie dagegen geschwächt,so genügt eine kleine Dosis, ein schwaches Gift, schon nichtmehr, um sie aufzurütteln, sie ist abgestumpft, und wird erstreagieren, wenn die Notwendigkeit sie zwingt. Aber auchviel langsamer wird diese Unschädlichmachung des Giftstoffesjetzt noch gehen, denn eine Dampfmaschine arbeitet bekanntlichauch schneller und kräftiger mit vier als mit zweiAtmosphären. Wer das begriffen hat, wird es auch einsehenkönnen, dass die moderne medizinische, klinische Wissenschaftbei solcher Taktik niemals fertig werden kann, sondernwie bisher immer weiter nach stets <strong>neue</strong>n sogenannten Medikamentenwird suchen müssen, bis sie schliesslich bankrottist. Ich will Ihnen dazu wieder ein Beispiel aus meiner Praxismitteilen.Ein Arzt hatte ein ganz vorzügliches Mittel gegen offeneWunden an den Beinen gefunden und dadurch grosse Berühmtheiterreicht. Das Medikament wirkte so vorzüglich,dass die Wunden meistenteils in bereits kurzer Zeit zuheilten,weil der Krankheitsstoff wieder in den Körper zurückgedrängtwurde. So war auch ein Herr sehr rasch durch dies Mittelgeheilt worden, der tiefe fressende Wunden auf dem ganzenSchienbein gehabt hatte. Als nun nach zwei Jahren diealten Wunden wieder aufbrachen, kam der Patient wieder zudemselben Arzt, um wieder kuriert zu werden. Das alte be-


Wundbehandlung. 261währte Mittel wurde wieder angewendet, aber trotz vergrösserterDosen ohne den leisesten Erfolg. Das machte den Doktornatürlich so stutzig, dass er erklärte, die Wunden seien jetztanderer Natur geworden, es liege jetzt nicht mehr die, sonderneine andere Krankheit zu Grunde und daher wirke das Mittelnicht, es bleibe nichts übrig als Amputation. ArmseligeWissenschaft! <strong>Die</strong> von den Leistungen sogar auch wenig gebildeterNaturärzte weit .überflügelt und in den Schatten gestelltist, die sich vor Krankheiten wie Pocken durch Impfungmit Eiter schützen will, nur weil sie nicht im stände ist, dieselbenzu heilen, und welche sich vor der vollen Lebenskraftund der Einwirkung der Natur darauf so fürchtet, dass siebei jeder Krankheit (Heilkrisis) sich nur zu helfen weiss, indemsie die Lebenskraft selber soweit abschwächt, dass diese nichtmehr voll wirken kann!Wer das Wesen dieser offenen fressenden Wunden kenntund weiss, dass dieselben gemeinsam mit allen anderenKrankheiten eine einheitliche Ursache haben, nämlich die Belastungdes Körpers mit Fremdstoffen, dem ist auch der Wegzu ihrer Heilung genau vorgeschrieben. Wohl niemand wirdbestreiten wollen, dass der fortwährend aus solchen Wundenherauskommende stinkende Eiter aus Fremdstoffen besteht,welche aus dem Körper kommen.Das Stadium aber, in welchem wir hierbei die Fremdstoffebeobachten, ist ein bereits weit vorgeschrittenes undstets von abnormen Temperaturen im Körper abhängig. Sovielhaben auch die sehr kostspieligen Studien der Bakteriologieergeben, dass die Entwickelungsfähigkeit eines jedenBacillus, Spirillus und Coccus von ganz bestimmten Temperaturgradenabhängig ist. Durch diese verschiedenen unnormalenTemperaturgrade wird aber erst ein Gärungs-Zersetzungszustandder Fremdstoffe im Körper hervorgerufen, als dessen Produktedie Bazillen entstehen.Soviel muss ich allerdings voraussetzen, dass ein jedersich klar mache, wie sich Stoffe durch einen Gärungszustand,welcher wieder von der Verschiedenheit der Temperatur ab-


262 Zweiter Teil.hängig ist, in ihrer Form verändern, wie wir dies bei jedemGärungsprozess erleben, und dass diese Formveränderungen inlebenden Wesen teils als Bazillen erscheinen. Halten wirdie Erklärung fest, dass solche dem Körper schädliche Bazillennur unter verschiedenen anormalen zu hohen Temperaturen (inunserem Sinne Fieber) in seinen verschiedenen chronischenund latenten Zuständen entstehen und sich weiter entwickelnkönnen, so folgt daraus aber auf das allerbestimmteste, dasswir zur Beseitigung dieser Zustände und zur Tötung der gefürchtetenBazillen nichts weiter zu thun brauchen, als dieseunnormalen inneren Temperaturen wieder zu regulieren. Soeinfach wie das klingt, so gross ist diese Wahrheit. Wermein Verfahren kennt,, der weiss, dass meine ableitendenReibe- und Dampfbäder sich allein mit dieser Aufgabe befassen,und dass meine ganze Methode hauptsächlich in einemfortgesetzten Studium dieser Temperatur-Regulierung besteht,zu deren Messung uns meine Gesichtsausdruckskunde einenuntrüglichen Thermometer leiht, und zu deren Regulierungdas Wasser uns einen sicheren Schlüssel giebt.Gleichviel, ob diese fressenden Wunden krebsiger, tuberkulöseroder syphilitischer Natur sind, sofern nur die Lebenskraftdes betreffenden Körpers noch ausreicht, sind dieselbenhei Anwendung meiner Methode und konsequenter Durchführungder Kur unter gewissenhafter Leitung völlig heilbar.Unzählige Patienten mit solchen Wunden sind in meiner Behandlunggewesen, und so will ich Ihnen von all diesen Kurenden Verlauf eines ganz besonders schweren Falles mitteilen,der die drei- bis sechsfache Zeit zu seiner Heilung in Anspruchnahm, wie die meisten übrigen.Schon seit Jahren hatte ein Herr in den Fünfzigern mitoffenen eiternden Wunden an den Beinen, zwischen demFussgelenk und dem Knie und an den Füssen sich geplagtund alle Heilmethoden erfolglos dagegen angewendet. Namentlichwar es das linke Bein, das ganz besonders.zu leidenhatte. Eine Wunde war an der andern und zwar von derkleinsten bis zu solchen von der Grösse eines Fünfmark-


Wundbehandlung. 263Scheins. Vom Fesselgelenk bis über die Mitte des Schienbeinswar die- Hautfarbe da, wo überhaupt noch unversehrteHaut vorhanden war, dunkelbraun, woraus folgt, dass dasganze Ende des Beins bereits brandig war. Einzelne Wundenwaren bereits so tief, dass man den Knochen sehen konnte.Als schliesslich nichts mehr half und der Patient vor derAlternative stand, sich das Bein amputieren lassen zu müssen,-wenn er nicht sterben wollte, trieb ihn die eiserne Not auchzu mir, trotzdem er meiner Sache nicht sympathisch gegenüberstand.Unvergesslich ist mir der Anblick dieses Beinesgeblieben. Am linken Bein vom Knie bis auf den Fusswaren wohl wenigstens dreissig grössere und kleinere Wunden,von denen die grössten den Raum eines Fünfmarkscheins überstiegenund wenigstens ein bis einundeinhalb Centimeter tiefgingen mit unregelmässiger Bodenfläche. Fortwährend quollein wässeriger übelriechender Eiter aus den Wunden. Zeitweilighatte der Patient es früher durch Medikamente erreicht,dass diese Wunden zuheilten, dann trat aber ein so heftigesJucken an den früher wunden Stellen ein, dass der Patientes nicht ertragen konnte und sich nicht zu lassen wusste. Erkratzte und kratzte, bis er sich wund gekratzt hatte.- <strong>Die</strong>sesfürchterliche Jucken kam allein durch die starke innereGärung der Fremdstoffe gegen die geschlossene und glänzendaussehende Haut, und die dadurch bedingte viel zu grosseHitze im Bein zu stände. Sobald die Wunden wieder aufbrachen,hatten die Fremdstoffe wieder ihren freien Lauf, unddas Jucken hörte auf. Nur diejenigen Stellen juckten nochunerträglich, an welchen keine offene Wunde sich bildete.Heilte eine Wunde zu, brach an einer anderen Stelle einesolche auf, kurzum es war ein Elend sondergleichen. Nichtskonnte der Patient auf diesen Wunden leiden, keine Pflaster,keinen Verband konnte er aushalten. <strong>Die</strong>s war der Zustanddes linken Beines. <strong>Die</strong> Verdauung, auf welche der Patientniemals viel Gewicht gelegt hatte, lag völlig danieder, undnebenbei waren beide Lungen stark angegangen. <strong>Die</strong> Verdauung,die stets <strong>neue</strong>s Material zum Aufbau des Körpers zu-


264 Zweiter Teil.führen soll, lag völlig danieder, so dass Patient nicht mehrim stände war, die leichtesten Speisen gründlich-und genügendzu verdauen,, woraus folgt, dass der Körper gar nicht mehrnormales Blut fabrizieren konnte. Andererseits befanden sichdie Lungen in einem solchen Zustande, dass sie ebenfalls ihresAmtes, nämlich das Blut von seinen schlechten Bestandteilenzu reinigen, nicht mehr genügend walten konnten. Nachdiesen Aufklärungen wird es dem verehrten Leser nicht mehrunbegreiflich sein, woher die massenhaften, immer mehr überhandnehmendenFremdstoffe in diesem Körper kamen. Magenund Lunge sorgten täglich für genügende Fremdstoffe. AmAnfang meiner Behandlung hatte der Patient noch nicht dasgenügende Vertrauen zu meiner Kurmethode, besonders konnteer es nicht begreifen, dass ausser den Beinen auch nochandere Körperteile wie Magen und Lunge krank sein könnten.Hundertmal hat er mir versichert, dass sein übriger Körpervollständig gesund, nur seine Beine krank wären. Er könneessen, was er wolle und habe auch alle Tage seinen Stuhl undgute Verdauung. Er ahnte nicht, dass ich vermöge meinerGesichtsaüsdruckskunde im stände war, mit Sicherheit alle dieseihm bis jetzt verborgen gebliebenen Krankheitssymptome genaufestzustellen. Es war daher kein Wunder, wenn er es ebenfallsnicht begreifen konnte, dass ich den Schwerpunkt meiner Be*handlung auf den gesamten Körper und nicht auf die Beineverlegte. Auf die Wunden an den Beinen hatte ich nur leichtenasse Umschläge von Leinwand angeordnet, die mit Wollebedeckt wurden, dagegen das Hauptaugenmerk auf eine völligreizlose einfache naturgemässe Diät, viel frische Luft und täglichvier Reibesitzbäder und Schweisserzeugung gerichtet. MeinPatient hatte dagegen sein Hauptaugenmerk von Anfang aufdie Umschläge an den Beinen und deren stete Er<strong>neue</strong>runggewendet, weil er dies für die Hauptsache hielt, dagegen Diätund Bäder vernachlässigt, weil er sich deren Wirkungen nichterklären konnte.. <strong>Die</strong> Folge war, dass wir während eines halbenJahres nicht viel vorwärts kamen. Auf mein Zuredenentschloss er sich endlich, als ich ihm dies vorgestellt hatte,K


Wundbehandlung. 265genau meine Vorschriften und nicht seine Ideen zu befolgen.Durch fleissiges Anwenden der Reibesitzbäder und strenges Befolgender Diät kamen Wir nun im nächsten halben Jahreschon tüchtig vorwärts. <strong>Die</strong> Wunden hatten sich bereits umdie Hälfte abgeflacht, und viele der kleineren waren völligzugeheilt, auch hatte das lästige Jucken gänzlich aufgehört.<strong>Die</strong> Eiterung hatte so gut wie ganz nachgelassen. Das Allgemeinbefindenwar ein sehr viel besseres gegen früher geworden.<strong>Die</strong> Verdauung hatte sich auch wesentlich gebessert,und das Lungenleiden war völlig zum Stillstand gekommen.Unter diesen günstigen Anzeichen setzte der Patient jetzt meineKur rüstig und vertrauensvoll das zweite Jahr weiter fort, undhatte sehr bald den Erfolg, dass die Wunden sich von untenübers Knie immer höher nach dem Bauche und der Reibestellezu hinzogen. Von unten wurde das Bein dagegen immernormaler. Als die erste offene Wunde überm Knie aufbrach,wo früher noch niemals eine solche gewesen war und sehr balddie Grösse eines Fünfmarkscheins annahm, machte mir Patientarge Vorwürfe, indem er meinte, auch meine Kur helfe nichts,die Wunden rückten ihm immer näher an den Leib. Ich erklärteihm nun, dass dies ganz im Gegenteil ein grosser Fortschrittzur Besserung sei, denn die früher mit Gewalt in dieuntersten Extremitäten gedrängten Fremdstoffe machten sichjetzt mit erhöhter Kraft an ihre Rückwanderung nach demUnterleibe, von wo sie hergekommen, um auf den natürlichenAusscheidungswegen ausgeschieden werden zu können. Dasleuchtete ihm jetzt ein, und so setzte er konsequent die Kurfort. Wohl volle drei Jahre hat es gedauert, bis seine Verdauungund Lungen soweit gestärkt und gebessert waren, dassalle Wunden auf Nimmerwiederkehr zuheilten. Sobald dieselbenalle zugeheilt waren, wurde auch die Hautfarbe wiedereine normalere. Beinahe vier Jahre dauerte es, bis dieserschwere Fall geheilt war, der nach der Ansicht berühmterÄrzte unheilbar schien. Vom Standpunkte des Mediziners auswar dies auch vollkommen wahr gesprochen, denn die Wundenwaren nicht nur tuberkulöser, sondern auch krebsiger Natur.


266 Zweiter Teil.Es wurden nicht nur Tuberkelbazillen, sondern auch nochganz besondere andere vorgefunden, die der betreffende Forscherfür Krebsbazillen hielt. Leider hat man den spezifischenKrebsbacillus noch nicht endgiltig festgestellt, weshalbdieser Punkt unentschieden bleibt. Wir sehen indessen, wiewenig Einfluss dieser Umstand, dass man nicht wusste, welcherBacillus es eigentlich sei, der da sein Wesen noch treibe,auf die Heilung des Kranken ausgeübt hat. Wer nur dasWesen der .Bazillen und das Wesen aller Krankheiten undihre Einheit kennt, dem ist auch der Schlüssel zu ihrer Heilunggegeben, ohne dass er die-Namen der Bazillen zu kennenbraucht, welche gerade bei dieser oder jener Krankheit mitim Spiele sind.Stiche von giftigen Insekten, Bisse von tollen Hunden,von Schlangen, Blutvergiftung.Ein jeder weiss, wie eine leicht gärende Masse, z. B.Brotteig schnell zum Gären gebracht wird, wenn man ihm einganz kleinwenig Hefe einverleibt und ihn der passenden Temperaturaussetzt. Ich habe dies schon früher bei Besprechungder Ansteckungsgefahr erwähnt und komme hier jetzt aufdiesen Gegenstand zurück. Das Blut des Körpers ist einenoch leichter, wenn auch in anderer Weise gärende Masse wieder Brotteig. Gesetzt den Fall, der Mensch wäre vollkommengesund in unserem Sinne und würde von einer sehr giftigenSchlange gebissen, so würde trotz seiner vollen Gesundheitsein Blut doch durch das Schlangengift in einen plötzlichenGärungszustand (Fieber) versetzt werden, der bei der Ratlosigkeitund Unkenntnis mit dem Wesen dieses Vorganges schnellden Tod herbeiführen kann, auch dann vielleicht, wenn manweiss, wie man erfolgreich die tötliche Wirkung des Schlangengiftesabschwächt und ungefährlich macht, weil man diegeeigneten Vorkehrungen dazu nicht rasch genug in Anwenwendungbringen kann. Wo, im Körper noch eine Belastungmit Fremdstoffen vorliegt, wirkt natürlich das Gift* noch viel


Wundbehandlung. 267stärker. <strong>Die</strong> Fremdstoffe sind, wie ich Ihnen schon frühermitgeteilt habe, selber Stoffe, die leicht durch irgend eine Veranlassungin Gärung übergehen, welche wir Fieber nennen.Wird nun das Blut eines belasteten Körpers durch irgend einGift von einem Insekt, einer Schlange, Geifer von tollen Hunden,Eiter, der bei einer Operation von Furunkeln oder Wundenins Blut des Körpers dringt u. dgl. in Gärung versetzt,so werden eine grosse Menge von den im Körper vorhandenenFremdstoffen ebenfalls sich diesem Gärungsprozess anschliessenund denselben mitmachen, wodurch selbstverständlich die Gefahrfür den Körper eine wesentlich grössere werden muss, alswenn keine Fremdstoffe in ihm vorhanden sind. Je nachdemnun in dem einen Körper mehr Fremdstoffe als in einemandern vorhanden sind, je nachdem wird die Wirkung, welcheeine solche Blutvergiftung hervorruft, eine verschiedene sein.So habe ich beobachtet, wie z. B. ein Bienenstich bei demeinen eine ungeheure Geschwulst hervorrief, bei einem anderennicht mehr als ein Mückenstich wirkte. Auch habe ich beobachtet,wie der eine durch den Biss eines tollen Hundesebenfalls toll, ein anderer, der von demselben Hunde noch empfindlicherin die blosse Hand gebissen wurde, ohne jedenachteilige Wirkung ausging. So wirkt auch das Schlangengiftauf einen tötlich, während es auf einen anderen nur starkFieber erzeugend wirkt. <strong>Die</strong> Gefahr liegt nicht immer im Bisse,sondern oft auch im eigenen Zustande des Gebissenen. Dasselbeist es mit Blutvergiftungen, wie wir dieselben so häufignach „glücklich gelungenen" Operationen eintreten sehen, beidem einen tritt eine sogenannte Blutvergiftung ein, bei demanderen nicht. Ich sagte sogenannte Blutvergiftung, weil allediese Fälle, welche durch Einverleibung eines Giftstoffes indas Blut, wie bei Schlangenbissen, Insektenstichen, Hundebissennichts weiter sind als eine Blutvergiftung, mithin alleunter dieselbe Klasse gehören. Erwähnen will ich hierbei nurnoch, dass eine Blutvergiftung durch Operationen auch ohneEinverleibung von Eiter in das Blut dadurch bewirkt werdenkann, dass bei einem Übermaass von Fremdstoffen im Körper,


268 Zweiter Teil.wie das in solchen Fällen, fast stets der Fall ist, die Operationund die dadurch bei den Kranken hervorgerufene, Angstund das unangenehme Gefühl, das jeder vor einer Operationempfindet, stark genug auf den Körper einwirken, um dessenFremdstoffe in Gärung zu versetzen; eine Veranlassungsursachedes Fiebers, die ich bereits früher Ihnen mitgeteilt habe,und auf die ich hier zurückkomme. Der Ausdruck Blutvergiftungist daher in vielen Fällen überhaupt nicht zutreffend,und da, wo er zutreffend ist, bezeichnet er die wahre Thatsacheund den Verlauf des ganzen Vorgangs so unvollkommen,dass wir eigentlich ihn als sehr wenig geeignet ausmerzenwürden, hatte derselbe nicht schon allgemein eine zu weiteVerbreitung gefunden.Meine Gärungstheorie giebt uns auch die Erklärung fürdie eigentümliche Wirkung durch Bisse von tollen Hunden,wo das Geifergift erst ein latentes Krankheits-Vorstadium imKörper hervorruft, bis es seine akuten Erscheinungen zeigt.Es kommt dies daher, dass dasselbe zunächst in ganz besondererWeise die Unterleibsnerven und Organe beeinflusst, unddann erst nach Wochen dadurch bemerkbar wird, dass dieseWirkungen auf den Unterleib von dessen Nerven auf denKopf und das Gehirn übertragen werden. Wir erkennen dannerst die sogenannte Hundswut an krampfartigen Erscheinungen,die ganz dazu angethan sind, uns den wahren Sitz dieserKrankheit, der im Unterleibe zu suchen ist, zu verbergen.Wer aber jemals einen tollen Hund beobachtet hat, der wirdauch gar nicht darüber im Zweifel sein können, dass der Sitzseiner Tollwut in seinem Unterleibe und den daraus folgendenStörungen in dessen Nervensystem zu suchen ist. <strong>Die</strong> Verdauungund der Appetit bei solchen Hunden liegen völlig danieder,;und stets beobachtet man an ihnen einen ängstlichzwischen die Beine an den Bauch angeklemmten Schwanz.Für die Wirkung eines Schlangenbisses will ich gleichfolgendes Beispiel anführen:Ein Knabe, der sich im Walde hinlegen wollte, wurdevon einer Kreuzotter in den Kopf gebissen. <strong>Die</strong> erste Folge


Wundbehandlung. 269davon war ein krampfhafter Zustand im Unterleibe, der darinseinen*Ausdruck fand, dass das Kind kein Wasser mehr lassenkonnte. Fünfzehn Stunden lang konnte der Patient nichturinieren und schwebte in grosser Gefahr. Dann, nachdemman ihn tüchtig zum Schwitzen gebracht hatte, konnte erauch wieder Wasser lassen, und die Gefahr war beseitigt.Aus diesem Falle geht auch recht deutlich die Bedeutungder Unterleibsnerven hervor, über die ich schon in dem Abschnitt„Schlimme Brüste u. s. w." gesprochen habe.Werfen wir nun einen Blick auf die gesamten sog. Blutvergiftungen,gleichviel durch welche Ursache dieselben hervorgerufenwerden, so finden wir durchweg, dass dieselben miteiner Anschwellung der verletzten Körperstelle beginnen, womitstets eine grosse Hitze (Fieber), wenn auch zunächstnur lokal, verbunden ist. <strong>Die</strong> Beseitigung dieses Fiebers istdie erste Aufgabe, und sie muss sofort durch örtliche Kühlungerfolgen.Kleinere Verletzungen, wie Bienenstiche, behalten eineZeitlang ihre Geschwulst bei und verlieren dann wieder,ohne weitere Folgen nach sich zu ziehen, ihre schädliche Wirkung.Man kommt in diesen Fällen mit meinen früher besprochenenkalten Wasserumschlägen vollkommen aus, die denKörper dazu befähigen, den Giftstoff durch Ausscheidung, respektiveEinschleimung und Einkapselung, unschädlich und unwirksamzu machen.Wo die Anschwellungen weiter um sieh greifen, alsobenachbarte Körperteile mit bedrohen, ist Gefahr im Verzuge,und man säume keinen Augenblick. Das beste ist auch indiesem Falle, den betreffenden Körperteil in kaltes Wasser zustecken und gründlich zu kühlen, oder wenn dieses nicht geht,in der früher beschriebenen Weise nasse Umschläge anzuwenden.Vorher muss das Glied zum Schwitzen gebracht werden,Gestatten es die Verhältnisse, so wendet man gerade in solchenFällen Dampfbäder (siehe meine Heilfaktoren), lokale wieganze, mit. nachfolgenden Reibesitz- oder Rumpfreibebädern mitganz besonderem Erfolge an. Man kann in diesen Fällen


270 Zweiter Teil.überhaupt nicht energisch genug mit der Ableitung der Fieberhitzevorgehen. Alle zwei Stunden ein halbstündiges^Reibesitzbadund täglich ein bis zwei Dampfbäder sind bei eintretenderGefahr in diesen Fällen anzuwenden. Daneben mussman aber hungern oder nur sehr wenig Grahambrot und Obstzu sich nehmen. Wassertrinken ist nicht nachteilig. Wiedererwärmungdes Körpers, womöglich bis zum Schwitzen infrischer sonnendurchstrahlter Luft oder durch Sonnenbäder istnach den ableitenden Bädern, wenn es geht, niemals zu versäumen.Durch diese Art der Behandlung wird man es erreichen,dass die Geschwulst und damit das gefahrbringende Fieberfällt. Sind nun die verletzten Körperstellen neben der Anschwellungauch noch hart geworden, so erreicht man durchkein anderes Mittel, als durch lokale Dampfbäder eine schnellenormale Erweichung. Denn mit dem beim Dampfbade ausdem Körper getriebenen Schweiss geht eine ganze Menge derGiftfremdstoffe mit fort. <strong>Die</strong> Behandlung muss natürlich solange fortgesetzt werden, bis jede Gefahr vorüber ist.Fassen wir das Gesagte zusammen, so finden wir, dassauch die Wirkungen dieser Verletzungen nur einen verschie-*denartigen Fieberzustand hervorrufen, mithin mit allen übrigenKrankheitszuständen immer und immer wieder die einheitlicheUrsache haben. Zu grosse Hitze und derselben vorausgehendeKälte und Frostgefühl, also Fieber in seinen verschiedenenStadien^ sind die ersten Erscheinungen, welche uns auch dabeibegegnen. Wir haben es also auch hier wieder mit denalten Bekannten zu thun, deren Behandlungsweise wir bereitskennen.Ein Beispiel aus meiner Praxis möge zur ausführlicherenKlarstellung hier Platz finden.Mitten im Sommer während der grössten Hitze wurde einjunger Mann von kaum zwanzig Jahren mittags auf dem Feldevon einem giftigen Insekt in die linke Hand gestochen. DerStich schmerzte nicht sonderlich, juckte nur etwas, weshalbihm auch keinerlei Beachtung weiter beigelegt wurde, auchwar die Stelle nicht mehr als nach einem Mückenstich


Wundbehandlung. 271angeschwollen. Bereits nach vier Uhr stellte sieh aber Schüttelfrostein, und die ganze Hand begann anzuschwellen. Sehrbald schwoll auch der ganze Arm an, und der herbeigerufeneArzt konstatierte Blutvergiftung und ordnete die sofortige Überführungnach seiner Klinik an, da voraussichtlich eine Amputationdes Armes nicht zu umgehen sein würde. GlücklicherweiseWurde dieser Anordnung des Arztes nicht nachgekommen, weilein mit meinem Verfahren Vertrauter zugegen war, und sokam meine Methode in Anwendung. Sofort wurden lokaleDampfbäder mit nachfolgenden Rumpfreibebädern angewendet,wodurch bereits am nächsten Tage ein weiteres Umsichgreifender Geschwulst verhindert wurde. Täglich fünf Rumpfreiberesp.Reibesitzbäder, daneben zwei lokale Dampfbäder und inden Zwischenzeiten Umschläge wurden die nächsten vier Tagegenommen, bis alle und jede Gefahr vorbei war. Neben denBädern musste der Patient die herrliche Sommerwärme ausnutzenund sich durch Gehen tüchtig im Freien bewegen, wodurcher auch wiederholt zum Schwitzen kam. Innerhalb sechsTagen war jede Spur von dem Stich verschwunden, und dasAllgemeinbefinden des Patienten ein besseres als je zuvor.Ich muss hierbei noch erwähnen, dass solche Insektennicht überall beliebig den Menschen stechen, sondern sich meistsolche Stellen wählen, welche viel Fremdstoffe enthalten.Unser Patient war aber ein solcher, der recht stark mit Fremdstoffenbelastet war, weshalb denn auch der Stich eines sonstziemlich ungefährlichen Insekts bei ihm lebensgefahrlicheWirkungen hervorrief.


Blutarmut und Bleichsucht.Arm und reich, jung und alt, kurz in allen Gesellschaftskreisenklagt man über Blutarmut und Bleichsucht, jasogar kleine Kinder leiden heutzutage bereits an diesem Übel.Gerade die wohlhabenderen und reicheren Klassen haben diemeisten Blutarmen und Bleichsüchtigen aufzuweisen, trotzdemin diesen Kreisen kein Mangel an der sogenannten kräftigstenErnährung (Eierspeisen, Fleisch, Bouillon, Wein und Bier) ist,und anderseits ausreichende Mittel vorhanden sind, bei Zeitenärztliche Hilfe zur Abwehr dagegen zuzuziehen, was auchthatsächlich regelmässig geschieht. <strong>Die</strong> moderne medizinischeWissenschaft soll so grosse Fortschritte gemacht haben; dieChemiker rühmen sich, den Nährwert aller Nahrungsmittelgenau festgestellt und in den geeignetsten Formen demmenschlichen Magen zugänglich gemacht zu haben; der Wohlstandist weit verbreitet, und doch greifen Blutarmut undBleichsucht immer weiter um sich, und in ihrem GefolgeKraftlosigkeit, Schwäche, körperliche und geistige Leistungsunfähigkeit,Nervosität, Nahrungsmangel im Wochenbett, unnormalerGeschlechtstrieb u. a. m. *Fassen wir zunächst einmal ins Auge, was man wohlvon schulmedizinischer Seite bis heute zur Heilung dieserLeiden angewendet hat. In erster Linie wird Eisen in den verschiedenstenFormen als Arznei dagegen verordnet, ohne dassman weiss, wie dasselbe im Körper wirkt, nebenbei vieles undkräftiges Essen empfohlen, womöglich Genuss von Extrakten,welche nach chemischer Analyse alle diejenigen Hauptbestand-


Blutarmut und Bleichsucht. 273teile ^enthalten sollen, deren der menschliche Körper am nötigstenzu seinem Aufbau bedarf.Nach unseren Erfahrungen sind alle künstlichen Extraktegerade am allerschwersten und oft gar nicht verdaulich. Amleichtesten verdaulich -bleiben, Wie schon früher gesagt, alleNahrungsmittel in ihrer natürlichen Form, unverändert durchKochen und Würzen.Betrachten wir darauf die Resultate medizinischer Behandlungsweise,so finden wir zu unserer Verwunderunggerade das Gegenteil von dem erreicht, was man erreichenwollte und was man erwarten sollte: nämlich immer grössereBlutarmut und Bleichsucht oder andere Leiden, die ihre Entstehungsursache.allein der naturwidrigen Behandlung verdanken.Ja, so weit ist es dadurch gekommen, dass heutzutagebereits neugeborene Kinder blutarm sind.Aus dieser Beobachtung müssen wir die schwerwiegende!Schlussfolgerung ziehen, dass die bisherige moderne Behandlungs-und Ernährungsweise nicht die richtige gewesen seinkönne, desgleichen die Leistungen der Chemie da, wo es sichum Vorgänge im lebendigen Körper handelt, nicht ausreichenoder zu Irrtümern und Täuschungen Veranlassung gebeniMeine <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong> lehrt eine völlig abweichende,geradezu entgegengesetzte Behandlung dieser Krankheit.Bei allen Bleichsüchtigen beobachten wir eine bleiche,welke, unthätige Haut, bei Blutarmut, oft auch das geradeGegenteil davon, anscheinend frische Gesichtsfarbe, blühendesÄusseres neben völliger Leistungsunfähigkeit, Kraft- und Saftlosigkeit.<strong>Die</strong>s ist der Zustand, welcher oft als eingebildeteKrahkheit von der modernen Schule bezeichnet wird, weil dieselbemit ihrer unzureichenden Diagnose den wahren Zustanddes Patienten nicht erkennen kann. <strong>Die</strong> äusseren Formen derBlutarmut und Bleichsucht bieten uns keinen sicheren Anhaltfür die Erkenntnis ihres Wesens. Wir beobachten dagegenstets dabei eine zu grosse innere Hitze bei äusserlichem Kältegefühl.Es sind dies, wie ich wiederholt erläutert habe, diebei allen chronischen Krankheiten gleichmässig auftretendenL^ouijs Kühne, <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong>. 18


274 Zweiter Teil.Erscheinungen .eines inneren latenten Fieberzustandes. - Wiederselbe aber zustandekommt, habe ich ausführlich S. 14—^Pbeschrieben. Wir ersehen daraus, dass ungenügende Verdauungneben ungenügender Haut- und Lungenthatigkeitallein die Ursache zu dieser Krankheit ist. Infolge ungenügenderVerdauung — denn Haut- und Lungenthätigkeit,sowie die Thätigkeit der Nieren gehören mit zur Verdauungsarbeit— bleiben Stoffwechselreste (Fremd- oder Krankheitsstoffe)im Körper, die sonst durch Darm und Nieren, Lungeund Haut ausgeschieden werden. <strong>Die</strong>se Fremdstoffe rufeneine Spannung und vermehrte Hitze im Körper hervor,, gehenim gärenden gasförmigen Zustande durch den ganzen Körperund lagern sich ganz besonders an dessen äussersten Teilen,also unter und in der Haut ab. Dadurch werden die feinstenBlutgefässe der Haut allmählich völlig von diesen Stoffenverstopft, so dass das Blut zuletzt nicht mehr bis an dieäusserste Haut zirkulieren kann. <strong>Die</strong> Folge davon ist, dassdas äussere Ansehen der Haut bleicher und welker wird unddas normale Wärmegefühl einer gesunden Haut verloren gehtEine normale Haut darf nie die bleiche Farbe derBleichsüchtigen tragen, auch niemals zu rot, gelb oder braunsein und muss sich stets feuchtwarm anfühlen. GesundesBlut ist hellrot und dünnflüssig auch in den Venen, mitKrankheitsstoffen belastetes dagegen dunkler, fast schwarz,dick, halb geronnen. Ausserdem sind die Blutgefässe beistärkerer Belastung mit Fremdstoffen teilweise ausgeweitet,es bilden sich förmliche Säcke zur Aufnahme der dickstenBlutmassen. <strong>Die</strong>se Ausweitung tritt infolge der fortwährendenSpannung und des inneren Druckes, welchen der Belastungszustandmit sich bringt, allmählich ein. Wir beobachtendaher bei allen Bleichsüchtigen und Blutarmen nebender bleichen Hautfarbe besonders ins Auge fallende dunklereAdern. Normale, mit leichtflüssigem, gesundem Blute angefüllte'Adernsind kaum durch die Haut schimmernd zu sehen,weisen wenigstens nie die blaue Färbung und AusdehnungBleichsüchtiger auf.


Blutarmut und Bleichsucht. 275Mangelhafte Verdauung ist die Hauptschuld an Blutarmutund Bleichsucht, einen Teil davon bildet, wie gesagt,Mangelhafte Lungenthätigkeit, d. h. das Fehlen frischer gesunderLuft zum Einatmen, wie wir das bei der von Ärztengrossgezogenen Furcht vor Erkältung in unseren nur unvollkommengelüfteten Wohn- und Schlafzimmern fast überallbedauerlicherweise beobachten müssen.<strong>Die</strong> moderne Schule weiss es sehr genau, dass die Lungendiejenigen Organe sind, in welchen das Blut wesentlich gereinigtwird, so lange man den Lungen durch Einatmenfrischer Luft dazu die Möglichkeit bietet, trotzdem aber wirdbei Erkrankungen, also gerade da, wo stets eine Reinigungdes Blutes am allernotwendigsten ist, von ihr ängstlich einfortwährendes Verbleiben der Patienten in den Zimmern undVermeidung jedweder frischen Aussenluft empfohlen, so dasses den Lungen geradezu unmöglich werden muss, ihr Amtrichtig und natürlich fortsetzen zu können. Aber auch diese,edie Unvollkommenheit der modernen Schule so klar kenn-'4zeichnende Thatsache hat ihre tiefe Begründung.Das Heilprinzip der Allopathie besteht, wie ich eingehendin dem Artikel über „Geschlechtskrankheiten" zeigen werde,nicht in einem Herausschaffen der Krankheitsursache aus demKörper, weil sie die wahre Krankheitsursache nicht kennt,-.sondern nur in einer Unterdrückung der Krankheitserscheinungenoder Symptome, also in der Absicht, jede Krankheitnur in einen Latenzzustand,-d. h. verborgenen, ihr unsichtbaren"Zustand zu versetzen, was sie dann Heilung nennt,ohne Scheu und ohne Furcht davor, dass sie sich durch diesescheinbare Heilung eines Betruges nicht nur am Kranken,sondern auch an ihrer eigenen heiligen Wissenschaft schuldigmacht. Leider hat bis jetzt niemand ein sicheres untrüglichesErkennungszeichen für diese Schemheilungen besessen,wie ich in der von mir entdeckten Gesichtsausdruckskunde,durch welche es jedem, der dieselbe studiert'hat, ein Leichtesist, die Täuschung festzustellen.<strong>Die</strong> frische, natürliche Luft, wie wir dieselbe nur ausser-18*


276 Zweiter Teil.halb unserer Wohnräume und in diesen nur bei geöffnetenFenstern finden, hat aber ebenso wie das Wasser die Kraft,die von der Natur im Körper angebahnten Heilkrisen zuunterstützen und im Sinne der Natur zu fördern. Es istdieses das Moment, welches uns- allen unter dem AusdruckErkältung allgemein bekannt ist. „Hüten Sie sich nur javor Erkältung und vermeiden Sie alles, was dazu führenkönnte, also vor allem kaltes Wasser und frische Luft!" predigtdie moderne Schule ihrer Überzeugung nach mit Recht,denn sie kennt das Wesen der Erkältung nicht und kann es,ohne den Organismus tief zu schädigen, nicht in einen Latenz-(unsichtbaren) Zustand bringen, muss also vor allenDingen dafür sorgen, dass solche Erkältungen nicht vorkommen,wozu freilich ihre Mittel die geeignetsten sind.Wer dagegen meine Methode kennt und sich meine Theorieenund Praxis angeeignet hat, für den hat das Wort Erkältungeine völlig entgegengesetzte angenehme Bedeutung, der fürchtetsich überhaupt vor keiner Erkältung mehr, für den giebt eswohl eine Erkältung, die Bedeutung derselben im Sinne dermodernen Heilweise ist ihm aber fremd, und die Wirkungen derErkältung gelten ihm für etwas völlig anderes, etwas Vorteilhaftes.Wenn sich ein völlig Gesunder wirklich einmal tüchtigerkältet, so hat sein Körper auch sofort wieder die Fähigkeit,soviel Wärme zu erzeugen, dass diese Erkältung dadurchausgeglichen und für den Körper unschädlich wird. Zu einemErkältungsfieber kann es indessen bei ihm nicht kommen,weil keine Fremdstoffe in seinem Körper sich befinden. Werdagegen belastet ist, aber naturgemäss lebt, der weiss, dasser durch geeignete Anwendung kalten Wassers und frischerLuft neben reizloser Diät in den Stand und die Lage versetztwird, sich wieder etwas vorwärts in seiner Gesundheitzu bringen und sich dadurch eine Festigkeit, Abhärtung undinnere Reinheit zu gewinnen, die er vordem noch nicht besass.Er weiss vor allen Dingen, dass diese Erkältungen,welche durch die frische Luft bedingt werden, namentlich beiraschen Temperaturwechseln, nur dadurch zu stände gekommen


Blutarmut und Bleichsucht. 277sein können, dass durch die frische Luft die Lebenskraft imKörper soweit gestärkt wurde, dass sie die Kraft zu einerErkältungskrisis (Heilkrisis) wie Schnupfen u. s. w. fand, wodurchder Körper befähigt wird, sich eines Teiles seiner Fremdstoffezu entledigen, dass -also die Erkältungskrisis ganz imSinne der Natur nur zur Vervollkommnung der Individuen,nicht aber zu ihrem Schaden gereicht, wie die moderne Schuleleider irrtümlich angenommen hat und noch annimmt. Nurdann kann eine Erkältungskrisis dem Körper gefahrbringendwerden, wenn man sie nicht zu heilen versteht.Nicht genug können wir daher die Fürsorge für frischereine Luft bei Tag und Nacht in den Zimmern jedem dringendans Herz legen. Wer es irgend ermöglichen kann, schlafebei etwas geöffnetem Fenster, ohne dass Zugluft entsteht.Doch kehren wir zu unserem Thema zurück und fassenwir die Hauptursache der Blutarmut und Bleichsucht: diemangelhafte Verdauung ins Auge. Wo finden wir sichere- Anhaltepunkte für eine normale Verdauung und* ihre Bedeutungfür den Organismus? <strong>Die</strong> moderne Schule giebt unsüber diesen wichtigen Punkt der Gesundheitspflege keinenausreichenden Aufschluss, wie ihr denn überhaupt das Gebietder Verdauung, abgesehen von den äusseren Erscheinungen,ein Buch mit sieben Siegeln ist. Sie weiss sich mitwissenschaftlicher Benennung der einzelnen Teile des Verdauungsapparatesund seiner Funktionen vor jedem Laien inein tiefes undurchdringliches mystisches Dunkel zu hüllen, indas leider bis jetzt noch kein Lichtstrahl von dem wahrenWesen dieser Vorgänge gefallen ist. Welche Bedeutung dieAneignung (Assimilation) der Nahrungsmittel für den Körperhat, in welchem Verhältnis die Speisen zur Verdauung stehen,mit einem Wort gesagt, die wichtigste Bedeutung dieser Vorgängeim lebenden Körper ist ihr fast fremd. Sie kenntnur die ihr von der Chemie zurecht gemachten Nährstoffverhältnisseund die chemische Zusammensetzung des Körpers,und folgert auf Grund dieser untrüglichen Analysen anscheinendlogisch richtig weiter, indem sie die dem kranken


278 Zweiter Teil.Körper fehlenden Bestandteile durch künstliche, chemischeArzneimittel und Nahrungsmittelextrakte oder nach ihrerblossen chemischen Zusammensetzung beurteilte Nährstoffeeinzuverleiben trachtet. Dabei vergisst sie aber ganz, dassdie Chemie, so wie sie bis heute betrieben wird, unfähig ist,das Leben und seine unwägbaren, unfassbaren und unsichtbarenKräfte und Bedingungen richtig zu beurteilen, überderen Wesen ich mich bereits früher ausgesprochen habe.Mit Gewichten, Retorten und allen sonstigen chemischenApparaten lassen sich diese Kräfte nicht feststellen, weil beiihnen hauptsächlich die inneren Temperaturdifferenzen eine.Rolle spielen, die sich weder wiegen noch am toten Körperfeststellen lassen. <strong>Die</strong> Unzulänglichkeit der Chemie auf demGebiete des Lebens hat mit dazu beigetragen, die Trugschlüsseder Mediziner grosszuziehen, aus denen die Erfolglosigkeitihrer Behandlungsweise entspringt.Was ist das Wesen einer normalen Verdauung, und wiemuss dieselbe beschaffen sein? <strong>Die</strong> Verdauung selber ist einGärungsprozess im Körper. Durch diesen Gärungsprozesswerden die Speisen in lebendigen menschlichen Körper umgewandelt,und der Körper eignet sich dabei so viel von diesenStoffen an, als ihm aneignungsfähig sind. Aneignungsfähigwerden aber alle Speisen erst durch eine ausreichende Verdauungoder in dem richtigen Gärungszustande. Alle Speisenaber, die wir durch unsere Zubereitung in ihrer Gärungsfähigkeitbeeinträchtigen, und das geschieht, wie schon früher gesagt,durchs Salzen,, Zuckern und Kochen durchweg, werdenschwerer verdaulich, d. h. schwerer aneignungsfähig für denKörper, Sie werden in ihrer Gärungsfähigkeit gehindert undbedürfen längere Zeit als gewöhnlich, um in den richtigen zurVerdauung notwendigen Gärungsprozess^ zu gelangen, verbleibenalso, um diesen Zustand zu erreichen, länger als nötig im Verdauungskanal.<strong>Die</strong>s längere Verbleiben ist verbunden miteinem besonderen höheren Gärungszustand im Körper, derwiederum eine erhöhte Temperatur bedingt. Wird nicht inZeiten Abhilfe geschaffen, so bewirkt diese grössere innere


Blutarmut und Bleichsucht. 279Hitze anfänglieh ein Fester- und Dunklerwerden der Kotmassein den Därmen. Um dies besser verständlich zu machen,will ich kurz den Gang der Verdauung hier erwähnen.<strong>Die</strong> Verdauung der Speisen beginnt bereits im Mundemit dem gehörigen Einspeicheln. Alle Speisen, welche wirinfolge ihrer Zubereitung nicht so gründlich einspeicheln,als wir dies in ihrem rohen Zustande genossen thun würden,kommen daher .ungenügend zur Verdauung vorbereitet in denMagen. Nicht das Kochen und Würzen ist die beste Vorbereitungder Speisen für den Magen, sondern allein die gründlicheEinspeichelung im Munde" Kommen gut eingespeichelteSpeisen in den Magen, so werden sie hier mit dem Magensaftweiter vermischt und durchgearbeitet und gelangen dabei bereitsin einen Zersetzungs-(Gärungs-)Zustand, der sie wesentlichverändert. In den Därmen findet eine weitere Vermischungmit den Absonderungen der Bauchspeicheldrüsen und sonstigenVerdauungssäften statt, wodurch der Gärungszustand derSpeisen ein immer intensiverer wird.Der Körper eignet sich während dieses Vorganges so vielvon der Nahrung an, als ihm aneignungsfähig ist und soweiter Nährstoffe nötig hat, bis schliesslich durch die Ausscheiddüngen des Darmes und der Nieren das Unbrauchbare wieder'*auä dem Körper entfernt wird. Wir sehen, wie z. B. Tierescheinbar völlig unverdauliche Nahrung wie Knochen oderSteinchen und Kalkstückchen, wie wir sie täglich in den-Mägen unserer Hühner finden, in kürzester Zeit vollständig ver->dauen. Untersucht man den Kot solcher Tiere, so findet manabsolut keine harten Steinchen oder Knochenteile darin. BeimMenschen beobachten wir dagegen oft genug, wie Speisenacht Tage und länger im Verdauungskanal bleiben. Das giebtstets zu einem besonderen Gärungszustand Veranlassung. <strong>Die</strong>sich bei diesem Gärungsprozess entwickelnden Gase, welchenicht zum Aufbau des Körpers gehören, werden gegen dieHaut getragen und als Schweiss und Hautausdünstung ausgeschieden,oder gehen als Winde ab. Wer diese Winde verhält,schädigt seinen Körper in allen Fällen, denn wenn diese


280 Zweiter Teil.Gase nicht auf den" natürlichen Ausscheidungsorganen desKörpers unten heraus können, drängen sie sich oben nachdem Kopfe und erzeugen dann Kopfschmerzen, Nervosität,Unruhe und Unbehagen im Körper. Bei allen denjenigen,welche sich daran gewöhnen, diese Winde zu verhalten, washeutzutage bei der allgemeinen Unkenntnis über die Bedeutungdieser Vorgänge vielfach vorkommt, passt sich der Körperallmählich diesen Vergewaltigungen an und bringt die Gaseüberhaupt, nicht mehr in naturgemässer Weise nach untenzur Ausscheidung, sondern schafft sie gleich nach oben. Besondersauch bei solchen, welche eine sitzende Lebensweiseführen müssen.Bei einer normalen Verdauung weist der Kot stets einehellbraune weiche Masse auf, welche noch deutlich dieSchlüpfrigkeit der verschiedenen Speichelsäfte des Körpers zeigt,so dass er wie mit einer Schleimschicht überzogen ist.Der Kot muss wurstartig den Körper verlassen und zwarin solcher Beschaffenheit, dass eine Verunreinigung des Körpersdabei ausgeschlossen ist. Wir beobachten bei allen gesundenTieren, dass dieselben ohne Verunreinigung des Körpersden Kot ausscheiden können. Genau so ist es bei gesundenMenschen der Fall. Der Schluss des Mastdarms ist so vorzüglicheingerichtet, dass er den Kot einer normalen Verdauungohne Verunreinigung ausscheidet. Das Klosettpapier 1ist, wie ich Seite 12 bereits gezeigt habe, eine Errungenschaftder kranken Menschheit. Gesunde Landbevölkerung brauchtdasselbe nicht, wie ich vielfach Gelegenheit gehabt habe, diesauf dem platten Lande zu beobachten. Anderseits darf derKot niemals widerli-chen, unangenehmen, abstossendenGeruch haben. Sobald ein solcher vorhanden, ist er durcheinen zu weit oder zu wenig vorgeschrittenen Gärungsprozessim Körper entstanden und anormal.Sobald durch unrichtige Zubereitung und ungenügendesEinspeicheln Speisen schwerer verdaulich werden, erzeugen sie,wie gesagt, im Körper durch ihren längeren GärungsprozessHitze, welche die Schleimabsonderungen (die Ursache der


Blutarmut und Bleichsucht. 281Schlüpfrigkeit) der Därme mehr und mehr eintrocknen lässt,im gesteigerten Stadium die Kotmassen selber dunkler brenntund sie ebenfalls aller Schlüpfrigkeit beraubt, also eintrocknet.Jetzt ist der Zustand geschaffen, welchen wir Verstopfung,Hartleibigkeit nennen; fest und trocken steckt der.Kot in denausgetrockneten Därmen und kann weder hin noch her. Nundarf man nicht etwa denken, dass diese Kotmassen so unverändertruhig in den Därmen verbleiben, bis .sie ausgeschiedenwerden, das ist niemals der Fall. Der Gärungsprozess schreitetfortwährend weiter darin fort, verändert ihre Formen stetsweiter, so dass sie aus dem hart gewordenen Zustande in Gaseübergehen und so transportfähig genlacht in den ganzen Körpergetragen werden und durch den inneren Druck, die Spannung,welche infolge des Gärungszustandes hervorgerufen wird, werdensie stets nach den äussersten Teilen, den Extremitätenund der Haut gedrängt. Sobald letztere nicht mehr genügendfunktioniert — und das ist bei unserer Kleidung und demvielen Aufenthalt in ungenügend ventilierten Stubenräumenund unserer geringen Bewegung vielfach der Fall — also diegasförmigen Fremdstoffe keinen genügenden Ausweg mehrdurch die Hautporen finden, dann werden erstere zunächst anden Hautporen und dann immer weiter unter der Haut abgelagert.Dadurch wird die Haut noch unthätiger und nimmteine kältere Temperatur als die-normale an. Auch werdenihre feinsten Blutgefässe derartig gefüllt und verstopft mitden Fremdstoffen, dass das die Haut allein erwärmende gesundeBlut gar nicht mehr bis an dessen äusserste Peripheriegelangen kann, wodurch nicht nur die kältere Temperatur,sondern auch die so vielfach verschiedene krankhafte, bleichsüchtigeHautfarbe bedingt wird, welche gerade bei meinerGesichtsausdruckskunde eine so hervorragende Rolle spielt. Gewöhnlichnimmt die Hautfarbe eine blasse sogenannte Leichenhautfarbean, doch kann dieselbe auch sehr verschieden davonabweichen, weil sie von der Farbe der Fremdstoffe, die sieverstopfen, und der Beschaffenheit des Blutes abhängig ist,so kommt es, dass, wenn sehr viel Urinstoffe im Blute sind,


282 Zweiter Teil.die Hautfarbe dadurch Tot, in anderen Fällen gelb, braunund grau erscheint. <strong>Die</strong> äussere kältere Temperatur bewirktnun im Gegensatz zu der inneren Hitze wieder das Festerwerdender gasförmigen Fremdstoffe, welche durch den innerenDruck und die äussere Abkühlung jetzt dicht und zusammengedrängtden äusseren Körper anfüllen. Jetzt ist der Zustandeingetreten, den wir Belastung mit Fremdstoffen nennen, und.der stets mit einer Veränderung der Körperformen verbundenist, welche bisher noch nicht erkannt und daher auch nichtbeachtet worden ist. Auf diese Weise werden auch alle Kopfleidengeschaffen, wie Augen-, Ohren-, Gehirnleiden, Geisteskrankheit,Kopfschmerzen u. s. w. So sind diese Rätsel gelöst,die seither niemand lösen konnte; ferner ist aber auch die Bedeutungslosigkeitjeder bloss lokalen Behandlung bewiesen.Der Kot, der nicht, wie vorher erwähnt, ohne jede Müheausgeschieden wird und eine sichtbare Schlüpfrigkeit aufweist,ist bereits nicht mehr der einer normalen Verdauung. Magnun seine Beschaffenheit von Anfang an so wenig fest und dunkelsein wie sie will, sobald derselbe länger als nötig im Körperverbleibt, wird er durch seinen weiter fortschreitenden Gärungszustandanormal verändert, und es findet eine Bildung undAblagerung von Fremdstoffen im Körper jedesmal statt. Da,wo die Haut gut funktioniert, also wo die gegen dieselbe gedrängtenFremdstofftnassen noch völlig von ihr ausgeschiedenwerden, kann dieser Zustand lange, lange Zeit hindurch ohnebesonderen Nachteil ertragen werden.Zu einer normalen Verdauung gehört aber ausser derprompten Funktionierung der Haut auch eine solche der Nierenund Blase. Bei einer zu grossen inneren Hitze und Spannungim Körper werden .diese stets mehr oder weniger in Mitleidenschaftgezogen. Besonders sind es Urinstoffe, welche beiungenügender Ausscheidung in den ganzen Körper getragenwerden und, wie schon oben gesagt, sehr wesentlich stets dieFarbe der Haut verändern und Störungen hervorrufen. (Näheresdarüber im Abschnitt „Blasen-, Nierenleiden u. s. w.")Nun hören wir sehr oft sagen: „Meine Verdauung ist


Blutarmut und Bleichsucht. 283eine ganz ausgezeichnete, ich kann so und so viel Beefsteaksessen, so und so viel Glas Wein trinken, ohne dass ich eineunregelmässige Verdauung bemerkt hätte. Alles schmeckt mirgut, und ich muss täglich zu Stuhle." Das ist alles sehrrichtig. Aber so wie der eine täglich zehn Zigarren rauchenkann und behauptet, es bekommt ihm prächtig, so ist es inunserem Fall mit den erwähnten Genüssen. Tabak ist und bleibtfür den Körper ein Gift, mag derselbe noch so lange dasselbeertragen können. Im Anfang • revoltiert der gesunde Magenstets gegen das Rauchen, und erst, wenn er durch das täglicheMisshandeln schwächer, abgestumpfter geworden ist, lässter ruhig das Rauchen über sich ergehen, wodurch der Körperbeständig mit der Herausschaffung des Nikotingiftes geplagtwird und wodurch er selbstverständlich an seinem normalenFunktionieren und einer normalen Leistungsfähigkeit Schadenleidet. Genau so ist es mit dem Essen und Trinken. Einganz gesunder Magen verträgt die kleinste unpassende Nahrungnieht, er zeigt sofort durch Beschwerden, wie Aufstossen,Sodbrennen, Drücken u. s. w. an, dass ihm zuviel zugemutetwird. Ein geschwächter Magen dagegen verträgt scheinbaralles, d. h. er hat gar nicht mehr die Kraft, sich gegen unzuträglicheoder zu viele Nahrung, die dem Körper weniganeignungsfähige Stoffe bietet, zu wehren. Mit einem Worte,der natürliche Instinkt ist ihm verloren gegangen. <strong>Die</strong> Speisenverlassen den Körper ungenügend verdaut wieder und ohnevollkommen ihren Zweck erfüllt zu haben.Sicher feststellen und begreifen kann diese Wahrheit nurder, welcher durch Anwehdung einer geeigneten Kur so gesundgeworden ist, dass er seinen früheren schlechteren Zustandmit einem selbsterrungenen, besseren, normaleren vergleichenkann. <strong>Die</strong> völlig in den Verfeinerungen und Verweichlichungender Mode aufgewachsenen und verzogenenKulturmenschen werden das nur schwer begreifen können. Siesind bereits zu weit von der Natur abgewichen.Bei meiner Heilmethode, welche in erster Linie daraufabzielt, Verdauung, Haut- und'Lungenthätigkeit neu zu be-


284 Zweiter Teil.leben, beobachten wir täglich die damit verbundene Thatsäche,dass die Patienten sehr bald früher anscheinend ohne Beschwerdengenossene Speisen nicht mehr vertragen können,weil sich ihr Magen dagegen auflehnt. Sehr mit Unrechtfolgern viele daraus, ihre Verdauung sei eine schlechtere geworden,das gerade Gegenteil ist der Fall. Doch kehren wirzu unserem Thema zurück.Blutarmut und Bleichsucht ist, wie ich gezeigt habe, ausmangelhafter Verdauung und der damit verbundenen Belastungdes Körpers mit Fremdstoffen entstanden, hat also die einheitlicheUrsache mit allen andern Krankheiten.<strong>Die</strong>se Belastung führt, wie wir wissen, jedesmal eine Veränderungdes normalen Körpers herbei, was bei der Bleichsuchtund Blutarmut so deutlich zu Tage tritt, dass niemand vorherdie Gesichtsausdruckskunde studiert zu haben braucht, um diesfeststellen zu können. Wer nun naturwidrige Medikamentegegen diesen Zustand zum Zwecke der Heilung anwendet, derführt dadurch dem Magen nur noch mehr unverdauliche Stoffezu und verschlimmert seinen Zustand. Allein durch Herausschaffender Fremdstoffe aus dem Körper kann die Bleichsuchtgeheilt werden, niemals durch Medikamente. Durch Medikamente,Eisen u. s. w. wird der Magen in nicht langer Zeitderartig geschwächt, dass der Patient sehr bald dahin kommt,nur noch Appetit auf scharf gewürzte und -pikante Speisen zuhaben, die nach unserer Überzeugung so gut wie unverdaulichsind und nur durch ihre Reizausübung auf den Körper wirken.Schliesslich hört jedes normale Hungergefühl auf. <strong>Die</strong> modernenHeilkünstler empfehlen nun erst recht nahrhafte „kräftigende"Weine, Fleisch, Eierspeisen und immer schärfere Medikamente.Jetzt ist der Patient in jener verzweifelten Lage, in der er sichnicht mehr zu raten weiss, der Appetit schwindet gänzlich,Kopfschmerzen, Unbehagen und Unzufriedenheit nehmenüberhand, und der Patient beginnt jetzt an der Weisheit seinesbis dahin für unfehlbar gehaltenen Hausarztes zu zweifeln.<strong>Die</strong>s ist der Zustand, in welchem solche Patienten dann denletzten Hoffnungsanker auswerfen und in meine Behandlung


Blutarmut und Bleichsucht. 285kommen. <strong>Die</strong> ersten acht Tage der Kur genügen meistens,um ihnen über die Leistungen der modernen Schule, ohnedass ich ein Wort darüber sage, die Augen gründlich zu öffnen,und sie zu wahren Anhängern meiner Methode zu machen,was allein die sichtlichen Erfolge bewirken.Sobald die die Haut verstopfenden und ihre Blutzufuhrhemmenden Fremdstoffe entfernt werden, zirkuliert das Blutwieder bis an die äussersten Teile der Haut, macht sie wiederwarm und giebt ihr wieder die normale Färbung und die normalefeuchtwarme Beschaffenheit. Kalte Hände und Füsse undein zu heisser Kopf verschwinden dann allmählich.Wie aber diese Entlastung zu bewerkstelligen ist, ist oftgenug besprochen worden.Durch meine Kur wird die Krankheit gezwungen, allmählichihren Rückweg anzutreten. Dazu ist in erster Liniedie Wiederherstellung der Verdauung notwendig. <strong>Die</strong>s erreichenwir durch meine ableitenden Bäder, reizlose einfacheDiät und meine sonstigen Maassnahmen. Ganz besondersgünstig wirken hier, wie auch fast bei allen anderen Krankrheitszuständen, die Sonnenbäder, wie ich dieselben in demAbschnitt „Meine Heilfactoren" beschrieben habe.Sehr bald bekommt der Patient bei dieser Kur wiedereinen schon lange vermissten natürlichen Hunger, der besondersim Anfang kaum zu stillen ist. <strong>Die</strong> von mir verordneten,leicht verdaulichen und reizlosen Speisen verdaut der Patientallmählich immer besser, bis er innerhalb einiger Zeit dieselbenvollständig verdauen kann. Der Nährwert der verschiedenenNahrungsmittel richtet sich daher einzig und alleinnach dem Verdauungsvermögen des Magens und derAssimilationsfähigkeit des Körpers, nicht nach ihrenNährstoffverhältnissen. So kommt es denn, dass, Grahambrot,.,rohes Obst, Gemüse und Mehlspeisen nur in Wasser ohne Fett,Zucker und Salz richtig gekocht, weit mehr Nährwert und fürden Körper assimilierbarere Stoffe enthalten, als der beste Wein,das herrlichste Fleisch, Eier und Käse. Wohl »enthalten letztgenannteNahrungsmittel nach chemischen Analysen auch.


286 Zweiter Teil.die Bestandteile, aus welchen der menschliche Körper anscheinendzusammengesetzt ist. Aber können unsere Chemiker mitihren Mitteln die Assimililationsfähigkeit der menschlichen Verdauungmessen und taxieren? oder die Verdaulichkeit dereinzelnen Nahrungsmittel für unseren Körper bestimmen? Sindsie überhaupt im stände, sich den Gärungsprozess der Verdauungrichtig vorzustellen, da. doch noch keiner von ihnendurch den Verdauungsapparat hindurchgegangen ist, und der.Gärungsprozess der Verdauung doch nur im gesunden lebendenKörper, den wir nicht während dieses Vorganges öffnenkönnen, richtig zu beobachten geht?Nach dem, was wir bis jetzt von den Leistungen derChemie auf diesem Gebiete und ihrer praktischen Verwertungdurch unsere medizinisch gebildeten Ärzte gesehen und gehörthaben, müssen und können wir dies bedauerlicherweise nurverneinen. Der menschliche Körper ist eben keine Retorte unddie Zersetzung und Umwandlung der Nahrungsmittel durch dieVerdauung ist kein bloss chemischer Vorgang, es wirken dabeinoch andere, bis jetzt unmessbare Kräfte mit. Chemie undPraxis stehen sich hier entgegengesetzt gegenüber. Man darfniemals vergessen, dass der Körper bei guter Verdauung keinerkünstlichen Extraktformen, wie Alkohol, Zucker, Salz u. s. w.bedarf. Er ist im stände aus den einfachsten Nahrungsmitteln,wie die Getreidekörner, sich alle diese Stoffe selber zu fabrizieren.Man kann mit Recht behaupten, der Körper hat inseinem"' Innern, solange seine Verdauung normal ist, so zusagen eine Essigfabrik, Alkoholfabrik, Zuckerfabrik, Farbstofffabriku. s. w. und zwar in so vollkommener Weise, wie nirgendsanders. Wir sehen z. B. wie Getreidekörner, die wir imGrahambrot essen, sobald sie ordentlich durchgekaut und eingespeicheltsind, sofort sauer werden, sobald sie in den Magenkommen; wie sie sich dann durch den Verdauungsprozessimmer mehr umwandeln, wobei sie Alkohol, Zucker, Eiweissu. s. w. erzeugen, welches alles wichtige Nährstoffe für denKörper sind, aber nur dann die richtigen und für denKörper gut assimilierbaren Nährstoffe sind, wenn


Blutarmut und Bleichsucht. 287derselbe sie sich, wie gesagt, selber erst aus demGetreidekorn erzeugt.Beobachten wir den Verdauungsprozess dann weiter, sosehen wir, wie alle die dem Körper nicht assimilierbaren Bestandteiledes Getreidekornes, nachdem sie den assimilierbarenr Stoffen als Ballast oder gewissermaassen als Transportschiffgedient haben, in ganz bestimmter Form und Farbe vomKörper wieder ausgeschieden werden. Wir sehen dann, wie eingesunder Körper diese Ausscheidungsstoffe in ganz bestimmterWeise bei dem Umwandlungsgeschäft der Verdauung färbt.<strong>Die</strong>se Färbung ist eine so bestimmte, dass, wer beobachtenkann, jede Unregelmässigkeit in der Verdauung sofort an derfalschen Färbung der Exkremente sicher erkennen kann. Zudunkle Färbung des Stuhls deutet stets auf innere zu grosseHitze, zu helle (weisse) Färbung darauf, dass die Verdauungganz mangelhaft ist. Ebenso wichtig ist die Form und derGeruch des Stuhlgangs. Ich habe mich darüber bereits ananderer Stelle und auch besonders in meinem kleinen Schriftchen:„Bin ich gesund oder krank" ausführlich ausgesprochen.Wenn nun von seiten der medizinischen Wissenschafthervorgehoben Wird, dass es gerade der Alkohol, Zucker, Eiweissu. s. w. ist, welche die für den Körper geeignetstenNährstoffbestandteile für ihn liefern sollen, so ist das gewissrichtig. Wenn dann aber von dieser Wissenschaft weiter gefolgertWird, dass es demzufolge für den Körper das geeignetsteund vorteilhafteste ist, wenn man ihm diese Bestandteile direktin der extraktivsten Form zuführt, so ist das ein schwererIrrtum, der die medizinische Wissenschaft um alles Ansehenbringen wird. Nur dann sind diese Stoffe für den Körper dienaturgemäss assimilierbarsten Nährmittel, wenn der Körper sie. sich selber in seinen chemischen Fabriken d. h. seinen Verdauungsorganenzubereitet und assimilierbar macht, undnur dann. Wenn von Seiten der Fleischesser und Alkoholtrinkerdie naturgemäss lebenden Menschen oder die reinenObst- und Brotesser so mitleidvoll angesehen werden und einevegetarische Lebensweise als eine hochgradige Entbehrung


288 O Zweiter Teil.hingestellt wird, so vergisst man dabei ganz die Grundlagen,worauf man solche Ansichten fusst. Wenn also z. B. gesagtwird, der Alkohol sei eins der wichtigsten Nährmittel für uns,so sehe man nur, woraus denn der 1 feinste Alkohol gewonnenwird und man wird finden, aus dem Getreide. So finden wiralle wichtigsten Nährstoffe im Getreidekorne Vor, allerdings nurin ihren natürlichen oder Urformen, woraus der Körper sie dannerst durch den Verdauungsprozess - entwickeln und befreienmuss. <strong>Die</strong>se Umwandlungsarbeit dürfen wir dem Körper aberniemals, soll er nicht Schaden leiden, erleichtern oder abnehmenwollen. Wir sehen also, dass es nur ein Trugschlussist, welcher die Alkoholtrinker veranlasst, die naturgemässLebenden wegen ihrer einfachen Lebensweise zu bedauern,und dass gerade diese einfache naturgemässe Lebensweise dereinzige Weg ist, wahre Gesundheit zu erlangen, sich zu erhaltenund vor allen Dingen solche Gespenster, wie Erkältungund Krankheit auf immer zu verbannen. Jedem dagegen, dernicht in unserem Sinne naturgemäss lebt, umschwebt dasGespenst Erkältung oder Krankheit, Ansteckung u. s. w. beständig.Und wollte man alle übrigen Beweise für das Gesagteauch nicht anerkennen, das Heer der beständig zunehmendenKrankheiten spricht überzeugender als alle anderen Beweisefür unsere Behauptungen. Weshalb aber gerade die Fleischesserund Alkoholtrinker zu Krankheit und Erkältung disponieren,liegt allein daran, dass sie sich von den irrtümlichenLehren der Schulmedizin haben verführen lassen und so dieNaturgesetze übertreten im guten Glauben, dass sie recht undweise handeln. <strong>Die</strong> Übertretung dieser Gesetze konnte abernicht ungestraft hingehen. Krankheit und Siechtum aller Artwar die Folge, <strong>Die</strong> Wahrheit dieses Ausspruchs werden vielenicht fassen können und doch lässt- sich an ihr nichts ändern. Da,wo man solche Beobachtungen überhaupt noch heute anzustellenin der Lage ist, wird man sie voll bestätigt finden. So schreibtmir ein Missionar aus Honolulu: „<strong>Die</strong> Eingeborenen ernährtensich hier vor dem Bekanntwerden mit den Weissen ausschliesslichvon Poi .(Nationalspeise auf Honolulu, eine mit Wasser


Blutarmut und Bleichsucht. 289gemischte und zu einem Brei geschlagene Zubereitung der Taro-Wurzel, die sehr nahrhaft ist), sodann von Bananen und anderenFrüchten und genossen daneben als. Getränk nur reinesWasser. Sie lebten also rein naturgemäss und waren dabeiwahre Hühnengestalten, von Kraft und Gesundheit strotzend.Da kamen," so fährt er in seinem Briefe an mich fort, „dieWeissen ins Land und lehrten die Eingeborenen, dass dasFleisch eigentlich nur Kraft enthalte und alkoholische Getränke,besonders Gin kräftigende Wirkungen erzeuge. Es dauertedenn auch nicht lange, bis das erste Vieh eingeführt war undder Schnapsverkauf seinen Segen verbreitete. In der hawaischenGeschichtstabelle wird sogar erwähnt, welches der haw.Häuptling war, der zuerst seine bisherige Lebensweise offenbrach, es heisst da: »May 18. 1819. During the balance ofthis year the kapu (dem Volke vorgeschriebene Lebensweise)in regard of eating was frequently and openly broken by Liholihoand most of the highest Chiefs!« <strong>Die</strong> Folge davon war dennauch, dass die Eingeborenen neben dem Branntweingenusseauch ihre Auswahl von Speisen durchweg änderten. Sie hörtennicht etwa auf ihren Poi zu essen, sondern verzehrten nebenbeiin grosser Menge Schweinefleisch und Fische, auch essensie jetzt sehr viel Pökelfleisch; war der Magen dann mitsochem schwerverdaulichen Material gefüllt, so wurde der Gin(Genever) nachgegossen (heute geschieht dies aus Wassergläsern).So ist jetzt das Schweinefleisch Nationalspeise und der GinNätionalgetränk geworden; aber mit welchen Folgen?!Es leiden jetzt die meisten Eingeborenen (Kanaken) an Hautausschlag,sowie an Asthma und sind auch Geschlechtskrankheitensehr unter ihnen verbreitet. Sie neigen auch sehr zuLepra, die ungeheuer unter ihnen verbreitet ist." <strong>Die</strong>s sinddie wörtlichen Mitteilungen des Missionars, dessen Originalschreibenbei mir eingesehen werden kann. Ich glaube deutlicherals dieser Bericht spricht nichts für das Gesagte. Mansieht, wie die Eingeborenen, solange sie keine geistigen Getränkeund kein Fleisch, sondern nur ihre naturgemässenNahrungsmittel genossen, gesund waren und keine KrankheitLouis Kühne, <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong>. 19


290 Zweiter Teil.kannten, dagegen mit der veränderten Lebensweise auch sofortkrank wurden. Wo bleibt da der von der Schulmedizin gepriesenehohe Nährwert der Fleischspeisen und des Alkohols? Wennnun die Bewohner der gemässigten und kälteren Zonen scheinbarlänger die nachteiligen Wirkungen einer solchen Lebensweiseertragen, so liegt das hauptsächlich daran, dass daskühlere Klima alle daraus entspringenden Krankheitserscheinungenviel langsamer und chronischer zeitigt, wogegen siein der Hitze tropischer Länder sich rascher und akuter zeigen,wie ich das bereits früher gesagt habe. Das ist also auchder Grund, weshalb in unserem Klima sich eine naturwidrigeLebensweise einbürgern konnte, und ihre nachteiligen ^Folgensich scheinbar jeder Beobachtung entzogen. <strong>Die</strong> stets wachsendeZahl aller Krankheiten liefert uns dagegen einen unwiderleglichenBeweis für das Gesagte. Wer sich frei haltenwill von jeder Disposition zu Erkrankungen, der kann diesnur bei einer völlig naturgemässen Lebens- und Ernährungsweiseerreichen. Auf keinem anderen Wege.Nur auf eins, will ich bei dieser Gelegenheit noch hinweisen.Alle Vorgänge am und im menschlichen Körper, wie.die Verdauung und die damit verbundene Assimilation dereinzelnen Nahrungsmittel durch den Körper, aber auch alleKrankheitserscheinungen u. s. w. lassen sich nur richtig begreifenund verstehen, sobald man dazu nur die Vorgänge desLebens, des Aufbaues, des Verbrauchs und des Abbaues imKörper studiert und ihre Wechselbeziehungen zur Einwirkungdes Wassers, der Sonne und der Luft in Erwägung zieht.<strong>Die</strong>ses sind alles solche Vorgänge, welche man zwar vermittelstder Instrumente unserer Chemiker nicht feststellen kann,wozu aber ganz allein der gesunde Menschenverstand ausreicht,um sie begreifen und beurteilen zu können. Mit anderenWorten gesagt — ohne die für andere Zwecke vorzüglichenLeistungen der Chemie weiter angreifen zu wollen —, die Lösungaller der auf dem Gebiete des Lebens stattfindenden Vorgängeist eine viel einfachere, als man vielfach glaubt. Jedenfallsist der richtigen Erkenntnis dieser Vorgänge mit so


Blutarmut und Bleichsucht. 291komplizierten Apparaten, wie sie von seiten der Chemie dazu angewendetwerden und mit so geheimnisvollen ihr selbst oft rätselhaftenMitteln, wie sie bei der modernen Schule zur Lösungdieser Fragen üblich sind, nicht beizukommen.Wer die Lehren der <strong>neue</strong>n <strong>Heilwissenschaft</strong> verstanden hat,der wird einen Begriff davon haben, wie gerade die Verdauungdie wichtigste Rolle im lebenden Körper spielt, und wie daherdas richtige Verständnis von derselben das erste Erfordernis fürjeden Arzt, der helfen soll, bildet. Wer meinen Ausführungengefolgt ist, der wird jetzt auch begreifen, weshalb ich in keinerWeise schonender mit meiner Kritik an Medizinwissenschaft undChemie verfahren konnte. <strong>Die</strong> Wahrheit muss gesagt werden.Doch zurück zu unserem Thema.Durch die kräftiger und normaler gewordene Verdauungkommt der Körper in die Lage, jeder weiteren Belastung mitFremdstoffen vorzubeugen und gewinnt gleichzeitig durch dieAnregung seiner Lebenskraft die Stärke, auch mit dem Herausschaffender aufgespeicherten Fremdstoffe zu beginnen. <strong>Die</strong>innere Spannung, welche die Fremdsfoffe in die äusserstenTeile des Körpers drängte, lässt nach, und gleichzeitig wirddurch die innere Kühlung, welche durch die Reibesitzbädererzielt wird, jetzt ein dem früheren Zustand entgegengesetztergeschaffen. Wo früher innerliche Hitze bei äusserlichem Frostgefühlzu finden war, tritt, wo der Körper in der richtigenWeise reagiert, innerliche Abkühlung und äusserliches Wärmegefühlein, und die unter der Haut abgelagerten Fremdstoffekönnen jetzt ihren Rückweg nach dem Unterleibe antreten,wodurch die Heilung herbeigeführt wird.Meine täglichen Heilerfolge liefern für das Gesagte dieglänzendsten Beweise. Nun darf aber niemand aus dem Gesagtenfolgern, dass jeder Körper bei richtiger Anwendungmeiner Kur gute Erfolge dadurch erzwingen könnte, nur der^Körper kann gute Erfolge dadurch erreichen, dessen Verdauungund Lebenskraft sich dadurch noch im genügenden Maasseheben und beeinflussen lässt, oder der mit anderen Wortengesagt noch die nötige Reaktionskraft besitzt.19*


292 Zweiter Teil.Ein Fall aus meiner Praxis wird dies noch deutlicherzeigen. Ein neunzehnjähriges Mädchen stand seit ihrem fünfzehntenLebensjahre in allopathischer Behandlung wegen Bleichsucht.Ihr Arzt hatte ihr zunächst Eisen in Pillen und dannin flüssiger Zusammensetzung mit Pepsin und anderen Medikamentenverordnet und ihr angeraten, sie solle doch nur jarecht „kräftig" sich nähren, hauptsächlich alle Tage Fleischund Bouillon geniessen, dazu auch alle Tage ein oder zweiGlas „stärkenden" Ungarwein trinken, zum Frühstück Eierund rohen Schinken geniessen und an Stelle des Kaffees abgekochtegute Kuhmilch trinken, dann würde es schon werden.An Stelle des Wassers, das viele schlechte Miasmen enthaltenkönne, solle sie lieber etwas „stärkendes" Bier zu sich nehmen.<strong>Die</strong> Verordnungen wurden genau befolgt, Monate, Jahre langohne Erfolg. War der Zustand des Mädchens vor dieser Behandlungauch schon schlecht, durch dieselbe wurde er nochweit trauriger. Ihre Verdauung war noch weit schlechter geworden,das Mädchen verhungerte trotz der kräftigen Diätbuchstäblich, denn sie wurde immer schwächer, immer bleicherund immer unzufriedener in ihrem Gemüte. Sie fühltedeutlich, dass die Verordnungen ihres Arztes ihr nichts halfen,gab aber nicht diesem, sondern immer und immer wiedernur ihrem Körper die Schuld, indem sie glaubte, ihr Körperkönne nicht mehr gesund werden. <strong>Die</strong> kräftige Nahrung,welche sie zu sich nahm, ging wohl durch ihren Körper hindurch,trotz ihrer Hartleibigkeit, aber ernährt wurde derselbedadurch nicht genügend, weil die Verdauung eine völlig ungenügendewar. Ihre Menstruation war seit ihrem Beginne nochniemals normal, sondern stets unregelmässig verlaufen. Sowar nach vierjähriger allopathischer Behandlung ihr Zustandein geradezu trostloser. Traurig und lebensmüde, welk undmisstrauisch, geplagt mit Selbstmordgedanken, nervös bis zumäussersten, andern und sich selbst ein Ekel, so kam dies armemisshandelte Mädchen in meine Behandlung. Sofort änderteich ihre Diät, indem ich sie auf vollständig reizlose, leichtverdauliche Pflanzenkost setzte, als Getränk nur unverfälschtes


Blutarmut und Bleichsucht. 293Wasser verordnete, und nebenbei viel Bewegung und Aufenthaltim Freien in frischer gesunder Luft empfahl. Schlafenbei offenen Fenstern und täglich drei ableitende Bäder,wöchentlich zwei Dampfbäder waren die weiteren Vorschriften.In acht Tagen war die Stimmung der Patientin bereits einevollständig umgewandelte. Lust und Freudigkeit am Daseinhatten ihrer pessimistisch krankhaften Laune Platz gemacht.Nach vier Monaten waren Verdauung und Menstruation wiederziemlich normal, das Mädchen aber wie von <strong>neue</strong>m geboren.Ihre Haut, die früher nie recht zu einem normalen Schwitzenzu bringen war, fühlte sich jetzt wieder normal feuchtwarman. In weiteren sechs Monaten entwickelte sich das Mädchenbei meiner Kur in ganz erstaunlicher Weise, was eine ganzbesondere Beleuchtung auf die sogenannte kräftige Ernährungder modernen Schule wirft. Mehr als deutlich geht hieraushervor, dass nur das den Körper nährt, was derselbe wirklichverdaut. In einem Jahre war sie das gesündeste Frauenzimmerchen,das man sich denken konnte.Weitere Fälle aus meiner Praxis siehe III. Teil „Kurberichte".


Lungenleiden. Asthma. Lungenentzündung.Tuberkulose. Lupus, Rippenfellentzündung.Wohl keine andern Krankheiten sind heute so verbreitet,als gerade die Lungenleiden und besonders die Tuberkulosein ihren verschiedenen Erscheinungsformen und Stadien.<strong>Die</strong> äusseren Erscheinungen dieser gefürchteten Krankheitensind so verschiedene, dass sie kaum bei zweien vollständigübereinstimmen. Der eine klagt über Atemnot, Asthma, derandere über Kopfschmerzen, ein dritter über schlechte Verdauung,der vierte merkt nichts, bis er vierzehn Tage vorseinem Ende plötzlich von einer Lungenentzündung heimgesuchtwird, die ihn ins Grab bringt, ein fünfter merktebenfalls nichts, bis er kurze Zeit vor seinem Tode vonder „galoppierenden" Schwindsucht befallen wird und inwenigen Tagen sein Leben endet. Ein sechster leidet anKnochenfrass, ohne dass er eine Ahnung davon hat, dass eran Tuberkulose leidet. Bei vielen Lungenleidenden stellen* 1sich Schmerzen in den Schultern ein, auf deren Entstehungsursacheich später zu sprechen kommen werde, bei anderenwieder gehen Augen- und Gehörleiden daneben einher undverdecken die wahre Ursache; bei vielen sind es Halsleiden,Rachenkatarrhe, Bronchialkatarrhe, Stockschnupfen u. a. m.,*welche die Lungenleiden verdecken und verschleiern, beinoch andern zeigt sich ein beständiges Fussleiden, offeneFüsse und Unterschenkel, bei noch andern kommt es zumLupus (fressender Hautwolf) und entstellenden Flechten, die


Lungenleiden. Asthma. Tuberkulose. Lupus etc. 295ebenfalls den nicht in meine Gesichtsausdruckskunde Eingeweihtenüber den wahren Sitz solcher Leiden täuschen.Charakteristisch ist bei fast allen Lungenleidenden einmehr oder weniger geöffneter Mund, sowohl bei Tage, alsauch nachts beim Schlafen zum Zweck schnelleren Atemholens.Es hat dies seine Begründung darin, dass die zugrosse innere Hitze im Körper beständig durch schnelle Zufuhr<strong>neue</strong>r Luftmassen naturgemäss gekühlt sein will.<strong>Die</strong> Lungen sind dazu da, das im Körper befindlicheBlut fortwährend durch Vermittelung reiner Luft zu reinigen.Kann diese Reinigung nicht mehr vollständig infolge Belastungder Lungen mit behindernden Fremdstoffen vor sichgehen, so werden diejenigen Stoffe, die bei diesem Vorgangeals schlecht ausgeschieden werden sollten, zuerst teilweise,dann in immer grösserem Maasse im Körper verbleiben unddessen Fremdstoffe bald sehr erheblich vermehren, und dadieser Vorgang in den Lungen vorgeht, ganz besonders dieLungen heimsuchen. <strong>Die</strong> Folge davon ist, dass das ganzeBlut völlig unnormal wird und im Innern eine verzehrendeaustrocknende Hitze entsteht. Durch diese zu grosse Hitzeim Inneren kommt die Lunge in einen entzündeten, chronischbrandigen Zustand. <strong>Die</strong> brandig gewordenen Teile, wandelnsich dann in sogenanntes totes Gewebe um, das teilweisemit dem Auswurf beim Husten ausgeworfen wird.Heute herrscht mit Recht eine unbegrenzte Furcht vorden Lungenkrankheiten, weil die moderne Schule dieselben•erst dann mit Sicherheit zu erkennen vermag, wenn ihrStadium bereits ein so weit vorgeschrittenes ist, dass Zerstörungenim Innern der Lunge stattgefunden haben, dann erstgelingt ihr die Feststellung vermittelst Beklopfen und Behorchen,ein durchaus unzuverlässiges und ungenügendes Ergkennungsmittel,weshalb auch die Diagnose nicht in allenFällen richtig gestellt wird. <strong>Die</strong> jahrelangen Vorstadien derLungenkrankheiten sind der modernen Schule leider bis jetztvöllig unbekannt geblieben, weil ihre unvollkommene Diagnosezu deren Erkennung nicht ausreicht, und weil es durch


296 Zweiter Teil.kein Mittel, selbst durch das so unrechtmässigerweise berühmte„Tuberkulin" nicht, möglich ist, eine zerstörte Lunge wiederherzustellen, noch durch chirurgische Eingriffe, wie die <strong>neue</strong>rdingsversuchte Beseitigung von Lungenkavernen. Es giebtüberhaupt kein Mittel i das im stände wäre, Zerstörungsprozessein den Lungen wieder völlig auszugleichen, aussereinem solchen, welches diesen oft jahrelang allmählich sichheranbildenden Prozess auf seinem eigenen Wege zurückführt.Durch meine Methode ist es mir zuerst gelungen, diese Rückwärtsbewegungder Krankheitsprozesse in einer Weise durchzuführen,wie dies bis jetzt so vollkommen noch auf keineWeise möglich war. Über die Heilbarkeit der Lungenkrankheitenbei meiner Methode werde ich mich weiter unten aussprechen.Hier will ich zunächst noch dasjenige erwähnen,was mir bei der Behandlung aller Lungenkrankheiten als das^Wichtigste erscheint, und das ist das rechtzeitige Erkennender Vorstadien der Lungenkrankheiten, die oft viele Jahrevoraus bereits im Kindesalter sich sicher durch meine Gesichtsausdruckskundeerkennen lassen und sichtbar sind. Für diemoderne Schule ist auch dies .frühzeitige Erkennen ziemlichgleichgiltig gewesen, weil sie weder in frühen, "noch in späterenStadien der Tuberkulose eine wirkliche Heilung oderVerhütung zu stände zu bringen verstanden hat. Für meineBehandlungsweise ist es von ganz unberechenbarer Wichtigkeit,die Lungenleiden so frühzeitig als möglieh zu erkennen,weil es dadurch möglich ist, ein Lungenleiden schneller undsicherer zu heilen. Aus diesem Grunde ist gerade meine Ge- 4Sichtsausdruckskunde für alle Lungenkrankheiten von ganzunberechenbarem Wert, denn es ist uns dadurch möglich, dieselbenbereits in ihren frühesten Anfangsstadien genau zubeobachten. Es sind nämlich diese Anfangsstadien Zustände,yon welchen auch der betreffende Patient oft noch nicht diegeringste Ahnung hat, weshalb es vielfach sehr schwer fällt,solche Patienten überhaupt davon zu überzeugen. So ist esmir einmal ergangen, als ich in der wohlmeinendsten Absichteinem sehr hübschen Mädchen, das in meinen <strong>Die</strong>nsten stand,


Lungenleiden. Asthma. Tuberkulose. Lupus etc. 297sagte, dass sie schwer lungenleidend sei und mit meiner Kuranfangen möchte, andernfalls sie voraussichtlich in Jahresfriststerben würde, dass dieses Mädchen in vollster Entrüstungmir versicherte, sie sei kerngesund und höchst erzürnt darüberwar, wie ich dazu kam, ihr so etwas zu-sagen. Nun, ichschwieg und wiederholte vier Monate vor ihrem Tode, nocheinmal meine Warnung, jedoch mit demelben Resultat, trotzdemich ihr sagte, dass zu einer Heilung jetzt der allerletzteTermin sei. Drei Monate darauf legte sie sich, und wurdein Weiteren vier Wochen von der galoppierenden Schwindsuchtdahingerafft. <strong>Die</strong>ser und ähnliche Fälle haben mich belehrt,dass es nicht immer ratsam ist, jemanden aus freien Stückenauf seine Krankheitsanlagen aufmerksam zu machen, sonderndass es oft besser ist damit zu warten, bis man gefragt wird,zumal die Gesichtsausdruckskunde eine Wissenschaft ist, dienoch zu neu und für viele zu unfassbar ist, um deren*Tragweite beurteilen zu können, und weil viele an solche <strong>neue</strong>Gebiete nur glauben, wenn dieselben auf irgend einer Universitätgelehrt werden. <strong>Die</strong> Zeit wird kommen, wo dies auchmit meiner Gesichtsausdruckskunde geschehen wird, vorläufigist dieselbe aber nur erst Eigentum meiner Person und meinerSchüler. Von ganz besonderer Wichtigkeit ist diese Wissenschaftaber für alle Eltern, denen das Wohl ihrer Kinder amHerzen liegt, denn allein durch ihre Kenntnis werden sie inden Stand gesetzt, mit unfehlbarer Sicherheit den Gesundheitszustandihrer Kinder in jedem Lebensalter, in jeder Stunde»genau zu beobachten und jede herannahende Krankheit sofortin ihren ersten latenten Anfangsstadien, die oft jahrelang vordem eigentlichen Ausbruch der Krankheit selber ihren Anfang.nehmen, genau festzustellen und zu beobachten. Auf dieseWeise wird jedermann in den Stand gesetzt, allen Krankheiten»so frühzeitig vorzubeugen, dass es niemals mehr zu einer sovernichtenden Krankheit, wie die Tuberkulose es ist, kommenkann.Ich will jetzt auf die Entstehungsweise und Ursachealler Lungenkrankheiten eingehen. Alle Lungenleiden sind


298 Zweiter Teil.stets Endstadien vorangegangener anderer Krankheitserscheinungen,meistens von Geschlechtskrankheiten, entweder indirekter Folge, d. h. bei ein und demselben Individuum, sodass dasselbe zuerst geschlechtskrank oder anderweitig krankwar, ehe es lungenkrank wurde, oder in indirekter Folge, alsoin ihrer Anlage bereits durch Vererbung auf die Kinder übertragen.Es geschieht dies, wenn der Vater oder die Mutterin früheren Jahren geschlechtskrank waren oder auch ananderen Krankheiten gelitten haben, die nicht wirklich geheilt,sondern durch Medikamente in den Körper zurückgedrängtworden sind, und nun in einem latenten chronischenStadium in beiden Eltern, oder auch nur in einem vonbeiden schlummern, bei der Zeugung aber ihren wahren Sitznicht verleugnen können und dann bei den Kindern als Anlagezu Skrofulöse und Tuberkulose zur Geltung kommen,weil die Zeugungsprodukte allemal die Resultatprodukte desgesamten Organismus sind d. h. eine Quintessenz, die genaumit den Eigenschaften des Gesamtzustandes des Betreffendenausgestattet ist und diese auch überträgt (vergl. Seite 62).Namentlich habe ich beobachtet, dass Skrofulöse ausnahmslosin späteren Jahren Tuberkulose wird, so dass erstere immerals ein Vorstadium zu letzterer anzusehen ist. Man siehtrecht deutlich, wie im Anfange bei der Skrofulöse der Körpernoch so viel Lebenskraft besass, um die Krankheitsstoffe mehrnach aussen zu drängen und von den edleren Organen fernzuhalten,dann aber allmählich dazu seine Kraft verliert und dannbei der Tuberkulose nicht mehr im stände ist, die Zersetzung»innerer Organe durch die Fremdstoffe zu verhindern. Es istvöllig ausgeschlossen, dass in unserem Sinne g esunde Menschenbei einer eintretenden Belastung mit Fremdstoffen sofort anTuberkulose irgendwelcher Art erkranken, und mögen dieselbenauch noch so viel Tuberkelbazillen eingeatmet haben. Wer,in meine Belastungs- und Gärungstheorieen etwas eingeweihtist, der weiss, dass zur Entwickelung der Tuberkulose bereitssehr hohe zerstörende innere Temperaturen vorhanden seinmüssen, weil nur in solch abnormen Temperaturen Tuberkel-


Lungenleiden. Asthma. Tuberkulose. Lupus etc. 299bazillen entwickelungsfahig sind, was auch die moderne Schuleauf sehr kostspielige Weise herausgefunden hat. Solche hoheunnormale Temperaturen im Körper sind aber nur bei bereitsdurch Generationen und Generationen fortvererbten Belastungszuständenmöglich, oder wenn so naturwidrig gelebt wird, dassin kurzer Zeit der ganze Organismus zu Grunde gehen muss.<strong>Die</strong> Hauptsache ist, dass wir uns klar machen,dass alle Lungenleiden ebenso wie alle anderenKrankheiten ihre Entstehungsquelle im Uuterleibe,d. h. einer immer mehr unnprmal werdenden Verdauunghaben. Denn wenn auch eine vererbte Krankheitsursachein den meisten Tuberkulosefällen vorliegt, so ist dieselbein vielen Fällen doch nur so zu denken, wie ich dies bereitsin.dem Abschnitt: „Wie erreicht man leichte und glücklicheGeburten" angedeutet habe, dass nicht eine direkte Durchsetzungund Zersetzung der Lungen mit Fremdstoffen eingetreten ist,sondern nur eine im Verhältnis zu allen übrigen Organen schwächer,zarter, widerstandsloser entwickelte Lunge bei den Nachkommenals Folge der Vererbung entsteht, die dann ganz besondersder Sitz der Fremdstoffe werden muss. <strong>Die</strong> infolge mangelhafterVerdauung sich im Körper bildenden Fremdstoffe lassensich vermöge der inneren Spannung hauptsächlich da nieder,wo sie den geringsten Widerstand finden, welchen in diesenFällen die Lungen leisten werden. Es ist daher für alle, dieererbte Anlagen zu Lungenleiden haben, von grosser Bedeutung,jede weitere Belastung des Körpers mit FremdstoffenVerhindern zu können. Wie ich bereits in der Entwickelungmeiner Fiebertheorie auseinandergesetzt habe, ist die Ursachealler Krankheiten im Unterleibe zu suchen, was ganz besondersin solchen Krankheiten der Fall sein wird, die gewissermaassendas Endstadium vorangegangener akuter und latenterKrankheiten sind. Wenn diese Thatsache auch bis jetzt nochden meisten unerklärlich scheint, so findet das seine sehrnaheliegende Erklärung und Begründung darin, dass einenormale Verdauung den allerwenigsten bekannt ist, vor allemaber nicht, worin das Normale und Unnormale dabei besteht.


300 Zweiter Teil.<strong>Die</strong> meisten denken, dass, wenn die Speisen, die sie geniessen,nur immer schön glatt durch den Körper hindurchgehen, soist das schon eine normale Verdauung, Daran aber, dass derVerdauungsprozess ein Gärungsprozess ist, und dass dieserGärungsprozess- unter sehr verschiedenen Bedingungen undTemperaturen vor sich gehen kann und geht, und dass nureine bestimmte Temperatur zu einer vollständigen Verdauungfür den betreffenden Organismus führen kann, jede Abweichungdavon aber schon zu Störungen Veranlassung giebt, darandenken die wenigsten, und die moderne Schule weiss vondiesem wichtigsten Gebiete auch wenig. In meinem Artikel„Blutarmut und Bleichsucht" habe ich mich näher über dieVerdauung ausgesprochen, und behalte es mir für später vor,noch weiter darauf einzugehen.Je normaler nun der Gärungsprozess der Verdauung ist,desto vollkommener wird die Ernährung des betreffenden Individuumssein. So kommt es, dass ganz gesunde Menschennur wenig und ganz einfache Nahrung zu geniessen brauchen,und daraus doch genügende Kraft und Belebung der Lebenskraftfür sich ziehen, um leben zu können, während anderekränkere oft ungeheure Portionen der allerfeinsten Küche zusich nehmen, ohne auch nur einen wesentlichen Nutzen davonfür ihren Körper zu erreichen, sie legen demselben vielmehrdamit eine so bedeutende Arbeit auf, dass er meist zu jederandern, besonders zu jeder Ausdauer erfordernden Arbeitunfähig wird. So giebt es heute eine grosse Menge Menschen,die trotz der ausgesuchtesten Ernährungsweise körperlich undinfolgedessen auch geistig verhungern, worüber sich dannalle Welt wundert. Man sagt „bei dem schlägt nichts an".So erlebe ich es täglich in meiner Praxis, dass Leute früherbei feinster sogenannter nahrhaftester Kost (Fleisch, Wein,Bier, Eier u. s, w.) dreimal soviel als später in gesünderemZustande zu sich nahmen und dabei immer leistungsunfähigerwurden, dagegen nach längerem Gebrauche meiner Kur, nachdemsich ihre Verdauung wesentlich gebessert hatte, dreimalso wenig und nur reizlose, leicht verdauliche Speisen genossen


Lungenleiden. Asthma. Tuberkulose. Lupus etc. 301und dabei stets körperlich und geistig leistungsfähiger wurden.Tausende Patienten, die diesen Aufschwung an sich erlebthaben, sind und bleiben für alle Zeiten ein lebendes Zeugnisfür die Unrichtigkeit der diätetischen Vorschriften der modernenSchule, die irrtümlicherweise auf den' Genuss von Fleisch undandern aufregenden Speisen und Getränken ihr Hauptaugenmerkrichtet und dadurch in ganz unerhörter Weise zumKrankwerden der Verdauungsorgane hinarbeitet.<strong>Die</strong>selbe Ursache, welche die Äffen aus den Tropen soschnell in uhsern zoologischen Gärten an der Schwindsuchtsterben lässt, nämlich dass dieselben vor allen Dingen nichtdieselbe Nahrung mehr zu fressen bekommen wie in ihrerHeimat, bringt es auch dahin, dass sie sobald an der Schwindsuchterkranken. Das kältere Klima, dem man bis jetzt alleindie Schuld in die Schuhe geschoben hat, trägt nur insoferndazu bei, als in kälteren Temperaturen der Gärungsprozess'der Verdauung überhaupt langsamer und schwerfälliger vorsich geht, besonders noch dann, wenn die Tiere nicht einmaldie ihnen von der Natur bestimmte Nahrung bekommen können.Dann wirken zwei für ihre Gesundheit nachteilige Faktorenvereint zusammen gegen sie. Zuviel Gelegenheit habe ichgehabt, Affen in ihren verschiedenen Gesundheitsstadien nachihrer Dislokation zu beobachten und habe vermöge meinerDiagnose es genau feststellen können, wie es im Anfang nurdie Verdauung war, welche unnormal wurde, ehe sich nochandere Leiden einstellten. Bei uns Menschen ist es genaudasselbe, nur sind die Umstände insofern günstiger, weil wirmeist akklimatisiert sind, also nur infolge unrichtiger Ernährungs-und Lebensweise gegen unsere Verdauung arbeiten.Erst durch meine Gesichtsausdruckskunde ist es mir möglichgeworden, mir einen sicheren Gradmesser dieser unnormalenVerdauungszustände zu schaffen, die man fast immernur an den Zuständen des Körpers, als ihre Resultate, wahrnehmenkann, weil wir die Vorgänge im Unterleibe nichtdirekt beobachten können.Bei Lungenkranken beobachteten wir vielfach, wie der


302 Zweiter Teil.Körper selbst bei den ausgesuchtesten Speisen nicht mehrim stände ist, sich zu ernähren, sondern vielmehr durch diezu grosse innere Hitze völlig verdorrt. Denn der Nährwertliegt nicht in der Zusammensetzung der Speisen und darin,ob dieselben alle diejenigen Stoffe enthalten, womöglich inExtraktform, welche die Chemie und die moderne Schule zumAufbau des menschlichen Körpers für notwendig erachten,sondern wie bereits gesagt, einzig und allein in ihrer Verdaulichkeitfür den betreffenden Körper.- Wie verschiedenaber die Veidauungsfähigkeit, besonders Kranker ist, weissder am besten zu beurteilen, der Viel mit Kranken zu thunhat. Ist aber im Körper bereits eine hochgradige Belastungmit Fremdstoffen vorhanden, so ist die Lunge ganz besonderswegen ihrer Grösse und wegen ihres Umfanges dadurch gefährdet,weil die nach dem Kopfe drängenden Fremdstoffevielfach durch die Lungen ihren Weg nach oben nehmenmüssen. Sind die Lungen auf diese Weise selber erst starkbelastet, so werden sie in vielen Fällen der besondere Ablagerungsortder Fremdstoffe, die dann nicht mehr wie frühernach dem Kopfe drängen, so dass solche Patienten dann nichtsmerken, bis der Tod vor der Thüre steht, da eben Kopf und Halsin solchen Fällen vielfach so gut wie gar keine Belastung zeigen.Treten Zersetzungsprozesse in der Lunge ein, so sind esmeist die Lungenspitzen, welche zuerst zerstört werden. Eskommt dies daher, dass die im Körper befindlichen Fremdstoffebei ihrer Umwandlung oder Gärung, gerade so wie inder Flasche (Seite 36) stets nach oben drängen. <strong>Die</strong> Lungenspitzenendigen in den Schultern; wenn die Gärungs-Zuständeim Gange sind, so drängen die Gärungsstoffe nach oben indie äussersten Lungenspitzen, und da sie dann, weil ihnendie Schultern eine Grenze setzen, nicht weiter können, so wirdgerade dieser äusserste Punkt die ärgsten Zustände dieser Gärungund viele Reibungen auszustehen haben. <strong>Die</strong>s ist die Ursacheder vielen Schulterschmerzen und des Stechens, welches Lungenkranke,solange die Lunge noch nicht zerstört ist, haben..Ich komme jetzt zu der Erklärung des Entstehens der


Lungenleiden. Asthma. Tuberkulose. Lupus etc. 303Tuberkelknoten. <strong>Die</strong> Bildung und Entstehung der Tuberkelknotenist genau derselbe Vorgang, der zu Hämorrhoidal- undKrebsknoten, sowie aller anderen Knoten bis zur kleinstenPickel im Körper führt. Zur näheren Beschreibung dieserEntstehungsursachen muss ich etwas weiter ausholen. Schonfrüher habe ich erwähnt, dass ein gesunder Körper stets einefeuchtwarme Haut hat, dagegen chronisch Leidende vielfacham ganzen Körper oder stellenweise eine trockene, unthätigeHaut. Im erstem Falle.hat der Körper noch die volle Lebens-.•kraft, um alle für ihn nachteiligen Stoffe nach aussen herauszuschaffen,im andern nicht mehr. Hier bleiben also vielezur Ausscheidung bestimmten Stoffe im Körperinnern undbilden so die Disposition zu Krankheiten. Nun werden schonviele meiner verehrten Leser die Beobachtung gemacht haben,•wie bei gewissen Leuten sich zu bestimmten Jahreszeitenperiodisch stets Hautgeschwüre meist am Gesäss, am Halseoder den Armen einstellen. Vorher hat dann schon lange denBetreffenden eine gewisse Schwere im ganzen Körper gelegen,die mit der Entleerung der Geschwüre ihr Ende erreicht, dennnach Beendigung dieser Geschwürkrise fühlt sich der Betreffendedann wieder vielfach wie neu geboren, oder wenigstens wesentlichfrischer und leichter wie zuvor. Vergegenwärtigen wiruns jetzt diesen Vorgang etwas näher und verfolgen wirnamentlich die Entstehung solcher Geschwüre. Zuerst beobachtenwir da, wo sich ein Geschwür bilden will, schonTage und Wochen lang vorher eine etwas harte Stelle, diesich allmählich zu röten anfängt. <strong>Die</strong> harte Stelle nimmtdann an Umfang zu, erhebt sich immer höher, so dass sieschliesslich einen dicken, festen Knoten in der Haut bildet,der sich immer mehr rötet und entzündet, was natürlich mitSchmerzen verbunden ist. Es findet dabei von allen Seitenein beständiges Ziehen nach diesem Knoten hin statt, dasbesonders bei Bewegungen oft äusserst empfindlich werdenkann. Hat die Geschwulst ihren Höhepunkt erreicht, so gehtsie aus ihrem harten Zustande allmählich in einen weicherenüber, bis sich ihr immer weicher werdender Inhalt eine Öffnung


304 Zweiter Teil.durch die Haut schafft und sich nach aussen entleert. Hierdurchist dann der zur Bildung dieses Geschwürs erforderlichgewesene Krankheitsstoff vom Körper nach aussen beseitigt.Es stellt dieser Vorgang also nichts weiter als eine vomKörper bewerkstelligte kritische Ausscheidung von Fremdstoffendar. Wenn wir diese Erscheinungen aber nur bei gewissenMenschen beobachten, so fragt es sich, aus welchem Grundebeobachten wir sie nicht bei allen? Wie ich schon vorhererwähnte, haben wir mit dem Schweiss dasselbe beobachtet,bei manchen ist er da, bei anderen nicht. Wie ich schonsagte, liegt dies in dem verschiedenen Grade der Lebenskraft.Dasselbe gilt von Geschwüren. Da, wo der Körper noch überein hohes Maass von Lebenskraft verfügt, schafft er, wenndie Krankheitsstoffe auf den natürlichen Ausscheidungsorganennicht alle zur Ausscheidung gelangen, sie in Form von Ge-.schwüren auf die äussere Haut. Wenn der Körper aber nichtmehr über ein so hohes Maass von Lebenskraft verfügt, dasser im stände ist, solche Krisen zu vollziehen, sei es, dass erdurch Medikamente geschwächt ist oder auch erst währendder Krise geschwächt wird, oder durch naturwidrige Lebensweisedahin gelangt ist.. Was geschieht nun mit solchenzu Geschwüren bestimmten Krankheitsstoffen? Auch dannfinden noch Zusammenziehungen und Zusammenballungen derKrankheitsstoffe, genau wie vorher beim Geschwür, statt, nur,dass der Körper nicht mehr die dazu erforderliche Lebenskraftbesitzt, diese Zusammenziehungen auf die äussere Haut zuschaffen und durch ein Geschwür zu beseitigen. Wohl bildensich auch jetzt noch bei diesen Zusammenziehungen zunächstharte Stellen, aber ohne Schmerzen, die später in harte oderweichere Knoten übergehen, dann aber reicht zur weiterenVollziehung dieses Vorganges die Lebenskraft nicht mehr aus,der Prozess bleibt in einem unvollendeten Stadium stehen,und statt des Geschwürs haben wir jetzt einen sogenanntenKnoten. <strong>Die</strong>se sind also nichts weiter, als unentwickelte Geschwüre,das heisst in Haufen zusammengezogene Krankheitsstoffe,welche der Körper in manchen Fällen sogar einkapselt.


Lungenleiden. Asthma. Tuberkulose. Lupus etc. 305Da, wo der Körper noch viel Lebenskraft besitzt, bringt erdiese Knoten noch bis dicht unter »die Haut, und wir könnendieselben dann am Halse und auch überall anders oft massenweisedeutlich fühlen und sehen. Wo die Lebenskraft dagegennicht mehr ausreicht, um den Prozess so weit zu fördern,bilden sich solche Knoten auch schon im Inneren des Körpers,^und so finden wir sie denn als sogenannte Hämorrhoidal;,Tuberkel- und Krebsknoten im Leibe. <strong>Die</strong>s ist die bis jetzt;rätselhaft gebliebene Entstehungsweise der verschiedenen Knotenbildungenim Körper, für die man bis jetzt vergeblich nacheiner Erklärung gesucht hat. <strong>Die</strong> Richtigkeit des tresagtenkann nur durch die Praxis erbracht werden. Gelingt es uns,durch irgendwelche Mittel die Lebenskraft des Körpers zu erhöhen,so werden wir auch sofort eine Veränderung an denKnoten beobachten können. Schon früher hat man bei derWasserbehandlung stets vielfache Geschwürbildungen beobachtet.Der Körper wurde durch diese Behandlungsweise;. wiesie auch heute noch von seiten der alten Naturheilkunde angewendet.wird, wieder soweit in seiner Lebenskraft gestärkt,dass er den unvollendet gebliebenen Vorgang von Geschwürbildungen,woraus die Knoten entstanden, jetzt von <strong>neue</strong>mweiter fortsetzen kann, wodurch es dann wieder zur Bildungvon Geschwüren kommt. Das ist die Erklärung der so vielfachbei dieser Wasserbehandlung vorkommenden kritischenGeschwür- und Pickelbildung. Da, wo wir die Lebenskraftim Körper noch in grösserem Maasse, als es, durch dieseMethoden möglich, beeinflussen und heben können, gelingt esuns sogar, die Knoten auch" direkt" zur Zerteilung und Auflösungzu bringen.. Bewerkstelligen wir dann eine genügendschnelle Ableitung dieser zerteilten Stoffe nach den natürlichenAusscheidungsorganen, in der Art, wie dies durch meine ableitendenBäder erreicht wird, und führen, wir dem Körpervor allen Dingen keine weiteren Krankheitsstoffe durch dieNahrung zu, so kommt es nicht mehr zu der lästigen Geschwürsbildung,sondern die Knoten zerteilen sich und lösensich im-Innern genau wieder so auf, wie sie sich ursprünglichLouis Kühne, <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong>. 20


306 > Zweiter Teil.zusammengezogen hatten. Durch die frühere ältere Wasserbehandlungkam es wohl auch, wie gesagt-, wieder zur Auflösungvon Knoten, indessen es fehlte die zielbewusste Ableitungder Fremdstoffe, und so kanr es dann meist, wo der Körpernoch die dazu erforderliche Lebenskraft besass, zu Geschwürs->und Pickelbildungen, die bei meiner Behandlung so gut wieganz fortfallen, weil es mir gelungen ist, die Ableitung derFremdstoffe in natürlicherer und schnellerer Weise zu bewirken.So haben wir gesehen, dass die Tuberkelknoten nichts anderessind, als unentwickelte Geschwüre, die mit allen andernKnotenbildungen im Körper die gleiche Ursache haben. Weshalbsich aber die Knoten bei dem einen hier, beim anderndort im Körper vorfinden, hängt allein mit der Verschieden-,;artigkeit der Belastung zusammen. Jetzt, wo wir die Entstehungsweiseund das wahre Wesen aller Knoten, also auchder Tuberkelknoten, kennen gelernt haben, ist uns auch derWeg zu ihrer Beseitigung vorgeschrieben. Wir werden unsjetzt von selber sägen, dass ein Herausschneiden der Knoten,wie dies bei Krebsknoten von der' Schulmedizin gemacht wird,das verkehrteste Mittel zu ihrer Heilung ist, weil dadurch nurdie äussere Erscheinung, niemals aber die Ursache der Knotenbeseitigt wird. Heilen lassen sich diese .Knoten nur durchStärkung der Lebenskraft, wodurch der Körper dann von selberdie Kraft gewinnt, die Knoten zur Ausscheidung zu bringen.Bei der Eigentümlichkeit der Lebenskraft im Körper und denBedingungen des Lebens, lassen sich solche Knoten, selbst inverkalktem Zustande, genau auf ihrem Entstehungswege wiederrückwärts bilden und bis zur vollen Ausscheidung aus demKörper bringen, was freilich mitunter jahrelanges Fortsetzenmeiner Kur erheischt.<strong>Die</strong> Wege, welche die Gärungsprozesse im Körper einschlagen,um nach dem Kopfe zu gelangen, sind, wie gesagt,nicht immer die gleichen, weshalb es vorkommt, dass demeinen zuerst die Lungenspitzen angegriffen werden, wogegenbei einem andern die Gärungsmassen mehr in der Mitteoder vorn in die Höhe gestiegen sind und Asthma und


Lungenleiden. Asthma. Tuberkulose. Lupus «etc. " 307Katarrhe und Entzündungen der Luftwege aller Art hervor-'rufen. Überhaupt ist bei den meisten Lungenleidenden eineEntzündung der Luftwege, wenn auch vielfach im latentenStadium, vorhanden. Aus diesen Umständen erklärt sich dieVerschiedenartigkeit aller Lungenleiden.<strong>Die</strong> verschiedenen chronisch latenten Belastungszuständeider Lungen führen auch zu den akuten Entzündungsl^rankheitender Lunge, wie Lungenentzündung und Rippenfellentzündung.Es sind dies stets hitzige Heilkrisen, welcheder Körper versucht, um sich seiner Fremdstoffe zu entledigen,und welche leicht zum Tode führen, wenn man sie nicht zubehandeln versteht. Bei meiner Methode sind diese hitzigenFieberkrankheiten aber, wenn man sofort gegen sie mit meinenableitenden Bädern einschreitet, meist völlig ungefährlich.Wir haben dadurch die hitzige Krankheit vollständig - inderJEand, so dass dieselbe niemals zu einer dem Organismusgefahrbringenden Krankheit heranwachsen kann. <strong>Die</strong>Heilung aller dieser akuten Krisen ist meist eine überraschendschnelle.So wurde ich Ende 1890 in eine Familie gerufen, inwelcher ein neunjähriges Mädchen schwer an Lungenentzündungkrank lag. Der Hausarzt, ein Allopath, hatte das Kindbereits zwei Monate lang immer erfolglos mit Kreosot behandeltund- die Verdauung mit diesem Gifte bereits soweit heruntergebracht,dass die Eltern den baldigen Tod ihrer Tochter erwarteten.Da wurde ich noch im letzten Momente zugezogen.Ich sagte den Eltern, wenn sie die Anordnungen ihres Hausarztesunterlassen und die meinigen streng befolgen würden,so -würde voraussichtlich bereits in kurzer Zeit Besserung eintreten.Und so war es. Bereits am zweiten Tage meinerKur trat eine sichtbare Wendung zum Besseren ein, und sojeden folgenden Tag eine noch erheblichere, so dass nachacht Tagen jede Lebensgefahr beseitigt war und nach einigenWochen das Mädchen geheilt wieder im Freien herumlaufenkonnte. Wäre in diesem schweren Falle gleich zu Anfangmeine Kur und nicht erst zwei Monate lang die naturwidrige20*


308 Zweiter Teil.Kreosbtbehandlung angewendet worden, die Heilung wäre ineinigen Tagen" so vollständig erfolgt, wie jetzt in einigenWochen.<strong>Die</strong> besonders hohen Temperaturen, welche bei allenLungenleiden im Innern der Lungen obwalten, haben ihresehr natürliche Begründung. In den Lungen findet bei derEin- und Ausatmung schon an und für sich ein sehr rascherZersetzungsprozess der atmosphärischen. Luft statt. In demAugenblick, in welchem wir ein- und ausatmen, haben unsereLungen die atmosphärische Luft (Sauerstoff und Stickstoff) inihre* beiden Bestandteile zersetzt, wovon der Sauerstoff imKorper verbleibt, der Stickstoff wieder zusammen, mit Unreinlichkeitsgasendes Körpers vermischt ausgeatmet wird.So vollzieht in ununterbrochener Folge unser Körper einenZersetzungs-(Verbrennungs-)prozess in den Lungen, der unsererChemie lange Zeit viel Mühe gekostet hat, und der schon anund für sich hohe Temperaturen hervorruft, die noch mehrsteigen und anormaler werden, sobald Belastungszuständeoder Gärungs^zustände der Fremdstoffe im Innern der Lungevorliegen.Wie ich schon früher auseinandergesetzt habe, sind Bazillennur Produkte von Gärungsvorgängen der Fremdstoffeim * Körper und ihre Entwickelungsfähigkeit je nach- ihrerVerschiedenheit stets an bestimmte Temperaturen gebunden.Weil nun die Tuberkulose stets, wie ich oben gezeigt, vonsehr hohen Temperaturen begleitet ist, so ist auch die Entwickelungsfähigkeitdes Tuberkelbacillus an diese »hohen Temperaturengebunden; das weiss auch die moderne Schule.Leider weiss sie indessen mit diesem. Wissen allein nichtsweiter anzufangen, sondern sucht nach immer naturwidrigerenAbhilfsmitteln gegen' die Bazillen herum, deren Wesen sievöllig verkennt.<strong>Die</strong> Heilung erscheint dem, der meine Ausführungen richtig,begriffen hat, so natürlich und einfach, dass man es wahrlichnicht begreifen kann, wie man diese noch auf eine andereWeise suchen könnte, als durch eine richtige sachgemässe


Lungenleiden. Asthma. Tuberkulose. Lupus etc. 309fortwährende Regulierung dieser unnormalen inneren Temperaturenneben gleichzeitiger Anregung und Hebung derLebenskraft, bis eine völlige Rückbildung der anormalen Zuständeim Körper eingetreten ist. <strong>Die</strong>s zu erreichen, gestattenuns meine ableitenden Bäder neben Berücksichtigungmeiner diätetischen und sonstigen Verhaltungsmaassregelnin hervorragender Weise. Das schwierigste dabei bleibt, dieBäder in der richtigen Aufeinanderfolge zu nehmen. <strong>Die</strong>sehr hohen Temperaturen im Körper gestatten zunächst.nicht .eine Herabsetzung derselben auf lange Zeit, so dassnicht nur die Zeitdauer, sondern auch die Zeitfolge der Bädergenau dem Zustande der Patienten angepasst werden muss,


-310 Zweiter Teil.bis jetzt mit Absterben bezeichnet hat. Sicherlich kommt esaber niemals zu einer völligen Ausscheidung der Fremdstoffeaus dem Körper, oder einer völligen Beseitigung der Grundursacheaus demselben. <strong>Die</strong> Impfung ist und bleibt, manfm'äg auch noch so oft und noch so entschieden das Gegenteilbehaupten, ein Schein-Beilmittel, dessen verderbliche Wirkungen,wenn auch erst in späterer Zeit, sicher ans Tageslichtkommen werden. Schon nach wenigen Monaten hat dergrosseFreudenrausch, welchen die Kochsche Methode herauf-^-beschworen hatte, einer namenlosen Enttäuschung Platz gerjmacht. Von allen Seiten hört man von wohl unterrichteterSeite, besonders auch von selbständig denkenden Ärzten der"modernen Schule selber, fast nur Nachteiliges darüber. Täglichsterben so und soviele mit Tuberkulin Geimpfte,- und sosinken die bis aufs äusserste gespannten Hoffnungen und Erwartungenalle Tage mehr. Es hat sich hier wieder einmaldas bekannte Sprichwort bewährt:„<strong>Die</strong> Berge wollen gebären, und es wird geboren einelächerliche Maus." Heute, wo diese <strong>neue</strong> Auflage in die Weltgeht, scheint die Kochsche Impfung bereits ein allgemein überwundenerStandpunkt zu sein. Nur zu sehr hat sich das Gesagteüberall bewahrheitet. <strong>Die</strong> Impfung bleibt die grössteKurpfuscherei der Welt.Wer es, wie ich, beobachtet hat, wie bei meiner Kureine wirkliche Heilung vorgeschrittener Lungenleiden oftnur durch Jahre lange zielbewusste Anwendung derselben zu-• standekommen kann und in vielen Fällen zu stände gekommenist, der weiss auch, was eine solche Heilung zu bedeuten hat.<strong>Die</strong> moderne Schule strebt danach, jede Krankheit mit demVorhandensein eines bestimmten Bacillus zu. erklären, und vergisstdabei ganz, dass geradeso, wie ein und dieselbe' Pflanzein verschiedenen Klimaten verschieden sich entwickelt und aussieht,desgleichen das Gefieder ein und derselben Vogelgattungebenfalls in versphiedenen Klimaten verschieden wird, trotzdemsie alle nur eines gemeinsamen Ursprunges sind, so auch alleBazillen nur einen gemeinsamen Ursprung haben (als Pro»-


Lungenleiden. Asthma. Tuberkulose. Lupus etc. 311dukte der Gärung von Fäulnisstöffen), nur dass ihre Gestalt,Form und Wesen von den verschiedenen Temperaturen (Klima)abhängig sind.Eine Heilung aller Lungenkrankheiten in unserem Sinne,ist, wie ich schon gesagt habe, nur durch Rückwärtsbildungder Krankheitszustände im Körper, möglich. <strong>Die</strong> Heilbarkeitselber hängt von sehr verschiedenen Momenten ab und kann,selbst bei vorgeschrittenen Fällen, oft eine überraschend schnellesjiin, wohingegen in anderen Fällen Jahre dazu gehören undbei zu weit vorgeschrittenen Kranken sieh überhaupt keinesolche mehr erzielen lässt, wenn sich auch immerhin der Zustandbis zum letzten Augenblick erträglich gestalten lässt.'<strong>Die</strong> Heilbarkeit der Lungenkrankheiten hängt somit nur vonder Lebenskraft des Patienten, und davon ab, wie sich dieVerdauung noch heben lässt. Gelingt es, dieselbe dauernd zubessern und normaler zu gestalten, so tritt auch überraschendschnell eine Besserung ein, gelingt dies nicht, so ist auchin allen Fällen eine Heilung ausgeschlossen. Ich habe vielePatienten in meiner Kur gehabt, welche in unglaublich kurzerZeit ihre Lungenleiden los wurden, weil es gelang, ihre Verdauungschnell zu bessern. Dagegen habe ich bei anderen,welche schon feste Eiterknoten in den Lungen hatten, beobachtet,wie die Rückwärtsbildung dieser Knoten Jahre dauerte,und wie jedesmal, wenn sich ein solcher Knoten auflöste, wasmeist mit einer Ausdehnung derselben verbunden ist, eineheftige Krisis dadurch hervorgerufen wurde, welche zwar nichtgefährlich, aber doch vielfach recht schmerzhaft verlief. Eine^.völlige Heilung aller Lungenleiden, mit Ausnahme der bereitszu weit vorgeschrittenen Fälle, in denen sich nur noch Besserung,aber keine Heilung mehr erreichen lässt, ist durchmeine Methode bei sachkundiger Anwendung sicher zu erreichen,wohingegen die Zeitdauer der Kuren davon abhängigist, wie die einzelnen Körper auf die Kur eingehen. Durchmeine Methode wird, wie gesagt ; sofort damit begonnen, dieinneren Temperaturen zu regulieren, wodurch, wenn diesrichtig geschieht, die verderblichen Zustände auf ihrem.


312 Zweiter Teil.1 Teigenen Wege rückwärts geleitet werden, bis eine Heilungerzielt ist.Zum besseren Verständnis will ich hier einige Heilungsfälleverschiedener Lungenleiden aus meiner Praxis mitteilen.Asthma.Eine Dame von fünfundsechzig Jahren war so asthmatischund litt an so hochgradiger Atemnot, dass der sie behandelnde i.Heilkünstler, dessen Kreosotpillen und Pulver ihren Zustand,'^besonders ihre Verdauung nur noch verschlimmert hatten, ihrals letzte Hilfe einen Aufenthalt im Süden verordnet hatte,weil es kein Mittel gebe, das bei so vorgeschrittenem Asthmanoch etwas helfen könne. Wer aber die Heilmittel der modernenSchule kennt., der weiss, dass die Versendung derKranken in ein wärmeres Klima dasselbe bedeutet als „Dirist nicht mehr zu helfen! Von unserer Seite bist Du aufgegeben,probiere, ob Dir Mutter Natur noch helfen kann!" <strong>Die</strong>seEmpfindung hatte auch diese Patientin, weshalb sie auf Empfehlungeiner Freundin in meine Behandlung kam und ihrem-Arzte erklärte, sie Wolle lieber hier sterben, als ihr Leben inder Fremde aushauchen. Anfangs Dezember begann sie meineKur bei schlechtem, nebligem Wetter. Kaum zehn Schrittekonnte sie, ohne stehen zu bleiben, bei dieser Witterung hintereinanderfortschreiten, so sehr wurde sie von der Atemnot gequält.Der Druck der Fremdstoffe nach oben war sehr bedeutendbei ihr. Mit aller Konsequenz befolgte sie meineKurvorschriften, und nicht lange dauerte es, da liess derDruck nach oben nach. <strong>Die</strong> Ausscheidungen der Fremdstoffetraten durch Schweisse und Ausleerungen in ergiebiger Weiseein, und so gelang es auch, ihre Verdauung in erfreulicherWeise zu heben. Täglich nahm sie drei ableitende Bäder voneiner halben Stunde und wöphentlich ein Dampfbad. So tratin wenigen Monaten bei ihr die Rückwärtsbildung der Krankheitein und zwar genau auf demselben Wege, den sie früher


Lungenleiden. Asthma. Tuberkulose. Lupus etc. 313•*.- •„vorwärts geschritten war. Alle jene Erscheinungen, welcheseiner Zeit bei der Entwickelung- ihres .Leidens aufgetretenwaren, stellten sich auch jetzt wieder ein, nur dass die Rückbildungungefähr zwölfmal so schnell ging als die Belastunggegangen war. In jedem Monat Kur hatte sie ungefähr einezwölfmonatliche Belastung gehoben, so dass sie in drei Monatenvollständig von ihrem Asthma befreit war. Jetzt nacheinem Jahre seit dem Erscheinen der III. Auflage ist das Befindendieser Frau ein ganz vorzügliches.Nicht jeder Asthmaleidende hat diesen schnellen Erfolgwie diese Frau bei meiner Behandlungsweise 1 erreicht.Andere hätten die doppelte auch dreifache Zeitdauer zu einemsolchen Erfolge nötig. Es hängt dies, wie ge'sagt, erstensmit der Belastung des Betreffenden und seiner Lebenskraftzusammen und ferner auch damit, wie sein Körper auf meineKur eingeht.Der bei weitem schwerste Fall von Asthma, den ich.jemals in Behandlung gehabt habe, betrifft einen Herrn vonca. 60 Jahren, der schon mehrere Jahre an Asthma gelitten.hatte und von seinen Ärzten vollständig aufgegeben war.Infolge jahrelang angewendeter Medikamente war sein Zustandso schlecht, dass ich ihn überhaupt nicht in Behandlungnehmen wollte, weil ich .wenig Hoffnung hatte, ich liess michindessen doch durch eindringliches Bitten dazu bewegen.Schon die ersten Bäder brachten dem Patienten Linderung,so dass er, nachdem er dies gemerkt hatte, mit einer Unermüdlichkeitund einer bei weitem meine Vorschriften übersteigendenEnergie die Kur durchführte, wie ich es bis heutezum zweiten Male nicht beobachtet habe. <strong>Die</strong> Todesangstmachte ihn allein so eifrig. Jedes Bad brachte ihm Linderungseines starken inneren Fieberzustandes und Befreiungvon dem starken Druck der Fremdstoffe nach, oben; da dieseLinderung im Anfang nur während des Badens und kurzeZeit danach anhielt, weil dann wieder die innere Fieberhitzeüberhandnahm, so badete der Patient, trotzdem ich ihm nurein dreimaliges Baden täglich empfohlen hatte, viel öfter,


314 Zweiter Teil.r .selbst auch während der Nacht, da ihn der quälendste Hustenohnehin nie schlafen liess.. Hatte er eine halbe Stunde gebadet,so konnte er eine Stünde ruhig schlafen, ehe mit demzunehmenden Fieber, auch der Husten wieder, so mächtigwurde, dass ein weiteres Schlafen ganz unmöglich wurde,dann badete er wieder u. s. w. Während der Bäder gewanndann jedesmal sein Körper so Viel Lebenskraft, um grosseMengen eitrigen Auswurfs aushusten zu können, was ihmstets Linderung verschaffte. Von Monat zu Monat wurde dieselebendige Leiche dabei immer -frischer, immer lebhafter undimmer lebensmutiger, so dass heute dieser Mann, der wieer zu mir kam, ein Todeskanditat erster Klasse war, nachdemer meine Kur wohl fünfviertel Jahr lang konsequent durchgeführthat, ein wahres Wunder von Heilerfolg dadurch erreichthat. Ein Jahr ist seitdem verflossen, als ich diesenKurbericht schrieb. Der Patient befindet sich aber trotzseines hohen Alters ausgezeichnet. Charakteristisch, für dasbeständige Fortschreiten der Besserung seiner Gesundheit ist,dass der bereits völlig kahlköpfige alte Mann seit ungefähracht Monaten wiederum einen nicht unerheblichen Nachwuchs"grauer Haare- erhalten hat. Ein Erfolg der alle seine Be-,kannten in Erstaunen versetzt hat.Tuberkulose (Vorgeschrittene).Vor drei Jahren kam eine Frau von dreissig Jahren inmeine Behandlung, die an vorgeschrittener Tuberkulose litt. Sieatmete fast immer mit offenem Munde, besonders beim Schlafen.Ihre Mutter war im fünfundfünfzigsten Lebensjahre an Lungentuberkulosezu Grunde gegangen, die sie auch all ihren Kindernin der Anlage mit auf den Lebensweg gegeben hatte.<strong>Die</strong> Mutter hatte noch naturgemässer gelebt als ihre Kinder,weshalb letztere bereits früher von den tödlichen Folgen dieserKrankheit heimgesucht wurden. Als Kind war mein Patientsowie auch seine Geschwister sehr skrofulös gewesen. AlsMädchen von zwanzig Jahren hatte sie ein Vollmondsgesicht


Lungenleiden/. Asthma. Tuberkulose. Lupus etc. 315mit knallroten Backen gehabt, die im Winter blaurot wurdenund war wie ein Pfannkuchen aufgegangen und bereits hübschkorpulent und dick. In den zwanziger Jahren verlor sichKorpulenz und Knallröte auf den Backen und machte einernormaleren Körperfülle Platz. <strong>Die</strong> vererbte Lungentuberkulosemachte sich jedoch gegen Ende der Zwanziger immerbemerkbarer. <strong>Die</strong> Verdauung wurde unregelmässig, Hartleibigkeitwechselte mit Durchfall, und die Farbe und der Geruchder Exkremente zeigten*deutlich, wie Verschieden und unnormalder Gärungsprozess der Verdauung in diesem Körper wurde.Neben häufigen Kopf- und Zahnschmerzen stellten sich zeitweiligeSchmerzen und Stechen in der Brust und den Schulternein. <strong>Die</strong>se Schmerzen finden immer nur während 'des Zerstörungsprozessesstatt'. Sobald Teile der Lunge schon zerstörtsind, hören auch die Schmerzen auf. Namentlich warauch die Menstruation stets sehr schmerzhaft und unregel-'massig, setzte oft Monate lang aus und trat dann wiederzu häufig ein. Daneben hatte "sich eine allgemeine Müdigkeit,eine körperliche Ermattung nach jeder kleinen Anstrengung,grosse Ängstlichkeit und Unzufriedenheit mit allem eingestellt.fl)er, welcher meine Gesichtsausdruckskunde nicht kannte, hieltdiese Frau, wie sie in meine Behandlung kam, für ein Bildder blühendsten Gesundheit. Schöne rote Backen und auchsonst vollkommene Körperfülle täuschten jeden Uneingeweihtenüber den .verhängnisvollen Zustand dieser Patientin, der mirnicht verborgen blieb. Mit vollem Verständnis und 'dem Bewusstseinihres schweren Zustandes begann die Patientinmeine Kur. Täglich zwei bis drei Reibesitzbäder und wöchentlichein bis zwei Dampfbäder neben völlig reizloser Diät undviel Aufenthalt in frischer Luft, sowie Offenhalten des Fenstersin der Nacht, machte ich ihr zur Aufgabe. Dadurch wurdeihr Allgemeinbefinden bereits in einem halben Jahre soweitgebessert, dass ihr Treppensteigen und längeres Gehen, wassie vordem stets ungeheuer ermüdet hatte, gar keine Anstrengungmehr verursachten und eine befriedigende Verdauungund eine bei weitem grössere Zufriedenheit einge-


316 Zweiter Teil.r*treten war, alle Kopfschmerzen hatten seit dem Beginne derKur vollständig aufgehört. Man konnte deutlich sehen, wiedie Belastung von oben nach dem Unterleibe ihren Rückwegeingeschlagen hatte. Auch die Patientin musste dies an ihrenZähnen vielfach recht schmerzhaft beobachten. Währendeines ganzen Jahres, bis die Hauptbe'lastung des Kopfes sichnach unten gezogen hatte, bildeten sich 'in ununterbrochenerFolge an den Zähnen Geschwüre und Eiterbeulen, welcheheute kamen und bereits nach einigen Tagen nach unten sichverzogen hatten, wobei ein fortwährendes schmerzhaftes Ziehenvon oben nach unten sich einstellte. So hatte sich zu beidenSeiten des Halses von der inneren Kinnlade her ein auchäusserlich sichtbarer, beim Berühren schmerzhafter Eiterkanal,eine förmliche Ader, gebildet, durch Welchen die Fremdstoffeihren Weg nach unten nahmen. Zweimal traten währenddes ersten Jahres der Kur heftige Krisen ein, wenn sichKnoten in der Lunge auflösten. Während 'dieser Krisen, diezwei und drei Wochen dauerten, konnte die Patientin sichkaum rühren, keine Bewegung ohne die aller empfindlichstenBrustschmerzen ausführen und war ausserhalb des Bades nurzum Liegen fähig, selbst tiefatmen konnte sie nicht und littin dieser Zeit geradezu an Atemn'ot. Während des zweitenJahres ihrer Kur ist der Zustand der Patientin wiederum einbedeutend besserer geworden. Sie hatte allerdings in diesemJahre bei der Rückbewegung der Fremdstoffe durchs Gehirnan beängstigenden Träumen zu leiden, die Zahnschmerzenhatten dagegen ganz aufgehört, ihr Allgemeinbefinden warviel normaler geworden. Krisen hatten sich nur zwei währenddieses Jahres eingestellt. Eine wie die früheren und einemit Wadenkrämpfen. Wenn ich diese Patientin auch nachzweijähriger Kur' noch nicht für völlig geheilt in unseremSinne halten kann, so ist wenigstens ihr schweres Lungenleidenvöllig geschwunden und begründete Aussicht vorhanden,dass innerhalb einiger Jahre ihr Zustand noch viel normalerwerden wird. Heute, wo ein Jahr seit dem Erscheinen derIII. Aufl. wieder ins Land gegangen, kann ich berichten, dass


Lungenleiden. Asthma. Tuberkulose. Lupus etc. 317sich der Zustand dieser Patientin* wiederum sehr wesentlichweiter gebessert hat. Wer nicht so anspruchsvoll wie ich inbezug auf Gesundheit ist und namentlich meine Gesichtsauskdruckskundenicht so gründlich kennt, der wird diese Fraujetzt wirklich für die personifizierte Gesundheit halten, undes wirklich nicht ahnen, dass sie vor drei Jahren ihrem sicherenEnde (spätestens innerhalb eines Jahres) entgegengegangenwäre, hätte sie so wie früher weitergelebt und nicht meineKur gebraucht. (Weitere Fälle siehe HI. Teil Kurberichte.)In einem andern Falle kam vor fünf Jahren ein Herrin den Vierzigern zu mir, der nach Aussage mehrerer berühmterÄrzte tuberkulös war, und dem dieselben einen dauerndenAufenthalt im Süden Italiens anempfohlen hatten.Sein Zustand war so, dass er allenfalls noch ein Jahr hätteim Süden leben können, dann aber sicher an der Tuberkulosezu Grunde gegangen wäre; soviel stallte ich mit meiner Gesichtsausdruckskundefest. Anderthalb Jahre hat dieser Patientmeine Kur gebraucht, und jetzt ist er völlig von seinem Leidenbefreit. Während der Kur stellte sich bereits nach vier Wochenunter steter Verbesserung des Allgemeinbefindens ein BlasenundDarmkatarrh ein, an welchem er vor neun Jahren heftigund längere Jahre gelitten hatte, der jetzt in weit mildererForm auftrat und innerhalb vierzehn Tagen durch meine Methodeabgeleitet war. Es zeigt dies, wie die beiden Leidenfrüher nicht durch die Medikamente geheilt waren, wie derPatient angenommen hatte, sondern nur unterdrückt undin einen Latenzzustand versetzt worden waren und jetzt beiHebung der Lebenskraft wieder akut wurden. Später stelltesich vorübergehend ein Tripper ein, an welchem Patient inseinen zwanziger Jahren wiederholt gelitten hatte, der aberstets durch Medikamente unterdrückt worden war. Nachdemauch dieser in zwei Wochen beseitigt war, hatte auch dasLüngenleiden einen völlig veränderten Zustand angenommen,so dass der Patient glaubte, er sei jetzt völlig gesund. Aufmein Anraten setzte er die Kur noch längere Zeit fort, under war dann in einigen Monaten völlig geheilt.


318 Zweiter Teil.Solche Fälle wie dieser und ähnliche, aus welchen rechtdeutlich hervorgeht, wie Tuberkulose immer, erst ein Endstadiumvorausgegangener anderer Krankheiten und zwarmeistenteils auf Geschlechtskrankheiten zurückzuführen ist,|habe ich sehr viele in meiner Praxis erlebt.Auch solche Fälle von Tuberkulose habe ich behandelt,in welchen eine völlige Besserung nicht mehr zu erzielenmöglich war, in denen aber dennoch die Patienten infolgemeiner Kur ungefähr 'dreimal solange zu leben vermochten,als sie sonst noch gelebt hätten. Vor allen Dingen aberstellte sich vom ersten Momente meiner Behandlung an eineüngekannte Linderung ihres Zustandes neben Hebung desAllgemeinbefindens und schliesslich ein ruhiges Ende ein.Das ist eine grosse Beruhigung der Angehörigen, die inanderen Fällen oft lange Zeit das jammervolle Ende desteuern Angehörigen nicht,, vergessen können. In diesen Fällenwaren die Zerstörungen im Innern schon zu weit vorgeschritten,um überhaupt noch Heilung zuzulassen.An dieser Stelle will ich eines Punktes gedenken, derallgemeine Bedeutung hat. Da, wo es sich um solehe Krankehandelt, deren Krankheitsstadium bereits sehr weit vorgeschrittenist, gleichviel ob sie an Tuberkulose oder irgendeiner andern Krankheit leiden, glaube man indessen ja nicht,dass in allen Fällen eine Heilung zu erzwingen möglich sei.In vielen Fällen wird dann die Lebenskraft und die Reaktionsfähigkeitdes Körpers nicht mehr zureichen und in diesenFällen thun solche Patienten entschieden besser von jederKur abzusehen. Es ist ja immer geraten auch in solchenFällen die Reaktionsfähigkeit des Körpers dadurch zu prüfen,dass man meine Kur beginnt, um dann kennen zu lernen,welche Reaktion dadurch eintritt. Ist die Verdauung nochbesserungsfähig, nun so mag man mit ruhigem Gewissen dieKur weiter fortbrauchen, ist dagegen die Verdauung unbeeinflussbar,so ist es in keinem Falle ratsam die Kur weiter zuforcieren. Ich will dazu ein Beispiel aus meiner. Praxis anführen.Vor einem halben Jahre brachten die Eltern ihre


LuifiMäden. Asthma. Tuberkulose. Lupus etc. 31920jährige Tochter zu mir, die sehr lungenleidend war. <strong>Die</strong>Kur wurde begonnen und mit grosser Konsequenz von derPatientin durchgeführt. Bereits in wenigen Wochen stellte.ss sich heraus, dass die sehr mangelhafte Verdauung sich inkeiner Weise bei der Kur mehr bessern wollte. So riet ich, mitder Kur aufzuhören und die Bäder einzustellen, obwohl Eltern,Angehörige und vor allen Dingen die Patientin selber mitGewalt die Kur fortsetzen wollten. <strong>Die</strong> Kur wurde eingestellt,wodurch auch der Körper jeder weiteren Reaktionsarbeit überhobenwurde, die ihn nur unnützer Weise belästigt, nie abergeheilt hätte.Knochentuberkulose und Knochenfrass.Sehr viele damit behaftete Patienten habe ich in meiner 1Kur gehabt und sehr günstige Resultate an ihnen, erzielt.Fast in allen Fällen hatten diese Patienten in ihrer Kindheitan der englischen Krankheit, gewissermaassen nur einem Vorstadiumzu dem späteren Leiden, gelitten. <strong>Die</strong> Knochen warenbereits von Hause aus mürbe, morsch und leicht brüchig, daswar bei den meisten mit Sicherheit festzustellen. Zur Zeitder Pubertät oder auch noch früher stellte sich dann Knochenfrassein, wobei die Knochen der Beine resp. Arme teilweisein Eiterung übergingen und sich wie Schwamm ausdehnten,während die Gelenke stark anschwollen. In den meistenFällen waren schon Gliedmaassen, Beine und Arme von Vertreternder modernen Schule amputiert worden, die dieseWunden nur zu heilen weiss, indem sie noch tiefere Wundenschlägt (vergl. Wundbehandlung S. 250), und die Patienten warenmeist für unheilbar erklärt worden, ehe sie in meine Behandlungkamen. Bei meiner Kur begann sofort die Rückbildung des* Krankheitsprozesses.' Amputierte. Glieder lassen sich aber nichtersetzen, Operationen sind nach meiner Ansicht in solchenKrankheitsfällen die zu ihrer Heilung ungeeignetsten Mittel.Ich behaupte geradezu, dass durch solche naturwidrige Eingriffenoch niemals ein derartiges Leiden wirklich geheilt worden ist.


320 Zweiter Teil.k. V'*Nur wenn inan es versteht, solche Krankheitsprozesse auf ihreneigenen Wegen zurückzuführen, sind sie heilbar.So habe ich einen Knaben von vierzehn Jahren in Be*handlung gehabt, bei welchem beide Schienbeine vom Kniebis ziemlich an das Fussgelenk vollständig offen, zur Hälfte !durchgeeitert waren. <strong>Die</strong> Ärzte wollten beide Beine amputieren,worauf die Eltern mit dem Knaben zu mir kamen.Bereits nach vier Wochen Kur fingen die offenen Knochen an,sich von innen heraus zu schliessen, und die Haut wölbtesich genau so, wie bei einem Bäum, dessen Rinde über eineschadhafte Stelle wächst, über die 8 Zoll langen Wunden.In sechs Monaten waren beide Beine bis auf zwei kleine unwesentlicheSchorfstellen verheilt, die in weiteren zwei Monatenebenfalls völlig verschwanden. Daneben war das Allgemeinbefindendes Knaben ein völlig verändertes geworden, seineverzweifelte, Melancholie hatte einer echten .Kinderheiterkeitwieder Platz gemacht.In einem anderen Falle hatte ein zehnjähriger Knabeein tuberkulöses Knie, das infolgedessen funktionsunfähig wurdeund ebenfalls amputiert werden sollte. Hier dauerte es überdreiviertel Jahr bis die Krankheitsstoffe sich alle aus demKniegelenk nach der Hüfte und dem Unterleib hingezogenhatten, wo sie in einer drei Monate ununterbrochen eiterndenHüftknochenwunde zur Ausscheidung kamen. Über ein Vierteljahrhat dieser Knabe dann noch dazu gebraucht, um wiederso weit zu kommen, dass er wie andere Kinder gehen undlaufen konnte. ,\<strong>Die</strong> Zeitdauer solcher Kuren hängt allein, wie gesagt, vonder Belastung des Patienten und von seiner Lebenskraft ab.Lupus. (Fressender Hautwolf). Wer die Heilerfolge vonLupusfällen durch meine Behandlung kennen gelernt hat, derwird es freilich nicht begreifen, wie sich solche Patienten. einer so zweifelhaften Methode, wie die Kochsche Impfung, alsVersuchsobjekte preisgeben können. Lange Jahre, bevor Kochsein Mittel gegen Tuberkulose bekannt gab, habe ich Lupusdurch meine ableitende Methode in einer Weise geheilt, die


Lungenleiden. Asthma. Tuberkulose. Lupus etc. 321yder Schulmedizin unbegreiflich erscheinen muss, weil sie einesolche Heilung bis jetzt überhaupt noch nie zu beobachtenGelegenheit hatte.So hatte ich vor längerer Zeit einen Lupusfall, der allgemeinesInteresse hat, weshalb ich ihn hier kurz folgert lassenwerde. <strong>Die</strong> Patientin war ein 41 jähriges Mädchen. Bis zurImpfung, im zweiten Lebensjahre, war sie völlig gesund gewesen,von da ab datierte ihr Elend. <strong>Die</strong> erste Folge derImpfung war ein hartnäckiger Hautausschlag, der sich imzehnten Lebensjahre zu Gesichts - Lupus ausbildete. Überdreissig Jahre lang hatte dies arme Frauenzimmer an diesersie schmerzlich entstellenden Krankheit gelitten ohne Hilfezu finden, trotzdem sie viele berühmte Ärzte konsultiert hatte.Ihr Gesieht sah abschreckend aus, sie konnte sich thatsächlichnirgends sehen lassen, ohne dass sich ihre Mitmenschen vorihr entsetzten. So kam sie ziemlich hoffnungslos, und nachdemalle ihre Ärzte ihr Leiden für unheilbar erklärt hatten,in meine Behandlung. Nachdem ich sie untersucht hatte,konnte ich ihr einen möglichst raschen Erfolg in Aussichtstellen, weil ihre Belastung eine besonders günstige war. <strong>Die</strong>Kur bestätigte das Gesagte. Schon in vierzehn Tagen hattensich die entstellenden lupösen Hautstellen im Gesicht sehrverändert und sahen kaum mehr entstellend aus. Aber wiehatte sich innerhalb dieser kurzen Zeit'auch ihre Verdauung,auf die man früher nie Rücksicht genommen hatte, bei meinerKur geändert? Kolossale Ausleerungen hatten sich eingestellt,mit welchen die kranken Säfte ausgeschieden wurden.In sieben Wochen war von dem Leiden keine Spur mehrzu entdecken und die Patientin hatte eine so blühendeHautfarbe bekommen, wie sie solche noch nie gekannt.Heute nach einem Jahre ist ihr Aussehen geradezu normalzu nennen.<strong>Die</strong>ser überraschend schnelle Erfolg bei einem solangeeingewurzelten Leiden war nur deshalb möglich geworden,weil diese Person nur eine vorderseitige Belastung hatte, allediejenigen, welche meine Unteriichtskurse in der Gesichts-Louis Kühne, <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong>, 21


322 Zweiter Teil.ausdruckskunde mit angehört haben, werden auch die nähereBegründung hierfür wissen. ,Ich habe dagegen andere Lupusfälle in meiner Behandlunggehabt, die zwar lange nicht so eingewurzelt waren,die aber trotzdem sehr viel längere Zeit zur Heilung in Anspruchnahmen. Am langwierigsten sind immer solche Fälle,wo eine rücken- oder linksseitige Belastung vorliegt.Von solchen Patienten haben schon manche nach vierwöchentlicherKur, hier dieselbe wieder eingestellt, weü sienoch keine besonderen Veränderungen, als höchstens eineBesserung der Verdauung, wahrnehmen konnten und sienicht die Ausdauer besassen, die zur Heilung ihrer Krankheitnotwendige Zeit abzuwarten. Es will vielen gar nicht in denKopf, weshalb der eine schnellere Erfolge hat wie der andere,und doch ist dies selbstverständlich und für jeden Kennermeiner Gesichtsausdruckskunde auf der Hand liegend.Während ich dies schreibe, läuft bei mir aus Stettin nachstehendesSchreiben einer Dame ein, welche bereits neunzehnJahre an Gesichtslupus litt und sich vor keinem Menschenmehr sehen lassen konnte. Sie ging stets tief verschleiert,damit ihr entstelltes Gesicht nicht zu sehen war. Alle Heilmittel,über welche die moderne medizinische Wissenschaftverfügt, hatte Fräulein Seh. neunzehn Jahre lang erfolgloserprobt, bis sie in meine Behandlung kam. Durch meineMethode trat sofort »Besserung und Heilung ein. Sie schreibtüber ihre Heilung:Stettin, den 29. Januar 1891.Hochgeehrter Herr Kühne!Mein Befinden nötigt mich, Ihnen meinen wärmstenDank für die gute Wirkung ihrer Methode bei meinem schwerenLeiden auszusprechen. Ich gebrauche selbige mit dem bestenErfolge, fühle mich jetzt wieder kräftig und wohl, so dassich meiner Beschäftigung wieder ohne Beschwerden nachgehenkann. Ich fühle mich um so glücklicher, weil sämtliche Ärzte,welche ich in einem Zeitraum von 19 Jahren konsultiert, nicht


Lungenleiden. Asthma. Tuberkulose. Lupus etc. 323im stände waren, mir zu helfen oder auch nur Linderung zuverschaffen.Ich empfehle aus diesem Grunde allen Leidenden, seiensie welcher Art sie wollen, diese Methode aus der festen Überzeugungauf Besserung und bitte Sie, geehrter Herr Kühne,dieses im Interesse der Sache und der Leidenden zu veröffentlichen.Ich zeichne mit grösster Hochachtung und aufrichtigsterDankbarkeit ergebenstA. Seh., Stettin.21*


Krebsleiden, wildes Fleisch.<strong>Die</strong>se Krankheit ist ebenso wie Tuberkulose und Wassersuchtstets ein Endstadium vorangegangener ungeheilter oder unterdrückteranderer Krankheiten, meist Geschlechtskrankheiten,besonders Syphilis, entweder in direkter oder ererbter indirekterFolge. Gleichviel welcher Körperteil vom Krebs befallenwird, immer sind es nur die Fremdstoffe, welche die Wucherungenund Neubildungen und brandigen Zersetzungszuständeherbeiführen, genau wie bei allen anderen Krankheiten. <strong>Die</strong>Anlage zu Krebs lässt sich schon viele Jahre lang vorherdeutlich durch meine Gesichtsausdruckskunde feststellen, dennlange, bevor es zum eigentlichen Krebs kommt, findet manbei solchen Kranken stets Knoten, über deren Entstehungsursacheich mich auf Seite 303 ausgelassen habe, und Anschwellungenam Halse vor, die mit Sicherheit auf eine vielseitigeKnotenbildung im Körper, namentlich auf eine ganzbedeutende Hämorrhoidalknotenbildung im Unterleibe schliessenlassen, welche dann bereits jahrelang vorher eine unnormaleVerdauung bedingen. <strong>Die</strong>se Hämorrhoidalknoten können inden Eingeweiden solche Grösse annehmen und die Verdauungskanälederartig verstopfen, dass auf natürlichem Wege dieEntfernung des Kotes nicht mehr möglich ist. Bei verschiedenenschweren Krebskranken, welche ich längere Zeit mitden besten Erfolgen behandelte, habe ich beobachtet, dassihre Verdauung allemal vollständig, oft schon jahrelang stockte;ohne Abführmittel und Klystiere hatten diese Patienten schon


Krebsleiden, wildes Fleisch. 325#jahrelang keinen Stuhl mehr gehabt. Ich habe aber ebenfallsbeobachtet, dass .bei längerem Gebrauch von Abführmitteln,besonders Pillen, sieh stets im Innern brandige Zustände entwickeln,die zu Tuberkulose und besonders Krebs führen.Jahrelang erträgt der Körper die Anwendung von Pillen undAbführmitteln und die durch dieselben auf die VerdauungsundUnterleibsnerven ausgeübten Reize. Aber allmählichwerden diese Nerven derartig überreizt, dass sie ohne immergrössere Anreizung nicht mehr zu funktionieren im stände sind,wodurch es zu Zuständen wie Krebs kommt. Genau so wieTuberkulose und Wassersucht und alle übrigen Endstadienvorangegangener anderer Krankheiten stets ein sehr unnaturgemässesLeben, meist grosse Verzärtelung, Überfütterung undbesonders Überreizung der Nerven durch raffinierte Genussmitteloder Medikamente voraussetzen, so ist dies auch mitdem gefürchteten Krebs der Fall, gegen den die allopathischemoderne Schule gerade so machtlos ist wie gegen alle anderenEndstadien von Krankheiten. Geradezu einen traurigen Eindruckmacht es aber, wenn man sieht, wie diese Schule beiider Behandlung von Krebs ausschliesslich die dabei entstehendenWucherungen und stinkenden Neubildungen durch Beizen,Ätzen und Schneiden lokal zu behandeln und zu heilen strebt,wie sich dies bei Kaiser Friedrich in so auffälliger Weise gezeigthat, und dabei ganz vergisst und sich nicht erklären kann,wo denn diese Neubildungen herkommen? Ihr scheint dasWesen dieser Krankheit bis jetzt fremd geblieben zu sein, sonstwürde sie nicht bei deren Behandlung nur den äussersten Ausläuferdieser Krankheit, gewissermaassen nur den brandigenSchaum dieser Gärungszustände von Fremdstoffen, nämlichdie Neubildungen, zum Gegenstande ihrer Beobachtungen undBehandlung machen können, sondern hätte sich sagen müssen,dass die Neubildungen auch eine Entstehungsursache habenmüssen, nämlich schlechte Säfte, und dass zur Beseitigungersterer allein die Fortschaffung letzterer führen kann.Es verhält sich damit ähnlich wie mit der so gefürchtetenund schadenbringenden Reblaus, welche oft die Hoffnungen


326 Zweiter Teil.einer ganzen Weinernte zerstört. Ein äusserlich anzuwendendesVergiftungsmittel zur Beseitigung der Reblaus giebt es nicht.Wer das Wesen und die Entstehungsursache der Reblaus kennt,der weiss, dass dieselbe nur da existieren kann, wo sie dengeeigneten Nährboden findet. Ein gesunder Weinstock bietetder Laus aber niemals den geeigneten Boden. Erst dannwird er derselben diesen Nährboden bieten, wenn er selberdurch zu viele und ihm naturwidrige Düngung und Behandlungseitens der Menschen krank wird, die das Wesen seiner:Existenzbedingungen verkennend allein darauf bedacht sind,nach Möglichkeit seine Ertragsfähigkeit zu ihrem Nutzen zusteigern und darüber seine Lebensbedingungen verletzen, ihnmit Dünger überladen, so dass seine Säfte dadurch Schadenleiden und er innerlich krank mit verdorbenen Säften jetztden Nährboden für die Reblaus bietet, sobald geeignete Witterungden vermittelnden Anlass giebt. Geradeso wie Läuseund Milben nur kränkliches Vieh befallen, so wird der Weinstockvon der Reblaus nur dann befallen, wenn er durch irgendwelche Einflüsse krank geworden ist. <strong>Die</strong> Beseitigung desUngeziefers ist daher nicht etwa direkt durch Tötung undVergiftung zu erzielen, sondern allein dadurch, dass man ihmseinen Nährboden entzieht, nämlich die innerliche Krankheitdes Weinstocks, die aus dessen naturwidriger Behandlung mitzu viel Dünger hervorgeht, man erreicht dies, indem mandem Weinstock wieder jungfräulichen Erdboden schafft, inwelchem noch eine durch Menschenhände unbeeinflusste Naturkraftruht, ihn also auf naturgemässe Diät setzt.<strong>Die</strong> bei allen brandigen Zuständen, also nicht allein beiKrebs, im Körper entstehenden unerträglichen Schmerzen undunangenehmen Empfindungen, hat bis jetzt die moderne Schuledurch Morphiumeinspritzungen zu bekämpfen gestrebt, umauch besonders den Patienten dadurch etwas Schlaf zu verschaffen.Es hat dies seine ganz natürliche Begründung darin,dass diese grossen Schmerzen und üblen Empfindungen mitaller Macht nach einem Betäubungsmittel schreien. Das Morphiumist ein solches Mittel, welches die Nerven betäubt,


Krebsleiden, wildes Fleisch. 327welches aber leider auch die ganze Lebenskraft dabei mitbetäubtund schädigt und daher vollständig zu verwerfen ist.Durch meine ableitenden Bäder ist ein viel wirksameres, dieNervenschmerzen in natürlicher Weiöe hebendes Mittel gefunden,das nicht betäubt, sondern stählt und stärkt. Auchdie Trunksucht kommt, wie ich beobachtet habe, nur dadurchzu stände, dass im Körper entzündete resp. brandige Zuständevorliegen, die fortwährend nach Betäubung verlangen, so dassdem Säufer am wohlsten ist, wenn er in dem Betäubungsrauscheder Trunkenheit weilt. Sobald man dem Körperdurch meine Heilweise dauernd ein besseres Stärkimgs- und.Ersatzmittel für die Betäubung bietet, das die inneren brandigenZustände in naturlicher Weise hebt, ist auch sofort der Reizzum Trinken beseitigt. Genau so verhält es sich auch mitder Morphiumsucht. Ich habe zu viel Erfahrungen gerademit Morphiumsüchtigen gemacht, um dies nicht mit aller Bestimmtheitaussprechen zu können.Nachstehend werde ich zwei Kurberichte aus meiner Praxisfolgen lassen, die die Richtigkeit des Gesagten noch deutlicherbeweisen sollen und will hier nur noch einige Worte über dieHeilbarkeit des Krebses durch meine Methode sprechen.Ich unterlasse es, noch näher auf die Entstehungsursacheund das Wesen des Krebses einzugehen, ich habe darüber,wenn auch nicht im speziellen, so doch im allgemeinen bereitsausführlich in der Wundbehandlung unter dem Abschnitt „Offeneund fressende Wunden" gesprochen. Ob der Krebs an der Zungeals Zungenkrebs, an der Nase als Nasenkrebs, an der Brustoder im Magen als Brust- und Magenkrebs, an der Gebärmutterals Gebärmutterkrebs, oder ob er sonst wo am Körper auftritt,hängt allein mit der Belastung des Betreffenden mit Fremdstoffenund damit zusammen, wo und an welchen Stellen des Körpersdie Fremdstoffe ihre Hauptablagerungsstellen sich gewählt habenund wie und wohin der Hauptdruck und Gang der Gärung seinenWeg nimmt und genommen hat. Auf die Heilbarkeit hat dieskeinen besonderen Einfluss (vergl. III. Teil Kurberichte).Heilbar sind alle diejenigen Fälle von Krebs durch meine


328 Zweiter Teil.Methode, in welchen sich die Verdauung noch einigermäassenwiederherstellen lässt und die Lebenskraft des Patienten ausreicht,um die bei solchen schweren Leiden unvermeidlichenKrisen zu überstehen.Krebs ist auch eine von jenen Krankheiten, die nur diegründlichen Kenner meines Verfahrens mit meiner Methodezu heilen verstehen, gerade so wie Tuberkulose, Wassersuchtund jene anderen schweren Krankheitserscheinungen, die, wieich gesagt habe, nur Endstadien vorangegangener andererKrankheiten sind.^ Zum 'Beweise des Gesagten will ich Ihnen jetzt von denKrebsfällen, die ich in meiner Praxis mit Erfolg geheilt, habe,.zwei anführen. Ein Herr (Ende Vierziger) litt an Nasenkrebs.<strong>Die</strong> berühmtesten Heilkünstler der modernen Schule hatte erkonsultiert, sie konnten ihm wohl sagen, dass er Nasenkrebshabe, aber heilen konnten sie sein Leiden nicht, denn siekannten dessen Wesen und Ursache nicht. Einmütig hattendie Vertreter dieser Schule scharfe und giftige Medikamentean der Nase angewendet, um so die lokalen Krebserscheinungenfortzuschaffen. Aber gerade so wie auch in einemBaume ein morscher Ast nicht nur da, wo er aus dem Stammeherauskommt, also uns sichtbar ist, morsch und faul ist, sondernseine Morschheit bis ins Mark des Baumes und stets nochinnerhalb desselben, ja vielfach bis auf die Wurzeln herunterzu verfolgen ist, so ist auch bei Krebs die äussere brandige,faulige Neubildung, genau so wie ein hohler, morscherschmerzhafter Zahn, nicht die Krankheit selber, sondern nurderen am weitesten vorgeschrittener und vorgeschobener Herd.Dass die Morschheit des Astes keine lokale Krankheit desBaumes ist, erkennt man sofort, wenn man diesen umfällt,man sieht dann, wie die Morschheit des Astes auch im innerstenMark des Baumes sichtbar und oft bis auf die Wurzel zu verfolgenist. So stellt wohl auch der Arzt bei der Sektion fest(wenn er es zu erkennen vermag), dass der Körper des Krebskrankenüberhaupt leidend war. Besser für den Kranken istes, wenn man es vorher sieht und weiss.


Krebsleiden, wildes Fleisch. 329Schlechte Verdauung, der Herd des Krebses, war beidem Patienten bereits seit Jahren und im höchsten Grade zufinden*. Unbegreiflicherweise war dies den modernen Heilkünstlernvöllig entgangen, sie beschäftigten sich ausschliesslichmit der Nase des Patienten. Hätten sie auch nur eineAhnung von meiner Gesichtsausdruckskunde gehabt, ihnenhätte die brandige Nase untrügliche Aufschlüsse über gleicheinnerliche Zustände im Unterleibe des Patienten gegeben.Der Patient, ein lebenslustiger Mann, sah zu seinem Glückdie Aussichtslosigkeit jeder lokalen Behandlung bald ein undkam zu mir. Nase und Oberlippe waren vollständig unterfressen,die Nasenkuppe im Begriff einzusinken, die Hautfarbeder Nase war brandig. Verdauung stockte völlig. Wasserlassenging unregelmässig und liess viel zu wünschen übrig,und war oft mit furchtbaren Schmerzen verbunden, die denguten Humor des Kranken glücklicherweise nur für kurzeZeit lähmten.<strong>Die</strong> Natur des Kranken ging sehr schnell auf meine Kurein, weil seine Lebenskraft noch stark war. <strong>Die</strong> Verdauungbesonders besserte sich sehr rasch und infolgedessen derganze Zustand. Von Woche zu Woche wich die brandigeEntzündung an der Nase, ohne dass an derselben etwas gethanworden wäre, machte zuerst einer flammenden Röte Platzund wurde dann in vier Monaten vollständig normal in derHautfarbe. <strong>Die</strong> Nase selbst heilte ebenso wie die zerfresseneOberlippe von innen heraus in dieser Zeit zu, ohne Narbenzu hinterlassen, so dass der Patient in vier Monaten geheiltwar.Wie war nun diese Heilung zu stände gekommen? Angewendetwurden neben völlig reizloser, trockener, dem Zustandeund der Verdauung.des Patienten besonders angepasster Diätund der üblichen naturgemässen, schon früher erwähntenLebensweise nur meine ableitenden Rumpfreibe- und Reibesitzbäderin der geeigneten Aufeinanderfolge und dem Zustandeangepasst, wöchentlich ein bis zwei Voll- respektive Kopfdampfbäder.<strong>Die</strong> Ausdehnung der ableitenden Bäder und


330 Zweiter Teil.die Zeitdauer ihrer Aufeinanderfolge richtete sich ganz nachdem Befinden des Patienten, musste also dem Zustande genauängepasst werden. Wurden Schmerzen und Entzündungunerträglich, musste sehr häufig alle zwei Stunden gebadetwerden. Während der Bäder Hessen dann jedesmal die Schmerzennach, so dass dem Patienten die Badezeiten zeitweilig dieangenehmsten und erträglichsten wurden. Bereits am zweitenTage begann die Ableitung der inneren brandigen Entzündungnach unten, was man bereits nach dem zweiten Reibesitzbadean der .Reibestelle merkte. <strong>Die</strong>s flösste dem Patienten grosseFurcht ein, weil dieser Zustand selbstverständlich mit Schmerzenverbunden war. Ich erklärte ihm nun, dass die in seinemInnern vorhandene brandige Entzündung durch das Badensich jetzt nach unten ziehe, was unvermeidlich sei; er habenur die Wahl, diesen Ableitungsprozess ruhig durchzumachenund auszuhalten oder seinem sicheren Ende entgegenzugehen.Ich machte ihn dabei auch darauf aufmerksam, dass in demselbenMaasse, in welchem die Entzündung an der Reibestelleaufgetreten, an der 'Nase geschwunden sei, was er auch einsahund worauf er ruhig weiter meine Vorschriften erfüllte. Nurdurch häufiges Baden konnte er sich von diesen lästigen Zuständenbefreien, und er hatte die Freude, bald seine Absichtzu erreichen.Es ist diese eigenartige Ableitung innerer latenter Entzündungszuständeein Vorgang, welcher leider bis jetzt vonsehr Wenigen, ausser von meinen Patienten begriffen undrichtig aufgefasst worden ist, und besonders von den in jederBeziehung laienhaft und befangen vor meiner Methode stehendenVertretern der modernen Heilkunde vollständig inihrem Wesen verkannt und missgedeutet wird, ebenso wie dasErscheinen gewisser Krisen, sowie die Wiederkehr solcherKrankheitserscheinungen, die früher bei Patienten nicht geheilt,sondern durch Medikamente nur unterdrückt wurden,und dann bei meiner Kur vorübergehend wieder zum Vorscheinkommen. Mehrfach sind diese eigenartigen kritischenErscheinungen gegen mich und meine Methode benutzt worden,


Krebsleiden, wildes Fleisch. 331besonders von den Allopathen, aber auch von anderen, weshalbich hiermit jedem rate, über den Wert meiner Methodenur solche zu befragen und sich nur von solchen Vertreternderselben behandeln zu lassen, denen auch das eigentlicheWesen meiner Methode völlig klar ist. Es ist eine sehr irrige^von grosser Unkenntnis zeugende Ansicht, wenn jemand, wiedies vorgekommen ist, behauptet, durch das fortwährendeWaschen beim. Reibesitzbade im kalten- Wasser müsse die Hautan - der Reibestelle wund werden. Das Wundwerden beimReibesitzbade an der Reibestelle hat seine für die Eingeweihtenklare und tiefe Begründung und tritt nur in ganz bestimmtenFällen und in ganz bestimmten Formen auf. Werkeine inneren latenten Entzündungszustände im Körper steckenhat, oder bei wem der Körper die Fremdstoffe auf andermWege ausscheidet, wird niemals wund an der Reibestelle. Ichhabe Patienten gehabt, welche schon drei Jahre lang täglichIV2—2 Stunden baden und doch noch nie wund gewordensind. Andere wurden nur zu Zeiten während der Umwandlungihrer chronisch latenten Krankheitszustände in akute, alsowährend kritischer. Erscheinungen, wund, und nur so lange,bis die dabei unvermeidlichen inneren akuten Entzündungennach unten abgeleitet waren. Dann hörte während des Badensdas Wundsein, genau wie es gekommen, auch wieder auf.Bei manchen bilden sich dabei, nicht selten weit über derReibestelle, grössere oder kleinere offene Eiterstellen, die beständigEiter (Fremdstoffe in akuter Form in gärendem Zustande)entleeren. <strong>Die</strong>ser Eiter kommt nicht etwa, wie manchethörichterweise glauben, aus dem reinen Wasser, sondern einzig.und allein aus dem Körper des Patienten und ist durch, nichtsanderes, als durch die innere akute oder latente Entzündung,welche durch die Fremdstoffe in gärendem Zustande hervorgerufenwurde,' entstanden; ist also nichts mehr und nichtsweniger als die Ursache der Krisis: die Fremdstoffe selber. Esist daher sehr verkehrt, wenn Patienten, die ohne meine Anleitungund Unterweisungen meine Kur gebrauchen, sich vordiesen Erscheinungen fürchten oder dieselben nicht richtig zu


332 Zweiter Teil.deuten vermögen. Nicht etwas Schlimmes oder zu BesorgnissenAnlassgebendes liegt darin, sondern ganz im Gegenteilgerade die Sicherheit, dass der betreffende Körper schnell aufdie Kur eingeht und die inneren Entzündungszustände nachunten ableitet. Es verbirgt sich unter diesem zuweilen schmerzhaftzu tragenden Gewände gerade die erste Rosenknospe zurbeginnenden wirklichen Besserung und Heilung. Da, wo dieinnere Entzündung bereits in ein so brandiges Endstadiumgetreten ist, wie bei Krebs, ist auch in den allermeisten Fällendas Wundwerden und die Bildung von ableitenden Eiterstellenan der Reibestelle bedeutend, was ein besonders sachgemässesBehandeln der Reibestelle selber, erfordert. Der Patient hatin allen solchen Fällen. während der Zeiten des Nichtbadensein nasses Leinenläppchen mehrfach zusammengelegt resp.mehreremale herumgeschlungen an der Reibestelle anzubringen,und wenn es möglich ist, dasselbe stets nass zu erhalten.Ich will hierbei noch erwähnen, um auf meinen Kurberichtzurückzukommen, dass während der Kur bei dem Patientenvorübergehend zuerst ein früheres Nierenleiden und dannein Geschlechtsleiden wieder, aber in weit milderer Form alsehedem, zum Vorschein kamen, weil beide früher bei ihremersten Auftreten nicht geheilt, wie der Patient dies angenommenhatte, sondern nur durch Medikamente in den Körperzurückgedrängt .waren. Sie waren das Vorstadium zum Nasenkrebs,aber erst in Verbindung mit den gegen sie angewendetenMedikamenten führten sie dazu. <strong>Die</strong> kritischen Ausscheidungenwährend der Behandlung des Nasenkrebses Hessendarüber keinen Zweifel. Denn der von ihm ausgeschiedeneEiter roch zeitweilig genau so wie die früher gegen sein Nierenleidenresp. Geschlechtsleiden angewendeten Medikamente,und dieser Geruch war so penetrant, dass gar kein Zweifelüber dessen Zusammenhang mit den einstigen Medikamentenobwalten konnte. Wie ich schon an einer anderen Stelle erwähnthabe, kommt dies daher, dass der Körper die für ihngiftigen Medikamente einschleimt, und dass diese eingeschleimtenKnäuel im Körper verbleiben, die dann durch dessen innere


Krebsleiden, wildes Fleisch. 333Hitze und eigentümliche Spannung allmählich verknorpelnund völlig fest zusammentrocknen, so dass sie hart wie Knochenwerden. Bei einer geeigneten Wasserkur lösen sich diesefesten hart gewordenen Schleimmassen genau in derselbenWeise wieder auf, wie sie sich gebildet haben und kommenbei fortgesetzter Hebung der Lebenskraft wieder zur Ausscheidungaus dem Körper. In meiner Praxis habe ich dieseThatsache in vielen tausenden von Fällen feststellen können,desgleichen auch, wie der Genuss oder 'die Einverleibung vielerMedikamente der wirklichen Heilung des Körpers durch meineKur ausserordentlich hinderlich ist, und wie gerade die kritischenAusscheidungen alter Medikamente aus dem Körpervon allen kritischen Ausscheidungen die schmerzhaftesten sind.<strong>Die</strong>s musste mein Patient auch ganz besonders an seinemeigenen Leibe erfahren. Seine fortschreitende Besserung indessenHess ihn nicht eher ruhen und mit meiner Kur auf*hören, als bis er eine völlige Genesung von seinem schwerenLeiden erreicht hatte.Doch ich will noch einen Fall- von Krebs aus meinerPraxis hier folgen lassen, der auch allgemeines Interesse habendürfte. Eine Frau, Anfang der Fünfziger, litt an Brustkrebs.<strong>Die</strong> linke Brust war ihr in Berlin von jenen berühmten Autoritäten,welche auch am Krankenbett Kaiser Friedrichs thätiggewesen waren, operiert worden. Bald darauf war die rechteBrust ebenfalls vom Krebs ergriffen worden. <strong>Die</strong> so „glücklichverlaufene" Operation war also ohne jeden Erfolg gewesen, dasAllgemeinbefinden war sogar entschieden schlechter danachgeworden. Wie die Patientin sich darauf zum zweiten Malediesen ersten Autoritäten der modernen Schule vorstellte, umvon ihnen Rat zu erbitten für ihr wieder aufgetretenes Krebsleiden,wurde ihr nach längerer Untersuchungszeit erklärt,dass, wenn sie geheilt sein wolle, auch die Operation der rechtenBrust notwendig sei, dass ihr Körper indessen bereits zuschwach dazu Wäre und sie die Operation nicht überstehenwürde. Es wäre ihr aber auf andere Weise nicht mehr zuhelfen. So kam sie, von den „ersten" Ärzten aufgegeben, zu


334 Zweiter Teil.mir und fragte mich, ob ich ihr noch helfen könne.. Ihr Zustandwar trostlos. <strong>Die</strong> rechte Brust war brandig, danebenbefanden sich bis unter die Achsel mehrere harte Knoten vonHaselnuss-, Walnuss- und Hühnereigrösse, welche ebenfallseine dunkle brandige Hautfarbe aufwiesen. Der Leib warauch knotig und viel zu stark und hart. <strong>Die</strong> Verdauung warschlecht, jeden dritten oder vierten Tag wurde mittels KlystiereStuhl erzwungen. Schwarz gebrannte, feste Kotkugeln warendie ganze Entleerung. Wasserlassen ging ebenso ungenügend.Der Kräftezustand war sehr besorgniserregend, zumal auchhochgradige Kopfschmerzen denselben täglich noch verminderten.Mit grosser Konsequenz begann diese Frau meine Kur.<strong>Die</strong> Kopfschmerzen Hessen sehr bald nach. Auch die Verdauungbegann sich langsam von Woche zu Woche zu bessern.<strong>Die</strong> Zahl der ableitenden Bäder pro Tag musste ganz dem Zustandeund den Kräften der Patientin angepasst werden. <strong>Die</strong>Kur selber war in den ersten sechs Wochen ziemHch schmerzhaft.Sehr deutlich trat während dieses Kurverlaufes die Wirkungder seiner Zeit in BerHn so glücklich vollführten Operationder linken Brust zu Tage. An der Stelle der alten tiefenNarbe an der linken Brust bildete sich bereits während derersten Woche der Kur eine offene brandige Wunde, die imLäufe der ersten vier Wochen fortwährend beträchtlich anGrösse und Tiefe zunahm, bis sie Fünfmarkscheingrösse erreichthatte. Dann ging die Heilung dieser Wunde innerhalbsechs Wochen langsam vor sich. Man konnte es bei diesenVorgängen sehr deutlich beobachten, wie die Brandigkeit derrechten Brust in demselben Maasse abnahm, in welchem dieselbein der linken zunahm. Durch die Operation der linkenBrust war in keiner Weise die Ursache des Krebsleidens, sondernnur der äusserste Gärungsherd fortgeschafft worden, sodass der Körper genötigt wurde, den Gang der Krebsgärungzu ändern, wodurch jetzt die rechte Brust-, nachdem sich vorherharte Knoten, bis in die Achselhöhle hinein um die Brustgebildet hatten, diesen Gärungsprozess empfing. Bei meinerKur wurde die Krankheit gezwungen, wieder ihren Rückweg


Krebsleiden, wildes Fleisch. 335»anzutreten, und das konnte nicht anders geschehen, als dassdie Krankheitsstoffe zunächst wieder in der Unken Brust inden akuten Zustand kamen, aus welchem sie zur Zeit derOperation daraus gewaltsam und unnatürHch entfernt und inden Körper zurückgedrängt worden waren. Ein schlagenderBeweis dafür, wie sich die Natur einmal nicht vergewaltigenlässt, wie dies die moderne Schulmedizin überall bestrebt istzu thun. Jede Operation zeugt nur immer und immer wiederfür die Unvollkommenheit der modernen medizinischen Schule,sowie für ihre unendHehe Armut an jedem wirkHchen Heilmittel.Operieren ist noch unnatürlicher als die Anwendungvon Medikamenten. Jetzt werden auch die verehrtenLeser und Leserinnen begreifen, weshalb ich nicht nur „arzneilose",sondern auch „operationslose" Heilkunst auf das Titelblattdieses Lehrbuches gesetzt habe.Durch das fortwährende Baden gestaltete sich die Patientindie durch diese Veränderungen im Körper unvermeidHchenSchmerzen erträgHch, auch gelang es, die innere brandigeEntzündung sofort nach der ReibesteUe abzuleiten. Es bildetensich an den äusseren Geschlechtsteilen grosse eiternde offeneStellen, welche beständig Entzündungsstoffe aus dem Körperbeim Baden ins Wasser entleerten. <strong>Die</strong> Knoten unter derrechten Achsel erweichten und zerteilten sich innerhalb derersten dreissig Tage und zogen sich immer mehr nach untennach dem Leibe zu. Während der ersten zwei Monate hatdie Patientin nur von trockenem Grahambrot und Obst gelebt.Durch diese strenge Diät wurde es aUein mögHch, dass ihrZustand sich in drei Monaten soweit gebessert hatte, dass dieoffene Wunde in der Unken Brust so gut wie zugeheilt warund sie nach Hause reisen konnte. Dort bessertet sich inweiteren zwei Monaten ihr Zustand noch weiter.In anderen KrebsfäUen, namentlich bei Zungenkrebs,wo die Zungen schon brandig und wie mit brandigen erbsengrossenKnoten an den schlimmsten SteHen bedeckt waren,befanden sich am Halse der Patienten bereits grössere hartelebensgefährliche Krebsgeschwülste, welche die Patienten am


336 Zweiter Teil.Schlucken hinderten. Bei Behandlung solcher Patienten habeich mehrfach die erstaunlichen Wirkungen meiner Methode beobachtenkönnen. In einigen Wochen wurden diese hartenKnoten weich, indem sie sich in Eiter auflösten, dann warensie jedesmal für den Patienten beim Schlucken ungefährlich.Auf der Zunge löste sich beständig nach den Reibebädernein bräunUcher Belag ab und die Zungenknoten verschwandenweit eher, als die unteren Knoten, so dass die Zungeglatt und normal wurde. Das Gefährlichste bei all diesenPatienten war, wie ich beobachtet habe, die übergrossen Hämorrhoidalknotenim Unterleibe. In einigen solchen FäUen,wo die Patienten nicht mehr im stände waren, feste Nahrungzu sich zu nehmen, gelang es wohl noch, die unerträglichenSchmerzen schon nach den ersten Tagen der Kur völHg zuheben, ebenso die Morphiumsucht und das Verhungern zuverhindern und den Brand aus der Zunge fortzuschaffen, sowiedie Knoten am Halse aufzulösen und die qualvoUe, geradezuunerträgUche Schlaflosigkeit zu verbannen,, aber der,Patient musste trotzdem sterben, weil die Knoten im Unterleibebei der beständig flüssigen Diät keine normalen Ausleerungenmehr gestatteten. Man sieht daraus wieder dieBedeutung des Unterleibes. <strong>Die</strong> Zunge und der Hals hattenimmer den Patienten die grössten Schmerzen und Unannehmlichkeitenbereitet, trotzdem wurden die Todesursache nichtdiese, sondern die Knoten und brandigen Zustände des Unterleibesund des Verdauungsapparates.Am auffälHgsten traten die Wirkungen der Reibösitzbäderbei, eintretenden Erstickungsanfällen zu Tage. Ich habe Patientengehabt, welche bis vier ErstickungsanfäUe an einemTage hatten. In allen diesen kritischen Fällen wurden sofortReibesitzbäder angewendet, und in wenigen Minuten warjedesmal die Erstickungsgefahr beseitigt. So oft wie sich imInnern des Halses ein Knoten auflöste und seinen Eiter indie Luftröhre ergoss, oder allein schon durch seine Auflösungsvergrösserungden Hals zudrückte, traten diese Erstickungsanfälleein. Durch die Reibesitzbäder wurden sie sofort be-


0Krebsleiden, wildes Fleisch. 337seitigt, weil dadurch der Eiter sich sofort nach unten zogresp. die Grösse der sich auflösenden Knoten verringertwurde, Von hervorragender Bedeutung sind gerade diese Vorgänge,zu deren Beseitigung man bis jetzt nur den Luftröhrenschnittkannte. Meine Reibesitzbäder leisten in diesenverzweifelten Krisen dieselben zuverlässigen <strong>Die</strong>nste; wie auchin Erstickungsanfällen bei Diphtherie, so dass auch hierbeijede Operation voUständig überflüssig wird.EbenfaUs ist bei meiner Methode schon in den erstenTagen jede weitere Anwendung von Morphium in den schwerstenKrebsfäUen überflüssig geworden.Wildes Fleisch.<strong>Die</strong>se Wucherung und krankhafte Neubildung der Fleischwärzchenhat viele ÄhnUchkeit mit Krebs, nur dass sie meistweit schneller heilbar ist als dieser.Nirgends kann man deutlicher den Gärungsprozess derFremdstoffe beobachten als beim wilden Fleisch. Dasselbe istnur heilbar, sobald es sich in Eiter umwandelt. Also nur wennes uns gelingt, diese Umwandlung zu erreichen, werden wireine Heilung erzielen. Der Eiter ist gewissermaassen nichtsweiter als umgewandeltes wildes Fleisch, und wildes Fleischnichts als Eiter im Vorstadium oder gärende Fremdstoffe inNeinem besonderen Zustande. <strong>Die</strong> Umwandelung ist nur durchReguHerurlg der inneren Temperaturen möglich, was nachmeiner Ansicht am schnellsten durch meine ableitenden Reibebädererzielt wird. Ein Bericht aus meiner Praxis wird diesnoch deutlicher zeigen.^Eine dreissigjährige schwangere Frau hatte seit längerer Zeiteinen schlimmen rechten Zeigefinger. <strong>Die</strong> Spitze des Fingershatte sich entzündet infolge ./einer Verletzung und diese, sowiedie Entzündung wollten nicht heilen, trotzdem von ärztlicherSeite alles dazu aufgeboten wurde, was dazu beitragen soUte.Schon wochenlang vor ihrer Niederkunft verschlimmerte sieht*Louis Kühne, <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong>. 22


338 Zweiter Teil.der Finger sehr wesentlich, die Entzündung nahm zu, und esbildete sich an der verletzten Stelle eine grosse Wucherungvon wildem Fleisch. Der Arzt schnitt dieses fort und beiztemit HöUenstein und anderen scharfen Mitteln, aber vergebHch.Als dann drei Tage nach ihrer glücklichen Entbindung trotzwiederholten Operierens das wilde Fleisch immer mehr überhandnahmund der Finger eine brandige Färbung zeigte,erklärte der Arzt, der Knochen sei jetzt angegangen und eineAmputation des Fingers dringend notwendig, wenn das Übelnicht weiter um sich greifen soUe. Zu der Amputation konntesich* Patientin indessen nicht entschliessen und schickte zumir. Ich erklärte ihr zunächst, dass ich eine Operation, wieder Arzt sie in Aussicht genommen hatte nicht nur für völligüberflüssig, sondern geradezu für gesundheitsschädlich hielte,dass der schlimme Finger vielmehr nur die Folge eines Unterleibsleidenssei, und wir nur durch Beseitigung dieses denFinger heilen könnten. Ich verordnete ihr täglich drei bisvier Reibesitzbäder von je 30 Minuten Dauer neben reizlosernaturgemässer Kost und daneben in den ersten drei bis vierTagen tägHch vor dem Reibesitzbade ein lokales Dampfbadan dem Finger. <strong>Die</strong> Frau trug Bedenken als WöchnerinReibesitzbäder zu nehmen, entschloss sich indessen rasch dazuals ich ihr erklärte, dass ich nicht im stände wäre, ihr einenbesseren Rat zu erteilen, ihr aber rate, Heber von der Kur abzusehenals etwas zu machen, wozu sie kein Vertrauen habe.Sie ging um so bereitwilliger auf meine Ratschläge ein alsihr auf der anderen Seite nur die Amputation winkte. Siebegann meine Kur in der vorgeschriebenen Weise, und derErfolg trat bei ihrem Zustande als Wöchnerin rascher als sonstein, weil der Körper in dieser Zeit überhaupt die Befähigungzu einer erhöhten inneren Thätigkeit besitzt. Schon nach dreiTagen war die Besserung überraschend. Jedes Weiter wucherndes wilden Fleisches hatte mit dem ersten Bade bereits aufgehört,und am dritten Tage begann das wilde Fleisch sich inEiter umzuwandeln. Mit diesem Moment war jede Gefahrfür den Finger beseitigt. Sein brandiger Zustand hatte auf-


Krebsleiden, wildes Fleisch.339gehört und somit war auch für den Knochen jede Gefahrgeschwunden, der bereits eingetretene Knochenfrass war ebenfaUsbeseitigt. <strong>Die</strong> Umwandlung des noch vorhandenen wildenFleisches in Eiter ging nun rasch vor sich, und innerhalbvierzehn Tagen war der Finger geheilt, dass er wieder vollständigso aussah, wie der andere Zeigefinger. Auch warkeine entstellende Narbe zurückgeblieben.22*


Herzleiden nnd Wassersncht.Was ist die Ursache und das eigentliche Wesen desHerzleidens? „Fremdstoffe!" wird unser Leser sofort ausrufen.Belastung des Herzens mit Fremdstoffen ist allerdings die Ursachedieser Krankheit. Wie kommt es aber, dass bei diesemLeiden die Fremdstoffe gerade nach dem Herzen gegangensind, da doch soviel Platz nebenbei im Körper für dieselbenvorhanden war. Es hängt dies mit dem Gange der Belastungzusammen. Da, wo die Fremdstoffe mehr auf der HnkenKörperseite emporgegangen sind, wo also eine Hnksseitige Belastungvorliegt, ist auch mehr oder weniger die Anlage zueiner Herzkrankheit gegeben, weil das Herz mehr nach derlinken Seite hinneigt. Ist nun das Herzorgan gar noch schwachausgebildet im Verhältnis zu den übrigen Organen des Körpers,was durch erbliche Veranlagung geschehen kann, so werdendie Fremdstoffe beim Herzen weniger Widerstand finden, alsbei den übrigen Organen, und es wird mit den Jahren eineBelastung des Herzens und der Herzpartie eintreten und soje nach ihrer Verschiedenheit die verschiedenen Herzleidenbedingen. Ich habe mich bereits in dem Abschnitt „Wie erreichtman leichte und glückliche Geburten" darüber ausgesprochen,wie schwere und schmerzhafte Geburten alleindurch Belastung des Unterleibes mit Fremdstoffen hervorgerufenwerden, weil diese Stoffe auch die Muskelpartieen,


Herzleiden und Wassersucht. 341welche die Wehenthätigkeit bewirken, durchsetzt haben.Ganz ähnlich ist es bei der Belastung des Herzens. Nichtnur, dass die umliegenden Körperpartieen eine vermehrte Belastungmit Fremdstoffen, oft in Form von Verfettung, aufweisen,die Muskeln des Herzens sind selber oft derartigdurchsetzt mit Fremdstoffen, gewissermaassen verschwollen,dass ein normales Funktionieren zur UnmögHchkeit wird.Es ist dazu durchaus nicht in jedem FaUe nötig, dass derUmfang der Herzmuskeln besonders viel grösser wird*, dieBelastung der Muskelgewebe geschieht vielfach so, dass nurein Härter-, ein Gespannter- oder Festerwerden derselbeneintritt. Vielfach beobachtet man auch geradezu Fettdurchsetzungoder Verschwollensein der Muskeln. Durch diesenUmstand werden aber die Muskeln funktionsunfähiger. Einjeder weiss, wie bei einer Geschwulst der Haut, die Spannungund das Straffwerden derselben hemmend und hindernd aufdie freie Funktionierung des gesamten Körpers wirkt. BeimHerzen macht sich diese Muskelbelastung in einer unregelmässigenThätigkeit bemerbar. Sobald nun eine vermehrteArbeitsleistung vom Herzen verlangt wird, z. B. bei Schreckoder sonst einem unerwarteten und aufregenden Ereignis, sowiebei stärkerer Körperthätigkeit, und dadurch eine vermehrteBlutzufuhr nach dem Herzen hervorgerufen wird, so fühlenwir besonders deutHch, wie es seinen <strong>Die</strong>nst nicht vollkommenverrichten kann, es stellen sich Herzklopfen, Beängstigungen,Blutstockungen, Lähmung, Atemnot u. s. w. ein. Ein besondererSchmerz ist sonst meistenteils nicht damit verbunden,.sondern nur ein beständiges oder auch nur zeitweiHges dumpfesEmpfinden und Drücken, oder ein Gefühl, als befinde sich amHerzen und dessen Umgebung etwas, was nicht dahin gehöre.Auf dieselbe Weise kommen die Störungen im Funktionieren,der Herzklappen zu stände. <strong>Die</strong>se Hautlappen könnenbei einem gewissen Grade ihrer Belastung das ihnen obliegendeSchliesseramt nicht mehr genügend versehen, weilihre SchHessflächen derart durch Anhäufungen von Fremdstoffendeformiert sind, dass sie nicht mehr auf die Herz-


342 Zweiter Teil.kammeröffnungen passen. Doch kann ein Herzklappenfehlerauch durch Umgestaltung der Schliessflächen an den Herzkammeröffnungenentstehen. In beiden Fällen ist die Ursachedieselbe.Was nun die nervösen Herzleiden anbetrifft, so sind dieselbenfreilich eine ganz besondere Erfindung zu nennen —als ob ein Organ krank sein könnte, ohne dass dessen Nervennicht ebenfaUs dabei krank sein müssten! Es zeigt voneiner tiefen Verkennung der Natur und deren Absichten,glauben zu wollen, wie man das täglich hören kann, dass dieNerven völlig gesund seien, während das oder jenes Organ nurerkrankt sei oder der ganze Körper kerngesund sei, nur dieNerven nicht. In meinem Artikel über Nervenkrankheiten habeich mich bereits darüber ausgesprochen und will hier nur hinzufügen,dass diese geringe Erkenntnis der Natur und des Wesensdes menschHchen Körpers wenig beiträgt, das Ansehen desärztlichen Standes zu heben. Für mich ist dieser Standpunktein überwundener. Es handelt sich vielmehr darum zu zeigen,ob zuerst das Organ selber und infolgedessen die Nervenoder zuerst die Nerven und infolgedessen das Organ, oderbeide zu gleicher Zeit krank geworden oder belastet sind.Später werde ich mich vielleicht über das Wesen und dieBedeutung der Nerven näher auslassen; für heute genügt eszu sagen, dass kein Organ krank sein kann, ohne dass dessenNerven nicht ebenfalls krank sind. So sehen wir, dass aHedie vielen verschiedenen Herzkrankheiten mit ihren hundertverschiedenen Namen, ihrem verschiedenen Aussehen undihrem verschiedenen äusseren Erscheinen, gleichwie die verschiedenenPflanzen und Blumen einer Wiese nur eineeinzige gemeinsame Existenzbedingung trotz ihrer Verschiedenheithaben, ebenfalls nur eine gemeinsame Ursache haben,nämlich die Belastung des Körpers mit Fremdstoffen, diefreilich ihrer Form nach eine verschiedene sein kann und fastimmer ist.Wie erklärt sich nun das Auftreten der Wassersucht?<strong>Die</strong>selbe tritt bei linksseitiger Belastung häufig in Verbindung


Herzleiden und Wassersucht. 343mit einem Herzleiden auf, so dass man mit voller Berechtigungsagen kann, das Herzleiden ist dann eben nur ein Vorstadiumder Wassersucht. <strong>Die</strong> Wassersucht ist überhaupt immererst das Endstadium vorangegangener anderer, ungeheilterKrankheiten, gleichviel ob sie bei rechts- oder HnksseitigerKörperbelastung entsteht. Das Vorhandensein von Fremdstoffenbei der Wassersucht wird selbst einem schwachen Geiste einleuchtenmüssen, denn das Wasser, wie es bei der Wassersuchtsich im Körper zeigt, ist sicherHch ein Produkt, vondem niemand behaupten wird, dass dasselbe zum Wohlergehendes Körpers gehöre. Man sieht hierbei deutlich, wie der Körperüberhaupt nicht mehr im stände ist, normales Blut zu erzeugen,einerseits, weil er kein normales Blut mehr neu bilden, anderseits,weil er das vorhandene nicht mehr genügend reinigenkann. So kommt es, dass die Säfte immer mehr in Zersetzungübergehen und dann Form und Gestalt ändern.Nirgends ist so deutlich der Prozess des Entstehens undZersetzens der Stoffe im Körper, sowie die dadurch entstehendenFormveränderungen, welche in das Gebiet meinerGesichtsausdruckskunde fallen, zu beobachten, als gerade beider Wassersucht. Hier werden diese Vorgänge so deutlichsichtbar, dass sie jeder, auch der Uneingeweihteste, sehejn undbeobachten kann. Ich hatte vor-einiger Zeit einen wassersüchtigenPatienten, der so voller Wasser war, dass seinKörper wie ein aufgeblasener Gummischlauch aussah. Der^innere Druck des Wassers war so stark, dass dasselbe fort-^während durch die Haut der Beine quoH, und überall, woder Patient gesessen hatte, hinterHess er ganze Lachen. DagAuffallendste war aber noch folgendes dabei: Der Patient warsein Leben hindurch Butterhändler gewesen und hatte alleTage viel Butter schmecken müssen. Jetzt roch das durcjidie Beine ausgeschiedene Wasser dergestalt nach Butter, dassgar kein Zweifel über dessen Herkunft sein könnte. <strong>Die</strong> früherwährend jedes Tages zu sich genommenen nicht unbedeutendenQuantitäten Butter ohne andere Zusätze, wie Brot u. s. w.,hatte sein Magen nicht genügend verdauen können, die Butter


344 Zweiter Teil..bUeb allmählich immer mehr und mehr unverdaut undwurde Fremdstoff im Körper, woselbst sie sich zunächst,da der Mann auf der linken Seite schHef, als linksseitige Belastunggeltend machte, wobei besonders Fettablagerungen imund am Herzen und auch im gäSzen übrigen Körper sichtbarwurden. AEs hatte sich davon ein Herzleiden eingestellt, das sichJahre hindurch hinzog. Zuletzt gingen die Fremdstoffe in;einen noch weiteren Zersetzungs- oder veränderten Zustandüber und wurden nun als Wasser sichtbar. Sein Herzleidenhatte alle Abstufungen und Stadien durchgemacht. Zuerst hatteman es Herzklopfen, dann nervöses Herzleiden, dann Herz-. Verfettung genannt, wozu sich dann bald noch ein Herzklappenfehlereinstellte. Darauf trat Herzbeutelwassersucht ein, diedann in aUgemeiner Wassersucht endtete. Der Patient hatteaUe Heilmethoden angewendet und war dann schliesslich, alses schon lange zu spät war, auch zu mir gekommen, um meineKur zu gebrauchen, doch war er bereits unfähig, dieselbeausführen zu können. Man hatiauäiesan Patienten auf dieverschiedenste Weise mitL^towgien und Giften shejiandelt undhatte_ wjia


Herzleiden und Wassersucht. 345Zustand einen gewissen Grad ^erreicht hat, kommt es zurWasserbildung. <strong>Die</strong>sen Brand spüren die Kranken so gutwie gar nicht, weil er latent und kalt ist, und nur das Wasserbelästigt sie, indem es ihnen Atemnot und Herzbeklemmungenverursacht. Sobald aber der Körper gegen die Krankheitwieder zu reagieren anfängt, d. h. wenn man seine Lebenskraftwieder anzuregen im stände ist, kommt auch der vorherlatente Brand akut zu Tage. Ist der Zustand des Patientenbereits ein sehr weit vorgeschrittener, so wird er durch diesenBrand im Innern so schwach, dass er eine völlige Heilungnicht mehr durchzuführen im stände ist, er verbrennt innerUch.Ist die Lebenskraft indessen noch stark genug um über dieKrankheit Herr werden zu können, so gelingt es ihr auchden Brand aus dem Körper herauszuschaffen. Zum besserenVerständnis dafür will ich zwei Fälle aus meiner Praxis hierfolgen lassen.Von weit her kam vor einigen Monaten ein Herr inmeine Behandlung, der bereits seit Jahren an WassersuchtHtt, die er bisher auf allopathischem Wege hatte behandelnlassen. <strong>Die</strong> Beine waren zu doppelter Stärke vom Wasser angeschwollen,ebenso der Leib. Trotzdem klagte der Patientnur über .Atemnot beim Liegen und Schwere in den Beinen,konnte indessen noch ganz flott gehen. Ich erklärte diesemPatienten, dass sein Zustand schon zu weit vorgeschrittenwäre, um noch eine Heilung erzielen zu können, dass ich esdaher lieber -sähe, wenn er meine Kur gar nicht anfinge. DerKranke bestand indessen konsequent darauf, die Kur machenzu wollen, da er alles andere versucht habe; bei jeder anderenBehandlung sehe er seinem sicheren Ende entgegen und hiersei doch noch ein Hoffnungsschimmer zur Besserung vorhanden.Trotz meines Abratens begann er meine Kur. Der Erfolgwar nachstehender:In den ersten vierzehn Tagen ging es über Erwarten gut.Das Wasser schwand täglich mehr, bis am vierzehnten Tagenicht mehr eine Spur von Wasser im Leibe vorhanden war.Reichliche Schweisse und starke Ausleerungen hatten dasselbe


346 Zweiter Teil, ..•=.beseitigt. Patient war überglückHch und in der besten Hoffnunggesund zu werden. Bis jetzt hatte sein Körper nurdas Produkt der Krankheit nämlich „das Wasser" beseitigt,während er jetzt an die Beseitigung der Ursache der-Wasserbildungsich anschickte. <strong>Die</strong>se Ursache war aber der imInnern bis dahin latente kalte Brand. <strong>Die</strong> Heilung konnte derKörper nur auf einem Wege bewerkstelUgen, nämlich indem erden kalten latenten Brand in einen hitzigen, akuten umwandelte.Hat ein Körper noch die hierzu erforderhche Lebenskraft,so schafft er bei dieser Umwandlungskrise die diesenZustand bedingenden Fremdstoffe heraus, wonach dann eineHeilung eintritt, im anderen FaHe verbrennt er innerlich.Bei meinem Patienten trat nun, wie ich dies vorhergesehenhatte, der letztere Fall ein. In der dritten Woche beganndie Umwandlung des latenten kalten Brandes im rechten Bein,das sich infolgedessen immer mehr und mehr entzündete bissich schliessHch allmählich eine offene Wunde von den Zehenbis auf die Mitte des Schienbeins bildete, welche bereits amzweiten Tage ein völlig schwarzes Aussehen bekam, der Brand,der vorher im Innern verborgen gewesen, war dadurch nachaussen geschafft, was dem Kranken natürlich grasse Schmerzenverursachte. In der vierten Woche löste sich dann das Schwarzevon der Wunde wie eine dicke Haut ab, und die Wunde begannwieder zu heilen. Jetzt aber nahm die Hitze im Körper,des noch immer ziemlich korpulenten Mannes, tägUch zu, einZeichen dafür, dass sich der im Leibe befindliche latentekalte Brand umzuwandeln begann. Ein verzehrender Durstwar die erste Folge davon. Trotz erdenkHchster Ableitungder zu grossen Hitze im Innern gelang es doch nicht überden Brand Herr zu werden, was deutlich an der dadurch eintretendenzunehmenden Schwäche des Kranken sichtbar wurde.<strong>Die</strong> Kräfte zum Baden erlahmten bald, und so trat, nachdemam neunundzwanzigsten Tage Bewusstlosigkeit eingetreten war,am dreissigsten Tage der Tod ein. Hier war infolge der zugrossen innerlichen Hitze der Kranke eingegangen.In dem anderen Falle behandelte ich vor \ x j 2 Jahren


Herzleiden und Wassersucht. 347hier einen Patienten, der ebenfaHs schon seit längerer Zeitstark wassersüchtig war, glückHcherweise aber noch wenigMedikamente dagegen eingenommen hatte, weil er nur homöopathischbehandelt war. Innerhalb dreier Wochen verlor erdas Wasser, wonach sich in der vierten Woche im Innerneine grosse Hitze einstellte. Am zweiten Tage der viertenWoche begannen indessen kohlschwarze, pestilenziaHsch stinkendeKotausleerungen unter cholera- und ruhrartigen Erscheinungen.<strong>Die</strong>se Ausleerungen währten drei Tage lang. Niemand*von den Angehörigen konnte sich diese Erscheinungen erklären,alle waren um so bestürzter über dieselben, weil der Krankenur wenig Nahrung zu sich genommen hatte und niemanddaher wusste, wo diese erschrecklichen Ausleerungen her kamen.In grosser Aufregung kam die Frau des Kranken zu mir undberichtete mir dies Ereignis, worauf ich ihr erklärte, dassjetzt ihr Mann gerettet sei, weil durch diese Krise der Körperden im Innern befindhchen latenten kalten Brand nicht nurumgewandelt, sondern auch die diesem zu Grunde liegendenFremdstoffe, die sich seit Jahren in ihm befunden und abgelagerthatten, herausgeschafft hatte. Der Kranke war durchdiese Krise ungeheuer matt geworden und fast zum Skelettabgemagert. Nach überstandener Krise nahm er denn baldwieder zu und erholte sich tägHch mehr. Heute nach anderthalbJahren ist er wieder so gesund wie vor zwanzig Jahren,und keine Spur von Wasser hat sich bei ihm seitdem mehrgezeigt. In diesem Falle hatte der Körper die Umwandlung'des kalten latenten Brandes glückHch überstanden, doch zeigfrdieser Fall auch gleichzeitig, was für grosse und schwere Krisenbei dieser Umwandlung eintreten können.Aber noch andere Beobachtungen knüpfen sich für jedenDenkenden an diese Berichte aus der Praxis, die ich gleichhier folgen lasse, obgleich sie eigentlich in einen anderen.Abschnitt gehören. Wie ich schon sagte, geht der Bildung vonWasser im Körper schon Jähre lang stets ein innerer latenter,chronischer Brand voraus, der immer die Folge einer erheblichenBelastung mit Fremdstoffen ist. Nun kann ein Körper


348 Zweiter Teil.*in solchem Zustande noch vor der Wasserbildung durch irgendwelche äussere Ursachen, vieUeicht Witterungswechsel, sogenannte.Erkältung, Schreck, Gemütsbewegungen u. dergl. m.Krisen erleiden, d. h. akute Krankheits- oder Fieberzustände,wie wir es nennen, die genau denselben oder doch einen ganzähnlichen Charakter tragen, wie solche Krisen, die ich vorherbei meinen Kurberichten erwähnte. So entsteht die gefürchtete. Cholera und Ruhr oder ähnliche Krankheitszustände. <strong>Die</strong>selbensind also nichts als Heilbestrebungen des Körpers, zu denenderselbe durch irgend welche Witterungseinflüsse, vielleicht dieerst <strong>neue</strong>rdings entdeckten elektrischen Spannungen bei gewissenWitterungserscheinungen, die Anregung und Kraft erhält.Ich habe hier nun wiederum gezeigt, wie aUe Herzleidenund Wassersucht ebenfalls mit allen anderen Krankheiten diegemeinsame Ursache haben und will jetzt nur noch einigeWorte zur Höilung und Heilbarkeit dieser zwei Krankheitserscheinungenhinzufügen. Sobald es gelingt, die Fremdstoffeund die Belastung zu heben, sind beide Leiden beseitigt. Herzleidenschliesst meist, wie ich schon sagte, eine linksseitigeKörperbelastung in sich ein. Alle linksseitigen Belastungszuständesind aber, wie ich in meiner Praxis beobachtet habe,weit schwerer als rechtsseitige zu heben, wenigstens gehört fastimmer eine längere Zeitdauer dazu. Auch schwitzen Hnksseitigbelastete viel schwerer als rechtsseitig belastete. Wassersuchtist in manchen Fällen nicht mehr heilbar, weil die Lebenskraftdes Körpers in vorgeschrittenen Fällen bereits soweithin ist,, dass sie nicht mehr ausreicht zur Herausschaffung derFremdstoffe und vor allen Dingen die Verdauung nicht mehrdauernd zu heben geht.Wassersucht ist nur dann noch wirklich heilbar, wennder betreffende Patient bei strenger Durchführung meinerKur gehörig an den wassersüchtigen Körperstellen von selberzum Schwitzen kommt, dadurch ist es mögHch, dass dasWasser und die übrigen Fremdstoffe zur Ausscheidung gebrachtwerden, und ferner, wenn eine normalere Verdauung wiederdauernd Platz greift.


Herzleiden und Wassersucht. 349Meine Gesichtsausdruckskunde bietet uns aber, wie schonvielfach gesagt, ein sicheres Mittel, lange, ja viele Jahrevorher das Herannahen der Wassersucht beobachten zu können,so dass wir, ausgestattet mit dieser <strong>neue</strong>n Wissenschaft, nichtf erst abzuwarten brauchen, bis Krankheiten soweit vorgeschrittensind, dass sie unheilbar werden, sondern bereits in demjenigenZeitabschnitte mit einer eingehenden Kur beginnenkönnen, wo das Krankheitsstadium uns noch eine völlige undleichte Heilung gestattet.Der Beweis für die Richtigkeit des Gesagten kann, nurdurch die Praxis und den Gang der Heilung erbracht werden,und so wül ich Ihnen denn nachstehend einen interessantenFaU schweren Herzleidens, verbunden mit Wassersucht 1 undLepra (oder auch Aussatz genannt), vorführen, der Ihnen dasGesagte beweisen soll.Herr J. F. R. aus Batavia, Insel Java, hatte 24 Jahredaselbst ein Exportgeschäft geführt und erfreute sich währenddieser Zeit einer nach seinen Ansprüchen zufriedenstellendenGesundheit, nur dass ihn zeitweiliges Fieber, öfters böse Augen"und wunde Beine plagten. Für uns sind diese Erscheinungengenügend, um zu wissen, dass der Körper nicht gesund, sondernstark mit Fremdstoffen belastet war, welche bald an,dieser, bald an jener Stelle im Körper sich ablagerten und beider dort herrschenden tropischen Hitze leichter als in unserengemässigten Zonen zum Gären kamen, d. h. einen akutenKrankheitszustand bewirkten. Für die Richtigkeit dieser Behauptungengiebt uns der weitere Verlauf dieses höchst interessantenKrankenberichtes die schlagendsten Beweise. ImNovember 1879 bekam Herr R. in der Nähe vom linken Ohram Hinterkopf ein starkes Neunauge, und nachdem dieses geheilt,d. h. durch medizinische Gifte unterdrückt resp. in denKörper zurückgedrängt war, suchte sich der im Körper befindlicheKrankheitsstoff wieder eine andere Ausbruchstelle, indemein Finger sehr stark anschwoll und viel Eiter absonderte,so dass sogar ein Stückchen Knochen dabei herausschwor.Kaum, war der Finger heil, so stellte sich ein abnormer


350 Zweiter Teil.Blutabgang durch den Darm ein. Ein sicheres Zeichen, dassim Innern Hämorrhoidalknoten zum Aufgehen gekommenwaren. Nicht lange danach entstand eine offene Wunde amlinken Fuss, welche längere Zeit offen blieb und eiterte.<strong>Die</strong> mit jeder stärkeren Belastung des Körpers einher-^gehenden lästigen Begleiter, wie kalte Hände und Füsse, kalteSchweisse, öftere Fieberanfälle waren auch bei Herrn R. beständigeGenossen. Im Februar 1882 stellte sich ein stärkeresFieber als sonst ein, das mehrere Tage mit unverminderterHeftigkeit andauerte. Der Hausarzt des Patienten erklärteseinen Zustand für höchst gefährlich, weil er die Krankheitfür Leprose hielt, und riet ihm, eine Reise nach Europa zuunternehmen, um Heilung in einem Badeorte zu suchen. Am13. April 1882 reiste Herr R. aus Bätavia ab und konsultiertein Basel Professor J., welcher Erhitzung des Blutes konstatierte,ihn in das Bad Krankenheil bei Tölz in Ober-Bayernschickte und ihn an Dr. med. H. empfahl. Während dieserKur bekam Herr R. auf dem rechten Vorderarm einen rotenFlecken, der trotz Einreiben mit Sublimat nicht fortging, aberein deutliches Zeichen für den bedeutenden inneren chronischenFieberzustand war. Nach Beendigung der Kur fühltesich Herr R. frischer und elastischer, bekam jedoch im Herbstnoch mehr rote Flecken am Körper. Der chronische Fieberzustandwurde also noch grösser. Im April 1883 trat er seineRückreise nach Java an und verlor, sobald er in die Tropenkam, dadurch, dass sein Körper infolge der grösseren Hitzemehr zum Schwitzen kam und dadurch sich eines Teiles seinerFremdstoffe entledigte, die roten Flecken. Im Mai in Bätaviaangelangt, stellte sich sehr bald ein Herzleiden ein, zuerststarkes Herzklopfen, später trat dann auch wieder sostarkes Fieber auf, dass er wieder ärztliche Behandlungsuchte und im Mai 1885 auf längere Zeit nach Europa zurKur musste.Aus dem Vorhergesagten geht klar hervor, wie durch dieeuropäische Behandlung im Bade Krankenheil die Krankheitsursachedes Herrn R. keineswegs aus seinem Körper heraus-


Herzleiden *ünd Wassersucht. 351geschafft Fjorden war. Der in seinem Körper befindliche Krankheitsstoffbefand sich nachfwie vor noch in seinem Leibe, dasbeweist deutlich der <strong>neue</strong> Krankheitsausbruch nach seinerRückkehr in die alte Heimat. Durch seinen Aufenthalt indem kühleren Klima Europas war allerdings sein Krankheitszustandin ein chronisch latentes Stadium übergegangen,das ihm weniger fühlbar war und seltener akute Zustände mitsich brachte, das aber, sobald er wieder in die tropische Hitzekam, wieder akut wurde. (Vgl. Seite 26.) So hielt er undsein Arzt diese durch den Klimawechsel hervorgerufene scheinbareBesserung seines Zustandes für eine Heilung und nichtfür das, was sie wirklich war, nämlich nur ein anderes Stadiumder Krankheit.•$.In Europa angelangt siedelte sich Herr R. in Freiburgin Baden an und lebte ganz seiner Kur, beraten von seinem:Hausarzte und dem Geheimen Hofrat Dr. med. N. Im Herbstetraten wiederum die roten Flecken überall am Körper auf undzwar weit heftiger als im Jahre 1882. Ein sicheres Anzeichendafür, dass die Belastung des Körpers mit Fremdstoffen nochmehr zugenommen hatte. Da den behandelnden Ärzten dasWesen des scharlachartigen Ausschlages, als auch der übrigenKrankheitserscheinungen unklar und rätselhaft war, erklärtensie Herrn R., man müsse die Heilung der Natur überlassen,denn ein von ihnen angeratener Besuch im Soolbad Rheinfeldenim Jahre 1886 hatte keine sonderlichen Wirkungenund ihre Einreibungen hatten stets nur recht bösartige Verschlimmerungenin des Patienten Befinden zur Folge, weshalber sich denn grösstenteils auf warme Bäder in der Badeeinrichtungseines Freiburger Hauses beschränkte. Seine Krankheitwurde jetzt wieder allmählich mehr chronisch und immermehr chronisch. Dabei konnte es nicht ausbleiben, dass durchdiese körperHchen Leiden auch seine Gemütsstimmung eineimmer gedrücktere wurde. Er befand sich in jenem Zustandchronischen Elends, den man heutzutage noch vielfach für Gesundheithält, und welcher in seiner Rückwirkung überall dieQueUe aller Melancholie, Schwermut, Verzagtheit, Mutlosigkeit


352 Zweiter Teil.und des Lebensüberdrusses wird und werden muss. Daher konntees nicht anders kommen, dass seih Gemütszustand, nachdemer bis zum Ende des Jahres 1888 erfolglos sein Leiden an derHand berühmter Ärzte behandelt hatte, immer trauriger wurdeund aus dem bis dahin noch hoffnungsvollen Manne ein lebens-^müder, unleidHcher und gebrochener Greis ward. DringendeGeschäfte nötigten Herrn R., am 19. Januar 1889 wieder nachBatavia zurückzureisen. Sein Leiden war jetzt bereits so chronischgeworden, dass selbst die tropische Sonne sein seit dreiJahren eingetretenes Schwitz Unvermögen nur so weit zu heben-vermochte, dass der Körper nur an Rücken und Brust etwaszum Schwitzen kam, der übrige Leib aber stets völHg kaltund schweisslos blieb. Es war somit ein sehr hoher Grad derBelastung des Körpers mit Fremdstoffen erreicht. Auch dieroten Flecken wurden jetzt immer blasser. In Batavia angekommenwurde sein Zustand wieder akuter. Es steUte sichwieder das frühere Herzleiden mit vergrösserter Heftigkeitein und wurde mit jeder Woche schlimmer. Ein fortwährenddamit verbundenes Fieber rieb seine Kräfte zusehends mehrund mehr auf. Im November 1889 wurde sein FieberzustandunerträgHch, auch fand sich bereits Wasser in den Beinen unddie Herzthätigkeit wurde immer abnormer und beunruhigender.Ausserdem erklärten die dortigen Ärzte seine Krankheit bestimmtfür Leprose, weil bereits bei seinem letzten Aufenthaltein Europa von dem berühmtesten Arzte für Lepra auf "demeuropäischen Kontinente, Lepra-Bazillen in Menge vorgefundenworden waren. <strong>Die</strong>ser Umstand gab den Ärzten in BataviaVeranlassung, wegen der dort herrschenden grossen Furchtvor der Ansteckungsgefahr durch Leprakranke energisch dafürzu sorgen, dass Herr R. fortreise, weil man ihn sonst der allgemeinenGesundheit für gefährHch erklären und von aUemVerkehr mit den übrigen Menschen ausschliessen zu müssenfür unbedingt nötig hielt. Am 19. Dezember 1889 schifftesich Herr R. nochmals nach Europa ein, um, wenn möglich,wiederum den Versuch zu machen, seiner Familie sein Lebennoch auf einige Zeit erhalten zu können. <strong>Die</strong> Reisebegleiter


Herzleiden und Wassersucht. 353des Herrn* R. hielten es fast für unmöglich, dass "er lebendGenua erreichen würde. Inaessen wirkte die kühlende Seeluft,wenn auch wenig, so doch etwas stärkend auf seihe Lebenskraft,und so erreichte er glücklich Europa, wo sein Zustand»wieder aus dem mehr akuten in einen mehr chronisch latentenüberging. Seine Freiburger medizinischen Ärzte vermochtenrecht wohl seinen hoffnungslosen Zustand festzustellen undwaren daher betreffs seiner Heilung ohne Hoffnung. Durch,,einen Zufall wurde Herr R. jetzt von seinem alten FreundeW. in Leipzig, mit dem er früher jahrelang auf Java zusammengelebthatte, auf mein Heilverfahren aufmerksam gemacht.Am 20. März 1890 reiste Herr R. nach Leipzig und am 24.trat er ziemlich hoffnungslos in meine Behandlung. Es giebtwenige Kranke, welche wie Herr R. in so eklatanter, fürjedermann leicht sichtbaren Weise durch seine Krankengeschichteund äussere Erscheinung alle meine Lehren und Theorieenbestätigen.Für meine Gesichtsausdruckskunde war Herr R. ein Modell,wie man es nur selten zu sehen bekommt. Daher habeich von seinem Körper umstehende Aufnahmen nach derNatur anfertigen lassen. Sein Körper war ganz enorm durchdie Fremdstoffe verändert. Am Halse hatte er einen Kropf,der nach der rechten Seite zu grösser war, als auf der linken.Überhaupt war von einem Hals wenig zu sehen, weil derselbegleichsam wie im Rumpf steckte und keine richtige Halsabgrenzungmehr bemerken Hess (vgl. Fig. 1, S. 354). Über derStirn lagerte eine dicke 2 cm starke Wulst. <strong>Die</strong> Augen warenvöllig verschwollen und von allen Seiten von Fremdstoffen bedrängtund lugten verhältnismässig klein gegen den übrigenKörper aus dem Kopfe hervor. Überhaupt zeigte der Kopfganz bedeutende abnorme Polster von Krankheitsstoffen, dieihm einen ganz besonderen Ausdruck verliehen. Das rechteBein war in der Mitte der Wade bereits stark brandig undenthielt sowohl unter der brandigen Stelle im Fusse undKnöchelgelenke, als auch oberhalb derselben Wasser, so dassHerr R> das Bein nur mit Mühe gebrauchen konnte, weilLouis Kühne, <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong>. 23


354 Zweiter Teil.dasselbe zu steif war. <strong>Die</strong> Ablagerungen der Fremdstoffe imRumpfe waren proportional denjenigen an Hals und Kopf.<strong>Die</strong> Verdauung lag völUg danieder. Der Kranke konnte seit *Jahren weder durch Darm noch durch Nieren normal ausleeren.Sein Herzleiden war derart, dass er keine Nacht Ruberhatte und die ärgsten Beängstigungen und Beklemmungenausstehen musste,Füsse und Hände waren eiskalt und hatten eine dunklebläuliche Färbung.Herr R. begann sofort mit der Kur, deren Wirkungennicht lange* auf sich warten Hessen. <strong>Die</strong> ersten Veränderungenstellten sich in der Verdauung ein, Stuhl und Wasserlassenwurden bereits am dritten Tage regelmässig. Währendfrüher nur aUe zwei bis drei Tage mit Klystieren Stuhl erzwungenwurde, trat er jetzt täglich zwei bis dreimal in brefigenMassen ein, die bei weitem das Quantum der genossenenSpeisen übertrafen. Der Urin, der früher stets heU und klargewesen, wurde jetzt trübe und molkig, enthielt also sichtbarstets eine Menge von Fremdstoffen. Der Patient fühlte sichbereits am zweiten Tage erleichtert und frischer, wenngleicheine beständige Müdigkeit ihn begleitete. <strong>Die</strong>selbe wurdedadurch hervorgerufen, dass sein Körper mit aUer Macht an


Herzleiden und Wassersucht. 355die Arbeit des Herausschaffens der Fremdstoffe heranging,die so gross für denselben war, dass nicht viel Kräfte mehrzu irgend etwas anderem ihm übrig Hieben. Auch zumSchwitzen kam Herr R. alle Nächte und auch am Tage, sodass auch durch die Haut viele Fremdstoffe ausgeschiedenwurden. Dadurch nun, dass er keine <strong>neue</strong>n Fremdstoffe mehrin der Nahrung aufnahm und die Verdauung geregelt würfle,konnten beständig von den alten in ihm lagernden Fremdstoffenviele herausgeschafft werden, womit eine ganz allmähliche,aber stets sichtbare Veränderung seines KörperäusserenHand in Hand ging.Ganz eigentümlich war es, in welcher Art und Weisesich der lederartig zusammengetrocknete 4 ZoU breite brandigedunkelbraune Gürtel um die rechte Wade auflöste. Währender von Anfang dunkelbraun ausgesehen hatte, färbte ersich jetzt immer mehr blaurot, bis eines Tages die Farbeimmer heUer rot wurde und der Umfang des Beines gleichzeitigzunahm. Der brandige Gürtel hatte sich völHg aufgelöstund zwar in Form von Wasser. Das rechte Bein hatteeine solche Dicke dadurch erhalten, dass es völlig unförmUch,wenigstens doppelt oder dreifach so dick wurde wie vorher,unbiegsam war und dem Patienten grosse Sorge und Notauferlegte. An diesem Vorgange konnte man aber die Veränderungs-und Zersetzungsfähigkeit der Fremdstoffe rechtklar und deutlich beobachten. Während dieselben in derbrandigen getrockneten Form kaum den Raum von drei bisvier KubikzoU beanspruchten, genügte ihnen jetzt nicht derRaum von zwei Kubikfuss. Ferner konnte man deutHch ausdiesem Prozess sehen, wie der Brand nichts weiter gewesenwar, als die durch die früher permanent zu grosse, innerelatente Fieberhitze eingetrockneten Stoffe.Bei der schweren Krisis, die so bei dem Patienten hereingebrochenwar, kam demselben seine ausserordentHche Lebenskraftzu Gute. Obgleich er sich nicht viel bewegen konnte,kam er doch nach meinen Bädern stets gehörig an den wassersüchtigenStellen des Körpers zum Schwitzen, so dass es kaum23*


356 Zweiter Teil. Herzleiden und Wassersucht.vier Wochen dauerte, bis er alles Wasser aus seinem Leibeausgeschieden hatte. Sobald .dies geschehen war, und er wiederfreier herumgehen konnte, nahm seine Kur bald einenäusserst günstigen Verlauf. Er fühlte sich täglich jüngerund frischer und hatte sich nach viermonatlicher Kur auchin seinem Äusseren dergestalt verändert, wie Fig. 2 zeigt,dälls man ihn kaum wieder erkannte. Sein Herzleiden unddie Wassersucht waren völHg verschwunden und wirkHchgeheilt, seine Lebensmüdigkeit hatte einer heiteren völHg verändertenStimmung und einem frohen Mute Platz gemacht.In Batavia wollte man an diesen glücklichen Ausgang'nicht glauben, sondern schrieb, dass man den Patienten nurdann wieder dort aufnehmen würde, wenn derselbe wirklichfrei befunden worden sei von Lepra-Bazillen. Aus diesemGrunde Hess sich Herr R. in Hamburg wiederum bei demdort weilenden berühmten SpeziaUsten für Lepra, der ihnauch früher schon untersucht und behandelt hatte, nach viermonatlicherKur bei mir, auf Lepra-BaziUen untersuchen underhielt nach der Untersuchung, die beinahe vier Wochenwährte, die Versicherung, dass er jetzt völHg wieder frei seivon allen diesen Unholden.Auf diese Weise ist bei Herrn R. vor seiner Kur beimir von berühmten Ärzten sein völHg hoffnungsloser Zustandund nach derselben seine wahrhaft unerklärliche Besserungkonstatiert worden.Für meine Gesichtsausdruckskunde Hefert dieser Fallaber ein überaus in die Augen springendes Beispiel. WerFig. 1 und Fig. 2 betrachtet, wird die sehr erhebHchen Veränderungenwahrnehmen, welche der Körper während derviermonatlichen Kur durchgemacht hat.Heute ein Jahr, nachdem dieser Kurbericht abgefasstwurde, befindet sich der Patient noch ausgezeichnet, und keinsseiner früheren Leiden hat sich bis heute wieder bemerkbargemacht.


Orientalischer Anssatz, Lepraseuche, Leprose.<strong>Die</strong>se Krankheit ist mit voUem Recht eine Plage derTropen zu nennen, die so furchtbar ist, dass wir uns in unseremgemässigten Klima davon keine Vorstellung machenkönnen. Denn nicht nur waren die davon Befallenen bisjetzt fast immer unrettbar verloren, also dem Tode geweiht,weil bisher noch kein Mittel gefunden war, das diese Krankenhätte heilen können, sondern sie waren auch wegen der grossenFurcht vor Ansteckung von aUer Welt völHg ausgeschlossenund so des einzigen Anhaltes und Trostes bar, den so einarmer Kranker überhaupt noch haben kann. Es ist nichtmeine Aufgabe, die tausende von herzzereissenden Szenen zuschildern, welche sich zwischen solchen Kranken und ihrenAngehörigen abspielen, zumal wenn erstere, wie dies vielfachgeschieht von Seiten der Regierung auf Veranlassung derSanitätsbehörde, an entlegene Orte, meist einsame Inseln, oderin abgeschlossene Hospitäler geschafft werden, damit keineÜbertragung ihrer Krankheit auf Gesunde mögHch sei, wodurchaber auch jeder Umgang mit ihren Angehörigen abgeschlossenist. Sie leben dort mit der sicheren Aussicht aufein qualvoUes Ende und sind bereits mit dem AugenbHck ihresEintrittes so gut wie gestorben; demnach sterben sie gewissermaassenzweimal, einmal mit und einmal ohne Bewusstsein.Aussätzige sind so im wahren Sinne des Wortes von aller WeltK Ausgestossene, unddie Furcht vor Aussatz oder Lepra istmit Recht eine unbegrenzte. Aber nur deswegen ruft diese


358 Zweiter Teil.Krankheit eine so grosse Panik hervor, weil man bis jetzt ihrWesen und deshalb auch ihre Heilung nicht kannte. Ausdiesem Grunde allein war der Aussatz bis jetzt eine Gefahr,vor welcher man sich weder schützen konnte, noch welche *man, wenn sie einen überfallen hatte, abzuwenden im ständewar. Durch meine Entdeckungen ist diese Gefahr für immergeschwunden, und heute, wo ich auf eine Reihe von glück-Hchen Aussatz- und Leprabehandlungen an schweren Patientenzurückblicken kann, halte ich es für eine heüige Pflicht, diesemeine Erfahrungen allen jenen Unglücklichen zu teil werdenzu lassen, welche unter dem Fluch dieser Krankheit und derVorurteile darüber stehen. Ein Fluch freiHch, den jeder nurdurch eigenes bis jetzt unbewusstes Verschulden, wie ichzeigen werde, auf sich gezogen hat, und dessen Schrecklichkeitaufhört, sobald man seine wahre Ursache kennt.Auch diese Krankheit bestätigt wieder schlagend die vonmir aufgestellte Lehre von den einheitUchen Ursachen aUerKrankheiten, mithin die Einheit aUer Krankheiten, wie ich weiterunten zeigen werde. Zunächst will ich auf die Krankheitserscheinungendös Aussatzes und der Lepra eingehen, und da beideKrankheiten identisch, so werde ich stets den Ausdruck Leprafür beide gebrauchen. Man unterscheidet nasse und trockeneLepra. Bei der nassen werden die äussersten GHedmaassen,Hände, Füsse, Ohren u. s. w. klumpig und teilweise oder auchganz gefühllos und verwesen dann bei lebendigem Leibe, indemsie unter sehr üblem Geruch in Zersetzung übergehen.Es bilden sich offene Wunden, aus denen beständig ein fau-Hges, eiterig-blutiges Wasser abfliesst. Nach und nach fallendann immer die äussersten GHedmaassen, zuerst also die äusserstenZehen- und Fingergelenke und die Ohren gewissermaassenherausschwärend ab, und darauf die nächsten, bis der Todeintritt. Meistenteils geht dieser Abstossung von GHedmaasseneinige Wochen oder Monate eine andere Erscheinung voraus,es bilden sich nämlich auf der Haut dunklere oder hellererote oder braune Flecken, ein sicheres Anzeichen für einen innerenbrandigen Zustand, der schon lange gewissermaassen


Orientalischer Aussatz, Lepraseuche, Leprose. 359latent'im Körper geruht hatte, bis er dann endHch in dasakute Stadium der Lepra übergeht. In unserem Klima kommtes in analogen Fällen nicht zu Lepra, weil dasselbe nicht heissgenug ist, sondern es bildet sich Wassersucht oder Gicht, wenndie dazu erforderliche Belastung mit Fremdstoffen vorhandenist. <strong>Die</strong> eigentHche Form der Lepra ist daher nur ein Erzeugnisdes heissen KHmas. <strong>Die</strong> Dattelpalme gedeiht auchnur in den Tropen; obgleich sie nur Erde, Wasser und Sonne,wie aUe übrigen Bäume, zu ihrem Wachstum bededarf, sokann sie trotzdem nicht bei uns gedeihen, weil es für sie^zukalt ist. Dagegen zeitigt derselbe Boden, dieselbe Sonne^nddasselbe Wasser bei uns Eichen und andere Pflanzen, diewiederum im heissen Klima nicht zu finden sind.Bei nasser Lepra verwest der Körper oft in einem jahrelangen,ununterbrochen quälenden Stadium, bis schHessHch,wenn die Krankheit zu weit vorgeschritten ist, der Tod eintritt.<strong>Die</strong> trockene Lepra äussert sich dergestalt, dass sich genauwie bei der vorigen, unter zunehmend schlechter werdenderVerdauung in unserem Sinne allmähHch an den äusserstenKörperteilen, Händen und Füssen, dunkle (brandige) Fleckebilden, das sichere Anzeichen eines inneren sehr starken Fieberzustandes.Sodann schwindet zuerst zwischen den Gelenkenan den Fingern und dann auch an den üprigen Körperteilenalles Fleisch, sodass nur die kahlen I£nochen und die Gelenkeübrig bleiben. Der Körper vertrocknet genau so wie einBaum. <strong>Die</strong> übrig gebliebenen Knochen und Gelenke erscheinendann meist etwas aufgetrieben. <strong>Die</strong>ser Fleischschwundschreitet immer weiter fort, bis die Unglücklichen nur nochreinen Gerippen ähneln und vöUig kraftlos sterben. Das Gewichtsolcher Verstorbenen beträgt oft nicht mehr als daseines Stuhles. #Das bis jetzt unbekannte Wesen dieser fürchterHchenSeuche und ihre Entstehupgsursache ist mir und aUen denen,die meine Lehren genau studiert haben, wohl bekannt; auchdie Ursache, weshalb es gerade die heissen Zonen sind, welchedavon heimgesucht werden, während unsere kühleren Gegen-


360 Zweiter Teil.den meist davon verschont bleiben, ist uns nicht verborgen.Auf Seite 26 habe ich mich darüber ausgesprochen, Weshalbgerade in den Tropen diese akuten Fieberkrankheiten mehrvorherrschen als in den kälteren Gegenden, die mehr der Sitzaller chronisch latenten Krankheiten sind.<strong>Die</strong> Ursache.der Lepra ist die Belastung der Menschenmit Fremdstoffen, eine Ursache, die bereits vielfach eine ererbteist, andererseits aber auch durch eine naturwidrige Lebensweiseeine erworbene werden kann. Der eigentliche Herd der,Seuche Hegt im Unterleib oder den Verdauungsorganen, welcheurÄrmal arbeiten. Bei der grösseren Hitze, welche alle Gärungs- *^Vorgänge begünstigt, sind auch die Zersetzungsvorgänge der*Fremdstoffe im Körper ganz besonders intensive in den Tropen.•Mit ganz besonderer Kraft werden sie nach den .äusserstenKörperteilen gedrängt, wo sie sich vermöge des innerenDruckes ganz besonders dicht und fest ablagern. Durch dieseAblagerungsüberhäufung werden die nach diesen GHedmaassenführenden Nerven, die Träger des Lebens, völHg erdrückt, sodass ihre Funktionsfähigkeit zum Teil aufhören muss, wassich in der GefühUosigkeit dieser GHedmaassen bei Leprakrankenoffenbart. Im Innern dieser Kranken herrscht eine hochgradigeFieberhitze, die auch äusserlich allen denen, die meineGesichtsausdruckskunde kennen, sofort in die Augen fällt. Esist gewissermaassen am Innern ein brandiger Zustand nebenäusserlichem Frostgerahl. Bei der trockenen Lepra vertrocknendie GHedmaassen durch diese zu grosse innere Hitze buchstäblich,zumal durch die gebräuchHche sogenannte kräftigeErnährung hier, wie bei der Schwindsucht, eine wirklicheErnährung des Patienten unmcgHch ist, weil die Verdauungsorganenicht mehr im stände sind, normal in unserem Sinnezu funktionieren. <strong>Die</strong> Speisen gehen wohl noch durch denKörper hindurch, aber der Kranke verhungert trotz alles Essens.Man sieht auch hier wieder deutlich, wie nicht das den Körperernährt und erhält, was man geniesst, und was nach modernerAnschauung alle die Stoffe enthalten soll, aus welchender Körper nach chemischer Analyse besteht, sondern nur die


Orientalischer Aussatz, Lepraseuche, Leprose. 361Nahrung, welche der Körper auch wirklich noch verdauen kann.Bei der nassen Lepra entsteht durch eben diese unnormalebrandige Hitze jener seheussHche Zersetzungs-Verwesungspro-,zess der Fremdstoffe im Körper, wobei letzterer mit zu Grundegeht. <strong>Die</strong> zeitweilig erscheinenden roten und dunklen Fleckeauf der Haut von Leprakranken sind ein untrügHches Zeichenfür die innere brandige Hitze. <strong>Die</strong>ser Zersetzungsprozess findetähnlich wie bei der Wassersucht statt, denn auch beidieser gehen, wie gesagt, der Bildung von Wasser stets erstinnere brandige Zustände, die oft jahrelang dauern, voraus, ^sodassdas Zersetzungsstadium selbst erst gewissermaassen aas^Endstadium dieser Vorgänge im lebenden Körper ist. Bei dernassen Lepra findet ebenfalls eine wässerige Zersetzung, wennauch in anderer Form wie bei der Wassersucht statt. Sehrinteressant ist daher der von mir im vorigen Artikel vorgeführteKrankheitsverlauf des an Herzleiden, Wassersucht undLepra zugleich erkrankten Herrn aus Batavia, der uns dieseVorgänge so recht klar vor Augen führt. <strong>Die</strong> Hauptsache istdie, dass wir uns klar machen, dass auch die Leprakrankheitmit aUen übrigen Krankheiten die gemeinsame Ursache hat,nämHch die Belastung des Körpers mit Fremdstoffen, welchewiederum nur aus dem Unterleibe oder besser gesagt aus derVerdauung entspringen, dass also der Sitz dieser bis jetztunheilbaren Krankheit ebenfalls im. Unterleibe zu suchen ist,wodurch die einheitliche Ursache wiederum bewiesen ist.Wenn bei uns auch nicht die Lepra in der tropischen Formvorkommt, so beobachten wir doch sehr ähnliche FäUe, nament-Uch ist es zweifeUos die Schwindsucht, welche ein ganz ähnlichesGepräge hat, nur dass bei dieser der Körper nichtimmer, besonders nicht in den kälteren Gegenden, die Fremdstoffemit solcher Intensivität nach den äussersten GHedmaassendrängen kann wie bei der Lepra im heissen KHma, sonderndieselben bereits zu Zerstörungen der Lunge oder andererinnerer Organe Anlass geben.<strong>Die</strong> Lepraseuche wird immer nur denjenigen befallen, derschon hochgradig mit Fremdstoffen belastet ist, weil sie auch..


362 Zweiter Teü.immer erst ein Endstadium starker Belastungszustände ist.Vermöge meiner Gesichtsausdruckskunde ist der Kenner daherin die Lage versetzt, bereits lange Zeit vorher untrügHch genaueinen so hochgradigen Belastungszustand festzustellen, der zusolchen Krankheiten, wie Lepra, Tropen- und Malariafiebernführen muss. Dadurch werden wir aber in den Stand gesetzt,bei Zeiten mit einer vorbeugenden, die Krankheit sicher abwendendenLebensweise zu beginnen, welche ich weiter untennäher bezeichnen werde. ZweifeUos ist es aber zehnmal besser,e»er Krankheit wie der Lepra bei Zeiten vorzubeugen, als siezum Ausbruch kommen zu lassen.Denn wenn auch meine Heilmethode ein sicheres Heilmittelgegen die Lepra bietet, je zeitiger man mit meiner Kurbeginnt, desto leichter und schneller und schmerzloser wirdauch der Heilerfolg sein. Genau dieselbe Ursache, welche dieEntstehung der Lepraseuche begünstigt; nämHch die grosseHitze des tropischen KHmas, begünstigt aber auch deren Heilprozessbei meiner Kur.Mit Medikamenten, die für den Körper naturwidrig sind,kann diese Seuche nicht gehoben, höchstens noch in erheblicherWeise verschlimmert werden. Wer nun einmal an derLepra erkrankt ist und dieselbe nach der bis jetzt übHchenMethode mit Chinin, Quecksilber und anderen scharfen Giftenund Medikamenten zu heilen versucht, erreicht damit ebenkeine Besserung, sondern nur noch eine VerschHmmerungseines Zustahdes, denn er häuft nur noch mehr Fremdstoffezu den schon vorhandenen im Körper auf. <strong>Die</strong> äussere Formder Krankheit kann dabei sehr wohl verändert werden, indemdie ursprünglichen Lepraerscheinungen teilweise unterdrücktwerden, aber ein weit schlimmerer, chronisch latenter Zustandist die Folge. Eine wirkHche Besserung und Heilung derLepra kann nur dadurch geschaffen werden, dass ihre eigent-^liehe Ursache, die Fremdstoffe, aus dem Körper herausgeschafftwerden. Ein Beispiel wird uns dies noch klarer machen.Wir wissen, dass sich in einer KadaverabfaUgrube (sogenannteMadengrube) in den faulenden Kadavern eine Masse Maden ent-


Orientalischer Aussatz, Lepraseuche, Leprose. 363wickeln, die eine ausgezeichnete Speise für Hühner bilden,weshalb denn auch solche Gruben in vielen grösseren Land-* wirtschaften anzutreffen sind. WoUten wir nun die Madendadurch beseitige* dass wir Gift in die Grube streuten, sowird jedenfaUs eine grosse Menge der Tiere krepieren, aberimmer <strong>neue</strong> werden wachsen, weil die Fäulnisstoffe noch immervorhanden sind. Wir werden uns überzeugen, dass man dieMaden gründlich nur wird ausrotten können, wenn man auchihre Brutstätte, die faulenden Kadaver, beseitigt. So verhältes sich auch mit der Krankheit im Körper. Der Körper 4sthier vergleichsweise die Grube, die Fremdstoffe sind die faulendenKadaver und die daraus entstehenden Maden (Bazillen)sind die Krankheit; wollen wir diese beseitigen, müssen wirnicht etwa durch Arzneimittel dieselbe vergiften woUen, sondernnur auf die Herausschaffung ihrer Brutstätte aus demKörper bedacht sein. Der Unterschied zwischen meiner <strong>neue</strong>n<strong>Heilwissenschaft</strong> und der hergebrachten medizinischen Behandlungbesteht aber allein darin, dass wir die Ursache jederKrankheit, die Krankheits- oder Fremdstoffe, aus dem Körper"herauszuschaffen wissen und so den für jede Krankheit geeignetenNährboden beseitigen; während die moderne Schule mitGift dagegen losgeht und gewiss auch recht gute Erfolge damiterreichen würde, wenn der Körper ebenfalls nur eineMadengrube wäre, die an und für sich unempfindHch gegenjedes Gift ist. Hier aber, wo der Körper selbst kein Gift vertragenkann, ohne Schaden zu erleiden, liegt die Sache so,dass mit Medikamenten nur ein noch grösserer Schaden angerichtetwird, als die Krankheit selber vorher anrichten konnte.Einen schlagenderen BeWeis als der auf Seite 349 angeführte.Kurbericht des Herrn R. aus Batavia für die Richtigkeit des^Gesagten giebt es nicht. Es geht daraus deutlich hervor, wiedie in diesem Patienten schlummernden LeprabaziUen, derenVorhandensein von der modernen Schule selber unzweifelhaftfestgesteHt wurde, auf keine Weise durch die Verordnungenderselben- 1 , also weder durch giftige Medikamente, noch durchandere Anwendungen herauszuschaffen gingen, der Zustand


364 Zweiter Teil.des Herrn R. wurde vielmehr durch diese Anwendungen immertrostloser. Wie heilend wirkte aber in ganz eklatanter Weisemeine Methode und wie gründlich beseitigte sie alle Leprabazillen, -indem sie denselben den Nährboden entzofpwas ebenfalls voneiner ärztlichen Autorität konstatiert wurde! Vergleiche Seite356. Nur eine naturgemässe Wasserbehandlung und zwar auchnur an dem Herde, dem Ausgangspunkte der Fremdstoffe, nämlichdem Unterleibe, angewendet, kann hier erfolgreich wirken.Eine solche Behandlung ist aber die meinige.Ableitung der Gärungsstoffe durch meine ableitendenBäder, mitunter Dampfbäder zur Öffnung der verstopften Hautporenund Einführung solcher Diät und Nahrung, welche derKranke wirklich verdauen kann, das sind die Mittel, mit welchendie Lepraseuche sicher erfolgreich bekämpft werden kannund in meiner Praxis erfolgreich bekämpft worden ist. Imvorgeschrittenen Stadium der Lepra sind Dampfbäder indessennicht anzuwenden. FreiHch wird auch nur derjenige Krankenoch zu retten sein, dessen Verdauung und Hautthätigkeitwiederherstellungsfähig sind und dessen Lebenskraft noch4ausreicht.<strong>Die</strong> Krankheitsstoffe werden bei meinem Verfahren, wieschon an anderen Stellen erwähnt, hauptsächHch auf demselbenWege wieder zurück und aus dem Körper* geschafft, aufwelchem sie aus dem Unterleibe nach den Endgliedmaassenhingelangten, so dass meine Kur nichts weiter ist, als eineZurückführung der Krankheit auf ihrem eigenen Wege. Aufeinem anderen Wege als auf diesem Rückwege lassen sichkeine Krankheiten, besonders keine chronischen heilen, dennwenn ich z. B. einen natürlichen Eingang in ein Haus habeund auch einen natürlichen Ausgang, so kann man in derRegel nur auf letzterem herauskommen, wenn man nicht dasHaus zerstören oder Schaden nehmen will, und so ist es mitden Krankheitsstoffen. Es giebt nur einen Weg, auf welchemman dieselben aus dem Körper schaffen kann, und das ist, wieauch ihr Hinweg, ein naturgemässer, wie ich noch an einigenBeispielen aus meiner Praxis zeigen werde.


Orientalischer Aussatz, Lepraseuche, Leprosejü 365Bei meiner Behandlungsweise hat es sich auch deutHch ^gezeigt, dass jede Ansteckungsgefahr durch Lepra ausgeschlossenist. Es ist dies von ausserordentlicher Wichtigkeit, besondersfür aUe solche, ^iche sich vor der Ansteckung fürchten; diesedürfen nur eine naturgemässe Lebensweise und meine ableitende,auf den ganzeh Körper in jeder Weise stärkend und erfrischendwirkende Heilmethode anwenden — eine innere Reinigungsmethode,weil der Körper dabei von seinen Fremdstoffen inner-Hch gereinigt wird — und sie sind nicht nur gesichert gegenAnsteckungsgefahr, sondern sie werden ihr AUgemeinbefinden,ihre körperHche und geistige Leistungsfähigkeit dadurch injeder Weise fördern.<strong>Die</strong> Schulmedizin hält die Kranken geflissentHch in Krankenstubenmit verschlossenen Fenstern fest und ist ängstUch daraufbedacht, jede frischeAussenluft, besonders bei Nacht, von denKranken fern zu halten. Dadurch ist es gerade bei der LepraunvermeidHch, dass die Luft in dem Krankenzimmer Leprakrankerso geschwängert und verpestet wird mit ihren krankenAusdünstungen, gärenden Krankheitsstoffen, dass es allerdingskein Wunder ist, wenn solche Luft ansteckend xmä Krankheitsstoffeübertragend auf andere Menschen wirkt. (Vergl.S. 62—72 über die Ansteckungsgefahr überhaupt.) Wer esweiss, dass ein Mensch, wenn er länger als zwei Stunden ineinem ungefähr 60 'Kubikmeter fassenden Zimmer zubringt,schon seine eigene Ausatmungsluft wieder verwenden muss,um weiter atmen zu können, wenn nicht fortwährend frischeLuft von aussen hereinströmt, der wird es auch begreifen, wieKranke bei geschlossenen Fenstern sozusagen ewig in ihremeigenen „Unrat" Hegen, denn was der Mensch, besonders derkranke, ausatmet, ist nichts für ihn Vorteilhaftes, sondern essind Ausscheidungsstoffe, die für seinen Körper Gift sind.Bei meiner Methode ist aus dem Grunde jede Ansteckungsgefahrausgeschlossen, weil ich stets besonders bei solchenKrankheiten, welche einen so üblen Verwesungsgeruch verbreitenwie Lepra, auf offene Fenster im Zimmer der Krankenbei Tag und bei Nacht und auf möglichst vielen Aufenthalt


366 \, Zweiter Teil.der Kranken in sonnendurchstrahlter Luft strenge halte. Dadurchkann, weil die Aussenluft eine fortwährende Ausgleichungder Zimmerluft bewirkt, die letztere niemals so wie im anderenFalle mit Ausscheidungsgasen der Patienten geschwängertwerden und auch niemals einen so unreinen, verpestetenCharakter annehmen, dass dadurch Personen, die meine Kurgebrauchen, gefährdet werden; selbst dann nicht, wenn sie dieDisposition, d. h. eine genügende Belastung des Körpers mitFremdstoffen in sich tragen, welche allein, wie ich frühergezeigt habe, ansteckungsfähig macht. Denn durch meineMetho'de wird jede Krankheitsdisposition beständig abgeleitet,weshalb dieselbe nie zur Entwickelung der Krankheit kommt.Daher hört die Gefährlichkeit der Lepfaseuche, wie auch jedeFurcht vor Ansteckung, für alle, die sich dieser Kur unterziehen,auf, und das ist durch meine Praxis unwiderlegfich erwiesen.Ehe ich auf die Kurberichte von Leprakranken aus meinerPraxis eingehe, will ich hier noch kurz die Art und Weiseerwähnen, in welcher sich jeder sicher vor Lepra und auchvor jeder anderen Krankheit, wie z. B. Malaria und Klimafieber,schützen kann, wenigstens so, dass schlimmsten Falls dieKrankheit völHg ungefährlich und wenig störend verläuft. Wieich schon gesagt habe, kann nur derjenige von solchen Krankheitenbefallen werden, welcher die Disposition dazu in seinemKörper trägt, oder, was dasselbe ist, «welcher so stark mitFremdstoffen belastet ist, dass dieselben leicht zu einer Gärung(Heilkrisis) neigen, die dann Störungen im Funktionieren desgesamten Körpers hervorrufen und den Körper in Gefahrbringen müssen, wenn man sie nicht unschädlich und heilsamfür ihn zu machen weiss, wie ich das schon früher vielfacherwähnt habe. <strong>Die</strong>se Disposition erkennen wir schon Jahrelang vorher durch meine Gesichtsausdruckskunde. Aber auchalle diejenigen, welche meine Gesichtsausdruckskunde noch nichtstudiert haben, können diese Disposition einigermaassen genauempfinden. <strong>Die</strong> allsorgende Mutter Natur hat uns auch dafüreine Schutzwaffe zum Erkennen gegeben, die die meisten leidernicht zu gebrauchen verstehen, das ist der Instinkt. Der


Orientalischer Aussatz, Lepraseuche, Leprose. 367natürhche Instinkt flösst aUen denen, welche überhaupt nophsoweit mit der Natur im Zusammenhang stehen, dass sie solcnenin gewissem Maasse besitzen, eine unbewusste Furcht, ein geheimnisvollesGraben vor der Ansteckung durch Krankheiten ein,dass jedem Gesunden und allen denen, welche meine Lebensweiseführen, vöUig fremd ist, weil es für diese keine Ansteckungsgefahrin dem bis jetzt üblich gewesenen Sinne mehr giebt.Wer also auf eine von beiden Arten festgesteHt hat, dasssein Körper nicht frei ist von Fremdstoffen und somit von derDisposition zu Krankheiten, was ganz besonders für die heissenZonen, in denen die akuten Fieberkrankheiten leichter undscWeUer entstehen, als in den kälteren Erdkreisen, von Wichtigkeitist, der beginne ungesäumt mit naturgemässer Lebensweiseund der Anwendung meiner ableitenden Bäder. NaturgemässeLebensweise besteht erstens in einer besonderen reizlosen Diät,wie ich mich darüber bereits früher auf Seite 132 ausgesprochenhabe, und ferner in einer genügenden Hautpflege und derVorsorge für stets frische Luft tags und besonders nachts,neben angemessener körperlicher Bewegung im Freien.Was meine diätetischen Vorschriften anlangt, so befindeichmich aUerdings mit diesen im Widerspruch mit der modernenSchule, was mich freüichsehr kalt lässt. Denn die herrschendeMedizinwissenschaft ist, wie ich zu behaupten wage, bis heuteüber die Wirkungen der Nahrung auf den Körper und derenVerhältnis zur Verdauung und über den Gärungsprozess derVerdauung selber, also gerade über die wichtigsten Bedingungenzur Erhaltung des Lebens, über die einzige QueUe, welche unsüber das Wesen des Lebens und der Lebenskraft, also geradedie Hauptsache im lebenden Körper, sichere AnhaltepunkteHefert, noch im Dunkeln. Besonders muss ich alle Bewohnerder heissen Zone vor dem Genuss von Fleisch, besonders geräuchertemund, gepökeltem, sowie aUen in Essig eingelegtenFleischwaren warnen, weil diese vornehmHch der Verdauungzu schaffen machen und zu der Bildung von Fremdstoffen imKörper Veranlassung geben. Desgleichen vor Käse, Tabak,alkoholischen und narkotischen Getränken.


368 Zweiter Teil.e <strong>Die</strong> Hautpflege besteht darin, dass sich ein jeder durchReinlichkeit offene Hautporen erhält, damit die inneren Ausscheidungsstoffein Form der Ausdünstung und Schweiss leichtund ungehindert den Körper verlassen können. Namentlichist darauf viel Gewicht zu legen, dass der Körper aHe Tagemöglichst auf natürHchem Wege durch Bewegung im Freienoder durch gutes Zudecken im Bette zum Schwitzen kommt,oder wenigstens eine feuchtwarme Haut aufweist.Für frische Luft sorgt man allein durch fortwährende Ausgleichungder Stubenluft mit der Aussenatmosphäre, namentlichin der Nacht, was allein nur durch öffnen des Fensters zuerreichen ist. Wo dabei das Eindringen lästiger Insekten zubefürchten ist, benutze man Gaze- oder Drahtgeflechtfenster,die das verhindern.In welcher Weise meine ableitenden Bäder gebrauchtund angewendet werden soUen, das wolle jeder aus dem nunfolgenden Kurbericht ersehen.Drei an orientalischem Aussatz oder Lepra erkrankteKnaben von 9, 13 und 15 Jahren, alle drei Söhne eines Vaters,welche bereits die berühmten KHniken der modernen Schulezu.J3erlin und in anderen Städten und vielfache private ärztlicheHilfe erfolg- und resultatlos in Anspruch genommenhatten, kamen, nachdem ihrem Vater überall erklärt wordenwar, dass diese Krankheit unheilbar und die armen Patientenunrettbar verloren seien, in meine Behandlung. <strong>Die</strong> Schulmedizinhatte offen ihre Ohnmacht diesen Erkrankungen gegenübereingestanden, und so wurde mir Gelegenheit, an diesenPatienten auch wiederum die Überlegenheit meiner Methodeund die Richtigkeit meiner Entdeckungen nachzuweisen. Weilgerade diese KrankheitsfäUe allgemeines Interesse erregendürften, so habe ich von den drei Kranken sieben Aufnahmen(Seite 369—375) nach der Natur anfertigen lassen. Der Zustand,in welchem ich die drei armen Patienten übernahm,war ein trostloser. An den Händen fehlten die obersten undteilweise auch bereits die zweiten Fingerglieder, die bereitsabgefault waren, und die noch übriggebliebenen Fingerltumpfe


Orientalischer Ausaafö, Lepraseuohe, Leprose. 369waren stark geschwollen und teilweise dem Abfaulen nahe,f : wie Fig. TV und V .zeigt* Bei dem jüngsten befand sich dasFingergelenk des rechten Zeigefingers gerade im Abfaulen begriffen.<strong>Die</strong> Füsse der beiden älteren Knaben waren fast nochschreckHcher. Siehe Fig. VI und Fig. VII. Klumpig bis zurFig. I. (15 Jahre alt.)tFnförmhchkeit, waren dieselben mit Fremdstoffen überfüllt, undbereits von mehreren tiefen bis auf die Knochen gehendenWunden zerfressen, aus denen blutiger, stinkender, wässrigerEiter floss. Hände und Füsse besassen bis über EUbogenund Kniegelenk kein Gefühl mehr. In einer der BerHnerKliniken hatte "man, um die Gefühllosigkeit der GHedmaassenfestzusteUen, dem Knaben eine lange Nadel durch die Händelängstes Armes hMeuigestochen, und zwar soweit, bis sichLouis Kühne, <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> HeSwissenschaft. 24


370 Zweite^ Teil.Schmerzen einsteUten, was erst am EUbogen geschah. Welchehervorragende Leistung! <strong>Die</strong> Ausdünstung der Kranken, wargeradezu unerträglich und verursachte richtigen Verwesungsgeruch.<strong>Die</strong> Verdauung lag Völlig danieder. Der Zustand derKnaben war so trostlos, dass ich eine Aufnahme nach derFig. II.(13 Jahre alt.)Natur erst nach dreiwöchentlicher Kur bewerkstelligen konnte,"nachdem der Zustand bereits ein wesentlich besserer gewordenwar und auch schon verschiedene der offenen Wunden an denFüssen zugeheilt waren. Es war daher nicht mögHch, dasschlechteste Stadium der Kranken zu ülustrieren. <strong>Die</strong> Kurbegann mit efcägHch drei halbstündigen Reibesitzbädern mitdarauffolgender Wiedererwärmung durch Bewegung in frischerLuft. Überhaupt musste für frische Luft bei Tag und Nacht


Orientalischer Aussatz, Lepraseuche, Leprose. 371stets gesorgt werden; denn wenn die Ausdünstungen der Knabenauch schon früher stanken, so wurde ihr Geruch während derKur erst recht unerträgHch, weil sich der Unrat in ihremKörper dadurch anfing zu bewegen und nach aussen zu kommenstrebte. Besonders während des Badens war dies auffälHg.Diät war bei nur dreimal tägHchem Essen: Morgens trockenesWeizenschrotbrot (selbstgebackenes) und dazu einige Äpfel;mittags abwechselnd Mehlspeisen wie: Reis, Grütze, Gries,Gräupchen, Hafergrütze, dick mit Obst und Wasser, nur wenigSalz und gar keinen Gewürzen zubereitet, Hülsenfrüchte, wieErbsen, Linsen, Bohnen, und alle Gemüse und Rübenarten, Kartoffeln,aber aUes nur in Wasser gekocht, mögHchst dick, ohnedass dieselben abgebrüht, oder Wasser von ihnen abgegossenworden wäre. Es wurden diese Speisen nur mit wenig Wasseraufgesetzt, so dass aUes Wasser, wenn dieselben gar wurden,


372 Zweiter Teil.eingekocht war. (Wer Wasser von Pflanzenkost beim Kochenabgiesst, oder dieselbe vor dem Kochen abbrüht, der giesstmeist die nahrhaftesten Bestandteile, die natürlichen Pflanzensalzemit fort.) Neben diesen Nahrungsmitteln wurde auchungekochtes Obst verabreicht, abends wie morgens. Getränkwar nur reines Wasser.<strong>Die</strong> Betten der Patienten waren so warm, dass diese trotzFig. IV.(Hände von Fig. III.)offenen Fensters darin zum Schwitzen kommen konnten. Schonin den ersten vierzehn Tagen hörten die offenen Wunden anden Füssen auf zu nässen und verheilten teilweise von innenheraus, so dass nur noch die beiden älteren Knaben je einegrössere Wunde behielten, die erst im Laufe der nächstenMonate voUständig zum Verheilen kam. <strong>Die</strong> Hände, besondersdie .Finger waren bereits in dem zweiten Monat der Kur etwasdünner geworden, was sich deutlich an der Faltenbildung ihrerHaut erkennen Hess. <strong>Die</strong> Fremdstoffe traten genau so, wie siefrüher stets nach den Händen und Füssen drängten, jetzt aufihrem früheren Hinwege den Rückweg nach dem Unterleibe an,was auch die Patienten ganz deutlich an einem fortwährenden


Orientalischer Aussatz, Lepraseuche, Leprose. 373Ziehen in Händen, Armen, Füssen und Beinen, besonders aberan den Gelenken verspürten. Ein fortwährendes beinaheschmerzhaftes Ziehen von den äussersten GHedmaassen nachdem Leibe zu hatte sich gleich von Anfang an bei allen dreieneingesteHt. Der älteste Knabe konnte, wie er in meine Behandlungkam, auf seinem offenen Fuss auch nicht einmaleinen zu diesem Zweck extra angefertigten Schuh tragen, wiesolche seine Brüder hatten. Nach vierwöchentUcher Kur warer bereits soweit, dass er ohne jedeBesch werde auf beidenFig. V.(Hände von Fig. II.)Füssen Lederschuhe tragen konnte. Auch war das Gefühl nachjeder Woche Kur mehr und mehr in die vorher gefühllosenGHedmaassen gekommen, so dass die Knaben bereits nach sechsWochen Kur wieder deutHch empfanden, was sie anfassten.Vor aUen Dingen aber war die Verdauung der Kinder in zweiMonaten eine völHg veränderte und normalere geworden, wassich auch ganz offenkundig an ihrem Appetit zeigte. Währendsie, als sie zu mir kamen, fast gar keinen Appetit hatten, sodass man ihnen das Schönste und Beste geben konnte, ohnedass sie auch nur die geringste Lust gezeigt hätten, etwasanzurühren, waren sie bereits nach achttägiger Kur kaummehr, satt zu bekommen. Ihre Verdauung war mit andernWorten gesagt wie neu aufgelebt.


374 Zweiter Teil.Heute, wo icft diese Zeüen schreibe, ist der Zustand derKnaben bereits soweit gebessert, dass er gar nicht mehr mitihrem früheren zu vergleichen ist. Wer es nicht gesehenund gerochen hat, wie namenlos elend und halb verfault diesearmen Kerle bereits waren, der wird dies jetzt niemals ahnenkönnen. <strong>Die</strong> einem sicheren Tode geweihten trübseligen Kindersind jetzt wieder lebensfrohe und muntere Menschen geworden.Wenn ich die drei Knaben auch noch nicht fürvollständig wiederhergestellt erklären kann, weil dazu die Zeit-Fig. VI. , (Fuss zu Fig. I.)dauer ihrer Kur (drei Monate) eine noch zu kurze gewesen.ist, so ist doch die bis jetzt eingetretene Veränderung zumBesseren so eklatant und bedeutend, dass eine radikale Heilungbei Fortsetzung meiner Kur voraussichtHch zu erwartensteht.Aber auch die bis jetzt erreichten Erfolge und Besserungen,welche ganz in derselben Weise und unter denselbenBedingungen, Anzeichen und Erscheinungen vor sich gingenund zustandekamen, wie bei meinen sämtlichen anderenPatienten, zeigen uns deütHch die Heilbarkeit dieser bis jetztfür unheilbar berüchtigten Krankheit, gerade so wie der


Orientalischer Aussatz^Lepraseuche, Leprose. 375Krankenbericht des Herrn R. aus Java auf Seite 349, dessenLepra durch mein Verfahren voUständig zur Heilung kam.Fig. VII. (Fuss zu Fig. II.)In ganz unumstössHcher Weise haben diese FäUe wieder meineLehre von der Einheit aUer Krankheiten und auch die RichtigkeitaUer meiner daraus folgenden Maassnahmen bestätigt,


376 Zweiter Teil. Orientalischer Aussatz etc.pass ich ohne Scheu mit Sichefjjieit erklären darf, dass duipr'meine .Methode orientalischer Aussatz, Lepra, vollständig zuJÜkf- ' X 7heilen ist, und nur solche Aussätzige nicht mehr damit zu heilensein werden, bei denen die Krankheit bereits zu weit vorgeschrittenist, so dass schon wichtige Organe dadurch zerstörtwurden. In solchen Fällen bringt meine Methode wohl nocheine Linderung der Qualen wie keine andere und ein sanftesruhiges Ende, aber wichtige zerstörte Organe sind nicht wiederzu ersetzen. Heübar ist die Lepra nur in solchen Fällen,wo sich die Verdauung noch bessern lässt.. y


Klima- und Tropen-Fieber, Malaria, Gallenfieber,Gelbfieber, Wechselfieber.<strong>Die</strong>se in den Tropengegenden so gefürchteten Fieberkrankheitenbestätigen in auffälliger Weise meine Fiebertheorieund die Einheit aUer Krankheiten. Gleichviel welchen Namendaher diese Fieber führen und unter welchen verschiedenenErscheinungen sie uns begegnen, ihre Entstehungsursache istimmer dieselbe, weshalb auch ihre Heilung nur auf einemund demselben Wege mögHch ist. In allen Tropenländernsind diese Fieber, die unserm Wechselfieber entsprechen,heimisch. Nur an wenigen Orten der Tropen, und zwar ansolchen, die sich durch grosse Trockenheit auszeichnen, alsoauf den Höhen, kommen diese Fieber weniger oder gar nichtvor, wogegen alle tieferen und feuchteren Gegenden ihre eigent-Uche Brutstätte sind. Wer meine Gärungstheorie begriffenhat und meinen Ausführungen über Ansteckungsgefahr gefolgtist, der weiss auch, dass im tropischen Klima, wo die Temperaturdifferenzenzwischen Tag und Nacht am grössten aufunserm ErdbaU sind, auch aUe Gärungsvorgänge am schnellstenund intensivsten ihr Wesen treiben. In solchen Gegenden,namentlich wo es feucht und sumpfig ist, ist die Luftstets geschwängert mit Fäulnis- und Gärungstoffen von Pflanzen(Bazillen, Pilzsporen). <strong>Die</strong>se Stoffe wirken dann bei demdortigen Klima, genau wie die Hefe im Brotteig, gärungserzeugendauf die Fremdstoffe der Menschen. Es sind dorteben die aUergünstigsten Bedingungen, unter welchen Gärungen


378 Zweiter Teil.der Fremdstoffe (Fieber) im Körper Zustandekommen können,und die daher auch überaH da schon Zustandekommen, wo nur^noch verhältnismässig wenig Fremdstoffe im Körper vorhandensind und wo in geniäs*sigteren Zonen überhaupt noch niemalseine Fieberkrankheit eintreten würde. Bis jetzt wusste manaber weder von solchen Belastüngszuständen oder latentenKrankheitszuständen überhaupt etwas, noch war man im stände,dieses vöUiger Gesundheit so ähnlich sehende Stadium überhaupterkennen zu können. <strong>Die</strong>ses ist erst mit untrügHcherSicherheit durch meine Gesichtsausdruckskunde mögHch geworden,so dass ich und meine Anhänger nicht mehr in denbis jetzt aUgemein verbreiteten Irrtum verfaUen werden, dasssogar auch völlig gesunde Menschen von Malaria und KHmafiebernüberfaUen werden können; das wäre nur in solchenGegenden möglich, wo die' vorher erwähnten Gärungs- undFäulnisstoffe in der Luft bereits wie Schlangengift, Gärungerzeugend auf gesundes Blut einwirken würden. Wir wissenheute, dass die alte Ansicht, wonach keine Körperkonstitutioneinen Freibrief gegen diese Fieber hat, auf einer ungenügendenKenntnis der eigentHchen Thätsachen beruht. Auf Grund meinerForschungen wissen wir heute, dass auch diese Fieberkrankheitennur diejenigen Menschen befallen, welche mit Fremdstoffenbelastet oder bereits latent krank sind. Erst durchmeine Entdeckungen ist volle Klarheit über das Wesen dieserFieberkrankheiten verbreitet worden und deren Zusammenhangmit dem Klima richtig gestellt worden. Nicht das Klima allein.hat die Schuld daran, wie bis jetzt angenommen wurde, sonderndie Belastung der Menschen mit Fremdstoffen oder ihrlatenter Krankheitszustand. Man hat den Grund zu diesenErkrankungen immer ausserhalb des Körpers gesucht, und dochHegt er allein in der Belastung des Körpers mit Fremdstoffen,also nur im Körper selber, während das Klima nur die spezifischenErscheinungen der Krankheiten bedingen hilft.<strong>Die</strong> Hauptsache ist, diese Krankheiten zu verhüten, waserreicht wird durch eine sehr massige reizlose Diät (Pflanzenkost)aus den Erzeugnissen der betreffenden Länder selbst,


Klimafieber, Malaria, Gallenfieber, Gelbfieber, Wechselfieber. 379***neben völHg naturgemässer Gesundheitspflege, wie ich dieselbebereits im vorigen Artikel erwähnt habe, und Anwendungmeiner ableitenden Bäder. Wenn es in den Tropen auchnicht mögHch ist, zu diesen Bädern das Wasser so kalt zubekommen, wie hier in Deutschland, so wird das Verhältnisder Wassertemperatur der Tropen zu dem Verhältnis derLufttemperatur doch ein ziemHch gleiches sein wie hier zuLande, und ferner begünstigt dieselbe Hitze, welche vorher dasZustandekommen der Gärungs-(Krankheits-)Erscheinungen hervorrief,auch wieder den Heilungsprozess, weil eine Wiedererwärmungnach den Bädern und das Schwitzen schneUer erfolgtals bei uns. Meine ableitenden Bäder haben aber vermögeihrer innerHch kühlenden Eigenschaft eine ganz erstaunHcheWirkung auf jedes Fieber oder jeden innerHchen Gärungsprozessder Fremdstoffe im Körper. Ich setze den FaU, der Patienthat ein hochgradiges Fieber von 40° C, so fäUt dessen Temperaturdurch ein einziges halbstündiges Rumpfreibe-oder Reibesitzbadwenigstens um 3—4°. Sobald das Fieber und damit dieTemperatur im Körper dann wieder steigt, wird letztere durchein zweites Bad -wieder herunter gebracht und so fort, so dasswir dadurch das Fieber oder diesen inneren Gärungsprozess derFremdstoffe, geradeso wie der gewandte Zureiter sein Pferd,sicher und fest im Zaume haben, und es bei dieser Behandlungniemals zu so unangenehmen, die Patienten so quälendenZuständen kommen kann, wie bei der früherenBehandlungsweise.In aUen Tropenländern sind auf Grund dieses LehrbuchesVersuche mit meinem Heilverfahren gegen diese Fieberkrankheitenmit den überraschendsten Erfolgen gemacht worden, worüberich hier einige Originalberichte folgen lasse. Herr R.aus Batavia, dessen Kurbericht ich Ihnen auf Seite 349 mitgeteilthabe, schreibt mir aus Genua unter anderem:„Soeben erfahre ich noch, dass auch meine Frau undmein Buchhalter in Batavia (Niederl. Ost-Indien), denenich Ihr Buch zugeschickt hatte, Ihr Verfahren mit ausserordentiichemErfolg bei dem dort so grassierenden Klimafieberangewandt haben."


380 Zweiter Teil.Herr Pastor M. in P. L. (Brasilien) schreibt mir unterm16. Dezember 1890 neben anderen Mitteilungen folgendes:„Was mich selbst anbetrifft, so kann ich Ihnen die dankbareMitteilung machen, dass durch den Gebrauch Ihrer vorgeschriebenenBäder sich Klimafieber und meine Verdauung insehr kurzer Zeit bedeutend gebessert haben. <strong>Die</strong> Diät machtuns hier einige Schwierigkeit im Lande des Kaffees, wo stattSchrotbrot unser Maisbrot, statt deutsche Gemüsearten unsereBohnen und Reis, Mandijoka und andere, statt Birnen, Äpfelund Pflaumen unsere Bananen, Bataten, Melonen, Orangen,Feigen, Datteln, Maronen und andere genossen werden müssen."Aus B., Accra, Goldküste, Westafrika, schreibt mir HerrMissionar J. S., einer meiner zahlreichen Anhänger an derGoldküste und in Kamerun, im Januar 1891 unter anderemfolgendes: „Soweit es uns möglich war, auf Grund der unszugesandten Schriften über Ihr Verfahren dasselbe in Fieberkrankheiten(besonders GaUenfieber) hier in Anwendung zubringen, haben wir dies versucht. Zu unserer Freude könnenwir berichten, dass Ihre Methode in den so häufig vorkommendenFieberanfällen viel Erleichterung schafft."Herr M. H. schreibt neben anderen Mitteilungen wie folgt:„Stann Creek-BeHze, Brit. Honduras, Centralamerika, 3. JuH1890. Im Besitze Ihres Lehrbuches: »<strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong>«danke ich höflichst für Ihre gütigen Ratschläge, dieich den Verhältnissen angemessen mögUchst genau ausführte.Ich hatte jedes Jahr mit unseren Tropen fiebern und anderenLeiden zu kämpfen — dieses Jahr bin ich durch AnwendungIhrer Kurmethode von allen diesen Übelnbefreit."Aus Otjimbingue (Hereroland), Südwestafrika, schreibtHerr Fr. M. in einem längeren Schreiben an mich, nachdemer den schweren, für unheübar geltenden Krankheitszustandseiner Frau beschrieben hatte: „AUe Mittel, die ich seit30 Jahren versuchte, konnten dem Leiden keinen Einhaltgebieten. Auch die Verdauung lag voUständig danieder. Datraf ihr Brief ein und belehrte mich eines Besseren. Jetzt


Klimafieber, Malaria, Gallenfieber, Gelbfieber, Wechselfieber. 381nimmt meine Frau Reibebäder. Das in letzter Zeit hinzugetreteneMalariafieber ist bereits verschwunden, dieFüsse schwellen ab und die Finger werden wiederdünner und gelenkiger."Herr Missionar G. in Dar-es-Salaam (Ostafrika), deran sich selbst mein Heüverfahren auf Grund meines Lehrbuchesmit bestem Erfolg angewendet hat, berichtet in den„Nachrichten aus den ostafrikanischen Missionen", BerHn, September1890, über die gute Wirkung meiner Kur auch beiseinem Neffen folgendes:Sonntag, den 22. Juni 1890. „Vergangene Woche war auchmein Neffe Daniel E. fünf Tage krank an heftigem Malariafieber;kein Chinin, kein Antipyrin noch Antifebrin,weder Pfefferminzthee noch Wickelungennach Vorschrift der älteren Naturheilmethode wo Uten helfen,das Fieber behielt denselben Standpunkt oder stieg sogarimmerzu um einige Striche. Gestern Mittag standen wir dannnach all diesen Erfahrungen ganz ratlos da. Nur eins konntenoch zur Rettung dienen; Orts- und Luftveränderung, aberwie das anfangen? Hierbei kam uns die <strong>neue</strong>ste Naturheilmethodevon Louis Kühne in Leipzig in den Sinn, dessenBuch „<strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong>" ich mir eben hatte kommenlassen. Wir steckten den von Fieberhitze glühenden Kranken,der nicht in Schweiss kommen konnte, ins Wasser, d. h. gabenihm ein je drei Minuten langes Rumpfreibebad. Sobald dasThermometer über 39° zeigte, wurde das Bad wiederholt, undwir wurden gewahr, dass das Fieber zu sinken beginne.Über Nacht trat Besserung ein, und am Morgen kamSchweiss ganz von selbst. So ist ihm durch dieses einfacheVerfahren in wenigen Stunden geholfen worden!"Hätten die BeteiHgten bei diesem Kranken die Rumpfreibebäderstatt 3 Minuten 20 Minuten lang ausgedehnt, die Besserungwäre noch viel schneller und sicherer eingetreten. Jelänger oder öfter in solchen Fällen die Bäder gebraucht werden,je. besser und vorteilhafter ist dies für den Kranken.Von sich selber berichtet Herr Missionar G. in Dar-


382 Zweiter Teil.es-Salaam am 22. Dezember v. J. unter anderem folgendesan mich: „Um nicht zu wiederholen, was ich Ihnen schoneinmal schrieb über meine Heilung von verschiedenartigenklimatischen Fieberleiden durch Ihre Methode, erwähne nurnoch kürz, dass* Ihre Wasserkuren im höchsten Grade rühmlicheErfolge bei mir haben. Ich wende sie nun auch beiden Eingeborenen, natürlich mit viel Mühe und Zeitaufwand,an, und die Erfolge sind stets gute gewesen.Ich habe nun seit Juni bei mir und den Meinen keinerleiMedikamente mehr angewendet, als nur Wasser' nach Ihrervorgeschriebenen Methode. Wir befinden uns so wohl, als esnur irgend sich denken lässt für so ungesund bekannte tropischeGegenden. Sollte diese Ihre Wasserkurheümethodenicht auch fürs- »gelbe Fieber« in Westafrika gute Wirkungenhaben?"Herr G. hat anscheinend noch nicht vollkommen den Einheitsgedanken,den einheitHchen Zusammenhang aHer Krankheiten,wie ich ihn entdeckt habe, erfasst, sonst hätte er dieseFrage kaum stellen können.Herr Missionar A. aus Kwala Prongan (Insel) Borneoschreibt mir unterm 20. Januar 1892:Sehr geehrter Herr Kühne!„Im Besitze Ihrer beiden Lehrbücher „<strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong>"kann ich es nicht unterlassen, auch Ihnenmeinen Dank abzustatten für die guten Erfolge der <strong>neue</strong>nHeilkunst, welche ich hier auf der Insel Borneo an mir undauch an andern Kranken erfahren habe. Es wird nun baldein Jahr, als ich hier auf Borneo die <strong>neue</strong> Heüwissenschaftkennen lernte, als ich darauf eines Tages bei einem Freundevon dem indischen Fieber so gewaltig ergriffen wurde, dassich es fast nicht mehr aushalten konnte, da versuchte ich esmit der <strong>neue</strong>n Heilmethode, zuerst nahm ich ein Dampfbad aufeinem Rohrstuhl und darauf ein Rumpfreibebad nach Vorschriftdes Lehrbuchs. <strong>Die</strong> Wirkung war so kolossal, dass ich sogarnach dem Bade das Bett verlassen konnte, was mir vorher


Klimafieber, Malaria, Gallenfieber, Gelbfieber, Wechselfieber. 383unmöglich gewesen wäre. Auch mein Freund und seine Frauverwunderten sich sehr über den so raschen Erfolg. Seit derZeit bin ich ein Anhänger der <strong>neue</strong>n Heilmethode. Auchhier an den Dajaken habe ich schon die besten Erfolge der<strong>neue</strong>n Heilkunst beobachtet, die Dajaken, welche keine Arztehaben, haben von uralten Zeiten her die Dampfbäder, nur dieableitenden Bäder kennen sie nicht.Wollte ich Ihnen, geehrter Herr Kühne, erzählen von aUenmeinen Patienten, welche ich durch die <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong>geheilt, so würde mich dieses zu weit führen. Ihr Buch, geehrterHerr Kühne, ist so recht ein Buch für die Missionärein der Wildnis, welches einen nie im Stich lässt, dagegen dieanderen Dr.-Bücher, welche ich besitze, weisen einen immer zumArzt, aber wer kann hier in der Wildnis einen Arzt erreichen,deshalb freue ich mich sehr, dass ich Ihr Lehrbuch über die<strong>neue</strong> Heümethode besitze. Vor etwa drei Wochen wurde ichzu einer Frau gerufen, welcher des Nachts im Reisfeld ihreHütte abgebrannt war, in welcher sie so lange geschlafen, bisihr das Feuer an den Leib gekommen war. <strong>Die</strong> Frau sahsehr entstellt aus, besonders im Gesicht und auf den Armen,ich verordnete sofort nasse Umschläge vom Morgen bis anden Abend, am Abend verband ich sie dann nach VorschriftIhres Lehrbuches, auch in den nächsten Tagen bekam dieFrau diese Verbände, bereits nach 8 Tagen war die Frau wiederhergesteUt, ich glaube, mit einer Schmierkur hätte eswochen- oder monatelang gedauert.Vor mehreren Wochen bekam ich einen Ausschlag aufder Hnken Hand, man nennt diesen Ausschlag hier zu Land:Kihis, er ist ein sehr hartnäckiger Ausschlag und entwickeltsich kreisförmig auf dem Leibe, früher habe ich diesen FeindaUezeit mit Schmieren vertrieben, er kam aber nach einiger Zeitimmer wieder, bald erscheint er unten an den Füssen, baldauf dem Gesicht, bald auf dem Rücken, bald auf den Händen,als ich nun diesen Ausschlag vor einigen Wochen wieder bekamauf der Hnken Hand, da dachte ich, jetzt wiU ich dichaber einmal nach der <strong>neue</strong>n Heilmethode vertreiben. Ich nahm


384 Zweiter Teil. Klimafieber etc.deshalb zuerst ein Dampfbad und darauf ein Rumpfreibebad,die folgenden Tage täglich nur zwei Reibesitzbäder, schon amdritten Tage der Kur wurde der Ausschlag runzHch, so dassich sah, dass er am Entweichen war. Auch habe ich dieHand allein gedampft und darauf allemal ein Reibesitzbadgenommen, jetzt haben sich auf der linken Hand auf derkranken SteUe zwei kleine Geschwüre gebildet, so dass ichglaube, dass hier die Fremdstoffe sich zusammenziehen, sinddie Geschwüre heil, dann ist auch der sehr juckende Ausschlagfort:Auf diese Weise vertreibt man den sehr gefürchtetenKihis.Ich werde allezeit die <strong>neue</strong> Heilmethode bei mir anwenden,denn bis heute habe ich noch nichts Besseres kennen gelernt.Auch versuche ich, alle meine Freunde auf die <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong>aufmerksam zu machen."Aber auch aus Westafrika, Australien, Vorderindien,Capland, Westindien u. s. w. habe ich bereitszahlreiche Nachrichten über gute Erfolge mit meinem Verfahren.Leider kann ich aus Raummangel dieselben hiernicht mehr abdrucken.i\


Typhus. Enhr. Cholera. Durchfall.Typhus oder Nervenfieber.<strong>Die</strong>se gefürchtete Krankheit wird nur dann gefährlich,wenn die Behandlung unrichtig oder der Patient zu schwerbelastet ist. Bei meiner Methode verHert dieselbe vollständigihre fürchterHchen Eigenschaften. GeHngt es, die Krankennach den ableitenden Bädern auf naturgemässe Weise zumSchwitzen zu bringen, so wird sich der Patient kaum mehrerhebhch krank fühlen, so dass es bei Behandlung schwererTyphuskranker bereits nach den ersten Tagen meiner Behandlung,mehrfach vorgekommen ist, dass solche Patienten beständigwährend der weiteren Kur im Freien herumgehenkonnten.Bei aU' solchen akuten Krankheiten wie Typhus bewirkenmeine Dampfbäder, zur richtigen Zeit, jedoch nicht zu oft angewendet,einen geradezu wunderbaren Erfolg, aber stets nurin Verbindung mit meinen ableitenden Rumpfreibe- und Reibesitzbädern.Wie oft die Dampfbäder anzuwenden sind, mussder Kräftezustand des Patienten bestimmen. <strong>Die</strong> gründHchenKenner meines Verfahrens Werden das stets leicht zu beurteüenwissen.Typhuskranke, die sofort meine Methode anwenden undbei denen eine medizinische Kur Wochen und Monate dauernwürde, werden, wenn ihr Körper nicht zu schwer belastet ist,bereits in den ersten Tagen soweit gebracht, dass jede Gefahrbeseitigt ist und die Patienten herausgehen können.Louis Kühne, <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong>. 25


386 Zweiter Teil.Dass der Typhus bei medizinischer Behandlung, geradeso wie Pocken, eine so gefährliche oft so langwierige Krankheitgeworden ist, liegt nur an der UnvoUkommenheit derÄUopathie.Während ich dies schreibe, erhalte ich von einer altenAnhängerin meines Verfahrens die Nachricht, dass sie zweischwer an den schwarzen Blattern erkrankte Leute durch einDampfbad und drei längere Rumpfreibe- und Reibesitzbäder soweitgebracht habe, dass die Patienten wieder aufstehen und imFreien herumgehen konnten, und dass innerhalb sechs Tagenjede Spur der Krankheit ohne auch nur eine einzige Narbehinterlassen zu haben verschwunden sei.Genau so ist aber der Verlauf vieler von mir behandelterTyphuskrankheiten gewesen, wo nicht bereits durch Medikamenteder Organismus geschwächt und geschädigt worden war.Ruhr, Cholera.Dasselbe gilt von Ruhr und Cholera. Beide sind Krankheiten,die unter sehr bedeutenden innerlichen Fieberzuständengewaltige Störungen in der Verdauung hervorrufen. Bei. derCholera ist dieses innerliche Fieber so gross, dass der LeibinnerUch völHg schwarz verbrennt, was auch an Lippen, Naseund Augen solcher Verstorbener dann deutlich durch schwarzeoder dunkle Färbung zu beobachten ist.Vorbedingung zu diesen Krankheiten ist in erster Linieeine starke Belastung des Körpers mit Fremdstoffen. Ruhrund Cholera befaUen nicht zufälHg diesen und jenen, sondernnur diejenigen, welche die Disposition dazu in sich tragen.r Schon lange bevor diese Krankheiten auftreten, haben die davonbefallenen Individuen eine unnormale Verdauung. Daherkommt es auch, dass man gewöhnlich vor Cholera und RuhrHartleibigkeit und Verstopfung beobachtet. Auch tritt bereitsmehrere Tage vor Ausbruch dieser Krankheiten stets ein gewissesUnbehagen, ein Gefühl von Schwere im Körper auf, dasnichts weiter als der Beginn der Gärungszustände im Innern


Typhus. Ruhr. Cholera. Durchfall. 387des Leibes ist. <strong>Die</strong> Fremdstoffe beginnen eine gewaltsameRückwärtsbewegung nach ihrem einstigen Ausgangspunkte, demUnterleibe. In demselben spielen sich während des hitzigenGärungsvorganges der Cholera und Ruhr eigenartige Vorgängeab, die wir in'dieser Form nirgends anders beobachteten. Dabeikonzentriert sich die innere Fieberhitze oft nur auf die innerstenVerdauungsorgane. Wir beobachten dann sehr deutlich imInnern eine verzehrende Hitze neben äusserlichem KältegefühleRuhr ist im allgemeinen nicht so gefährlich als Cholera.In beiden Krankheiten kommt es bei ihrer Heilung alleindarauf an, die innere zu grosse Hitze nach aussen abzuleitenund den Patienten zum Schwitzen auf natürliche Weise zubringen. Da wo der Körper noch viel Lebenskraft besitztund nicht zu schwer belastet ist, beobachten wir in Cholerafällenschon ohnehin, wie der Körper allein danach bestrebtist-, die innere brandige lebensgefährliche Hitze nach aussenabzuleiten; was sich in einem auch äusserlich zu Tage tretendenhitzigen Fieberzustande an Stelle des äusserlichen Kältegefühlsdeutlich bemerkbar macht. Alle solche Patientenüberstehen weit leichter die Cholera als diejenigen, welche beiäusserlichem Kältegefühl innerlich geradezu verbrennen. Vielemerken oftmals das äusserliche Kältegefühl kaum, wegen deszu grossen inneren Fiebers. Allemal sind aber gerade dieseletzteren Patienten die gefährdetsten. Im Jahre 1849 und1866, als die Cholera hier wütete, habe ich mehrere Cholerafällebeobachtet. Ich erinnere mich der Vorgänge noch genau,und heute vermag ich mir dieselben zu erklären. <strong>Die</strong>jenigenKranken, bei welchen der Körper das. Fieber nach aussenbrachte, überstanden zum grössten Teil glücklich die Cholera,,während aUe diejenigen, bei denen äusserlich kaum Fieberhitze^zu beobachten war, starben. <strong>Die</strong>se hatten lange nicht diegrossen Unannehmlichkeiten und das üble Gefühl der hitzigErkrankten, welches dadurch hervorgerufen wird, dass derKörper sich mit aller Kraft anschickt, den tödlichen Vorgangin seinem Innern ungefährlich zu machen. So habe icheine Frau vormittags um 11 Uhr noch mit ihrem Kinde25*


388 Zweiter Teil.ruhig auf dem Hofe auf und ab gehen sehen, während manum 2 Uhr nachmittags ihre Leiche bereits aus dem Hauseschaffte. Bei ihr waren nicht die geringsten Reaktionsbestrebungendes Körpers gegen die Choleragärung durch äussereHitze eingetreten, weshalb der innere Gärungsvorgang ihrenUnterleib in ganz kurzer Zeit in einen brandigen Zustandversetzte, der auch äusserlich durch eine schwärzliche FarbedeutHch gekennzeichnet wurde. Für die Kenner meiner Gesichtsausdruckskundebesagt allein schon die schwarze Färbungvon Lippen, Augen und Nasenspitze deutHch genug, wie derUnterleib beschaffen sein musste: nämHch im höchsten Gradebrandig. <strong>Die</strong> Heilbarkeit der Cholera ist bei ihrem schneUenVerlaufe allein davon abhängig, ob es geHngt, das inneretödliche Fieber schnell genug abzuleiten und den Körper raschzum Schwitzen zu bringen. <strong>Die</strong>ses Ziel erreichen wir aberam sichersten und schneUsten durch das Reibesitzbad. Durchdasselbe wird die innere brandige Hitze abgekühlt und gleichzeitigdie Lebenskraft derartig angefacht, dass der Körper inkürzester Zeit befähigt wird, den Zustand des nur innerenFiebers und äusserlichen Kältegefühls in einen allgemeinhitzigen zu verwandeln.<strong>Die</strong> Behandlung Cholerakranker hat daher am geeignetstenmit einem halbstündigen Reibesitzbade zu beginnen,während dessen die Vorbereitungen zu einem Unterleibs- oderVolldampf bade zu treffen sind, damit der Patient nach beendetemReibesitzbade sofort ein längeres Dampfbad erhaltenkann, um zum Schwitzen zu kommen, worauf dann wiederein Reibesitzbad zu folgen hat, nach welchem Wiedererwärmungin der Sonne durch ein Sonnenbad, und wenn dies nicht an-| gängHch, im Bett durch tüchtiges Zudecken zu erstreben ist.In den meisten Fällen werden bereits diese drei hintereinanderfolgenden Bäder die Abwendung aller Lebensgefahr bewirken.Wo das noch nicht der Fall ist, wiederhole man obige Manipulationin derselben Weise noch §fters und lege bei denDamfbädern darauf Gewicht, dass der Patient nur auf demLeibe liegend dampfe. <strong>Die</strong>jenigen, welche sich kein Dampfbad,


Typhus. Ruhr. Cholera. Durchfall. 389wie auf S. 109 beschrieben, herstellen können, werden den gewünschtenErfolg schliesslich auch durch die Reibesitzbäderallein erreichen, sofern es ihnen nur gelingt, nach dem Reibebadevon selber zum Schwitzen zu kommen.Bei Ruhr leistet oft bereits ein längeres Dampfbad aufden Leib mit nachfolgendem Reibesitzbade soviel, dass derDurchfall aufhört.. %Keine Krankheit aber beweist in so auffallender Weisedie Richtigkeit meiner Krankheitslehre und die Gesichtsausdruckskundewie gerade die Cholera.Wie ich den verehrten Lesern schon oft mitgeteilt habe,sind es nur die Fremdstoffe, welche die Disposition zur Cholerabedingen und auch die Veränderungen in den Körperformenhervorrufen. <strong>Die</strong> Cholera ist aber, wie ich schon sagte, eingewaltsamer Vorgang im Körper, bei welchem die Fremdstoffeaus dem ganzen Körper nach dem Unterleibe ihren Rückwegeinschlagen. Der Körper voUzieht hierbei in erstaunHch kurzerZeit das Herausschaffen der Fremdstoffe. Aus diesem Grundetreten auch die damit verbundenen Veränderungen der Körperformenüberraschend deutHch zu Tage. Bei allen Cholerakranken,welche ich gesehen habe und welche die Krankheitglücklich überstanden, habe ich deren verändertes Aussehenund die Veränderungen ihrer Körperformen, namentUch desKopfes, nach der Krankheit beobachtet. Das fiel mir schondamals auf, obwohl ich die Gesetze, auf welche sich die Gesichtsausdruckskundegründet, noch nicht erkannt hatte. Esschwanden oft recht bedeutende chronische Belastungszuständein wenigen Tagen durch die Cholera. Man sieht daraus, wiedie Natur oft in Wenigen Tagen das vollbringt, was durchMenschenHst niemals in so vollkommener Weise oder doch nurin weit längerer Zeit zu erreichen ist.jAlle solche, welche die Cholera glücklich überstandenhatten, erklärten nachher, sie fühlten sich wie neu geboren,sowohl körperlich als geistig dreifach leistungsfähiger alsfrüher. Es käme ihnen fast so vor, als wäre ihnen eine Lastabgenommen worden, die sie früher gedrückt hätte. <strong>Die</strong>se


5.90 Zweiter Teil.Wahrnehmung ist vollkommen richtig, denn es war, ihnenauch das ganze Gewicht der Fremdstoffe abgenommen worden,woraus die grössere Leistungsfähigkeit hervorging.AVie bei allen akuten Krankheiten ist es in ganz besonderemMaasse bei einer so rasch verlaufenden Krankheit, wiedie Cholera, von hoher Wichtigkeit, ihrem Auftreten vonvornherein einen sicheren Riegel vorzuschieben. <strong>Die</strong>ses Zielkonnte und wusste man bis heute noch nicht zu erreichen,erst durch meirfe Entdeckungen sind wir in die Lage versetztworden, jeo^jÄjastuüg und somit jede Disposition mit Sicherheitschon Jahre lang vorher genau feststellen zu können, dieunter den geeigneten Bedingungen Heilkrisen wie Cholera hervorrufenkann. In welcher Weise man aber seinen Körpervon dieser Disposition befreit, habe ich bereits gesagt.Ganz besonders wird aber eine reizlose naturgemässe Diätin den heissen Zonen und Tropenländern wirksam nebenmeinen ableitenden Bädern vor Cholera, Ruhr und aUen anderenakuten Fieberkrankheiten schützen. <strong>Die</strong> Bewohner dieser Länderdürfen sich daher in keiner Weise fürchten, eine solche Diäteinzuführen, selbst wenn sie dieselbe noch niemals durchgeführthätten. Man darf nicht glauben, dass man das Gutenicht anwenden könne, ohne den nicht daran gewöhnten Körperzu schädigen. <strong>Die</strong>se Ansicht ist grundverkehrt, und ich kannnur jedem raten, mit einer Diät in meinem Sinne sofort zubeginnen, niemand wird dadurch Schaden erleiden. Veranlasstwerde ich zu dieser Bemerkung durch Anfragen aus Bangkokin Siam. (Über Ruhr vergleiche III. Teil Kurberichte.)Nach diesen Erörterungen gewinnen wir jetzt ganz vonselber die Ansicht, dass Cholera und Ruhr nichts weiter alsüberaus gewaltsame' Heilkrisen des Körpers sind, zu denen erdurch äussere Einflüsse, vielleicht die erst <strong>neue</strong>rdings erkanntenelektrischen Spannungen der Luft die Kraft erhielt. GewöhnlicheDurchfallkrisen sind genau dasselbe wie Ruhr und Cholera,nur im kleineren Maasstabe. Ich habe .nun bereits seitJahren die Beobachtung gemacht, dass lebenskräftige Menschenvielfach an periodisch wiederkehrenden Durchfallkrisen leiden,


« Typhus. Ruhr. Cholera. DurchfaU. 391und dass solche Krisen bei ihnen stets von ganz bestimmter Einwirkungwaren. Vorher erschien ihr Körper beschwert, träge,weil mit Fremdstoffen belastet, nachher frei und leistungsfähiger.Aber auch - ihr äusseres Aussehen, die Formen ihresKörpers änderten sich jedesmal dabei zu ihrem Vorteile. Siewurden aUemal dadurch verjüngt. So sehen wir also daraus,wie der Körper sich allein durch solche Krisen von seinerBelastung periodisch zu befreien sucht, wer aber solche undgrössere Krisen wie Cholera und Ruhr vermeiden wiU, sollnur dafür sorgen, dass sein Leib freibleibe von jeder Belastungmit Fremdstoffen und er wird dieses Ziel sicher erreichen.Wenn nun auch DurchfaU und Verstopfung scheinbar alsGegensätze erscheinen, so darf sich niemand darüber wundern,wenn ich sage, dass beide Verdauungsstörungen allein durchzu grosse innere Hitze und Überernährung entstanden sind.Geradeso wie der eine durch Überernährung und schlechteVerdauung zu dick und korpulent wird, wird der andere durchebendieselben Ursachen zu mager und dürr. Genau so verhältes sich aber auch mit DurchfaU und Verstopfung, beidegehen aus einer Ursache hervor.


Geschlechtskrankheiten.Wer die verborgenen Übel der Menschheit heilen wül,muss offen von ihnen sprechen. Nicht Prüderie und zimperlicheZurückhaltung können mich daher abhalten, eineAngelegenheit zu besprechen, die zu den heikelsten und demMenschengeschlechte unangenehmsten gehört. Denn einerseitsist der Schaden und das Unheil, das gerade die Geschlechtskrankheitenunter die Menschen bringen, so verbreitet undgewaltig, dass es eine Sünde von mir wäre, wenn ich, zumalda ich durch mein <strong>neue</strong>s Heilverfahren in bis jetzt unübertroffenerWeise Herr über diese Krankheiten geworden bin,über meine Erfahrungen darüber schweigen woUte. Es wirdja gerade durch die aUgemeine Unkenntnis über das Wesendieser Krankheiten und besonders durch deren Behandlungmit Medikamenten- ein so grosses Elend unter die Menschheitgebracht, dass es schon aus diesem Grunde unbedingt notwendigerscheint, durch ein offenes Wort aufklärend zu wirken.<strong>Die</strong> traurige Thatsache, dass heute diese Krankheiten in einerWeise verbreitet sind, wie nie zuvor, und dass gerade dieSyphiHs es ist, welche jährlich hunderttausende Opfer fordertund in unsagbares Elend stürzt, hat ihre tiefe Begründungund Ursache, wie ich im Laufe der Abhandlung» auseinandersetzenwerde. <strong>Die</strong> bisherigen Heilmethoden, ausser der Naturheilkunde,stehen der SyphiHs machtlos gegenüber, ihnen ge-Ungt es nur, durch Schmierkuren mit Quecksilber u. a. dieseKrankheit zeitweiUg in einen Latenzzustand zu bringen,


Geschlechtskrankheiten, 393welchen viele Heilkünstler in ihrer Unwissenheit über das Wesendieser Krankheit und um die Patienten zu beruhigen, für eineHeilung ansehen und ausgeben. Aber gerade durch diesesVorgehen ist unsägHch viel Unheü angerichtet worden. Dennviele solcher angebUch Geheilten haben auf den Ausspruch ihresArztes hin geheiratet und es sehr bald an den traurigen Folgendieser Ehe erfahren, wie falsch sie beraten waren. In denmeisten FäUen ist Gesundheit und Leben der Frau in höchstemGrade gefährdet, sobald sie mit einem Manne zusammenlebt,in dessen Körper SyphiHs lalent schlummert. Der Geschlechtsverkehrist ein Verkehr, durch den sich die gegenseitigen Körperin gewissem Grade ausgleichen, weshalb auch die latente Syphi­Hs sehr bald in die Frau übergeht und sie an dieser oderirgend einer anderen Krankheit zu Grunde gehen lässt. <strong>Die</strong>Kinder, welche aus solcher Ehe hervorgehen, sind stets lebensunfähig,weü sie niemals normal entwickelt sein können. Daherbehaupte ich mit Recht, dass das latente Stadium der SyphiHsweit gefährHcher ist als das akute, denn bei letzterem trägtwenigstens der damit Behaftete ein Aushängeschild, das deutlichsagt, woran man ist.Das latente Stadium der SyphiHs erkennt die moderneSchule bereits an, obgleich sie dasselbe nur dann festzusteUenim stände ist, wenn der damit Behaftete nach jahrelanger,Latenzperiode wieder akute Syphilis bekommt; da sagt dieseSchule, weü sie nicht anders kann, die Krankheit hat solangelatent in jenem Körper geschlummert. Ich glaube freilich,wenn. nicht die Thatsachen in so eklatanter Weise dafürsgRächen, die moderne Wissenschaft würde auch in diesemFähe nichts von einem chronisch latenten Krankheitsstadiumwissen woUen, von dem ich in aUen meinen Abhandlungensoviel gesprochen habe, sondern nach wie vor behaupten wollen.dies Stadium äei eine Heilung, wie alle ihre anderen Heilungen.FreiHch ist die Schulmedizin auch noch nicht so weit, dasssie dies schon immer dagewesene alte Naturgesetz nicht nurin diesem, sondern auch in aUen anderen chronisch latentenFäUen feststeUen und beobachten kann.


394 Zweiter Teil.Aber war man denn früher nicht auch ausser stände,Sonnen- und Mondfinsternisse vorher auf die Minute berechnenzu können, weil man die bei dieser Rechnung eine Rollespielenden Naturgesetze nicht kannte? Jetzt, nachdem mandie immer schon dagewesenen Naturgesetze erkannt hat, berechnetman diese Naturereignisse mit absoluter SicherheitJahre voraus auf die Sekunde. Ähnlich ist es mit meinerGesichtsausdruckskunde. Durch dieselbe bin ich erst in dieLage versetzt worden, ein schon immer dagewesenes Naturgesetzrichtig zu erkennen und zu fixieren und nutzbarzu machen. Aus diesem Grunde bleibt mir und aUen denen,welche diese meine Untersuchungsart studiert haben, daslatente. Stadium der Syphilis auch dann nicht verborgen,wenn solche akute Rückfälle noch nicht eingetreten sind.Aber wir sind dadurch auch im stände, die Disposition zuaUen Geschlechtskrankheiten sicher, bereits lange vorher,herauszuerkennen, so dass sich in jeder Weise vorbeugen lässt.Ich unterlasse es, auf die einzelnen Geschlechtskrankheiten,weisser Fluss, Tripper, Schanker, Bubonen, Syphilis u. dgl.,besonders einzugehen, sondern bemerke dazu nur, dass derName der einzelnen Geschlechtskrankheiten völHg gleichgültigfür uns ist, weil wir genau wissen, dass aUe eine gemeinsameEntstehungsursaehe haben und die Verschiedenheit ihrer Formnur von der Verschiedenheit der Disposition, d. h. von derVerschiedenheit der Belastung des betreffenden Körpers mitFremdstoffen oder dessen chronisch latentem Krankheitszustandein unserem Sinne abhängig ist, und demgemäss der Weg zuihrer Heilung, wie wir wissen, nur auf die eine uns schonbekannte Weise möglich ist.<strong>Die</strong> Natur hat den Säugetieren, also auch uns Menschen,die Geschlechtswerkzeuge teilweise zusammengelegt mit dennatürHchen Ausscheidungsorganen. Der Organismus ist nunbestrebt, seine Ausscheidungsprodukte nach diesen Ausgängenhinzuleiten, weshalb dieselben ganz besonders der Sitz aUerFremdstoffe und Ablagerungen von Ausscheidungsproduktenwerden, was ganz besonders bei den Frauen deutlich zu


Geschlechtskrankheiten. 395beobachten ist und daher beim Geschlechtsverkehr ins Gewichtfallen muss, weil bei einem solchen es unvermeidlich ist, dassdiese scharfen Ausscheidungsstoffe gleichwie eine Salbe vermögeder Aufsaugungsfälligkeit der Haut in den anderen Körperübergehen. Auf diese Weise werden die schlechtesten beimWeibe vorhandenen Stoffe auf den Mann übertragen und umgekehrt,wenn derselbe schwerer belastet ist als das Weib, sowerden, da sein Zeugungsprodukt aus seinen Säften besteht,dieselben sich dem Weibe einverleiben und kränker machendauf das Weib wirken. „Es kommt aber noch ein anderer Umstand dazu, zu dessenKlarstellung ich etwas weiter ausholen muss. Der Geschlechtstriebselber ist zwar eine allgemein bekannte, aber bis jetzt -noch ziemHch dunkle, wenig genügend klar gesteUte Thatsache.*Worin derselbe besteht, darüber äussert sich die moderne Schulewenig, wie derselbe normal ist, noch weniger, und welcheUrsachen denselben anormal machen, am wenigsten. Trotzdemfindet man aber in ihren Lehrbüchern, dass neben demTriebe zur Erhaltung des Lebens der Fortpflanzungstrieb geradeder aUerstärkste im tierischen Körper ist. Es ist daher unbegreifHch,weshalb man den zweitwichtigsten Faktor unseres1 Lebens heute so missachten kann, dass" man ihn gewissermaassenals etwas unnatürHches, im höchsten Grade, unästhetischesund unanständiges betrachtet. ArmseHge, verblendeteMenschheit! die sich anmaasst, der Naturreinen Schleier um-^hängen zu wollen, weü sie ihr nicht mehr passend erscheintund vergisst, dass die Natur stets rein ist und dass alles Unreineund Unpassende, auch alle unreinen und unpassendenAnsichten nur in den Menschen und deren Anschauungen^Hegen, nicht aber in der Natur!Der Geschlechtstrieb hat ebenso wie alle anderen Triebesein normales Stadium oder ein durch Krankheitszustand,d. h. blosse Belastung des Körpers mit Fremdstoffen, verursachteskrankhaftes, unnormales Gepräge. Ich habe michdarüber teilweise bereits in dem Artikel: „Wie erreicht manleichte und glückHche Geburten" (S. 192) ausgesprochen und


396 Zweiter Teil.füge hier nur t noch hinzu, dass man gerade an dem Verhaltendes Geschlechtstriebes ein sehr genaues Thermometer für deneigenen Gesundheitszustand, besonders für das latente chronischeStadium der Krankheiten und die Reizbarkeit der Lebensweiseauf den Organismus hat. Aus seinem normalen Stadiumwird derselbe nur durch den vermehrten Druek und Andrangder Fremdstoffe nach ihren natürlichen Ausscheidungswegen,also durch Belastung des Körpers mit Fremdstoffen und einedadurch erhöhte Reizung der Nerven gebracht. Dadurch wirdderselbe Druck auch auf den Geschlechtsapparat ausgeübt,was zunächst in einem gesteigerten Geschlechtstriebe, verbundenmit ganz allmählich abnehmender Potenz (Potentia. coeundi und Potentia generandi) seinen Ausdruck findet.Ein normaler Geschlechtstrieb lässt den Menschen vöUig freivon jeder störenden Sinnen- und Gedankenlust und wirktnur dann beunruhigend, nach Ausgleich suchend auf den^Organismus, wenn sich ihm eine natürHche Gelegenheit zuseiner BeÜaedigung darbietet. Normal ist dieser Trieb also nur'bei'gesunden Individuen und normal zu erhalten ist derselbenur durch völlig reizlose Diät und naturgemässe Lebensweise;...anormal endlich wird er, sowie eine Belastung des Körpers mitFremdstoffen oder ein chronisch latenter Krankheitszustandeintritt.Zur Erkrankung der Geschlechtsorgane ist immer eine Belastungdes Körpers mit Fremdstoffen oder eine Disposition notwendig,ohne dieselbe ist eine Geschlechtskrankheit ausgeschlossen.Aus dieser Thatsache erklärt es sich auch, dass der einedurch Übertragung des Tripper-, Schanker- und Syphilisgiftesdiese Krankheiten bekommt, der andere nicht. Mir sind Fällebekannt, wo von zwei derselben Ansteckungsgefahr ausgesetztenMännern gerade derjenige, welcher derselben zuerst ausgesetztwar, in welchem Falle für gewöhnlich am leichtesten eineAnsteckung stattfindet, völlig frei blieb, der zweite dagegenangesteckt wurde. <strong>Die</strong> umgekehrten Fälle sind mir ebenfallsbekannt. Anderseits sind mir Fälle vorgekommen, wo ein Weiblängere,Zeit nur mit einem Manne geschlechtlich verkehrte,


Geschlechtskrankheiten. 397der ebenfaUs nur diesen Verkehr hatte. Als derselbe in einenanderen Orte versetzt wurde, übernahm sein Nachfolger mitaUem übrigen auch dies Weib. Obgleich nun nachgewiesenwerden konnte, dass weder der eine noch der andere krankwar, oder nebenbei anderen Verkehr unterhielt, so zog sichdieser Mann doch nach kurzer Zeit SyphiHs zu, während dasWeib völHg frei davon Wieb. Ähnliche FäUe sind mir nochmehrere bekannt geworden.<strong>Die</strong> in den Geschlechtsteüen abgelagerten Fremdstoffewerden, wie schon gesagt, durch den Geschlechtsverkehr direktübertragen und wirken auf die Fremdstoffe des anderen, wie dieHefe im Brotteig, Gärung erzeugend, besonders wenn man dazudie beruhigende stärkende Wirkung, welchen der Ausgleichdes gegenseitigen Magnetismus dabei auf den Körper ausübt^mit in Betracht zieht. Durch diese Wirkung gewinnt der Körpersoviel an Lebenskraft, dass er im stände ist, die in ihm befindlichenFremdstoffe durch eine Heükrisis, wie sie ein Tripper,Schanker, Syphilis ist, herausbefördern zu woUen. Es werfen;-diese Thatsachen auch Licht auf jene häufig vorkommenderFäUe, wo z. B. ein Ehemann, der schon Jahre lang in regelmässigemGeschlechtsverkehr mit seiner Frau lebte, durch emep.gelegentlichen Verkehr mit einem anderen, angebHch gesundenWeibe, syphüitisch wurde. Der Verkehr der Eheleute hattgnicht diese Wirkung, weü sich die Körper bereits ausgegHchen^hatten, dagegen bot der <strong>neue</strong> Verkehr einen ganz anderen,^Ausgleich, was jene Wirkung hervorbrachte.Ich habe diese FäUe nur angeführt, um zu zeigen, aufwelche Weise Geschlechtskrankheiten entstehen und inwieweiteine direkte Übertragung des Ansteckungsstoffes dabei mit imSpiele ist. Es Hegt mir fern, das MoraHsche resp. Unmoralischedes aussereheHchen Geschlechtsverkehrs in irgendeiner Weisezu berühren und zu beleuchten, ich habe es bei meinen Auseinandersetzungennur mit der Krankheit, ihrem Wesen, ihrerEntstehung und Heüung zu thun. Soweit es zum Beweis erforderlichwar, habe ich dabei das Gebiet des aüssereheliclMjgtGeschlechtsverkehrs gestreift., A


398 Zweiter Teil.Für uns bleibt es das Wichtigste, zu wissen, dass dieGeschlechtskrankheiten nichts weiter sind, als Heilkrisen desKörpers, in welchen derselbe bestrebt ist, die in ihm befindlichenFremdstoffe herauszubefördern. WiU man hier alsoheilen, so muss man diesem Heilungsgeschäft des Körpers inrichtiger Weise entgegenkommen und nicht in den grossenIrrtum der modernen Schule gedankenlos mitverfallen, welchedurch Medikamente (unerhörte Gifte, wie Quecksilber in seinen^verschiedenen Formen, Jod, Jodkali, Jpdoform u. s. w.) geradediesen Heilungsversuch des Körpers mit aller Macht zurückzudrängen,zu unterdrücken sucht, d. h. ihn chronisch undlatent macht. <strong>Die</strong>s geht natürlich auf keine andere Weise, alsauf Kosten der Lebenskraft des Körpers, welche vorher soweit? gestärkt war, diese Heilkrisis zuwege zu bringen, und jetzt durchdie Einverleibung der Giftmittel, deren Unschädlichmachungzur Erhaltung des Organismus jetzt das Wichtigste ist undalle Lebenskraft beansprucht, von ihrem Heilungsbestreben abgelenktwerden muss, weil die <strong>neue</strong> Arbeit mehr Anforderungenan^sie stellt, als sie bei aller Anstrengung zu leisten vermag.Das, was die moderne Schule also eine Heilung nennt, entpupptsich hier als eine weit schwerere Schädigung des Körpers,als es das eigentliche Krankheitsstadium jemals war, die aber«; freilich das verführerische, betrügerische und seinen wahren Zustandverdeckende Kleid einer schmerzlosen und täuschenden,aber chronischen Latenz an sich trägt, welches, indem es dieakuten Erscheinungen des früheren Geschlechtsleidens nicht"mehr zeigt, leider alle diejenigen zu täuschen und denenals Heilung zu erscheinen vermag, die weder beobachten, nochlogisch denken können.iWer einer hochangesehenen Schule und Wissenschaft so^schwerwiegende Irrtümer vorhält, muss freilich in der Lage• sein, dies auf unwiderlegliche Beweise gestüzt zu thun, wenner sich nicht die Beschuldigung arger VerläumdungsVut und"blosser Krakehlerqi zuziehen und sich.dem Gelächter preisgebenwill. Nun wir wollen sehen, wie meine Beweise ausfallenwerden.


Geschlechtskrankheiten. 399Ich sagte vorher, dass aUe Geschlechtskrankheiten durchMedikamente nicht geheilt, sondern nur unterdrückt, also nurnoch tiefer in den Körper zurückgedrängt werden, dass alsodann diese Scheinheilung keine Besserung, sondern im Gegenteüeine arge Verschlimmerung des Zustandes bedeutet undhervorruft, was sich auch ganz deutlich in der Verschlechterungdes Allgemeinbefindens und einer Abnahme der Lebenskraftbemerkbar macht. Gelingt es uns früher oder später, vieUeichtsogar erst nach Jahren, die Lebenskraft wieder zu heben und zustärken, wenn inzwischen durch andere Umstände die Lebenskraftnicht schon gestärkt und gehoben wurde, also z. B. durchdas glückliche Überstehen irgend welcher kleiner Heilkrisen,wie Schnupfen, Diarrhoe u. s. w., durch welche der Körper^von einem Teil seiner Fremdstoffe befreit wurde, so werdensich^nicht selten alle diejenigen Erscheinungen wieder rückwärts».aufrollen, welche früher von der noch stärker gewesenen Lebenskraftim Körper angebahnt und angestrebt wurden, die aberunterlassen werden mussten, weil inzwischen die Lebenskraftan ihrer Durchführung durch Schwächung mit Medikamentenverhindert und gestört wurde. Mit anderen Worten gesagt^ eswerden durch diese Stärkung der Lebenskraft vielfach nocheinmal alle diejenigen Krankheitserscheinungen in einem Körperzum Vorschein kommen — und wenn dies auch nachJahrzehnten erst geschieht — welche in einer früheren Lebensperiodenicht zu einer Heilung in unserem Sinne, sondern nurzu einer Unterdrückung," Latenz, gelangten, oder in ein chronisches,latentes Stadium übergingen, und das ist in hundertenvon Fällen in meiner Praxis auf das augenfälHgste bewiesenworden. Der Sehulmedizin scheint bis heute leider die Lebenskraft,deren Wesen und Bedingungen, wie auch die natür-Hchen Mittel zu ihrer Hebung und Stärkung, ein Rätsel gewesenund gebHeben zu sein, wie ich schon öfters erwähnt habe.Erst difrch die Anwendung von Wasser, Sonne und Naturdiätvon selten scharfbHckender, nüchterner Laien, würde der Wegdazu angebahnt, auf welchem es mir gelungen ist, in meinen.Rumpfreibe- und Reibesitzbädern sowie Dampfbädern ein Mittel


400 Zweiter Teil.zu finden, das in einer bis jetzt unbekannten Weise geeignetist, die Lebenskraft im Körper in der naturgemässestenWeise anzufachen* und zu stärken, wie dies bis jetzt unmöglichwar.Meine eigenartige Kurmethode wurde so ganz ohne meinZuthun ein, unwiderleglicher Zeuge für die Scheinleistungender Schulmedizin. Zu Hunderten und Tausenden sind geradesolche, Patienten bei mir gewesen, die, nachdem sie alle Heümethodender modernen Schule ohne Erfolg durchgemachthatten, ihre letzten Hoffnungen auf mich und meine Methodesetzten, und, von mir geheilt, so ein unumstössliches Beweismatfcrialdafür im Laufe der Zeit werden mussten und wurden.Der grösste Teil aUer solcher Patienten hatte früher an verschiedenenanderen Krankheiten, vielfach auch Geschlechtskrankheiten,vorübergehend gelitten, die, wie sie mir mitteilen,' durch Medikamente nach ihrer Ansicht voUständig geheilt seinsollten, ehe sie an dem augenbHckHchen Leiden erkrankt waren,das sie schliesslich zu mir getrieben hatte. In allen solchenFällen wurde mir dann auf mein Befragen versichert, dass zwareine vollständige sogenannte Heilung durch die Medikamente,nicht aber wie es bei einer vollständigen Heilung hätte seinmüssen, auch damit zugleich eine dauernde Besserung undHebung des Allgemeinbefindens eingetreten sei. Bei meinerKurmethode wurde es dagegen sehr bald klar, worin die an-,gebHche Heilung durch die Medikamente in früheren Krankheitenbestanden hatte. Unter beständigem Steigen und fortdauernderBesserung des AUgemeinbefindens, das in unzähligenFällen einer nie gekannten körperlichen und geistigen, innerlichenund äusserlichen Befriedigung Platz machte, erschienenund zeigten sich alle jene früher in unserem Sinne nicht gebleuten,sondern nur unterdrückten, oder chronisch, latent gewordenenKrankheiten nochmals wieder, um dann bei^Fortsetzung meiner Kur sehr bald wirklich gehallt zu: : werden.<strong>Die</strong>se Erscheinungen, welche in ununterbrochener Folgecbei allen solchen Patienten. auftraten und tägUch bei meiner


Geschlechtskrankheiten. 401Methode zu beobachten sind, sind Thatsachen, welche in untrügHcherWeise mir die Leistungen der modernen Schuleeinerseits und das Walten der Natur und das Wesen derLebenskraft im Körper anderseits offenbarten. Auf diese Weiseist es gekommen, dass ich nach langjähriger, mühevoller Praxisund unablässigem Studium gelassen und unbeirrt nicht nurdie moderne Schule, auf unumstössHche Beweise gestützt, jenesgrossen Irrtums zeihen, sondern auch anderseits die-Weltmit einer <strong>neue</strong>n, besseren Methode bekannt machen konnte,von deren Wirksamkeit sich jeder selber überzeugen kannund mag.So habe ich es in meiner Praxis erlebt, dass siebzigjährigeMänner, die in ihren zwanziger resp. dreissiger Jahren geschlechtlichkrank gewesen, dann aber durch Medizin nachihrer Ansicht geheut- worden waren, also nach fünfzig resp.vierzig Jahren wiederum bei meiner Kur jene Krankheiten nocheinmal in milderer Form bekamen, wie sie dieselben frühergehabt hatten. Meine ableitenden Bäder gestatten es aber,aUe solche Exankheiten derart im Zaume zu halten und nachunserm WiUen zu leiten und zu lenken, dass dieselben voüständigihr unheimHches, beängstigendes Gepräge verHeren, undwir mit ihnen umgehen können, wie mit geschlagenen Feinden,von denen wir wissen, dass wir ihnen gewachsen sind und sieuns nichts anhaben können.Bei meiner Methode verlieren alle Geschlechtskrankheiten,namentlich aber die viel und mit Recht gefürchtete Syphilisihr abschreckendes Gewand. Ohne Überhebung darf ich behaupten,dass diese, für die Schulmedizin unheübare Krankheit,durch meine Methode vollständig heübar ist wie jedeändere Krankheit, und zwar dergestalt, dass keinerlei nachteiligeFolgen auf etwaige Nachkommenschaft dabei zu befürchtenbleiben. In vielen Fällen ist diese Thatsache durch meinePraxis bewiesen worden. Ich will indessen nicht sagen, dassjeder FaU, d. h. jeder Syphüitiker noch heilbar ist, sondernnur damit gesagt haben, dass Syphilis in aUen Fällen nochvölHg heilbar ist, wo sich die Verdauung des Patienten nochLouis Kühne, <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> Hlilwissenschaft. 26


402 Zweiter Teil.bessern und heben lässt, wenn auch eine solche Kur oft Jahrein Anspruch nehmen kann, Denn ich weiss wohl, dass esauch viele so verzweifelte Fälle von Syphilis giebt, in welchendie Lebenskraft der Patienten bei weitem nicht zu einer völligenHeilung mehr ausreicht. In solchen Fällen Hegt die Unheilbarkeitaber einzig und aUein an der schwachen Lebenskraft,also an den Patienten.Aber noch andere Schlüsse können wir aus dem Gesagtenziehen. Alle Geschlechtskrankheiten sind bei ihrem Erscheinennur sichere Anzeichen für eine bedeutende Belastung desKörpers mit Fremdstoffen, öder anders gesagt, für latent imKörper schlummernde Krankheit. Ferner findet durch Medikamenteniemals eine Heilung, sondern nur eine Unterdrückungdieser und aller anderen Krankheitserscheinungen statt,so dass ich ohne Scheu behaupte, durch Medikamente istüberhaupt noch niemals eine Krankheit wirklichgeheilt worden. Alle Geschlechtskrankheiten sind aber,wenn sie nicht geheilt werden, nur Vorstadien zu späterenanderen chronischen, meist schlimmeren Krankheiten, wieAsthma, Lungenleiden, Tuberkulose, Krebs, Herzleiden, Wassersucht,Gicht u. a. m. und wenn diese Krankheiten bei denbetreffenden Patienten auch selber vielfach nicht mehr eintreten,so finden wir an der Nachkommenschaft diese traurigeThatsache in allen Fällen bewahrheitet. So kommt es denn,dass sich in jeder Beziehung schuldlose Mütter über solcheKrankheiten, namentlich die so vielfach verbreiteten Lungenleiden,Tuberkulose, Skrofulöse, englische Krankheit, bei ihrenKindern völHg ratlos abhärmen, weil sie die wahre Ursachedieser Krankheiten nicht kennen, sich selber aber nicht beschuldigenkönnen, und von den geheimen Geschlechtskrankheitenihres Mannes nie etwas zu hören bekommen, und auchderen Wirkungen auf die Nachkommenschaft in keiner Weisekennen. „An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen", heisstes, nnd so ist es; denn kranke, mühseHge Nachkommenschaftist ein Spiegel, in dem wir, ausgerüstet mit dem Wissen meiner<strong>neue</strong>n Lehren, genau den Zustand der leiblichen Gesundheit


ichlechfekrankheiten. 403der Eltern zur Zeit der Zeugung wiedererkennen und beurteüenkönnen.<strong>Die</strong> Latenz der Krankheiten, d. h. ihr oft viele Jahrelanges verborgenes, chronisches Stadium, also das, was ichBelastung des Körpers mit Fremdstoffen nenne, tritt fernergerade bei den Geschlechtskrankheiten sofort vor 'jedermannsAugen. Leider ist aber diese Erscheinung, die bei meinerKurmethode oft unvermeidUch ist, nämüch, dass aUe früheren,durch Medikamente unterdrückten Krankheiten zuweüen nocheinmal, wenn auch in müderer Form wieder zum Vorscheinkommen, also akut werden, um dann geheilt zu werden, dieVeranlassung geworden, um viele solcher Patienten von meinerKur zurückzuschrecken, die aus irgend welchen schüchternen,thörichten Rücksichten glaubten, Heber ihre Gesundheit opfernzu müssen, als wieder ihren alten Leiden vorübergehend begegnenzu sollen, weü sie deren Verlauf und die Harmlosigkeitder Wiederkehr dieser Krankheit bei meiner Kur nichtkannten, sondern nur im stände waren, sich das Bild deseinstigen Krankheitsverlaufes vor Augen zu führen und dahernur einen Maasstab anzulegen vermochten, der zu Irrtümernführen musste. AUe diejenigen aber, welche meine Kur bereitslange Zeit anwenden, haben ohne Ausnahme die Beobachtunggemacht und mir mitgeteilt, wie sich bei ihnen aUe frühernicht wirkHch geheüten, sondern nur unterdrückten Krankheiten,oft erst nach Jahr und Tag unter stetem Wachsenund Steigen des AUgemeinbefindens wieder einsteUten, meistensin viel leichterer Form, und nie in der früheren Schwere, weüdie stete Ableitung der Krankheitsursache jeder Krankheitihre GefährHchkeit und die Heftigkeit benimmt. Es gilt diesnicht nur von den Geschlechtskrankheiten, sondern von aUenKrankheiten, die überhaupt vorkommen, wovon ich einigeBeispiele in dem Abschnitte „Wundbehandlung" mitgeteilthabe.Betrachten wir nun den Verlauf der harmloseren Geschlechtskrankheiten,wie weisser Fluss bei Frauen und Tripper,so sehen wir an deren Erscheinungen — fortwährende oder26*


404 Zweiter Teil.zeitweise Absonderungen von Eiter in seinen verschiedenstenFormen — ganz deutlich meine Krankheitsstofftheorieen bestätigt.Der Körper bringt dabei unter lokalen Entzündungsfieberzuständengärende Krankheitsstoffe, Eiter, heraus. Niemandwird behaupten, dass diese Ausscheidungen nicht Fremdstoffeseien.Durch diesen Gärungs-, Fieberprozess werden die inneren.Organe direkt angegriffen und mit entzündet, wie ich diesschon bei Entwickelung meiner Fiebertheorie ausgeführt habe.<strong>Die</strong>ser damit verbundene Entzündungsprozess ist das Gefährlichebei diesen Krankheiten und führt zu grossen Schmerzenund Zerstörungen von Organen, wenn man es nicht versteht,diesen Vorgang für den Organismus unschädlich zu gestalten.Nur dann wird dieser Vorgang im wahren Sinne des Worteseine heilende Krisis für den Körper, weil derselbe sich dannseiner Fremdstoffe entledigt, ohne selber dabei Schaden zu leiden.Je mehr solcher Stoffe nun ausgeschieden werden, destogünstiger und reinigender ist dies für den betreffenden Organismus.Also gerade diese Ausscheidungen der Fremdstoffesind das Vorteilhafte und Reinigende für den Körper, und eskommt bei einer Heilung vor allen Dingen darauf an, diesenÄusscheidungsprozess für denselben möglichst schmerzlos, alsonicht störend und dabei doch recht vollkommen zu gestalten,was durch meine ableitenden Bäder, besonders die Reibesitzbäder,in hervorragender Weise erreicht wird. Freüich hängtdie Zeitdauer einer Heilung durch meine Methode dabei ganzvon der Belastung des Patienten ab, so dass sie in einigenTagen, zuweilen auch erst in Wochen und Monaten erzieltwerden kann.Vergegenwärtigen wir uns bei diesen so offenbar die Absichtender Natur verratenden Krankheitserscheinungen dieMittel der modernen Schule: scharfe Einspritzungen mit Blei-,Zink-, Quecksüber- und Jodoformauflösungen in die Harnröhreresp. Scheide, zur gewaltsamen Zurückdrängung dieses vonder Natur in so wohlmeinender Absicht angestrebten Vorhabens,so erkennt man allein schon daran die ganze Verkehrt-


Geschlechtskrankheiten. * 405heit dieser Anwendungen und den Irrtum der Schulmedizin.Es ist zu verwundern, dass sich noch niemand die Frage vorgelegthat, wo denn nach Unterdrückung des eiterndenAusflusses mit Medikamenten der Eiter wohlbleiben mag, und was derselbe eigentlich für einen Zweckhatte, da bekanntlich die Natur nichts ohne ganz bestimmteUrsachen und Zwecke thut. Meiner Meinung nach ist es unschwerzu begreifen, dass diese Fremdstoffe im Körper bleibenmüssen, wenn man ihren Abfluss aus dem Körper verhindert,wenn auch in einem anderen Stadium, wodurch dieLatenz (verborgenes Stadium) der Krankheiten hervorgerufenwird. NatürHche Vorgänge lassen sich nur mit naturgemässen,aber nicht mit naturwidrigen, allen Bedingungendes Lebens zuwiderlaufenden und feindlichenMitteln heüen oder besser gesagt, unterstützen, dennheüen schüesst gewissermaassen die Absicht in sich ein, dieNatur verbessern zu wollen, während wir doch nur ganz bescheidenselber als Geschöpfe der Natur uns anmaassen dürfen,das Vorhaben derselben nur in gewisser Beziehung unterstützenund regeln zu woUen und zu können.Wohin aber der überaus furchtbare und verderbHche.Irrtum der modernen Schule geführt hat, dafür legen die wieBT'Pilze aus der Erde jährlich wachsenden und stets überfülltenIrren- und Krankenhäuser, Küniken, Heüanstalten u. s. w.,die irrtümlich allseitig als ein grosser Fortschritt und alsVervollkommnung angesehen werden, beredtes, handgreiflichesZeugnis ab. Nicht ein Fortschritt, sondern ein arger Rückschritt,eine beklagenswerte Unfähigkeit spiegelt sich aus dieser Vermehrungder Krankheitsgefängnisse jedem Klarsehenden wieder.Würde die Schulmedizin in dieser Hinsicht wirklichetwas leisten und Heil verbreiten, eine stete Abnahme dieserInstitute musste die notwendige Folge sein.Bevor ich dieses Thema schHesse, will ich noch aus meinerPraxis einen FaU mitteüen. Vor Jahren war ein Fünfziger wegeneines schweren Herzleidens bei mir. Nach vierzehntägiger Kurbekam er das früher gehabte Nierenleiden, und nachdem dieses


406 1* Zweiter Teil.geheilt war, nach weiteren vierzehn Tagen jenen Tripper wieder,den er vor gerade achtzehn Jahren gehabt hatte. BeideLeiden traten in weit milderer Art als früher auf; innerhalbacht Tagen war auch der Tripper beseitigt und das Allgemeinbefindendieses Herrn ein ganz erstaunlich besseres geworden,dabei war sein Herzleiden aber völHg geschwunden. Im Laufeder Kur erzählte mir nun dieser Patient, wie er früher zuerstan dem Tripper geHtten hätte, zu dessen Heilung er zwei derberühmtesten Professoren hinzugezogen hatte, deren Mitteldenn auch sofort die gewünschte Wirkung gehabt hatten, sodass alle Trippererscheinungen verbannt worden waren. Daraufhabe er nach Jahren den Tripper noch einmal bekommen,sei ihn aber wieder durch Medikamente schnell los gewordenund habe dann erst nach weiteren zwei Jahren das Nierenleidenbekommen, das ihm viel zu schaffen gemacht habe, bises endlich nach Konsultierung von acht bedeutenden Ärztendurch Medikamente soweit unterdrückt worden sei, dass esseine beunruhigenden Erscheinungen nicht mehr äusserte.Nicht lange darauf begann sein Herzleiden, dass bis jetzt nochkeinem Mittel gewichen war, sondern vielmehr in Wassersuchtüberzugehen drohte, weshalb er zu mir kam. Ich erklärte ihmnun, wie sein Tripper nicht geheilt, sondern nur in den Körperzurückgedrängt, und auf diese Weise nur das Vorstadium zuseinem späteren Nierenleiden geworden sei, das dann nachebensolcher Zurückdrängung in den Körper sein Herzleidenbedungen habe, welches ohne meine Kur in Wassersucht geendethätte. Er begriff den Zusammenhang dieser Erscheinungen,und wurde durch die Kur völlig davon überzeugt, dassaUe seine Krankheiten ihrer Reihenfolge nach eine nur dasVorstadium der anderen gewesen waren. Nach viermonatHcherKur bei mir war dieser Patient vollständig geheilt.Solche und ähnHche Beispiele können aus meiner Praxissehr viele beigebracht werden. Jetzt noch ein Fall vonSyphüis.Vor zwei Jahren kam zu mir ein Baron von E., 47 Jahrealt und teilte mir mit, dass er bereits seit 10 Jahren sehr an


Geschlechtskrankheiten. ^ 407•"Sir.. *SyphiHs leide. Er sagte, dass er bereits viermal die Quecksüberschmierkurender Allopathie bei sehr berühmten Ärztendurchgemacht, auch Jodkali getrunken habe, dass aber trotzdemimmer wieder syphüitische Erscheinungen, besondersoffene Wunden im Munde und an den Füssen entständen.Das habe ihm aUes Vertrauen zur AUopathie benommen, um-"somehr als sein AUgemeinbefinden nach der Quecksüberbehandlungauch nicht mehr halb so gut als früher sei; besondershabe er seit dieser Zeit einen beständigen Druck im Kopfeund nicht mehr das halbe Gedächtnis wie früher. Ich steütezunächst durch meine Gesichtsausdruckskunde fest, dass hierdie frühere Syphilis noch unverändert im Körper stecke unddurch die Quecksüberbehandlung nur in ein latentes Stadiumgetreten sei, dass aber ferner der Patient bereits sehr erhebüchan chronischer Arzneivergiftung daneben leide. Ich verordnetediesem Patienten tägHch ein Rumpfreibebad und zwei Reibe*Sitzbäder neben einfacher naturgemässer Ernährung. Der Erfolgwar ein günstiger, denn schon nach einem halben Jahrehatte sich der Patient völHg umgewandelt. Besonders warseine Verdauung eine weit bessere als früher geworden und seinAussehen wieder ein frisches und blühendes. Jede Spur von..Syphilis war aber verschwunden, sie ist bis heute (1V 2 Jahr darnach)noch nicht wieder gekehrt und wird auch niemals wiederkehren,denn der Patient hat die der Syphilis zu GrundeHegenden Krankheitsstoffe aus seinem Körper herausgeschafft.(Weitere Kurberichte siehe HI. Teü.) #Mannesschwäche (Impotenz).<strong>Die</strong>se heute sich immer mehr verbreitende Krankheitkennzeichnet so recht augenfällig die hochgradige latente Ungesundheitunserer Generation. Sie wird nur durch die Belastungmit Fremdstoffen herbeigeführt und schwindet sofort,sobald man diese hebt. AUe Unregelmässigkeiten im Funktionierungsvermögender Geschlechtsorgane werden dadurch


408 * Zweiter Teil.. %•geheilt, ebenso wie der Geschlechtstrieb hierdurch normaHsiertwird.Durch die Kur werden so nicht nur die Geschlechtsleidengeheilt, sondern die Geheüten werden in den Stand gesetzt,hinsichtlich des Geschlechtslebens völlig naturgemäss sich zuverhalten. Wir wissen, wie oft die festesten moraHschenGrundsätze nicht vor den unnatürlichen geschlechtlichen'Ausschweifungen schützen, und ich habe das tröstende Bewusstsein,schon manches warme Dankeswort gerade vonernsten, mit sittlichen Grundsätzen ausgerüsteten JüngHngenund Männern geerntet zu haben, weil sie durch die Kur indie Lage versetzt wurden, unheilvoUe Gewohnheiten abzulegen.;(Siehe dazu Kurberichte III. Teil.)Bei Frauen findet sich Impotenz nur in dem Sinne vonUnfruchtbarkeit infolge Verwachsens und Missbildung derinneren Geschlechtsorgane, worüber ich mich bereits in demAbschnitt über „Unfruchtbarkeit" Seite 212 des Näheren ausgelassenhabe.Bei Männern ist der Geschlechtstrieb ein anderer, wie beiden Frauen, weshalb sich auch die Impotenz in eigener Weiseäussert. Es sind aber stets ganz bestimmte Anzeichen, die wirschon lange, bevor sich Impotenz einstellt, beobachten. Jahrelang geht der Impotenz bereits ein unnormaler, gesteigerterund nervöser Geschlechtstrieb voran, der, .wie wir bereits wissen,nur durch chronisches Kranksein bedingt wird. * Bei Kindernund unierwachsenen männlichen Personen äussert sich derselbein einer grossen Reizbarkeit, gewissermaassen einem chronischlatenten Entzündungsstadium der Geschlechtsorgane, worausder grosse, heute so weit verbreitete Hang und die Dispositionzur Onanie hervorgeht, bei Erwachsenen in einem übernatürlichgesteigerten Geschlechtstriebe. In beiden Altersstufen laufenmit diesen Erscheinungen noch ganz bestimmte andere einher,nämlich ein grösseres oder geringeres Befangensein des Geistesmit erotischen Gedanken, d. h. die Gedanken der Betreffendenbeschäftigen sich in ganz unnatürlicher Weise mit erotischenGefühlen, so dass ihr Geist gewissermaassen davon eingenommen


Geschlechtskrankheiten. # 40Sist. Im unreifen Mannesalter bildet sich dabei eine langsamwachsende Scheu vor Weibern und Mädchen heran, die inmanchen FäUen sogar bis zur wahren Furcht ausarten kann,mit welcher dann bereits stets Impotenz, wenigstens impotentiacbeundi verbunden ist. Wie viele Männer sehen wir heute^vermählt, bei denen die wahre Ursache nur in einer gewisseriflSeheu vor dem Weibe zu suchen ist, welche allein aus ihreiImpotenz hervorgeht? Wieviel Jünglinge sehen wir heute*im Beginne ihrer Mannbarkeit bereits vollständig unfähigden Begattungsakt normal auszuüben, weil sie infolge vonOnanie impotent wurden? Wieviel solcher Jünglinge undMänner treffen wir, trotz der Blüte ihrer Jahre heute sich'^mit Selbstmordgedanken quälen, und wieviel Selbstmordewerden nicht aus. diesen Gründen jährlich begangen? Einenhohen Grad von Unzufriedenheit, der sich bis zur höchstenLebensmüdigkeit steigern kann, beobachten wir fast bei allensolchen armen Leidenden. <strong>Die</strong> heutige Wissenschaft hat dieseLeiden bis heute in keiner Weise heüen können, sie steht derImpotenz vollständig machtlos gegenüber, weü sie ihr wahresWesen in keiner Weise kennt. Sie weiss nicht, dass jedeImpotenz nur ein chronischer Krankheitszustand des Individuumsist, welcher hervorgerufen wird aUein durch die Belastungdes Körpers mit Krankheits- oder Fremdstoffen und dassjede Impotenz auch wieder heilbar ist, sobald es uns nur geHngt,den Körper voh seiner Belastung mit Fremdstoffen zu befreien.Wir sind heute durch meine Methode in die glückHcÄ Lageversetzt worden, dieses Ziel nicht nur erreichen zu können,sondern wir können uns mit ruhigem Gewissen sagen, dasswir dasselbe in sehr vielen Fällen bereits erreicht haben undüberäU da erreichen werden, wo man unsere Kur mit demrichtigen Verständnis und der nötigen Energie durchführt.Ein Fall aus der tägUchen Praxis möge dafür Zeugnis ablegen.Der Erbe eines grossen Majorats, 23 Jahre alt, kam vor dreiJahren in meine Behandlung, weil er, wie er sagte, voUständigimpotent war, er gestand mir, dass er bereits seit seinemzwölften Lebensjahre einen übertriebenen Geschlechstrieb gehabt,


410 Zweiter Teil. Geschlechtskrankheiten.der ihn Tag und Nacht beständig gequält habe, dadurchsei er völlig unfähig geworden, etwas Vernünftiges zu lernen,und habe sich machtlos der Onanie hingegeben, obgleich er sichgeradezu über seine Kräfte dagegen gesträubt habe. Er habebis jetzt kein Mittel gefunden, dass ihn von diesem Übel hättebefreien können, denn seine Willenskraft habe niemals dazu 4ausgereicht. Er hätte es wohl zuweilen fertig gebracht, mitäusserster Anstrengung das Laster auf einige Monate zu bannen,dann aber habe er einen dumpfen unerträgüchen Druck nachdem Kopfe bekommen, der ihn ganz unfähig machte, überseine Jugendsünde länger Herr zu werden. So habe er sichdurchgequält bis zu seinem jetzigen Alter. Er fühle sichinnerHch im höchsten Grade unzufrieden, trage sich mit Selbstmordgedankenund fühle sich voUständig überflüssig auf derWelt. Jetzt solle er eine Heirat eingehen, die seine FamiHewünsche, er fühle sich dazu aber vöüig unfähig und abgeneigt,denn er sei im höchsten Grade impotent. Seine letzte Hoffnungsei für ihn meine Heilmethode, sonst würde er verzagen. Ichstellte nun zunächst durch meine Gesichtsausdruckskunde fest,dass bei ihm ein bereits ererbtes, chronisches Unterleibsleiden,bestehend in mangelhafter Verdauung, vorHege, woraus sichseine Impotenz aUmählich entwickelt habe. Mit gutem Gewissenkonnte ich diesem Patienten sagen, dass er innerhalb wahrscheinlichJahresfrist seine volle Potenz wieder erlangen werde,sobald er meine Vorschriften befolgen würde, denn diese Zeitwerde *genügen, um sein chronisches Leiden zu heben. DerErfolg war ein günstiger. Patient gebrauchte während desSommers täglich drei, im Winter tägHch zwei ableitende Reibesitzbäderneben völlig reizloser, naturgemässer Diät und konntenach 13 Monaten Kur mir mit dankbarem Herzen mitteilen,dass er völHg von seiner Impotenz geheilt sei.


Blasen- nnd Nierenleiden. Blasen- nnd Harnsteine.Znckerkrankheit. Urämie. Bettnässen.Blasenkatarrh. Leberleiden. Gallensteine.Gelbsncht. Schweissfiisse. Hantflechten.Schon die Überschrift wird dem verehrten Leser zeigen,dass alle die obengenannten Leiden in gewissem Zusammen-K g e stehen. Wenn auch ihre Ursache, die aUen anderennkheiten ebenfaüs gemeinsame Belastung des Körpers mitmdstoffen ist und somit auch hier wieder die einheitHcheUrsache, die Einheit aUer Krankheiten vorHegt, so wül ichden vielseitig an mich ergangenen Wünschen gern Rechnungtragen und meine mit diesen Krankheiten gemachten Erfahrungenhier folgen lassen.Ich wül zunächst auf die Entstehungsursache all dieserLeiden eingehen. Bei der Verdauung werden die in den Körpergelangenden Speisen in einen Gärungszustand versetzt,und ihre für den Körper unbrauchbaren Bestandteüe werdendann auf verschiedenen Wegen und auf verschiedene Weiseaus dem Körper ausgeschieden. <strong>Die</strong> Ausscheidungen durch denDarm sind genügend erörtert. Vgl. S. 19—21 und S. 277—288.<strong>Die</strong> ebenso wichtigen Ausscheidungen durch die Nieren unddie Haut sind dagegen noch nicht so eingehend besprochenworden. *Zunächst muss ich erwähnen, dass bei dem Gärungsprozesseder Verdauung im Leibe sich eine Menge Gase


412 Zweiter Teil.bilden, und dass dieselben neben den wurmförmigen Bewegungendes Darmes in gewisser Weise mit zur Weiterbeförderungder Speisen durch ihre Spannung im Verdauungskanalbeitragen, und dass diese Gase in ihrem flüchtigen ZustandeebenfaUs infolge ihrer eigenen Spannung durch die Wandungender Verdauungskanäle hindurch direkt in den ganzenKörper und das Blut übergehen können. Ich wiU Ihnen dazuein Beispiel anführen. Das Wasser auf der Erde ist auf bestimmteabgegrenzte Meere, Teiche und Flüsse angewiesen,die geradeso wie die Adern im Körper das Land durchziehenund ebenso abgegrenzt auf ihren Raum angewiesen sind, wiedas Blut und die Verdauungstoffe, und dennoch erfüllt dasWasser, wenn auch in gasförmiger Form die ganze Luft undalle Bestandteile der Erde. ÄhnHch verhält es sich mit denin den Körper gebrachten Speisen und Getränken, dieselbensind scheinbar auf ganz bestimmte Wege und Organe angewiesen,erfüllen aber dennoch zum Teü in gasförmiger Formden ganzen Körper.So kommt es, dass Alkohol (starker Wein, Kognak) baldnach dem Genüsse .sofort im ganzen Körper, besonders imKopfe, fühlbar wird. Durch eine normale Hautthätigkeit werdendiese Gase dann teilweise als Schweiss und Ausdünstungwieder ausgeschieden. Besonders aber ist die Schweissbildungein eigentümlicher Vorgang, die Gase können, sobald sie ausdem Körper an die Luft kommen, kondensiert, also flüssig(Schweiss) werden. Wie verschiedenartig dieser Schweiss seinkann und ist, kann man durch den Geruch deutHch wahrnehmen.Fast bei jedem Menschen riecht er anders. Sobald erunnormal mit alten Fremdstoffen geschwängert ist, riecht erunangenehm. Eine normale Schweissausdünstung hat kaumetwas Uriangenehmes für unsere Nase. Im Innern des Körpersfindet ebenfalls eine Ausscheidung dieser, vorher ins Blutübergegangenen schädlichen Gase in den Nieren statt. <strong>Die</strong>Nieren destillieren dieselben wieder aus dem Körper herausund schaffen sie in flüssiger Form durch die Harnleiter nachder Blase. Schweiss und Urin sind demnach zwei ziemlich


Blasen- und Nierenleiden. Blasen- und Harnsteine etc. 413gleichwertige und gleichartige Ausscheidungsprodukte und auchin ihrer Beschaffenheit ähnlich, was schon der ziemlich gleicheGeruch verrät. Periodisch, sobald die Blase genügend gefüllt ist,steUt sich das Bedürfnis zum Wasserlassen ein, das sofortbefriedigt werden muss, soU der Körper nicht erheblichSchaden dabei leiden. <strong>Die</strong>sen Punkt muss ich hier wegenseiner Wichtigkeit etwas eingehender beleuchten. Was demKörper für Nachteile entstehen, wenn der Kot nicht zur richtigenZeit entfernt wird, oder wegen Verstopfung nicht entferntwerden kann, habe ich auf Seite 281 u. f. besprochen.Hier will ich auf die nachteiligen Folgen des Urinverhaltensnäher eingehen. Durch die Prüderie, durch die vielfach völHgverkehrten Ansichten und vor aUen Dingen durch die aUgemeineUnkenntnis in aUen Angelegenheiten des Körpersselber, kommt es heute in unserer GeseUschaft überallvor, dass das sich einsteUende Bedürfnis zum Wasserlassennicht immer gleich befriedigt werden kann. Es muss oftstundenlang damit gewartet werden, bis es der Anstand unddie moderne Sitte gestatten, dies Bedürfnis zu befriedigen.<strong>Die</strong> meisten glauben, dass dies nichts schadet, und dass esgleichgültig sei, ob damit gewartet wird oder nicht, das istein grosser Irrtum, den schon viele, ohne es zu ahnen, mitschweren Blasen- und anderen Leiden später haben büssenmüssen. Sobald das Bedürfnis zum Wasserlassen da ist, istder in der Blase angesammelte Urin reif zur Ausscheidung.Wird derselbe jetzt aber nicht ausgestossen, sondern bis aufweiteres verhalten, so bleibt er nicht etwa unverändert inder Blase, bis zu der Zeit, wo es uns später passt, ihn zulassen, sondern ist wie alles im lebenden Körper, fortwährenderweiterer Veränderung unterworfen. <strong>Die</strong>ser, durcheinen besonderen Gärungs- oder Zersetzungsvorgang entstandeneUrin, gärt und zersetzt sich dann beständig weiter,wodurch eine erhöhte Temperatur in der Blase und dadurchallmählich 'wieder eine Verdunstung der Urinflüssigkeit mitZurücklassung der im Urin befindlichen Salze entsteht.Durch diesen Vorgang werden zunächst die weiteren Aus-


414 Zweiter Teü.Scheidungen der Nieren nach der Blase zurückgehalten undebenfalls zu fortschreitenden, unnormalen Veränderungen gezwungen.Wer das Bedürfnis des Wasserlassens oder zuStuhlegehens längere Zeit unbefriedigt lässt, dem yergeht dasselbewiederum, und wenn er es befriedigen will, kann er esdann vielemal nicht mehr oder nur unvollkommen. Es istihm eben vergangen. Wo ist aber, fragen wir uns darauf,der dies Bedürfnis verursachende Urin geblieben? In derBlase ist er nicht mehr, denn Wasser kann keins gelassenwerden, oder doch nur eine dem ersten Bedürfnis durchausnicht entsprechende Quantität. Ein Teil des Urins ist infolgeseines fortgesetzten Zersetzungsvorganges wieder gasförmig gewordenund hat sich genau wie beim Verdauungsprozesse demganzen Körper und dem Blute wieder mitgeteüt. <strong>Die</strong> in ihmbefindlichen mineraHschen Salze und Stoffe bleiben bei diesemVerdunstungsprozesse, wie Zucker beim Verdunstungsprozessevon Zuckerwasser, krystallisiert in lauter kleinen gelben Steinchenin der Blase und den Nieren zurück. Wer sich davonüberzeugen will, darf nur, wenn sein Urin beim Stehen einenrötlichen Bodensatz im Geschirr hinterlässt, diesen Bodensatzgenauer untersuchen. Reibt man denselben auf dem Boden desGeschirres, so kratzt das genau so, als wenn man mit Sandscheuert. Betrachtet man dagegen diesen Bodensatz unter demMikroskop bei 200facher Vergrösserung, so findet man, dassderselbe aus lauter kleinen, gelben, krystallinisch geformtenSternchen besteht, die einzeln hellgelb aussehen, sobald mansie aber mehr auf einen Haufen schiebt, rötlich erscheinen.Da, wo nun noch besondere Belastungszustände gerade in derBlase vorliegen, führt dieser Vorgang zu den bekannten Steinleiden.<strong>Die</strong> Steine bilden sich nur unter für den Körperanormalen Umständen und bei naturwidriger Ernährung.Sie entstehen auf ähnliche Weise wie der Kesselstein, der sichnur bei hohen Temperaturen und bei Benutzung mineralhaltigenWassers bildet, bei weichem Regenwasser dagegen vielschwerer entsteht. Der in den Nieren zurückgehaltene Urinverdunstet und die Steinkrystalle setzen sich aneinander.


Blasen- und Nierenleiden. Blasen- und Harnsteine etc. 415Solange sie klein genug bleiben, werden sie noch ohne Störungenmit dem Urin durch die Harnleiter in die Blase geschafft,sobald sie aber grösser werden, rufen sie auf ihremDurchgange durch die Harnleiter jene schmerzhaften Zuständehervor,, die man Steinkolik nennt, weü die scharfen, krystalHnischenFlächen die Haut der Harnleiter reizen und verletzen.In der Blase selber finden dieselben Vorgänge statt. Sind beistarker Belastung des Unterleibes dann noch die Harnausgängeverengt, so kommt es leicht dazu, dass, wenn sich erst grössereSteine gebüdet haben, dieselben nicht mehr als Gries mitdem Urin ausgeschieden werden können und jetzt vorzugsweiseder Ansammlungspunkt weiterer SteinkrystaUe werden. Durchdas fortwährende Herumwälzen des Steines in der Blase wirddessen Form von aussen abgerundet, seine Bruchfläche ist jedochstets krystaUinisch. Auf diese Weise entstehen die Steineim Körper.Nun darf man freüich nicht glauben, dass bei Ürinverhaltungenimmer Steine entstehen, das ist durchaus nicht derFaU. <strong>Die</strong> Beschaffenheit des Urins kann vielfach eine solchesein, dass sich bei seinem inneren Zersetzungsprozess durchauskeine Steinbildungen einsteUen, sondern vielmehr der ganzeUrinstoff sich umwandelt und sich als Fremdstoff im Körperablagert. Es kann dadurch zu den verschiedenartigsten Krankheitserscheinungen,besonders auch Knotenbüdungen, wie ichdieselben bereits auf Seite 303 beschrieben habe, kommen.So hatte ich vor einigen Jahren einen Knaben in Behandlung,der am ganzen Körper mit erbsengrossen harten Knoten wiebesät war. <strong>Die</strong> Knoten lagen unmittelbar unter der Hautund Hessen sich leicht hin und her schieben. <strong>Die</strong> Muttersagte mir, das Kind habe sich vor vierzehn Tagen erkältet undinfolgedessen mehrere Tage lang kein Wasser lassen können.Da habe er plötzHch am ganzen Leibe diese Knoten erhalten,worüber sie sich sehr beunruhigt. Ich sagte ihr darauf, dass,wenn die Knoten nur infolge des Urinverhaltens entstandenseien, dann auch ebenso rasch wieder verschwinden würden,sobald es uns gelänge, sie wieder in Urin umzuwandeln. Der


416 Zweiter Teil.Knabe begann darauf meine Kur und schon nach den erstenReibesitzbädern steUten sich kolossale Urinausleerungen bei ihmein, die mehrere Tage anhielten. Wie mit einem Schlage warendamit auch wiederum die- Knoten sämtlich verschwunden, worüberseine Mutter ebenso glücklich wie erstaunt war. Indiesem Falle hatte die Urinverhaltung die Fremdstoffe geliefert,aus denen sich diese Knoten gebildet hatten, die der Körperbei Erhöhung seiner Lebenskraft dann wieder auszuscheidenim stände war.Aber auch zu aUen anderen Krankheitsanlagen und Krankheitserscheinungenkann es durch die Urinverhaltungen kommen,ebenso zu der Disposition zu allen inneren Leiden. <strong>Die</strong> Blasen-und Nierenleiden sind auch meist auf diese Ursachenzurückzuführen. (Vergl. Kurberichte III. Teil.)Es kann daher nicht dringend genug allen Eltern undLehrern bei der Kindererziehung ans Herz gelegt werden, dieKinder ganz besonders auf die nachteiligen Folgen des UrinundStuhlverhältens aufmerksam zu machen und niemals, wiedies leider heute aus Unkenntnis noch vielfach geschieht undauch von der modernen medizinischen Schule in keiner Weisebeanstandet wird, diese Untugenden gewohnheitsmässig grosszu ziehen. In keiner Weise darf man Kinder,, wenn man beiihrem regeren Stoffwechsel und ihrer grösseren Lebenskraftnicht nachteilige, vielleicht lebenslängliche Folgen heraufbeschwörenwill, in irgend einer Weise ängstHch machen, dieseBedürfnisse bald und naturgemäss zu befriedigen, denn dieSitten und Änstandsbegriffe unserer modernen Gesellschaftnötigen uns aUe mehr oder minder schon genügend, der Naturhierbei Zwang anzuthun.An einer anderen Stelle habe ioh gezeigt, wie Durchfallund Verstopfung aus einer Ursache, der Belastung des Körpershervorgehen, genau so ist es auch beim Wasserlassen, nurdass hierbei die Verstopfung sich nie direkt bemerkbar macht,sondern stets nur indirekt, in abnormer Hautfarbe, anormalerRötung der Haut, Flechtenbüdung, Kopfschmerzen, Knotenund Steinbildungen u. s. w., wodurch gewissermaassen stets


Blasen- und Nierenleiden. Blasen- und Harnsteine etc. 417nur ein Vorstadium zu anderen Leiden geschaffen wird.<strong>Die</strong> ruhrartigen Erscheinungen beim Wasserlassen, die sogenannteHarnruhr oder Zuckerkrankheitist dagegen direkt bemerkbar. <strong>Die</strong> inneren Entzündungszuständeund die dabei unvermeidHche grosse innere Hitze, welche denquälenden Durst solcher Kranken hervorruft, bedingen hierbeinicht Verstopfung, Knoten und Steinbüdung, sondern zu rascheEntfernung der Stoffe und damit die Säftezersetzung, so dassder Urin in krankhaft gegorenem, süssHchem Zustande aus demKörper kommt. Dass die Zuckerbüdung nur durch den besonderenGärungszustand im Innern hervorgerufen wird, istder Schulmedizin leider bis jetzt wie es scheint unklar gebHeben.Gerade für Zuckerkranke sind meine ableitenden Bäderein wahres Labsal, weil durch sie wie in keiner anderen Weisedie innere zu grosse Hitze abgekühlt wird und der krankhafteDurst nachlässt. Stein- und Zuckerkrankheit ist daher ihremWesen nach dasselbe, nur in ihren äusseren Erscheinungenverschieden. Der Beweis der Richtigkeit dieser Behauptungkann nur durch die Heüung erbracht werden, und das istin meiner Praxis geschehen. Stein- und Zuckerkrankheit sindbeide auf ein und dieselbe Weise durch Zurückführung ihrerEntstehungsursache auf ihrem eigenen Wege durch meine Kurgeheut worden. Der Stein zerbröckelt dabei und löst sichzunächst in Gries auf, in welcher Form er dann meist mitdem Urin ausgeschieden wird. Bei Behandlung Steinleidenderist es auffaUend, wie viel und oft dieselben besonders währendmeiner ableitenden Bäder Wasser lassen müssen, so dass siesich nie genug darüber wundern können, wo denn aüdas Wasserherkommt. <strong>Die</strong> Erklärung ist eine sehr einfache, aus demganzen Körper wird der früher verdunstete und in ihm alsFremdstoff abgelagerte Urin wieder auf seinem alten Wege zurükgebrachtund kommt dann wieder als Urin aus dem Körperheraus. Ich habe Patienten gehabt, die lange Zeit nurLouis Kühne, <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong>. 27


418 Zweiter Teil.während des Badens ordentlich Wasser lassen konnten, bisihr Zustand wieder besser wurde.Wie alt man bei Steinleiden werden kann, lehrt unsKaiser Wilhelm L,„ der 90 Jahre trotz eines recht bedeutendenBlasensteins geworden ist, an dem derselbe gelitten haben soU.Es hängt dies lediglich mit der Belastung des hohen Verblichenenzusammen. Bei seiner Nachkommenschaft hat sich dieses Leidenindessen bereits in sehr viel schlimmerer Weise an dem leiderdahingeschiedenen Kaiser Friedrieh bemerkbar gemacht. Wennindessen jemand geltend machen wollte, dass ein so hohesAlter auffaUend bei einem so tiefen Leiden ist, und es unbegreiflicherscheint, wie ein solches überhaupt dabei erreicht werdenkönnte, so kann ich nur mit einem Vergleich antworten.Denken wir uns einen schweren Sturm über einen Wald hingehen,der gleichmässig bestanden ist, so werden wir.trotzseines gleichmässigen Bestandes dennoch finden, dass hier undda Bäume entwurzelt werden, während andere nebenbei stehenbleiben. Alle Bäume hatten den Wind auszuhalten unddoch wurden nicht alle von ihm geknickt. Ähnlich ist esmit den Krankheiten. <strong>Die</strong>selben gehen über die Menschheither, befallen viele, raffen diesen und jenen davon erbarmungslosfort und lassen doch andere ebenfalls befallene nebenbeiruhig stehen. Wer also behaupten wollte, dass der Sturmwindnicht schadet, weil er doch viele Bäume stehen lässt,und ebenso z. B. Trinken von Spirituosen und Tabakrauchenscheinbar nicht schadet, weil viele Menschen dabei alt werden,der irrt sich gewaltig.Urämie,der Zustand, in welchem sich Urinstoffe im Blut und im ganzenKörper befinden, ist bei Blasen- und Steinleiden stets nebenherlaufend.Den Kennern meiner Gesichtsausdruckskunde bleibtdieser Zustand selbst in den ersten Anfängen, wenn die Patientenselbst noch keine Ahnung davon haben, nicht verborgen.Es giebt aber kein Mittel, welches das Blut und den ganzen


Blasen- und Nierenleiden. Blasen- und Harnsteine etc. 419Körper innerHch von diesen Stoffen so schnell reinigt, als dievon mir empfohlenen ableitenden Reibebäder.Das Bettnässen,die üble Eigenschaft, dass Patienten das Wasser nicht haltenkönnen, ist ebenfalls nur auf die Belastung dös Unterleibes* mit Fremdstoffen zurückzuführen, meistens ist dabei eineFistel-^bildung an der Blase vorhanden, durch welche der Urin un-* willkürlich aus derselben heraussickert. <strong>Die</strong>se Erscheinung istfast ausnahmslos auf andere frühere ungeheilte, vielmehr durchMedikamente und naturwidrige Behandlung in den Körperzurückgedrängte, Krankheiten zurückzuführen. Vergl. darüberKurberichte III. Teil.Sowohl diese Krankheitserscheinung als auch Mastdarmfistelnsind in meiner Praxis vielfach in kürzester Zeit radikalgeheilt worden, oft in wenigen Tagen und Wochen und nurdann erst nach längerer Zeit, wenn das Leiden bereits ein sehrchronisches und tiefes geworden und der Körper bereits starkmit Medikamenten behandelt und geschädigt; war.Blasenkatarrhist gewissermaassen nur ein akutes Vorstadium ernsterer BlasenundSteinleiden, ein kritischer Entzündungszustand der Harnblaseund Harnwege, verbunden mit schmerzhaftem Urinieren.Er ist wie alle akuten Fieberzustände durch meine Methodeäusserst schnell zu beseitigen, weil seine Ursache dieselbe wiedie aller anderen Krankheiten ist. So wurde 'ich vor kurzerZeit zu einem Patienten noch in der Nacht geholt, der bereitsseit 14 Tagen an Blasenkatarrh Htt. <strong>Die</strong> Prostrata war dadurchstark angeschwollen und Patient konnte nur unter denfürchterHchsten Schmerzen Wasser lassen. Alle zehn Minutenstellten sich äusserst schmerzhafte krampfhafte Blasenkrämpfeein. Da das Wasserlassen in den letzten Tagen immer schwererund schmerzhafter ging, wollte der behandelnde Arzt- am27*


420 Zweiter Teil.14. Tage abends das Wasser vermittelst Katheters herausholen,das war wegen der angeschwollenen Prostrata so schmerzhaftund geradezu unausführbar, dass der Arzt erklärte, er müsseden Patienten dazu chloroformieren. Das gestattete derselbeindessen nicht, sondern Hess mich noch denselben Abend holen.Schon bei .dem ersten Reibebade hörten die sonst alle 10 Minuteneintretenden Blasenkrämpfe auf und schon nach einerhalben Stunde Badens konnte der Patient schmerzlos WasfeOlassen und legte sich, nachdem er 3 / 4 Stunde lang gebadet,wieder zu Bett. Es traten nachts kolossale Schweisseein, auch musste Patient viel Wasser während der Nachtlassen, was aber schmerzlos vor sich ging. In wenigen Tagenwar der Blasenkatarrh voUständig beseitigt.Leberleiden, Gallenleiden, Gelbsuchtkommen vorzugsweise nur bei rechtsseitiger Belastung des Körpersmit Fremdstoffen vor, weil die Leber mehr auf der rechtenKörperseite Hegt, weshalb ihre Anlage bereits in der erstenKindheit zu beobachten ist. Das Sekret der Leber, die Gallenflüssigkeit,wird bekanntlich aus der Gallenblase in den Zwölffingerdarmentleert und übt einen die Gärung herabminderndenEinfluss auf den Gärungsprozess der Verdauung aus.Überall da, wo durch eine rechtsseitige Belastung die Lebermitbelastet ist und dadurch in ihrer normalen Sekretion behindertwird, habe ich beobachtet, dass allemal ein vollständiganderes Schweissverhältnis in dem betreffenden Körper vorliegt,als bei linksseitiger Belastung. Durch das bei rechtsseitigerBelastung anormalere Sekret der Leber, besonders wenn dasselbeinfolge der Belastung etwas zurückgehalten wird, wodurchder Gärungsprozess der Verdauung nicht mehr in normalerWeise herabmindernd beeinflusst werden kann, wird derselbeein hitziger und mehr Gase entwickelnder als sonst. Esentstehen dabei in gleicher Weise, wie Seite 413 und 414 gezeigtwurde, Gallensteine und Verhärtungen der Leber: Allesolche Patienten leiden an leichtem, oft krankhaftem, übel-


Blasen- und Nierenleiden. Blasen- und Harnsteine etc. 421riechendem Schweisse, besonders auch Schweissfüssen. <strong>Die</strong>Verdunstung, Zersetzung, .Gärung der Lebersekretion machtsich sehr deutHch in einer zu dunklen Hautfarbe, den bekanntenLeberflecken, bemerkbar, und führt in manchen Fällenzur Gelbsucht. (Vergleiche Kurberichte HI. Teil.) Ich habebei Behandlung solcher Krankheiten beobachtet, dass beimeinem Verfahren eine ganz besonders schnelle Heilung er-• folgt, was eben mit der rechtsseitigen Belastung zusammenhängt.Bei derartigen Belastungszuständen bewirkt meineMethode oft wahre Wunder. (Vergleiche Kurberichte III. Teü.)Seh weiss füsse.<strong>Die</strong>selben stehen, wie aus vorhergehendem Abschnitt hervorgeht,im engsten Zusammenhange mit den Leberleiden undkommen, so viel ich beobachtet habe, nur in deren Gemeinschaftvor, so dass uns ein Schweissfuss oft schon viele Jahreläng vorher auf sich entwickelnde^ rechtsseitige Belastungszuständehinweist. In vorgerückten Stadien der Leber- und Gallenleidenhört meistenteils der Schweissfuss auf. Der Zustanddes Patienten wird dann immer schlimmer, weü die krankhaften,stinkenden Ausscheidungen des Schweissfusses im Körperzurückbleiben und jetzt andere, weit schlimmere Krankheitszustände,wie Hautflechten, Krebs u. a. m. veranlsssen,die dann schon wieder viel schwerer heübar sind und vielmehr Zeit zur Heüung beanspruchen. Schweissfüsse durch»Medikamente, wie Chromsäure, unterdrücken zu woUen, heisstdaher nichts anderes, als die Gesundheit des Betreffenden tiefschädigen, zumal meist erst nach längerer Zeit, oft erst nachJahren, die Folgen dieser medizinischen Behandlung durch dasSichtbarwerden einer weit schHmmeren Krankheit zu Tagetreten. Schweissfüsse durch Medikamente unterdrücken zuwollen, macht mir denselben Eindruck, als wenn jemand diein einen gemeinsamen Abzugskanal geleiteten Kloaken einerGrosstadt deswegen, weil sie da,, wo dieser endet und seinenInhalt entleert, einen scheussüchen Geruch verbreiten, zustopfen


422 Zweiter Teil. Blasen- und Nierenleiden etc.wollte, um diesen Übelstand zu beseitigen. Dadurch würdeer allerdings den am Ausgange des Abzugskanals entstehendenGestank unterdrücken, für die ganze Stadt aber einen sehr bedauernswerten,weit* schlechteren Zustand als früher, herbeiführen.Denn dann wird die Stadt sehr bald in ihrem eigenen„»Unräte verkommen.^, v v Ganz ähnHch aber ist es bei Schweissfüssen. Der KörperScheidet dabei fortwährend durch den Schweiss der FüsseFremdstoffe aus, die sonst in ihm zurückbleiben würden.Es ist sehr zu bedauern, dass auch unsere Heerverwaltungden Verordnungen der über das Wesen dieser Erscheinungenim Dunkeln sich befindenden modernen medizinischen Schulefolgend, die Anwendung von Chromsäure, Salicyl oder Pulvergegen Schweissfüsse aUen Soldaten empfiehlt. Ich warne eindringlichstvor diesem Unheilmittel. Bei meiner Methode verschwindendie lästigen Erscheinungen der Schweissfüsse sehrbald von selbst, weil deren Ursachen beseitigt werden.Hautflechten nnd Hantkrankheiten.Vielfach ist ihre Entstehung nur ein anderes weiteresStadium unterdrückter Schweissfüsse oder überhaupt unterdrückterHautthätigkeit und auch anderer Krankheiten.Es giebt nasse und trockene Flechten. <strong>Die</strong> trockenen sind •meist langwieriger in ihrer Heüung als die nassen. Bei Kindernkommen vielfach Flechten vor, die auf dieselben Ursachenwie vorher zurückzuführen sind, aber aus erblicher Belastung^stammen, oder auch direkt aus Folge unterdrückter Kinderkrankheitenund namentHch auch vielfach vom Impfen herrühren.<strong>Die</strong> Hautflechten sind immer bereits weitere Stadieneiner ziemlich schweren Belastung. Ihre Heilbarkeit erfordert,besonders bei dem trockenen Zustande, vielfach bereits längereZeit. (Vergleiche Kurberichte III. Teü.)


Angen- nnd Ohrenleiden.In meiner Praxis habe ich Gelegenheit genug gehabt,Augen- und Ohrenleidende mit überraschendem Erfolge zubehandeln, und ich wül meine Erfahrungen darüber hier folgenlassen. Zunächst muss ich bemerken, dass mir unter denHunderten von Augen- und Gehörleidenden, die ich behandelthabe, auch nicht ein einziger vorgekommen ist, dessen Augenleidennicht erst infolge anderer chronischer innerer Leidenentstanden wäre, die ihn zwar nicht so behinderten, aberdennoch dem Organimus weit gefährHcher waren ,als dasAugen- resp. Gehörleiden. <strong>Die</strong> Augen- resp. Gehörleiden sindsomit immer nur als der am weitesten vorgeschobene Teüanderer innerer Leiden zu bezeichnen. In vielen FäUen warenfrüher ungeheüte, nur mit Medikamenten unterdrückte Krankkeiten,namentHch Scharlach, Masern, Keuchhusten und Diphtherie,besonders aber ersteres die sichere und nachweisbare Veranlassungzu diesen <strong>neue</strong>n Leiden, oft aber auch die Impfung.Vermöge meiner Gesichtsausdruckskunde bHeb mir diese Thatsachein keinem FaUe verborgen, ebenfalls aber auch der Umstandnicht, dass bei all solchen Patienten neben der Augen- undOhrenbelastung eine sehr bedeutende aUgemeine Körperbelastungbestand, so dass ich mit Sicherheit behaupten kann, AugenundOhrenleiden sind ohne Zusammenhang mit anderen tiefenKrankheitserscheinungen oder der Anlage zu solchen, überhauptohne eine sehr erhebHche Belastung des ganzen Körpers mitFremdstoffen gar nicht mögHch und denkbar. Niemals tritt


424 Zweiter Teil.aber, wie vielfach behauptet wird, der Fall ein, da%s AugenundOhrenleiden lokal auftreten und der ganze übrige Körpergesund ist. Freüich ist die Belastung mit Fremdstoffen solcherKranker vielfach eine besondere, was ich in meinen Unterrichtskursenüber Gesichtsausdruckskunde genauer bezeichne. <strong>Die</strong>Fremdstoffe haben hierbei ihren Weg mnerHch ganz besondersnach Ohren und Augen genommen, was auch jedesmal äusserlichbereits viele Jahre vorher deutlich sichtbar ist.In den Ohren werden dadurch die feinen Gehörorganeverdickt und verknorpelt, wobei das Trommelfell vielfachzerplatzt, schlaff oder vibrationsunfähig wird, d. h. unfähigin der richtigen normalen Weise durch die Schallwellenin Schwingungen zu geraten. Auf diese Weise kommt auchder Mittelohrenkatarrh zu stände. Hierbei lagern sich dieFremdstoffe besonders im Mittelohr ab. Bei solchen Ablagerungenkommt es häufig dazu, dass sich, wenn der Druckvon unten stark ist, akute Zustände einsteüen. Es" bildensich dann geradezu wunde eiternde Stellen im inneren Ohr,die beständig Eiter, gärende Fremdstoffe, nach aussen entleeren,und so den bekannten Ohrenfluss oder das Ohrenlaufenhervorbringen. Wird dieser akute Zustand nicht in der Zeit'auf natürliche Weise geheilt, so sind stets stärkere Belastungszuständeund vielfach auch direkte Zerstörungen im Gehörorgandie Folge, die noch schlimmer werden, wenn dieserakute Zustand durch Medikamente in den Körper zurückgedrängtwird.Vergleicht man Ohrenlaufen,. Schnupfen, Tripper undweissen Fluss, so sieht der, der meine früheren Auseinandersetzungenbegriffen hat, wie bei ^allen diesen Zuständennichts anderes vor sich geht, als dass die latent im Körperabgelagerten Fremdstoffe in einen akuten Gärungszustand,eitrigen oder wässerigen Schleim-, übergehen, wobei stets eineEntzündung der dabei beteiligten Schleimhäute und Körperteiledurch deren Gärungszustand herbeigeführt wird,,, dieschHmmstenfaUs sogar in eitrigen offenen Wunden nebenkleineren Schwären, ihren Ausdruck findet. <strong>Die</strong>se schnupfen-


Augen- und Ohfenteiden. 425ähnlicfilrPflntzündungszustände beobachten wir überall da imund am Körper, wo sein Inneres in direkter Verbindung mitder Aussenluft steht. Infolgedessen sind diese Zustände füruns sehr wichtig, weil sie uns allemal sicher anzeigen, dassder "Körper erstens stark- innerlich belastet ist, zweitens abernoch so viel Lebenskraft besitzt, es zu solchen akuten Heilkrisenbringen zu können. Denn es ist immer noch besser,der Körper bringt die Fremdstoffe in dieser Weise nach aussen,.als dass innere Organe durch dieselben zerstört werden.Bei den Augen ist es dasselbe. <strong>Die</strong> Fremdstoffe erfüllendie krystallklare Flüssigkeit im Innern des Auges, trüben sieund schwächen dadurch die Sehkraft. Das ist die Ursache derKurzsichtigkeit. In anderen Fällen erfüllen die Fremdstoffebesonders die inneren Augapfelhäute durch ihre Ablagerungen,wodurch es kommen kann, dass der gelbe Fleck im Augeund dessen Nerven verschoben oder bedeckt werden (schwarzerStar.)Auch die Bildung einer trüben Haut über der Kry stalllinse(graner Star) wird durch nichts anderes herbeigeführt,als durch die Fremdstoffe, welche sich in dieser Form vor dasAuge und in die KrystalHnse schieben. Es sind dies allesZustände, die vielfach eine sehr langwierige Belastung voraussetzenund daher meistens erst bei älteren Leuten vorkommen.Ebenso wird der grüne Star, eine hochgradige Spannungdes Augapfels, durch nichts anderes verursacht, als durch die,durch eine Gärung der Fremdstoffe im Auge hervorgerufene•Spannung, wie sie in dem geschlossenen inneren Auge, gleichwiebei einem Gärungsprozess in einem geschlossenen Gefässe, vorkommt.Wenn die moderne Schule zur Heilung dieser Krankheitein Stück der Regenbogenhaut herausschneidet, so lenktsie dadurch nur die Lebenskraft des Körpers auf das <strong>neue</strong>notwendig gewordene Heilungsgeschäft ab, verstümmelt dasAuge und lässt die ursprünglichen Zustände beim alten.JgaBperlim kann durch diese Manipulation eine Änderung inafem Zustande des Auges herbeigeführt werden.•m tt * Jetzt, nachdem wir diese Erklärung kennen, wird den


426 Zweiter Teü. •verehrten Lesern auch die Bedeutungslosigkeit der Aügenöperationenklar werden, durch welche allemal nur der äussersteHerd der Krankheit gefassifc, niemals dieselbe aber selbst herausgeschafftwird. Ändert |sich nach der Operation nichts in derBelastung des Auges, so wird auch, solange dieser Zustandanhält, die Operation als eine gelungene zu betrachten sein,sobald sich aber wiederum Bewegungen und Veränderungen inden Fremdstoffen bemerkbar machen, und das wird kaum ausbleiben,stellen sich sofort wieder die alten oder <strong>neue</strong> Krankeheitssymptome ein und damit die Beweise von der Erfolglosigkeitder glückHchen Operation.Alle Entzündungskrankheiten der Augen, wie besondersauch die ägyptische Augenentzündung, werden durch nichtsanderes herbeigeführt, als durch die Gärung der im Augebefindlichen Fremdstoffe.Doppelsehen wird dadurch hervorgerufen, dass sichFremdstoffe zwischen Linse und gelben Fleck oder direkt arr'und in der Linse oder Pupille ablagern. Bei der Heüungdurch meine Methode ist infolge Rückwärtsbewegung derFremdstoffe nicht nur ein häufiges Doppelsehen, sondern auchzeitweiliges Klarsehen neben zeitweilig völligem und teüweisemTrübsehen unvermeidlich.Bas Schielen kommt durch die Belastung der Drehmuskelndes Augapfels zu stände. <strong>Die</strong> Fremdstoffe treffenoder stauen sich dabei auf ihrem Wege ganz besonders ineinem dieser Muskeln, machen ihn dadurch fester, gespannter,dicker und oft völlig funktionsunfähig, weü er all seinerElastizität dadurch beraubt wird, denn durch die dadurchhervorgerufene Spannung wird der betreffende Muskel kürzer,als die gleichfalls im Kreise um den Augapfel herumgelagerl|agleichbedeutenden Muskeln, welche das Drehen des Augapfelsbewirken. Auf diese Weise wird das ganze Auge von dembelasteten Muskel ganz aUmähHch fester angezogen und ver-Hert dadurch seine natürHche Stellung, weil dieser Muskelsich nicht mehr in seiner normalen Weise strecken kann.Wenn die moderne Schulmedizin dann solche Zustände einfach


Augen- und (Ohrlbleiden. 427dadurch zu heben trachtet, dass sie diesen kleinen Muskeldurchschneidet, so zeigt dies von <strong>neue</strong>m, wie sehr ihr indiesen Krankheitsfällen das eigentliche Wesen der Krankheitnoch fremd ist. Nur durch Herausschaffen der Fremdstoffeaus dem Augenmuskel kann das Schielen in der richtigennaturgemässen Weise geheilt werden.Weil nun die Sehnerven in einem Knoten zusammenlaufenund sich im Innern des Kopfes kreuzen, so dass der^inke Sehnerv nach der rechten Kopfseite herüber geht undumgekehrt, kann es kommen, dass bei linksseitiger Belastungdas rechte Auge krank sein kann, weü sein Nerv von derrechtseitigen Belastung in Mitleidenschaft gezogen wurde undumgekehrt.Ich wül nicht näher auf die vielen verschiedenen Augenkrankheiteneingehen, welche^das Spezialistentum der modernenSchule sich zurecht gemacht hat, doch möchte ich darauf^hinweisen, dass bei der Verschiedenheit der Belastungszuständedes Auges fast jeder Fall von Augenleiden immer etwasanders erscheinen muss als die früheren, und dass bei der fortschreitendenund stets allmählich zunehmenden Belastung desMenschengeschlechts mit Fremdstoffen immer <strong>neue</strong> und andereKrankheitserscheinungsformen auftreten müssen und werden,als die früheren es waren, so dass die jetzige Schulmedizinniemals fertig werden kann und wird, weil für sie immer<strong>neue</strong> Krankheiten entstehen werden, die wieder neu benanntwerden müssen, und für die wieder ein <strong>neue</strong>s Heilmittel notwendigwerden wird. Für uns ist die Verschiedenheit derKrankheitserscheinungen in den Augen und Ohren gleichgültig,weü wir wissen, dass aUe diese verschiedenen Formen trotzIhrer Verschiedenheit doch nur die mit aUen anderen Krankheitengemeinsame Ursache haben, und dass infolgedessen zurHeilung all dieser Zustände doch immer und immerwieder nur das eine Mittel führen kann, welches die''UrsacheaU||B.eser Krankheiten, nämHch die Belastung mit Fü&mdstoffenfortschafft.- Und dieses Mittel ist das schon vielfach erwähnte,dulbh welches die Fremdstoffe auf ihren eigenen t Hinwegen


428 ' Zweiter Teil.Wwieder zurück und auf den natürlichen Ausscheidungswegenaus dem Körper herausgeführt werden: meine ableitendenBäder neben reizloser Kost und naturgemässer Lebensweise.Zuweilen finden hier auch meine lokalen Dampfbäder mitErfolg Verwendung. (Siehe S. 109 Fig. C.)Was die Heübarkeit der Augen- und Ohrenleiden durchnieine- Methode anbetrifft, so sind aUe akuten Zustände, beiwelchen Entzündungen mit im Spiel sind, so lange noch keineZerstörungen in den Organen stattgefunden haben, ausserordentlichrasch, oft bereits in wenigen Tagen heilbar oderdoch sicher gefahr- und schmerzlos in dieser Zeit zu machen,so dass die Heilung in einigen Tagen oder Wochen, eintritt.Wo bereits teilweise Zerstörungen der Seh- oder Gehörorgaiieselber stattgefunden haben, findet eine Besserung statt wieauf keine andere Weise, so dass die Organe, wenn auchschadhaft, dennoch teüweise brauchbar fürs ganze Lebe» erhaltenbleiben können.A<strong>Die</strong> Heilbarkeit der chronischen Augen- und Ohrenleidendagegen erfordert, da dieselben immer, wie ich gesagt habe,mit tiefen anderen Krankheitszuständen zusammenhängen undfast in aUen Fällen auf unterdrückte Kinderkrankheiten zurückzuführensind, längere Zeit und oft sehr viele Ausdauer. * Jenach der Verschiedenheit der Belastung, von der es abhängt,wie die verschiedenen Körper auf meine Kur eingehen, ist dieZeitdauer verschieden, oft sind zu einer Heilung Monate,^ resp.Jahre notwendig. Auch kommt es vor, dass bei zwei Patientinan sich scheinbar ganz gleiche Leiden oft bei derselben KUTverschieden lange. Zeiträume beanspruchen: Der eine Patientgerade in der halben Zeit geheilt wird wie der andere. Der,Grund dieser Erscheinung Hegt in der Verschiedenajrtigkei|der Belastung, wie ich dies ausführlich in meinen Unterrichtskursen\ über Gesichtsausdruckskunde klarlege. Ich wül hierzur näh^'enkülustration einige FäUe aus meiner Praxis folgenlassen, aft^Äenen das Gesagte noch klarer zu Tage tretenwird. (Vergehe auch III. Teil Kurberichte.) Zunächst zweiFäUe von:Ji


Augen- und Ohrenleiden. 429Augenleiden.Der Sohn eines hiesigen Händlers war in seinem neuntenJahre syphüitisch erkrankt. Ganz besonders wurde das UnkeAuge dabei in Mitleidenschaft gezogen. Eine starke Entzündungdrohte dasselbe zu vernichten. Der Knabe warstark mit Fremdstoffen belastet, was schon sein viel zu grosserKopf deutHch zeigte. <strong>Die</strong>se starke Belastung war die Ursache,dass es zur SyphiHs kommen konnte, in deren Gefolgsqfeaftdas akute Augenleiden mit auftrat. Im Krankenhausehatten die Jünger der modernen Schule tüchtig Atropin (einsehr giftiges Mittel aus dem Safte des giftigen Stechapfels undder ebenso giftigen Tollkirsche bereitet, vor dessen Anwendungich jeden aufs aUereindringHchste warne), dem Knabenin sein krankes Auge getröpfelt. Das Auge wurde durch diesGift immer schlimmer, will dadurch auch von aussen hernoch Fremdstoffe in dasselbe einverleibt wurden, die alleinschon genügt hätten, einen Menschen zu vergiften. NachJteehswöchentHcher Atropinbehandlung war das Auge vollständigerblindet. Durch diesen Misserfolg veranlasst, kam der Vatermit dem Knaben zu mir. Jede lokale Behandlung am Augeselber wurde bei mir unterlassen, sondern nur der Unterleibdurch ableitende Bäder behandelt. In acht Tagen war bereitseine sehr wesentliche Besserung eingetreten, und in sechsW|chen war nicht nur die Syphilis, sondern auch das AugenleraenvoUständig verschwunden. Niemand war mehr im stände,dem Knaben anzusehen, auf welchem Auge er bHnd gewesenwar. <strong>Die</strong> Sehkraft hatte er vollständig wieder erlangt. SeinAUgemeinbefinden war besser geworden als je zuvor.frGraner Star.Eine Dame von 60 Jahren war wegen grauen Stars bereitsauf flem linken Auge operiert worden und seit der Operation,die übrigens sonst sehr glücklich verlaufen war, aufdiesem Auge völHg erbHndet. Für das rechte Auge war ihrdie gleiphe Operation in Aussicht gesteUt wordfn, wenn der


430 Zweiter Teil.Star auf diesem Auge zur Operation reif sein würde. Fürdie UnvoUkommenheit der Schulmedizin Hefert dieser FaUwieder einen sprechenden Beweis, besonders das Abwartenmit der zweiten Operation, bis der Star erst reif wird. Alsoimmer erst warten, bis das Haus in heUen Flammen steht!Den Brand auslöschen, solange er klein ist und sich leichtbeseitigen lässt, das ist eine Kunst, welche die moderne Schulebis heute noch nicht gelernt hat! <strong>Die</strong> Patientin hatte indessenbereits durch die erste Operation aUes Vertrauen zurherrschenden Heüweise verloren und wandte sich daher meinemVerfahren zu. Ihr Augenlicht war so weit erloschen,dass sie nur noch einen Schatten sah und auch bei dicht vor ihrstehenden Personen nicht unterscheiden konnte, ob Mann oderWeib. Ihre Belastung war eine sehr tiefe und auf ungeheilte."nur unterdrückte Bräune aus ihrer Kindheit zurückzuführen.Seit dieser Zeit war eine beständige Kurzsichtigkeit bei' ihrzurückgebHeben, die dann allmählich im Star endigte. Naeh-vdem sie vier Wochen meine Kur angewendet hatte, warsie schon so weit, dass sie grossgedruckte Schrift lesen konnte.Nebenbei hatte sich ihr AHgemeinbSfinden ganz ausserordentlichgebessert. Ihre trübe gedrückte Stimmung hatte einemlebenslustigen munteren Gemüte Platz gemacht. Sie war*wieneu aufgelebt. Ihre Verdauung" hatte sich gleich in den erstehk Tagen so auffallend geändert und gebessert wie selten. Beifortgesetzter Kur wurde das Auge von Woche zu Woche klarer,heller und funktionsfähiger, so dass in einem halben JahrevölHge Heilung eingetreten war.<strong>Die</strong>ser überraschend schnelle Erfolg war nur dadurch 5 *mögHch, dass die Belastung der Patientin mit Fremdstoffenihren Weg aus dem Unterleibe von vorn nach dem Kopfeherauf genommen hatte und der Rücken ziemHch frei davonwar. Wäre die Belastung bei ihr mehr von hinten herauigekommen, sie hätte ebensoviel Jahre zu dem Infolge gebraucht,als jetzt Monate. Das operierte Auge blieb indessenbHnd, da dasselbe durch das Messer des Operateurs zerstörtwnrdßn war.


Augen- und Ohrenleiden. 431Taubheit (einseitige).Ein Herr von 33 Jahren, der infolge eines Scharlachfiebersauf dem Hnken Ohr seit langen Jahren völHg taubwar, trat vor drei Jahren in meine Behandlung und hat bishellte nicht nur sein Gehör wieder erlangt, sondern auch nochnebenbei ganz ausgezeichnete Resultate durch meine Methodeerreicht.Weü derselbe meine Methode nicht nur mit seltenerKonsequenz, sondern auch mit grossem Verständnis diese Zeitlang durchgeführt hat, so dürfte garade dieser Kurbericht ganzbesonders allgemeineres Interesse erwecken. Es tommt darinaUes vor, was bei meiner K^ur üherhaupt vorkommen kann;"Und meine Theorieen werden in jeder Weise dabei bestätigt.Ich wül daher .gerade diesen Bericht hier recht ausführHchgeben.1859 als ein gesundes,, kräftiges Kind geboren, wurdeder Betreffende von einer tüchtigen Amme genährt und nachfünfviertel Jahr abgewöhnt. Von da ab wurde die Ernährungsweisein der landesübHchen Weise fortgesetzt, die Nahrungwar einfach aber unnatürlich, namentlich spielte die abgekochteKuhmüch eine HauptroUe. Zum Frühstück und Abendbrotgab es während der ganzen ersteh neun" Erziehungsjahrestets abgekochte Milch und Feinbrot von Weizen oder Roggen.i* ^Geimpft wurde das Kind wiederholt, weü bei ihm dieLymphe nie recht anschlagen woüte. Es war dies kein gutesReichen, weü das Impfgift stets im Körper verbüeb und dief>äfte verseuchte. Durch das Impfen war der Knabe offenbarin seiner Lebenskraft geschwächt worden, denn sein feurigesTemperament hatte ganz entschieden sehr dadurch geHtten,auch wurde sein Kopf viel zu stark.Der Vater des Betreffenden war ein grosser Verehrer derenglischen Küche mit all' ihren schwer verdaulichen Speisen,besonders aber ein Liebhaber aUer Fleischspeisen, an die all'seine Kinder ebenfalls vorzugsweise gewöhnt wurden. Da beidenEltern, wie in sehr vielen Famüien, aUes andere klarer war, als


432 Zweiter Teil.Oldie Beschaffenheit eines gesunden Körpers und namentlicheiner gesunden Verdauung, der Vater aber ganz besonders aufdie Allwissenheit seines aUopathischen Hausarztes in allenFragen der Gesundheitspflege ohne eigenes Urteil schwur, sokonnte es nicht ausbleiben, dass seine Kinder bald immer mehrund mehr mit Fremdstoffen belastet wurden. Zunächst machtesich diese immer mehr zunehmende Belastung bei meinemPatienten in einer geistigen Depression beim Unterricht bemerkbar.Stundenlang sass er eifrig lernend über seinenBüchern, und trotzdem wusste er nie recht, was er gelernthatte. Der Qruck der Fremdstoffe machte sein Gehirn unfähigzu normalem geistigen Arbeiten. 1868 machte sich sein Körperin der ersten Heilkrisis, den Masern, ernstlich Luft vonden ihn belastenden Fremdstoffen. Leider wurden die Masernfür den Körper nicht in naturgemässer Weise ausgenutzt,sondern kräftig mit Medikamenten in den sich gewaltig dagegenwehrenden Körper teilweise wieder zurückgedrängt. Soblieb der Zustand des Kindes nach den Masern ziemlich derselbe,nur war seine Verdauung durch die vielen Medikamente,die er während der Masern hatte schlucken müssen, wesentlichgeschwächt, was sich durch häufige Verdauungsstörungenin den nächsten Jahren und vor allen Dingen darin kundgab,dass er das Wasser nicht mehr halten konnte. Seine Mutter,welche nicht wusste, worin das Wesen dieses Leidens bestand,und dass dasselbe keine Untugend des Kindes, sondern alleinein krankhafter Zustand desselben war, bedungen durch seinestarke Belastung und grösstenteils herbeigeführt durch dienaturwidrige medizinische Behandlung der Masern, machte demKnaben die bittersten Vorwürfe über diese unangenehme Eigenschaft,ohne zu ahnen, dass sie ihm bitter Unrecht damit that,und dass sie selber viel mehr Schuld daran hatte als ihr Kind.1870 im Januar, nach einem plötzlichen Temperaturwechsel,der auf grosse Kälte folgte, bekam der Knabe die Windpocken,und nachdem dieselben innerhalb fünf Tagen durch Medikamentegehörig 8 in den Körper zurückgedrängt waren, ging derGärungsprozess der Fremdstoffe mehr nach seinem Oberkörper,


^ „Augen- und Ohrenleiden. 433und es kam zu einem sehr heftigen Scharlachfieber, das ganz„besonders die linke Seite des Kindes gefährdete. Der Knabewar ebenso wie aUe seine fünf Geschwister bereits erbHchlinksseitig belastet. Seine Grossmutter mütterlicherseits waran einem langjährigen Herzleiden gestorben, welches durcheine Hnksseitige Belastung bedingt wird. Während seinerganzen Kindheit hatte er vorzugsweise auf der- Hnken Seitegeschlafen, wozu ihm die angeborene Belastung den Anlassgab, und wodurch diese Belastung stets weiter einseitig ausgebildetwurde. Bei dem Scharlachfieber war es daher keinZufall, dass die Gärung der Fremdstoffe im Indern ganz besonderseine linksseitige war. Vergl. Seite 80 u. f. Mehrere"Wochen schwebte der Knabe in beständiger Lebensgefahr,die der völHg ratlose Hausarzt durch seine naturwidrigenMedikamente und sonstigen der Natur vöUig zuwiderlaufenden* Vorschriften ahnungslos beständig vermehrte. Im Verlaufdieses sehr gefährlichen Fiebers, steüte sich auf dem linkenJ Ohre ein sehr bedeutender und hartnäckiger Ausflucs ein, dersehr schmerzhaft war. Es hatte sich im Innern des Ohreseine brandige offene Wunde gebildet, die beständig viel Eiterentleerte. Jetzt hatte der Hausarzt wieder ein <strong>neue</strong>s Feld fürseine segensreiche Thätigkeit. Neben den übrigen Medikamentenverordnete er jetzt auch noch scharfe Einspritzungenin das Ohr. Glückücherweise war der Organismus des Knabenstärker als des Arztes Mittel. Wochenlang währte der Ohrenausfluss,bis er ganz allmähHch von selber, nachdem derGärungszustand der Fremdstoffe ausgetobt hatte, wieder nach­Hess und aufhörte. Nach dem Scharlachfieber fühlte sich derKnabe monatelang noch sehr ermattet und angestrengt, körperlichund geistig noch mehr deprimiert als früher. SeineBelastung hatte sich nach dem Scharlachfieber aber wesent-Hch geändert. Der Druck der Fremdstoffe nach dem Unterleibehatte sich soweit geändert, dass der Knabe das Wasser wiederin der richtigen Weise halten konnte, jedoch hatte sich jetztder Druck mehr nach dem Hnken Ohre und dem linkenKinnbacken gezogen.Louis Kühne, <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong>. 28


434 Zweiter Teil. , %, ^1871 wurde er in eine Pension nach einer grossen Stadtzum Besuche des Gymnasiums gebracht. <strong>Die</strong> schlechte Luft^der Grosstadt und die ungesunde Lebensweise in einem überfüllten,niemals genügend gelüfteten, wenn auch berühmtenGymnasium, sowie die seiner Natur völlig zuwiderlaufende, ungenügendeErnährungsweise, verfehlten ihre nachteiligen -Wirkungennicht auf das ohnehin an vielen Aufenthalt in frischerLandluft gewöhnte Kind. Sein Körper wurde immer mehrund mehr geschwängert mit Fremdstoffen und dadurch geistigund körperlich immer unfähiger.t Der Knape selber fühlte das Verkehrte dieser modernenErziehungsweise mehr als deutHch. Durch ein unbegrenztesBangen nach seinem früheren Landaufenthalt Hess sich deut-.lieh genug die Stimme der Natur oder sein Instinkt vernehmen,doch wer ist heute noch im stände, dieser Stimmefolgen zu können? So wurde auch die Gesundheit diesesKnaben rücksichtslos den Vorurteilen der modernen Erziehungsweisegeopiert. Zum erfolgreichen Lernen unfähig, weil zubelastet, fristete er ein geradezu der menschlichen Natur unwürdiges,elendes Dasein zwischen Wollen und Nichtkönnen,Pflichterfüllungstreue und absoluter Unfähigkeit dazu. Es warein Hangen und Bangen in schwebender Pein für den-vonNatur äusserst gewissenhaft und pflichttreu beanlagten Knaben.Ende des Jahres 1871 trat infolge der immer zunehmenden Belastungeine schwere BrustfeUentzündung ebenfaüs auf der linkenSeite ein, die.wiederum teilweise medizinisch in den Körperzurückgedrängt wurde. Mitte 1872 waren infolgedessen dieLungen des Knaben, besonders die linke, so stark belastet, dassder Arzt seinem Vater den dringenden Ratjgab, den Knabensofort aus dem Gymnasium aufs Land zu nehmen, damit ersich dort erhole, weil er sonst unfehlbar an der Schwindsuchteingehen würde.Soweit war es durch diese naturwidrige Erziehung, sowiedurch die fortgesetzt falsche ärztliche Behandlung gekommen,dass der Vater vor die Alternative gestellt, wurde, entwederbei Fortsetzung dieser Erziehungsweise sein Kind bald sterben


Augen- und Ohrenleiden. 4354zu sehen, oder dasselbe unbehelligt von allem augenblicklichnutzlosen Lernstoff, aufs Land zur ausschliesslichen Stärkungund Kräftigung seiner Gesundheit zu nehmen. <strong>Die</strong>ser erste«wirklich gute Rat des Arztes wurde befolgt, und so erholtesich der Knabe bei seinen gewohnten Beschäftigungen auf dem.^ahde auch bald wieder etwas, so dass wenigstens innerhalbeines Jahres durch diesen Landaufenthalt bei vöUigem NichtsthundieLungen so weit wieder entlastet wurden, dass jedeernstere Gefahr und die hauptsächUchste Anlage zur Schwindsuchtbeseitigt war. So wurde zwar die Belastung auf dereinen Seite sehr wesentHch gemindert und gehoben, durch diebeständige Fleischdiät und reizbare Ernährungsweise aber inanderer Beziehung immer wieder neu geschaffen, also eine ArtDanaidenarbeit geleistet. Ein während dieses Landaufenthaltesim zweiten Halbjahre zur Ausbüdung. für den Knaben engagierterHauslehrer hatte seine liebe Not. So tüchtig, wie derselbeseinen Unterricht erteüte, so unfähig war das belasteteGehirn des Kindes für diesen, so dass der Lehrer oftmals inGegenwart des Vaters demselben erklären musste, der Knabesei völüg belehrungsunfähig. 1873 kam der Knabe auf einGymnasium in einer kleineren Provinziälstadt. Hier hatte erGelegenheit, während seines fünfjährigen Aufenthaltes seineVorliebe für aUe körperlichen Beschäftigungen und Leibesübungenbethätigen zu können, weshalb er sich besonders körper-Hch ziemHch gesund im modernen Sinne entwickelte. Seinegeistige Entwickelung konnte aber wegen seiner noch immererhebHchen Belastung nicht besonders fortschreiten. Alles Lernenwar vergebHch r und so schützte sich zum Glück für denKnaben und ^Gunsten seiner Gesundheit derselbe durchpermanente Faulheit gegen die Unkenntnis seiner Lehrer.Hätte er den Rat letzterer befolgt, so hätte er durch eisernenFleiss seine zunehmende körperHche Gesundheit wieder untergrabenund einer fürs praktische Leben höchst zweifelhaftenWissenschaftlichkeit opfern müssen, wovor ihn diesmal dieimmer stärker werdende Stimme der Natur, d. h. sein Instinkt,glückUch bewahrte. Nur einmal machte sich seine linksseitige28*


436 Zweiter Teil.,*&Belastung 1875 in einer Krisis, einem*-Ziegenpeter, besonderslinksseitig bemerkbar, der mit Leinsamenbähungen vierzehn-Tage lang behandelt wurde. Seit dieser Zeit bHeb ein beständigesKnacken in der linken Kinnlade beim öffnen des Mundeszurück, das stets so klang, als wenn Knochen zerbissenwürden. Bedingt wurde dasselbe durch die sehr starke Belastungder Hnken Kopfseite. Das linke Ohr, das seit denfScharlachfieber von Jahr zu Jahr immer schwächer und tauber'geworden war, wurde seit dieser Zeit noch von einem allmählichzunehmenden Sausen befallen. <strong>Die</strong>s Taubwerden kam soaU^nählich, genau Schritt haltend mit der zunehmenden Belastung,dass es kaum gemerkt wurde, umsomehr, als sich dasrechte Ohr in derselben Weise verfeinerte, wie das linke schwerhörigerwurde. Da.die Belastung des Knaben mehr von hintennach oben und vom Atlas dureh den Kopf nach den Augendrückte, so machte sich von dieser Zeit auch ein später immermehr zunehmender Rachenkatarrh bemerkbar. Auch die Augenwaren derart belastet, dass im Alter mit Sicherheit eine BHndheitzu erwarten stand. <strong>Die</strong>s konnte man bei seiner Hierherkunftdurch meine <strong>neue</strong> Untersuchungsart sehr deutHch aneiner Entzündung erkennen, welche über beiden Augenlidernlagerte. <strong>Die</strong>se Belastung war bereits erbHch. Grossvater undVater hatten dieselbe Belastung gehabt und letzterer ist bereitsauf dem Hnken Auge so gut wie blind, trotzdem er erst 65Jahre zählt. 1879 zerriss sich der damals zwanzigjährige Patientdurch einen Fehlsprung mehrere Muskeln und Sehnen amlinken Fuss, was ihn acht Wochen an das Bett und auf denStuhl fesselte, dann aber mit Hinterlassung einer beständigenSchwäche des Fusses, vergl. S. 254—255, du^ih Salben wiedergeheilt war. Anfang der zwanziger Jahre war der Betreffendetrotz seiner Belastung körperlich gewandt und recht leistungsfähig.Gewandt in allen Leibesübungen, Turnen, Schwimmen,Reiten und auf der Jagd ein unermüdHcher Fussgänger.Während er seiner Militärzeit genügte, erregten seine körperlichenLeistungen sogar allgemeine Bewunderung. Sein linkesOhr war jedoch in dieser Zeit bereits völlig taub, und das Ohren-


A^gen- und Ohrenleiden. 437sausen wurde von Jahr zu Jahr immer stärker. Während derjetzt folgenden elf Jahre nahm trotz seines gesunden Berufes(Cr war Landwirt) infolge der unnaturgemässen, reizbaren Er-, nahrungsweise seine Belastung mit Fremdstoffen beständig zu.Das Ohrensausen und der chronische Rachenkatarrh wurden* Infolgedessen immer stärker. Er vermochte nicht mehr laut.»zu "sprechen, ohne heiser zu werden und Schmerzen im Halsedavon zu bekommen. Seine körperliche Leistungsfähigkeithatte bereits in seinem dreissigsten Lebensjahre durch die Belastungdergestalt nachgelassen, dass aus dem gewandten, flinkenund behenden Menschen ein bequemer, ziemlich unrührigerMann geworden war. Während er vor zehn Jahren nochmit Leichtigkeit, ohne jede Ermüdung zehn bis zwölf Stundenauf der Jagd herumgelaufen war, ermüdete ihn jetzt bereits'eine Stunde Gehen. Daneben war sein Allgemeinbefindendurchaus kein beneidenswertes. Eine ihm rätselhafte inner-Hche Unzufriedenheit, eine gewisse Unruhe, leichte Gereiztheit,nervöse Pflichttreue neben ziemHcher Ungeniessbarkeit in seinernächsten Umgebung, lasteten wie ein rätselhafter Druck aufihm und waren unausbleibliche Folgen seiner zunehmenden Belastung.<strong>Die</strong>selbe kam bei ihm, wie erwähnt, besonders vonhinten herauf, weshalb seine früher kerzengerade Kopfhaltungimmer mehr einer beständig vornübergebeugten Haltung wich.Besonders auffällig wurde dies von aUen bemerkt, wenn erseine Uniform gelegentlich anzog. Förmlich vorn auf der Brusthing der Kopf. Auch hatte der Uniformkragen wiederholtweiter gemacht werden müssen, weil mit dem stärkeren Andrangder Fremdstoffe nach dem Kopfe auch der Hals stetsdicker wurde. .y3o lag sein Zustand, als er 30 Jahre alt war.<strong>Die</strong> ihm bekannten allopathischen Ärzte und andere berühmteSpezialisten hatten sein Ohr untersucht und herausgefunden,dass die Taubheit auf dem Hnken Ohre mit einer Verknorpelungim linken Nasenflügel zusammenhänge, durch welche auchdie Eustachische Röhre verstopft war. Das Trommelfell selbstwar schlaff und ungespannt. Einer der berühmtesten Spezialistenhatte ihm gesagt: es wäre vielleicht mögUch, dass eine


438 Zweiter Teil.Heüung durch eine Operation der Verknorpelungen stattfindenkönne, aber diese Operation in der Nase sei lebensgefährHchund zweifelhaft, weshalb er selber davon abrate, umsomehf,als die Taubheit ihn wenig geniere, weil das rechte Ohr jaausgezeichnet sei. Sonst sei er ja kerngesund und die partielleTaubheit müsse er schon sein Lebenlang mit in Kauf nehmen."Allgemein, nicht nur von Seiten der Ärzte, hielt man ihn fürkerngesund; nur sein alter Vater wunderte sich immer überseine zunehmende Schwerfälligkeit und hat es ihm wohl tausendmalvorgehalten, dass er in seinem Alter noch zehnmalso schnell und flink auf den Beinen sei, er begreife wahrhaftignicht, was in ihm stecke, zumal er ihn.bei seiner Gewissenhaftigkeitund Pflichttreue nicht für faul halten könne.Wir wissen es, was in ihm steckte, dem Vater* war esfreilich ein Rätsel. Der Betreffende selber hielt 1 sich ebenfalls,weil er das Wesen einer wahren Gesundheit nicht kannte,für kerngesund, bis auf sein Ohr und den chronischen Rachenkatarrh.Anfang März 1889 führte ihn der Zufall nach Leipzigund machte ihn mit meinen Entdeckungen bekannt. <strong>Die</strong>Wahrheit derselben am eigenen Leibe zu ergründen, unterzoger sich einer eingehenden Kur bei mir. Ich hatte ihm aufsein Befragen ein ungefähres Büd von seinen Belastungszuständengemacht und ihm auch gesagt, dass er die Anlage zuverschiedenen Krankheiten, namentlich Schwindsucht, in sichtrage und allen Grund habe, recht energisch mit meiner Kurzu beginnen. Sein eigener Wissensdrang machte ihn ohneweiteres zu einem objektiven, sich immer nur von am eigenenLeibe erlebten Thatsachen überzeugt haltenden Patienten, dessenangeborener Skeptizismus gerade dazu beitrug, ihn schHesslich zueinem tiefen Kenner meiner Entdeckungen zu machen. Im erstenJahre gebrauchte er täglich drei ableitende Bäder von je 1 / 2 bis einstündigerDauer und wöchentlich zwei Dampfbäder. Im zweitenJahre nahm er nur durchschnittlich zwei bis drei Bädervon 1 / 2 — 3 / 4 stühdiger Dauer und pro Woche 2 Dampfbäder.Im dritten Jahre hatte er dieselben ableitenden Bäder gebraucht,nur die Dampfbäder etwas eingeschränkt. Mit dem Augen-


Augen- und Ohrenleiden. 439bHcke, wo er meing Kur begann, nahm er selbstverständlichauch meine reizlose Diät und meine sonstigen Kurvorschriftenan. Sein Körper reagierte infolge seiner Belastung, die mehrvon hinten heraufgestiegen war, nicht so rasch, wie bei vielenanderen.' <strong>Die</strong> Rückwärtsbewegung der Fremdstoffe bewirkte zunächsteine sechswöchentliche, lästige Reaktion, wobei.sich dieselbe-Empfindung und dieselben Schmerzen im ganzen Körper einsteUten,die man unter dem Namen Muskelfieber kennt. Seinganzer Körper, war ihm während dieser Zeit wie gerädert,Müdigkeit wechselte mit Schlaffheit im ganzen Körper. Abernicht nur körperlich, sondern auch geistig war die Reaktion'dieselbe. Es steüte sich auch geistig neben einer beständigsteigenden, inneren Befriedigung während dieser*ersten sechsWochen eine gewisse Zerschlagenheit ein. <strong>Die</strong> Verdauung wurdein diesem Zeiträume aus ihrem früheren für ganz normal gehaltenenZustande in ein wesentlich verändertes, normaleresStadium übergeführt und mit ihr der gesamte Zustand desPatienten. Von seinem Hnken Ohr aus hatte sich ein beständigesschmerzhaftes Ziehen nach der Brust zu eingestellt; ja eshatte sich eine ziemHch starke, vom Ohr bis nach dem Schlüsselbeinreichende, aderartige, schmerzhafte Wulst gebüdet, dienichts weiter als ein Kanal für die Fremdstoffe war. Ein deutlichesAnzeichen für die Rückwärtsbewegung der Fremdstoffe.Das Ohrensausen hatte beständig zugenommen, ein deutHchesZeichen, dass die Fremdstoffe im Ohre in. Bewegung kämen.Nach diesen ersten sechs Wochen hörten die unangenehmenReaktilnserseheinuhgen auf und machten einem bis dahin niegekannten, körperHchen und geistigen Wohlbefinden, verbundenmit einer bereits sehr veränderten, weit zufriedeneren GemfMssstimmungPlatz. Von Monat zu Monat stieg sein AUgemefnbefindenund besonders die Regulierung der Verdauung. DasOhrensausen .Wieb noch ebenso stark, wenngleich dasselbe zeitweüiggänzHch aufhörte. Solange sich im Ohre Fremdstoffelösten, dauerte das Sausen fort, sobald dieselben zeitweilig abgeleitetwaren, trat völlige Freiheit davon ein. Seine Verdauungs-


440 Zweiter Teil.organe wurden immer normaler und normaler und infolgedessengegen jede ungeeignete Nahrung immer difiziler und feinfühUger.Speisen, die er früher ohne Beschwerden hatte geniessen können,machten ihm jetzt die grössten Beschwerden, weil sie für seinenKörper ungeeignet waren. Früher war sein Magen bereits soschwach, dass er ruhig alles über sich ergehen Hess. So warendie unverdauUchsten Speisen durch seihen Körper gegangen,ohne Nutzen bringen zu können, indem sie dem Körper einebeständige, mühevolle Arbeit auferlegten. Man hatte diesenZustand jedoch für eine normale Verdauung angesehen. SeinMagen war bei der früheren ungeeigneten Ernährungsweisebereits etwas ausgeweitet und es hat wohl ziemHch dreiviertelJahr gedauert, bis derselbe auf sein normales Maass sich zurückgebüdethaute. Während dieser Zeit-Htt'der Patient vielfachan einem krankhaften Hunger. Seine drei Mahlzeiten täglichgenügten ihm kaum. Hatte er genug gegessen, so machtesich, das zu weite leere Stück seines Magens sehr bald bemerkbar,indem es fortwährend nach Befriedigung durch Essenverlangte.Hierbei wül ich auf die Entstehung dieses krankhaftenHungergefühles noch kurz eingehen. Ich komme dazu wiederauf den bereits in der Wundbehandlung S. 240 erwähnteninneren Gegendruck des Körpers gegen den atmosphärischenLuftdruck zu sprechen. Durch die Belastung des Magens unddessen Erweiterung wird eine zu grosse Höhle im Körper geschaffen.Sobald diese Höhle leer ist, respektive so weniggefüllt, dass ein Teil von ihr frei bleibt, so wird dieser nurungenügend mit Gasen angefüllte Raum nur dann den"Gegendruckder äusseren atmosphärischen Luft richtig ertragen,wenn «seine Spannung den entsprechenden Gegendruck leistet.Im unnormalem, besonders ausgeweitetem Zustande kann dieseAusgleichung aber nicht auf andere Weise errreicht werden,als durch beständiges, naturwidriges Ausfüllen dieses Raumesmit Speisen oder Getränken. Durch den Gärungsprozess derVerdauung wird dann die nötige Gegenspannung hervorgerufen,weil sich dabei spannende Gase entwickeln. Aus diesem


Augen- und Ohrenleiden. 441Grunde kommt es auch, dass solche Patienten niemals genauwissen, wenn sie satt sind, und immer erst nach dem Essenfinden, dass sie zu viel gegessen haben. Denn erst durch den•Verdauungsprozess selber wird der nötige Gegendruck erzeugt,der noch während des Essens fehlt, weil der Gärungsprozess derVerdauung und mit diesem die Spannung erst einige Zeit nachdem Essen eintritt. Ein völüg gesunder Mensch kann sehr langeZeit, geradeso wie gesunde Tiere (z. B. Rehe und Hasen bei hohemSchnee im Winter) ohne jede Beschwerde Hunger ertragen undkann tagelang ohne jedes Getränk auskommen. Bei ihm ist derMagen so beschaffen, dass selbst im hungrigen Zustande niemalsder Gegendruck gegen den atmosphärischen Luftdruck fehlt.Daher hat er auch niemals die deprimierenden, den ganzen Körperzu jeder Arbeit unfähig machenden Folgen dieses unnormalenVerhältnisses auszuhalten. Wer aber die modernen „Lebemänner"unserer Zeit sieht; wie ihr Leben neben geringer Arbeit nur ineinem fortwährendenEssen besteht, und wie dieselben, wenn ihnendie gewohnte Mahlzeit fehlt, leistungsunfähig und ungeniessbarin jeder Beziehung werden, der wird wohl die Richtigkeitmeiner Worte begreifen.Bei meinem Patienten hörte dies krankhafte Hungergefühlerst auf, nachdem sich sein Magen auf das normale Maasszurückgebüdet hatte, was ungefähr ein und dreiviertel Jahrlang währte. Von dieser Zeit an wurde sein Bedürfnis, Speiseund Trank aufzunehmen, ein weit geringeres als früher, washeute, nach dreijähriger Kur noch mehr der FaU gewordenist. Während er bei seiner früheren Ernährungsweise (engHschePatrizierküche) Fleisch, Suppen, Kraftbrühen, Wein, Bier, Eier,Puddings u. s. w. in grossen Massen vertilgt hatte, isst er jetzt,von seiner streng naturgemässen Kost kaum den dritten Teildes früheren Quantums und ist doch dreimal so leistungl*fähig, körperHch und geistig, dabei geworden. In krassemGegensatze steht diese auch von vielen anderen meiner Kurgäste,die meine Kur lange genug durchgeführt haben, gemachteErfahrung mit den auf blosser Annahme beruhendenAnsichten der« herrschenden Schule, welche behauptet, von


442 Zweiter Teil.der reizlosen Kost müsse man dem Körper ein weitaus grösseresQuantum an Speisen zuführen, um ihm denselben Nährgehaltbieten zu können, als durch Fleischkost, Bouülon, Kraftbrühen,Wein, Bier, Eier, Milch u. s. w. <strong>Die</strong> Praxis lehrt uns unwiderlegHchgerade das Gegenteü, weshalb die Ansicht derSchulmedizin darüber hinfälHg ist.Aber noch eine andere Beobachtung musste mein Patientwährend seiner dreijährigen Kur machen. Seine Haut, diebesonders an den von der Kleidung bedeckten Stellen früheräusserst zart und blendend weiss gewesen war, wurde, trotzdemsie durchaus nicht mehr als früher mit der Luft in Berührungkam, allmählich immer brauner und brauner. Eshatte dies seine tiefe Begründung. <strong>Die</strong> blendendweisse Hautwar nichts anderes als eine Leichenhaut, d. h. sie war so mitFremdstoffen verstopft und unterpolstert, dass das Blut nichtmehr bis an ihre äusserste Oberfläche genügend herankommenkonnte. Eine gesunde Haut, bei welcher das Blut stets bisan die. äusserste Oberfläche kommt, hat eine "bräunliche, etwasins Rosa übergehende Farbe, welche eben durch das Durchschimmernder Blutflüssigkeit hervorgerufen wird; geradeso,wie die zu weisse Haut durch die meist weisse Farbe der.Fremdstoffe hervorgerufen wird. Wer eine gesunde Hautfarbe"kennt, der wird sie niemals verkennen. Weil dieselbe auchstets in gewisser Beziehung zur Beschaffenheit des Blutessteht, welches für die Hautfarbe des Körpers vielfach ausschlaggebendist, so ist die genaue Kenntnis der normalenHautfarbe von so überaus grosser Wichtigkeit für meine Gesichtsausdruckskunde,denn dieselbe giebt uns genaue Aufschlüsseüber die Beschaffenheit des Blutes und somit des ganzenInneren Körpers.Der Kopf und namentHch der Hals des Patienten war imGegensatz zu seiner übrigen zu weissen bleichen Hautfarbe vielzu rot und dunkel und bekam im Laufe der Kur eine weithellere, mit der übrigen Hautfarbe übereinstimmende Farbe,so dass sein ganzer Körper jetzt «eine gleichmässige Hautfarbeaufweist. Es ist dies ein Zeichen der Gesundheit.


Augen- und Ohi'enleiden. 443Mit dieser NormaHsierung. der Hautfarbe ging bei diesemPatienten ebenfalls auch eine NormaHsierung seiner KörperwärmeHand in Hand. Sein Blut zirkulierte allmählich wiederbis an die äusserste Oberfläche der Haut, wodurch er jedesunnormale Kältegefühl verlor. Während er in früherer Zeit imWinter immer stets sehr warme Unterkleider zur Erwärmung•tragen musste und dabei doch fror, ging er jetzt den ganzenWinter ohne aUe Unterkleider, nur in einfachem Leinenhemdeunter Ijtock und Weste und fror nie. Jetzt konnte er es begreifen,wie das Wild bei strenger Kälte nicht nur nicht zufrieren braucht, sondern sich sogar völHg warm fühlt.Bereits in der achten Woche seiner Kur bemerkte Patient,dass sein Ohr wieder etwas_, wenn auch noch sehr wenig, hörenkonnte. Während er früher das Ticken seiner Taschenuhrnicht hören konnte, wenn er sie ans Ohr drückte, war er jetzt -schon wieder im stände es zu vernehmen. Mit jedem Monatebesserte sich das Hören und das Ohr wurde freier, so dass esheute nach drei Jahren so weit ist, dass er die Taschenuhrnoch deutlich in einer Entfernung von 40 cm hören kann.Mit seinem gesunden rechten Ohr hört er das Ticken.der UhrdeutHch noch in der Entfernung von 150 cm. Auch sein Rachen- tkatarrh hat sich wesentlich gebessert. <strong>Die</strong>se Erfolge konntenaber nur dadurch Zustandekommen, dass sein Belastung!^zustand rückwärts aufgerollt, d. h. auf seinen eigenen Wegenzurückgeführt wurde. Dabei war es unvermeidUch, dass alleseihe früher ungenügend geheilten, vielmehr in den Körperzurückgedrängten Krankheiten noch einmal aber in weit mildererEorm zum Vorschein kamen, um völlig geheilt zu werden.Zuerst steUte sich die ungenügend geheilte Verletzung am linkenFuss wieder ein, über die ich bereits auf S. 254 gesprochenhabe. Darauf kam der Ziegenpeter wieder, der in drei Tagen abgeleitetwar, worauf denn auch das Knacken in der Kinnlade aufder Hnken Seite aufhörte. Einige Monate darauf steUte sich* diealte Brustfellentzündung wieder ein, während welcher der Patientruhig seiner Beschäftigung nachgehen konnte, weü sein Zustanddurch -die stete Ableitung des inneren Fiebers dabei


444 Zweiter Teil.immer massig erträgHch blieb. In sechs Tagen war jede Spur* dieser Krisis beseitigt. Weihnachten 1890 bis Mitte Januar1891 stellte sich -eine sehr heftige. Krisis, dem einstigenScharlach entsprechend ein, welche ihm bedeutende Schmerzenim linken Ohr und der ganzen linken Kopf- und Halsseite zuertragen gab. Nach derselben wurde sein Ohr ganz bedeutendfreier, und besonders hörte das Ohrensausen fast ganzdanach auf.Sein Allgemeinbefinden ist heute ein vollständig verändertesgegen früher. Er selber erklärt, dass er sich nochniemals in seinem ganzen Leben, auch nicht in der sonst sooft geneideten Jugendzeit körperlich und geistig so wohl gefühlthabe wie.jetzt, und dass ganz besonders seine körperlicheund geistige Leistungsfähigkeit heute dreimal so grosssei, als sie es jemals gewesen. Namentlich sei auch seinGemütsleben ein völlig gegen frühe/' verändertes geworden.


Augen- und Ohrenleiden. 445Er sei innerlich und äusserhch in jeder Beziehung befriedigt,denn er fühle sich im Einklang und in vöUiger Harmonie mitder Natur und nichts, selbst die ärgsten Widerwärtigkeiten,können ihm mehr dieses Gefühl inneren Gleichmuts, stetenGleichgewichts oder gesunder Zufriedenheit rauben.Fig. ILFür meine Behauptungen Heferte dieser Kurbericht einschönes Beweismaterial, man sieht ganz deutlich, wie dasOhrenleiden nicht etwa ein besonderes-Leiden war, sondernvielmehr schon ein Endstadium vorangegangener anderer ungeheüterKrankheiten und ferner die Folge einer jahrelangen unnaturgemässen,wenn auch gewöhnHchen Lebens- und Ernährungsweise.Wer diesen Ausführungen gefolgt ist, der*$irdsich jetzt auch erklären können/ weshalb heute so vielfach*alte'Leute an Schwerhörigkeit und Kurzsichtigkeit zu leiden haben*Der Körper wird mit dem zunehmenden Alter widerstandslosergegen die Bedrängung. der Fremdstoffe, und so kommt es, dass•j


446 Zweiter Teil.die oft viele Jahrzehnte mit sich herumgeschleppte Belastungdes Körpers, die der Betreffende niemals recht gemerkt zu habenbraucht,, und wobei er sich im landläufigen Sinne für völliggesund halten konnte, endlich in Schwerhörigkeit und Kurzsichtigkeitihren Ausdrück findet. Dann heisst es, das Alterbringt diese Übelstände mit sich, es gehören diese Leiden zuden Lasten des Alters. Wir sind heute bereits weiter, dennwir wissen die wahre Ursache dieser Zustände.<strong>Die</strong> Richtigkeit meiner. Gesichtsausdruckskunde hat dieserPatient an seinem Körper genau prüfen können. Sein Kopfhat sich während der dreijährigen Kur sehr wesentlich verändert,besonders ist der Hinterkopf viel kleiner und normaler.geworden. Sein Hals ist wenigstens 5 cm in seinem Umfangedünner geworden. Weil dies- gerade von allgemeinemInteresse ist, lasse.ich sein Bild, vor und nach meiner Kurnach der Natur, aufgenommen, hier folgen, damit jeder selberdie Veränderungen sehen kann.Viele werden voraussichtlich gerade Fig. I für diejenigehalten, durch welehe der gesundere Zustand ausgedrückt werdensollte, weil sie dicker und voller aussieht. Das ist ein Irrtum.Freilich sind die Merkmale hier nicht so ins Auge fallendeund für jedermann so ohne weiteres erkennbare. Für aUe,welche meine Gesichtsausdruckskunde studiert haben, wird derUnterschied sehr deutlich zu Tage treten.Vor allen Dingen ist das ganze Verhältnis des Kopfeszum Körper in Fig. II bereits weit normaler, der Kopf war früherentschieden zu gross. Fig. II zeigt bereits deutHch, dasseine Menge Belastungsstoffe aus dem Kopfe gewichen sind.Besonders ist die Abgrenzung des Gesichts an der Kinnladeund dem Ohr in Fig. II eine normalere geworden. Es istdies «gerade, wie meine Schüler wissen, von hervorragenderBedeutung für diese Untersuchungsart, weil uns das wichtigeAüflohlüsse über die Beschaffenheit des Unterleibes in gewisserBeziehung giebt..* Auch Nase und Stirn hat sich wesentlich in Fig. II zumVorMl.ggaadert. In Fig. I sieht man noch deutHch, wie die


Augen-, und Ohrenleiden. 447Unke Schulter infolge der linksseitigen Belastung höher undvoUer erscheint als die rechte. Fig. II zeigt diesen Zustandschon wesentHch ausgegHchen. Sehr deutlich tritt der bereitsleidende melanchoHsche BUck in Fig. I und die damit verbundeneUnfreiheit der Augen gegenüber Fig. II zu Tage. <strong>Die</strong>Augen in Fig. I sehen geradezu etwas verquollen und skrofulösgegenüber denen in Fig. II aus. Welche Bedeutungendiese scheinbar so geringfügigen Veränderungen für meine.Gesichtsausdruckskunde haben, lehre ich in meinen Unterichtskursenfür Gesichtsausdruckskunde.


Zahnleiden, Zahnschmerzen, Schnnpfen, Halsleiden,Platzkrankheit, Eingeweidebrüche.* Bereits an einer anderen Stelle habe ich dieses Themagestreift und will hier wegen der allgemeinen Verbreitung der|genannten Übel noch näher darauf eingehen. Hohle Zähne,Zahnschmerzen, Zahnleiden sind sichere Anzeichen einer bedeutendenBelastung des Betreffenden mit Fremdstoffen, dennsie entstehen nur bei der Wanderung der Fremdstoffe nachdem Kopfei und auch meist nur bei einer ganz bestimmten^Belastung, wemi die Fremdstoffe von vorne und den Seiten indie Höhe steigen und dann an den Zähnen ein Hindernis ihreslangsamen Gärungsprozesses finden. Dann ist kein Zahnschmelz,kein Knochen hart genug, er wird durch dieses fortwährendeAndrängen zermürbt, und er verstockt geradeso, wie^ejn morscher Baumast. <strong>Die</strong> vielfach dabei entstehendenj|||merzen werden durch nichts anderes, als durch die zu^grosse Hitze und Reibung während dieses Gärungsprozesses"hervorgerufen. Während meiner Kur treten mitunter geradeZahnschmerzen auf, weil bei der Rückwärtsbewegung derFremdstoffe aus dem Kopfe -wieder dieselben Zustände eintreten,wie'früher beim Heraufsteigen der Fremdstoffe. So kommt es,dass auch solche, die früher niemals Zahnschmerzen, gehabthaben, solche vorübergehend bei meiner Kur bekommen, weüdie Herausschaffung der Fremdstoffe weit schneller dabei*erfolgt,als ihre Hinwanderung und dann diese Schmerzen auftreten,gerade so wie beim Rheumatismus. Sehr thöricht ist das Aus-


Zahnleiden, Zahnschmerzen. 449reissen der Zähne, dadurch wird nur der Körper verstümmelt,niemals aber die Ursache der Zahnschmerzen beseitigt. Durch,meine Methode ist auch ein sicheres Mittel für Zahnschmerzengeschaffen. Neben den Reibesitzbädern werden dabei öfterelokale Kopfdampfbäder mit stets nachfolgenden Reibesitzbädern«angewendet, worauf, wenn mögHch, ein längerer Spaziergangim Freien zur Wiedererwärmung oder ein Sonnenbad folgenmuss. In den meisten FäUen genügt ein, höchstens zwei ldkaleDampfbäder mit nachfolgenden längeren Reibesitzbäde^n,um die Zahnschmerzen auf Stunden und Tage zu beseitigen.Wer meine Kur längere Zeit fortsetzt, hat dann nur so langemit Zahnschmerzen zu thun, als bis die Fremdstoffe aus demKopfe nach unten fortgeschafft sind, welche ihren Weg überdie Züühne nehmen.Hierbei wül ich*eines Umstandes erwähnen, der,, so unbedeutender erscheint, seine tiefe Bedeutung hat. Es ist diesdie Notwendigkeit des Zähneputzens, weil sich an denselbenfortwährend ein weisslich gelbHcher Schleim ansetzt, der sogarin feste Steinform (Weinstein) übergeht. <strong>Die</strong> Notwendigkeitdes Zähnereinigens steUt sich nur bei kranken oder belastetenMenschen ein. Gesunde Menschen haben dasselbe ebensowenigwie gesunde Tiere nötig, und doch werden wir finden,dass gerade letztere und auch gesunde Menschen, wie ich diesvielfach auf dem platten Lande Gelegenheit gehabt habe zubeobachten, blendend weisse gesunde Zähne haben, an di(|sich auch nicht eine Kleinigkeit solchen Schleims oder Weinsteinsansetzt. Wessen Körper dagegen belastet ist,- d. h. mitanderen Worten gesagt, wessen Verdauung nicht mehr völHgnormal ist, der wird auch sofort an Zahnschleim und Zahnsteinzu leiden beginnen, denn beides sinH Erzeugnisse eines nichtmehr normalen Gärungsprozesses der Verdauung und werdennur durch, diesen- unnormalen Gärungsprozess hervorgerufen;es sind hejdes, mit anderen Worten gesagt, Fremdstoffe, welcheaus dem tJnterleibe nach oben heraufgestiegen sind und sichan den Zähnen abgelagert haben.<strong>Die</strong> Beseitigung dieses und aller anderen Zahnleiden kannLouis Kühne, <strong>Die</strong>jieue <strong>Heilwissenschaft</strong>. 29


450 Zweiter Teil.daher nur dann bewirkt werden, wenn die Bildung der Fremdstoffeim Körper aufhört. Sind Zähne. bereits hohl und verstockt,also zerstört, so lassen sie sich natürHch nicht wiederhersteUen, aber immer ist es tausendmal besser einen völHgverstockten Zahn im Kiefer zu besitzen, weil die Natur denselbenweit geschickter* als Menschenkunst für den Körper unschädlichmacht, als ihn durch Ausreissen zu beseitigen. Zähne,die noch zu plombieren gehen, lasse man sich plombieren, damitder Zahn solange wie mögHch zum Kauen brauchbarbleibe. Nur lose Zähne, die beim Kauen hinderHch sind, lasseman sich herausnehmen und, wenn mögUchj durch ein Gebisisersetzen. Wenn nun von aUen Knochen im Körper nur geradedie Zähne am ehesten stocken, faulen und leiden, so beweistgerade dieser Umstand in ganz augenfälliger Weisemeine Gärungstheorie. <strong>Die</strong> Zähne sind die einzigen Knochen,welche aus dem Körper herausragen und nicht mit Muskelfleischumgeben sind. Bei dem eigentümlichen Gärungsprozessder Fremdstoffe ist es nun ganz selbstverständlich, dass geradediese vorgeschobenen Knochenteüe ganz besonders unter diesemGärungsprozesse zu leiden haben müssen, weü gemäss jederGärung gerade die äussersten Teüe stets diejenigen sind, wohindie Krankheitsstoffe am stärksten drängen, und wo ihr Gärungsprozess'daher am stärksten fühlbar werden muss. <strong>Die</strong> Zähnesind aber eine solche Endstation. Wären sie auch mit Fleischumgeben, so würden die Fremdstoffe ihre Gärungsprozesse, allein in diesem abspielen, weü ihnen dasselbe keinen solchenWiderstand entgegenzusetzen im stände ist als die Zähne.<strong>Die</strong> Behandlung bei Zahnschmerzen hat im wesentlichenebenso stattzufinden wie bei Diphtherie. Vor aUen Dingen vermehrteReibesitzbäder. Daneben leisten aber in solchen Fällendie Kopfdampfbäder, wie in dem Abschnitt meine „Heilfaktoren"angegeben ganz überraschende Wirkungen.Schnupfen. Influenza. '*<strong>Die</strong>se meist leichte akute Entzündung der Luftwege wirdvielfach auf Erkältung zurückgeführt. Wie ich über Erkältung


Schnupfen. Influenza. Halsleiden. Flatzkrankheit. 451denke, habe ich schon früher gesagt. Erkältung darf keineKrankheit nach sich ziehen, das geschieht nur bei Belasteten,niemals bei Gesunden. Schnupfen deutet daher, ebenfalls wieZahnschmerzen, auf eine bereits ziemHch starke Belastung des,Betreffenden hin und ist immer aus einer vorangegangenenBelastung der Lungen hervorgegangen, also gewissermaassenein Reinigungsprozess der Lunge.Bei Anwendung meiner Methode und De i vielem Aufenthaltin frischer Luft und Schlafen bei offenem Fenster verHertder Schnupfen vöUig seine Bedeutung und seine unangenehmenEigenschaften. Dasselbe gilt von der Influenza. <strong>Die</strong>selbesteht aUen noch in guter Erinnerung, meinen Anhängernzugleich auch die überraschenden Wirkungen durch meineMethode bef derselben. (Vergl. Kurberichte im III. Teil.)Halsleiden.Wie ich schon in meinem dritten Vortrage gesagt habe,ist der Hals gewissermaassen ein Engpass zwischen Rumpf undKopf, und da die Gärungsstoffe, vom Unterleibe ausgehend,ganz besonders nach den äussersten Enden des Körpers, alsoauch nach dem Kopfe, drängen, so muss der Hals bei diesenVorgängen notwendigerweise mehr oder weniger beteiüg't sein, ,;wie ich schon bei der Besprechung von Diphtherie erwähnthabe. Ich wül daher nicht näher auf dieses-Thema eingehen,sondern nur erwähnen, dass Halsleiden immer bereits sehrbedeutende Belastungszustände im Körper voraussetzen undmeist schon Krankheitsstadien sind, welche aus andern unterdrücktenKrankheiten entstanden oder bereits in ihrer Anlageererbt waren und deshalb so häufig und in so verschiedenerForm vorkommen. Ihre Heilbarkeit ist ausschliesslich von derBelastungsart abhängig, durch lokale Behandlung aber niemalszu erreichen. (Vergl. Kurberichte im III. Teil.)V Platzkrankheit,bei welcher die Patienten nicht im stände sind, über einenfreien Platz hinweg zu gehen, beruht ebenfalls nur auf der29*


452 Zweiter Teil.Belastung mit Fremdstoffen. <strong>Die</strong> Erscheinung kommt dadurchzu stände, dass die innere Spannung im Körper nicht mehrden gegen den äusseren Luftdruck notwendigen Gegendruckleisten kann, oder einen zu grossen Druck auf gewisse Organeim Innern ausübt. Je dünner und reiner die Luft ist, destobeklommener fühlen sich meist solche Platzkranke. Ich habePatienten in Behandlung gehabt, die nur dicht an den Häusernnoch ohne Halt und ohne niederzufallen .gehen konnten. Eskommt dies daher, dass die Luft dicht an den Häusern allemalam dicksten und dichtesten ist, was diesen Patientenallein noch den genügenden Halt bietet: es handelt sich dabeinur um ganz geringe Unterschiede in der Dichtigkeit, abersie werden schon gespürt. Sobald die Luft reiner und freierwird, fühlen sie sich schon beklommen und im höchsten Gradebeängstigt, weil sie dann durch ihren inneren Druck haltloswerden.<strong>Die</strong>s Leiden ist auch wie Tuberkulose und Krebs immererst ein Endstadium vorangegangener anderer Krankheiten,gleichviel ob direkt oder indirekt als Vererbung. Seine Heilbarkeithängt allein von dem Zustande und der Belastung desPatienten ab, doch ist eine Heilung radikal auch nur durchmeine Methode zu erzielen, und oft ist es sehr langwierig, bisman einen radikalen Erfolg erreicht hat.Eingeweidebrüche.<strong>Die</strong>selben entstehen gerade so wie Gebärmuttervorfällenur dadurch, dass durch die zu grosse krankhafte innere Belastungund Spannung des Unterleibes Eingeweide aus demLeibe heraustreten und zwar allemal da, wo gerade das Bauchfellden geringsten Widerstand leistet und der innere Druckdagegen zu stark wird. Dann zerreisst das Bauchfell und dieEingeweide treten, dem inneren Druck nachgebend, so weitheraus, bis derselbe völlig ausgegHchen ist. <strong>Die</strong> Stelle desBruches kann sonach verschieden sein, die Ursache bei allenBrüchen ist aber dieselbe. Es ist ein grosser Irrtum, wenn


Eingeweidebräche. 453man glaubt, die Ursache eines Bruches musste ein Stoss, einFall, oder sonst eine Erschütterung sein, diese mögen wohlmit dazu beitragen den Bruch plötzHch hervorzubringen, sindaber nie die eigentliche Ursache, sondern nur die Gelegenheitsursache,die uns die schon lange im Körper dazu vorhandengewesene Anlage zum Bewusstsein bringt. <strong>Die</strong> Ursache zuallen Eingeweidebrüchen ist nur die Belastung des. Körpersmit Fremdstoffen. Durch meine Methode, bei welcher dieseFremdstoffe aus dem Körper geschafft werden, heilen solcheBrüche wieder zu, und es wird daher das Tragen eines Bruchbandes,ein unzureichendes Mittel zur Hebung solcher Leiden,während meiner Kur überflüssig. In meiner Behandlung sindBruchleiden mehrfach geheilt worden. Eine besonders rascheHeilung ist dann zu erzielen, wenn der Patient sofort meineMethode anwendet und nicht erst das Bruchleiden durch jahrelangesWarten sich einbürgern und veralten lässt.


Epilepsie (Krämpfe).<strong>Die</strong>selbe ist stets ein Endstadium vorangegangener, ungeheüter,nur unterdrückter anderer Krankheiten und setztmeist eine starke ererbte Belastung voraus. In vielen FäUenist sie auf Geschlechtskrankheiten des Vaters zurückzuführen,welche dieser, in seiner JüngHngszeit durchgemacht hatte,und die durch Medikamente in seinen Körper zurückgedrängtworden sind. Epilepsie habe ich in meiner Praxis in sehrvielen Fällen mit grossem und schnellem Erfolge behandelt.Ich habe beobachtet, wie die plötzHchen epüeptischen Anfällenichts weiter sind, als plötzliche GärungsaufwaUungen derFremdstoffe und wie dieselben allemal aus dem Unterleibezuerst sich entwickeln. Bei manchen geht diese GärungsaufwaUungzuerst nach unten nach den Beinen und drängt dannerst nach oben. Manche werden förmlich durch den Gärungsausbruchmehrere Male erst herumgedreht, ehe sie hinfallen,während andere, sobald der Gärungsprozess nach oben nachdem Kopfe drängt, sofort das Bewusstsein verlieren und dannhinsinken.<strong>Die</strong>se Vorgänge machen mir einen ähnHchen Eindruck,als wenn ein Vulkan plötzHch losbricht und die im Innernder Erde angesammelten, sich spannenden Gase und Massenin gewaltiger Eruption herausschleudert. Nach der Eruptionist wieder eine Weile Ruhe, bis eine <strong>neue</strong> Spannung durchden inneren Verbrennungs-, Zersetzungs- oder Umbüdungsprozessdes Erdkerns wieder hervorgerufen wird und eine


Epilepsie. 455<strong>neue</strong> Eruption entsteht. AhnHch ist es mit den epileptischenKrämpfen und AnfäUen. Es hat sich hierbei im Unterleibeeine bespdere Belastung mit Fremdstoffen gebildet, die fortwährendlangsame Gärungsvorgänge und damit verbundeneGasejpitwickelungen und Spannungen bedingt. Weü nun derBelastungsherd hier in sich abgeschlossen ist durch die Fremdstoffeund es immer aus seiner Mitte herausgärt, so spanntsich derselbe, solange es geht und wird dann plötzHch, wennder innere Druck zu gross wird, eruptionsartig durchbrochen,wodurch dann die Krämpfe hervorgerufen werden, hierbei wirddurch den Druck auf das Gehirn dessen Funktionsvermögenaufgehoben. Lässt der Gärungsvorgang und damit der Druckallmählich nach, dann tritt auch das Bewusstsein wieder ein,wenngleich sich der ganze Körper mehr oder weniger durchdiesen heftigen Vorgang noch angegriffen fühlt.Der modernen Schule ist die Ursache der Epilepsie bisjetzt unklar gebHeben und infolgedessen eine wirkliche HeüungunmögHch gewesen. Sie hält die Krankheit deshalb wohl fürein Nervenleiden, weü sie mit diesen wenig anzufangen weiss,und mag es wohl schwerHch ahnen, dass alle diese ihr unheübarscheinenden und rätselhaften Krankheiten hauptsäch-Hch ihr eigenes Werk sind, die Frucht einer irre geleitetenWissenschaft, irriger Vorschriften für Gesundheitspflege undihrer somit verkehrten Heilmittel gegen Krankheiten.Bei meiner Methode verlaufen die Heilungen bei Epüepsieje nach der Belastung verschieden. Bei manchen Patientenhören die Anfälle sehr bald.nach Beginn der Kur -allmählichauf, bei andern treten sie anfangs häufiger auf, als wenn alleFremdstoffe erst aus dem Körper heraus müssten, ehe eineHeüung möghch ist, und lassen dann, nachdem die Belastungnachgelassen, allmählich oder auch plötzHch nach, werdenimmer schwächer, bis es schHessHch nur noch Ohnmächtensind und dann nur Schwäche und tTbelkeitsanfäüe, die dannebenfalls bei Fortsetzung der Kur völHg schwinden. Es istdaher bei Beratung solcher Patienten notwendig, dass man sieauf den etwaigen Kurverlauf aufmerksam macht, besonders,


456 Zweiter Teil.wenn man denselben genau durch meine Gesichtsausdruckskundevorhersieht.<strong>Die</strong> Heilbarkeit der Epilepsie hängt aUein mit der Belastungder Patienten zusammen, ist aber in fast allen Fällendurch meine Methode möglich gewesen und nur da sehr langwierigund nicht erreichbar, wo der Zustand des Patientenbereits zu chronisch und alt ist, o*der der Körper und dieVerdauung bereits zu schwer durch die üblichen Medikamente,wie Brom, geschädigt wird, wodurch der Patient schon ganzöder beinahe irrsinnig geworden ist. In diesen Fällen sindschon Zerstörungen in den Nervenverbindungen und im Gehirndurch die Krankheit herbeigeführt, die sich nicht mehrheilen lassen. Viele hartnäckige Fälle haben jahrelangesFortsetzen und genaues Durchführen meiner Kur beansprucht,bis die Krämpfe aufhörten. Mit dem Verschwinden derKrämpfe ist aber noch nicht immer die Belastung des Patientenvöllig gehoben, dies erfordert meist noch sehr viel längereKurzeit, als das Verschwinden der Krampfanfälle selber erforderthat.<strong>Die</strong> Zahl der epileptischen Schulkinder Sachsens betrugnach dem 1889er Jahresbericht des LandesmedizinalkollegiumsEnde des Berichtjahres 795, oder auf 10000 Schüler 13,6.Es ist daher im Interesse der armen leidenden Menschheitsehr zu wünschen, dass endlich die Naturheilmethoden weiterverbreitet würden. (Vergl. Kurberichte HI. Teil.)<strong>Die</strong> Art der Behandlung wiU ich an nachstehenderKrankengeschichte zeigen:Ein neunzehn Jahre altes Mädchen Htt seit sechs Jahrenan schwerer Epilepsie. Jede Woche hatte sie wenigstens zweiAnfälle. Ich untersuchte sie und fand, dass neben ihrer Verdauungauch ihr monatliches Blut völlig in Unordnung war.Nicht ein einziges Mal hatte sie seit dem Auftreten ihrer Menstruationdieselbe in der normalen Weise und der richtigenZeitdauer gehabt. Teüs war sie Monate lang ganz fortgeblieben,teils war sie viel zu oft eingetreten. Dabei war dasarme Mädchen sehr bleichsüchtig, auch in der Anlage bereits


Epilepsie. 457lungenleidend und sie Tiatte einen zu grossen Kopf. Imübrigen lag ihre Belastung noch günstig, so dass ich ihreinen guten Erfolg in Aussicht steUen konnte. Ich machtesie, wen ich sie während ihrer Kur nicht unter Augen habenkonnte, darauf aufmerksam, dass bei ihr voraussichtlich dieAnfalle in den ersten vierzehn Tagen vermehrt, wohl täglichauftreten würden, und dann allmählich immer schwächer werdendund in Ohnmächten und blosse Schwächeanfälle übergehendganz aufhören würden. Meine Vorschriften: reizlosenaturgemässe Diät und Lebensweise und tägUch drei ableitendeReibesitzbäder mit nachfolgender Bewegung in frischerLuft, womögHch bis zur Schweisserzeugung, wurden genaubefolgt und innerhalb drei Wochen war die Patientin dadurchvun aUen AnfaUen befreit, die heute nach drei Jahren nochnicht wiedergekehrt sind. (Dampfbäder sind bei Epüepgie inaUen FäUen zu meiden.) Der Verlauf der Kur war soeingetreten, wie ich es vorher gesagt hatte. Vom zweitenTage ab waren tägUch zwei, auch drei und noch mehr AnfaUeeingetreten, die dann nach 16 Tagen allmähHch in Ohnmächten,SchwächeanfäUe und Übelkeiten übergingen und dannganz aufhörten. <strong>Die</strong>ser rasche Erfolg war deshalb eingetreten,weü die Verdauung der Patientin sich gleich in erfreuHcherWeise hob und auch die Menstruation allmähHch sich wiedernormal einsteUte. In vielen anderen FäUen war eine so rascheHeüung nicht zu erzielen, sondern beanspruchte mehr Zeit undAusdauer.


Rückenmarksleiden (Kückenmarksschwindsncht).<strong>Die</strong>selben treten nur bei Rückenbelastungen ein undsind immer erst Endstadien eines langen chronischen Siechtums.<strong>Die</strong> Anlagen zu diesen Leiden lassen sich bereits 10,auch 20 Jahre, bevor sie selber eintreten durch meine Gesichtsausdruckskundesicher erkennen. Aber auch jeder andere, derdiese Diagnose nicht' kennt, kann die Anlage dazu an ganzbestimmten Erscheinungen erkennen. Lange bevor Patientenan Rückenmarksschwindsucht akut erkranken, treten bei ihnenbereits Jahre lang vorher Erscheinungen auf, die auf eine krankhafteBelastung ihrer Nerven deuten. Namentlich sind esPoUutionen, die sich vielfach einsteüen, gleichviel ob diePatienten verheiratet sind oder nicht. PoUutionen deuten aberstets auf einen chronisch latentenEntzündungszustand der Nerven,namentHch des Rückenmarks und Nervus sympathicus hin,der einzig und aUein durch die Starke Belastung des Rückensmit Fremdstoffen hervorgerufen wird. <strong>Die</strong>ser Entzündungszustandder Nerven macht letztere, wenn er weiter fortschreitet,immer funktionsunfähiger, bis sie schHessHch soweit sind, dassder Patient nicht mehr Herr über seine GHeder ist. Meistenswerden die Beine funktionsunfähig, so dass im vorgerücktenStadium Patienten nicht mehr Herr über ihre Beine sind,zunächst noch sehr beschwert, dann aber gar nicht mehr gehenkönnen. Neben den Pollutionserscheinungen gehen bei vielennoch andere nebenher. Es entsteht bei vielen um den Leibeine Art Gürtel- oder Panzergefühl, das ganz eigenartig ist


Kückenmarksleiden (Rückenmarksschwindsucht). 459und sich sehr verschieden äussert. Ein leichtes Frostgefühlan diesem inneren Panzer oder Gürtel ist häufig. Hervorgerufenwird diese Erscheinung nur durch die panzerartige Belastungdes Leibes mit Fremdstoffen. Im vorgerückteren Stadiumder Rückenmarksschwindsucht treten dann vielfach bUtzartigeauch länger andauernde Schmerzen („Nervenschmerzen") undauch sogenannte Hexenschusserscheinungen auf, die oft sehrlästig und schmerzhaft sein können.Wohl kaum bei zweien werden sich aber die äusserenErscheinungen der Rückenmarksleiden gleichen, und vieleLeiden, die man heute irrtümHcher Weise für ganz anderenUrsprungs hält, entstehen bei gleicher Belastung wie Rückenmarksleiden,z. B. Feitstanz.Was die Heübarkeit der Rückenmarksleiden anbelangt,so ist solche im vorgerückten sogenannten Endstadium oftnicht mehr mögHch. In solchen FäUen ist die denkbargrösste Besserung erreicht, wenn dem Patienten aUe Schmerzenbenommen werden, was sich meist in kurzer Zeit erzielenlässt, ferner, wenn die meist vorhandene SchlaflosigkeitgeMben wird und guter Appetit neben regelmässiger Verdauungeintritt.<strong>Die</strong> Gesichtsausdruckskunde setzt uns nun glückHcherweisein den Stand, dies voU entwickelte Endstadium der Rückenmarksleidennicht erst abwarten zu müssen, sondern bereitslange, vieüeicht 20 Jahre früher, mit der sicheren Abwehr dagegenbeginnen zu können. Wir meinen, dass dies gerade derGesichtsausdruckskunde ihren hohen Wert verleiht. In ihremAnfangsstadium sind die Rückenmarksleiden geradeso leichtheübar, wie viele andere unscheinbare Krankheiten. Kommendagegen Rückenmarksleiden in unsere Behandlung, wenn ihrLeiden voU entwickelt ist, so ist es von ihnen unbilHg, etwaszu verlangen, was unmögHch ist. Geradeso wie sich ein inheUen Flammen stehendes Haus meist nicht mehr löschenlässt, wenn der Brand schon zu weit vorgeschritten, so istes bei solchen Patienten.In meiner Behandlung sind vi|le Rückenmarkskranke


460 Zweiter Teil.gewesen, aUe haben sie Heilung oder wenigstens gewisse Besserungund Linderung ihres Zustandes erreicht, die ihnen keineandere Heilmethode bringen konnte und doch waren viele unzufrieden,weil sie eine völlige Heilung nicht mehr erreichenkonnten, sie hielten die Methode für unvollkommen, währenddie Unvollkommenheit einzig und allein in ihrem eigenenKörper unPdem viel zu weit vorgeschrittenen Krankheitszustandelag.Ich will aus meiner tägHchen Praxis hier zwei Heüberichtefolgen lassen, die das Gesagte noch genauer veranschaulichenwerden.Vor neun Monaten kam ein junger Mann in meine Behandlung,der auf beiden Beinen vollständig gelähmt war infolgeRückenmarksleiden. Sein Rückenmarksleiden war natüilicherst das Endstadium vorhergegangener, ungeheilter, latentgewordener anderer Leiden. Kaum 24 Jahre alt, war er nichtmehr Herr über seine Beine. Er hatte das Gefühl, als gehörtensie gar nicht mehr zu seinem Leibe. Er war nicht imstände, die leiseste Bewegung mit den Beinen auszuführen, auchkonnte er nicht mehr stehen. Hilflos lag er beständig imBette oder er sass in seinem Fahrstuhl. Seine Verdauraiglag vollständig danieder. Stuhl war auf natürlichem Wegeüberhaupt nicht zu erreichen, und der Urin ging willenlosab, ohne dass es Patient fühlte. Wurde er in seinen Fahrstuhlgesetzt, so mussten ihm seine Beine zurechtgelegtwerden, weil er selber nicht die geringste Bewegung damitausüben"konnte. ^Nachdem dieser Patient bereits über einJahr alle anderen «Heilmethoden ohne Erfolg versucht, kamer in meine Behandlung. Er machte täglich vier Reibesitzbäderund genoss nur trockene naturgemässe Kost. Der Erfolgwar folgender. Im ersten Monat war noch nicht die geringsteBesserung wahrzunehmen, namentHch war die Verdauung nochebenso schlecht wie vorher, so dass ich selber kaum mehr aneinen Erfolg glaubte. Im zweiten Monat begann sich sehrallmählich die Verdauung zu bessern. Jedoch bedurfte esnoch mehrerer Monate^ bis dieselbe normal wurde. Nach


Rückenmarksleiden (ßückenmarksschwindsucht). 461einem halben Jahr konnte Patient das Wässer wieder halten.Auch waren zu dieser Zeit seine Beine soweit gebessert, dasser sie wieder etwas bewegen konnte, auch konnte er bereitsmit Hilfe seines Wärters wieder etwas stehen. In neun Monatennun ist er soweit gekommen, dass er mit Hilfe seinesWärters wieder etwas im Zimmer herumgehen kann, so dassin Jahr und Tag zu erwarten steht, dass er wieder völlig geheiltwird. <strong>Die</strong>ser Fall zeigt recht deutlich, wie schwierigund langwierig eine Heilung bei einer so schweren und weitvorgeschrittenen Rückenbelastung zu erzielen möglich ist. ImAnfange dieser Kur habe ich lange Zeit geglaubt, Patientwürde niemals den geringsten Erfolg erreichen, weil seineVerdauung sich gar nicht mehr bessern wollte, und nur derausserordentlichen Ausdauer dieses Patienten ist der schliessliche-Erfolg zu verdanken gewesen. Wäre dieser Patient abernicht in einem so weit vorgeschrittenen Stadium seiner Erkrankungzu mir gekommen, sondern bereits früher, als ernoch etwas gehen konnte, es wäre niemals zu einer völligenFunktionsunfähigkeit seiner Beine gekommen, und Heüungwäre weit schneHer eingetreten.* Noch einen andern FaU aus meiner Praxis. Vorca. vier Jahren kam ein Herr (47 Jahre alt) in meine Behandlung,der schon seit längeren Jahren erfolglos an Rückenmarksschwindäuchtbehandelt worden war. Sein Zustand warein bereits weit vorgeschrittener. Er konnte wohl noch gehen,aber nur schwer. Nebenbei wurde ör häufig vom Hexenschussund andern blitzartig auftretenden Schmerzen befallen, wobei "•er stets laut zu schreien anfing. Schlaf war ungenügend undoft gar nicht zu finden. Verdauunge|Äormal. AUgemein-J^befinden schlecht. <strong>Die</strong>ser Patient hatte bereits in den erstenMonaten seiner Kur die Erfolge, dass er die qualvolleSchlaflosigkeit mit normalem Schlafe vertauscht hatte, dasser ferner alle seine Schmerzen vollständig los war, einebessere Verdauung und auch sonst manche Vorteile erreichthatte. Sein beschwertes Gehen war indessen noch nicht bessergeworden, und so glaubte er, dass noch gar kein Erfolg ein-


462 Zweiter Teil. Bückenmarksleiden.getreten sei, weü er seine früheren Schmerzen und seine Schlaflosigkeitimmer nur für ein besonderes Leiden gehalten hatteund glaubte, dass diese in keinem Zusammenhang mit seinemRückenmarksleiden ständen. Nebenbei wurde es diesem Patientenäusserst schwer, meine diätetischen Vorschriften zu befolgenund so hörte er nach zehnmonatHchem Gebrauch wiedermit meiner. Kur auf. FreiHch wurde dann sein Zustand sehrbald hoffnungslos.Aus diesem Kurberichte ist sehr deutHch das geringeVerständnis heraus zu erkennen, das dieser Patient über seineneigenen Zustand und die Wirkungen meiner Kur hatte. Erhätte es als einen grossen Erfolg ansehen müssen, dass seinLeiden während der Kur erstens nicht schlechter wurde, unddass ferner alle die lästigen Begleiterscheinungen seines Zustandesschon in kurzer Zeit beseitigt waren. Aber so istes, reicht man dem Ertrinkenden einen Finger, so dass er sichdaran über Wasser zu halten im stände ist, so verlangt er dieganze Hand und hält den Finger für nichts. So suchte auchdieser Patient die UnvoUkommenheit seiner Heüung einzigund aüein in meiner Kur, ohne nur daran zu denken, dassdieselbe einzig und allein in seinem bereits zu weit vorgeschrittenenZustande lag.Einen weiteren FaU von geheüter Rückenmarksschwindsuchtsiehe Kurberichte HI. Teü.


Kopfschmerzen, Migräne, Gehirntnberknlose,Gehirnentzündung, Hämorrhoidalleiden.Wohl mancher wird sich im ersten Augenblicke wundern,wenn ich scheffibar so verschiedenartige und entgegengesetzteLeiden, wie Kopf- und HämorrhoidaUeiden in einem Abschnittezusammenfasse. Im Laufe der Abhandlung werden wir sehen,wie diese scheinbar entgegengesetzten Leiden aus einer QueUeentspringen. Wie ich bereits an anderer SteUe erwähnte, hatman den Herd der Krankheit immer nur da gesucht, wo sichgerade Schmerzen fühlbar machten. Das ist aber gerade beiaUen Kopfleiden ein arger Irrtum, denn diese haben stets ihrenUrsprung im Unterleibe und wurden erst nach dem Kopfegetragen, nachdem schon jahrelang im Unterleibe die ursäch-Hchen Leiden sich entwickelt hatten. <strong>Die</strong> Kenner meiner Gesichtsausdruckskundesind in der Lage, die Entwickelung der Kopfleiden,ihr Herannahen, lange bevor die Kopfschmerzen selbereintreten, beobachten zu können. Ebenso lässt sich die Anlagezu rechts- oder linksseitiger Migräne mit Sicherheit schonjahrelang vorher erkennen, desgleichen die .Anlage zu Gehirnenteündungund Gehirntuberkulose. Migräne entsteht nur beirechts- oder linksseitiger Belastung des Körpers mit Fremdstoffen,wenn dieselben bis in den Kopf hineingetragen'sindund das Gehirn bedrängen. <strong>Die</strong> schwersten Kopfleiden, diezu Gehirnentzündung und Gehirntuberkulose führen, entstehenaber bei fRückenbelastung. Bei aUen Kopf leidenden beobachtenwir oft schon jahrelang vorher eine unnormale Verdauung,


464 Zweiter Teil.meist Verstopfung und Hartleibigkeit. Besonders häufig findenwir dabei Hämorrhoidalleiden und Hämorrhoidalknotenbüdungenund überhaupt Knotenbildungen im Unterleibe. Heutefinden wir bereits diese Erscheinungen häufig bei Kindern. Wirbeobachten dann, wie die Hämorrhoidalknoten und anderenKnoten im Unterleibe zuweilen plötzlich verschwenden, undsehen, wie jetzt die Betreffenden auf einmal kopfleidend werden.Wer genau beobachtet, wird in diesen FäUen auch stetsganz bestimmte Veränderungen des Kopfes herausfinden, denndie früher im Leibe befindlichen Knoten sind jetzt nach demKopfe getragen und erscheinen hier, wenn auch viel kleiner, sodoch viel härter und sind bei vielen auch bereits äusserlichmeist zu beiden Seiten am Hinterkopfe deutHch fühlbar undsichtbar.Wo es dem Körper nicht gelingt, diese Knoten nach demKopfe zu schaffen, da sehen wir sie dann auf dem Wege dahin,z. B. am Halse, unter den Armen und der Brust abgelagert.Man darf, sich diesen Vorgang nicht abei* etwa sovorsteüen, als wenn der Knoten vom Leibe nach oben dieseWanderung in seiner runden festen Form anträte, das ist nichtder Fall. Er wird zu diesem Vorgange vom Körper vielmehrin eine dies Ziel erreichbare gasförmige, flüchtige,also transportfähigeForm umgewandelt, in welcher er gemäss den Gärungsgesetzenim Körper von selber gerade nach dessenäussersten Enden, also hier dem Kopfe, streben kann, ohne 'durch das Körperinnere dadurch wesentHch gehindert zu werden.Man denke sich diesen Vorgang so wie auf Seite 123beschrieben. Sobald die Knoten aber sich im Kopfe wiederzusammengezogen haben, dann ist der Zustand geschaffejp, dendie Schulmedizin Gehirntuberkulose nennt, denn während manvorher nur Hämorrhoidalknoten oder andere Unterlefbsknöten,namentlich die viel verbreiteten Knoten in den Leisten, vorgefundenhätte, findet man jetzt die richtigen Tuberkelknotenim Gehirn vor. Der Weg der Heüung bringt uns aber auchzugleich den Beweis für die Richtigkeit dieser Behauptungen.Sobald wir durch meine ableitenden Bäder die Knoten im•> y


•* Kopfschmerzen, Migräne, Gehirrituberkulose etc. 465Gehirn zur Auflösung und Rückbildung zwingen, sehen wirsie zunächst oben im Kopfe schwinden, dann aber zunächstwieder als Hämorrhoidalknoten oder auch als andere Knotenim Unterleibe, also in ihrer ursprünglichen Form, erscheinen.Aber erst wenn sie dann hier zur vollständigen Auflösungund Ausscheidung gebracht ^ind, ist auch die Anlage zu Kopfleidenbeseitigt. Nun dlirf aus dem Gesagten aber nicht gefolgertwerden, dass in jedem Falle Hämorrhoidalknoten dieDisposition zu Kopf leiden Hefern oder das jedes Hämorrhoidalleidenunbedingt Kopfschmerz nach sich ziehen müsse. Wirbeobachten auch Hämorrhoidarier, die ihr lebenlang nichtüber de» Kopf klagen. Das hängt nun ledigHch mit der verschiedenenArt der Belastung zusammen.Bei Vorder- und Seitenbelastungen können die Knotennicht so leicht nach dem Kopfe gelangen. Drängen sie beisolcher Belastung nach oben, so kommen sie meist als Drüsenund Knoten am Halse und in den Lungen zur Ablagerung,während sie bei Rückenbelastungen ihren Weg am leichtestennach dem Kopfe nehmen können und dann die schwerstenKopfleiden schaffen. Durch meine Gesichtsausdruckskunde sindwir nun schon jahrelang vorher in der Lage, die Wege genauerkennen zu können, auf welchen die Knoten und die Fremdstoffeeinst ihren Weg nach dem Kopfe nehmen werden. Sindaber, 1 wenn man dies ungehindert hat geschehen lassen, erstKnotenablagerungen im Gehirn entstanden, dann ist damitauch die Disposition zu Gehirnentzündung vorhanden. Esdarf dann nur eine plötzHche Umwandlung (Gärung) derFremdstoffe oder Auflösung der Knoten stattfinden und einhochgradiger Fieberzustand in ihrer Umgebung, also in diesenFäUea im|Kopfe, ist die Folge und dann nennt die gelehrteSchulmedizm diesen Zustand Gehirnentzündung, vor der siemit allen ihren Mitteln hilflos dasteht. Jetzt werden meineverehrten Leser den'Zusammenhang bemerken, den gerade dieKopfleiden mit dem Unterleibe haben, denn nicht nur solcheschwere FaUe wie Gehirntuberkulose haben ihre Entstehungsursacheim Unterleibe, sondern auch aUe kleineren KopfleidenLouis Kühne, <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong>, 30 _


466 Zweiter Teilbis zum geringsten Kopfschmerz herab. Nur Hegen beim letzterennoch nicht so schwere Unterleibsleiden. zu Grunde, mitunterauch nur vorübergehende.Der Beweis für die Richtigkeit des Gesagten ist abernirgends rascher und schlagender zu erbringen, als gerade beiKopfleiden, Migräne, Kopfschmerzen, Gehirntubea&ulose undGehirnentzündung, denn nirgends treUen die Erfolge bei unsrerBehandlung so handgreiflich zu Tage, wie gerade bei diesenZuständen. Wir sehen daraus, wie die Ursache aller dieser Leidenimmer nur aus dem Unterleibe hervorgeht, denn sonst könntensie nicht sofort besser werden, sobald man sie mit Hintansetzungjeder lokalen Behandlung nur am Unterleihe durchmeine ableitenden Reibesitzbäder behandelt. IJer Grund, dassdadurch diese Leiden so schnell, schwinden, ist einzig undaUein darin zu suchen, dass wir durch meine Behandlung dasÜbel sofort an seiner Wurzel fassen.So habe ich bei Tausenden, die ich an Kopfleiden behandelte,die Beobachtung gemacht, dass. selbst die^heftigstenKopfschmerzen und Migräne-Anfälle durch ein Reibesitzbadsofort zu beseitigen waren. Wenn mich in solchen FällenDamen konsultierten und ich ihnen "sagte, sie soüten nurgleich ein Reibesitzbad machen, und ich hoffte, dass dabeiinnerhalb einer halben Stunde ihr Kopfschmerz im Wasserliegen würde, so hat mich dafür schon manche schöne Patientinverständnislos ausgelacht, erst nach dem Bade hatte siebegriffen, was ich ihr hatte sagen woUen.Da, wo indessen Kopfleiden bereits jahrelang bestandenhaben und durch eine schwere Belastung hervorgerufen wurden,darf man nicht erwarten, dass nun schon nach dem erstenBade alle Kopfschmerzen aufhören werden, das ist undenkbar,denn der früher entstandene Zustand muss sich jetzt rückwärtswieder aufrollen und dabei bleibt auch mancher wiederkehrendeKopfschmerz den Patienten nicht erspart, ja es kommendieselben dann vielfach gerade infolge der Bäder, weil gerade 1durch diese der Aufrollungs- und Rückbildungsprozels bewerkstelligtwird. Doch ich will zu einem Beispiele aus meiner


Kopfschmerzen, Migräne, Gehirntuberkulose etc. 467aUtägHchen Praxis greifen, um daran dfese Vorgänge noch genauerzu zeigen.Vor Jahren behandelte ich einen siebzehnjährigen Jüngling,dessen Vater im Alter von 39 Jahren an Gehirntuberkulosegestorben war. Der Patient war schon mit einer schlechten Verdauungau£ die Welt gekommen. Dann hatten sich bereitsim elften Lebensjahre Hämorrhoidalknoten und Hämofrhoidalbeschwerdenund damit verbundene Blutungen durch den Darmeingesteüt, die den Knaben sehr quälten. Im fünfzehntenLebensjahre schwanden dann aUmähHch aUe Hämorrhoidalknotenund Beschwerden, dafür begannen jetzt für den armenKnaben, die fürchterHchsten Kopfschmerzen, gegen die sich alleMittel erfolglos-geigten. Sehr bald zeigten sich auch äusserlicham Hinterkopfe fühlbare und sichtbare harte Knoten vonHaselnussgrösse, auch hatte der ganze Kopf ein gegen früherverändertes, umfangreicheres Aussehen, man sah deutlich, dassdas ganze Verhältnis des Kopfes zum übrigen Körper ein ganzanderes geworden war als früher. Jeder hatte die Empfindung,dass jetzt in dem Kopfe des Knaben etwas stecke, wasnicht hinein gehöre, und was auch früher nicht darin gewesenwar. Das sah jeder, der den Knaben kannte, und doch ahnteniemand, dass die früher im Leibe befindHchen Hämorrhoidalknotenjetzt in weit härterer und zusammengedrängterer Formim Kopfe als Tuberkelknoten vorhanden waren. <strong>Die</strong> schreck-Hchsten Kopfschmerzen legten dafür aUein ein beredtes Zeugnisab, das^man leider nicht verstand. <strong>Die</strong> besorgte Muttersah bei ihrem Kinde bereits in diesem jugendlichen Alterdasselbe Leiden mit unerbittHcher Strenge auftreten, anwelchem sein Vater erst im 39. Lebensjahre gestorben war.Da keine Heüweise gegen dies schwere Leiden ein erfolgreichesMittel hatte, so nahm das Übel* immer mehr überhand, sodass der junge Mann infolge^ der Kopfschmerzen oft vöÜig arbeitsunfähig,war und ohnmächtig wurde. In diesem Zustandebrachte ihn die Mutter in meine Behandlung. Der Zustandwar ein bereits weit vorgeschrittener, so dass, da Rücken?belastung vorlag, täglich der Ausbruch einer Gehirnent-30*


468 Zweiter Teil. Kopfschmerzen, Migräne, Gehirntuberkulose etc.JA;entzündung zu gewärtigen war. Ich verordnete täglich vierableitende Reibesitzbäder neben völlig reizloser, naturgemässerDiät, und daneben viel Aufenthalt in frischer Luft und Bewegungim Freien. Das Resultat war folgendes. Schon in derersten Woche hörten die Kopfschmerzen auf, und traten dannnur noch, wenn sieh Tuberkelknoten im Kopfe lösten, vorübergehend*auf. Verdauung und Appetit" hatten sich ebenfaüs gebessert.Bereits nach dem zweiten Monat .konnte man deutlicheine Abnahme der äusserlich am Kopfe fühlbaren Knotenbemerken, womit eine Abnahme der im Innern des Kopfesbefindlichen Knoten Hand in Hand ging, denn der Kopf warjetzt bereits ebenfalls gegen früher verhältnismässig kleiner^geworden. In weiteren zwei Monaten war diese Abnahme nochdeutlicher bemerkbar und in einem halben Jahre war von denKnoten am Kopfe nichts mehr zu spüren. Jetzt aber kamdie Mutter mit diesem Patienten wieder zu mir und teilte mirmit, dass es wieder schlechter gehe, denn das schon seit Jahrenbeseitigte Hämorrhoidalleiden sei wieder in seinem ganzenUmfange eingetreten. Ich erklärte der guten Frau jetzt, dassdies unvermeidlich sei, denn die vorher im Kopfe gewesenenTuberkelknoten seien von dort heruntergekommen und zeigtensich, jetzt wieder in ihrer früheren Form als Hämorrhoidalknoten,aus welchen die Kopf knoten erst entstanden seien.Von der Gehirntuberkulose sei ihr Sohn jetzt dadurch befreitund es sei nur noch nötig, auch die fernere Anlage dazu,das Hämorrhoidalleiden zu beseitigen. Das leuchtete der Frauein, sie Hess ihr Kind die Kur weiter machen und hatte dieFreude, dass es in Jahresfrist aueh von dem Hämorrhoidalleidenvöllig befreit war.r


Krätze, Würmer, Bandwnrm, Parasiten.Wohl kaum hätte ich jemals die Feder ergriffen, um hochbesonders über dies Thema meine Erfahrungen niederzuschreiben,wenn mich nicht die aUgemein herrschende Unkenntnis gerade"auf diesem Gebiete dazu herausforderte. Als ich vor Jahren imAuslande am Krankenbette eines hohen Patienten weilte, zudessen Behandlung vorher vierzehn der berühmtesten JüngerÄskulaps berufen worden waren, ohne helfen zu können, undmeine Erfolge, die ich sofort erzielte, diese Ärzte ohne weiteresentbehrüch machten und nebenbei in Verlegenheit setzten,richtete einer unter ihnen, einer der bedeutendsten Professoren,an mich folgende Frage: „Ihre grossen und geradezumerkwürdigen Erfolge an unserm Patienten — es handelte sichum Krebsleiden — gönnen wir zwar nicht begreifen, aberauf der andern Seite, da wir sie selber gesehen,%ncht inAbrede steUen, aber was würden Sie z. B. bei-Krätze thun,wenn Sie, wie Sie sagen, kein anderes Mittel zuxJIeüungbesitzen als nur diejenigen, welche Sie bei ihrer Behandlunghier in-Anwendung gebracht haben?" „Das ist sehr einfach,"antwortete ich dem gelehrten und wissbegierigen Professor.„Zunächst ist es notwendig, »wenn wir Krätze heüenwoUen, dass wir wissen, unter, welchen Bedingungen die Krätzmübeexistie^ und dass wir ihr eigentliches Wesen kennen.Mit einem Worf^esagt, wollen wir Krätze heüen, so müssenwir sehen, unter welchen Bedingungen Krätze entsteht, gedeihtund vergeht."


470 - Zweiter Teil.„Sehen wir doch, wie im Frühling oft ein einziger warmerTag MilHarden von Raupen auf das junge Grün der Bäumehervorlockt und existenzfähig macht. Wir sind entrüstetdarüber, dass das schöne Laub so vor unsern Augen abgefressenwird, können aber nicht helfen, weil wir kein Mitteldagegen kennen. Da kommt eine einzige kalte Nacht undalle Schmarotzer sind spurlos verschwunden, so plötzlich wiesie gekommen. <strong>Die</strong> Natur hat in einer einzigen Nacht nurdurch Temperaturherabsetzung vollbracht, was uns unmöglichschien. Ganz ähnlich ist es aber mit aUen anderen Parasitenund Schmarotzern ebenfalls. Zunächst sind solche Parasitenwie Krätzmilben und Würmer nur da existensfähig, wo sieden geeigneten Nährboden finden. Man wird sie daher nurauf oder in kranken Körpern finden. Auch gehören zu ihrerExistenzfähigkeit stets krankhaft veränderte Temperaturen imKörper. Sobald es uns daher geHngt diese unnormalen Temperaturenwieder zu normaHsieren und zugleich die schlechtenSäfte aus dem Körper zu schaffen, ist auch mit einem Schlagedie MögHchkeit zum weiteren Gedeihen dieser Schmarotzergenommen, und wir werden sie überraschend schneU schwindensehen, wenn sie auch vorher beharrHch jedem Mittel trotzten."„<strong>Die</strong>se TemperaturnormaHsierung ist aber, wie bereits erwähnt,in hervorragender Weise durch meine ableitendenBäder erreichbar, so dass wir auch bei solchen Leiden zu demübeirasclfenden Schlüsse kommen, dass auch sie durch dasselbeschon immer %rwähnte Mittel heübar sind, welches Krebs undalle andejm Leiden zu heüen im stände ist."<strong>Die</strong>se* Erklärung hatte der Professor sicher nicht erwartet,denn er kam dadurch sichtHch in Verlegenheit, während ervorher geglaubt hatte, mich in eine solche zu bringen.Was von der Krätzmilbe gilt, gut von aUen Würmern,also von dem Bandwurm ? ebenfalls. Desgleichen von der sovielfach gefürchteten Filzlaus.. Graue Salbe {Quecksilbersalbe),die man viel dagegen anwendet, ist ein gänzlich unzureichendesgesundheitsschädHches Mittel, dagegen leisten meine ableitendenkühlen Rumpfreibebäder hier erstaunliches. Einige Bei-


Krätze, Würmer, Bandwurm, Parasiten. 471spiele aus meiner Praxis werden das noch deutlicher zeigen:Seit einem Jahre befindet sich ein Herr in meiner Behandlung,der, als er in dieselbe kam, am Rande des Grabesstand. Neben schwerem Nerven- und Verdauungsleiden plagtenihn Eingeweidewürmer aller Art. Sein Stuhl gärte bereitsim Innern seines Leibes und sass voll kleiner Würmer. Seinganzer Körper war gewissermaassen in Auflösung begriffen.Er sah aus wie ein herumwandelndes Skelett.^So begann erauf eigene Faust sehr energisch meine Kur. Der Erfolgwar über alle unsere Erwartungen günstig. Schon in einemMonat waren aUe Würmer beseitigt und in einem Jahr war au,sdiesem Todeskandidaten wieder ein lebensfroher, aibeftstüchtigerMann geworden. r -<strong>Die</strong> Würmer hatten sich nur infolge der inneren Zersetzungund krankhaften Verdauung eingefunden und schwanden ebensoschnell wieder, nachdem der Zersetzungsprozess infolge bessergewordenerVerdauung schwand. Durch die innere Kühlungdes Körpers mittels der Reibesitzbäder wurde die Temperaturim Innern des Körpers derart heruntergesetzt, dass die Mög-Hchkeit der weiteren Existenz für die Würmer dadurch aufgehobenwar. Wir beobachten hier einen ähnlichen Vorgang,wie bei den schon vorher erwähnten Raupen, was die Naturim Grossen schuf, sehen wir hier im kleineren Maasstabewieder.So war in einem anderen Falle ein Patient von 17 Jahrenin meiner Behandlung, der schon seit Jahren^ aücKrätze Htt.Er hatte alle Mittel, welche man in den KHniken undJKrankenhäuserndagegen wusste, durchprobiert, ohne den geringsten Erfolgzu haben, so gab ihm ein hiesiger Professor scherzhafterWeise den Rat zu mir zu gehenf da er kein Mittel mehr wisse.Der Patient befolgte diesen Rat m^seiner Not, da er wohl eingesehenhatte, dass ihm mit Medikamenten* nicht zu helfen sei.Wohl hatte er aus dem scherzhaft höhnischen Tone des.Professorskeine EÄÜtigung entnehmen (können, .aber die eiserneGebieterin, die „Not", trieb ihn zu mir. Seine Hände undArme sahen schrecklich aus. Ich steUte zunächst durch meine


472 Zweiter Teil. Krätze, Würmer, Bandwurm, Parasiten.Gesichtsausdruckskunde fest, dass dieser Patient schon seitJahren an einem chronischen Unterleibsleiden, hervorgerufen vonmangelhafter Verdauung, leide und dass durch die dabei entstehendeBildung schlechter Säfte und unreinen Blutes auchder Nährboden für die Krätze geschaffen war. Man könntedie Krätzmilbe sehr wohl auch mit einem Bacülus vergleichen.Was der Bacillus im kleinen, ist die Krätzmilbe im grössernMaassstabe, ^uch sie ist nicht die Ursache der Krankheit,sondern nur das Produkt der Krankheit, denn ohne den geeignetenNährboden kann sie nirgends existieren.Ich verordnete diesem Patienten tägUch vier Reibesitzbäderneben trockener naturgemässer Nahrung und wöchentHchzwei Dampfbäder.."Schon innerhalb der ersten Woche hatte sich die seitJahren A daniederHegende Verdauung normalisiert, und mankonnte deutHch wahrnehmen, wie dadurch der Krätzmilbe derrichtige Nährboden entzogen wurde. Unterm Mikroskopkonnte man es deutlich erkennen, dass jetzt die Tiere kränkelten.Vorher kränkelte der Schmarotzer träger, jetzt bereits dieSchmarotzer selber. <strong>Die</strong>ser Zustand schritt beständig fort, bisinnerhalb dreier Wochen nur noch vereinzelte Krätzmilbenund in der : vierten Woche keine Spur mehr davon zu findenwar. Wer jetzt aber meinen Patienten sah, der konnte nichtumhin, anzuerkennen, dass er auch in seinem ganzen Äussernweit "gesünder als früher aussah. Wir sehen, wie in diesemFalle die Natur des Kranken selber das geschafft hatte, wasalle Kunst der staatHch approbierten Medizin nicht zu leistenvermöchte, und wie zu diesem merkwürdigen Erfolge, wie derProfessor es nannte, nur eine naturgemässe Diät und Herabsetzungund NormaHsierung der Körpertemperatur genügte,also nur einfache und natürliche, jedermann verständliche undbegreifliche Dinge. *


Schlnssbetrachtnngen znm zweiten Teil.Wenn ich vorstehende Abhandlungen über die verschie?densten einzelnen Krankheiten ausführlicher besprochen habe,so habe ich damit nur einem aüseitigen Wunsche Rechnunggetragen. Streng genommen war es nicht notwendig, dennda alle Krankheiten eine Ursache haben, musste auch vielfachwieder dasselbe gesagt werden. Vielleicht dienen aber dieEinzeldarlegungen doch dazu, den Einheitsgedanken fass-Ucher zu machen. Mit dem Momente, wo ich es durchmeine Praxis unwiderlegHch bewiesen hatte, dass aUe Krankheiten,gleichviel welchen modernen Namen dieselben von denMedizinern erhalten haben, auf eine einheitUche Uisache zurückzuführensind, mithin das einheitUche Wesen aller KrankheitenfestgesfeUt hatte, verloren selbstverständHch aUe Krankheitsnamenund jede Klassifizierung der Krankheiten, wie sie vonder modernen Schule gelehrt werden, ihre Bedeutung für uns,weil wir sie nicht mehr brauchen. Sie existieren für uns nurnoch dazu, bestimmte Krankheitsformen oder -Zustände auszudrücken.Es giebt für mich und meine Anhänger und aUe, die eswerden woUen, immer nur eine einzige Krankheit, gleichviel obdieselbe ihre Erscheinung am Kopfe, am Rumpfe, den Beinenoder den Armen hat. Meine ganze Heümethode, aUe meineEntdeckungen basieren nur auf dem Erkennen und der Nutzbarmachungdieses bis jetzt unbekannten, aber immer schondagewesenen Naturgesetzes. Eine Dampfmaschine ist wohl


474 Zweiter Teü.verbesserungsfähig, die Dampfkraft selber aber nicht, weil dieselbenur auf einem unabänderlichen Naturgesetze beruht.Ebenso ist es mit meiner Methode: dieselbe beruht ebenfaUs aufeinem unabänderHchen Naturgesetze; sie selber wird nicht zuändern sein, höchstens ihre Anwendungsform.Ich lege nicht den Wert darauf, wie die moderne medizinischeWissenschaft, zu ermitteln, welches Organ erkrankt ist.Ist der Körper krank, so brauchen wir bei meiner Methode nichterst zu fragen, wo sitzt die Krankheit und wie heisst sie, dennwir wissen, alle Leiden haben nur eine gemeinsame Entstehungsursacheund daher auch nur einen Weg zur Heilung. Mir kommtes vor allen Dingen darauf an, es durch meine Methode dahin/zu bringen, dass die Patienten von ihrem Körper nichts fühlenund sie .nicht empfinden, dass sie diese und jene Organe in sichtragen; wer erst fühlt, wie diese und jene Organe funktionieren,ist bereits krank. Ein gesunder Mensch fühlt überhaupt nicht,dass er einen Körper hat. Das ist das Ziel, nach dem ichbei Behandlung meiner Patienten strebe, und nicht genug kannich daher immer und immer wieder darauf hinweisen, dass aUeKrankheitsnamen gleichgültig und wertlos sind.<strong>Die</strong> Erkennung jenes immer schon dagewesenen, bis jetztaber unerkannten Naturgesetzes hat uns glückHcherweise einengrossen Schritt weiter und endlich Licht in die Nacht desKrankheitselends gebracht. Geradeso aber, wie wir der tausendfachenverschiedenen Lampen einer Grosstadt beim Sonnenaufgangnicht mehr bedürfen, weü das eine SonnenHcht diefrühere Dunkelheit weit mächtiger erhellt, so brauchen auch alleKenner der <strong>neue</strong>n Heüwissenschaft die vielen tausend Krankheitsnamenund Heilmittel der modernen Schule nicht mehr. Dennmein einziges Mittel zur Heilung all dieser Krankheiten heiltdieselben weit schneUer und sicherer, als alle anderen tausendfachverschiedenen Mittel der modernen Schule, der treffendsteBeweis, dass die Einheit der Krankheit kein Jrrtum ist.Um aber diesen, gerade wegen seiner unendlichen Einfachheitfür sehr viele doch so schwer begreiflichen Einheitsgedankennoch verständHcher und leichter fassHch zu machen,


Schlussbetrachtungen. 475habe ich bei den am weitesten verbreiteten und allgemeinstenKrankheiten die Zurückführung auf ihre einheitUche Ursachenoch in den einzelnen FäUen vorgenommen, und habe michdabei bemüht, neben den dabei unvermeidHchen Wiederholungen,doch in jeder Abhandlung einige <strong>neue</strong> Gesichtspunkteund <strong>neue</strong> Gedanken zu entwickeln, so dass ich hoffen darf,dass auch die langjährigen Kenner meines Verfahrens, darinvieles Neue und Interessante finden werden.Wenn mir auch persönlich, nachdem ich die Einheit allerKrankheiten bereits in den ersten Artikeln vorgeführt habe,das Eingehen auf die verschiedenen Krankheistförmen und somitauf die verschiedenen Krankheitserscheinungen selber nur unsympathischsein konnte, so musste ich mir auf der andernSeite doch auch wiederum sagen, dass, wenn ich etwas Neuesan die Stelle von etwas Altem setzen will, ich das Verständnisdafür auch in der den aUgemeinen Fähigkeiten am geeignetstenund am meisten entsprechenden Weise erregen musste.Kaum war die erste Auflage dieses Buches in die Welthinausgegangen, da musste ich bereits die Erfahrung machen,dass der Einheitsgedanke vorläufig doch noch bei seiner völligenNeuheit vielen darin nicht klar genug für alle KrankheitsfäUezu ersehen war. <strong>Die</strong>sem -Übelstande hoffe ich mit der zweiten,dritten, ganz besonders aber mit der vierten Auflage abgeholfenzu haben.Mir selber aber, der ich jetzt auf eine immer längerePraxis zurückblicke, kann gar keine grossere Genugthuung er^>wachsen, als wenn ich täglich aufs <strong>neue</strong> sehe und höre, wiesich alle meine Lehren und Theorieen immer wieder und immerwieder bestätigen. <strong>Die</strong>se Genugthuung allein giebt mir die Kraftzum unaufhaltsamen Vorwärtsarbeiten, und ich kann wohlsagen, in kaum geahnter Weise habe ich diese Genugthuungals Lohn für alle Anfeindungen geniessen dürfen.


DritterTeil.Vorwort z'n den Knrberichten.Indem ich hier nachstehende .Kurberichte und Original-,Dank- und Anerkennungsschreiben eines kleinen Teiles meinerPatienten der Öffentlichkeit übergebe, fühle ich mich veranlasst,denselben noch einige Bemerkungen vorauszuschicken.Ich bin mir wohl bewusst, dass die Veröffentlichung von Kurberichteneinerseits das Anstandsgefühl und die gesellsehaft-Hchen Rücksichten berührt, anderseits aber auch bei manchemden Verdacht des Kurmittelschwindels erregen könnte, der jaausschliesslich durch zweifelhafte Kurberichte und Dankschreibenbis zu seiner augenbHcklichen Höhe erfolgreich betriebenworden ist.<strong>Die</strong> überaus grosse Dankbarkeit aU meiner geheüten Patienten,sowie der jedem edleren Menschen innewohnendeTrieb, seinen Mitmenschen nach Möglichkeit zu helfen, Hessenneben diesem Triebe, der stärker als alle anderen Rücksichtenmeine Kurgäste beseelte und aus ihnen glühende Anhängermeiner Lehren machte, keine weiteren Rücksichten aufkommen,und so wurden mir von aUen Seiten, mehr als ich es jemalserwarten durfte, bereitwilligst Kurberichte, Dank- und Anerkennungsschreibenzugestellt, meist mit der ausdrücklichenWeisung, davon so viel und weit als zur Förderung meinerSache erforderlich sei, Gebrauch zu machen.<strong>Die</strong> Neuheit meiner Entdeckungen und meiner ganzenMethode, welche oft das gerade Gegenteil von allem bis jetzt


Vorwort zu den Kurberichten. 477auf dem Gebiete der Heilkunst Dargebotenen lehrt, verlangteauch gebieterisch nach unwiderlegHchem Beweismaterial, wennsie in weiteren Kreisen Verbreitung finden sollte. Und um diesenZweck zu erreichen, blieb mir kein anderer Weg übrig, alsan der Hand kontrolüerbarer Beweise in Form von Kurberichtenund Anerkennungschreiben meine <strong>neue</strong>n Lehren zu begründen.Auch bei dieser Auflage ist dies Beweismaterial noch nichtzu entbehren. Ich mache daher noch ausdrücklich daraufaufmerksam, dass ich auf Wunsch Namen und Wohnung allervon mir in diesen Kurberichten aufgeführten Patienten nennenwerde, sowie die Einsicht in die Original-, Dank- und Anerkennungsschreibengestatte.Vom medizinischen Standpunkte beurteilt, mag, manmeinen Kurberichten wenig Wert beilegen, obgeich sich dieThatsachen nicht aus der Welt schaffen lassen, denn aUe diesesind ausschHessHch nur zur Ergänzung meiner theoretischenAbhandlung beigefügt worden, vor allen Dingen, um immerwieder und wieder die einheitlichen Ursachen der Krankheitklarzustellen; jede Anfertigung von fachmännischen Kurberichtenfür Fachmänner geschrieben, die jedem Laien doch nurunverständHch sein müssen, hat mir fern gelegen. Es sindaUes nur für meine <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong> passende und dieselbeergänzende Berichte, die keinem weitern Zweck dienen,als der Feststellung von Thatsachen. AUes Unpopuläre, wiedas Latein der modernen Schule, ist dahei mögHchst vermiedenworden. Gewiss würde gar mancher sicf|nie mit Medikamentenbehandeln lassen, wären dieselben auf den Recepten derÄrzte deutsch und nicht lateinisch angegeben. Sobald diesemedizinische PoHtik abgeschafft sein wird, dürfte die Armutund Mangelhaftigkeit der herrschenden Schulmedizin klar erkanntwerden.


Knrberichte.No. 1. Asthma, Scharlach-Diphtherie und wie ein zugrosser Kopf kleiner gemacht wird. Im Februar d. J. brachteFrau v. B. ihr drei Jahre altes Knäbchen in meine Behandlung.Der Kleine hatte einen viel zu grossen Kopf, infolgedessen keinrechtes Gleichgewicht beim Gehen, daneben war er bereits hochgradigasthmatisch, konnte nur mit offenem Munde atmen, wobeiein beständiges Rasseln auf der Brust zu hören war. Nachdemich den Knaben durch meine Gesichtsausdruckskunde untersuchthatte, fand ich, dass der ganze Zustand, infolge unrichtiger Ernährungsweiseund daraus folgender schlechter Verdauung entstandensei. Ich sagte der Mutter jedoch, dass der Zustand desKindes ein. sehr gefährlicher sei und machte sie darauf aufmerksam,dass bei einer Kur sicher lebensgefährliche Krisen eintretenwürden. Mit zwei bis drei Rumpfreibebädern täglich nebeneinfacher naturgemässer Diät wurde die Kur begonnen. Schon nachvierzehn Tagen kam die erste Krise in Form eines Scharlachfiebers.Jetzt wurden au Stelle "der Rumpfreibebäder die Reibesitzbäderangewendet. Da das Kind durchaus nicht zum Schwitzenzu bringen war, so war auch der Verlauf des Scharlachs keingünstiger, schon am fünften Tage büdeten sich um den ganzenHals herum grosse Knoten und am sechsten Tage bekam, nachdemder Scharlach aufgehört hatte, das Kind Diphtherie. <strong>Die</strong>selbewährte volle acht Tage, in welcher Zeit der Patient inbeständiger Lebensgefahr schwebte. Hohes Fieber wechselte mitbeständiger Atemnot und Erstickungsgefahr. <strong>Die</strong>se Krise warum so gefährlicher, als Patient absolut nicht zum Schwitzen zubringen war. In dieser Zeit mussten die Reibesitzbäder ganzdem Zustand angepasst werden. Es wurde tags und nachts allezwei bis drei Stunden je ein Bad gegeben. Am achten Tagedieser Krise bildete sich ein ungeheurer faustgrosser Knoten auf


Kurberichte. 479der rechten Halsseite und damit war jede Gefahr für das Lebendes Kleinen beseitigt. <strong>Die</strong> grosse Geschwulst wurde beständiggrösser und kam in einigen Tagen zum Aufgehen, wodurch einegrosse Menge kranker Stoffe und Säfte zur Ausscheidung gelangte.In weiteren acht Tagen war das Kind von aU seinen Leidengeheilt und befreit, besonders war der viel zu grosse Kopf wiedernormal geworden und damit erwiesen, dass ein zu dicker Kopfebenso wie alle anderen Krankheiten heilbar ist, obgleich diesbis jetzt für ein Ding der Unmöglichkeit gehalten wurde. Hätteder zu dicke Kopf nicht mit allen anderen Krankheitserscheinungendie gemeinsame Ursache, nämlich die Fremdstoffe, gehabt,niemals wäre er durch dasselbe Mittel geheilt worden, das nachmeiner Ansicht auch aUe anderen Leiden zu heilen im stände ist.No. 2. Ägyptische Augenentzttndung. Wasserkopf. Derachtjährige Sohn der Frau W. twn hier Ktt seit vier Jahren anägyptischer Augenentzündung, ohne dass die verschiedensten zuRate gezogenen Ärzte heKen konnten. Vier Jahre lang war dasarme Kind in den verschiedensten Kliniken und Privatheilanstaltenmit Atropinejntröpfelungen und operativ ohne jeden Erfolg behandelt.Dann erklärte der Arzt, der Knabe bekomme einenWasserkopf und dagegen sei nichts mehr zu machen. So brachtedie Frau ihren Sohn in meine Behandlung. Durch meine GesichtsausdruckskundesteUte ich hier zunächst fest, dass der vielzu grosse. Kopf und die Augenentzündung des Knaben erst dieNachwehen früherer ungeheüter Leiden sein müsse. Das bestätigtedie Frau, indem sie sagte, dass der Knabe in seinemvierten Jahre Scharlach gehabt habe und nach diesem sich gar nichtmehr so recht erholt habe. Von da ab habe sie auch erst bemerkt,dass der Kopf des Kindes zu gross wurde und es seidann sehr hajd die Augenentzündung hinzugekommen. Ich erklärteihr, dass der Scharlach keineswejpFgeheüt, sondern infolgeder naturwidrigen Medikamentbehandlung nur chronisch in denKörper zurückgedrängt sei, und dass in diesem FaUe die Krankheitsstoffevornehndich in den Kopf gestiegen seien, wobei derfrühere Scharlach jetzt in dem chronischen Augenleiden erscheine.Ich erwähnte dann weiter, dass bei der Rückwärtsleitung dernach dem Kopfe gestiegenen Fremdstoffe der frühereScharlachvoraussichtlich noch einmal zum Vorschein kommen würde, underklärte dann weiter, dass wir in diesem FaUe einen nur langsamenHeüerfolg erreichen könnten, weü wir es hier besondersmit einer Rückenbelastung zu thun hätten. Der Erfolg warnachstehender: Es kamen täglich vier ableitende Reibesitzbäderneben vöUig reizloser, naturgemässer Diät in Anwendung. Schon


480 Dritter Teil.nach acht Tagen war die Entzündung in den Augen wesentlichgewichen, so dass die Augen wieder etwas geöffnet werdenkonnten, was vorher ganz unmöglich war. Auch war die Verdauungbereits eine wesentlich bessere geworden.Namentlich hatten sich starke Urinausleerungen eingestellt.In vierzehn Tagen war die Empfindlichkeit der Augen gegendas Licht beseitigt und in der vierten Woche bekam das Kindseinen früheren Scharlach wieder. Sein Körper hatte jetztwieder soviel Kraft gewonnen, um die im vierten Jahre begonnenedann aber unterdrückte Scharlachkrise weiter fortzuführen. Acht^ Tage währte diese Krise, wobei das Kind recht schwach wurde,nach ihrer Beendigung waren Augenleiden und Wasserkopf geschwinden.Man sieht daraus, wie es möglich ist einen zu., grossen Kopf kleiner zu machen. Es ist dies eine Aufgabe, dieman bisher nicht zu lösen im Stande war.No. 3. Ägyptische Augenentzündung. £rl. M.D. hier litt seit5 Jahren an ägyptischer Äugenentzündung. 5 Jahre lang hatte dieAllopathie alle ihr zu Gebote stehenden Mittel dagegen ohne jedenErfolg angewendet. Immer wieder und immer wieder waren die stetsneu sich bildenden weissen Knötchen am Augenlid herausgeschnittenworden, ohne dass auch nur die leiseste Spur einer Besserungeingetreten wäre. So kam dies Mädchen (18 Jahre alt) in meineBehandlung. Zunächst stellte ich durch meine Gesichtsausdruckskundefest, dass die ägyptische Augenentzündung bei dieser Patientinnur- durch ein Unterleibsleiden entstanden war, ausdem bereits eine chronische Erkrankung der Lungen hervorgegangenwar, welche wiederum die Augenentzündung bedingthatte. Ich veranlasste die Patientin, nunmehr an den Augenselber nichts mehr zu machen, sondern riet ihr, durch tätlichemehrmalige ableitende Bäder nur den Herd ihrer Krankheit! denUnterleib zu behandeln, < auf den dann ebenfalls durch trockene,einfachste reizlose Diät in günstiger Weise eingewirkt wurdeich ^veranlasste ferner die Patientin täglich in der Mittagzeitso oft Sonnenschein war, in einer von mir angegebenen WeiseSonnenbäder zu nehmen. <strong>Die</strong>se Maassnahmen hatten einen geradezuüberraschenden Erfolg. <strong>Die</strong> Entzündung der Augen wich bereitsnach den ersten Tagen, nachdem sich die Verdauung in erheblicherWeise gebessert hatte. Nach sieben Wochen war diePatientin völlig geheilt. <strong>Die</strong> Heilung der Augen erfolgte abererst, nachdem die Zustände im Unterleibe und den Lungen besseregeworden waren. Man sieht aus diesem Kurbericht auch wiederumdeutlich den einheitlichen Zusammenhang aller verschiedenenKrankheitserscheinungen.


Kurberichte. 481No. 4. Balggeschwulst verbunden mit starkem Ohrensausen.Frau L. aus Gr.-Zs. hatte unterm linken Ohre eineBalggeschwulst in der Grösse einer grossen Wallnuss und litt infolgedessenan einem beständigen Ohrensausen auf dem linkenOhre. Drei Jahre lang hatte sie alle möglichen Heilmittel, dagegenerfolglos angewendet, konnte sich aber zu einer Operation,welche ihr der Hausarzt vorgeschlagen hatte, durchaus nicht verstehen.So kam sie in meine Behandlung. Angewendet wurdenauch hier wieder nur die in meinem Lehrbuche „<strong>Die</strong> <strong>neue</strong> Heilwissenschaffc"näher beschriebenen ableitenden Reibebäfer, nebentrockener, reizloser Ernährung und naturgemässer Gesundheitspflege.Das Ohrensausen hörte sofort nach den ersten Reibebädernauf. <strong>Die</strong> Balggeschwulst war in l 2 / 3 Monaten beseitigt.No. 5. Bartflechte. Herr H. hier litt seit Jahren aneiner sehr lästigen Bartflechtf, die ihn geradezu entstellte, weildas Barthaap* infolge der Flechte sich nur ungenügend entwickelnkonnte. <strong>Die</strong> ganze Bartpartie sah - aunkelrot aus. und überallwaren Schuppen und entstellende^Blütchen sichtbar. Den ganzenArzneischatz der AUopathie und Homöopathie hatte Herr H.zur Heüung ohne jeden Erfolg versucht. Nachdem er auchlängere Zeit die alte Naturheilmethode gewissenhaft gebrauchthatte ohne dass seine Flechte sich änderte, kam er in meine Behandlung.Ich stellte zunächst durch meine Gesichtsausdruckskundefest, dass die Bartflechte erst die Folge eines Rückenleidenswar, und dass dieses bis jetzt voUständig unberücksichtigtgeblieben, weü chronisch und latent, und dass die Bartflechtegewissermaassen der am weitesten vorgeschobene Ausläufer diesesRückenleidens war.'$$•Patient^gestand denn auch zu, dass er bereits seit Jahrenan periodischen Rückenschmerzen gelitten habe, dieselben indessenfür weiter nichts besonderes gehalten habe und. vor allenDingen keine Ahnung davon gehabt habe, dass diese* mit seinerBartflechte in irgend welcher Verbindung ständen. Ich machteihn dann noch darauf aufmerksam, dass die Heilung seinerBartflechte längere Zeit in Anspruch nehmen würde, weil seineBelastung eine Rückenbelastung sei.Fünf Monate gebrauchte Herr H. gewissenhaft meine Kur,die nur in mehrmaHgen tägHchen Reibebädern, neben reizlosernaturgemässer Diät und wöchentlich zwei Dampfbädern bestandund wurde in diesem Zeiträume voUständig geheut. <strong>Die</strong>seHeüung hätte kaum den vierten Teil dieser Zeit beansprucht,wenn eine vorderseitige Belastung vorgelegen.Louis Kühne, <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong>. 31


482 Dritter Teil.Nö. 6. Krebs. Herr Fr., 43 Jahre alt, Leipzig, litt anHalsleiden. <strong>Die</strong> zu Rate gezogenen Ärzte konstatierten eineWucherung und Neubildung im Halse (Krebs) und erklärten, derJM1 wäre genau so wie der Sr. Majestät des Kaisers Friedrich.Scharfe Medikamente und Beizungen, die dagegen von Seiten derAllopathie angewandt waren, hatten nur den Erfolg, dass das Leidennoch schlechter wurde. Eine Operation wurde dem Patienten inAussicht gestellt, sobald die Wucherung und Neubildung im Halsegross und reif genug dazu sein würde. Nur in Folge ihrer unzureichendenLeistungen hatte der Patient jedes Vertrauen zurSchulmedizin verloren und kam Mitte August d. J. in meineBehandlung. Ich verordnete ihm neben völlig reizloser, trockener,naturgemässer Diät (hauptsächlich bestehend in Grahambrot undObst) täglich mehrere ableitende Reibebäder, wie dieselben inmeinem Lehrbuche beschrieben stehen. Der Erfolg war einüberraschender. Bereits nach sieben Tageu berichtete mir derPatient, dass er sich bei weitem • wohler fühle als frfüier und vorallen Dingen, dass seine Verdauung in ein ganz anderes Stadiumgekommen sei und zwar so überraschend gut geworden wäre, wieer sie seit 10 Jahren niemals gehabt hätte. Auch die Heiserkeithatte bereits sehr erheblich nachgelassen. Ich hatte demPatienten gleich bei seiner Untersuchung erklärt, dass seinLeiden nur dann besser werden würde, wenn es uns gelänge,die bereits jahrelang zu träge Verdauung dauernd zu bessern,denn bevor er das Halsleiden bekommen habe, habe er schonjahrelang an der Verdauung gelitten, was er auch zugestand.Innerhalb drei Wochen war jede Spur von Heiserkeit und jedeNeubildung im Halse beseitigt und der Patient fühlte sich heutewohler, denn je zuvor. Würde die Schulmedizin diese Erfolgeerreicht haben, der Patient hätte gewiss niemals sein Vertrauenzu ihr verloren. Wenn die Herren Vertreter der Schulmedizinsich also, über ihre immer grösser werdende Notlage gegenüberden Naturheilkundigen öffentlich beklagen, dann mögen sie nurden wahren Grund dieser Kalamität beseitigen und ins Augefassen.No. 7. Leberleiden, Dickdarmentzündang, Schweissfüsse,Magenkatarrh. Herr Direktor M. aus D. litt seit langer Zeit anDickdarmentzündung, welche chronisch geworden war und in ihremGefolge ein arges Leberleiden nach sich gezogen hatte. <strong>Die</strong>serZustand hatte bereits Jahre lang bestanden, ohne dass die verschiedenstenallopathischen und homöopathischen Kuren geholfenhätten. <strong>Die</strong> Darmentzündung war sogar wiederholt in einenakuten Zustand, verbunden mit starkem Fieber, übergegangen.


Kurberichte. 483Anfang September trat Herr M. in meine Behandlung, wobeinur ableitende Reibebäder neben naturgemässer Lebensweise inAnwendung kamen. Der Erfolg war folgender: <strong>Die</strong> seit Jahrenjammervolle Verdauung wurde bereits in den ersten acht Tagennormal und regelmässig. Herr M. bekam täglich mehr Ausleerungendurch Darm, Nieren und Haut als er dem Anscheinnach quantitativ an Nahrung zu sich nahm. Dadurch befreitesich sein Körper rasch von vielen in ihm seit Jahren aufgespeichertenKrankheitsstoffe^, welche vorher sein Leiden hervorgerufenhatten. So besserte sich sein Zustand von Woche zu Woche,so dass er in zwei Monaten vollständig geheilt war. Sein Leibhatte dabei 15 Centimeter im Umfange abgenommen und auchder sehr übelriechende Schweissfuss war gründlich verändert; derFuss war wohl feuchtwarm, aber weder unnormal schweissig nochauch übelriechend. Wären alle diese Leiden nicht aus der allenKrankheiten gemeinsamen Quelle- entstanden, niemals hätten sie,alle durch ein und dasselbe Mppii-gleichzeitig beseitigt Werdenkönnen.^


484 Dritter Teil.gestimmt war, machte sie jetzt den geradezu entgegengesetztenEindruck. Ebenfalls waren alle Halsschmerzen schon nach dieserkurzen Zeit völlig geschwunden. Im Laufe der nächsten zweiMonate lösten sich dann auch die grössten Knoten am Halseund^Kopfe" auf, um nach unten abgeleitet, für immer zu verschwinden.Nach sechsmonatiger Kur war das Kind von derGehirntuberkulose geheilt, aber auch äusserlich vollständig wieumgewandelt geradezu verjüngt und verschönt.No. 9. Gelenkrheumatismus.,, Herr W. von hier littschwer am Gelenkrheumatismus. Ohne erst Medikamente odermedizinischen Rat in Anspruch zu nehmen, kam er sogleich inmeine Behandlung. Sein linkes Fussgelenk war stark angeschwollen,gerötet und blank aussehend und unerträglich schmerzhaft.Herr W. war nicht im stände, auch nur den Fuss aufden Boden aufsetzen zu können, so dass er vollständig am Gehenbehindert war. Jahre lang hatte er bereits an gewöhnlichemRheumatismus gelitten und niemals eine normale Verdauung gehabt,woraus denn im Laufe dgr Zeit sein jetziger Gelenkrheumatismussich entwickelt hatle. Da er noch keinerlei Medikamentegebraucht hatte, erzielte er einen sehr schnellen Erfolg.Bereits durch das erste halbstündige Reibesitzbad waren die geradezuunerträglichen Schmerzen wie spurlos geschwunden, Entzündungund Geschwulst des linken Fussgelenkes im merklichenAbnehmen. Ein schlagender Beweis, wie diese unangenehmenErscheinungen durch nichts anderes hervorgerufen worden waren,als durch die zu grosse anormale Hitze (Fieber) im Körper, welchenur durch die Umwandlung oder Gärung der Krankheitsstoffeherbeigeführt worden war. Durch das Bad wurde diese inneregrosse Hitze nach aussen abgeleitet und sofort trat Besserungein. In weniger als vier Tagen war Herr W. so weit, dasser wieder gehen konnte. Es traten indessen noch wiederholtSchmerzen an andern Körperteilen auf, so an der Schulteram Ellbogen, Handgelenk und den Hüften. Aber auch diesewurden ebenfalls sehr rasch durch die Reibesitzbäder aus demKörper herausgeschafft. In drei Wochen war der Patient vollständiggeheilt, namentlich aber auch seine Verdauung eine weitbessere als frühergeworden.No. 10. Rückenmarksschwindsucht. Herr H., 42 Jahrealt, von hier litt an Rückenmarksschwindsucht und war bereitsso weit gekommen, dass er nur noch mühsam gehen konnteAuch wurde ihm das Aufstehen nach dem Sitzen ausserordentlichschwer. Er hatte bereits alles, ; was die Schulmedizin gegendieses Leiden anzuwenden weiss, vergeblich durchprobiert und


Kurberichte. 485trat dann, nachdem er sich von der Erfolglosigkeit dieser Kurenüberzeugt hatte, in meine Behandlung. Schon seit Jahren, gestander mir, hatte er an einer schlechten Verdauung _ undschlechtem Schlafe gelitten. Zu beiden Seiten des Magens undauch quer über diesen hatte er ein beständiges (fürtel- oder{-Panzergefühl. Auch war er leicht geneigt, an diesen Stellendes Leibes zu frieren. Nachts hatte er seit Jahren an Pollutionen,trotzdem er verheiratet war, gelitten, ein sicheres Anzeichenseiner schweren Rückenbelastung und mit dieser oder durch diesebedingtes schweres Nervenleiden. Ich verordnete diesem Herrnin den ersten vierzehn Tagen täglich zwei Rumpfreibebäder, dannvier Wochen lang täglich ein Rumpfreibebad und zwei Reibesitzbäder.Der Erfolg war überraschend. Bereits nach den erstenvierzehn Tagen hatte sich die Verdauung völlig umgewandeltund war normal geworden, dann Hess auch die Lähmung undSchwäche in den Beinen alle Wochen mehr nach, so dass derPatient heute vollständig von'der||äückenmarksschwindsucht geheiltist. Was dieser Heilung«!! bedeutet, werden alle Heilkünstlerzu würdigen wissen, denn bis heute war Rückenmarksschwindsuchtein für die bestehenden Heilweisen unheilbaresLeiden. <strong>Die</strong> Heilung durch mein Verfahren hat auch hierwiederum den unwiderleglichen Beweis für die Richtigkeitmeiner Entdeckungen gebracht und gezeigt, wie auch die Rücken*marksschwindsucht mit allen anderen Krankheiten die gemeinsameEntstehungsursache hat, also durch die im Körper vorhandenenFremdstoffe und deren Umwandlungen und Gärungsprozesse hervorgerufenwird.No. 11, Innere neryöse Krämpfe. Frau G. von hier littseit Jahren an eigentümlichen Krampferscheinungen. <strong>Die</strong> Krämpfegingen allemal von der Fingerspitze aus und zogen sich dannnach dem Kopfe hin, und waren für Frau G. eine aussögst lästigePlage. <strong>Die</strong> berühmtesten Ärzte und Professoren am Orte hattenauf verschiedene Weise dieses Leiden zu beseitigen versucht, dasie indessen nicht wussten, wie dasselbe zu stände gekommenwar, blieben auch alle ihre Mittel erfolglos, trugen sogar nochdazu bei, das Leiden zu verschlimmern. Alle diese Ärzte hattenes nicht gesehen, dass dieses Leiden nur die Folgeerscheinungeines Unterleibsleidens war. So hatten sie irrtümlich stets nurdiese blossen Erscheinungen für .das eigentliche Leiden gehaltenund in ihrer Kurzsichtigkeit den eigentlichen Herd der Krankheitvöllig übersehen. Ihre stets nur lokalen Behandlungsweisen,durch Salben und Elektrisieren, mussten daher eben so erfolglos


486 Dritter Teil.und wirkungslos, ja geradezu schädlich sein, wie ihre Diagnoseschülerhaft und falsch gewesen war. Allein die Erfolglosigkeitder medizinischen, sowohl allopathischen als auch homöopathischenKuren, also die allesgeWtende Not, trieb Frau G. in meineSprechstundfe. Ich stellte nun zunächst durch meine Gesichtsausdruckskundefest, dass die Krämpfe nur die Folge eines bereitsseit Jahren bestehenden chronischen und latenten Unterleibsleidensseien. <strong>Die</strong> Behandlung wurde dementsprechend eingeleitet.Ableitende Reibebäder neben naturgemässer Lebensweise.In sieben Wochen war die Dame von ihrem jahrelangenLeiden vollständig befreit, dies war aber nur dadurch erreichtworden, dass sich auch die Verdauung sofort gebessert hatte unddie im Körper vorhandenen Krankheitsstoffe zur Ausscheidunggelangten. So liefert auch dieser Fall, der der Schulmedizinein Rätsel geblieben war, wiederum- einen deutlichen Beweis fürdie Einheit aller Krankheiten.No. 12. Blausucht. Herrn E. H. aus PI. Töchterchen Elise,zwölf Jahre alt, litt an Blausucht. <strong>Die</strong> verschiedenen Ärzte derKrankenkasse hatten das Mädchen bereits längere Zeit behandelt,ohne indessen helfen zu können, und so kam der Vater dannziemlich hoffnungslos in meine Sprechstunde. Ich erklärte ihmzunächst, dass der Zustand des Kindes ein solcher sei, dass ichihm wenig Aussicht auf einen guten Erfolg machen konnte, zumaldas Kind nur schwächlich war. Ich erklärte dem Vaterferner, dass Blausucht bereits immer das Endstadium langervorhergegangener tiefer, innerer, chronischer und latenter Leidensei und fast allemal die Schlusserscheinung von Lungen- oderHerzleiden, wodurch eine Überfüllung des Körpers mit Krankheitsstoffenund durch deren Umwandlung im Körper ein nahezubrandiger Zustand im Innern entstehe. Das Mädchen wäreebenfalls n^cht nur sehr herz-, sondern auch lungenleidend, unddiese beiden Krankheitserscheinungen seien beide aus einerchronischen Unterleibsbelastung hervorgegangen. Eine Heilungsei nur denkbar, wenn sich der Unterleib und die Verdauungnoch genügend beeinflussen Hessen und der durch die sogenanntekräftigste Ernährungsweise mit Eiern, Fleisch, Bouillon, Weinu. s. w. herbeigeführte jammervolle Ernährungszustand des Kindessich bei naturgemässer Kost und Lebensweise wieder hebe. Mitgeringen Erwartungen wurde meine Kur begonnen, aber bereitsnach einer Woche hatte sich der Zustand wesentHch gebessert,denn es hatte sich ein reger Appetit und rege Verdauung eingestellt.Nach vierwöchentlicher Kur setzte mich das gute Be-


Kurberichte. 487finden des Kindes geradezu in Erstaunen und nach weitereip14 Tagen konnte ich das Mädchen y° n der Blausucht berjeits fürvöllig geheilt erklären, 'wodurch wiederum der Beweis für dieEinheit aller Krankheiten und die "oft bewunderungswürdigeLebenskraft im jugendlichen Alter eroracht war.No. 13. Neurasthenie, verbunden mit chronischem Bachenkatarrh.Herr Kl. von hier litt seit über 20 Jahren an Nervenleiden,das später in Neurasthenie übergegangen war, verbunden mitchronischem Rachenkatarrh. Viele Kuren, welche er angewendethatte, waren erfolglos gewesen. Ich stellte zunächst durch meineGesichtsausdruckskunde fest, dass sein Nierenleiden erst die Folgeeines vor 22 Jahren durch Medikamente in den Körper zurückgedrängtenlatent gemachten Geschlechtsleidens war. Auf dieselbeUrsache war auch der chronische Rachenkatarrh zurückzuführen.Da seine sonstige Belastung mit Krankheitsstoffen eine nochgünstige, mehr vorderseitige war, konnte ich dem Patienten einenguten Erfolg in Aussicht stellen, sagte ihm aber auch gleichzeitig,dass es bei einem solchen unvermeidlich sei, dass das frühereGeschlechtsleiden erst wieder zum Vorschein käme, weil dasselbenoch latent in seinem Körper schlummere. Er solle sich nurdarauf gefasst machen, dass dasselbe bereits in den ersten achtTagen der Kur wiederkehren würde, obgleich es bereits 22 Jahreuntfpsdrückt sei. Ich verordnete auch diesem Patienten dieselbenablegenden Bäder neben eben der reizlosen trockenen naturgemässenDiät wie dem vorigen. Der Erfolg war ein ausserordentlicher.Bereits nach dem dreizehnten ableitenden BadesteUte sich wiederum das von der Schulmedizin so geschicktlatent gemachte, angeblich aber geheilte Geschlechtsleiden ein,dessen Ableitung einige Wochen währte, wobei noch wöchentlicheinige Dampfbäder zur Hilfe angewendet wurden. Nachdemdas alte Geschlechtsleiden völlig beseitigt war, war auch jedeSpur der Neurasthenie und des chronischen Rachenkatarrhs damitverschwunden, der Patient aber wie neu geboren.No. 14. Taubheit und Kehlkopfspolyp. Herr Seh. v. Th.konsultierte mich wegen seiner Taubheit auf dem rechten Ohre,die er von der Influenza zurückbehalten hatte und ferner wegeneines Polypen, den er im Halse am Kehlkopfe hatte undder ihn fast ganz behindere, zu sprechen. Er hatte alle mög-Hchen Kliniken und Ärzte besucht, aber keiner hatte ihmhelfen können. Vermittelst meiner Gesichtsausdruckskunde stellteich fest, dass dieser Patient nur mehr von vorne belastet war,so dass ich ihm einen überraschenden Erfolg vorhersagen


488 Dritter Teil.konnte. Sein Ohrenleiden war nur dadurch entstanden, dassdie Influenza nicht etwa geheilt worden war, wie sein .Arztbehauptet hatte, sondern ^urch Medikamente nur unterdrückt, d. h.in den Körper zurückgelangt worden war, woraus dann dieTaubheit entstand. Nachdem dieser Patient zehn Tage langmeine Kur gebraucht hatte, kam er wiederum in meine Sprechstundeund teilte mir mit,, dass er bereits wieder auf dem taubenOhre hören könne und dass seine Heiserkeit und das ewigeKratzen im Hälse schon deutlich nachgelassen habe. Nachdemdieser Mann die Kur noch vier Wochen weiter fortgesetzt hatte,erklärte er mir, er sei jetzt so gesund, wie er sich seit derJugendzeit nicht gefühlt habe.No. 15. Taubstummheit. Am 22. April 1891 brachte mireine Frau Seh. aus L. ihr vierjähriges Töchterchen in Behandlung.Das Mädchen war taub und stumm, wie die Mutter behauptete, infolge des Impfens. Das Kind war bereits von denverschiedensten Ärzten und in mehreren Kliniken behandeltworden, aber ohne jeden Erfolg. Durch Operationen und scharfeBeizungen war das arme Ding so misshandelt worden von denHerren Medizinern, dass es bereits schrie und weinte, wenn eseinen Arzt sah. Ich konnte das Kind wegen seiner fürchterlichenAngst und seines Geschreies wegen nicht untersuchen,sah indessen, dass eine starke Belastung des Kopfes*mitFremdstoffen und ein bedeutender Blutandrang nach dem Kopfevorlag. Ich ordnete nur ableitende Bäder und reizlose, trockene,naturgemässe Diät, schlafen bei offenem Fenster und viel Aufenthaltin frischer, sonhendurchstrahlter Luft an. Der Erfolgwar ein günstiger. Am 7. Mai brachte mir die Mutter den Bescheid,dass ihr Kind schon sehr viel besser sei, auch schon etwashören könne. Den 11. Juni konnte ich den kleinen Patientenals völlig geheilt bezeichnen. Er konnte wieder hören und sprechen.Kopf und Hals hatten sich während dieser öOtägigen Kursehr wesentlich verändert, indem sie um vieles dünner undschlanker geworden waren.No. 16. Linksseitige Taubheit, Ohreufluss, Ohreusausen.Herr E. K. aus G., 35 Jahre alt, litt seit Jahren an sehrlästigem Ohrenfluss, wodurch bereits das linke Ohr seit einemhalben Jahre taub war. Kein Medikament hatte das Leidenbessern können, weshalb er in meine Behandlung kam. Ich konstatiertedurch meine Gesichtsausdruckskunde, dass dies Leidenvom Unterleibe ausgegangen und erst die Folge schlechter Verdauungwar. Ich verordnete diesem Patienten täglich zwei resp.


Kurberichte. 489drei ableitende Reibebäder neben völlig reizloser, naturgemässerDiät» Daneben Schweisseüfeugung' durch Gehen resp. durch gehörigeBedeckung im Bette bei geöffnetem Fenster. Der Erfolgwar folgender: in 17 Tagen waren^Dhrenfluss und linkseitigeTaubheit beseitigt, nachdem bereits am ersten Tage der Kur dieVerdauung eine bessere als früher geworden war. .Weitere14 Tage gehörten noch dazu, um auch jede Spur des Ohrensausenszu beseitigen. So war dies Leiden in 31 Tagen geheilt.No. 17. Gesichtsschmerzen auf neuralgischer Basis.Herr R. B. aus R'., 39 Jahre alt, litt seit über vier Jahren aneigentümlichen, krampfartigen Gesichtsschmerzen. Eine grosseAnzahl, Mediziner hatte Herr B. konsultiert, ohne Hilfe zufinden. <strong>Die</strong> verschiedensten und stärksten Medikamente hattenebenfaUs keine günstigen Einwirkungen verursachen können. Sowar das Leiden allmählich derartig geworden, dass, wenn derGesichtsschmerz auftrat, was in jeder Stundll wenigstens zehnbiszwanzigmal erfolgte, Herr B. weder sprechen, sehen nochriechen konnte, dabei zog der Schmerz das Gesicht auf der rechtenSeite, von der Mitte der Kinnlade bis zum Augenwinkel an derNase, förmlich zusammen, so dass Herr B. oft aussah, als schnitter Grimassen. <strong>Die</strong>se Verzerrungen des Gesichts traten krampfartig,auf. Zuletzt hatte Herr B. noch einen für derartige Leidenwel&rühmten Professor aufgesucht, und dieser hatte ihm erklärt,einelEeilung sei nur möglich, wenn der hier in Frage kommendeNerv herausgeschnitten werden würde, sonst sei eine Besserungausgeschlossen. <strong>Die</strong>s die Ansicht des berühmten Professors, dernur heilen zu können glaubte dadurch, dass er den Körper fürLebenszeit verstümmelte. Herr B. sah von dieser Operation abund kam in meine operationslose und arzneilose Behandlung.Zunächst stellte ich durch meine Gesichtsausdruckskunde fest,dass die neuralgischen Gesichtsscbmerzen bei Herrn B. die Folgeeines chronisch und latent gewordenen Unterleibsleidens war, dasbereits vor ca. zehn Jahren begpnnen und besonders die rechteSeite des Unterleibes in Anspruch genommen hatte, weshalb dennauch der Gesichtsschmerz nur auf der rechten Gesichtshälfte auftrat.Das war durchaus kein Zufall, dass er gerade nur auf derrechten Hälfte des Gesichts auftrat, sondern notwendigerweisedurch die eigenartige Belastung des Herrn B. bedingt, wie esdenn überhaupt keinen Zufall in der Natur giebt und hiervonauch aUe Krankheitserscheinungen nicht ausgenommen sind. <strong>Die</strong>schronische Unterleibsleiden hatte bereits jahrelang eine unnormaleVerdauung zur Grundursache, ja sogar der Magen des Herrn B.


490 Dritter Teil.war recht erheblich infolgedessen erweitert. Ich ordnete nur ableitendeReibebäder neben naturgemässer Lebensweise an. DerErfolg trat allmählich, aber sicher ein. Bereits in acht Tagenwar die Verdauung wie umgewandelt, normal und regelmässig.Innerhalb drei Wochen konnte Herr B. wieder die ganze Nachthindurch gut und ohne Schmerzen schlafen, was seit den vierletzten Wochen niemals der Fall gewesen war. Eine qualvolleSchlaflosigkeit hatte ihn beständig geplagt, sogar das Eisenbahnfahren,das er sonst niemals ertragen hatte, machte ihm jetztnicht mehr die geringsten Beschwerden. Nach zwei MonatenKur war Herr B. völlig geheilt von seinem qualvollen Leiden.Jede Spur von Gesichtsschmerzen war für immer geschwunden.Gerade dieser Kurbericht liefert einen schlagenden Beweis fürdie Richtigkeit meiner Entdeckungen und der Einheit aUerKrankheiten. Das Jjßiden empfand der Patient nur am Kopfe>die Behandlung mwiße dagegen nur am Unterleibe vorgenommen,wäre also- das Koffleiden nicht, wie ich sagte, aus dem Unterleibehervorgegangen, niemals hätte es durch meine Behandlunggeheilt werden können, wodurch es von oben nach unten abgeleitetwurde. Herr B. hat die Wahrheit dieser Behandlungsweisean sich selber bewiesen gesehen, und manche seiner früheren Behandlungsweisendabei bitter bereut. Hatte ihm doch ein Arztgeraten, sich an der schmerzhaften Stelle des Gesichts fünf Zähneausreissen zu lassen, was Herr B. auch ohne weiteres that, weilder Arzt ihm versprochen hatte, dass dadurch seine Qualen endenwürden. Nach dieser sinnlosen Operation war indessen, wie vorauszusehen,das Leiden noch ein viel ärgeres geworden. ZumErstaunen war es, wie ausserordentlich Herr B. sich währendmeiner Kur in seinem Äusseren verändert hatte. Er sah wenigstensum zehn Jahre jünger geworden aus.No. 18. Skrofulöse und Fernsichtigkeit. Fräulein H. G.aus Gr., 20 Jahre alt, hatte in ihrer Jugend an Bleichsucht undSkrofulöse gelitten; als 18jähriges Mädchen stellten sich infolgedessenhartnäckige Drüsenanschwellungen und Geschwülste ein,daneben eine grosse Fernsichtigkeit. Kein Mittel wollte gegendiese Übel helfen, alles bHeb erfolglos. Gegen die Fernsichtigkeitmusste Frl. G. eine besondere Brille tragen, doch bald genügteauch diese nicht mehr, so dass ausser der Brille nochein Kneifer nötig wurde. Mit diesem doppelten Glase war esFrl. G. allein noch möglich, ihren Beruf als Lehrerin auszufüllen.Man sieht in diesem Falle wiederum deutlich, wie alle Augenleidennicht etwa lokale Erkrankungen der Sehorgane, sondern


Kurberichte. 491vielmehr stets nur vorgeschrittene Folgezustände anderer tieferer,chronischer Leiden, namentlich Skrofulöse, und Lungenleiden,sind, woraus allein schon die Aussichtslosigkeit jeder lokalenBehandlungsweise und die Verkehrtheit allen Spezialistentumsauf diesem Gebiete erhellt.Durch eine Freundin wurde Frl. G. mit meinem Heilverfahrenbekannt gemacht, das sie ein ganzes Jahr lang möglichst strengedurchführte. Sie gebrauchte täglieh zwei Reibesitzbäder von 15bis 30 Minuten Dauer und lebte auch sonst naturgemäss. DerErfolg war ein guter. Zunächst besserte sich die Verdauungungeheuer. Dann schwanden die Drüsen, eine nach der andern,und mit denselben auch die bereits vorhandene Anlage zu Lungenleiden.Nachdem jede Spur von Drüsen beseitigt war, wurdeauch das Augenleiden schnell besser. Im Verlaufe eines Jahresbrauchte Frl. G. weder eine Brille mehr, noch einen Kneifer undwar trotzdem jetzt in der angenehmen Lag#j"'„älles weit bessersehen zu können ohne jedes Glas, als früher "jemals mit demselben.Überrascht über diesen günstigen Erfolg, kam Frl. G.extra nach hier gereist, um mir davon Kenntnis zu geben. Sieerzählte mir, wie die berühmtesten Augenärzte nichts hattenhelfen und auch keinen guten Erfolg hatten in Aussicht stellenkönnen und wie froh sie dann über die Brille und Gläser gewesensei, welche ihr wenigstens gestatteten, ihren Beruf weiterauszuüben. Jetzt freilich sehe sie ein, dass Brillen und Kneiferdurchaus nicht als eine empfehlenswerte Sache anzusehen seien, unddass es wahrhaftig kein grosses Verdienst sei, kranke Augendurch Gläser gebrauchsfähig zu erhalten, dass vielmehr ein wirklicherSegen nur in derjenigen Heilmethode liege, durch welcheman im stände sei, kranke Augen wieder so herzustellen, dass sieauch ohne alle Gläser wie vordem normal funktionierten.No. 19. Polypen, Verdauungsbeschwerden. Herr ApothekerB. aus Z. litt seit 20 Jahren an regelmässiger, schlechterVerdauung. Alle Mittel, welche zur Beförderung des Stuhlgangesangewendet werden, hatte er zur Genüge aus seiner grossenApotheke gebraucht, keines woUte indessen mehr seine Wirkungthun. Eine Zeit lang hatte jedes Medikament gewirkt, war dannaber allmählich völlig wirkungslos geworden. Man sieht darausdeutlich, wie der Körper wohl eine Zeit lang gegen alle Giftereagiert, dann aber alles Einwirken, derselben über sich ruhigergehen lässt, weil er nun nicht mehr die Kraft zu einer Reaktiondagegen besitzt. Das ist auch der Grund, weshalb all solcheLeidende allmähHch immer kränker und kränker werden und sich


492 Dritter Teil.allmählich da, wo zu Anfang nur die Verdauung gestört war,dann weit ernstere Leiden, wie Krebs u. s. w., einstellen. Sowar es auch Herrn B. ergangen. Durch die schlechte Verdauungund den vielen Genuss von Medikamenten waren ihm fast alleZähne abgestockt und verrottet. Daneben bildeten sich beständigin der Nase und den Luftwegen Polypen, die nicht weichenwoUten, weil sie nur die notwendige Folge seines schwer chronischenUnterleibsleidens waren. 26 .mal hatte Herr B. sichPolypen herausoperieren lassen und trotzdem wucherten dieselbennur um so mehr. Sein Arzt war trotz dieser 26 fachen, vöUigresultatlosen Operationen dennoch immer wieder der Ansicht, dassallein diese Operationen das einzige richtige Heilmittel gegensolche Wucherungen seien. Man sieht aber daraus, wie unendlichschwer gerade die Herren Ärzte, weil sie von den Irrlehrender Schulmedizin befangen sind, aus der täglichen Praxis zulernen im standen sind. Auf einer Geschäftsreise begriffen, hörteHerr B. von meiner Heilmethode und kam in meine Behandlung.Durch dieselbe hatte er In acht Tagen einen besseren Erfolg, alsdurch alle Medikamente seit 20 Jahren, denn seine Verdauung,die so im Argen lag, war während dieser kurzen Zeitspannevöllig umgewandelt und ohne alle Kunsthilfe normal geworden.Dadurch war aber auch sofort ein Stillstand in dem Wachstumder Polypen eingetreten, der noch niemals dagewesen war. Nochacht Tage und die Polypen begannen sich sogar zurückzubildenund zwar auf demselben Wege, wie sie gekommen waren. Invier Wochen war Herr B. geheilt. <strong>Die</strong> Wirkungen und Richtigkeitmeiner Behandlung waren Herrn B. indessen so überraschendund so unwiderleglich am eigenen Leibe bewiesen, dass er beiseiner Abreise erklärte, er könne es fortan nicht mehr mit seinemGewissen vereinbaren, ein Apothekergeschäft zu führen, er seheein, dass dadurch nur die Menschheit betrogen und vergiftetwerde, er sei daher fest entschlossen, seine Apotheke so baldals möglich zu verkaufen,No. 20. Halsleiden und Scharlachdiphtherie. Carl Br.aus Sp., 8 1 / 2 Jahre alt, kam aus Steiermark mit seiner Mutterin meine Behandlung., <strong>Die</strong> Mutter erstattete folgenden Berichtüber den Gesundheitszustand ihres Sohnes: Bis zu seinem 2 x / 2Lebensjahre sei der Knabe vollständig gesund, dann aber infolgedes Impfens immer leidend, gewesen. Zuerst habe er als dreijährigesKind Diphtheritis bekommen, welcher durch Medikamentenur unterdrückt wurde, dann nach der Krankheit seider Knabe immer sehr angegriffen gewesen und habe eine auf-


Kurberichte. 493fallend schwache Stimme bekommen. Im Halse konnte manstets an den Mandeln weisse Punkte sehen. Der Hals schwollbei jeder Gelegenheit immer wieder wie bei der alten Diphtheriean. Auch wäre bei dieser Krankheit die Verdauung des Kindesbedeutend schlechter als früher. Im März 1891 erkrankte dasKind an Gelenkrheumatismus infolge eines Schrecks, woran esdrei Wochen lang schwer krank lag. Danach befand sich derKnabe so elend, dass alsjietzte Hoffnung zur Wiederherstellungseiner Gesundheit eine Kur in Leipzig unternommen wurde.Am 15. April 1891 begann der Knabe dieselbe bei mir. Ichhatte durch meine Gesichtsausdruckskunde festgestellt, dass diefrüheren Krankheiten aUe mehr oder weniger noch latent inseinem Körper schlummerten, weü man dieselben nur durch Medikamentein den Körper zurückgedrängt hatte und bereitete dieMutter darauf vor, dass diese Krankheiten wohl nochmals inähnHcher Weise wie früher bei der .Heilung zum Vorscheinkommen würden, um dann für immer aus dem Körper zuschwinden.Der Erfolg bei meiner streng befolgten Kur war ein überraschender.Schon am zweiten Tage besserte sich die Verdauung.Am dritten Tage kehrte die früher nur unterdrückte Diphtheritismit grosser Heftigkeit zurück. Der Hals schwoll ungeheuer an,auch trat wiederholt Erstickungsgefahr ein. Vier Tage schwebteder Knabe in beständiger Lebensgefahr, trotzdem die Reibebäderwahre Wunder bewirkten. Erst am fünften Tage entwickelte sichaus der schweren Diphtheritis ein ebenso heftiges Scharlachfieber.Kopf, Brust und Leib hatten die Färbung eines dunkelrotenTuches. 5—6 Tage lang währte diese Krisis, bis es gelang,auch sie abzuleiten. Bereits am fünften Tage steUten sich abnormeAusleerungen pestüenzialisch stinkender, dunkler Kotmassen ein.Desgleichen starke Ausleerungen von äusserst übelriechendemkaffeefarbigem Urin. Nachdem diese Ausleerungen mehrere Tagelang gedauert hatten, hatte der Körper die Krankheit in Formdieser Krankheitsstoffe ausgeschieden. Jetzt trat zusehende Besserungein, welche aUe Wochen fortschritt. In fünf Wochen warder Knabe geheut und völHg wie umgewandelt sowohl körperlichals auch geistig. Er hatte wieder zu allem Lust, war lebhaftund aufmerksam, während er vorher völHg teilnahmlos undapathisch war.^No. 21. Lippenkrebs. Ernsterer Herr von 72 fahren Httbereits seit sechs Jahren an Lippenkrebs. <strong>Die</strong> berühmtesten AUopathenund Homöopathen hatten ihn vergeblich sechs Jahre lang


494 Dritter Teil.behandelt. <strong>Die</strong> Wucherungen an der Lippe arteten immer mehraus. Auch hatte sich ein sehr lästiger Speichelfluss eingestellt,so dass dem Patienten beständig der Speichel aus dem Mundefloss. Nachdem ich den Patienten untersucht und gefunden hatte,dass die Belastung des Körpers mehr von vorn und den Seitennach dem Kopfe heraufgedrungen war, konnte ich ihm trotzseines hohen Alters einen guten Erfolg in Aussicht stellen. Derselbetrat bei meiner streng durchgeführten Kur schneller ein,als ich dies erwartet hatte. Schon nach den ersten Tagen hörteder lästige Speichelfluss auf, und die Neubildungen, Wucherungenund offenen Wunden an der Lippe fingen an, sich zurückzubüden.<strong>Die</strong> offene Wunde war innerhalb zehn Tagen zugeheilt und dieLippe um das Dreifache kleiner geworden als zu Anfang. DerPatient hatte in elf Tagen hier einen Erfolg, wie er ihn beiseiner früheren sechsjährigen Behandlung niemals gehabt hatte,und wie er ihn selber nicht erwartet hatte. Es beweist dieserFall wieder einmal schlagend die von mir gemachten Entdeckungenund zeigt auch gleichzeitig, wie selbst die schwersten Leiden,wie Krebs, selbst in so hohem Alter wie bei diesem Patientenheilbar sind und wie die längere oder kürzere Zeitdauer derHeilung allein mit der besonderen Belastung der Patienten zusammenhängt.Wäre dieser Patient mehr von hinten belastetgewesen, er hätte sicherlich ebensoviel Wochen als jetzt Tagezu seiner Heilung gebraucht.No. 22. Flechte. Herr W. aus G., 24 1 / 3 Jahre alt, littseit einem Jahre an einer nässenden Flechte am Halse und Kopfe,so dass er keinen Kragen tragen, auch den Hemdenpass amHalse nicht schliessen konnte. Angewendete Salben und Medikamentehatten nur nachteilige Wirkungen ausgeübt, so dassihm bald jedes Vertrauen zur Schulmedizin geschwunden war.Er kam zu mir und begann meine Kur. Schon in wenigen Tagenwurde seine vorher schlechte Verdauung besser und mit dieserbesserte sich auch zusehends die Flechte. Am dritten Tage hörtedieselbe bereits auf zu nässen nnd nach 16 Tagen war von derFlechte keine Spur mehr zu sehen. Dabei hatte der vorher zustarke, dicke Hals des Patienten während dieser 16 Tage 3*/ 2 cmim Umfange abgenommen. <strong>Die</strong> Krankheitsstoffe, welche dies zuDicksein des Halses und damit auch die Flechten hervorgerufenhatten, ^sraren durch die vermehrten Ausscheidungen durch Darmund Nieren abgeleitet worden.^<strong>Die</strong>sen überraschenden Erfolg hatte der Patient in so kurzerZeit erreichen können, weil er vorwiegend nur von vorn mitKrankheitsstoffen belastet war.


Kurberichte. 495No. 23. Diphtheritis. <strong>Die</strong> 12 jährige Else B. von hier warschwer an Diphtheritis erkrankt. Der behandelnde Arzt, einAUopath, hatte alle seine Mittel angewendet, jedoch erfolglos.Der Hals war so dick, namentlich von der rechten Seite angeschwollenund inwendig mit einem fingerdicken,grünlich weissen,schauerlich stinkenden Belage verstopft, dass das Kind an Atemnotzu Grunde zu gehen drohte.' Der Arzt stellte den Elternjetzt den Luftröhrenschnij^ in Aussicht, wozu eine sofortige Überführungins Krankenhaus nötig sei. Davon wollten glücklicherweisebeide Eltern nitfhts wissen, und so wurde noch im letztenAugenblicke einer meiner Vertreter zu dem Kinde geholt. Sofortwurde ein Reibebad von längerer Dauer gegeben, währendwelchem das hochgradige Fieber sichtbar fiel und auch bereitsdie arge Spannung in dem geschwollenen Halse nachliess. <strong>Die</strong>Reibebäder wurden nun fortlaufend, so oft es die Situationerforderte gegeben und nachher für Schweiss gesorgt. Dabeimusste stets das Fenster Tag und Nacht im Zimmer der Patientinoffen sein. Schon nach 12 Stunden war jede Lebensgefahr geschwunden.In 4 Tagen waren Halsgeschwulst und innerer Belaggänzlich beseitigt. In acht Tagen hatte sich auch die vorherstockende Verdauung wieder normalisiert. Doch hielt ich darauf,dass das Kind nur trockenes Grahambrot und säuerliches Obstungekocht bekommen durfte. Schon am 10. Tage veranlasste ichdie Eltern, das Kind wieder ins Freie in die Sonne zu bringen.Am 15. Tage konnte ich die Patientin für gesund erklären.Gerade diese DiphtheritisfäUe beweisen die Fehlerhaftigkeiteiner lokalen Behandlung am deutHchsten. Bei meiner Behandlungwurde am Halse selber nichts vorgenommen, sondern nurdurch ableitende Bäder am Unterleibe die Krankheitsstoffe nachden natürlichen Ausscheidungsorganen abgeleitet.No. 24. Schweres Unterleibsleiden (4 1 / 2 Pfd. schweres Gewächsin der Gebärmutter). Am 10. Juli d. J. kam zu mir FrauH. aus M. in die Sprechstunde und teilte mir folgendes mit: IhreNichte hätte bei mir im Frühjahre eine sehr erfolgreiche Kurgemacht und habe nicht nachgelassen, bis sie selber auch dieseKur in derselben Weise wie jene sie gelernt hatte, gebrauchte.„Ich bin," fuhr sie fort, „seit längeren Jahren unterleibsleidendund kuriere schon lange ohne jeden Erfolg. Mein Haus%rzt sagtmir, dass ich ein Gewächs in der .Gebärmutter habe und dassdasselbe langsam aber beständi^gpfcachse. Eine Operation werdein nächster Zeit notwendig werden. Ich selber fühle mich soelend, dass ich dem Arzte erklärte, von der Operation entschieden


496 Dritter Teil.abzusehen, musste ich sterben, so würde ich dies auch ohne Operation,denn zu dieser fühlte ich mich viel zu schwach. Ziemlichhoffnungslos begann ich Ihre Kur wie sie mir meine Nichtelehrte. Der seit Jahren feste und unregelmässige Stuhlgangregelte sich bereits in überraschender Weise am zweiten Tageder Kur, so dass ich von diesem Tage ununterbrochen täglichmehr Ausleerungen durch den Darm als früher erhielt. Ebensomusste ich drei- auch viermal so viel^. Wasser lassen als früher,kurzum ich bemerkte, wie die in mir vorhandenen Krankheitsstoffetäglich mehr ausgeschieden wurden und wie dabei meinLeib jede Woche mehr abnahm und wieder mehr eine normaleForm bekam. Alle Nacht kam ich in Schweiss, was früher auchniemals der Fall gewesen war und fühlte mich von Tag zu Tageimmer wohler und kräftiger. Am meisten verwunderte mich beider Kur aber, dass ich täglich nach dem Reibebade eine Ausscheidungaus der Scheide bekam, wie ich sie noch" niemals gehabthatte. Es war dies eine zähe feste gallertartige Schleimabsonderungin der Grösse wie ein Hühnerei ohne Schale. Tratman darauf, so veränderte sich diese Masse in keiner Weise,' sozäh war sie. Solche Ausscheidungen fanden während vier Wochenfast täglich ein- bis zweimal statt, so dass wohl ein kleinerEimer voll im ganzen fortgegangen ist. Da bekam ich einesTages plötzlich einen Vorfall. Der hinzugerufene Arzt konstatierteindessen, dass dies kein Vorfall sei, sondern dass vielmehr aus derGebärmutter ein Gewächs in Form einer Kaffekanne (4 1 / 2 Pfd.schwer) sich durch den Muttermund gezwängt habe und diesesGewächs mit zwei Stielen an dem Innern der Gebärmutter festgewaehsensei. Es sei ihm dieser Fall noch niemals vorgekommen,dass sich ein Gewächs in dieser Grösse aus der Gebärmutterdurch den Muttermund gezwängt habe, er könne sich nicht genugüber diesen ganz aussergewöhnlichen Fall wundern. Davon, dassdiese Wirkung infolge der Reibebäder erfolgt war, Hess ich denArzt absichtlich nichts wissen. So löste derselbe das Gewächsan den Stielen von der Gebärmutter los, und ich brauchte nachwie vor meine Reibebäder und Diät fort, wobei ich mich jetztwohler denn je fühle."No. 25. Schweres Herzleiden, Blutstockung, Heraustretender Herzschlagader, Asthma. Frau M. aus H. hatte seit längerer4 Zeit an, Asthma gelitten. < -Sie war 58 Jahre alt. In den letztenJahren hatten inre asthmatischen Beschwerden sehr zugenommen.Seit Anfang September 1891 stellten sich Schmerzen in derrechten Brust ein, die beständig zunahmen und sich zuweilen


Kurberichte. 497sogar bis zum rechten Ellbogen hin erstreckten. Namentlichbeim Atemholen wurden die Schmerzen bald immer unerträglicher.Es stellte sich Herzklopfen und Angstanfälle dazu ein. <strong>Die</strong> quälendenSchmerzen und die Atemnot Hessen die Frau keine Nachtmehr schlafen, trbtzdem*%ich eine wahre Todmüdigkeit eingestellthatte. Nicht zehn Schritte war Patientin mehr im stände zugehen, ohne nicht dabei ausruhen zu müssen, auch wurde ihrdas Sprechen so schwer, dass sie nicht mehr die geringste Unterhaltungmit den Ihrig^l JÄäegen konnte. Dabei nahmen dieSchmerzen in der^ rechten Brust beständig zu, so dass die armeFrau beim Luftholen oft unwillkürlich aufschreien musste. Danntrat aber plötzlich infolge eines unvorsichtigen Bewegens derKranken nach vorne eine ganz eigene Erscheinung auf. Auf derrechten Brust war nicht weit unterm Halse eine Ader hervorgetretenin der Dicke eines kleinen Fingers, die mit unerhörterKraft und weit stärker als das Herz pulsierte. Vor dieser Erscheinungstanden alle die sie behandelnden Ärzte, worunter einesehr berühmte Autorität war, ratlos. Sie erklärten diesen Zustandfür ein Heraustreten der Herzschlagader und bereiteten die Fraudarauf vor, dass jeden Äugenblick diese zum Zerspringen überfüllteAder platzen und dadurch den Tod herbeiführen könne. <strong>Die</strong>Lage der armen Kranken wurde immer trostloser, so dass siesich selber nur noch den Tod herbeisehnte. Sie konnte nur nochsitzend im Bette zubringen, aber weder auf dem Rücken nochauf einer Seite mehr liegen. So war der Zustand, als die Krankein meine Behandlung kam. <strong>Die</strong> sie behandelnden fünf Ärzte,worunter sich ein angesehener Naturarzt ebenfalls befand, hattendie Patientin aufgegeben und so hatte sie nicht mehr die geringsteHoffnung, als sie in meine Behandlung kam. Ich stelltenun zunächst durch meine Gesichtsausdruckskunde fest, dass dieUrsache zu diesen verschiedenen Krankheitserscheinungen bei der-Kranken ein altes chronisches Unterleibsleiden war, woraus zunächstdas Asthma und dann das schwere Herzleiden und dieBlutstockung entstanden waren. <strong>Die</strong> Behandlung wurde dementsprechendeingeleitet. Täglich drei ableitende Reibesitzbäderneben vöUig trockener, reizloser, naturgemässer Diät. Der Erfolgwar ein geradezu überraschender. Bereits in acht Tagen hattenalle Schmerzen aufgehört. In vierzehn Tagen hatte das Schlagender herausgetretenen Herzschlagader nachgelassen und in dreiWofchen war dieselbe vollstäöffig wieder normal zurückgetreten*und jede Blutstockung und jedes Herzleiden spurlos versahwunden.<strong>Die</strong> Atemnot war gewichen und ruhiger gesunder Schlaf undguter Appetit waren wieder eingekehrt. In vier Wochen warLouis Kühne, <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong>. 32


498 Dritter Teil.dies unheilbare Leiden vollständig geheilt und damit ein Erfolgerrungen, der nicht nur der greisen Patientin fast unglaublicherschienen, sondern auch bis jetzt unerreichbar gewesen ist. <strong>Die</strong>einheitliche Ursache aller Erkrankungen oder die Einheit allerKrankheiten, wie ich. dieselbe in dieseln Lehrbuche ausführlichdargelegt habe, dürfte durch diesen Kurbericht »wieder eine Stützemehr erhalten haben. Denn gerade so wie Pflanzen und Bäumeausserordentlich verschiedenartig in ihrer äusseren Erscheinung,besonders in. den verschiedenen Erdzonfen >sich zeigen, trotzdemihre Existenz und ihr Wachstum von einheitlichen Faktoren undNaturgesetzen abhängig, so ist auch das Wachstum und dieEntwickelung aller Krankheiten von ganz bestimmten einheitlichenUrsachen und einem ganz bestimmten Naturgesetze abhängig.Einen Zufall giebt es nirgends in der Natur.No. 26. Schiefwerden, Bückgratsverkrümmung, Knochentuberkulose.<strong>Die</strong> vierzehnjährige Tocher des Lehrers Seh. vonhier hatte einen schweren Scharlach überstanden, derselbe warnur durch Medikamente behandelt worden, infolgedessen nichtgeheilt, sondern nur sozusagen unterdrückt. Wohl war dasScharlachfieber gewichen, indessen stellte sich sehr bald danachein noch schlimmeres Leiden ein. Das Mädchen wurde ganzschief auf der linken Seite. <strong>Die</strong> linke Hüfte stand höher wie dierechte, namentlich aber war die linke Schulter ganz aus ihrerLage gehoben. <strong>Die</strong> Haltung war eine so schiefe, dass sogardas Rückgrat dadurch verkrümmt war. <strong>Die</strong> Schulter und derlinke Oberarm wurden allmählich immer dicker und härter undschliesslich erklärte der behandelnde Arzt, es müsse eine Operationvorgenommen werden, weil der Knochen des Oberarms in Gefahrsei. Jetzt wurde meine Hilfe in Anspruch genommen, da sichdie Eltern zu einer Operation nicht entschliessen konnten. Ichstellte zunächst durch meine Gesichtsausdruckskunde fest, dassder Scharlach in keiner Weise geheilt, sondern infolge der naturwidrigenMedikamentbehandlung nur in eine chronische Formgebracht worden war. Ich erklärte dann weiter, dass es keinZufall gewesen sei, wenn hier gerade die linke Schulter so schwererkrankt sei und ebenfalls das Schiefwerden und die Rückgratsverkrümmungdie linke Seite betroffen, denn schon lange vordem Scharlach habe hier eine vorwiegend linksseitige Belastungvorgelegen, die dann nach Beendigung des Scharlachfiebers (vergl.darüber mein Lehrbuch „<strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong>" Seite 41bis 44) auch die Veranlassung dieser linksseitigen Erkrankungwerden musste (vergl. darüber mein Lehrbuch Seite 79 u. f.).


Kurberichte. 499Ich erklärte denn weiter, dass wir, wenn eine Heilung eintretensoUe, entweder den alten Scharlach noch einmal zurückbekommenwürden, weü derselbe noch im Körper stecke, oder aber imgünstigsten Falle es zu einer Abszessbildung am linken Oberarmkommen werde. Der Veflauf der Kur war folgender: Angewendetwurden täglich zwei bis vier ableitende Reibebäder, je nach derHitze, welche im Innern 3$»rlag, neben völlig reizloser naturgemässerDiät. In der erste» Woche nahm die Geschwulst desArmeff und der Schulter etwas ab, ohne dass erhebliche Besserungeingetreten wäre, auch die vorhandenen Schmerzen Hessennach. Haltung und Schiefsein blieben unverändert. Nach Verlaufder zweiten Woche stellten sich mehr Schmerzen im linken Oberarmund der Schulter ein, und die Geschwulst begann sich ca. 10 cmunter der linken Achsel härter und fester zusammenzuziehen, eswar deutlich zu sehen, dass es hier zur Abszessbildung kommenwerde. Das beanspruchte, da die Schmerzen zunahmen, eineÄnderung in der Behandlung. <strong>Die</strong> ableitenden Reibebäder musstenvermehrt werden und daneben täglich ein bis zwei lokale Dampfbäderauf die Geschwulst. Schon nach vier Tagen war die Patientindabei so schwach geworden, dass von den lokalen Dampfbädernabgesehen werden musste, an ihre Stelle traten jetzt halbstündigzu er<strong>neue</strong>rnde heisse Wasserumschläge auf die Geschwulst. <strong>Die</strong>sezog sich aus der Schulter immer mehr nach der Abszesstelle.Daneben traten viel Ausscheidungen kranker Stoffe durch Darmund Nieren ein. Am vierten Tage in der dritten Woche öffnetesich der Abszess in drei Löchern nach aussen, wodurch fastein Liter Materie entleert wurde. Acht Tage lang wurde jetztmit den warmen Wasserumschlägen, lokalen Dampfbädern unddenselben ableitenden Bädern wie vorher fortgefahren, wobeidie entstandenen Wunden beständig Eiter absonderten. Amachten Tage nach' der Abszessöffnung schlössen sich die dreiWunden wieder ohne irgend eine Narbe zu hinterlassen. <strong>Die</strong>Umschläge und lokalen Dampfbäder wurden jetzt eingestellt undnur täglich ein bis zwei ableitende Reibesitzbäder fortgesetzt.Nach beendeter Abszesskrise war der ganze Körper wieder normalgerade geworden und jede Spur von Krankheit geschwunden,die kleine Patientin aber wie neu geboren. Ihre Gesichtszügehatten sich dreifach verschönert, die Stimmung vollständig geändert.Eltern und Tochter waren überglücklich, den Aussichtenauf voUständiges Schiefwerden'"neben Knochentuberkulose* undSteifheit des linken Armes überhoben zu sein. Patientin warmit Ablauf der fünften Woche voUständig geheut. * '&>Hätten die Eltern dem Rate ihres Hausarztes nachgegeben32*


500 Dritter Teil.und hätten ihre Tochter im Krankenhause operieren lassen, einlebenslanges Siechtum wäre die sichere Folge gewesen. So hattesie der Rat eines guten Freundes davor glücklich bewahrt.No. 27. Periodische Brechanfälle. Lungenleiden. DerHandarbeiter Herrn. M. aus L. litt seit zwölf Jahren an periodischenBrechanfällen, gegen die kein Mittel helfen wollte. Regelmässigalle Wochen ein bis zwei Tage kehrten diese Anfällewieder. Der Anfall währte jedesmal^regelmässig vom Aufstehendes Morgens bis zum Schlafengehen des Abends. Patient war dannwährend dieser Zeit geradezu unfähig zu allem, denn das Brechenhörte nicht etwa damit auf, wenn der Inhalt des Magens geleert;war derselbe leer, so wurde fortwährend nur Galle erbrochen,was noch viel quälender und anstrengender für den Patientenwar. Nachdem er zwölf Jahre lang vergeblich alle verschiedenenÄrzte und Heilmethoden versucht hatte, hörte er von mir undkam in meine Behandlung. Ich stellte zunächst durch meineGesichtsausdruckskunde fest, dass. die eigentliche Ursache derBrechanfälle ein chronisches Lungenleiden sei, welches sich auseinem ererbten Unterleibsleiden entwickelt hatte. Ich verordnetein den ersten vierzehn Tagen neben" reizloser, trockener, naturgemässerDiät täglich zwei Rumpfreibebäder. Das Resultat war,dass innerhalb dieser Zeit nicht die geringste Besserung sichzeigte, das Leiden blieb wie zuvor, auch hatte sich das Aussehendes Patienten noch in keiner Weise geändert. Ich änderte jetztdas Baden, indem ich täglich zwei Reibesitzbäder an die Stelleder Rumpfreibebäder treten lies. Der Erfolg war ein geradezuüberraschender. Bereits in acht Tagen war das Aussehen desPatienten ein völlig verändertes. An die Stelle seiner bleichenaschfarbigen Gesichtsfarbe war eine blühende Lebensfrische getreten.Seine Verdauung war wie umgewandelt. <strong>Die</strong> Anfällewaren nicht wieder eingetreten. Vier Wochen danach besuchtemich dieser Patient wieder, um mir seinen Dank für seine Heilungabzustatten und versicherte mir, dass er sich wie neugeborenfühle, seit er die Reibesitzbäder gebrauche. Was er früher niegekannt habe: ein natürlicher Schweiss, trete jetzt täglich beiseiner Arbeit ein, wobei er sich ausserordentlich wohl fühle,während ihn früher stets eine trockene Hitze.gequält habe.<strong>Die</strong>ser Fall zeigt so recht deutlich, wie in vielen Fällen mitdem Reibesitzbade ganz andere Wirkungen als mit dem Rumpfreibebadezu erzielen möglich sind.No. 28. Bückgratsverkrfimmung, Schiefsein des Oberkörpers.Der 17*/ 4 jährige Sohn des Ackerbauers A. aus B. in


Kurberichte. 501Thür. war seit Jahren ausgewachsen. <strong>Die</strong> rechte Brust war ganznach hinten herausgetreten und das Rückgrat infolgedessen verkrümmtund verknorpelt. Der behandelnde Arzt hatte schonlange gesagt, dass der Knabe ein Krüppel werden würde unddass sich daran nichts äridern Hesse. Da hatte der Zufall seinemVater mein Lehrbuch „<strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong>" in die Händegespielt, worin derselbe auf Seite 88 — 104 fand, dass auch solcheLeiden zu heilen möglich* wären. Er brachte infolgedessen vor; l 1^ Jahren den Knaben in meine Behandlung. Ich stellte nun5 ".zuförderst durch meine Gesichtsausdruckskunde fest, dass diesSchiefwerden erst infolge eines jahrelangen, chronischen Ver-' tauungsleidens sich entwickelt hatte und eine Besserung alleindavon abhängig sei, wie sich dieses bessern Hesse. Ich verordnetetäglich vier ableitende Reibesitzbäder, neben streng reizloser.und.naturgemässer Kost. Der Erfolg trat langsam aber sicher ein.In einem - halben Jähre war das Rückgrat gerade und dieBrust wieder in normaler Lage, dafür- war aber die ganze Masseder Krankheitsstoffe, welche vorher die Brust aus ihrer richtigenLage gedrängt hatten, jetzt tiefer gerutscht, es hatte sich aufdem Rücken hinten überm Gesäss bis hinauf zu den ersten Rippenein solcher Buckel gebildet, dass der Knabe sich nicht bückenkonnte. Der Vater war darüber sehr bestürzt und kam, mir diesmitzuteilen, weil er glaubte, dies sei ein Misserfolg. Ich klärteVater und Sohn indessen darüber auf, dass wir die grosse Masseder Krankheitsstoffe bereits sehr viel mehr nach unten d. h. nachden natürlichen Ausscheidungsorganen gezogen hätten und dassdies ein sehr bedeutender Erfolg gegen früher sei, denn es werdejetzt ungefähr nur noch ein Vierteljahr währen und auch diese. Buckelgeschwulst werde verschwunden sein.. Das leuchtete beidenein, und die Kur wurde fortgesetzt. In elf Monaten war derKnabe als vollkommen geheilt zu betrachten und hatte auch eingegen früher ganz verändertes Aussehen bekommen.Sein plumpes, träges Wesen hatte einer aufgeweckten LebhaftigkeitPlatz gemacht und die Verdauung war mit der früherennicht im entferntesten mehr zu vergleichen. Vater und Sohnwaren aber ebenso erfreut wie überrascht über diesen unerwartetenErfolg, denn sie waren wie die meisten Leute heute derAnsicht, dap sich solche Verkrüppelungen nicht mehr wirklichheilen lassen. Am wenigsten hatten sie dies aber bei Anwendungso einfacher Mittel erwartet. Hätten sie es nicht .selbererlebt, es wäre ihnen wie ein Märchen aus uralter Zeit vorgekommen.*-


502 Dritter Teü.No. 29. Gallensteine, chronische Darmentzündung, Nervosität,Schlaflosigkeit. Frau R. von hier hatte seit Jahrenan schlechter Verdauung und Gallensteinen gelitten. Dann warauf der rechten Seite eine heftige Darmentzündung eingetreten,die unter grossen krampfartigen Schmerzen verlief. Nachdemdie akute Entzündung aufgehört hatte, blieb die vorher entzündeteStelle indessen schmerzhaft und geschwollen. Erst ganzallmählich schwanden die Schmerzen, dagegen hatte sich einfester Gegenstand, der von aussen deutlich fühlbar war, imDarme festgesetzt, in der Grösse einer Schnupftabaksdose. FrauR. hatte jetzt grosse Beschwerden mit ihrem Stuhl, auf natürlichemWege war derselbe nicht zu erzielen, es musste stets mitMedikamenten und Klystieren nachgeholfen werden. Von Monatzu Monat wurde sie immer dicker und korpulenter, bis ihr Zustandgeradezu unerträglich wurde. Im höchsten Grade nervös,ohne Schlaf, Schmerzen in der Lebergegend infolge der Gallensteine,völlige Appetitlosigkeit, das war ihr Zustand, als ihr diesie behandelnden Ärzte als letztes Hilfsmittel eine Operation»* der Gallensteine in Aussicht gestellt hatten. Entschieden gegenjede Operation kam sie in diesem Zustande in meine Behandlung.Ich erklärte ihr zunächst, dass ich zu ihrer Heilung keineOperation nötig habe, dieselbe im Gegenteil für höchst gesundheitsschädlichhielte, konnte ihr dann aber, nachdem ich siedurch meine Gesichtsausdruckskunde untersucht hatte, einen gutenErfolg in Aussicht stellen, machte sie indessen darauf aufmerksam,dass ihre frühere Darmentzündung jedenfalls noch einmalakut werden würde, wobei dann der sie quälende feste Gegenstandaus dem Darme verschwinden würde, denn dieser sei nichts alsalte Stoffwechselreste, die dort sitzen geblieben und sich mitder Darmwand verknorpelt hätten.Der Erfolg war folgender: Es wurden täglich je nach demZustande zwei bis fünf ableitende Reibebäder neben wöchentlichien bis zwei Dampfbädern, daneben trockene reizlose naturgemässeKost angewendet. <strong>Die</strong> ersten acht Tage verliefen ohne besondereAnzeichen zur Besserung. In der zweiten Woche wurde Appetit,Stuhl und Schlaf normal. Nach der dritten Woche war jedeSpur von Nervenleiden geschwunden. <strong>Die</strong> vierte Woche brachtedie vorhergesagte Darmkrise mit grossen SchmerzeiBj^w^durch eszu kolossalen, pestilenzialisch stinkenden kohlschwarzen (brandigen)Stuhlausleerungen in ruhrartiger Weise kam. Der Körper hatte31 Pfund abgenommen, wodurch der vielzustarke Leib normalergeworden war. Nach der fünften Woche der Kur begannensich die Gallensteine zu lösen und wurden deutHch sichtbar


Kurberichte. 508durch denJJrin als Steingries ausgeschieden. In sieben Wochenwar dieser schwere Patient geheilt.No. 30. Lungenkatarrh, kalte Füsse, Magenleiden, Leberleiden,Bachenkatarrh. Herr H. von hier, 27 Jahre alt, mehrrechtsseitig belastet, unterzog sich meiner Behandlung, da ergleichzeitig an obigen Leiden schwer litt. Er gebrauchte 14 Tagelang nur meine ableitenden Rumpfreibebäder, darauf acht Tage langReibesitzbäder, neben der von mir verordneten Diät und sonstigenVorschriften. Der Erfolg trat schnell ein. <strong>Die</strong> Verdauungund das Magenleiden wurden schon am zweiten Tage besser,wodurch dann in den nächsten Tagen eine beständig fortschreitendeBesserung der übrigen Folgeübel eintrat. In drei Wochenwar der Patient von allen seinen Leiden geheilt, und was ihnam meisten wunderte, war, dass er auch wieder warme Füssebekommen hatte, ohne dass daran etwas .vorgenommen wordenwäre. <strong>Die</strong> kalten Füsse hatten ihn früher^äbscheulich geplagt.No. 31. Knochentuberkulose. Herr A. H. aus W litt anKnochentuberkulose an beiden Beinen. Über 3 / 4 Jahr war erallopathisch behandelt worden mit Jodoform, Karbol, Sublimat^u. s. w., auch waren bereits mehrere Operationen an beiden Beinenvorgenommen und auch Knochenstücke herausgeschnitten worden.Durch all dies lokale Herumquacksalbern, ohne den Herd derKrankheit zu treffen, war der Zustand des Patienten so trostlosgeworden, dass er nicht mehr gehen konnte. In dieser Verfassungübernahm ich den Kranken. Da seine Körperbelastung einegünstige war, konnte ich ihm einen guten Erfolg in Aussichtstellen. Derselbe trat innerhalb dreier Monate ein. In dieserZeit heilten die Wunden an den Beinen zu und die aufgetriebenenschwammigen Knochen wurden fester und dünner. Bereitsnach der ersten Kur konnte Patient wieder gehen und warnach drei Monaten soweit, dass er sich für vollkommen gesunderklärte. Er hatte einen Gesundheitszustand erreicht, wie er denselbenin den letzten zehn Jahren nicht gekannt hatte.No. 32. Lungentuberkulose. Martha K., die vierjährige Tochtereines Leipziger Bürgers, litt an Lungentuberkulose und warbereits 14 mal mit Kochscher Lymphe geimpft und behandeltworden, leider jedoch ohne jeden Erfolg, die Mutter behauptetesogar, 4iach*der Impfung sei das Befinden des Kindes im allgemeinenweit schlechter geworden als vorher. Ich verordnetetäglich mehrmalige ableitende Reibebäder, wie dieselben inmeinem Lehrbuche „<strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong>" beschrieben ißind,neben reizloser, trockener, naturgemässer Ernährung und so oft


504 Dritter Teil.wie möglich Sonnenbäder und vielen Aufenthalt und Bewegungim Freien. Nach acht Tagen war bereits eine sehr bedeutendeBesserung eingetreteu, die in den folgenden Wochen beständigfortschritt. Innerhalb dreier Monate hörte die Muster die Kurwieder auf, weil sie ihr Töchterchen für völlig gesund und wiederhergestellthielt. Das Kind hatte sich während dieser dreimonatigenKur so erholt und herausgemacht, dass es kaum wiederzuerkennenwar.No. 33. Knochentuberkulose. Gottlieb H. aus M. bei R.,42 Jahre alt (Maurer) litt seit Jahren an Knochentuberkulose.In der Hnken Kniekehle befanden sich zwei offene Wunden, inder Grösse eines Zehnpfennigstücks. <strong>Die</strong> Tiefe der Wunden war7 und 8^ cm, schräg nach oben sich ziehend, bis an den Oberschenkelknochen.Am äusseren linken Oberschenkel befand sichdie dritte offene Wunde, in der Grösse eines Zweipfennigstücks,deren Tiefe aber 11 cm bis zum Knochen genau zu sondieren war.Alle drei Wunden sonderten fortwährend einen wässerigen Eiterab. Das ganze Bein war geschwollen und knotig. Der Mannhatte bereits die verschiedensten Kuren (Allopathie, Homöopathie)angewendet, aber ohne jeden Erfolg. Am 3. Dezember 1891trat er in meine Behandlung. Ich stellte zunächst durch meineGesichtsausdruckskunde fest, dass hier schon jahrelang ein Verdauungsleidenzu Grunde liege, das auf der linken Seite desLeibes seinen Sitz hatte. So war es denn auch kein Zufall,dass gerade das linke Bein des Patienten die tuberkulösenWunden zeigte. Der Körper war im ganzen hauptsächlich linksseitigbelastet, und es hatte infolgedessen das linke Bein schonlange, bevor es zu der Bildung der offenen Wunden kam, dieDisposition dazu gehabt. <strong>Die</strong> früher angewendete, lokale Behandlungder Wunden hatte demzufolge niemals den eigentlichenHerd, sondern nur gewissermaassen den äussersten Ausläufer derKrankheit getroffen, und musste daher erfolglos bleiben.Da der. Patient noch ein lebenskräftiger Mann war, konnteich ihm einen guten Erfolg in kurzer Zeit in Aussicht stellen.Der Verlauf war folgender: Angewendet wurden täglich dreiableitende und wöchentlich zwei Dampfbäder, neben völlig reizloser,naturgemässer Kost. Bereits nach dem ersten Tage derKur hörte die flachste Wunde, nach dem achten Tage die zweiteim Kniegelenk auf zu eitern, worauf beide Wunden in einigenTagen zuheilten. Nach dreiwöchiger Kur hörte auch diedritte Wunde auf zu eitern und heute zu. Jetzt begann dieSchweUung des Beins nachzulassen. Das Bein erlangte in ferneren


Kurberichte. 505vier Wochen seine normale Beschaffenheit, auch hatte sich bereitsein grosser Teü der Knoten am Bein aufgelöst.Patient war überglückHch und versicherte, sich seit Jahrennicht so wohl befunden zu haben wie jetzt.Er reiste, vollständig geheut, nach Schlesien zurück.No. 34. Hüftgelenkentzündnng und daraus folgende Körper-Verkrüppeluug, Lahmheit. Oswald Z. aus K. bei Sk., zwölf Jahrealt, hatte ein Jahr vorher Husten gehabt und. hatte dann infolge*einer Erkältung Hüftgelenkentzündung bekommen. <strong>Die</strong>se? wurdedurch die naturwidrige Behandlung seitens verschiedener Ärztedurch Medikamente, Streckbett u: s. w. so verschlechiert^ dassder arme Knabe ausser seiner harten steifen Hüfte noch rechterhebHch arzneikrank wurde. Er wurde ganz schief und lahm,weü das rechte Bein mit der Zeit nicht nur kürzer als das linke,sondern auch im ganzen unentwickelter und magerer wie daslinke geworden war. Auch der rechte Fuss war. bereits weitkleiner als der linke. Der Knabe konnte nur an zwei Krückengehen. So kam er in meine Behandlung. Durch meine GesichtsausdruckskundesteUte ich sofort fest, dass die Lahmheit undVerkrüppelung des armen Patienten nur die Folge der falschenmedizinischen Behandlung war. <strong>Die</strong> Ärzte, die das Kind heilensoUten, hatten es, ohne dies zu woUen, zum Krüppel gemacht.Ich steUte dann ferner fest, dass die Hüftgelenkentzündung erstdie Folge eines Blasenleidens gewesen war, welches der Knabe,wie die Mutter versicherte, infolge jener Erkältung erlitten habe.Er habe dazumal einige Tage kein Wasser lassen können undhabe gleich darauf die Hüftgelenkentzündung bekommen._. . <strong>Die</strong> Kur wurde dementsprechend angeordnet. An dem steifenVerkrüppelten Bein wurde nichts vorgenommen, sondern tägHchnur drei Reibesitzbäder neben reizloser naturgemässer Diät angewendet.Der Erfolg war folgender. In vierzehn Tagen konnte"der Knabe bereits ohne Krücke und Stöcke wieder gehen. Invier Wochen war die harte Hüfte wieder normal weich und jed#Verkrüppelung geschwunden, das Bein wieder so bewegHch wiedas linke; innerhalb eines halben Jahres hatten sich dann diezurückgebHebenen unentwickelten Dimensionen des Beines undFusses wieder VoUständig ausgeglichen. <strong>Die</strong>se Heilung war abernur dadurch zu stände gekommen, dass der Knabe infolge derReibesitzbäder ausserordentliche Ausleerungen von Urin erzielte,wie er sie noch niemals gekannt, damit war die veranlassendeUrsache dieser Leiden beseitigt.No. 35. Schwindsucht. Christian« D. aus N., von BerufBergmann, 49 Jahre alt, war seit drei Jahren lungenleidend.


506 Dritter Teil.Zehn Ärzte hatte er konsultiert ohne Hilfe zu finden, dieselbenhatten Tuberkelknoten in der Lunge konstatiert und erklärtenseinen Zustand für Schwindsucht, gegen die sich nichts machenHesse. Ihr letzter Rat war, ein wärmeres Klima aufzusuchen.Dazu fehlten dem Patienten die Mittel und so kam er in meineBehandlung. Ich stellte durch meine Gesichtsausdruckskundefest, dass hier allerdings ein schweres Lungenleiden, Schwindsucht,vorliege, dass sich dieselbe aber erst infolge jahrelangerschlechter Verdauung entwickelt habe und dass eine Besserungeintreten würde, sobald es nur gelänge, die Verdauungdauernd* 1 zu heben. Angewendet wurden nur Reibesitzbäder, diedem Kräftezustande des Patienten an Zahl und Dauer genauangepasst werden mussten. Daneben wurde die Diät entsprechendgeändert. Der Erfolg war ein günstiger, bereits in vier Wochenwar eine grosse Besserung eingetreten. <strong>Die</strong> Verdauung hattesich täglich.gebessert. Patient war wieder imstande, den Wegvon seinem Dorfe N. bis zur nächsten Bahnstation ohne Beschwerdenzurücklegen zu können, den er schon seit zwei Jahrennicht mehr machen konnte. Das Aussehen des Kranken warein völlig verändertes. Sein blasses eingefallenes Gesicht warwieder voller und frischfarbiger geworden. In weiteren zweiMonaten hatte sich dieser schwere Patient soweit erholt, dasser wiederum seine Arbeit aufnehmen konnte. Den früher behandelndenÄrzten war diese Heilung als ein wahres Wundererschienen, zumal sie dem Patienten ein baldiges Ende prophezeiht.Patient berichtete mir darüber, dass diese Ärzte esthatsächlich nicht geglaubt hätten, dass mein Verfahren dieHeilung dieses Kranken bewerkstelligt hätte. Soweit haben dieseSöhne Äskulaps den Faden mit der Natur verloren, dass ihneneinfache Naturwirkungen als Wunder erscheinen.No. 36. Wassersucht. Herr K. aus P. litt seit zwei Jahrenan Wassersucht. Beine und Leib waren stark geschwollen, Verdauungbereits seit Jahren schlecht, Ausleerungen ungenügend.Von einem Freunde auf meine Heilmethode aufmerksam gemacht,begann er dieselbe auf eigene Faust nur nach meinem Lehrbuche,j<strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong>". <strong>Die</strong> sehr bald eintretenden Erfolge,besonders die sehr grosse Besserung seiner Verdauung ermutigtenihn immer mehr, so dass er sehr bald mit der sicheren Hoffnungauf einen guten Erfolg die Kur ganz consequent fortsetzte. Inallen den Punkten, .in 'welchen er allein nach dem Lehrbuchenicht genügenden Rat wusste, erhielt er denselben von mirbrieflich, und so gelang es diesem schweren Patienten sich inner-


Kurberichte. 507halb eines Jahres vollständig von seinem Leiden zu heilen. Erstellte sich dann gelegentlich mir vor und ich tonnte nicht umhin,sein grosses Verständnis für meine Kur und seine damit erzieltenErfolge anzuerkennen.No. 37. Vollständige Lähmung. Eotlauf am Schienbein.Frau R. von hier, 35 Jahre alt, hatte am linken Schienbein gleich?unterhalb der Wade einen rotlaufartigen Gürtel rings um dasBein bekommen, wie sie glaubte durch zu schweres Arbeiten.Ihr Arzt wendete dagegen graue Salbe an, und als diese nichts•* helfen wollte, verordnete er Ichtyolsalbe. Davon wurde fürmehr als zehn Mark verschmiert. Der Zustand wurde aber trotzdemimmer nur schlechter, die Verdauung wurde träge und unregelmässig,und das rechte Bein schwoll dabei beständig unter grossenSchmerzen an, so dass dasselbe sehr bald ganz gelähmt war.Von dieser Zeit an musste Frau R. beständig das Bett hüten. Eswurden noch andere berühmtere Ärzte hinzugezogen. Der berühmtestevon ihnen verordnete fast täglich eine andere Salbeund dazu folgende Diät. Morgens: schwarzen Thee mit gerösteterSemmel, zum zweiten Frühstück: Caviar mit Portwein,'Mittags: Huhn oder Hasenbraten, dazu Compot und Semmel,Vesperzeit: Milch mit Cognak, Abends: rohes Fleisch aufSemmel und dazu ein Glas Culmbacher Bier. Und welchen Erfolgerzielte der berühmte Mann?! <strong>Die</strong> Frau war in ganzkurzer Zeit vollständig gelähmt, und nicht mehr Herr ihrerGlieder. Dabei war eine hartnäckige Verstopfung eingetreten.Der berühmte Arzt hatte bei seiner Diät wunderbarer Weisegar nicht daran gedacht, dass das, was man geniesse, auch vomKörper verdaut und wieder ausgeschieden werden müsse. DasElend der armen Frau wurde dabei immer grösser. FünfWochen lag sie bereits hilflos wie ein Klotz im Bette und wurdedabei ^immer dicker und hilfloser. Infolge des langen Liegenshatte sie sich hinten eine grosse offene, beständig eiternde Wundevon Fünfmarkschj|jngrösse aufgelegen, die sie entsetzlich quälte,dabei noch eine "qualvolle Schlaflosigkeit. <strong>Die</strong>s war ihr Zustandals ich hinzugezogen wurde. Ich steUte zunächst durch meineGesichtsausdruckskunde fest, dass die Gelähmtheit nur infolgeeines hochgradigen Arzneisiechtums, das durch die naturwidrigeBehandlung der Ärzte herbeigeführt sei, entstanden war, derursprüngliche Rotlauf aber infolge eines schon lange bestehendenchronischen Verdauungsleidens sich entwickelt habe. Jede lokaleBehandlung war daher ausgeschlossen; angewendet wurden nurtäglich drei Reibesitzbäder. Von Anfang hielt es schwer, die


508 Dritter Teil.völlig hilf- und bewegungslose Frau auf das Bad zu heben.Aber schon nach wenigen Tagen wurde das immer leichter. Am15. November wurde mit meiner Kur begonnen und schon inzwei Tagen war eine deutliche Wendung zum Besseren eingetreten,denn der seit fünf Wochen nur künstlich zu erzielendeStuhl trat jetzt zum erstenmale ohne jede Hilfe und ohne Klystiereein. Am meisten quälte die arme Frau die aufgelegene grosseWunde, denn sie ^wusste wirklich nicht, wie sie liegen sollte.<strong>Die</strong> Besserung ging jetzt zusehends vorwärts. Stuhlgang stelltesich bald täglich inmal und dann zweimal in früher ungekanntenQuantitäten ein. Ebenso wurden viel Fremdstoffe durch vermehrteUrinausscheidungen und starke Schweisse zur Ausscheidunggebracht. <strong>Die</strong> offene grosse Wunde auf dem Rücken flachtesich täglich "mehr ab und verkleinerte sich dabei, bis sie invierzehn Tagen zugeheilt war. Von da ab konnte Patientinwieder auf ihren Beinen stehen und in der dritten Woche vermittelsteiner Krücke in der Stube herumgehen. Zu Weihnachtenkonnte sie bereits ohne jede Hilfe wieder in der Stube herumgehenund heute ist sie vollständig geheilt.No. 38. Gelbsucht. Im Frühjahr 1887 klagte die dreizehnjährigeTochter der Frau L. von hier über grosse Müdigkeit,Unlust zur Arbeit, allgemeine Schwäche, Kopfschmerzen, kurzallgemeines Unbehagen; nach mehreren Tagen färbte sich dasWeisse der Augen gelb, dann verbreitete sich diese hässlichegelbe Farbe über das ganze «Gesicht und den Hals und schliesslichüber den ganzen Leib. Dabei konnte man .deutlich erkennen,dass ein starkes Fieber in dem Körper wütete,'* welches vomUnterleibe aus sich über den ganzen Organismus verbreitet hatte,aber, wie nach der Natur des Gärungsprozesses notwendig, zuerstam Kopf äusserlich sichtbar geworden war. Behandlung war:Reizlose Diät, dreimal täglich ableitende Bäder zur Ableitungdes Gärungsstoffes und Öffnung der Hautporen. In vierzehnTagen war die Gelbsucht völlig beseitigt und geheilt.No. 39. Hochgradige Verstopfung. Frau Dr. F. aus A.hatte etwa 20 Jahre an hochgradiger Verstopfung gelitten.Kein Mittel wollte mehr helfen. Als sie sich in meine Kurbegab, sagte sie mir gerade heraus, dass sie nach ihren bisherigenErfahrungen gar keine Hoffnung auf Besserung habe.Nachdem sie acht Tage hindurch meine Ratschläge befolgt, namentlichauch aufs strengste naturgemäss gelebt, war das Leidengehoben und mit ihm eine Anzahl von Folgeübeln. Was dieKost anlangte, so hatte sich Patientin eine Zeitlang mit Schrot


Kurberichte. 509und säuerHchem Obst begnügen müssen, bis sie wieder gekochteSpeisen und Brot verdauen konnte.No. 40. Yeitstanf, schwerstes Nervenleiden. <strong>Die</strong> 15jährigeTochter Antonie der Frau Gr. in Leipzig litt an NervenleidenaUerschwerster Art. Sie Rannte nichjb mehr, gehen,, nichtmehr sprechen, nicht mehr schlafen, nichts tragen, nichts anfassen,nichts verdauen. Siß zappelte am ganzen Leibe, hattealso den schrecklichsten Veitstanz. In diesUr trost- und hilflosenVerfassung befand sich das Mädchen, als es am 14. Januar1890 in meine Behandlung kam.AUe vorher angewendeten Mittel und Heilmethoden warenerfolglos gewesen.Täglich drei Reibesitzbäder von längerer Dauer, tags undnachts frische Luft und reizlose Diät wurden verordnet undbewirkten in kurzer Zeit einen geradezu beispieUosen Erfolg.Nach acht Tagen konnte das Mädchen bereits wieder gehen,und nach einigen Monaten war sie soweit hergestellt, dass siewieder eine Stelle annehmen konnte.Durch die innere Belastung -dieses Körpers mit Fremdstoffenwaren die Nerven derartig in ihrer willkürlichen Leitung behindert,dass das Kind nicht mehr Herr seiner GHeder, Gedankenund Worte war. Ehe aber**die unter dem Willen stehendenNefvenleitungen gestört-wurden, waren bereit^, fqpier die ausserhalbdes Wülens stehenden Verdauungsnervenleitungen gestört.<strong>Die</strong> Verdauung des Mädchens war infolgedessen seit Jahren eineungenügende gewesen, dadurch war* die starke Belastung desganzen Körpers mit Fremdstoffeh^fjmtstanden, welche dann erstauch die Störung aUer anderen Nervenleitungen herbeiführte.Durch meine Kur wurden die Fremdstoffe aus dem Körpergeschafft, undteofort trat Besserung ein.No. 41. Allgemeine Schwäche während der Schwangerschaft,Geburts-Erleichterung. Frau Gärtner E. in W. bei P.kam in schwangerem Zustande im September 1889 in meineSprechstunde und klagte über grosse Schwäche, Schmerzen imRücken, kalte Hände und Füsse, übergrosse Mattigkeit, Blutarmut.Alle diese Leiden habe sie früher auch bereits gehabt,indessen erfüüte sie jetzt bei ihrer siebenten Schwangerschaftdieser Zustand mit ganz besonderer Besorgnil, zumal bereits dieletzten Geburten stets nur mit der grössten Mühe und nur nochmit ärztHcher Hilfe möglich waren. AUe Ärzte hatten ihr gegendies Leiden bis jetzt nicht helfen können und sie setzte daherihre letzte Hoffnung auf meine Kur. Ich verordnete ihr täglich


510 Dritter Teil.drei 1 f % stündige Reibesitzbäder, danach Erwärmung durch Gehenin der Sonne, daneben einfachste reizlose Diät. Am 27. Mai 1890kam Frau E. wieder zu mir und beachtete Folgendes: Siehabe meine Anordnungen genau befolgt und bereits innerhalbacht Tagen eine Stärkung wahrgenommen, die immer weiterfortschritt, je länger sie die lüur gebrauchte. Am 25. April seisie niedergekommen und wäre diese Geburt zur ÜberraschungdeÄ,, Heüamme von aUen ihren sieben die leichteste gewesen.Wahrend "früher stets Schwierigkeiten mit der Nachgeburt entstanden,mit welcher stets sehr dickes brandiges Blut abgegangensei, ging, diesmal aUes auffallend leicht und ohne jede Beschwerden.Äjp.ch ist das Kind von allen das munterste. Währendsie früher niemals ausreichende Nahrung mehr für ihre Kindergehabt habe, sei dieses Mal überraschend viel und ausreichendeNahrung vorhanden. Auch habe sie jetzt einen weit besserenAppetit als früher.Sie habe eingesehen, dass diese Lebensweisezwar weit einfacher als die sonst übliche, dafür aber auch beiweitem gesünder sei. Es ist dies eine weitere Bestätigung fürdas in meinem Artikel: „Wie erreicht man gesunde und glüekf^«-liehe Geburten" Gesagte. -*No. 42. Mannesschwäche, Impotenz. Herr Gl. aus Sp.litt an völliger Mannesschwäche. " Alles dagegen angewendetehatte nichts gehoben. Durch meine Kur, die er bei sich zuHause anwendete, bestehend in täglich drei Reibesitzbädern,abwechselnd mit Rumpfreibebädern nebst reizloser Diät war dasLeiden innerhalb sechs Wochen vollständig gehoben.No. 43. Drüsengeschwulst. Bei der etwa neunjährigenE. K.' entstand auf der linken Seite, des Halses '«eine Drüsengeschwulst,die allmählich bis zur Grösse eines grossen Hühnereiesanschwoll. <strong>Die</strong>selbe wurde mit tägUch vier ^teibesitzbädernje eine halbe Stunde und zwei Teildampfbädern in Verbindung.mit einer angepassten Diät behandelt. Anfangs war die Geschwulstdunkelrot, dann wurde sie dunkelblaurot. Nachdem derProzess ca. drei Wochen gewährt, wurden dem Kinde die Dampfbäderunbequem, da der Kopf durch die sehr^gross gewordeneGeschwulst in eine schiefe Stellung gebracht und unbeweglichgeworden war. Infolgedessen wurden sie durch heisse Wasserumschlägeersetzt. ^<strong>Die</strong> letzteren wurden so warm genommen,als es der Körper vertragen konnte. Hier konnte man deutlichdie Bewegung des Krankheitsstoffes wahrnehmen. Denn "derEiter drang durch die Haut hindurch und verunreinigte dasumgelegte Tuch, ohne dass irgend eine Öffnung vorhanden ge-


Kurberichte. 511.*wiesen wäre. SchHessHch entstanden zwei rilgefährerbsengrosseÖffnungen, welche eine sehr grosse Menge Eiter entleerten.Nunmehr fiel die Geschwulst sehr schneU. Aber hinter derselbenbüdete sich eine <strong>neue</strong>, die indessen sehr bald wieder verging,nachdem sie ihren Inhalt durch die erste «und deren Öffnungenentfernt hatte. Nach vier Wochen war die' Krankheit^so weitgehoben, dass das Kind wieder die Schule besuchen konnte,nach fünf Wochen waren alle UnbequemHchfiiten verscheidenund der Kopf und Hals wieder frei beweglich.!*PWSchmerzen hatte der ganze Prozess fast gar nicht mit sichgebracht, weü sie stets einerseits durch die Teüdampfbäderund heissen Umschläge, anderseits durch die Reiltesitzbäder inSchranken gehalten wurden. Narben bHeben nicht zurück.Wäre die Geschwulst geschnitten worden, so würden sicherNarben zurückgeblieben sein, die so vielfach sonst hübsche GesichterentsteUen. Anderseits aber hätte man dadurch der Naturvorgegriffen, und es wäre niemals zu einer so vollkommenenAusscheidung der Krankheitsstoffe gekommen wie in diesem FaUe.- 4" - -No. 44. Karbunkel. Herr S. aus HaUe a. S. berichtet uns:Ich bekam anfangs April eine harte Geschwulst im Nacken.Zugleich steUte sich grosse Müdigkeit ein. Anfangs achtete ichWenig darauf, weü ich glaubte, einem Vegetarier könne nichtsGefahrHches begegnen. Aber das Gewächs wuchs immer mehr.Mein Allgemeinbefinden war wenig befriedigend. Mein Appetitwar gering, und ich hatte nur wenig^Schlaf, aber starkes Ziehenim Kreuz. AllmähHch nahm die Jxeschwulst die Grösse einesHühnereies an, die Schmerzen wurden sehr stark, an Schhjiwarnicht zu denken, ebensowenig an Hunger. s CDagegen zeigte sichheftiges Fieber. Erst nun konnte ich mich entschliessen, ernsthaftan die Behandlung zu gehen. Das geschah in der Weise,dass ich örtliche. Teüdampfbäder nahm, wobei mir der zerlegbareKuhnesche Dampfbadeapparat sehr zu statten kam. <strong>Die</strong> Dampfbäderwiederholte ich so oft^ als die Schmerzen überhand nehmenwoUten und erzielte^lurch sie, durch die Rumpfreibebäder und dieReibesitzbäder, fptets Linderung. Zwischen den Bädern bedeckteich, um Reibung und Verunreinigung zu verhüten, den krankenTeü mit einem reinen leinenen feuchten Tuche, über das ich.eine woüene Hülle legte. Zunächst bHeb aber der Karbunkel,welcher eine violettähnHche Farbe angenommen, sehr hart. <strong>Die</strong>Schmerzen kamen immer wieder. Nach vier bis fünf TagensteUten sich an verschiedenen SteUen kleine Oflimngen vonStecknadelkopfgrösse ein. Ihre Zahl stieg bis auf 20. Aus den


512 Dritter Teil.-•*,Öffnungen kam Blut und blutiges Wasser. Noch war die Geschwulstsehr brandig und hart. Nach weiteren vier Tagen vereinigtensich die vielen kleinen Löcher zu grösseren Offnungenaus denen reichlich Eiter floss. Mit einem Male senkte sich dieganze Hecke und der^ganze Karbunkel war nur ein Loch, ausdem BÄit und Eiter * herausfloss. Nun bekam ich Ruhe, dieSchmerzen versehenden und binnen kurzem war die Heüungeingetreten. Jetzt fühle ich mich so wohl, wie nie vorher. Ichhabe die Empfindung, als wenn meinem Körper grosse Lastenabgenommen worden wären und entwickele eine vorher nichtgekannte Arbeitskraft.Jedermann weiss, wie gefährlich bei der Behandlung derherrschenden SUiule ein Karbunkel, noch dazu am Halse ist,und wie leicht Blutvergiftungen durch Operationen dabei eintreten.Ohne Schneiden, ohne Salben, nur durch örtHche Dampfbäder,durch Rumpfreibe- und Reibesitzbäder, ohne Zuziehungirgend eines**Beraters habe ich nach der bei Herrn Kühne erlerntenWeise meine sehr schwere Erkrankung beseitigt. Wahrlich,wer das "an sich erlebt, der muss, er mag wollen oder nicht,mit Leib und Leben für die arzneilose und operationslose Heükunsteintreten. i*f-No. 45. Brust- und Nasenkrebs. Frau" Fleischermeister Sp.aus Leipzig-ReisStnitz hatte alle möglichen Mittel gegen ihr schweresLeiden, Brust- und Nasenkrebs, gebraucht; leider aber ohneErfolg. Da machte sie eines »Tages jemand auf'mein Heilver-.fahren aufmerksam, und so bat sie mich, nach ihrer Wohnungzu kommen. Ich/entsprach diesem Gesudhe und fand die Frauin einem jämmerlichen Zustande. Auf der Brust war eine faulige,fressende, tiefe Wunde aufgebrochen, so gross, dass sie kaumvon einer grossen Hand überdeckt werden konnte'; dann war diehalbe Nase berefft vom Krebs zerstört, und endlich hatten sich*auf der Stirn zwei dicke rote Geschwülste (Krebsknoten) gebildet,die eben im Begriff waren, v aufzubrechen. Ich ordnetenach meiner Untersuchung dann sofort eine entsprechende Kuran, die vom besten Erfolge begleitet war. Querst gingen diePreschwülste an der Stirn zurück, dann heilte die Brust undtendlich die Nase. Als die Frau zuerst, bereits nach einigenMonaten der Kur, und schon viel gebessert, in meine Sprechstundekam, um von ihrer Besserung Bericht zu erstatten, sahsie noch ganz entsetzlich abschreckend aus. Heute hat sie sichin eine aj^ehnliche, man darf sagen hübsche Frau zurückverwandelt.Und das Wunder — denn als ein solches muss es


»- Kurbertehte. 513jedem erscheinen, der diese Kranke in der Zeit ihres schwerstenLeidens gesehen hat — ist nur herbeigeführt worden durchreizlose Diät, Reibesitzbäder und Schweisserzeugung, ohne dasGeringste an ßrust, Nase oder Stirn vorzunehmen.In noeh nicht 9 Monaten hat Frau Sp. durch konsequenteDurchführung ^meiner Kur ihr schweres Leiden beseitig^. "No. 46. Jahrelanger Durchfall, Ruhr. Herr R. P. littbereits seit 10 Jahren an fortwährendem Durchfall, dergestalt,dass er alle Tage 10—15 mal zu Stuhl musste und deswegennirgends festen Fuss fassen konnte; alle erdenklichen Heilmethodenhatte Herr R. P. dagegen mit mehr oder weniger Erfolglosigkeitangewendet, bis er in meine Behandlung! kam. Bereitsnach 14 Tagen war das Leiden durch Rumpr^Mind Reibesitz-^bäder und dem Zustande des Patienten genau* angepasste reizloseDiät völlig gehoben.^No. 47. Vier Jahre dauernder Durchfall. Ruhr. FrauW. aus Amerika klagte über sehr schwächenden, schon vierJahre andauernden Durchfall und Ruhr, der durch die von ihrauf Anraten verschiedener Ärizte gebrauchten Mittel nicht zuheben gewesen sei. ,Ich riet ihrem Zustandet angepasste, (leicht ^verdauliche Kost,ableitende Reibebijder dreimal täglich und wöchentlich drei Dampfbäderan.,•Nach drei Wochen war der Zustand gäyizlibh *t>e^itigt.<strong>Die</strong>se Beispiele zeigen deutlich, wie Verstopfung und Durch- -fall nur verschiedene Erscheinungsformen einer un * derselbenKrankheit und, weil auf die gleiche U^^he zurückzufahren,dutfch das gleiche Verfahren zu heilen sinl.No. 48. Ischias (Hüftweh). Am 11. Mai. 1886 wurde ichzu Herrn Dr. med. B. gerufen, der seit Februw an Ischias litt,die trotz aller medizinischen Behandlung immer schlimmer undschlimmer wurde. Zuletzt konnte^er nicht mehr gehen und"ni&ht naehr liegen,» so 'dass er Tag und Nacht auf dem Sofalehnend verbringen musste. Ich verordnete Herrn Dr. B. zweiJfcumpfreibebäder von 18 bis 15 Grad täglich und für jeden'zweiten Tag ein Dampfbad#s,Qwie angepasste» Tfost. Schon am,vierten Tage brachte mir einer meiner Bademeister die Nachricht,dass eine Besserung eingetreten sei und Herr Dr. B. inder Stube umhergehen könne. In acht Tagen war die Besserungsoweit vorgeschritten, dass man die Kur ohne meineHilfe fortsetzenkonnte. In vier Wochen war das Leiden genoben.Louis Kühne, <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> Heil Wissenschaft. 33


514 Dritter Teil.No. 49. Herzleiden. Mouches volantes. (Schwarze Punkte).Eine sehr unangenehme Erscheinung ist es, wenn vor den Augenschwarze Körper hin- und herzuschweben scheinen, ohne dass einäusserer vor den Augen befindlicher Gegenstand vorhanden wäre.<strong>Die</strong>se. Wahrnehmung entsteht dadurch, dass sich, Fremdkörper,zellige Elemente im Glaskörper des Auges einlagern und aufdie Netzhaut'kleine Schatten werfen (Mouches volantes, fliegendeMücken). Es istw-selbstverständlich, dass bei der allgemeinenReinigung des Körpers auch diese Fremdkörper mit entferntwerden. Und so berichtet mir denn auch Herr RechtsanwaltF. H. in B., dass er im Verlauf seiner in erster Reihe mit demgünstigsten Erfolge gegen ein alt-eingewurzeltes Herzleiden gebrauchtenKur * auch seine mouches volantes vollständig verlorenhabe.No. 50. Schweres Menstruationsleiden. Gebärmntterblutaugen.l£rau W. hier litt seit über acht Jahren an fehlenderoder unregelmässiger Menstruation, welche in den letzten Jahrenmit abnormen Blutverlusten verbunden, war, die sie aUer ihrerKräfte beraubten. Zuerst hatte sie sich an einen hiesigen Arzt,Dr. S., gewendet, der sie längere Zeit, jedoch ohne jeden Erfolgbehandelt hatte; das Leiden war vielmehr noch schlimmer geworden.In ihrer Not wandte sie sich darauf an die hiesige, Klinik für Frauen-.krankheiten und würde daselbst zwei Jahre lang behandelt. Ganzabgesehen vön^ den jedesmaligen örtlichen Untersuchungen desUnterleibes und dir stehenden Behandlung«des Uterus (Gebärmutter)mit Instrumenten, welche die dortige Methode mit sichbrachte, wurde das Leiden auch hier nicht gebessert, sondernnoch verschlimmert. rfIn dieser verzweifelten Lage kam die Frauin meine Behandlung, Nach meiner Anweisung gebrauchte sienun täglich einige Reibesitzbäder mit kaltem, reinem Wasservon je einer halben Stunde, daneben die übliche reizlose Kostund zwar mit so überraschendem Erfolge, dass sie in kurzerZeit nicht nur von ihren unstillbaren Blutungen befreit wurde,sondern auch nach mehrmonatigem Gebrauch dieser einfachenund kostenlosen Kur wieder eine Regelmässigkeit in ihrer Men-* struation erreichte, wie sie solche nie gekannt hatte. Desgleichenwaren ihre KörpeVkräfte, welche*, früher bereits den <strong>Die</strong>nst versagten,ebenfalls wiedergekehrt.* Hören wir, was Frau W. selberüber meine Kur in einem Schreiben an mich sagt: „Nichtgenug kann ich diese Kur allen Frauen und Mädchen ans Herzlegen, welche an ähnlichen Beschwerden leiden. Ich, die ich esJahre lang durchgemacht habe, wie lästig und fatal dem weib-


Kurberichte. 515-*liehen Geschlechte alle örtlichen Untersuchungen < des Unterleibesund der Gebärmutter neben der Instrumentalbehandlungdaran sind, habe tief «empfunden, welchen unendHchen' FortschrittIhre .Kurmethode, vor allem abfer Ihre Untersuchungder Patienten mittels der Gesichtsausdruckskunde gegenüber allenanderen Kuimethoden in sich schliessjt. Vermöge der Gesichtsausdruckskundesehen Sie an Kop£ und Hals der Krankendeutlicher, als bei jeder örtlichen Untersuchung der HerrenMediziner, wie der eigentliche Gesundheitszustand der Patienten -iim Unterleibe beschaffen ist. Alle örtlichen UntersuchungenfaUen bei Ihnen fort, wodurch gerade dem weiblichen Geschlechtviel UnannehmHchkeiten erspart werden."No. 51. Gesichtsrose. Zu wiederholten Malen hatte ich^Gelegenheit die rasche Wirkung meiner Methode gerade beidieser oft tödlich verlaufenden Krankheit zu erproben.So behandelte ich vor zwei Jahren eine Frau ,-an schwererGesichtsrose. Neben meinen sonstigen Vorschriften mussten dieableitenden Bäder ganz dem Zustande der Patientin angemessengenommen werden. Öfters hat diese Patientin, wenn das Fieberund die Entzündung im Gesichte zu gross wurde, das Reibesitzbadeine auch zwei Stunden hintereinander ausdehnen müssen,?mit Er<strong>neue</strong>rung des Wassers nach jeder halben "Stunde, um dieFieberhitze zu hieben. Daneben wurden täglich 1—2 Kopfdampfbäder mit nachfolgenden Reihesitzbädernj angewendet, welcheder Patientin stets grosse Erleichterung verschafften. Tn kaumacht Tagen war das 'Leiden vollständig geheilt und die Fraugesünder und* frischerals zuvor.No. 52. Influenza. Von einer grossen Anzahl meiner *•Freunde -geht mir die Mitteilung zu, dass sie leichtere und auchschwere InfluenzafäUe durch Dampfbäder und ReibesitzbädgrschneU und gut ohne jede Nach- oder Nebenkrankheiten über-.'wunden ^haben. r Einige haben voUkommen in meinem Sinne beimersten Änzeichüsl -von Unruhe durch Frostschauer ein VoHdampf-'bad mit darauffolgender Abwaschung im Rumpfreibebade undlängerem Reibesitzbade,genommen, auch diese» Bäder eine Zeitlang noch energischer als sonst fortgesetzt .und so der vollenEntwickelung des» Anfalls mit Erfolg vorgebeugl. Andere habenzuerst sich um die kleinen Anzeichen nicht Jbekummert, Hessendas Fieber erst stärker werden, ehe sie eingriffen, und hattendemzufolge auch mehr zu leiden. Aber ein oder ein paar Damp%bäder mit gehöriger nachfolgender Abkühlung auf die vorbeschriebeneArt und dazwischen energisch Reibesitzbäder mit stets33* *


516 Dritter Teil.«nachfolgender Erwärmung und, soweit möglich, Schweisserzeiigung,genügten, um in 12, höchstens 24 Stunden das Übel zuheben. Husten, Lungen-, Rippenfell-Entzündung, alle die vonder Sohulmedizin gerürchteten Nachkrankheiteh der Influenzasind aber allen denen fern geblieben, welche meine Methode angewendethaben. Meine Lehre von der Einheit der Krankheithat durch die Influenza "damit <strong>neue</strong> Bestätigung gefunden.No. 53. Völlige Lahmheit wegen zu kurzen Beines. ChronischeHüftgelenkentzündung. Frau H. schreibt in ihrem Dankschreibenan mich wie folgt über die geheilte Krankheit ihrerTochter:„Meine Tochter Elsa, 4*/ 4 Jahre alt, bekam im Oktober1889 Hüftgelenkentzündung, welche zunächst allopathisch behandelt'Wurde, jedoch ohne dauernden Erfolg, denn bereits anfangsFebruar 1890 wurde das betreffende Bein kürzer als das andere,'das Kind konnte überhaupt auch schon seit längerer Zeit nichtmehr laufen. Sodann wurde drei Wochen lang Gipsverband undvier Wochen lang»^treckbet^ angewendet, jedoch ebenfalls ohnejeden Erfolg, wobei das Kind viel Schmerzen auszustehen hatte.Eine mehrwöchige Kur bei Professor Seh. hier, wobei dasKind stets liegen musste und, Einreibungen bekam, konnte, weildas Kind nicht im stände war, wochenlang still zu liegen,nicht genau durchgeführt werden und blieb ebenfalls ohne Erfolg.Zuletzt brachte ich meine Tochter ins hiesige Krankenhaus,woselbst sie ebenfalls noch drei Wochen erfolglos behandeltwurde. <strong>Die</strong> Hüfte, welche vordem noch immer weich gewesenwar, wurde nach dieser Behandlung völlig hart und steif, dasBein war im Wachstum immer mehr zurückgeblieben und anGehen war seit 3 / 4 Jahren nicht mehr zu denken. Was aber dasSchlimmste war, mein Kind war durch die Behandlung im Krankenhausevöllig tiefsinnig geworden, so dass ich alle Hoffnungguf Heilung verlor; auch hatte es vor der dortigen Behandlungnoch wenigstens stehen können, was nun ebenfalls nicht mehrging. In dieser Verfassung brachte ich meine" Elsa am 1. Augustd. J. in Ihre Behandlung. Ich befolgte gewissenhaft Ihre Kur-Vorschläge, und. zu meiner unaussprechlichen Freude verlor meineTochter bereits nach den ersten drei Reibesitzbäderh* diö Tiefsinnigkeitund konnte wieder stehen,, nach drei Tagen konntesie zu meiner grössten Ueberraschung wieder gehen und war ingpierzehn Tagen so weit gekommen, dass sie die vier Treppenvon der Strasse zu meiner Wohnung aUein ohne Hilfe steigenkonnte. <strong>Die</strong> bis dahin völlig harten Muskelpartieen um die Hüfte


Kurberichte. 517wurden in diesem Zeitraum wieder völlig weich, wie vorder Hüfpgelenkentzündung, auch ist heute nach vierwöchigerBehandlung bereits deutHch zu bemerken, wie das zu kurzeBein wieder sichtlich länger geworden ist." „Heute, nach dreiMonaten, ist jede Spur von der alten Krankheit gewichen, undbeide Beine sind wieder gleich lang und gleich funktionsfähig."Leipzig, den 25. August 1890A Frau Minna H."No. 54. Sechzehnjährige Lahmheit infolge Yerknorpelungund Steifheit des rechten Knies, verbunden mit Tuberkulose. <strong>Die</strong>jetzt 25jährige Minna Seh. aus B. wurde im Jahre 1874 von einerTreppenstufe gestossen und schlug sich das rechte Knie durch.<strong>Die</strong> Wunde heilte zu und anscheinend war alles gut. Das ererbteLungenleMen jedoch mochte wohl dazu beitragen, dassnach vierzehn Tagen das Knie wiederum anschwoll. <strong>Die</strong>^|AnschweUungwar tuberkulöser Natur, wie der aus Wurz0n., hinzugezogeneArzt feststellte, und wollte nicht weichen.-: Dem modernenArzte war das Wesen dieser Krankheitserscheinung fremd,dennoch Hess er einen Gipsverband um das, Knie anfertigen.Nachdem das Knie vier Wochen im Gipsverband gelegen hatte,wurde es herausgenommen, war aber vöUig steif geworden. Daswar der Erfolg dieser sinnlosen^ ^Behandlung. Ein anderer allopathischerArzt wurde zu Rate gezogen, dem das Wesen dieserKrankheit leider eberiso fremd war. Er Verordnete Salbe, natürlich. ohne Erfolg. Ein dritter Allopath tappte ebenfalls imDunkeln herunf, »verordnete, zehn Wochen lang ein Gewicht vonelf Pfund anjffas Bein zu hängen, wonach dasselbe noch schlechterund^|||plidlicher wurde. Derselbe Arzt verordnete, als dasnichts^ half/ wovon er sich nach zehn Wochen endlich überzeugthatte, iPahs Wochen lang Wasserglasverband. <strong>Die</strong>ser brachtewieder etwas Veränderung, denn danach konnte das Mädchengar nicht mehr gehen. Jahrelang musste das arme misshandelteKind in der Stufe© auf den Händen und Knien herumrutschen.Es wurden jetzt längere Zeit Seifenbäder auf Anraten einer altenFrau angewendet,»die aber auch nur wenig halfen. Drei homöopathischeÄrzte, die nacheinander hinzugezogen wurden, brach*-.ten,das Mädchen so weit, dass es wenigstens mit Hilfe einerKrücke, ^enn auch sehr schwer, so doch wenigstens etwas gehenkonnte. In dieser Verfassung hatte sie sich drei Jahre langunverändertv»jnit Hilfe der Homöopathie erhalten, als sie vonmir hörte und zu mir kam. Ihr Zustand war recht trostlos,Verdauung und Menstruation lagen völlig 'danieder, was denfrüher behandelnden Äiääten ganz entgangen war, da das Mäd-/


518 Dritter Teil.eben nur über das Bein klagte. Nebenbei hatte sich ihr Lungenleidennamentlich auf der rechten Seite bereits rechtj ausgebildet,daneben war das rechte Bein fast um die Hälfte, dünnerals das linke und das Knie stark geschwollen und um die Hälftedicker als das linke, völlig verknorpelt und: ungelenkig. Alleihre Hoffnung hatte das Mädchen, jetzt noeh auf meine Behandlunggesetzt, und sie ging daher mit aller nur erdenklichenEnergie und Zuversicht an meine Kur heran. Meine Vorschriftenbefolgte sie genau und hatte infolgedessen einen sehr schnellenErfolg. Nach drei Wochen Kur konnte sie bereits eine halbeStunde lang • ohne Krüpke gehen und nach vier Monaten war sieso weit, dass sie bereits ohne Krücke Treppen, steigen; und in'sFreie gehen konnte. Dabei hatte sich ihre Verdauung bereitsin-,den ersten vierzehn Tagen sehr viel normale^ gestaltet, undihre "Menstruation war wieder in ein normales Geleise gekommen.Ihr iLungenleiden war ebenfalls mit dem, Augenblicke, wo meineKur begonnen wurde, stehen geblieben und begann sich aUmählichauszuheilen, Wer heute nach zehn Monaten dies Mädchensieht, der ahnt nicht,, in welchem, bejammernswerten Zustandeich es übernahm. ,-Nr. 55. Knochenfrass« Karl H. in L., gegenwärtig zwölf Jahralt, hatte sich bis zum sechsten Jahre anscheinend gut entwickelt.Da gewahrten seine" Eltern plötzlich, dass er auf dem r linken Beineanfing zu hinken. Man fragte sofort den Hausarzt, welcher erklärte,man müsse einen Spezialisten zu Rate ziehen und alssolchen Professor Seh. emjgfahl. <strong>Die</strong>ser verlangte, derKgiabe müsseacht Wochen still liegen und durch Schläge dazu gezwungen, werden.Der Knabe lag, wie sich der weise Herr Professor wohl selbsthätte sagen müssen, trotz aller Schläge nicht still. Man wandtesich nun an einen anderen Spezialisten und zwar an den berühmtestenDeutschlands, Professor V. in H., der ebenfalls acht-: ^wöchiges Stilliegen verordnete, und das Bein ..dußph ein Gewichtstrecken Hess. Während der acht Wochen, die der arme Knabeauf dem Streckbett zubrachte, welkte er zusehends dahin, undes würde nach Aussagen aller, die es beobachten konnten, keinezwei Wochen mehr gedauert haben, da hätte das Kind ausgelittengehabt. <strong>Die</strong> Eltern warteten aber doch die'acht Wochen ab undbegaben sich wieder mit dem schwachen Knaben zum Professor,der ungehalten war, dass man so spät komme, wobei es sichherausstellte, dass er einfach.vergessen hatte, sich die,»acht Wochenum ihn zu kümmern.Der Professor erklärte«,jetzt eine Operation, nämlich die.


Kurbei ichte. 519• f r -Entfernung der angegriffenen Hüftgelenkkugel, für; unbedingt erforderlichund wollte den Knaben in. seiner Klinik behalten, wasdie Eltern jedoch ablehnten, da sie sich richtig sagten, dass derKnabe der mütterlichen Pflege unbedingt bedürfe.Sie begaben sich aber sofort zu Professor T. in L., derebenfalls die erwähnte Operation für unerlässlich erklärte unddieselbe bald darauf in seiner Klinik ausführte. Man entferntealso die Kugel im Hüftgelenk und verstümmelte damit den Knabenfür immer; die Operation konnte natürlich nur unter Anwendung^des Chloroforms ausgeführt werden. Der Knabe blieb sechs Wochenin der KHnik, doch war seine Mutter Tag und Nacht um ihn,und wohl nur dieser Pflege war ^es zu danken, dass er rasch wiederzu Kräften kam. „<strong>Die</strong> Operation war vprzüglich gelungen!" —aber der Knabe blieb krank. <strong>Die</strong> Wunden heilten nicht zu,und waren sie einmal beinahe verheilt, so brachen sie wieder auf,* ja, sie mussten sogar wieder aufgeschnitten und durch Einsetzen^einer Röhre offen gehalten werden, damit der 'Eiter abfliessenkonnte. Das ging mehrere Jahre so fort. Nach drei Jährenmusste man «endlich nochmals operieren und den Knochen wiederabschaben.Hierauf wurde auf Anraten des Hausarztes Professor Dr. L.zugezogen, der bei derartigen Krankheiten Einspritzungen vonPerubalsam anwendete. <strong>Die</strong> Einspritzungen begannen; doch nachden ersten Anreizungen des Körpers, die eine*scheinbare Besserungimlüefolge hatten, trat bald wieder auffeilende Verschlechterungim Zustande des Knaben ein. Im Sommer brachte man ihnx / 4 Jahr ins Seebad. Der dort erzielte Erfolg war aber ebenfallsvon kurzer Dauer.Da erkrankte plötzlich auch das rechte Bein, der Knabe lagbald im heftigsten Fieber und Professor L. erklärte, es seienKnocheSspHtter losgestossen und diese müssten durch Operationentfernt werden, und er zeichnete der erschrockenen Mutter bereitsauf, wie derselbe auszuheben sei. Endlich entschloss man sich,die <strong>neue</strong> arzneüose und operationslose Heilkunst, auf die einnaher Verwandter die Eltern sehr oft hingewiesen hatte, anzuwenden.'^"JTIch wurde gerufen und fand den Knaben stark abgemagert,im heftigsten Fieber, geplagt von grossen Schmerzen, welche völligeSchlaflosigkeit im Gefolge ^hatten. <strong>Die</strong> Verdauung lag natürHchganz danieder. Da# rechte Bein war stark angeschwollen undkrummgezogen. *Hier galt es rasch und energisch zu handeln. Eswurden sofort Reibesitzbäder angewandt, und bereits das erstestülte nach 20minutig#f Dauer vqrläufig die Schmerzen. <strong>Die</strong>


520 Dritter Teil.wiederkehrenden Schmerzen waren aUemal das Zeichen, dass. wiederein Bad nötig Würde. <strong>Die</strong> erste Nacht bereits brachte, dem erschöpftenKnaben einige Stunden Schlaf, die* zweite schlief ervöllig durch und die Geschwulst am Beine setzte sich von nun">an allmählich. Der Professor, der noch nicht entlassen war, erstauntenicht wenig über die unerwartete Änderung, die er sichnicht erklären konnte.<strong>Die</strong> Besserung hielt an, das Fieber war bald bewältigt, unddas Bein nahm allmählich eine normale Form und Farbe an. Esdauerte allerdings geraume Zeit und erforderte grosse Geduld,aber Beharrlichkeit führte zum Ziele. Da aber die Kur den ganzenKörper beeinflusste, trat die Wirkung auch im linken Beine hervor.<strong>Die</strong> Wunden verheilten zunächst, brachen aber bald wieder vonselbst auf, um Eiter zu ergiessen und blieben so lange offen, bissie von innen aus heilten. Das Einsetzen eines Röhrchens warnatürlich nicht nötig, wie auch kein Ätzen erforderlich war, umdas wilde Fleisch fern* zu halten. Der Knabe sieht jetzt nach3 / 4 jähriger Kur sehr wohl aus und hat guten Appetit; auch kanner wieder gut laufen, wenn er auch natürlich infolge der Operationlahm bleibt. Doch wird auch darin noch Besserung eintreten,das 12 cm kürzere Bein wird noch einigermaassen nachholen, wases im Wachstum zurückgeblieben ist. <strong>Die</strong> erste Operation wärenatürlich ebensogut zu vermeiden gewesen wie die zweite.Öriginalschreiben.No. 56.]Gelenkrheumatismus.Geehrtester Herr Kühne!Eine tiefempfundene Pflicht erfüllend, beehre ich mich Ihnen,geehrtester Herr, meinen innigsten Dank auszusprechen für diemenschenfreundliche Teilnahme, welcheJSie mir durch Ihren vortrefflichenRat in meiner Krankheit erwiesen haben. Seit Maivorigen Jahres fast beständig an Gelenkrheumatismus leidend,erkrankte ich trotz einer Kur in Teplitz <strong>neue</strong>rdings und heftigerals zuvor im November desselben Jahr'es.^ Ohne' eine Hoffnungauf Besserung; der Arzt schien seine angeblichen Hilfsmittel bereitserschöpft zu haben, Hess sich daher Wochenlang nicht sehen


Originalschreiben. 521und stddte mir einen längeren Aufenthalt im Süden als aUeini- heilbringend in Aussicht. Da wandte sich meine Frau in ihrerAngst endlich an Sie.Euer Wohlgeboren hatten die Güte, umgehend Ihre hochgeschätztenRatschläge mitzuteilen (Januar 1891) ich konntedieselben jedoch, ausser der diäteijscben Nährung, noch nicht ganzbefolgen, da ich zu schwach und unfähig war, mich*zu bewegen. ErstAnfang Februar begann ich mit den Bädern, nachdem anscheinendeine Besserung eingetreten war. <strong>Die</strong> Wirkung Hess nicht langewarten und schon nach dem dritten Bade traten die Krankheitserscheinungenin einem Maasse auf, die jeden anderen, der nichtbereits durch Lesen Ihres Lehrbuches hierauf vorbereitet ist, inschreckliche Angst versetzt hätte. Trotz aller Zuversicht beschlichmich auch eine gelinde Angst, aber umso grösser, jaunaussprechlich war meine Freude, als ich nach dem viertenBade auffallend ein Nachlassen der Spannung in den Fussgelen-" ken beobachtete. Der Urin war dunkelbraun. Nun jubelte ichtrotz aller noch auftretender Schmerzen, ich hatte die feste Gewissheit,ein Mittel -anzuwenden, das die Krankheit bei derWurzel fasste. Und so war es auch in der That. In derselbenReihenfolge in der die Krankheitsstoffe am Beginn der Krankheitdie einzelnen Glieder und Muskeln besetzt hatten, verschwandensie nun, <strong>neue</strong>rdings Schmerzen und Entzündungenhervorrufend, aus dem Körper. In vierzehn Tagen konnte ichwieder meinem Beruf nachgehen. Der iijLäxz mit seinem eisigenRegen und Wind hat mir nichts anhaben können und ich befindemich seither fröhlich und gesund. Meran hat allerdingseinen Kurgast weniger, Ihr nicht genug zu schätzendes Heilverfahrenaber einen Verehrer und Verkünder mehr.In der Hoffnung und mit dem aufrichtigen Wunsche, dassIhre naturgemässe Heilmethode, geehrtester JSerr Kühne, mehrund mehr Eingang finde und die Menschheit von einer Hypercivüisationzur Natur zurückkehre, zeichnet in unwandelbar^Dankbarkeit Ihr *$hochachtungsvollJulius Sp., k. k. Fachlehrer.No. 57.] Schweres Magenleiden, Schwindelanfälle, Lungenleiden.Öffentliche Danksagung.<strong>Die</strong> Frau des Unterzeichneten — im Alter von 61 Jahrenstehend — litt schon seit einer Reihe von Jahren, besondersaber seit 1890 an Schwindelanfällen beim Gehen, heften Schmer-


522 Dritter Teil.zen in der Magengegend, Appetitlosigkeit und allgemeiner Körperschwäche.In der königlichen Universitätsklinik hier, woselbst ichmeine Frau im Herbst 1890 in Behandlung gab, wurde chronischesMagen- und Nierenleiden kifhstatiert und die verschiedenstenMedikamente dagegen* in Anwendung gebracht; .dochwurde das Befinden meiner Frau nicht besser, sondern stetigschlechter.Als neben dieser gänzlich erfolglosen Medizinbehandlungauch noch Impfungen mit Koch'scher Lymphe vorgenommen werden,sollten, habe ich auf die weitere Behandlung meiner Frauin der Universitätsklinik, welche bis Dezember 1891 gedauerthatte, verzichtet.Im Februar 1891 brach nun meine Frau vollständig zusammen;die Schwindelanfälle steigerten, sich in angsterregenderWeise und die allgemeine ^Schwäche und Unthätigkeit der Verdauungsorganenahm so überhand, dass sie etwa sechs Wochenim Bette "liegend zubringen musste.Der nun konsultierte Arzt Dr. H. verordnete Abführmittel,erklärte das Übel für Herzfehler und für gänzlich unheilbar,stellte auch demzufolge seine Besuche bald wieder ein.Im April 1891 steigerten sich die Magenbeschwerden derart,dass nichts mehr vertragen, sondern fast alles wieder erbrochenwurde, nebenher machten sich heftige Atembeschwerden undBrustschmerzen, überhaupt eine Zerrüttung des ganzen Körpersgeltend.Ich versuchte es nun mit der Homöopathie und konsultiertedeswegen die homöopathische Klinik in der Sidonienstrasse (währendder Monate Mai-Juni) woselbst die Krankheit meiner Frauebenfalls für unheilbar erklärt und irgend eine merkliche Besserungdes Zustandes pcht erzielt wurde.Endlich nach all * diesen Irrfahrten kamen wir zürn Glückfür meine todkranke Frau zu Herrn Louis Kühne, Lehranstaltfür arzneilose und operationslose Heilkunst, hier. —Dort wurde meiner Frau neben entsprechender, ihrem Zustandgenau angepasster Diät Reibesitzbäder verordnet, die sietäglich zweimal nach spezieller Vorschrift zu nehmen hatte.Schon nach acht Tagen dieser Behandlung trat eine merklicheBesserung des Allgemeinbefindens ein; die Verdauung wurdeimmer normaler und nach einigen Wochen Hessen auch dieSchmerzen nach; die Schwindelanfälle, Atemnot und sonstigeBeschwerdengyerloren sich vollständig und der Kräftezustand desKörpers hob^ sich trotz der vorgeschriebenen mageren Kost von


Originalschreiben. 523Tag zu Tag, so dass sich meine Frau heute wohler und gesünderfühlt, als jemals zuvor und von allen, die sie sehen, wegenihrer so vollständigen Genesung formlich angespannt wird. Aufgefallenist mir noch, dass auch die Sehkraft meiner Frau durchdiese Kur bedeutend bessert geworden ist, als sie früher vor undwährend der Krankheit war. <strong>Die</strong>s alles, was die hervorragendstenÄrzte in Leipzig in zwei «Jahren nicht zuwege bringen konnten,ist in Herrn Kühnes Anstalt in der Zeit von kaum acht Wochenerreicht worden! Es ist selbstverständlich, dass wir HerrnKühne unser ganzes Lieben lang dankbar bleiben und ihm zumWohle aller leidenden, Menschen Gottes Segen für sein menschenfreundlichesWirken ( wünschen. Das ist endHch einmal ein Arzt,der wirklich heilen und helfen kann.Leipzig, den 22. Januar 1892. Gustav P.No. 58.] Kopf leiden, Augenleiden, Sehnen verdehnung, Allge-> •' meine Schwäche.Danksagung.Lajmeinen Jugendjahren litt ich schon immer an periodischenKopfschmerzen, die sich besonders in der Schule geltendmachten und in späterhin immer heftigerer Weise als förmlichesReissen auftraten.Daneben bekam ich mit etwa fünfzehn Jahren durch einenFall eine ausserordentlich starke Sehnenverdehnung am Fusse,die von den Ärzten nicht geheilt werden 1 konnte und schliesslichderart ausartete, dass mir das Gehen fast nicht mehr möglichwar und ich fünf Jahre lang die grössten Schmerzen auszustehenhatte.Mein Köpfleiden hatte sich in der Zwischenzeit derart gesteigert,dass ich infolge hochgradigen Nervenleidens und. Blutarmutals nahezu unheilbar ins Krankenhaus gebracht, abernach kurzer Zeit ohne Bess*fhing meines Zustandes wieder entilassenwurde. , . [Meine Augen wurden ebenfalls immer schlechter, ich wurdetgegen alles abgestumpft, unfähig zu jeder Arbeit und mein Gemütszustandwar in einer Verfassjung, dass meine Umgebungdie ernstlichsten Besorgnisse hegte, dabei hatte ich fortwährend.inneren Brand, schreckliche Atemnot, unausgesetztes Fieber unddaneben die Aussicht, ganz zu erblinden!In diesem mehr als trostlosen Zustand, von welchem michniemand zu befreien Wusste, kam ich im September v. J. zuHerrn Louis Kühne, Anstalt für arzneilose Heilkunst hier.


524 Dritter Teil.Gleich nach dem ersten Bad, welches mir verordnet wurde,spürte ich eine allgemeine Erleichterung und Besserung, die sichbei Fortgebrauch der Bäder und geeigneter Diät immer mehrsteigerte, so dass schon nach einigen Wochen mein Allgemeinzustandmit dem früheren nicht mehr'zu vergleichen war. Jetztnach etwa fünfmonatiger Kur ist meine Sehkraft so ausserordentlichgebessert und mein Allgemeinbefinden so gut geworden,dass ich initeh ganz glücklich fühle und meinem edlen Retternicht warm genug zu danken weiss.Ich kann nun wieder ordentlich sehen, kann meinem Hauswesen.vorstehen, fühle mich gekräftigt und arbeitsfreudig, auöhmein Fuss hat sich soweit gebessert, dass ich ohne Beschwerdengehen kann,^ kurz ich fühle mich wie umgewandelt, und aUes dasverdanke ich nur dieser ausgezeichneten und so überaus ein-^aghen Heilmethode, die nun in meiner ganzen Familie angewendetwird rund überall mit gleich sicherem Erfolge.Möge jeder Leidende vertrauensvoll sich ihrer bedienen!Leipzig, 22. Januar 1892. Frau Marie R.No. 59.] Schweres Nervenleiden.Seit langen Jahren war meine Frau in hohem Grade nervenleidend.In der letzten Zeit steigerte sich das Leiden infolgeaufreibender Geschäftstätigkeit in einer solchen Weise, dass dieVornahme einer gründlichen Kur sich nicht länger aufschiebenHess. Von den uns bekannten Hilfsmitteln der Naturheükundewar bis dahin nichts unversucht geblieben, manches hatte Linderungwohl, doch wirkliche Besserung keines gebracht, derHeilmagnetismus nicht ausgenommen. Auch die im April 1890eingeleitete Kur bei Herrn Louis Kühne zeigte anfänglich keinenmerkbaren Einfluss, es ging anscheinend immer schlechter. Nachetwa 7 Wochen trat-i jedoch ein Umschwung ein; nunmehr lösteeine Krisis die andere ab, und dieser kritische Zustand währteviele Monate hindurch, eine Zeit, deren wir lange gedenken werden.<strong>Die</strong> besonders durch die Kuhnesehen Sitzbäder vortrefflich unterstütztenHeilbestrebungen des Körpers zeitigten nun" aber nachelfmonatigem, fleissigen,täglichen Baden die herrlichsten Erfolge.Während früher meine Frau, was sie stets beunruhigte, schoneine Abnahme ihres Gedächtnisses, sowie des Denkvermögenswahrgenommen hatte, sind diese Fähigkeiten in ganz unerwartetemUmfang wiedergekehrt; eine seit Jahren vermisste Kraftund Frische hat sich eingestellt, jetzt gewährt ihr geistigeThätigkeit Genuss, früher war sie eine Anstrengung. Wie im


Original schreiben. 525Geistigen,, so ist der Umschwung auch im Physischen ausserordentHch.Im ersten Halbjahr, des Kurgebrauchs war meineFrau nicht im stände, einen Spazierweg von 4 Kilometer ohneRuhepause zurückzulegen, nach dem 10. Monat aber vermochtesie wochenlang täglich einen Spaziergang von mehr als 20 Kilometerzu unternehmen, ohne das Bedürfnis zu fühlen, auch nureinmal während desselben zu rasten oder auch nur stehen zubleiben. An dieser erstaunlichen Wendung nehmen alle Organedes Körpers gleichmässig Teü, mit einem Wort: es ist aus ihrein ganz anderes Wesen geworden, ehedem oft lebensunlustig,gegenwärtig immer lebensfroh.Nächst Gott gebührt Herrn Kühne unser innigster Dank fürseine ausgezeichneten Ratschläge. Möge es ihm noch lange vergönntsein, zum Wohle seiner Mitmenschen zu wirken und mögeer in jedem Kurgast einen begeisterten Anhänger gewannen, derseine so einfachen und doch wahrhaft wissenschaftlichen Heilslehrenverbreiten hilft. ,,Leipzig, Ausgang März 1891.No, 60.] Masern und Augenleiden.C. S.aus Berlin.Leipzig-Gohlis, den 3. März 1891.Sehr geehrter Herr Kühne!Als einer Ihrer treuesten Anhänger und als strenger BefolgerIhrer Lehren halte ich es für meine Pflicht, Ihnen folgendenBericht zu erstatten, in der Annahme, dass unserer guten Sacheauch mit diesem kleinen Beitrage gedient wird, aber auch gleichzeitigmit der Bitte, ganz nach Ihrem Belieben, davon Gebrauchmachen zu woUen.Mein »Sohn, im Alter von 8 Jahren, klagte bei seiner Rückkehraus der Schule über starkes Kopfweh und allgemeines Unwohlsein,ich fand seine Körperwärme bedeutend erhöht, undden ganzen Körper mit Ausschlag bedeckt. Der Junge warmasernkrank. Das Schlafzimmer, in welchem sich der kleinePatient befand, bHeb ungeheizt und unverdunkelt, und das Fenstertrotz der im Freien herrschenden Kälte halb offen.Sobald sich Hitze einsteUte, wurde ein halbstündiges Reibesitzbadgenommen. Auf jedes Bad folgte eine angenehme Ruheund ein erquickender, von starkem Schweisse begleiteter Schlaf;stellte sich nach einigen Stunden wieder Unruhe ein, wurde sofortwieder gebadet.


526 Dritter Teil.In dieser Weise wurde Tag und Nacht fortgefahren. Ichhätte davon den schönen Erfolg, dass das Kind bereits am6. Februar, also am vierten. Tage seit Ausbruch der Masern,vollständig fieberfreiwar. *Man könnte hier an ein Wunder glauben, mit Hilfe dessendieses Resultat erzielt wurde.Der Junge fühlte sich ausserordentlich wohl, als er plötzlicham 9. Februar früh beim Erwachen die Augen nicht öffnenkonnte. <strong>Die</strong>selben thränten und drückten, was das Öffnen verhinderte.<strong>Die</strong> Masern sassen also noch in den Augen fest, und wurdekein anderes Mittel dagegen angewendet, als Reibesitzbäder; eswurden deren täglich vier von halbstündiger Dauer genommen,und am 12. Februar früh erklärte mir der Junge unter grösstemJubel, dass er -wieder sehen könne. <strong>Die</strong> Bäder hatten auch indiesem FaUe ausserordentlich gewirkt.Während der Krankheit des Jungen wurde auch mein dreijährigesMädchen von den Masern befallen, ohne jedoch von demerwähnten Augenübel heimgesucht zu werden. Auch dieses Kindwurde nach Ihrer Methode mit bestem Erfolge behandelt, so dassjetzt beide Kinder Dank Ihrer Heilmethode und mit GottesHilfe sich des besten Wohlseins erfreuen.Ich habe aber dabei gelernt einzusehen, dass Ängstlichkeit'bei dieser Kur nicht am Platze ist, und dass gar kein Grundvorliegt, etwaige sogenannte „Erkältungen" zu befürchten.Vorstehenden Bericht gebe ich Ihnen, sehr geehrter HerrKühne, der Wahrheit entsprechend und zeichneNo. 61.]mit grösster HochachtungIhr dankbarer Oscar H.Gebärmutterblutungen.Z. (Siebenbürgen-Ungarn), d. 12./8. 91.Euer Wohlgeboren! <strong>Die</strong> an starkem Blutabgange seit vierWochen ununterbrochen stark leidende hiesige rumänische InsassinFlorika Schelarius ist nach Anwendung der durch Ew.Wohlgeboren angeratenen wöchentlich 2 Rumpfreibebäder, 1 Voll-Dampfbad — täglich 2—3 Reibesitzbäder, schon am 6. Tage— nach Beginn der <strong>neue</strong>n Kur nebst reizloser Kost — bedeutendgebessert — am 15. Tage — heute ganz hergestellt, vollkommengesund! Im Namen der armen Frau — der leidendenMenschheit, den innigsten Dank!! Nebst herzlichem GrussHochachtungsvollTeodore D., Gr.-kath. Pfarrer.


Originalschreiben. 527No. 62.] Schwerhörigkeit. Rücken schmerzen.Sehr geehrter Herr Kühne! Da Sie von Zeit zu Zeit einenBericht über uns wü||ipchten, will ich jetzt den ersten folgenlassen.Täglich sprechen wir von "Ihnen und täglich danken wirGott, dass unser Kind durch Ihre segensreichen Entdeckungen vonseiner l 1^ Jahr dauernden Schwerhörigkeit schon seit mehrerenWochen gänzlich geheilt ist! Das ist der hauptsächlichsteErfolg, den wir bis jetzt zu verzeichnen haben, abernebenbei nehmen die dicken Mandeln im Hals sichtlich ab unddabei ist der ganze Junge wie umgewandelt und ausgetauscht.Das matte, weinerliche Wesen verliert sich, er wird mutig undlustig, wagt sich unter andere Kinder und kann laut singen undrufen, während er früher dabei nur einen ganz gequetschten undgedämpften Ton zuwege brachte. Auch die Hustenarifälle mitErstickungsnot sind bis jetzt noch nicht wiedergekommen. Täglichsehen wir <strong>neue</strong> «Beweise, wie vorteilhaft das Kind sich jetztgeistig' und körperlich entwickelt, täglich singen wir zu.einanderIhr Lob, und ich will es nun an dieser Stelle auch zugleich imNamen meines lieben Mannes Ihnen aussprechen, wie von Herzendankbar wir Ihnen, hochgeehrter Herr Kühne, sind!Was nun mein Befinden anbetrifft, so fühle ich mich merklichwohler und leistungsfähiger als seit' Jahren und als ganzbesondere Wohlthat eppfinde ich es, dass ich die quälenden undpeinigenden Schmerzen im Rücken durch etwas so einfaches wieein Sitzbad beseitigen und löschen kann.Ich könnte Ihnen noch viel erzählen, wie uns durch IhrBuch ein ganz <strong>neue</strong>s Licht aufgegangen ist, dass alle feindlichenAnfechtungen besiegt hat, wie wir die Mediziner „Pfuscher" getaufthaben und Ihre Lehre uns als die einzig gründliche undlogisch klare gilt.Ganz ergebenstFrau Pastor M. in P.No. 63.] Neurasthenie, Neuralgie, Epilepsie.Dresden, den 27. März ^891.Herrn Louis Kühne, Leipzig. Ich verdanke nur alleinIhrer Heilweise meine Wiederherstellung von Neurasthenie, Neuralgieund Epilepsie, nachdem ich längere Zeit von 2 der berühmtestenMediziner Dresdens behandelt und dann als „rettungslosverloren", t gegeben wurde.Der Zustand meiner Krankheit war derartig, dass ich */ 4


* •Jahr fest lag, infolgedessen auch (laut Diagnose: Epilepsiegraves), vom Militärdienste, nach mehrmaligem Gestellen befreitwurde.No. 64.] • Keuchhusten.Ho#achtungsvoUHans B.Harzburg, 24./3. 1891.Hochgeehrter Herr Kühne! Im Februar d. J. hatte ichmich wegen Erkrankung meines Kindes am Keuchhusten an Siegewandt, Ihrem hochwerten Schreiben hatten wir damals insonderheitdas herausgenommen, dass das Kind bei der Mutterschwitzen soll. Im übrigen hatten wir schon an der Hand IhresBuches das Nötige gethan. Der Verlauf war folgender: Am Sonntagspürten wir^bei unserm damals 14 Wochen alten Kinde,dass es einen gellenden pfeifenden' Husten hatte, und wie wirrichtig vermuteten, war unserm Kinde durch seine Pflegerin,ein Schulmädchen, die Krankheit zugeschleppt, denn ein grosserTeil im Orte krankte daran. Zuerst schickten wir das Mädchenfort. Unser Kind, welches die Mutterbrust bekommt und täglich2 mal 25° R. gebadet wird, bekam noch mittags ein Rumpfreibebad,22 Grad, welches wir jedoch nur ganz kurz anwendenkonnten, um das Kind nicht zu lange schreien zu lassen. Esthat aber seine Wirkung, denn Stuhlgang folgte darauf, am 3.Tage war der gellende Ton beim Husteinfort, jetzt erhielten wirIhr hochwertes Schreiben, meine Frau nahm nun das Kinddie Nacht zu sich ins Bett und Hess es tüchtig schwitzen. Mittagsdas Bad Hessen wir jetzt fort, und,,in 12 Tagen war derHusten gänzlich verschwunden. Hieraus kann ich also nur bestätigen,was Sie in Ihrem Buche über den Keuchhusten geschriebenhaben.Hiermit sage ich wie meine liebe Frau Ihnen nochmalsDank, denn nächst Gott haben Sie es durch Ihre Methoae verholfen,dass unser geliebtes Kind uns so schnell genesen ist.No. 65.] Durchfall und Kuhr.In aller HochachtungE. K. nebst Frau.Breslau, d. 24. Jan. 1891, Palmstr. 16.Lieber Herr Kühne! Durch die Beantwortung meines Telegrammesvom 12 a. c. haben Sie mir, nachdem jc^ schon fünfTage lang an Durchfall litt, den richtigen Weg gezeigt, und


Originalschreiben. * 529ich danke Ihnen recht herzlich dafür. <strong>Die</strong> täglich 4 bis 5 Malgenommenen Reibesitz- und Rumpfreibebäder hatten gleich amersten Tage den Erfolg^ dass die Diarrhoe aufhörte; aber derStuhl war nach 2 Tagen doch wieder ganz dünn und die Körperschwächegross, ich musste mich nach jedem Bade im Betterwärmen, da an Ausgehen nicht zu denken war. Nun habe ichmit der Diät nur darum gewechselt, weil ich in Baltzers vegetarischemKochbuch . gelesen hatte, dass bei akutem Durchfalldas Graham-Brot unbedingt zu meiden und Semmel zu essen sei,indem die Kleie die Schleimhaut zu sehr reize; dasselbe sagteeine hier nach der Naturheilmethode älterer Art behandelndeFrau, die sich eines grossen Ansehens erfreut. Nur so war esmöglich, dass ich auf den Gedanken kam, vom Schrotbrot abzugehen.<strong>Die</strong>s wird mir jedoch nicht wieder passieren. Seit ichzu Ihrer Diät zurückkehrte und das Dampfbad (besonders auf denLeib) nahm, geht es besser. Mit freundlichemGrussDr. K.No. 66.] Gebärmutterkrebs.Leipzig, d. 1. Okt. 1891.Sehr verehrter Herr Kühne! Im Dezember wurde meineFrau sehr schwer krank (Blutungen), so dass ich gezwungen war,noch nachts 11 Uhr Herrn Dr. med. K. zu holen, das Blutwurde vorläufig mittels Watte gestillt, wurde jedoch den nächstenTag noch schlimmer, dass ich nun noch' einen zweiten Arzt,Herrn Dr. med. D. holte, derselbe äusserte sich dahin, dass hieroperativ eingegriffen würden musste. Da ich nun keine Besserungan dem Zustande meiner Frau sah, wandte ich mich zuHerrn Prof. Dr. H., derselbe untersuchte meine Frau und sprachsich dahin aus, dass die Operation sofort stattfinden müsse,sonst wäre keine Rettung möglich, denn hier läge Gebärmutter-Krebs vor. Auf nochmalige Anfrage bei Herrn Prof. Dr. H.,ob keine Heilung ohne Operation zu erwarten sei, erklärte ermir, dass ohne Operation keine Rettung zu erwarten sei.Nach diesem ging ich nun zu Herrn Kühne (op^/tionsloseHeilanstalt, Flossplatz), derselbe kam persönlich und^ldneteReibesitzbäder und diätetische Kost an, von dieser Zeit an, womeine Frau die Kühne sehe Verordnung brauchte, wurde es täglichbesser, und kann meine Frau jetzt von früh 5 Uhr bisabends 10 Uhr ihre Beschäftigungen ohne zu ermüden verrichten,ist übfjnpgpt noch nichi, so gesund gewesen als jetzt.Herrn Ktffine sei hierdurc^berzlich gedankt, und werdenLouis_Ku'hne, <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Heilwissenschaft</strong>. # 34


530 Dritter Teil.es nicht unterlassen Herrn Kühnes Erfolge an meiner Frauallen Leidenden zu empfehlen, denn ohne diesen Herrn wärefmeine Frau nicht mehr am Leben.Mit vorzüglicher -Hochachtung ergebenstNo. 67.] Faustgrosse Beingeschwulst.Albert W.Reudnitz, 12. April 1890, Borvitzstr. 22..-Sehr geehrter Herr Kühne! Ich fühle mich gedrungen,Ihnen hierdurch meinen innigsten Dank auszusprechen, da auchich den Segen Ihrer öperationslosen Heilkunst - an mir , erfahrenhabe.Achtmal wurde ich unter medizinischer Behandlung amHnken Bein operiert; zuerst amputierte man mir die Zehen, undspäter den ganzen Fuss, so das'sich mich jetzt auf Krücken fortbewegenmuss., Aber nach all diesen Operationen wollte das Bein nichtgesunden; soSmachte sich in demselben eine lästige Schwere be- •merkbar und eine <strong>neue</strong> schmerzhafte Geschwulst von der Grösseeiner Faust bildete sich, so dass ich fürchtete, mich einer <strong>neue</strong>nOperation", unterziehen zu müssen.Aufmerksam geworden auf Ihre <strong>neue</strong> Heilmethode, bat ichAnfang März um Ihren Rat, und durch*Vierwöchentliche Anwendungder Reibesitzbäder und der anderen von Ihnen vorgeschriebenenKurregeln war die Geschwulst vollständig verschwundenund mein Bein vor einer weiteren Operation bewahrt.Wenn ieh mich am Anfang meiner Krankheit Ihrer Behandlunganvertraut hätte, so würden jedenfalls auch jene Operationenüberflüssig gewesen sein, und ich wäre wahrscheinlichauch heute noch im vollständigen Gebrauch meiner gesundenGlieder.Indem ich Ihnen nochmals für die mir erteilte Hilfe bestensdanke, zeichne ichHochachtungsvollNo 68.]Erkältung.Sophie W.Sehr geehrter Herr Kühne! Auch ich will bekennen, dassich Ihnen für den <strong>Die</strong>nst^ den Sie meiner Mutter und mir geleistethaben, nicht genug danken kann. Eine heftige, mit starkemFieber verbundene Erkältung bewog micll>Aclie WirkungIhres Heilverfahrens am eigenen Körper zu 'erproben. Der


Originalschreiben. 531äusserst günstige Erfolg überraschte mich im höchsten Grade.Ich bin von der Überzeugung durchdrungen, dass Ihrer Heilweisedie Zukunft gehört.No. 69.] Epilepsie.HochachtungsvoUDr. phil. Chr. R. W.Hochgeehrter Herr! Gestatten Ew. Wohlgeboren, Ihnenmeinen unterthänigsten Dank auszudrücken für das, was SieDank Ihrer Erfindung an meiner Tochter in uneigennützigsterWeise voUbracht haben, worauf wir zu hoffen aufgehört hatten.Was Ärzte und Medikamente, welche um teures Geld erkauftwurden, zu voUbringen nicht im stände waren, das hat das„Wasser", ein „Naturprodukt", beseitigt.Gestatten nun, geehrter Herr, die Krankheit meiner Tochterin kurzen Umrissen zu schüdern.Als die ersten Zeichen der Krankheit, auftraten, war siezirka 9 Jahre; doch achteten wir die erste Zeit nur wenig darauf.Es steUten sich schwache OhnmachtsfäUe ein, die» jedoch baldwieder vorüber gingen. Als sich selbe jedoch häufiger einsteUten,zogen wir einen als tüchtigen Mann bekannten Arzt zu Rate.<strong>Die</strong>ser sagte uns, Patientin sei nervenschwach und blutarm.Er verschrieb ihr Pulver und Medizinen, wodurch es jedochanstatt besser, schlechter wurde. <strong>Die</strong> Anfälle steüten sich häufigerund stärker ein. Wir befragten noch mehrere Ärzte, bekamenaber immer dieselben Medizinen wie früher.Schliesslich sagte uns einer, die Krankheit sei unheübar,weshalb wir aUes beiseite warfen, bis auf das Bromkali. Wirglaubten immer noch felsenfest, dass Bromkali das einzige Mittelzur .Beseitigung des Übels wäre,, bis Sie uns darüber aufklärten.Jetzt, ist nun aUes überwunden und werden, ich und meine FamilieSie, hochgeehrter Herr, stets als Retter und Wohlthäterverehren'und hochschätzen. Gestatten Sie mir nochmals meinentiefgefühltesten Dank zu Ihren Füssen zu legen, und bleibeIhr ergebenerG. i. Böhmen, 9. Novbr. 1890. F.^H.mNo. 70.] Bachenkatarrh. Ausschlag im Gesicht.Leipzig, den 2. Mai 1888.Hierdurch stelle ich Herrn Louis Kühne das Zeugnis aus,durch mehijnöhatHchen Gebrauch seiner. Bäder und einer entsprechendenDiät in der Lebensweise von einem sehr hartnäcki-34*


532 Dritter Teil. .^gen Rachenkatarrh und Ausschlag im Gesicht vollständig geheiHworden zu sein.Ich bin jeder Zeit bereit mit Auskunft darüber zu dienen.Emil P.No. 71.] Kopfleiden.Leipzig, den 23. März 1890.Hochgeehrter Herr Kühne! Bei meiner Abreise von Leipzigdrängt-es mich, Ihnen meinen innigsten Dank für die mir zuteil,gewordene sorgfältige Behandlung auszusprechen. Nur der überauswunderbaren Wirkung Ihrer Reibesitzbäder schreibe ich dieHeilung von meinem langjährigen, schliesslich unerträglich!« gewordenenKopf leiden zu. Daher werde ich die ReibesitzbädSrbis an mein Lebensende fortsetzen. Ihnen, zum Wohle der leidendenMenschheit noch eine recht lange, uneingeschränkte AusübungIhrer segensreichen Erfindung wünschend, zeichnetmit vorzüglicher Hochachtung* M. W. Wwe.No. 72.] Kopfschmerzen, Schwindelanfälle» Halsleiden.Leipzig, den 23. November 1888.Geehrter Herr Kühne! In Anbetracht Ihres vorzüglichenHeilverfahrens, durch' welches ich von Kopfschmerzen, Schwindelanfällenund Halsleiden befreit worden bin, fühle ich mich verpflichtet,Ihnen hierdurch meinen wärmsten Dank für die gehabtenguten Erfolge auszusprechen. Mit dem Wunsche, dassSie .noch lange Jahre mit Gottes Segen für die leidende Menschheitwirken mögen, schliesst, Caroline K.No. 73.] Chronisches Halsleiden.Leipzig, im November 1888.Ich bezeuge hiermit der Wahrheit gemäss, dass ich von einemchronischen Halsleiden, welches durch die Behandlung eines ausgezeichnetenSpezialarztes nicht gehoben werden konnte, durchden Naturarzt Herrn Kühne von hier geheilt worEen bin. Ichgebrauche seit zwei Jahren die mir von ihm Verordneten Bäderund fühle mich durch dieselben so sehr gekräftigt, dass ich wöchentlichohne Überanstrengung 30 Gesangstunden erteile.Clara verw. Ol. geb. Seh.,Gesanglehrerin.


No. 74.]Originalschreiben. 533Podagra und Gicht."Ich erlaube mir, Ihnen, -hochgeehrter Herr- Kühne, hierdurchmeinen herzlichsten Dank für Ihre Behandlung auszusprechen.Mein Leiden war ein so langwieriges, bereits aus derSchulzeit herrührendes, dass ich kaum noch auf Hilfe gehoffthatte. Bereits als zwölfjähriger Knabe hatte ich Schmerzen inder grossen Zehe, die s^ch bis zum richtigen Podagra und Gichtherausbildeten. Im Laufe der Jahre war mein Zustand immerschlechter und unerträglicher geworden, zumal mir alle Ärzte,deren ich viele konsultiert hatte, nichts hatten halfen -können.Hände und Füsse waren derartig in den Gelenken verknotet undv verhärtet, dass ich schliessHch weder Hand noch Fuss mehr gebrauchenkonnte und völlig unthätig und unbeweglich jetzt bereitsl 1^ Jahre ein völlig aussichtsloses Dasein fristete,dessenElend noch deshalb um so schwerer für mich zu tgagen war,weil mir kein Mediziner mehr helfen konnte und jecfej auch diekleinste Leistung, wie Essen und Trinken von anderer Seite gethanwerden musste. Ich war hilfloser wie ein neugeborenesKind und meine Behandlung für. meine nächste Umgebung daherweit schwieriger und oft geradezu unmögKch auszuführen.Sobald ich vor sechs Monaten in Ihre Behandlung trat,besserte sich mein gichtischer Körper. Namentlich die Füsseund Beine wurden bereits nach den ersten zwei bis vier Wochenso beWegHch, dass ich seit langer Zeit endlich wieder im stände war^mich zu bewegen und zu gehen. "' Aber auch meine völlig verknotetenund verkrümmten Hände und Finger werden täglichgelenker, beweglicher und normaler. j.Nur wer mein Elend kennt, der wird es begreifen können,mit welcher Dankbarkeit ich vorstehende Zeilen an Sie richteLeipzig. Emil W.No. 75.]Verdauungsbeschwerden, Schlaflosigkeit.L., den 22. November 1888.Sehr geehrter Herr Kühne! Mit grosser Freude kann ichIhnen jetzt mitteüen, dass sich mein Befinden^ nachdem ich seiteiniger Zeit die Reibesitzbäder, verbunden mit den Dampfbädern,gebraucht habe, sehr gebessert hat.<strong>Die</strong> Vjädauungsbeschwerden, woran ich jahrelang gelittenhabe, sind gehoben. Ich fühle mich kräftiger und ist auchmeine * Stimmung viel heiterer. * Nebenbei will ich noch bemerken,dass ich sehr gut schlafe/ was ich früher nicht konnte. Ichbin Ihnen sehr dankbar und zeichneHochachtungsvoll Amalie F.


534 Dritter Teil.No. 76.]Verdauungsstörung.Kirchhain N/L., den 7. Oktober 1889.Herrn Louis Kühne, Leipzig! Ich danke Ihnen im Namenmeiner Frau für die Anordnung Ihrer Reibesitzbäder. Da dieGesundheit meiner Frau seit vier Jahren zerrüttet war, sie wedervon allopathischer noch von homöopathischer Seite Hilfe fandund sie ihrem Tode entgegen ging, so jprandten wir uns aus Verzweiflungan Sie. Nun nach 5 1 / 2 monatlicher Befolgung IhrerReibesitzbäder ist meine Frau gesund, und kräftig- hergestellt;sie wog, ehe wir zu Ihnen kamen, 104 Pfund, und jetzt wiegtsie 126 Pfund.Unter bestem Dank und freundHchem Gruss verbleiben wirIhre ergebenenTh. W. und Frau.No. 77.] Schweres Unterleibsleiden.L., den 18. November 1888.Geehrter Herr! Bei meiner Abreise von hier drängt es mich,Ihnen, Wohlthäter der Menschheit, meinen aufrichtigsten Dankfür die Heilung, die ich durch Ihre Kurmethode gefunden, auszusprechen.Nachdem ich jahrelang die besten Ärzte konsultierte,dieselben mir mehr geschadet als genützt hatten und sämtlichauf Operation bestanden, bin ich jetzt ohne dieselbe von meinemLeiden durch Sie hergesteUt. Ihre glänzenden Erfolge, welcheSie bei allen Krankheiten erzielen^ wül ich allen Kranken verkünden,dass es noch möglich ist, ohne Arzt und ohne Operationgesund zu werden.Nochmals für die liebevolle Behandlung meinen tiefgefühltestenDank aussprechend, zeichnetHochachtungsvoU verw. Frau E. L.No. 78.] Armlähmung.Dresden, den 5. März 1888.Mein jüngster Sohn, August von B., damals 12% Jahrealt, klagte Anfangs Dezember 1886 über heftige Schmerzeh undSchwere des rechten Armes, was sich in kurzer Zeit derartigSteigerte, dass er unfähig war, die Hand und den Arm zu benutzen,und letzteren in der Binde tragen musste. Verschiedeneangewendete Mittel blieben erfolglos. — Durch Zufall erfuhr ichvon dem Verfahren des Herrn^Kuhne, hörte, dass er schon inderartigen Fällen mit Erfolg behandelt hatte, und entschloss mich,mein Kind seiner eBehandlungsweise anzuvertrauen.


, ' * •Originalschreiben. 535Ich habe nun genau die Vorschriften des Herrn Kühnebefolgt.Es währte allerdings auch geraume Zeit, und die Geduldwurde schon erprobt, bis endlich eine Wendung zum Bessernin dem hartnäckigen Leiden des Knaben eintrat. — Nicht alleindie Lähmung des Armes wurde durch diese Reibejitzbäder undreizlose Kost (auch hierin ganz nach Vorschrift) gehoben, sondernauch die vollständig erscnfaffte Verdauung und der Appetit wiederhergestellt.Fj. au OberstHeutenant K.,verw. gew. Edle von B.,geb. Edle von F.No. 79.] Gelenkrheumatismus.L., 2. Mai 1888.Herrn Louis Kühne, Damjrfbadeanstalt, Leipzig! Ich bestätigeIhnen sehr gern, dass ich durch wiederholten GebrauehIhrer Dampf- und Rumpfreibebäder schnell von meinep heftigenGelenkrheumatismus befreit wurde, so dass ich schon nach demzweiten Bade wieder ohne fremde Hufe .laufen konnte, und wülich hierbei Ihre Bäder jedermann bei derartigen Krankheitenempfehlen. Hochachtungsvoll *G. E.No. 80.] Neurasthenie. Schlaflosigkeit.H. (Württemberg), den 20. Februar 1890.T)er Unterzeichnete litt eine lange Reihe von Jahren anJjjörperHchen Beschwerden verschiedener Art, die von seinenÄrzten teüs als katarrhaHsch, teüs als rheumatisch Bezeichnetwurden. Mit Januar 1887 wurden dieselben intensiver: es steUtensich Asthma, Ischia, später Schwindel, Kopfweh etc. ein, bis sichendHch mit Oktober 1888 cerubprale Neurasthenie mit ihremverschiedenen Gefolge voU und stark entwickelte. Er musstesich nun als krank beurlauben lassen.' Bei verschiedenen Ärzten,Allopathen und Homöopathen, und- in zwei Anstalten suchte, erHilfe, aber es war aUes umsonst. Wenn auch mitunter etwas^Meichterung eintrat, so waren schon nach wenigen Tagen diealten" Beschwerden wieder da: Kopfweh in den verschiedenstenFormen, heftiges, unausstehHches Ohrensausen, Zucken der Gefichtsmuskeln,der Arme, der Füsse, Stossen im Unterleib, imKopf, Herzklopfen, Unterleibslapphwerden, steter Blutverlust imStuhlgang, aufgetriebener Bauch, Aufstossen nachrjedem Genussvon Speisen, Schlaflosigkeit, monatelang andauernd, verdüsterte


536 Dritter Teil.Stimmung bis zur Schwermut, übertriebene Zukunftssorgen fürseine Angehörigen, für seinen Beruf, Lebensüberdruss überhaupt.Kürz "gesagt: das. Leben wurde ihm zur Quäl.Durch Zufall lernte er im Dezember 1889 durchweinen derNaturheilkunde befreundeten Mediziner die Kuhn eschen Bäderkennen. — in schüchternen Versuchen wendete er dieselben an,und schon nach drei Tagen hatte er ganz-unglaubliche Besserungenzu spüren: das lästige Ohrenbrausen*verschwand, Schlaf undStuhlgang stellten sich geordnet ein etc. Und um nun ganzsicheren ErJalg zu erringen, ging er selbst zu Herrn Kühnevom 12. bis 20. Februar 1890. Er gebrauchte in dieser Zeitdie 'Kuhneschen Dampf- und Rumpfreibebäder in den betreffendenFormen bei strenger reizloser Diät mit so günstigemErfolg, dass nicht nur die quälenden Schmerzen von Tag zu*Tag auffallend rasch schwanden, sondern dass er in wenigenTagen seinen Beruf nach 15 Monat% langem qualvollen Aussetzenwieder aufnehmen und die feste Zuversicht aussprechen kann,dass er bei Fortsetzung der Kuhn eschen Bäder und dessen Diätauch^ seine frühere Gesundheit wieder erlangen werde. — Ausallem diesen kann er die Kuhnesche Heilkunde jedem Leidendenmit bestem Wissen und Gewissen dringendst und bestensempfehlen und spricht hiermit Herrn L. Kühne selbst für dieihm in diesen wenigen Tagen gewordene vorzügHche Hilfe seinenherzlichsten Dank aus.Professor Fr. R.No. 81.] Nervenschmerzen.Leipzig, den 15. Juni 1888.Herrn Louis Kühne sage ich hierdurch meinen tiefempfundenenDank für die Hilfe, die ich durch Anwendung seinesNaturheilverfahrens gefunden habe; dasselbe hat mich von andauerndenheftigen Nervenschmerzen befreit, und auf mein Allgemeinbefindenden günstigsten Einfluss gehabt. Ich empfehledaher allen Leidenden aufs wärmste die Kurbadeanstalt vonHerrn Louis Kühne, Leipzig, Flossplatz 24.E.°F., Malerin.No. 82.] Schweres Nervenleiden.Leipzig, den 18. November 1888.Sehr geehrter Herr KuhneT* Ich kann nicht umhin, Ihnenmit diesen Zeilen noch einmal zu danken, was Sie für meinLeben, meine Gesundheit gethan; ohne Sie wäre ich heute^wohl


Originalschreiben. 537nicht mehr in der JLage, mitzureden, denn dass ich von denersten Ärzten mit den üblichen Redensarten vertröstet und -—meinen Leiden, überlassen worden bin, wissen zahllose Zeugen,dass Sie mich allein dem Lehen wiedergaben, das mir schon einverlorenes Gut schien, sei hiermit laut ausgesprochen!MögenSie alle Hindernissei; glücklich besiegen, und Ihre* einfache unddeshalb so grosse Erfindung zum allgemeinen Volkswohl Gemeingutwerden, das wünscht und hofft -Ihre dankbareEmma P.No. 83.] Nervenleiden.Leipzig, den 20. November 1888. ^Sehr geehrter Herr Kühne! Es ist mir ein wahres Bedürfnis,Ihnen auszusprechen, dass Ihre Heilmethode gegenüberjeder anderen, welche mit: Giften hantiert, was, wie zahllose Beispielelehren, auch aus der Hand des „wissenschaftlich Gebildeten"Elend und Vernichtung über die leidende Menschheitbringt, von unmessbarem Werte ist. Fast jeder hat in seinerFamilie, an seinem eigenen Körper die Erfährung gemacht, undes heisst blind sein wollen, dennoch altem "Vorurteil und derGewohnheit zu Liebe täglich sein Leben und das seiner Liebenzu gefährden, indem man der Natur aus dem Wege geht; ichmöchte diese Zeüen nicht schliessen, ohne Ihnen nochmals zuwiederholen, was ich oft und laut gesagt habe, dass ich IhreErfi^ung, den kranken Körper zu heilen; für geradezu genialhalte, dass sich di ese meine Meinung nicht bloss auf mein gün*,stiges Vorurteil stützt, sondern auf nun mehrjährige Erfahrung,auf die eklatanten Erfolge, die Sie in meiner Familie erzielten,'so dass wir Sie getrost den Lebensretter meiner Schwester nennenkönnen, dass endlich durch die auffallende Wirkung Ihrer Kuran meinen Kindern, die Sie aus den verschiedensten Krankheitsanfällenin kürzester Zeit befreiten, mir Ihre Bekanntschaft als.eine der wertvollsten Errungenschaften meines ganzen LeipzigerAufenthaltes gilt. Meine dankbare Erinnerung bleibt Ihnensioher, wo ich auch weile, desgleichen meine feurige VertretungIhrer Lehren!Hochachtungsvoll grüsst Siev Frau Olga L.No. 84.] Magen- und Nervenleiden. ^Ich fühle mich Ihnen zu grossem Danke verpflichtet,weil Sie mir durch Ihre <strong>neue</strong> arzneilose und operationslose Heil-


538 ., : '- Dritter Teil.weise im Verlaufe von noch nicht 14 Tagöh ^Linderung in meinemschweren, seit sechs Jahren bestehenden Magen- und Nervenleidenverschafft haben.Was berühmte Ärzte und alle möglichen Arzneien bei mirnicht vermochten, haben Sie in fünf Tagen schon erreicht, nämlichdie Erzielung regelmässigen • Stuhls; Bisher musste ich stetsDarmspülungen anwenden.V., Westpr., im August 1889.Z., Lehrer.No. 85.] Quetschung.Jüterbog, den 16. Mai 1890.„Ihre Reibesitzbäder haben bei mir eine Erstaunenerregende Wirkung gehabt. *Auf einer Geschäftsreise rutschte ich vom Trittbrett einesEisenbahnzuges ab und quetschte mirjlniegelenk und Hüftknochendes rechten Beines dermaassen, dass ich davon bereits vier Wochendas Bett hüten musste und vor allen Dingen des Nachts keinenSchlaf fand.Der mich behandelnde Arzt wollte noch einen Arzt zu Hilfenehmen; da wurde mir die Sache ängstlich, und ich entschlossmich, einen Versuch mit Ihren Reibesitzbädern zu machen. NachAnwendung weniger Reibesitzbäder erlangte ich bereits Schlaf,den ich bis dahin nicht hatte erzielen können, Linderung derSchmerzen und Abnahme der Krankheit, sowie ähnliche Vorteile.Ich^wünsche Ihrer Methode die allererdenklichste Verbreitung.^•'M. Str.No. 86.] Rheumatismus, Leberleiden, Hämorrhoiden.Barmen, den 20. Oktober 1890.Hochgeehrter Herr Kühne!Es sind jetzt bald zwei Jahre, seit ich durch Ihre Kur gesundgeworden bin, und da mir seitdem auch nicht das Geringstefehlte, komme ich mir und allen denen, die mich früher kanntenund mit denen ich bis heute zusammen lebe, wie ein Wundervor. Sie wissen, in welch' bedenklichem Zustand ich damals zuIhnen kam. Ich war eigentlich nie recht gesund im Leben;Rheumatismus, Erkältungs- und sonstige Krankheiten allerlei Artlösten einander fortwährend ab, bis ich zuletzt gegen Hämorrhoidenund ein böses Leberleiden ca. 10 Jahre lang viele Ärzte,Homöopathen • und Allopathen und zuletzt einen hochangesehenenProfessor der Universität Bonn konsultierte und dabei so herunter


Originatychreihen. 539kam, dass ich kauipiAhoch meinem Beruf obliegen konnte undmit dem Leben sozusagen abgeschlossen hatte. Wenn nun durchden überraschenden Erfolg Ihrer Kür bei mir zwar viele andereKranke veranlasst wurden bei Ihnen Hilfe zu suchen und zufinden, undNloh Ihnen schon so oft mitgeteilt habe, wie ich undmeine Familie Ihnen stets zum Dank verpflichtet bleiben werden,so hat dies mein heutiges Schreiben'lediglich den Zweck, Sie zubitten, im Interesse der guten Sache und anderer Leidenden,deren es ja so viele giebt, von dieser meiner erfolgreichen Kurin der Öffentlichkeit den weitgehendsten Gebrauch zu machen.Ich könnte ja noch viel davon berichten, welche Erfolge ichdurch Ihre Bäder und die naturgemässe Lebensweise in meinerFamilie und an andern wahrzunehmen Gelegenheit hatte, allein^es würdft zu weit führen. Ich bin jetzt 51 Jahre alt, hier itfeiner Stadt von 115,000 Einwohnern seit 16 Jahren Verwalterdes -Evangelischen Vereinshauses, es ist deshalb jederzeit Gelegen-.heit, sich des Näheren darüber zu informieren. Mit herzlichstem"TussIhr stets dankbarerErnst F.No. 87] Keuchhusten.Nachdem ich! Ihr Heilverfahren auf mehrfache Empfehlungenvon Bekannten an meinen drei Kindern, die auf einmal andiesem schweren Übel, Keuchhusten, erkrankten, mit überraschend-,sten Jhfolgen angewandt n*lbe, so dass sie alle drei in acht Tagenvollständig davon befreit waren, sehe ich mich veranlasst, ihnen,•geehrter Herr Kühne, auch noch auf diesem Wege meinen aüfirlehtigstenDank auszudrücken. Möge Ihre Heilmethode sichauch in allen ähnlichen und anderen Fällen bestens bewähren;woran ich niemals zweifeln werde, damit der Nutzen und derhohe Wert dieses <strong>neue</strong>n" Naturheilverfahrens immer mehr erkanntwird.Leipzig, 5. Jan. 1891. Frau Therese B.\ 7- • •No. 88.]Chronische Bleivergiftung.'IUnaufgefordert, nur aus Dankbarkeit gegen Herrn LouisKühne, Flossplatz 24, erkläre ich hiermit, dass ich in verhältttismässigkurzer Zeit durch seine <strong>neue</strong> ^Heilmethode von einemmehrjährigen, schweren Leiden (die Ärzte hatten chronische, Bleivergiftungkonstatiert) wieder hergestellt worden bin. Gegendieses Leiden angewendete allopathische und homöopathischeArzneien vermehrten die ersteren nur mein Leiden, die letzteren


540 Dritter" Teil.waren nutzlos. Ebenso vermochte die darauf begonnene reizloseLebensweise allein keine Heiluhg^zu erzielen. <strong>Die</strong> nun begonnenenaturärztliche Behandlung nach alter Art belehrte mich allerdingsüber den gewaltigen Vorteil dieser Behandlungsweise gegenüberder medizinischen, besonders allopathischen Heilmethode,jedoch erzielte ich auch damit nur Linderung meiner Schmerzenund sonst etwas Besserung, so dass ich-wieder meine Thätigkeitaufnehmen konnte. Doch nicht für die Dauer. Trotz fortgesetzterKur lind strenger Lebensweise begannen meine Leiden wiederund sah ich mich veranlasst, meine Thätigkeit wieder aufzugeben.Nach vierwöchiger Kur in einer unserer grösstenNaturheilanstalten sah ich, dass das dafür verwendete Geld keinenNutzen hatte.Ich setzte die vom Anstaltsarzt vorgeschriebene Behandlungnoch in meiner Wohnung fort, erzielte aber keinen Nutzen.Immer mehr Gewichtsabnahme und grosse Schwäche. Aus purerVerzweiflung, ich gestehe es, wendete ich mich an Herrn LouisKühne, welcher mich nun in Behandlung nahm. Nach einigenkritischen Vorgängen, Ausscheidungen u. s. w., welche mir HerrKühne bereitwilligst erklärte, sah ich denn, dass mein Zustandsich besserte. Heute bin ich nun, Dank der Kuhne-Kur soweit^gebessert, dass ich meine Stelle im Kampfe «ums Dasein wiederausfüllen kann und sogar grössere Anstrengungen und Strapazenzu ertragen im stände bin. Alle Leidenden, besonders auch vielemeiner Kollegen mache ich in ihrem Interesse auf das KuhnescheHeilverfahren aufmerksam. Alle weiteren Auskünfte erteilt gern,P., 11. Novbr. 1890.Hermann R.No. 89.] Schweres chronisches Nervenleiden, Ischias.Dresden, den 10. Oktober 1890.Sehr geehrter Herr Kühne!Wiederholt schon hatte ich Gelegenheit, Ihnen über meinegrossartigen Erfolge mit Ihrer Kurmethode mündlich zu berichtenund .Ihnen meinen Dank, auszusprechen. Ich fühle mich aberdennoch verpflichtet, hierdurch auch schriftlich meiner DankbarkeitAusdruck zu geben, nachdem inzwischen wieder eine Reihevon Krankheitserscheinungen ganz oder teilweise geschwunden sindund die Zeit meiner Gesundung, an welche ich vor einem halbenJahre überhaupt nicht mehr glaubte, heute mir wieder viel nähererscheint, als vor zwei Monaten.Sie wissen, dass mein Zustand die Bezeichnung chronischoder latent im wahren Sinne des Wortes verdiente und wie


Originalschreiben. 541schwer solche Leiden vor Ihren Entdeckungen zu heben waren,habe ich an mir erfahren. Von den Jahren meines Aberglaubensan medizinische Heilkunst wül ich nicht reden, denn ich maggar nicht daran denken, jahrelang aber bin ich später auch.eifriger und aufrichtiger Anhänger der Naturheümethode gewesen,ohne gesund geworden zu sein. So viele Naturärzte ich innerhalbfünf Jahren konsultiert habe, so viele verschiedene Ansichtenhabe ich kennen gelernt, speziell hinsiohtHch Diät, Wassertemperaturund Körperbewegung. Ich bin nun weit entfernt, der Naturheilmethodeihre grossen Erfolge namentHch bei akuten Krankheitenabsprechen zu wollen, aber mich als chronischen Nervenkrankenhat sie nicht geheut.Sie werden sich vielleicht erinnern, dass ich im Februafa. c. arbeitsunfähig und ziemHch verzweifelt Ihren Rat einholteund dass Ihre Reibesitzbäder gleich am ersten Tage eine Besserungmeines Zustandes herbeiführten. <strong>Die</strong>se ist bis heute nunsoweit fortgeschritten, dass ich das Erstaunen meiner Verwandtenund Freunde zu erregen beginne, die in den ersten Monaten"meiner Kur, als die Bäder, verbunden mit naturgemässer Diät,eine wesentHche, aber wohlthuende Abnahme meines Körperge-"wichts zur Folge hatten, unaufhörlich ihre grossen Bedenkengegen Ihre Kurmethode ausgesprochen hatten.:,.*iIch brauche heute nur zurückzublicken auf meine Leidendes letzten Winters, um mir über die in meinem Körper vorgegangeneVerwandlung klar zu werden. Meine Nerven habensich ausserordentlich gekräftigt und dementsprechend hat der unruhigeoft unterbrochene Schlaf mit seinen lebhaften unangenehmenTräumen einem festen erquickenden- Schlafe Platz gemacht.Appetit und Verdauung sind befriedigend, während dieSchmerzen.im Rücken und in den Hüften (Ischias) beinahe ganzverschwunden sind. Sehr viel litt ich früher auch an eingenommenemKopfe, was heute nur sehr selten vorkommt; dasselbegilt auch von Schnupfen, Katarrh etc. und hat meine Empfindlichkeitgegen elementare Einflüsse sowohl als auch gegen dieEreignisse des Tages bedeutend nachgelassen. Kurz, die Erfolgesind so, gewaltige, wie ich sie nicht erwarten konnte und dafürwerde ich Ihnen dankbar bleiben.AMit Hochachtung ergebenstAug. TO


542 Dritter Teil.No. 90.] Chronischer Magen- und Darmkatarrh verbundenmit Nervosität.H. in Mähren, 18. März 1888.Geehrter Herr Kühne! Ich bin in der angenehmen Lage,Ihnen über die Erfolge nur Günstiges berichten zu können. Ausdem' Ihnen vor dem Kurgebrauche zugesandten Krankenberichtewerden Sie meinen Zustand gut erkannt haben.Mein Leiden war ein sehr schweres und haben meine Nervendurch die schlechte Ernährung durch so viele Jahre ungemeingelitten, es ist daher leicht erklärlich, dass ich nicht in einpaar Wochen oder Monaten vollkommen hergestellt sein konnte.Ich bemerke auch, dass sich mein Gedächtnis schon bedeutendgestärkt hat und bin ich jetzt wieder lebensfroh, anSelbstmord denke ich nicht im entferntesten mehr, leide auchnicht mehr an dem dumpfen Kopfschmerz, derselbe ist gänzlich-'geschwunden, Auch habe ich Ihren guten Rat befolgt und schlafeSommer und Winter bei offenem Fenster, was mir besonderswoblthut.Sie sehen, dass mir Ihre Kurmethode vorzügHche <strong>Die</strong>nstegeleistet hat und wünsche ich Ihnen von Herzen, dass rechtviele solche Leidende Ihre Kuranstalt besuchen mögen. Ich kannmit^ Bestimmtheit sagen, dass ich noch viele Jahre gebrauchthätte, um dasselbe zu erzielen, was ich bei Ihnen und durchAnwendung Ihrer Kurmethode in 1 / 2 Jahre erzielte.Ihrer Anstalt auch für die Zukunft bestes Gedeihen wünschend,zeichnet sich Ihr dankbarerHugo*B.,K. k. öst. Postmeister.Nr. 91.] Lungenentzündung, Diphtherie.Leipzig, 15. Februar 1891.Sehr geehrter Herr Kühne! Ich kann nicht umhin, Ihnenoffen meinen herzlichsten Dank und meine voUe Anerkennungauszusprechen für Ihr wunderbares Wirken zunächst bei derKrankheit meines neunjährigen Töchterchens.Nachdem mein bisheriger Hausarzt bei demselben Lungenentzündungfestgestellt und das Kind nahezu zwei Monate erfolglos*behandelt hatte, musste ich mich und meine Frau aufdessen baldige Auflösung gefasst machen und glaubte ich auchnicht mehr, dass mein Kind gesund werden würde. Erst indieser meiner Not dachte ich an Sie.Ich bat Sie per" Karte, alsdann zu mir zu kommen Und


Originalsehreiben. 543sagten Sie: „Wenn Sie Vertrauen haben und die Anordnungendes bisherigen Arztes nicht mehr machen, wird das Kind inkurzer Zeit wieder gesund, vorausgesetzt, dass Sie meine Ratschlägegenau befolgen." Meine Frau und ich haben dies versprochenund genau befolgt und war der Erfolg ein derartiger,dass eine sichtbare Besserung schon am nächsten Tage erfolgte,noch mehr am zweiten Tage und weiter so aUe .Tage. Am achtenTage konnten wir sagen, unser Kind ist gerettet; heute ist dasselbevoUständig gesund, geht spazieren, lacht, springt etc. Ichbin fest überzeugt, dass, wenn Sie nicht dazwischen kamen, meinKind heute im Schosse der Erde ruhte.^u gleicher Zeit steUte sich auch in meiner Famüie einalter Hausgast, mit dem wir schon seit 14 Jahren kämpfen, diegefürchtete Diphtheritis ein, die meine anderen fünf Kindernach einander ergriff. Ich bestätige, dass unter Ihrer geschätztenBehandlung bei aUen fünf Kir.dern die Krankheit verschwundenund geheut worden ist. Ich verfehle deshalb nicht,- Ihnen' auchhierfür schriftlich nochmals den wärmsten Dank auszusprechenund bitte Sie, von Vorstehendem, so oft Sie wollen, Gebrauchzu machen!Mit grösster HochachtungIhr dankbarer Karl I.ONr. 92.] Unheilbares Augenleiden. C"S. in Siebenb. (Ung.), 5. Sept. .1891.GKfehrter Herr Kühne!Von tiefem Dankgefühl ergriffen, kann ich es nicht unterlassen,Ihnen eine genaue Schüderung über den Verlauf und dierasche Heüung meines-schweren Augenleidens zu übersenden undbitte ich, davon den ausgiebigsten Gebrauch zu machen.Seit meiner frühestenKindheit Htt ich beständig an entzündetenAugen, welche mir von den Blattern zurückgebliebenwaren. Ich hatte schon bei den verschiedensten Ärzten meinHeü gesucht, jedoch vergebens. Das Leiden wurde zwar zeitweüigdurch medizinische Behandlung unterdrückt, kam, aberjedesmal nach kurzer Zeit und zwar immer heftiger wieder. Vergeblichwurden Kalomel, Quecksübersalbe und Zinkwasser in Anwendunggebracht, dennoch woUte die Entzündung nicht weichen.Wohl zehn "Ärzte hatte ich in einer langen Reihe von Jahrenkonsultiert, aber aUes war ohne Erfolg geblieben.Unterdessen wurde meinfAugenleiden immer schHmmer, bissich schliesslich eine ägyptische Augeneüfczündung (Trachoma)


544 Dritte? Teil.bildete und mein Zustand ein-bejammernswerter geworden war.Heilung hoffend ging ich in eine,Wiener Augenklinik, woselbstich, volle sechs Monate mit Borsäure, Lapis, .Kupferstift, Sublimatund Jodoform ohne allen Erfolg behandelt wurde. An meinemrechten Auge waren drei Operationen vorgenommen worden, wobeiich^die fürchterlichsten Schmerzen ertragen musste.Trotzdem war mein Zustand immer schlimmer und schlimmergeworden. Als endlich die Herren Mediziner sahen, dass !mirnicht mehr zu helfen sei, wurde ich. entlassen und wäre dem Erblindenpreisgegeben, hätte ich nicht Ihre Kurmethode zur An-.wenduhg gebracht, der allein ich meine glückliche Heilung nachsechsmonatiger strenger Befolgung; ihrer Ratschläge (reizlose Diätund ableitende Bäder) zu verdanken habe.Im Laufe der Kur besserte sich nicht nur mein Augenleidenvon Woche zu Woche, sondern habe ich durch dieselbe sowohlmein nervöses Kopfweh, an dem ich über drei Jahre gelitten, dannmeinen chronischen Rachenkatarrh und eine Schwäche der Blase,welche von einem medizinisch behandelten Blasenkatarrh zurückgebliebenwar, -als auch sehr starke Rücken- und Seitens_chmerzen,die vonpeiner vor acht Jahren überstandenen RippenfeUentzündungherrührten, total verlören.Überhaupt ist mein Allgemeinbefinden das denkbar bestegeworden. Ikuch fühle ich mich seit dem Gebrauche Ihrer KurgellUg so frisch,wie nie zuvor. *Mit dem Wunsche, dass recht vielefLeidende Ihre Methode.in Anwendung*bringen möchten, damit dieselbe sich immer mehrdie Anerkennung der ganzen Menschheft erwerbe^ da sie daseinzige wahre Mittel ist zur Heilung aller Krankheitenzeichnet mit HochachtungEugen K.


545Einige Beispielefür die Gesichtsausdruckskunde.Ausschliessliche Vorderbelastung.


546Ausschliessliche Rückenbelastung.


Vorder-, Seiten- und Rückenbelastung, wobeiVorderbelastung überwiegt.547


Ein 45 mal mit Tuberculin geimpftes Kind und diedadurch hervorgerufenen nachteiligen Folgen.Näheres darüber siehe in meiner Broschüre „Kindererziehnng".50 Pfg.


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