energieumwandlung - KIT - Zentrum Energie
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<strong>Energie</strong> für morgen<br />
<strong>Energie</strong>forschung am Karlsruher Institut für Technologie<br />
<strong>KIT</strong>-ZENTRUM ENERGIE<br />
<strong>KIT</strong> – Universität des Landes Baden-Württemberg und<br />
1<br />
nationales Forschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft www.kit.edu
DAS <strong>KIT</strong>-ZENTRUM ENERGIE<br />
In einem einzigen Blitz stecken durchschnittlich 250 kWh elektrische<br />
<strong>Energie</strong>. Dies würde ausreichen, um einen Haushalt zwei bis drei<br />
Wochen mit Strom zu versorgen. Die gesamte <strong>Energie</strong> der täglich auf<br />
der Erde einschlagenden rund zehn Millionen Blitze lässt sich jedoch<br />
kaum wirtschaftlich nutzen.<br />
2<br />
ENERGIE FÜR MORGEN<br />
In naher Zukunft sind weltweit mehr als sieben Milliarden Menschen mit<br />
<strong>Energie</strong> zu versorgen. Das Karlsruher Institut für Technologie (<strong>KIT</strong>) mit der<br />
Mission einer Universität des Landes Baden-Württemberg und eines natio-<br />
nalen Forschungszentrums in der Helmholtz-Gemeinschaft stellt sich dieser<br />
Herausforderung: Im <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> erarbeiten Forscherinnen und<br />
Forscher innovative Konzepte für eine sichere, wirtschaftliche und umwelt-<br />
freundliche <strong>Energie</strong>versorgung.
Mission und Strategie<br />
Das <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> bildet mit 1100<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eines<br />
der größten <strong>Energie</strong>forschungszentren in<br />
Europa. Es bündelt die <strong>Energie</strong>forschungsarbeiten<br />
des <strong>KIT</strong>, dem Zusammenschluss<br />
von Forschungszentrum Karlsruhe und<br />
Universität Karlsruhe sowie namhafter<br />
Kooperationspartner. Dabei überschreitet<br />
es Fachgrenzen und vereint grundlegende<br />
und angewandte Forschung zu allen relevanten<br />
<strong>Energie</strong>n für Industrie, Haushalt,<br />
Dienstleistungen und Mobilität.<br />
Technik- und naturwissenschaftliche, aber<br />
auch wirtschafts-, geistes- und sozialwissenschaftliche<br />
sowie rechtswissenschaftliche<br />
Kompetenzen fließen im<br />
<strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> zusammen, um<br />
den <strong>Energie</strong>kreislauf ganzheitlich zu<br />
betrachten und auch die gesellschaftlichen<br />
Aspekte mit einzubeziehen. Die<br />
<strong>KIT</strong>-<strong>Energie</strong>forschung berücksichtigt alle<br />
Ansätze für eine sichere <strong>Energie</strong>versorgung.<br />
Im Mittelpunkt steht die Entwicklung<br />
eines Gesamtkonzepts für den<br />
<strong>Energie</strong>mix der Zukunft.<br />
Die Arbeit des <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong>s <strong>Energie</strong><br />
gliedert sich daher in sieben Topics:<br />
<strong>Energie</strong>umwandlung<br />
Erneuerbare <strong>Energie</strong>n<br />
<strong>Energie</strong>speicherung und<br />
<strong>Energie</strong>verteilung<br />
Effiziente <strong>Energie</strong>nutzung<br />
Fusionstechnologie<br />
Kernenergie und Sicherheit<br />
<strong>Energie</strong>systemanalyse<br />
Wissensdreieck<br />
<strong>KIT</strong> setzt wie die Europäische Union auf<br />
das Wissensdreieck Forschung – Lehre –<br />
Innovation. Die Nähe zur Spitzenforschung<br />
macht eine Ausbildung am <strong>KIT</strong> höchst<br />
attraktiv. Zugleich nutzt das <strong>KIT</strong> sein enormes<br />
Innovationspotential als Kooperationspartner<br />
der Wirtschaft, damit sich exzellente<br />
Forschungsergebnisse zeitnah in<br />
marktfähige Produkte umsetzen lassen.<br />
Die Sonne ist die ursprüngliche <strong>Energie</strong>quelle für alle Lebensformen auf der Erde.<br />
Organisation und<br />
Kooperationen<br />
Am <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> sind mehr als<br />
60 Institute des <strong>KIT</strong>-Campus Süd und<br />
des <strong>KIT</strong>-Campus Nord beteiligt. Fachliche<br />
Koordination und strategische Planung<br />
obliegen einem wissenschaftlich geführten<br />
Lenkungsgremium. Ein wissenschaftlicher<br />
Beirat begleitet die strategische Weiterentwicklung<br />
des <strong>Zentrum</strong>s.<br />
Die beteiligten Institute und Forschergruppen<br />
führen ihre Arbeiten eigenverantwortlich<br />
aus. Wissenschaftler wirken<br />
interdisziplinär zusammen, verbinden<br />
Themen miteinander und nutzen hochwertige<br />
Geräte und Anlagen gemeinsam. So<br />
entsteht eine neue Qualität von Forschung<br />
und Lehre. Eine fächerübergreifende <strong>KIT</strong><br />
School of Energy bietet der Lehre ideale<br />
Rahmenbedingungen. Für externe<br />
Partner aus der Industrie erarbeitet<br />
das <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> energietechnische<br />
Lösungen aus einer Hand. Überdies<br />
fungiert es als kompetenter<br />
Ansprechpartner in <strong>Energie</strong>fragen<br />
für Politik, Wirtschaft<br />
und Gesellschaft.<br />
Das <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> arbeitet<br />
eng mit anderen Universitäten und<br />
Forschungseinrichtungen zusammen.<br />
Zu den zahlreichen Kooperationspartnern<br />
gehören die Universitäten Heidelberg und<br />
Stuttgart sowie die Einrichtungen der<br />
Helmholtz-Gemeinschaft, besonders<br />
das Deutsche <strong>Zentrum</strong> für Luft- und<br />
Raumfahrt (DLR), das Forschungszentrum<br />
Jülich, das GeoForschungs<strong>Zentrum</strong><br />
Potsdam und das Max-Planck-Institut für<br />
Plasmaphysik in Garching. In Karlsruhe<br />
angesiedelt ist das Europäische Institut<br />
für <strong>Energie</strong>forschung (EIFER). KIC<br />
InnoEnergy, eines von drei „Knowledge<br />
and Innovation Communities“ (KICs)<br />
des European Institute of Innovation and<br />
Technology, hat seinen deutschen Sitz in<br />
Karlsruhe unter Federführung des <strong>KIT</strong>. Das<br />
Landesforschungszentrum für Geothermie,<br />
das die Möglichkeiten einer sicheren<br />
Nutzung der Tiefengeothermie erforscht,<br />
ist ebenfalls an das <strong>KIT</strong> angegliedert.<br />
3
TOPIC 1: ENERGIEUMWANDLUNG<br />
Experiment zur Verbrennungsforschung: Ein Mitarbeiter des <strong>KIT</strong>-<br />
<strong>Zentrum</strong>s <strong>Energie</strong> untersucht die Wechselwirkungen zwischen Tropfen<br />
und begrenzenden Wänden in Gasturbinen und Verbrennungsmotoren.<br />
Die Particle Tracking Velocimetry, ein laseroptisches Messverfahren,<br />
liefert Informationen über Geschwindigkeit und Verteilung der Tropfen.<br />
4<br />
FORSCHEN FÜR<br />
VERBESSERTE<br />
VERBRENNUNG<br />
<strong>Energie</strong>umwandlung heißt, <strong>Energie</strong>n aus natürlich vorkommenden<br />
<strong>Energie</strong>quellen so umzuformen, dass sie sich für die gewünschten Zwecke<br />
nutzen lassen. Das <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> befasst sich mit der gesamten Kette<br />
und mit sämtlichen Arten der <strong>Energie</strong>umwandlung. Übergeordnetes Ziel ist,<br />
die <strong>Energie</strong>umwandlungsprozesse möglichst wirksam, wirtschaftlich und<br />
umweltverträglich zu gestalten. Im Fokus der Forschung steht besonders die<br />
Verbrennung.
Die künftige <strong>Energie</strong>versorgung verlangt<br />
<strong>Energie</strong>umwandlungssysteme von hoher<br />
Effizienz. Wichtige Kriterien sind Leis-<br />
tungsdichte, Wirkungsgrad, Verfügbarkeit<br />
und Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit,<br />
Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit.<br />
Die Forscherinnen und Forscher<br />
am <strong>KIT</strong> untersuchen und bewerten die gesamte<br />
Kette und sämtliche Arten der<br />
<strong>Energie</strong>umwandlung. Im Fokus stehen<br />
thermochemische Prozesse, das heißt vor<br />
allem Verbrennungsvorgänge, aber auch<br />
elektrochemische Prozesse in Brennstoffzellen<br />
oder elektromechanische Vorgänge<br />
in Generatoren.<br />
Zwar wächst die Bedeutung von <strong>Energie</strong>umwandlungssystemen<br />
auf der Basis von<br />
Wasser-, Wind- und Sonnenenergie sowie<br />
Geothermie. Höchste Priorität aber kommt<br />
nach wie vor den Anlagen und Verfahren<br />
zur thermochemischen Umwandlung von<br />
Brennstoffen zu. Dies ist vor allem darauf<br />
zurückzuführen, dass chemische Brennstoffe<br />
sich speichern lassen und dadurch<br />
bedarfs- und anforderungsgemäß in stationären<br />
wie auch in mobilen Einrichtungen<br />
und Geräten einzusetzen sind, besonders<br />
um elektrische <strong>Energie</strong> bereitzustellen.<br />
Zusätzlich besitzen chemische Brennstoffe<br />
eine ausgesprochen hohe <strong>Energie</strong>dichte –<br />
<strong>Energie</strong> pro Masseeinheit – was sich gera-<br />
Laminare Vormischflamme: Brennstoff und<br />
Oxidator sind vorgemischt; die Strömung ist<br />
geordnet.<br />
Wirkungsgrad<br />
In einem abgeschlossenen System<br />
bleibt die Gesamtenergie konstant.<br />
Das heißt, <strong>Energie</strong> lässt sich<br />
weder erzeugen noch vernichten.<br />
Allerdings treten beim Wandeln<br />
von <strong>Energie</strong> häufig <strong>Energie</strong>formen<br />
auf, die sich für den betreffenden<br />
Anwendungszweck nur schwer<br />
nutzen lassen, beispielsweise die von<br />
Elektrogeräten erzeugte Abwärme.<br />
Je größer der nutzbare Anteil der<br />
<strong>Energie</strong>, desto höher der Wirkungsgrad<br />
der <strong>Energie</strong>umwandlung.<br />
de bei mobilen Anwendungen vorteilhaft<br />
auswirkt.<br />
Demgemäß befasst sich das <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong><br />
<strong>Energie</strong> im Topic „<strong>Energie</strong>umwandlung“<br />
hauptsächlich mit neuartigen Brennstoffen<br />
von geringem Kohlenstoffgehalt aus verschiedensten<br />
Rohstoffen, mit Prozessen<br />
zur thermochemischen Umwandlung sowie<br />
mit darauf basierenden hoch entwickelten<br />
technischen Systemen. In die<br />
Betrachtung ist die gesamte Kette vom<br />
Rohstoff über den Umwandlungsvorgang<br />
bis hin zur Maschine einbezogen. Es gilt,<br />
geeignete physikalisch-chemische Prozesse<br />
zu konzipieren, zu analysieren und zu validieren.<br />
Parallel dazu sind diagnostische<br />
Methoden zu entwickeln, welche über die<br />
bisher verfügbaren Methoden hinaus-<br />
gehen und es ermöglichen, Prozesse für<br />
Grundlagenexperimente wie auch auf<br />
Komponenten-, Maschinen- oder<br />
Systembasis detailliert zu untersuchen.<br />
Auch geht es darum, analytische und numerische<br />
Methoden und Modelle für alle<br />
Stufen der <strong>Energie</strong>umwandlung auszuarbeiten.<br />
Die Wissenschaftlerinnen und Wissen-<br />
schaftler am <strong>KIT</strong> untersuchen in unter-<br />
schiedlichsten Forschungszusammenhängen<br />
grundlegende Vorgänge, wie die<br />
chemischen Reaktionen bei der Synthese<br />
alternativer Brennstoffe und auch komplexere<br />
Prozesse wie die thermochemische<br />
Getreidestaub-Deflagration: Eine Deflagration<br />
ist ein schneller Verbrennungsvorgang,<br />
der im Unterschied zur Detonation unterhalb<br />
der Schallgeschwindigkeit abläuft.<br />
<strong>Energie</strong>form und<br />
<strong>Energie</strong>umwandlung<br />
<strong>Energie</strong> kommt in verschiedenen<br />
Formen vor, etwa als chemische<br />
<strong>Energie</strong>, thermische <strong>Energie</strong> (Wärme)<br />
oder mechanische <strong>Energie</strong>, und lässt<br />
sich von einer Form in eine andere<br />
umwandeln. <strong>Energie</strong> aus natürlich<br />
vorkommenden <strong>Energie</strong>quellen<br />
wie fossile Brennstoffe, Biomasse,<br />
Wasserkraft, Kernenergie oder Geothermie<br />
werden dadurch zu <strong>Energie</strong>formen<br />
wie Elektrizität, <strong>Energie</strong>trägern<br />
wie Druckluft oder Wasserstoff<br />
und zu den vom Verbraucher benötigten<br />
Endenergien.<br />
Umsetzung solcher Brennstoffe mit innovativen<br />
Technologien. Ebenso befassen sie<br />
sich mit Möglichkeiten, die Zuverlässigkeit<br />
und Lebensdauer von Maschinen zu erhöhen,<br />
etwa thermisch hoch belastete<br />
Komponenten aus extrem temperaturbeständigen<br />
Materialien zu fertigen und<br />
für angemessene Kühlung zu sorgen. Da<br />
die dabei entwickelten Werkzeuge und<br />
Verfahren interdisziplinär anwendbar sind,<br />
lassen sie sich auf andere Bereiche übertragen<br />
und für Querschnittsaufgaben nutzen.<br />
5
TOPIC 1: ENERGIEUMWANDLUNG<br />
Neuartige Brennstoffe<br />
Die <strong>Energie</strong>versorgung beruht in Zukunft,<br />
obwohl Solarenergie und andere alternative<br />
<strong>Energie</strong>quellen leichter verfügbar werden,<br />
weiterhin wesentlich auf chemischen<br />
Brennstoffen. Diese können wie in der<br />
Vergangenheit aus fossilen Quellen<br />
stammen oder aber aus verschiedenen<br />
Biomassen gewonnen werden. Eine Son-<br />
derstellung nimmt Wasserstoff ein. Grundsätzlich<br />
geht es darum, fossile Brennstoffe<br />
einzusparen, neue Rohstoffe mit differierenden<br />
Eigenschaften zu verarbeiten,<br />
den Ausstoß von Kohlendioxid (CO 2 )<br />
zu reduzieren, künftige Standards für<br />
Brennstoffe zu erfüllen sowie innovative<br />
<strong>Energie</strong>umwandlungstechniken anzuwenden.<br />
Diese vielfältigen Herausforderungen<br />
legen es nahe, neuartige chemische<br />
Brennstoffe maßzuschneidern.<br />
Die Karlsruher Forscher entwickeln die<br />
Grundlagen, um solche neuartigen chemischen<br />
Brennstoffe zu konzipieren<br />
und herzustellen. Besonders berücksichtigen<br />
sie dabei Zusammensetzung<br />
und Eigenschaften der Rohstoffe sowie<br />
Möglichkeiten, die CO 2 -Emissionen zu verringern.<br />
6<br />
Verbrennung<br />
Die Verbrennung ist eine chemische Reaktion: Ein fester, flüssiger oder gasförmiger<br />
(Brenn-)Stoff reagiert mit einem Oxidationsmittel, beispielsweise Sauerstoff.<br />
Dabei geht der Brennstoff mit dem Oxidationsmittel eine Verbindung ein. Diese<br />
chemische Reaktion setzt Wärme frei. Damit die Verbrennungsreaktion einsetzt, ist<br />
eine bestimmte Temperatur erforderlich. Ist diese Entzündungstemperatur erreicht,<br />
läuft die Verbrennung ohne weitere <strong>Energie</strong>zufuhr von außen ab und liefert Wärme.<br />
Verbrennung ist die älteste Technik der Menschheit überhaupt. Heute beruht die<br />
weltweite <strong>Energie</strong>versorgung zu rund 90 Prozent auf <strong>Energie</strong> aus Verbrennungsvorgängen.<br />
Die Verbrennung ist demnach die chemische Reaktion mit dem größten<br />
Anwendungsbereich und die Reaktion, bei der die größten Stoff- und <strong>Energie</strong>umsätze<br />
stattfinden.<br />
Thermochemische und<br />
elektrochemische Prozesse<br />
Ob Prozessenergie, Gas- und Dampfturbinen<br />
oder Verbrennungsmotoren – viele<br />
wichtige Anwendungen und Anlagen zur<br />
<strong>Energie</strong>umwandlung erfordern per se<br />
thermische <strong>Energie</strong> auf hohem Temperatur-<br />
und Druckniveau. Zukünftige Transportsysteme<br />
am Boden und in der Luft<br />
werden hohe spezifische Leistungen auf-<br />
weisen müssen. Um angemessene Reichweiten<br />
sicherzustellen, bedarf es entspre-<br />
chender Brennstoffe mit großer <strong>Energie</strong>dichte.<br />
Demnach ist und bleibt die Verbrennung<br />
von chemischen Brennstoffen<br />
grundlegend für zukunftsfähige und nachhaltige<br />
<strong>Energie</strong>umwandlungskonzepte.<br />
Innovative Technologien zur Verbrennung<br />
müssen darauf ausgerichtet sein, mit begrenzten<br />
Ressourcen umzugehen, alternative<br />
Brennstoffe zu nutzen und verschie-<br />
dene thermochemische Prozesse zu koppeln,<br />
um <strong>Energie</strong> freizusetzen. Aus diesen<br />
Herausforderungen folgen aktuelle Ziele<br />
der Forschung: Verbrennungsvorgänge für<br />
Laser-Doppler-Anemometrie: Dabei handelt es sich um ein berührungsloses optisches Messverfahren, mit dem sich Geschwindigkeitskomponenten<br />
von Strömungen messen lassen. Die Aufnahme zeigt die Analyse des Strömungsfelds einer transsonischen (schallnahen) Turbinenstufe.
technische Systeme mit erheblich gesteigertem<br />
Wirkungsgrad, Verbrennung von<br />
speziell entworfenen kohlenstofffreien<br />
oder CO 2 -neutralen neuen Brennstoffen<br />
sowie miteinander gekoppelte Kombinationen<br />
von chemischer Stoffumwandlung<br />
und <strong>Energie</strong>umwandlung.<br />
Bei der Nutzung chemischer Brennstoffe<br />
entstehen neben Kohlendioxid weitere<br />
Schadstoffe wie Kohlenmonoxid und<br />
unverbrannte Kohlenwasserstoffe, Stickoxide<br />
und Partikel. Ihre Menge lässt sich<br />
mit neuartigen Konzepten deutlich reduzieren.<br />
Dabei muss jedoch stets eine stabile<br />
Verbrennung gewährleistet sein: In Gas-<br />
turbinen und Flugtriebwerken beispielsweise<br />
ist es unbedingt erforderlich, störende<br />
Instabilitäten wie Verlöschen und Flam-<br />
menschwingungen zu vermeiden und<br />
durch eine kontrollierte Gemischaufberei-<br />
tung bauteilschädigende Erscheinungen<br />
wie Flammenrückschlag und Selbstzün-<br />
dung auszuschließen. Bei Verbrennungsprozessen<br />
in Wärmekraftmaschinen geht<br />
es darum, den Wärmeverlust durch Strah-<br />
lung zu minimieren, bei Feuerungssystemen<br />
von Kesseln hingegen gilt es, den<br />
Strahlungswärmeübergang zu intensivieren.<br />
Chemische <strong>Energie</strong> lässt sich auch direkt in<br />
elektrische <strong>Energie</strong> umwandeln. Dies geschieht<br />
durch so genannte galvanische<br />
Elemente, beispielsweise in Batterien und<br />
Akkumulatoren. Auch Brennstoffzellen<br />
sind galvanische Elemente: Sie wandeln<br />
die chemische <strong>Energie</strong> eines laufend zuge-<br />
führten Brennstoffs und eines Oxidationsmittels<br />
in elektrische <strong>Energie</strong> um. Damit<br />
erübrigt sich der bei konventionellen<br />
Kraftwerken erforderliche Umweg über<br />
thermische und mechanische <strong>Energie</strong>. So<br />
ist der thermodynamische Wirkungsgrad<br />
größer, der bei Turbinen und Verbrennungsmotoren<br />
eine grundsätzliche<br />
Beschränkung darstellt. Die Brennstoffzelle<br />
ist demnach potenziell effizienter. Die For-<br />
scher am <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> befassen<br />
sich vor allem mit der Hochtemperatur-<br />
Festelektrolyt-Brennstoffzelle SOFC. Um<br />
die Leistungsdichte weiter zu steigern, entwickeln<br />
sie unter anderem hochleistungsfähige<br />
Elektrodenstrukturen und untersu-<br />
chen den Betrieb von SOFC unter schnell<br />
veränderlichen elektrischen Belastungen,<br />
wie sie bei den meisten Anwendungen<br />
auftreten.<br />
Technische Systeme<br />
Innovative technische Systeme und Maschinen,<br />
die auf Verbrennungsprozessen basieren,<br />
müssen auf die von ihnen umgesetzten<br />
neuen Brennstoffe und neuartigen<br />
Konzepte abgestimmt sein. Andererseits<br />
sind die spezifischen Eigenschaften der<br />
Systeme und Maschinen bei der Entwick-<br />
lung von Brennstoffen und Verbrennungs-<br />
konzepten zu berücksichtigen. Daher greifen<br />
die verschiedenen Forschungsfelder<br />
vielfach ineinander.<br />
Gasturbinen und Verbrennungsmotoren<br />
Die Forschung am <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong><br />
befasst sich vor allem mit wegweisenden<br />
Ansätzen für Gasturbinen und Verbrennungsmotoren.<br />
Gasturbinen wirken wesentlich bei der<br />
<strong>Energie</strong>umwandlung in stationären<br />
Systemen und bei der Bereitstellung elektrischer<br />
<strong>Energie</strong> in Einzel- oder Kombi-<br />
prozessen mit. Bei Kombiprozessen sind<br />
bis jetzt thermische Wirkungsgrade von bis<br />
zu 60 Prozent erreicht worden. Die kommerzielle<br />
Luftfahrt setzt ausschließlich<br />
Gasturbinen in Form von Turbofan- oder<br />
Turboproptriebwerken als Antriebssysteme<br />
ein.<br />
Die zu den Kolbenmaschinen zählenden<br />
Verbrennungsmotoren werden gegenwärtig<br />
als Dieselmotor/Selbstzünder oder<br />
Ottomotor/Fremdzünder konzipiert. Sie<br />
treiben sämtliche straßengebundenen<br />
Fahrzeuge, alle nichtelektrischen schienen-<br />
gebundenen Fahrzeuge sowie die meisten<br />
Schiffe an. Darüber hinaus werden sie zur<br />
dezentralen Stromversorgung in kleinerem<br />
Leistungsbereich eingesetzt. Das <strong>KIT</strong>-<br />
<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> entwickelt sowohl für<br />
Diesel- als auch für Ottomotoren neue<br />
schadstoffarme und verbrauchsoptimierte<br />
Thermalanalyse des Kühlsystems einer<br />
Turbinenstufe: Das von einer Infrarotkamera<br />
aufgenommene Wärmebild zeigt die mit zunehmender<br />
Lauflänge abnehmende Effektivität<br />
einer Reihe von Kühlbohrungen.<br />
Ein Mitarbeiter des <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong>s <strong>Energie</strong><br />
untersucht die Schadstoffbildung in teilweise<br />
vorgemischten Sprayflammen.<br />
Brennverfahren mit Kraftstoffen aus fossilen<br />
sowie aus erneuerbaren <strong>Energie</strong>n. Dabei<br />
setzen die Wissenschaftler modernste<br />
Simulationswerkzeuge, Abgas- und Indiziermesstechnik<br />
sowie zahlreiche optische<br />
und laseroptische Methoden ein und<br />
arbeiten an einer Reihe von Motorenprüfständen.<br />
Zudem untersuchen sie innovative<br />
Aufladekonzepte, um bei Diesel- und<br />
Ottomotoren die Leistung zu steigern, den<br />
Wirkungsgrad zu erhöhen und den Schadstoffausstoß<br />
zu verringern. Das Spektrum<br />
der Projekte reicht von der Grundlagenforschung<br />
bis hin zu Arbeiten an seriennahen<br />
Aggregaten in enger Kooperation<br />
mit Automobilherstellern und Zulieferern.<br />
7
TOPIC 1: ENERGIEUMWANDLUNG<br />
Inzwischen haben sowohl Gasturbinen<br />
als auch Verbrennungsmotoren, was<br />
ihre Zuverlässigkeit, Wirtschaftlichkeit<br />
und Umweltverträglichkeit betrifft, einen<br />
hohen Entwicklungsstand erreicht.<br />
Um ihre Effektivität noch weiter zu steigern,<br />
verfolgen die Wissenschaftler am<br />
<strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> sowohl evolutionäre<br />
als auch revolutionäre Ansätze.<br />
Auf evolutionärem Weg versprechen<br />
neue Materialien, die Verringerung von<br />
Strömungs- und Wärmeverlusten, die weitere<br />
Anhebung der Systemdrücke und<br />
Systemtemperaturen sowie verbesserte<br />
Kühlverfahren beachtliche Fortschritte.<br />
Diese Maßnahmen werden aber erst durch<br />
den Einsatz von innovativen Messtechniken<br />
und verbesserten numerischen Werk-<br />
zeugen sowie durch die konsequente<br />
Ausschöpfung des Potenzials neuartiger<br />
Fertigungsverfahren möglich. In neue Rich-<br />
tungen weisen schadstoffarme Brenn-<br />
kammern für zukünftige Flugtriebwerke,<br />
Verbrennungsmotoren mit Direkteinspritzung<br />
und homogener Selbstzündung,<br />
innovative Kraftwerksprozesse sowie<br />
Systeme der Kraft-Wärme- und Kraft-<br />
Wärme-Kälte-Kopplung.<br />
Brennstoffzellen<br />
Auch Brennstoffzellen-Systeme und ihre<br />
Komponenten sind Gegenstand der<br />
Forschung im <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong>. Dabei<br />
geht es vor allem darum, die Zuverlässig-<br />
keit und Lebensdauer zu erhöhen, um<br />
diese Technologie konkurrenzfähig zu<br />
machen. Ein Schwerpunkt liegt auf der<br />
keramischen Hochtemperatur-Brennstoff-<br />
Im Brennstoffzellentestlabor: Unter-<br />
suchung eines Brennstoffzellen-Stacks.<br />
8<br />
Test von Hochtemperatur-Brennstoffzellen (SOFC) in Prüfständen des Instituts für Werkstoffe<br />
der Elektrotechnik: Diese Prüfstände ermöglichen die Untersuchung von Brennstoffzellen auf<br />
Leistung, Zuverlässigkeit und Lebensdauer.<br />
zelle SOFC. Diese besitzt großes Potenzial<br />
für stationäre – und mobile – Anwendungen,<br />
wie Prototypen verschiedener<br />
Leistungsklassen und Baukonzepte seit<br />
Ende der 1990er Jahre gezeigt haben.<br />
Der elektrische Wirkungsgrad kann deutlich<br />
über dem von konventionellen Ener-<br />
gieerzeugungsanlagen liegen. Jedoch ist<br />
wegen der hohen Anforderungen an der-<br />
artige Systeme noch erhebliche Entwicklungsarbeit<br />
zu leisten, so dass in den kommenden<br />
zehn Jahren noch nicht mit einer<br />
Markteinführung zu rechnen ist. Die For-<br />
schung fokussiert unterdessen auf Kompo-<br />
nenten für Brennstoffzellen-Stacks, das<br />
heißt Stapel von hintereinander geschalteten<br />
Brennstoffzellen, sowie zunehmend<br />
Brennstoffzelle<br />
auch auf Methoden, Alterungsprozesse zu<br />
identifizieren und die Lebensdauer zu ermitteln.<br />
Im Einzelnen entwickeln die Forscher am<br />
<strong>KIT</strong> neue funktionskeramische Materialien<br />
und Verbundstrukturen. Dabei setzen sie<br />
einerseits bewährte keramische Verfah-<br />
ren zur Synthese der Ausgangsstoffe ein,<br />
andererseits aber auch Dickschicht-<br />
technologien wie Folienziehtechnik und<br />
Siebdruck, Dünnschichttechnologien und<br />
spezielle Sintertechnologien. Die Eigen-<br />
schaften der Werkstoffe und Einzelzellen<br />
werden experimentell charakterisiert und<br />
parallel dazu mathematisch modelliert und<br />
rechnergestützt simuliert.<br />
Eine Brennstoffzelle besteht aus Elektroden, die durch eine Elektrolytmembran voneinander<br />
getrennt sind. Sie wandelt die chemische <strong>Energie</strong> eines Brennstoffs direkt<br />
in elektrische <strong>Energie</strong> um.<br />
Unter den verschiedenen Brennstoffzellen gilt die Hochtemperatur-Festelektrolyt-<br />
Brennstoffzelle (Solid Oxide Fuel Cell – SOFC) als besonders flexibel: Dank der hohen<br />
Betriebstemperaturen lassen sich neben dem klassischen Brenngas Wasserstoff<br />
auch andere <strong>Energie</strong>träger wie Erdgas, Flüssiggas, Benzin oder Diesel einsetzen.
Das <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> beteiligt sich auch<br />
an der Entwicklung von Hilfstriebwerken<br />
(Auxiliary Power Units – APU) mit SOFC<br />
für Fahrzeuge. Ein mit Diesel betriebenes<br />
Brennstoffzellen-System soll statt der<br />
Lichtmaschine die elektrischen Geräte an<br />
Bord mit <strong>Energie</strong> versorgen.<br />
Querschnittsaufgaben und<br />
Infrastruktur<br />
Das <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> vereint die um-<br />
fassenden Kompetenzen, Ressourcen und<br />
Infrastrukturen, welche das Forschungszentrum<br />
und die Universität Karlsruhe für<br />
ihre jeweilige <strong>Energie</strong>forschung aufgebaut<br />
haben. Die Bündelung eröffnet neue<br />
Perspektiven international herausragender<br />
Forschung und neue Chancen, die Thematik<br />
ganzheitlich anzugehen, um die meistversprechenden<br />
Optionen für die <strong>Energie</strong>versorgung<br />
der Zukunft zu identifizieren.<br />
Eine weltweit einzigartige Zusammenstellung<br />
von großen Pilotanlagen auf dem<br />
<strong>KIT</strong>-Campus Nord dient unter anderem<br />
dazu, verschiedene Brennstoffe zu charakterisieren<br />
und die energetische Verwertung<br />
von Ersatzbrennstoffen, etwa aus biogenen<br />
Abfällen, zu optimieren. Dabei untersuchen<br />
die Wissenschaftler Prozessleittechnik<br />
und Korrosion, die Anpassung an unterschiedliche<br />
Materialströme, die Hochtemperatur-Hochdruck-Gasreinigung<br />
sowie<br />
das Entstehen, Verhalten und Filtern von<br />
Feinstpartikeln. Eine Hochdruck-Hochtemperatur-Anlage<br />
auf dem Campus Süd gestattet<br />
es, Gemischaufbereitung und Verbrennung<br />
flüssiger und gasförmiger<br />
Brennstoffe unter gasturbinentypischen<br />
Bedingungen zu untersuchen. Die Versuchseinrichtungen<br />
in den einzelnen am<br />
<strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> beteiligten<br />
Instituten sind mit umfangreicher Mess-<br />
und Diagnosetechnik, die großenteils<br />
auf berührungslosen (laser-) optischen<br />
Verfahren beruht, sowie mit dezentralen<br />
Rechenanlagen ausgestattet.<br />
Die Struktur des <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong>s <strong>Energie</strong> unterstützt<br />
den Transfer von Grundlagenforschung<br />
zu angewandter Forschung.<br />
Eine Verbindung ist aber auch in umgekehrter<br />
Richtung gewährleistet, denn<br />
Herausforderungen auf der System-,<br />
Maschinen- und Komponentenebene ziehen<br />
wiederum neue Grundlagenuntersuchungen<br />
nach sich. Im Arbeitsbereich<br />
„<strong>Energie</strong>umwandlung“ wie in allen weiteren<br />
Topics bilden die Querschnittsaufgaben<br />
Messtechnik sowie Modellierung und<br />
Simulation wichtige Klammern zwischen<br />
Grundlagenforschung und angewandter<br />
Forschung. Zugleich verbinden Messtechnik,<br />
Modellierung und Simulation als<br />
Querschnittsaufgaben die einzelnen Topics<br />
im <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> miteinander.<br />
Partnerschaften und<br />
Kooperationen<br />
Die Verbindung von universitärer Grundlagenforschung<br />
und großskalig angelegten<br />
Untersuchungen in einem Forschungszentrum<br />
gewährleistet auch einen effektiven<br />
Transfer von Innovationen in die <strong>Energie</strong>industrie.<br />
So sind intensive Kooperationen<br />
mit den Unternehmen <strong>Energie</strong> Baden-<br />
Württemberg AG (EnBW) und der<br />
Electricité de France (EDF) gewachsen. Die<br />
EDF ist über das European Institute for<br />
Energy Research (EIfER) mit dem <strong>KIT</strong> verbunden.<br />
Von besonderer Bedeutung sind<br />
auch langfristige Kooperationen mit der<br />
Mineralölraffinerie Oberrhein (MiRO).<br />
Gemeinsam mit zahlreichen Herstellern<br />
von Gasturbinen, Verbrennungsmotoren<br />
und Antriebssystemen, wie Siemens Power<br />
Generation, Alstom, Rolls-Royce, MTU,<br />
Avio, Volvo, SNECMA, Daimler, VW und<br />
Bosch, arbeitet das <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> an<br />
Verbrennungskonzepten und anderen<br />
Technologien zur <strong>Energie</strong>umwandlung.<br />
In der Gasturbinenforschung besteht an<br />
der Universität Karlsruhe seit 2007 eines<br />
von weltweit 29 Rolls-Royce University<br />
Technology Centres (UTC).<br />
Die Forschung im <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong><br />
läuft in der Regel in zahlreichen größeren<br />
Verbundforschungsvorhaben zur <strong>Energie</strong>umwandlung.<br />
Genannt seien an dieser<br />
Stelle exemplarisch der DFG-Sonderforschungsbereich<br />
SFB 606 „Instationäre<br />
Verbrennung“ und das von den Landesregierungen<br />
Baden-Württemberg und<br />
Bayern finanzierte Projekt „Kraftwerke<br />
des 21. Jahrhunderts“ (KW 21). Weitere<br />
Projekte sind das vom Bundeswirtschaftsministerium<br />
finanzierte Programm „CO 2 -<br />
Reduktionstechnologien/CO 2 -Reduktion<br />
durch Effizienzsteigerung“ (COOREFF/<br />
COORETEC), die Arbeitsge-meinschaft<br />
„Hochtemperaturgasturbine“ (AG Turbo)<br />
sowie zahlreiche Vorhaben innerhalb<br />
des 6. und 7. Rahmenprogramms der<br />
Europäischen Union. An solchen Verbundforschungsvorhaben<br />
sind die Institute auf<br />
dem Campus Süd und dem Campus Nord<br />
des <strong>KIT</strong> federführend beteiligt.<br />
Gemischbildung in direkt einspritzenden Ottomotoren: Aufprall einer Kette von Tropfen mit<br />
exakt gleichem Durchmesser auf eine heiße Wand.<br />
9
TOPIC 2: ERNEUERBARE ENERGIEN<br />
Mit der bioliq ® -Pilotanlage auf dem Campus Nord des<br />
<strong>KIT</strong> lassen sich hochwertige chemische <strong>Energie</strong>träger<br />
gewinnen.<br />
10<br />
KLUGE KOMBINATIONEN<br />
SICHERN NACHHALTIGKEIT<br />
Die Forschung am <strong>KIT</strong> befasst sich mit sämtlichen erneuerbaren <strong>Energie</strong>n.<br />
Dabei liegt der Fokus auf den grundlastfähigen <strong>Energie</strong>trägern Biomasse<br />
und Geothermie. Die Karlsruher Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler<br />
sehen die Zukunft der <strong>Energie</strong>versorgung darüber hinaus in Hybridkraft-<br />
werken, die aus verschiedenen <strong>Energie</strong>trägern elektrische und thermische<br />
Leistung bereitstellen.
Erneuerbare <strong>Energie</strong>n stammen aus nach<br />
menschlichen Maßstäben unerschöpflichen<br />
Quellen. So wird die Sonne, welche<br />
die Quelle der solaren und der meisten<br />
anderen erneuerbaren <strong>Energie</strong>n bildet,<br />
noch Milliarden von Jahren scheinen. –<br />
Die Bezeichnung „erneuerbar“ ist dennoch<br />
nicht ganz zutreffend, da <strong>Energie</strong><br />
sich genau genommen weder verbrauchen<br />
noch erneuern lässt: Nach<br />
dem <strong>Energie</strong>erhaltungssatz bleibt die<br />
Gesamtenergie eines in sich abgeschlossenen<br />
Systems konstant. Erneuerbare<br />
<strong>Energie</strong>n nutzen heißt demnach, natürliche<br />
<strong>Energie</strong>ströme teilweise umzuleiten<br />
und für den Menschen verwendbar zu<br />
machen.<br />
Fossile <strong>Energie</strong>träger wie Kohle, Erdöl und<br />
Erdgas sind innerhalb von menschlichen<br />
Zeiträumen nur noch begrenzt verfügbar.<br />
Auch machen sie Deutschland von Importen<br />
abhängig. Ihre Nutzung ist überdies<br />
mit erheblichen CO 2 -Emissionen verbunden<br />
und trägt dadurch zur globalen<br />
Erwärmung bei. Daher ist geplant, den<br />
Anteil erneuerbarer <strong>Energie</strong>n in Deutschland<br />
und auch weltweit auszubauen.<br />
Erneuerbare <strong>Energie</strong>n, auch als regenerative<br />
<strong>Energie</strong>n bezeichnet, sparen<br />
Ressourcen und schonen das Klima.<br />
Manche von ihnen sind allerdings nicht<br />
gleichmäßig verfügbar, sondern je nach<br />
Tages- und Jahreszeit und Region beträchtlichen<br />
Schwankungen unterworfen:<br />
Die Sonne scheint nicht immer, Wind<br />
weht nicht regelmäßig. Uneingeschränkt<br />
grundlastfähig, das heißt kontinuierliche<br />
Versorgung gewährleistend, sind<br />
die regenerativen <strong>Energie</strong>n Biomasse und<br />
Geothermie.<br />
<strong>Energie</strong> aus Biomasse<br />
Biomasse setzt bei ihrer Verbrennung effektiv<br />
nur so viel CO 2 frei, wie die Pflanze<br />
beim Wachstum aus der Atmosphäre aufgenommen<br />
hat. Daher fällt die CO 2 -<br />
Bilanz günstiger aus als bei fossilen<br />
<strong>Energie</strong>trägern. In weiten Teilen der Welt<br />
dient Biomasse noch heute als Brennstoff<br />
zum Heizen und Kochen. Dieser ineffizi-<br />
Biomasse<br />
Biomasse ist gespeicherte Sonnenenergie. Sie entsteht durch Photosynthese:<br />
Mithilfe von Farbstoffen absorbieren Pflanzen die Lichtenergie, überführen sie in<br />
chemische <strong>Energie</strong> und synthetisieren daraus organische Stoffe. Tiere nehmen von<br />
Pflanzen aufgebaute Biomasse mit der Nahrung auf.<br />
Biomasse ist ein nachwachsender Rohstoff, lagerfähig, transportierbar und vielfältig<br />
nutzbar: als Nahrungsmittel oder Futtermittel, als <strong>Energie</strong>träger, als chemischer<br />
Grundstoff, Werkstoff oder Wirkstoff.<br />
Fossile Ressourcen lassen sich ersetzen durch Biomasse über:<br />
direkte energetische Verwertung in Verbrennungs- und Kraftwerksanlagen, um<br />
Strom und Wärme zu gewinnen<br />
indirekte energetische Verwertung durch Umwandlung in chemische <strong>Energie</strong>träger<br />
wie Kraftstoff, Biogas, Wasserstoff<br />
stoffliche Verwertung, um chemische Grundstoffe, Werkstoffe, Spezialchemikalien<br />
oder Wirkstoffe beispielsweise für Arzneimittel zu gewinnen<br />
Das <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> befasst sich mit der energetischen Verwertung von Bio-<br />
masse vor allem auf dem indirekten Weg über chemische <strong>Energie</strong>träger.<br />
Rapsschrot Pappe Ölpalme: Schalen Bambus<br />
Ölpalme: Fasern Heu Miscanthus<br />
Stroh<br />
Gespeicherte Sonnenenergie: Biomasse lässt sich lagern, transportieren und vielfältig nutzen.<br />
enten traditionellen Nutzung stehen moderne<br />
Technologien zur Verwertung von<br />
Biomasse gegenüber. Neue Perspektiven<br />
eröffnen sich darüber hinaus durch die<br />
Erzeugung von Wasserstoff aus grüner<br />
Biomasse sowie durch die Erschließung<br />
neuer Biomassequellen – beispielsweise<br />
Algen.<br />
Die Forscherinnen und Forscher am <strong>KIT</strong><br />
betrachten Biomasse und andere erneuerbare<br />
<strong>Energie</strong>n stets im Kontext globaler,<br />
ganzheitlicher und nachhaltig wir-<br />
kender Konzepte. Solche Konzepte sind<br />
für die Ernährung ebenso erforderlich wie<br />
für die <strong>Energie</strong>versorgung. Bei den im <strong>KIT</strong>-<br />
<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> erarbeiteten Strategien<br />
zur Nutzung von Biomasse stehen ökologische<br />
und ethische Aspekte ganz<br />
obenan: Es darf keine Konkurrenz zur<br />
Nahrungsmittelerzeugung entstehen. Eine<br />
Bedrohung der Biodiversität, beispielsweise<br />
durch Rodungen oder Monokulturen,<br />
ist zu vermeiden. Auch geht es darum,<br />
Auswirkungen auf Boden-, Luft- und<br />
Wasserhaushalt zu minimieren.<br />
11
TOPIC 2: ERNEUERBARE ENERGIEN<br />
Sprit aus Stroh<br />
Das <strong>KIT</strong> setzt auf Biokraftstoffe der zweiten<br />
Generation. Diese werden nach dem<br />
BtL-Prinzip (Biomass to Liquid – Biomasse<br />
zu Flüssigkeit) aus Reststoffen wie Stroh<br />
und Holzabfällen hergestellt. Solche<br />
Reststoffe eignen sich weder als Nahrungs-<br />
oder Futtermittel, noch beanspruchen sie<br />
zusätzliche Anbauflächen. Auch bringen<br />
sie nicht die ökologischen Nachteile von<br />
Monokulturen mit sich. Allerdings besitzen<br />
sie nur eine geringe <strong>Energie</strong>dichte, so<br />
dass sie sich nicht wirtschaftlich über weite<br />
Strecken transportieren lassen.<br />
Daher gehen die Wissenschaftler des <strong>KIT</strong><br />
gemeinsam mit der Lurgi GmbH neue<br />
Wege: Das mehrstufige bioliq ® -Verfahren<br />
wird dem verteilten Aufkommen und der<br />
geringen <strong>Energie</strong>dichte von land- und<br />
forstwirtschaftlichen Reststoffen gerecht<br />
und zielt darauf ab, Biokraftstoffe großtechnisch<br />
und wirtschaftlich zu produzieren.<br />
Mit dem bioliq ® -Konzept lassen<br />
sich aus Biomasse vollsynthetische Diesel-<br />
und Ottokraftstoffe gewinnen, die herkömmliche<br />
Biotreibstoffe und sogar die<br />
Mineralölprodukte in der Qualität weit<br />
übertreffen.<br />
Nach Einschätzung der Fachagentur<br />
Nachwachsende Rohstoffe (FNR), die das<br />
Karlsruher Projekt fördert, könnten die<br />
12<br />
vollsynthetischen Kraftstoffe bereits<br />
2015 rund 15 Prozent des Kraftstoffbedarfs<br />
in Deutschland decken.<br />
Der erste Schritt des bioliq ® -Prozesses, die<br />
Schnellpyrolyse, geschieht innerhalb<br />
landwirtschaftlicher Infrastrukturen: Die<br />
Biomasse wird in dezentralen Anlagen –<br />
das heißt da, wo sie anfällt – zu einem<br />
Zwischenprodukt von hoher <strong>Energie</strong>dichte<br />
verarbeitet, das sich wiederum wirtschaft-<br />
lich über weite Strecken transportieren<br />
lässt. Haupteinsatzstoffe sind Getreidestroh,<br />
Heu, Restholz, Baumschnitt und<br />
Rinde, aber auch Papier und Pappe. Bei<br />
der Schnellpyrolyse wird die zerkleinerte<br />
Biomasse in einem Doppelschnecken-<br />
Reaktor mit heißem Sand auf rund<br />
500 °C aufgeheizt und reagiert unter<br />
Luftabschluss innerhalb von Sekunden zu<br />
Gasen und Koks. Nach der Abkühlung<br />
kondensieren die Gase größtenteils zu<br />
Flüssigkeiten; der Koks wird darin eingemischt.<br />
So entsteht bioliq ® SynCrude, ein<br />
technisch gut handhabbares und transportfähiges<br />
Produkt. Die <strong>Energie</strong>dichte<br />
dieses Bio-Slurry liegt 13 bis 15 mal höher<br />
als die von Stroh.<br />
Das Zwischenprodukt bioliq ® SynCrude<br />
lässt sich in zentralen Großanlagen weiterverarbeiten:<br />
Zusammen mit Sauerstoff<br />
wird der Bio-Slurry bei Drücken bis zu 80<br />
bar einem Hochdruck-Flugstromvergaser<br />
zugeführt und bei Temperaturen über<br />
1200 °C zu einem Synthesegas aus<br />
Wasserstoff und Kohlenmonoxid umgewandelt.<br />
Dieses Synthesegas ist als<br />
Zwischenprodukt vielseitig nutzbar: Außer<br />
Kraftstoff lassen sich auch Wasserstoff,<br />
Methan und verschiedene chemische<br />
Grundstoffe daraus herstellen. Die<br />
Weiterverarbeitung des gereinigten und<br />
konditionierten Synthesegases erfolgt<br />
über die Fischer-Tropsch-Synthese oder die<br />
Methanol-Synthese.<br />
Wasserstoff aus Biomasse<br />
Blick in die bioliq ® -Pilotanlage: Die Herstellung von Sprit aus Stroh oder Holzabfällen erfolgt in mehreren Schritten.<br />
Wasserstoff ist keine <strong>Energie</strong>quelle, eignet<br />
sich jedoch gut als chemischer<br />
<strong>Energie</strong>speicher. Da reiner Wasserstoff<br />
in der Natur praktisch nicht vorkommt,<br />
muss er technisch immer unter Zufuhr<br />
von <strong>Energie</strong>, vorzugsweise aus erneuerbaren<br />
<strong>Energie</strong>quellen, hergestellt werden.<br />
Im <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> gewinnen<br />
Wissenschaftler in der Versuchsanlage<br />
VERENA Wasserstoff durch hydrothermale<br />
Vergasung nasser Biomasse.<br />
Ausgangsstoffe sind beispielsweise Rückstände<br />
aus der Landwirtschaft oder der<br />
Lebensmittelindustrie. Bei Temperaturen<br />
bis zu 700 °C und Drücken bis zu 300 bar<br />
entstehen daraus Wasserstoff, Methan<br />
und Kohlendioxid.
VERENA: In dieser Versuchsanlage entsteht Wasserstoff aus nasser Biomasse.<br />
Mit der geplanten Anlage VERENA 2<br />
wollen die Karlsruher Wissenschaftler die<br />
Methode weiterentwickeln und ihre international<br />
herausragende Position in diesem<br />
Bereich ausbauen. Ziele sind, statt eines<br />
Gasgemischs reinen Wasserstoff zu erzeugen,<br />
den Maßstab zu vergrößern und die<br />
Methode mit anderen Prozessen zu kombinieren.<br />
So lässt sich Wasserstoff zusammen<br />
mit dem Produkt des bioliq ® -Verfahrens in<br />
die Herstellung synthetischer Kraftstoffe<br />
einbinden.<br />
Wasserstoff lässt sich auch aus Algen herstellen:<br />
Auf dem <strong>KIT</strong>-Campus Süd arbeiten<br />
Bioverfahrenstechniker an Bioreaktoren, in<br />
denen die einzellige Alge Chlamydomonas<br />
reinhardtii selbstständig Wasserstoff produzieren<br />
soll. Die Forscher entziehen der<br />
Grünalge Schwefel, so dass die Photosynthese<br />
stockt. Da die Pflanze aber die durch<br />
das Licht auf sie einwirkende <strong>Energie</strong><br />
irgendwie verarbeiten muss, aktiviert sie<br />
spezielle Enzyme, die dann Wasserstoff<br />
bilden. An einem Drei-Liter-Laborreaktor<br />
prüfen die Wissenschaftler verschiedene<br />
Parameter. Demnächst wollen sie einen<br />
30-Liter-Bioreaktor bauen. Und spätestens<br />
2010 soll ein 250-Liter-Reaktor im Freiland<br />
in Betrieb gehen – als Prototyp einer großtechnischen<br />
Anlage zur wirtschaftlichen<br />
Wasserstoffherstellung.<br />
Neben der Herstellung von Wasserstoff befasst<br />
sich das <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> mit fortschrittlichen<br />
Verfahren zur Speicherung,<br />
zum Transport und zur Sicherheit von<br />
Wasserstoff. Experimente in einer Großversuchsanlage<br />
auf dem <strong>KIT</strong>-Campus Nord<br />
und computergestützte Simulationen tragen<br />
dazu bei, sichere Lösungen für den<br />
Umgang mit dem <strong>Energie</strong>träger Wasserstoff<br />
zu entwickeln.<br />
Geothermie – Wärme aus der<br />
Erde<br />
In der Erde schlummern unvorstellbare<br />
<strong>Energie</strong>mengen. Allein die in den oberen<br />
drei Kilometern der Erdkruste gespeicherte<br />
Wärme reicht theoretisch aus, um den derzeitigen<br />
weltweiten <strong>Energie</strong>bedarf für<br />
100 000 Jahre zu decken. Damit ist die<br />
Geothermie nach menschlichen Maßstäben<br />
fast unbegrenzt. Sie eignet sich für<br />
den dezentralen Einsatz, ihre Nutzung beansprucht<br />
wenig Fläche und verursacht<br />
fast keine Emissionen. Als eine der wenigen<br />
grundlastfähigen regenerativen<br />
<strong>Energie</strong>n könnte die Geothermie entscheidend<br />
zum <strong>Energie</strong>mix der Zukunft beitragen,<br />
wenn die Technologien weiterentwickelt<br />
werden. Unter günstigen geologischen<br />
Bedingungen mit hohem<br />
Temperaturniveau, wie sie in den Grabenbruchsystemen<br />
oder Vulkanzonen die-<br />
Wasserstoffversuchszentrum am <strong>KIT</strong>.<br />
ser Erde vorzufinden sind, übernimmt die<br />
Geothermie bereits einen spürbaren Anteil<br />
an der <strong>Energie</strong>versorgung. Erfolgreiche<br />
Geothermienutzung findet sich beispielsweise<br />
in Island, Indonesien, Kalifornien<br />
oder Italien.<br />
Beste Bedingungen in Karlsruhe<br />
Die Region Karlsruhe verfügt dank der<br />
Lage im Oberrheingraben ebenfalls über<br />
günstige geothermische Bedingungen:<br />
In einer relativ geringen Tiefe von knapp<br />
3000 Metern liegt hier die Temperatur<br />
schon bei 160 °C.<br />
Dank dieser vorteilhaften geologischen<br />
Lage einerseits und hoher wissenschaftlich-technologischer<br />
Kompetenz andererseits<br />
besitzt Karlsruhe das Potenzial, zu<br />
einem <strong>Zentrum</strong> der Geothermieforschung<br />
und Geothermienutzung zu werden. Für<br />
die kommenden Jahre ist vorgesehen,<br />
Forschung und Entwicklung in der tiefen<br />
Geothermie zur kombinierten Strom- und<br />
Wärmenutzung weiter voranzutreiben.<br />
Gemeinsam mit mehreren Partnern in der<br />
Region trägt das <strong>KIT</strong> das neu gegründete<br />
„Geothermie-<strong>Zentrum</strong> Karlsruhe e. V.“,<br />
welches als Kommunikationsplattform für<br />
Wissenschaft und Wirtschaft, Politik und<br />
Bevölkerung fungiert und den Technologietransfer<br />
beschleunigen soll. An diesem<br />
Netzwerk sind Kommunen, Verbände,<br />
Wirtschaftsunternehmen wie auch<br />
Forschungseinrichtungen beteiligt. Zudem<br />
beabsichtigt das Land Baden-Württemberg,<br />
den Sitz des geplanten Landesforschungszentrums<br />
Geothermie nach<br />
Karlsruhe zu legen. Dieses soll in enger Zu-<br />
13
TOPIC 2: ERNEUERBARE ENERGIEN<br />
sammenarbeit des <strong>KIT</strong> mit der Universität<br />
Freiburg und anderen Wissenschaftseinrichtungen<br />
die geothermischen<br />
Arbeiten koordinieren und Forschungsergebnisse<br />
zusammenführen.<br />
Das <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> kooperiert in der<br />
Geothermieforschung außerdem intensiv<br />
mit dem Geoforschungszentrum Potsdam,<br />
dem geologischen Landesamt Baden-<br />
Württemberg sowie einschlägigen Industrieunternehmen.<br />
Schwerpunkte der<br />
Forschung sind <strong>Energie</strong>wandlung zum<br />
Heizen und Kühlen, Stromerzeugung im<br />
Rahmen der verfügbaren Temperatur,<br />
Kraftwerktechnik, Kraft-Wärme-Kopplung<br />
und Kraft-Kälte-Kopplung, Anlagentechnik,<br />
Sicherheit und <strong>Energie</strong>speicherung sowie<br />
die ökonomische und ökologische<br />
Bewertung der Geothermienutzung.<br />
Eine Frage der Tiefe<br />
Zur Nutzung der tiefen Geothermie existieren<br />
verschiedene technische Konzepte,<br />
die sich in Entwicklungsstand, standortbedingter<br />
Einsetzbarkeit und Potenzial unterscheiden.<br />
14<br />
Geothermie<br />
Geothermie ist Wärme, die im zugänglichen Teil der Erdkruste gespeichert ist. Sie<br />
stammt zum Teil von der Restwärme aus der Erdentstehungszeit, zum Teil aus radioaktiven<br />
Zerfallsprozessen in der Erdkruste. Ganz nah an der Oberfläche kommen<br />
Wärmeanteile durch Sonneneinstrahlung und Kontakt mit der Luft dazu.<br />
Im Durchschnitt wird die Erdkruste in der Tiefe alle 33 Meter um 1 °C wärmer.<br />
Durch Wärmeleitung und Konvektion gelangt die Wärme aus tieferen Teilen der<br />
Erde in für die Nutzung erreichbare Tiefen. Die Nutzung der Erdwärme gliedert sich<br />
in:<br />
oberflächennahe Geothermie, bei der die Wärme der obersten Bodenschichten<br />
zwischen einigen Metern und wenigen hundert Metern Tiefe mit Erdwärmesonden<br />
oder Erdwärmekollektoren sowie Wärmepumpen direkt zum Heizen und<br />
Kühlen verwendet wird; der Boden lässt sich unterdessen saisonal wechselnd als<br />
Kälte- und Wärmespeicher nutzen<br />
tiefe Geothermie, für die in der Regel 3000 bis mehr als 5000 Meter tiefe<br />
Bohrungen erforderlich sind; die dort vorgefundene Wärme von deutlich über<br />
100 °C – optimal weit über 300 °C – lässt sich nicht nur direkt als Wärme, sondern<br />
auch zur Stromerzeugung nutzen.<br />
Das <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> befasst sich schwerpunktmäßig mit der tiefen Geothermie.<br />
An besondere geologische Voraussetzungen,<br />
nämlich natürliche heiße Grundwasserleiter,<br />
ist die Hydrogeothermie gebunden.<br />
Wie bei einer Brunnenbohrung<br />
wird aus 2000 bis 4000 Metern Tiefe<br />
bis zu 140 °C heißes Wasser gefördert.<br />
Hydrogeothermie eignet sich für Nah- und<br />
Fernwärme sowie zur Verstromung. Ein<br />
hydrogeothermales Versuchskraftwerk entsteht<br />
bereits in Bruchsal bei Karlsruhe. Mit<br />
einer Leistung von 550 Kilowatt soll es<br />
Strom für rund 1000 Haushalte erzeugen.<br />
Auch auf dem <strong>KIT</strong>-Campus Nord ist ein<br />
Geothermie-Kraftwerk geplant.<br />
Noch im Versuchsstadium ist das Hot Dry<br />
Rock (HDR)-Konzept, bei dem in einem<br />
5000 Meter tief liegenden, 200 °C heißen<br />
trockenen Gestein eine Art künstlicher<br />
Wärmetauscher erzeugt wird. Dazu wird<br />
in tiefen Bohrungen unter hohem Druck<br />
Wasser verpresst, das sich ausbreitet und<br />
das Gestein sprengt, so dass ein durchgängiges<br />
Kluftnetz entsteht. Dank der hohen<br />
Temperaturen eignet sich das HDR-<br />
Konzept optimal zur Stromerzeugung,<br />
aber auch für Nah- und Fernwärme.<br />
Solarenergie, Windenergie und<br />
Wasserkraft<br />
Die direkte Nutzung der Sonnenenergie<br />
erfolgt hauptsächlich auf zwei Wegen:<br />
durch Umwandlung in Wärmeenergie<br />
(Solarthermie) oder als Quelle elektrischer<br />
<strong>Energie</strong> in einer Solarzelle (Photovoltaik).<br />
Solarthermie und Photovoltaik könnten<br />
wichtige Bausteine einer zukünftigen<br />
nichtfossilen <strong>Energie</strong>versorgung werden<br />
Geothermie-Kraftwerk in Island: Auf der Insel am Polarkreis liefert Geothermie dank geologisch<br />
günstiger Gegebenheiten den größten Teil der benötigten <strong>Energie</strong>.
und dabei auch durch grundlastfähige<br />
<strong>Energie</strong>angebote aus der Biomassenutzung<br />
und der Geothermie ergänzt werden.<br />
Aktuelle Forschungsarbeiten sind überwiegend<br />
im <strong>KIT</strong>-Campus Süd angesiedelt<br />
und reichen von Niedertemperatur-<br />
Wärmenutzungen im Gebäudebereich<br />
über Konzepte für die Einbindung konzentrierender<br />
solarer Kraftwerke bis zur<br />
Ausnutzung von Kraft-Wärme-Kopplung<br />
unter Einsatz von Sonnenenergie. Eine<br />
technisch anspruchsvolle und zukunftsträchtige<br />
Umwandlung des Sonnenlichts in<br />
elektrische <strong>Energie</strong> wird durch innovative<br />
Schichtsysteme auf der Basis organischer<br />
Verbindungen realisiert, zum Teil unter<br />
Ausnutzung nanotechnologischer Effekte.<br />
Die Windkraft ist in der <strong>Energie</strong>wirtschaft<br />
bereits fest etabliert. Forschung und<br />
Entwicklung am <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> greifen<br />
in erster Linie Querschnittsthemen auf,<br />
etwa die Zuverlässigkeit und Lebensdauer<br />
von Getrieben als zentralem Element von<br />
Windkraftwerken oder die Einbindung<br />
der Windenergie in die Netzwerke der<br />
<strong>Energie</strong>verteilung. Gerade die Etablierung<br />
neuer Windkraftstandorte „offshore“ vor<br />
der Küste setzt eine Anlagentechnik voraus,<br />
die ein hohes Maß an Langlebigkeit<br />
und Zuverlässigkeit gewährleistet sowie<br />
eine zuverlässige Netzeinbindung ermöglicht.<br />
Überdies befasst sich das <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong><br />
<strong>Energie</strong> mit spezifischen ingenieurwissenschaftlichen<br />
Aspekten der Nutzung von<br />
Wind- und Wasserkraft, wie beispielsweise<br />
Generatortechnik, Rotorblätter- und<br />
Mastkonstruktion bei Windkraftanlagen<br />
und wasserbautechnischen Aufgaben zur<br />
Nutzung der Wasserkraft.<br />
<strong>Energie</strong> von oben und von<br />
unten<br />
In Zukunft werden erneuerbare <strong>Energie</strong>n<br />
wesentlich zum <strong>Energie</strong>mix beitragen.<br />
Dabei kommt es darauf an, die nur<br />
schwankend verfügbaren <strong>Energie</strong>n wie<br />
Sonne und Wind mit grundlastfähigen<br />
<strong>Energie</strong>n zu kombinieren. Denkbar sind<br />
so genannte Hybridkraftwerke, die verschiedene<br />
<strong>Energie</strong>träger nutzen. Ein sol-<br />
<strong>Energie</strong> aus der Sonne<br />
Die Sonne erzeugt durch Kernfusion <strong>Energie</strong>, die teilweise als Strahlungsenergie<br />
zur Erde gelangt. Sonnenenergie erwärmt die Erde, ermöglicht Photosynthese und<br />
damit die Entstehung von Biomasse, erzeugt Luftdruckunterschiede, die zu Wind<br />
führen, und treibt den Wasserkreislauf der Erde an.<br />
Technisch lässt die Strahlungsenergie der Sonne sich nutzen, um Wärme oder auch<br />
elektrische <strong>Energie</strong> zu gewinnen.<br />
Solarthermie wandelt die Sonnenstrahlung in Wärme um. In der Solararchitektur<br />
erwärmt die Sonne ein Gebäude direkt, etwa durch Fensterflächen. Thermische<br />
Solaranlagen arbeiten mit Sonnenkollektoren, welche die Sonnenstrahlung<br />
einfangen, in Wärme umwandeln und mit dieser ein Übertragungsmedium<br />
aufheizen. Sonnenwärmekraftwerke bündeln die Direktstrahlung mit Reflektoren<br />
auf einem Sonnenkollektor, so dass am Brennpunkt hohe Temperaturen entstehen.<br />
Diese konzentrierte thermische <strong>Energie</strong> lässt sich in einem Dampfkraftwerk<br />
oder mit einem Stirlingmotor in mechanische <strong>Energie</strong> und anschließend mit<br />
einem Stromgenerator in elektrische <strong>Energie</strong> umwandeln. Daneben gibt es auch<br />
Sonnenwärmekraftwerke, die ohne Reflektoren arbeiten und die gesamte<br />
Globalstrahlung – Direkt- und Diffusstrahlung – nutzen.<br />
Photovoltaik wandelt die Sonnenstrahlung direkt in elektrische <strong>Energie</strong> um.<br />
Die geschieht in Solarzellen, die zu Solarmodulen verbunden sind. Der erzeugte<br />
Strom lässt sich vor Ort nutzen, in Akkumulatoren speichern oder in Stromnetze<br />
einspeisen.<br />
ches Kraftwerk kann beispielsweise<br />
tagsüber mit Solarthermie und nachts<br />
mit Geothermie arbeiten. Auch eine<br />
Kombination mit Biomasse ist möglich.<br />
Gefragt sind überdies innovative Konzepte<br />
zur Nutzung von Wärme auf niedrigem<br />
Temperaturniveau, wie sie bei Solarthermie<br />
und Geothermie verfügbar ist.<br />
15
TOPIC 3: ENERGIESPEICHERUNG UND ENERGIEVERTEILUNG<br />
Überspannungstest: Leistungsschalter mit Federspeicherantrieb<br />
für 550 kV in einem Hochspannungsprüffeld.<br />
16<br />
STROM ZUR RECHTEN ZEIT<br />
AM RECHTEN ORT<br />
Dezentrale Einspeisung und die Integration erneuerbarer <strong>Energie</strong>n sowie<br />
steigende Anforderungen an Effizienz und Klimaschutz bedingen Struktur-<br />
veränderungen im Stromnetz. Am <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> entstehen innovative<br />
Lösungen, die sicherstellen, dass Strom stets da verfügbar ist, wo er ge-<br />
braucht wird – wirtschaftlich und nachhaltig.
<strong>Energie</strong> speichern heißt, sie für eine spätere<br />
Nutzung bereithalten. Wenn das<br />
Speichern der gewünschten <strong>Energie</strong>form<br />
wegen geringer Kapazität oder niedrigem<br />
Wirkungsgrad ungünstig ist, wird eine andere<br />
<strong>Energie</strong>form gespeichert und bei<br />
Bedarf umgewandelt. So speichert eine<br />
Batterie chemische <strong>Energie</strong> und wandelt<br />
sie beim Entladen in elektrische <strong>Energie</strong><br />
um. <strong>Energie</strong>verteilung dient dem Transport<br />
von <strong>Energie</strong> über Leitungsnetze vom<br />
Anbieter zum Verbraucher.<br />
Forschungsarbeiten am <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong><br />
<strong>Energie</strong> befassen sich vor allem mit<br />
der Speicherung und Verteilung von<br />
elektrischer <strong>Energie</strong> sowie mit dem<br />
<strong>Energie</strong>speicher Wasserstoff. Es geht darum,<br />
ökonomisch und ökologisch sinnvolle<br />
<strong>Energie</strong>speichermöglichkeiten zu entwickeln<br />
und die <strong>Energie</strong>verteilung noch<br />
zuverlässiger, wirksamer und wirtschaftlicher<br />
zu machen. Die Arbeiten gliedern<br />
sich in fünf Forschungsfelder: supraleitende<br />
Komponenten, Betriebsmittel für elektrische<br />
Netze, intelligente Stromnetze/<br />
Smart Grids, Batterien, Wasserstoff als<br />
<strong>Energie</strong>speicher.<br />
Supraleitende Komponenten<br />
Die Supraleitung gehört zu den Schwerpunkten<br />
der <strong>KIT</strong>-<strong>Energie</strong>forschung. Ziel<br />
ist, Hochtemperatur-Supraleiter (HTS) für<br />
den großtechnischen Einsatz weiterzuentwickeln,<br />
das heißt ihre Eigenschaften<br />
zu verbessern, was Herstellbarkeit, mechanische<br />
Verformbarkeit, Magnetfeldempfindlichkeit<br />
und Wechselstromverluste<br />
betrifft, sowie die Kosten zu senken.<br />
Supraleitende Komponenten können in<br />
<strong>Energie</strong>netzen verschiedene Funktionen<br />
erfüllen. Beim Übertragen und Verteilen<br />
elektrischer Leistung beispielsweise<br />
bieten supraleitende Kabel eine höhere<br />
Leistungsdichte und verringern Wärmeverluste.<br />
Dadurch steigern sie nicht nur die<br />
<strong>Energie</strong>effizienz, sondern reduzieren auch<br />
die Emission von Schadstoffen und tragen<br />
damit zum Klimaschutz bei.<br />
Supraleitende Strombegrenzer<br />
Ein wegweisendes Betriebsmittel in der<br />
Versorgung mit elektrischer <strong>Energie</strong> ist<br />
der supraleitende Strombegrenzer. Sein<br />
Funktionsprinzip ist denkbar einfach: Ein<br />
Supraleiter kann als solcher Ströme nur bis<br />
zu einem Höchstwert tragen. Bei einem<br />
höheren Strom geht er in einen normal<br />
leitenden Zustand mit entsprechendem<br />
Widerstand über. Im regulären Netzbetrieb<br />
Supraleiter<br />
trägt der Supraleiter den Strom mit geringen<br />
Verlusten; kommt es aber zu einem<br />
Kurzschluss und steigt der Strom rasch<br />
über den vom Supraleiter tragbaren Wert,<br />
entsteht ein hoher Widerstand im Netz. So<br />
wird der Strom begrenzt, eine Überlastung<br />
wird vermieden und andere Netzelemente<br />
werden geschont.<br />
Mithilfe von supraleitenden Strombegrenzern<br />
lassen sich Netze ganz neu<br />
Dem Kurzschluss keine Chance: Dieser zu einer Spule gewickelte Hochtemperatur-Supraleiter<br />
dient als Komponente eines Strombegrenzers, der Stromversorgungsnetze gegen Kurzschlüsse<br />
schützt.<br />
Bei Supraleitern handelt es sich um Materialien, die unterhalb einer bestimmten<br />
Temperatur ihren elektrischen Widerstand verlieren. Dies ermöglicht es, Strom zu<br />
leiten, ohne dass wegen elektrischen Widerstands ein Teil der elektrischen <strong>Energie</strong><br />
in Wärme gewandelt wird und somit für die Nutzung verloren geht. Die Temperatur,<br />
unter der die Supraleitung einsetzt – die so genannte Sprungtemperatur –,<br />
hängt vom Material ab.<br />
Tieftemperatur-Supraleiter müssen mit flüssigem Helium bis auf etwa minus<br />
269 °C abgekühlt und in speziellen wärmeisolierenden Behältern betrieben<br />
werden, um supraleitend zu wirken. Sie werden vor allem in der Medizintechnik<br />
verwendet, besonders bei der Kernspintomographie. In der <strong>Energie</strong>technik<br />
lassen Tieftemperatur-Supraleiter sich für supraleitende Magneten von Kernfusionsreaktoren<br />
einsetzen.<br />
Hochtemperatur-Supraleiter sind keramikartige Materialien, die sich bereits<br />
bei Temperaturen von etwa minus 196 °C supraleitend betreiben lassen. Die<br />
Kühlung lässt sich daher mit flüssigem Stickstoff relativ einfach und preisgünstig<br />
bewerkstelligen. Hochtemperatur-Supraleiter können in elektrischen Maschinen,<br />
Transformatoren und magnetischen <strong>Energie</strong>speichern, für Leistungskabel und<br />
Strombegrenzer eingesetzt werden.<br />
17
TOPIC 3: ENERGIESPEICHERUNG UND ENERGIEVERTEILUNG<br />
Kryogene Wasserstoff-Freistrahlen: (von links nach rechts) Laserschnittbild eines ungezündeten<br />
turbulenten Wasserstoffstrahls, Schlierenaufnahme eines gezündeten sowie Infrarotbild eines<br />
brennenden Wasserstoffstrahls.<br />
dimensionieren, Teilnetze zusammenschalten<br />
und offene Netzknotenpunkte schließen,<br />
ohne dass hohe Investitionen erforderlich<br />
sind. Auch können supraleitende<br />
Strombegrenzer <strong>Energie</strong> einsparen, beispielsweise<br />
dadurch, dass weniger verlustbehaftete<br />
Transformatoren erforderlich<br />
sind oder dass die Netze vermaschter betrieben<br />
werden können.<br />
18<br />
Betriebsmittel für elektrische<br />
Netze<br />
Gerade in Europa gehen immer mehr<br />
dezentrale Stromerzeuger ans Netz. Auch<br />
wird zunehmend Strom aus Quellen wie<br />
Sonne und Wind eingespeist, die<br />
Schwankungen unterworfen sind. Daher<br />
steigen die Anforderungen an die<br />
Stabilisierung von Frequenz und Spannung.<br />
Andererseits altern Teile der Stromnetze,<br />
und neue zu errichten ist wegen<br />
des hohen Zeit- und Kostenaufwands nicht<br />
immer vertretbar. In diesem Forschungsfeld<br />
geht es zunächst um Asset Management,<br />
das heißt darum, vorhandene Netze instand<br />
zu halten und die Qualität der<br />
Stromversorgung zu sichern. Die Wissenschaftlerinnen<br />
und Wissenschaftler am <strong>KIT</strong><br />
befassen sich mit Alterungsmechanismen<br />
bei Isolier-systemen, mit der Zustandsdiagnostik<br />
der Betriebsmittel und mit unterschiedlichen<br />
Asset-Management-Strategien.<br />
Zugleich entwickeln die Karlsruher<br />
Forscher neuartige Betriebsmittel wie<br />
verlustarme Leiter, supraleitende Strombegrenzer<br />
und supraleitende magnetische<br />
<strong>Energie</strong>speicher (SMES) sowie neuartige<br />
Isoliermaterialien auf der Grundlage<br />
nachwachsender Rohstoffe. Um die<br />
<strong>Energie</strong>übertragung zu flexibilisieren, etwa<br />
vorhandene Leitungen besser auszulasten,<br />
werden bereits heute vereinzelt Flexible<br />
AC Transmission Systems (FACTS) in<br />
Stromnetzen eingesetzt. FACTS bestehen<br />
aus modernen Wechselrichtern, die den<br />
Leistungsfluss in Hochspannungsnetzen<br />
steuern sowie Verluste, Blindleistung und<br />
Oberschwingungsgehalte beeinflussen.<br />
Transformatorenwerk von Siemens in Nürnberg: Zu sehen ist ein Aktivteil eines 297-MVA-Umrichter-Transformators (550 kV) für ein<br />
HGÜ-Projekt in China vor dem Trocknungsofen.
Bündelung: Die Aufnahme zeigt eine Zwischenstufe eines Magnesiumdiborid-Supraleiters<br />
während der Herstellung mit der so genannten Pulver-in-Rohr-Technik.<br />
FACTS einzurichten ist deutlich weniger<br />
zeit- und kostenaufwendig als neue<br />
Hochspannungsleitungen zu bauen.<br />
Bei der Übertragung über große<br />
Entfernungen ist die Hochspannungs-<br />
Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) der herkömmlichen<br />
Drehstromübertragung vorzuziehen.<br />
HGÜ wird aber nicht nur für<br />
lange Freileitungen und Kabel, besonders<br />
Seekabel, sondern auch zur Kopplung von<br />
Wechselstromnetzen mit unterschiedlichen<br />
Frequenzen oder von nicht synchron zueinander<br />
arbeitenden Stromnetzen eingesetzt.<br />
Auch unter stark schwankender<br />
Erzeugung – etwa bei Einspeisung von<br />
Strom aus Sonne oder Wind – hält HGÜ<br />
das Netz stabil.<br />
Intelligente Stromnetze<br />
Die Aufrüstung konventioneller Netze<br />
allein reicht allerdings langfristig nicht<br />
aus, um eine sichere und effiziente<br />
Stromversorgung zu gewährleisten.<br />
Neue Erzeugerstrukturen erfordern<br />
neue Netzstrukturen auf allen Spannungsebenen<br />
des Verbundnetzes. Dabei sind<br />
Großkraftwerke als zentrale Erzeuger<br />
ebenso zu berücksichtigen wie die zunehmend<br />
zu erwartenden dezentralen kleinen<br />
Erzeuger. In Zukunft sollen intelligente<br />
Stromnetze, so genannte Smart Grids, eine<br />
dezentrale <strong>Energie</strong>erzeugung in großem<br />
Maßstab ermöglichen.<br />
Smart Grids bedeutet unter anderem,<br />
Stromnetze mit moderner Informations-<br />
und Kommunikationstechnologie zu verbinden.<br />
So lassen Angebot und Nachfrage<br />
sich nach technischen und ökonomischen<br />
Gesichtspunkten großflächig abgleichen.<br />
Versorger können dadurch flexibel auf verändertes<br />
Verbraucherverhalten reagieren;<br />
Kunden können dank intelligenter<br />
Stromzähler ihren Verbrauch in Echtzeit<br />
Spannungsebenen<br />
Intelligent: Mit solchen Stromzählern können<br />
Kunden ihren Verbrauch gezielt steuern.<br />
kontrollieren und gezielt steuern.<br />
Vorstellbar ist auch, dass <strong>Energie</strong>versorgungsunternehmen<br />
einzelne Verbraucher<br />
in einem gemeinsam mit diesen festgelegten<br />
Umfang zu- oder abschalten,<br />
um Engpässe zu überbrücken oder aber<br />
Überangebote sinnvoll zu nutzen.<br />
Zudem bedeutet Smart Grids, Stromnetze<br />
mit moderner Leistungselektronik auszustatten.<br />
Denkbar sind auch ganz neu aufgebaute<br />
Netze. Beispielsweise untersuchen<br />
die Forscherinnen und Forscher am <strong>KIT</strong>-<br />
Stromnetze unterscheiden sich nach der Spannung, bei der sie Strom übertragen.<br />
Für Westeuropa sind die Höchst-, Hoch- und Niederspannung weitgehend standardisiert,<br />
nicht aber die Mittelspannung, da noch viele alte Erdkabel mit unterschiedlicher<br />
Spannung verlegt sind.<br />
Höchstspannungsnetz: Übertragungsnetz; verteilt die von Kraftwerken eingespeiste<br />
<strong>Energie</strong> landesweit an Transformatoren und ist an das internationale<br />
Verbundnetz angeschlossen.<br />
Hochspannungsnetz: Netz zur groben Verteilung von <strong>Energie</strong>; Leitungen<br />
führen in verschiedene Regionen und Ballungszentren sowie zu Großabnehmern,<br />
etwa in der Industrie.<br />
Mittelspannungsnetz: Netz zur Verteilung des Stroms an die Transformatorstationen<br />
des Niederspannungsnetzes oder an größere Abnehmer wie Unternehmen,<br />
Schulen und Behörden.<br />
Niederspannungsnetz: Netz zur Feinverteilung an Haushalte, Betriebe, Gewerbe<br />
und Verwaltungseinrichtungen.<br />
19
TOPIC 3: ENERGIESPEICHERUNG UND ENERGIEVERTEILUNG<br />
Blick in die Ventilhalle der Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungs-Station Moyle/Nordirland.<br />
<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong>, ob und wo sich ein übergeordnetes<br />
Hochspannungs-Gleichstrom-<br />
Netz mit HGÜ-Technologie lohnen würde.<br />
Kriterien, neue Netzstrukturen zu bewerten,<br />
sind einerseits die entstehenden<br />
Kosten, andererseits die eingesparten<br />
Wirkleistungsverluste und die dadurch<br />
vermiedenen CO 2 -Emissionen sowie die<br />
Vorsorgungssicherheit.<br />
Batterien<br />
<strong>Energie</strong>speicher werden die Zukunft der<br />
<strong>Energie</strong>versorgung wesentlich prägen.<br />
Große Batterien sollen Schwankungen<br />
bei Einspeisung und Nachfrage ausgleichen<br />
und helfen, Stromnetze zuverlässiger<br />
und wirtschaftlicher zu betreiben. Dadurch<br />
lassen sich auch erneuerbare <strong>Energie</strong>n<br />
wie Sonne und Wind breiter nutzen.<br />
Autonome <strong>Energie</strong>versorgungszentren<br />
können ebenso entstehen wie dezentrale<br />
Versorgungssysteme, die auf <strong>Energie</strong>speicherung<br />
angewiesen sind.<br />
Das <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> erforscht innovative<br />
Technologien für elektrische und elektrochemische<br />
<strong>Energie</strong>speicher. Im Bereich<br />
der Doppelschichtkondensatoren untersuchen<br />
die Wissenschaftler neue, nanoskalige<br />
Elektrodenkonzepte und darauf basierende<br />
Supercaps. Neben der Kapazität<br />
20<br />
stehen Lebensdauer und Zyklenfestigkeit<br />
sowie Sicherheitsaspekte im Fokus der<br />
Entwicklung.<br />
Lithiumionen-Batterien mit nanoskaligen<br />
Materialien<br />
Die Arbeiten fokussieren auf Hochleistungsbatterien<br />
für mobile und<br />
stationäre Anwendungen. Die Forscher<br />
verfolgen einen ganzheitlichen Ansatz, der<br />
sämtliche Komponenten einer Batterie<br />
einschließt und die gesamte Wertschöpfungskette<br />
von Materialien über<br />
Prozesse bis hin zu Komponenten und<br />
Gesamtsystemen betrachtet. Ein<br />
Schwerpunkt liegt auf der Materialforschung,<br />
da nanoskalige Materialien einen<br />
technologischen Durchbruch bei der<br />
Steigerung der Leistung von Lithiumionen-<br />
Batterien versprechen.<br />
Derzeitige Forschungsvorhaben beziehen<br />
sich vor allem auf Materialien für die<br />
Elektroden – Anode und Kathode –,<br />
ferner auf Elektrolyte, Interfaces und<br />
Systemaufbau.<br />
Wasserstoff als <strong>Energie</strong>speicher<br />
Wasserstoff bildet im <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong><br />
ein Querschnittsthema, das in mehreren<br />
Topics bearbeitet wird. Um Wasserstoff<br />
als <strong>Energie</strong>speicher im stationären wie<br />
auch im mobilen Bereich einsetzen zu<br />
können, sind noch verschiedene technische<br />
Probleme zu lösen, auch und vor<br />
allem bei der Speicherung. Die Karlsruher<br />
Wissenschaftler entwickeln als Alternative<br />
zur Druck- oder Tieftemperaturspeicherung<br />
neuartige Feststoffspeicher<br />
Brennstoffzellenforschung: Charakterisierung nanoskaliger Funktionsschichten für die<br />
Hochtemperatur-Brennstoffzelle SOFC.
mithilfe der Nanotechnologie. Diese<br />
Nanokomposite zeichnen sich durch eine<br />
hohe Speicherkapazität sowie kurze<br />
Be- und Entladungszeiten aus. Bei der<br />
Herstellung wird Natriumaluminiumhydrid,<br />
das als derzeit leistungsfähigster Wasserstoffspeicher<br />
gilt, mit maßgeschneiderten<br />
Titan-Nanopartikeln vermischt, die als<br />
Katalysatoren fungieren. Fahrzeuge, die<br />
mit Brennstoffzellen ausgerüstet sind und<br />
mit Wasserstoff fahren, sollen dank dieser<br />
Nanokomposite künftig schneller zu betanken<br />
sein und höhere Leistungen bringen.<br />
Zur Wasserstoffherstellung aus nachwachsenden<br />
Rohstoffen, konkret aus<br />
grüner Restbiomasse, wird am <strong>KIT</strong> die<br />
Anwendbarkeit der hydrothermalen<br />
Vergasung erforscht und die eigens entwickelte<br />
Technikumsanlage VERENA 1<br />
betrieben.<br />
<strong>Energie</strong>speicher<br />
Batterie<br />
Eine Batterie ist ein elektrochemischer <strong>Energie</strong>speicher. Bei der Entladung wird<br />
gespeicherte chemische <strong>Energie</strong> durch die elektrochemische Redoxreaktion in<br />
elektrische <strong>Energie</strong> umgewandelt. Die Kapazität einer Batterie beziehungsweise<br />
ihre volumen- und gewichtsbezogene Kapazitätsdichte ist eine Kenngröße, die ihre<br />
Fähigkeit angibt, Ladung zu speichern.<br />
Von Interesse für Elektro- und Hybridfahrzeuge wie auch zur Speicherung regenerativ<br />
erzeugter elektrischer <strong>Energie</strong> sind wiederaufladbare Sekundärbatterien, das<br />
heißt Akkumulatoren. Bei diesen ist die Redoxreaktion umkehrbar, was eine mehrfache<br />
Umwandlung von chemischer in elektrische <strong>Energie</strong> und zurück ermöglicht.<br />
Die höchsten Zellspannungen und Kapazitätsdichten werden mit Lithiumionen-<br />
Batterien erreicht.<br />
Kondensator<br />
Ein Kondensator speichert elektrische <strong>Energie</strong> rein physikalisch. Im Prinzip besteht<br />
er aus zwei flächigen Stromleitern, den Elektroden, die durch einen Isolator, das<br />
Dielektrikum, voneinander getrennt sind. Wird eine Spannung an die Elektroden<br />
angelegt, führt dies zu einer Ladungstrennung. Über dem Dielektrikum baut sich<br />
ein elektrisches Feld auf.<br />
Im Vergleich zu Batterien weisen Kondensatoren eine wesentlich niedrigere Kapazitätsdichte<br />
auf. Ein Vorteil von Kondensatoren ist ihre Fähigkeit, die gespeicherte<br />
<strong>Energie</strong> innerhalb sehr kurzer Zeit aufzunehmen und abzugeben und dabei eine<br />
hohe elektrische Leistung umzusetzen.<br />
Hohe Kapazitätsdichten, die für den Einsatz in Fahrzeugantrieben und schnellen<br />
<strong>Energie</strong>speichern für die Netzstabilisierung erforderlich sind, können mit Doppelschichtkondensatoren<br />
(Supercaps) erreicht werden. Ihre hohe Kapazität basiert<br />
auf der Ladungstrennung über eine elektrische Doppelschicht an der Grenzfläche<br />
zwischen einem flüssigen Elektrolyten und den Elektroden.<br />
Hybridkondensator<br />
Diese hybriden Bauformen sollen die positiven Eigenschaften des Doppelschichteffekts<br />
(hohe Leistungsdichte) und der Redoxreaktion (hohe Kapazitätsdichte)<br />
miteinander vereinen.<br />
21
TOPIC 4: EFFIZIENTE ENERGIENUTZUNG<br />
Mit moderner Messtechnik lassen sich Effizienzpotenziale<br />
von Kohlendioxid als Kältemittel erforschen. Diese<br />
Messstrecke am <strong>KIT</strong>-Campus Süd verfügt über eine aus sechs<br />
Segmenten bestehende Heizung, deren Heizelemente über<br />
den Rohrumfang verteilt und einzeln regelbar sind.<br />
22<br />
MIT WENIGER<br />
MEHR ERREICHEN<br />
<strong>Energie</strong> effizienter zu nutzen, senkt die Kosten, schont das Klima und<br />
die Ressourcen. Ob Haushalt, Industrie, Mobilität oder Handel und<br />
Dienstleistungen – in allen Bereichen lässt sich die <strong>Energie</strong>effizienz noch<br />
beträchtlich steigern. Die Forschung im <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> konzentriert<br />
sich dabei auf zwei Sektoren: Bauwesen und industrielle Prozesse.
Effiziente <strong>Energie</strong>nutzung gilt als eine der<br />
wesentlichen Strategien, die wachsende<br />
Nachfrage nach <strong>Energie</strong> zu decken, die<br />
Kosten zu senken und die Preise bezahlbar<br />
zu halten, die Abhängigkeit von Importen<br />
zu verringern, die Versorgungssicherheit zu<br />
erhöhen, die Ressourcen zu schonen und<br />
den Ausstoß von klimaschädlichem CO 2<br />
zu verringern. Demgegenüber ist es teuer<br />
und langwierig, das Angebot an <strong>Energie</strong><br />
auszuweiten. Die Bundesregierung strebt<br />
an, bis 2020 die gesamtwirtschaftliche<br />
<strong>Energie</strong>produktivität gegenüber dem<br />
Jahr 1990 zu verdoppeln. Das heißt, dass<br />
dann pro Einheit Bruttosozialprodukt nur<br />
noch halb so viel <strong>Energie</strong> verbraucht<br />
werden soll. Dieses ehrgeizige Ziel lässt<br />
sich nur erreichen, wenn es gelingt,<br />
die <strong>Energie</strong>effizienz über die gesamte<br />
<strong>Energie</strong>kette entscheidend zu steigern.<br />
Dazu trägt die Arbeit der Wissenschaftlerinnen<br />
und Wissenschaftler am <strong>KIT</strong>-<br />
<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> wesentlich bei.<br />
Modellregion MEREGIO<br />
Eine Modellregion, in der sowohl <strong>Energie</strong>-<br />
versorger als auch Endverbraucher mit<br />
Informations- und Kommunikationstechnologie<br />
ausgestattet sind, um<br />
<strong>Energie</strong>umwandlung und <strong>Energie</strong>verbrauch<br />
möglichst effizient zu gestalten, ist<br />
das Ziel des Projekts MEREGIO (Minimum<br />
Emission Region), an dem das <strong>KIT</strong> beteiligt<br />
ist. Projektleiter ist die EnBW. Wesentliches<br />
Ziel ist, ein Zertifizierungsprogramm zu<br />
entwickeln, mit dem sich eine Region ihre<br />
Effizienz im Umgang mit <strong>Energie</strong> öffentlichkeitswirksam<br />
bescheinigen lassen kann.<br />
Das Bundesministerium für Wirtschaft und<br />
Technologie fördert das Projekt im Rahmen<br />
des Wettbewerbs „E-Energy – IKT-basiertes<br />
<strong>Energie</strong>system der Zukunft“.<br />
Stoff- und <strong>Energie</strong>verbünde<br />
Das Topic „Effiziente <strong>Energie</strong>nutzung“ des<br />
<strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong>s <strong>Energie</strong> gliedert sich in zwei<br />
große Bereiche: Produkte und Prozesse sowie<br />
Gebäude. Übergeordnetes Thema<br />
sind Stoff- und <strong>Energie</strong>verbünde. Ein<br />
Stoffverbund ermöglicht den Austausch<br />
<strong>Energie</strong>effizienz<br />
Je weniger <strong>Energie</strong> bei der Erschließung, Umwandlung, Speicherung, Verteilung<br />
und Verwendung für die jeweilige Anwendung verloren geht, desto höher ist die<br />
<strong>Energie</strong>effizienz. So lässt sich beispielsweise bei der <strong>Energie</strong>umwandlung die Effizienz<br />
durch Kraftwerke mit höherem Wirkungsgrad oder durch Kraft-Wärme-Kopplung<br />
und Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung erhöhen. Effizienter verwenden lässt sich<br />
<strong>Energie</strong> etwa durch Geräte mit geringerem Verbrauch, Vermeidung von Leerlauf,<br />
bessere Wärmedämmung oder drehzahlgeregelte Umwälzpumpen.<br />
von Substanzen zwischen einzelnen Betrieben.<br />
Dies geschieht meist über Rohrleitungen.<br />
Es sind jedoch auch Stoffkreisläufe<br />
denkbar, die nicht an Leitungen gebunden<br />
sind, beispielsweise Materialkreisläufe<br />
im Bauwesen. Ein <strong>Energie</strong>verbund vernetzt<br />
<strong>Energie</strong>ströme miteinander. So wird<br />
beispielsweise die in einer Anlage anfallende<br />
Abwärme unmittelbar am Ort der<br />
Entstehung in Dampf umgewandelt und<br />
einer anderen Anlage verfügbar gemacht,<br />
statt an die Umwelt abgegeben zu werden.<br />
Das senkt den Ressourcenverbrauch,<br />
vermindert Abfälle und Emissionen und<br />
spart Transportwege.<br />
Im Bereich Produkte und Prozesse beschäftigen<br />
sich die Arbeiten mit neuen<br />
Materialien und spezifischem<br />
Produktdesign, mit Fertigungs- und<br />
Verfahrenstechnik sowie mit Prozessintensivierung.<br />
Im Bereich Gebäude befassen<br />
die Forscherinnen und Forscher<br />
sich mit neuen Materialien und sogenannten<br />
intelligenten Bauelementen,<br />
mit nachhaltigem Planen und energiebewusstem<br />
Entwerfen sowie mit technischer<br />
Gebäudeausrüstung und energetischer<br />
Betriebsoptimierung.<br />
<strong>KIT</strong>-Schwerpunkte Mobilitätssysteme<br />
und COMMputation<br />
Das Forschungsfeld <strong>Energie</strong>effizienz<br />
in Transport und Logistik ist dem <strong>KIT</strong>-<br />
Schwerpunkt „Mobilitätssysteme“ zugeordnet.<br />
Dessen fahrzeugtechnische<br />
Schäumendes CO 2 im Verdampferrohr zeigt die Verunreinigung durch Maschinenöl. Dadurch<br />
verschlechtert sich die Effizienz des Kältemittels deutlich.<br />
23
TOPIC 4: EFFIZIENTE ENERGIENUTZUNG<br />
Aktivitäten sind im Kompetenzzentrum<br />
<strong>KIT</strong>-CART (Center of Automotive<br />
Research and Technology) gebündelt.<br />
Dabei geht es um <strong>Energie</strong>effizienz und<br />
Emissionsreduzierung, Sicherheit, Komfort<br />
und Nutzwert von Personen-, Nutz-<br />
und Schienenfahrzeugen sowie mobilen<br />
Arbeitsmaschinen.<br />
Mit dem Bereich <strong>Energie</strong>effizienz in der<br />
Informationstechnologie – Stichwort<br />
„Green Web“ – ist der <strong>KIT</strong>-Schwerpunkt<br />
COMMputation befasst, dessen Name<br />
die gegenseitige Abhängigkeit von<br />
Kommunikation und Informationsverarbeitung<br />
verdeutlicht. Dabei geht es zum<br />
einen darum, die Hardware zu verbessern,<br />
was die Leistungsaufnahme und damit<br />
die benötigte Kühlenergie betrifft. Zum<br />
anderen gilt es, neue Algorithmen und<br />
Software zu entwickeln, um Rechner energieeffizienter<br />
betreiben zu können.<br />
Produkte und Prozesse<br />
In Bezug auf Produkte und Prozesse gilt es,<br />
vor allem bei energieintensiver industrieller<br />
Produktion, bei gleichbleibendem oder<br />
sogar verringertem <strong>Energie</strong>einsatz die<br />
Produktivität zu erhöhen. <strong>Energie</strong>effizienz<br />
besitzt in der Industrie aus Kostengründen<br />
immer schon einen hohen Stellenwert,<br />
doch es gibt noch weiteres Potenzial aus-<br />
<strong>Energie</strong>effizienz durch Wärme- und Stoffverbund:<br />
Die Aufnahme entstand in der MiRO<br />
Mineraloelraffinerie Oberrhein.<br />
24<br />
zuschöpfen. Dieses liegt im Prozessdesign<br />
als ganzheitlichem Ansatz, aber auch<br />
in technologischen Detaillösungen,<br />
durch die sich einzelne Schritte im<br />
Produktionsprozess verbessern lassen.<br />
Andere Schritte lassen sich durch Integration<br />
einsparen.<br />
Neue Materialien und spezifisches<br />
Produktdesign<br />
Neue Materialien können nicht nur zu neuen<br />
Produkten oder Produkteigenschaften<br />
führen, sondern auch zur energieeffizienten<br />
Produktion beitragen. So ermöglicht<br />
die Nanotechnologie Werkstoffe mit neuartigen<br />
Eigenschaften und Wirkungen. Da<br />
die winzigen Nanopartikel eine verhältnismäßig<br />
große Oberfläche aufweisen,<br />
können sie mit ihrer Umgebung leichter<br />
in physikalische oder chemische Wechselwirkung<br />
treten. Vorraussetzung für die<br />
Nutzung nanoskaliger Materialien ist<br />
jedoch, sie gründlich zu untersuchen und<br />
genau zu beschreiben. Die Arbeiten im <strong>KIT</strong>-<br />
<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> setzen daher bei grundlegenden<br />
Forschungen an. Auch das<br />
Produktdesign lässt sich gezielt darauf<br />
ausrichten, dass nicht nur beim späteren<br />
Gebrauch des Produkts, sondern bereits<br />
bei dessen Herstellung <strong>Energie</strong> effizient<br />
eingesetzt wird.<br />
Fertigungs- und Verfahrenstechnik<br />
In der Fertigungs- und Verfahrenstechnik<br />
lässt sich die <strong>Energie</strong>effizienz durch stoffliche<br />
und energetische Verbünde steigern.<br />
Solche Verbünde sind auf verschiedenen<br />
Ebenen möglich – innerhalb eines<br />
Prozesses oder prozessübergreifend zwischen<br />
mehreren Anlagen, die zusammen<br />
einen Verbundstandort bilden. Beispiel<br />
für einen energetischen Verbund ist die<br />
Wärmeintegration, etwa innerhalb eines<br />
Prozesses: Einmal eingebrachte Wärme<br />
wird in mehreren Prozessstufen nacheinander<br />
eingesetzt und damit weitestgehend<br />
verwertet. Dies geschieht beispielsweise<br />
durch Mehrstufenverdampfung<br />
bei der Gewinnung von Salz oder der<br />
Herstellung von Düngemittel: Der heiße<br />
Dampf, der die Flüssigkeit erhitzt, damit<br />
das Lösungsmittel verdampft und Kristalle<br />
sich bilden können, wird in mehreren hintereinander<br />
angeordneten Kristallisatoren<br />
eingesetzt.<br />
Eine weitere Möglichkeit, die <strong>Energie</strong>effizienz<br />
zu steigern, ist die Optimierung<br />
einzelner Prozessstufen. So befasst sich<br />
ein Projekt im <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> mit<br />
dem Wärmeübergang beim Strömungsverdampfen<br />
von CO 2 in glatten sowie in<br />
innen gerippten Rohren. CO 2 wird<br />
zunehmend als Kältemittel in konventionellen<br />
Kältemaschinen und in der<br />
HEPHAISTOS: Die Mikowellen-Prozessanlage ist begehbar; ihr Volumen entspricht dem von 500<br />
Haushaltsmikrowellen. Mit Mikrowellen lassen sich Erwärmungszeiten und damit industrielle<br />
Prozesszyklen beträchtlich verkürzen und auch Materialeigenschaften verbessern.
Auf diesem Gelände in Cadarache/Südfrankreich entsteht der Versuchsreaktor ITER.<br />
Das industrielle Versuchszentrum auf dem <strong>KIT</strong>-Campus Nord verfügt mit HEPHAISTOS über die größte Mikrowellen-Prozessanlage der Welt.<br />
Lebensmittelindustrie eingesetzt, um<br />
FCKW, FKW und teilweise auch Ammoniak<br />
zu ersetzen. Dabei lässt sich durch den Einsatz<br />
von Rippenrohren die Wärmeübertragungsleistung<br />
erhöhen.<br />
Prozessintensivierung<br />
Prozessintensivierung bedeutet, <strong>Energie</strong>-<br />
und Stofftransportvorgänge zu intensivieren<br />
sowie die Kinetik chemischer<br />
Reaktionen gezielt auszunutzen. Dies<br />
ist beispielsweise möglich bei der<br />
Rektifikation, das heißt der Trennung von<br />
Stoffen durch Destillation in speziellen<br />
Kolonnen, wie sie etwa beim Aufbereiten<br />
von Erdöl erforderlich ist. Dabei lassen<br />
sich mehrere Kolonnen zu einer integrieren,<br />
um mehr als zwei Produkte gleichzeitig<br />
zu gewinnen und dabei <strong>Energie</strong> einzusparen.<br />
Ein Projekt am <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong><br />
befasst sich mit festen keramischen<br />
Schwämmen, die als Packungsmaterial in<br />
solche Trennkolonnen eingebaut werden.<br />
Die Forscher untersuchen dabei<br />
die Stoffübertragung zwischen zwei<br />
Flüssigkeiten und deren Vermischung beim<br />
Durchströmen eines festen Schwamms.<br />
Ein weitere Möglichkeit der Prozessintensivierung<br />
ist die Reaktivrektifikation:<br />
Dabei laufen eine chemische Reaktion<br />
und die destillative Trennung der Stoffe<br />
nicht wie herkömmlich nacheinander,<br />
sondern gleichzeitig ab. Dazu wird der<br />
chemische Reaktor in die Trennkolonne<br />
integriert. Die Wissenschaftler am <strong>KIT</strong>-<br />
<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> untersuchen, ob feste<br />
keramische Schwämme sich als Katalysatorträger<br />
bei der Reaktivrektifikation<br />
eignen.<br />
Gebäude<br />
Im Bereich Gebäude legt das <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong><br />
<strong>Energie</strong> den Fokus auf Nichtwohngebäude<br />
sowie größere Wohngebäude im Bestand.<br />
Geplant ist, neue Technologien auch<br />
auf Gebäude des <strong>KIT</strong> zu applizieren, um<br />
ihr Potenzial zu demonstrieren. <strong>Energie</strong>effizienzkonzepte<br />
für Gebäude berücksichtigen<br />
stets die jeweiligen geographischen<br />
Gegebenheiten und klimatischen<br />
Verhältnisse.<br />
Die Wissenschaftler verschiedener Institute<br />
führen ihre Arbeiten unter einem gebäudesystemtechnischen<br />
Ansatz zusammen.<br />
Dabei untersuchen sie die Randbedingungen<br />
für die Entwicklung von<br />
Systemen und Komponenten und bewerten<br />
die Ergebnisse im Gesamtzusammenhang<br />
Klima – Gebäude – Gebäudetechnik<br />
Messung des Wärmeübergangs von CO 2 beim Strömungsverdampfen für den Einsatz<br />
in der Kältetechnik.<br />
25
TOPIC 4: EFFIZIENTE ENERGIENUTZUNG<br />
<strong>Energie</strong>effizienz im Quadrat: Das „Museum Ritter“ direkt neben der Schokoladenfabrik<br />
zeichnet sich durch ein energieeffizientes und ökologisch verträgliches Haustechnikkonzept aus.<br />
<strong>KIT</strong>-Forscher haben das <strong>Energie</strong>-Monitoring und die Betriebsoptimierung übernommen.<br />
– Regelung – Mensch. Was Solargebäude<br />
und Solarsysteme, neue Materialien und<br />
ihre Anwendung in der Gebäudetechnik<br />
betrifft, binden sie auch die Kompetenzen<br />
externer Kooperations-partner ein.<br />
Ziele der Forschung sind, den Einsatz von<br />
<strong>Energie</strong> beim Bau wie beim Betrieb von<br />
Gebäuden – zum Heizen, Kühlen, Lüften<br />
und Beleuchten – zu verringern, dabei die<br />
Bausubstanz zu schützen sowie Raumklima<br />
und Lichtverhältnisse angenehm zu ge-<br />
Die energetische Sanierung des Mathematikgebäudes<br />
auf dem Campus Süd des <strong>KIT</strong>. Das<br />
Projekt wird von <strong>KIT</strong>-Forschern begleitet.<br />
26<br />
stalten. Als ideal gilt das Nullenergiehaus,<br />
das im Netzverbund eine ausgeglichene<br />
<strong>Energie</strong>bilanz für das Jahr erreicht.<br />
Neue Materialien und intelligente<br />
Bauelemente<br />
<strong>Energie</strong>effizienz beginnt mit dem Einsatz<br />
von neuen Materialien und intelligenten<br />
Bauelementen. Die Arbeitsgruppe<br />
„Baustoffe“ am <strong>KIT</strong> entwickelt neuartige<br />
hydraulische Bindemittel als Alternative<br />
zu Zement, die auf eine beträchtliche<br />
Verringerung des <strong>Energie</strong>einsatzes und der<br />
CO 2 -Emissionen bei der Herstellung abzielen.<br />
Andere Wissenschaftler am <strong>KIT</strong> arbeiten<br />
an Fassadenbauteilen mit thermoelektrischen<br />
Elementen, die Wärme in<br />
Strom umwandeln.<br />
Nachhaltiges Planen und<br />
energiebewusstes Entwerfen<br />
Nachhaltiges Planen und energiebewusstes<br />
Entwerfen mit vorausschauendem Blick auf<br />
Raumklima und Beleuchtungsverhältnisse<br />
tragen wesentlich zur <strong>Energie</strong>effizienz<br />
eines Gebäudes bei. Zu beachten sind dabei<br />
Aspekte der Gebäudeaerodynamik, wie<br />
die Windwirkung auf das Gebäude und die<br />
Luftführung innerhalb des Gebäudes, um<br />
Öffnungen in der Fassade gezielt zu platzieren<br />
und Windkräfte zum Lüften zu nutzen.<br />
Die detaillierte thermische Simulation<br />
eines Gebäudes mit geeigneter Software<br />
liefert Daten zu Temperaturverläufen,<br />
Heiz- und Kühlleistungsbedarf und ermöglicht<br />
es, das Zusammenwirken von<br />
Gebäudehülle, Verschattungsanlagen,<br />
Beleuchtung und Anlagen zum Heizen,<br />
Kühlen und Lüften zu optimieren.<br />
<strong>Energie</strong>effizientes Verfahren zur Herstellung von Zement aus wässriger Lösung bei niedrigen<br />
Temperaturen. Das Bild zeigt ein Calciumsilikathydrat unterm Elektronenmikroskop.
Technische Gebäudeausrüstung<br />
Eine an Architektur und Konstruktion angepasste<br />
Gebäudetechnik sichert einen<br />
geringen <strong>Energie</strong>bedarf. Die Shared<br />
Research Group „<strong>Energie</strong>- und Gebäudetechnologie“ist<br />
eine von der Industrie und<br />
vom <strong>KIT</strong> gemeinsam getragene Forschergruppe.<br />
Sie befasst sich mit den Möglichkeiten,<br />
die <strong>Energie</strong>effizienz beim Heizen,<br />
Kühlen und Lüften durch Wärmetransformationen,<br />
das heißt mit thermisch angetriebenen<br />
Wärmepumpen und Kältemaschinen,<br />
zu verbessern. Auch die Lichttechnik<br />
trägt zur <strong>Energie</strong>effizienz bei. So<br />
lassen sich organische Leuchtdioden<br />
(OLED) nicht nur für Displays, sondern<br />
auch zur Beleuchtung von Räumen einsetzen.<br />
Die Bauelemente aus ultradünnen<br />
organischen Schichten, die beim Anlegen<br />
einer Spannung Licht aussenden, lassen<br />
sich großflächig herstellen, so dass sie ganze<br />
Flächen gleichmäßig beleuchten können,<br />
und arbeiten dabei ausgesprochen<br />
energieeffizient. Werden bei der Gebäudetechnik<br />
darüber hinaus erneuerbare <strong>Energie</strong>n<br />
wie Solarthermie und Geothermie in<br />
die Wärme- und Stromversorgung eingebunden,<br />
verringert sich der Bezug externer<br />
<strong>Energie</strong>.<br />
Energetische Betriebsoptimierung<br />
Die energetische Betriebsoptimierung<br />
rundet die am <strong>KIT</strong> entwickelten ganzheitlichen<br />
Konzepte zur <strong>Energie</strong>effizienz im<br />
Bauwesen ab. Dazu erfassen und untersuchen<br />
die Wissenschaftler systematisch<br />
die wesentlichen <strong>Energie</strong>flüsse und<br />
Raumklimadaten, vergleichen sie mit<br />
den angestrebten Kennzahlen und passen<br />
die Regelung der Gebäudetechnik<br />
an. Außerdem erarbeiten sie Werkzeuge,<br />
um Daten in der Gebäudeautomation<br />
Monitoring-Software: Mit geeigneter Datenvisualisierung und automatisierten Auswertungsroutinen<br />
lässt sich die Gebäude-Performance zielgerichtet optimieren. <strong>KIT</strong>-Wissenschaftler entwickeln<br />
eine entsprechende Software und testen diese in Demonstrationsvorhaben.<br />
Nutzerzufriedenheit: Die Grafik zeigt die Einflussgrößen auf die allgemeine Zufriedenheit der<br />
Nutzer eines bestimmten Gebäudes und die Bedeutung dieser Faktoren. <strong>KIT</strong>-Forscher entwickeln<br />
solche Analyseverfahren als unterstützendes Werkzeug für das Facility-Management.<br />
gezielt zu visualisieren sowie auf der<br />
Basis von Modellen Fehler zu erkennen<br />
und den Betrieb zu optimieren.<br />
Diese Werkzeuge lassen sich künftig<br />
vom Gebäudemanagement gezielt zur<br />
Performanceverbesserung einsetzen.<br />
Komfort und Nutzerzufriedenheit<br />
Dabei geht es neben der <strong>Energie</strong>effizienz<br />
auch um den thermischen, akustischen<br />
und visuellen Komfort sowie weitere<br />
Parameter, die Wohlbefinden und Zufriedenheit<br />
der Nutzer bestimmen. Während<br />
zur ökonomischen und ökologischen<br />
Bewertung von Gebäuden bereits genügend<br />
Methoden und Daten verfügbar<br />
sind, mangelt es derzeit noch an anerkannten<br />
Kriterien zur Beurteilung unter<br />
psychologischen und sozialen Aspekten,<br />
welche eine weitere wichtige Dimension<br />
der Nachhaltigkeit bilden. Daher entwickeln<br />
Forscher am <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong><br />
auch ein Verfahren zur Bewertung von<br />
Gebäuden aus Nutzersicht. Ziele sind ein<br />
Nutzerzufriedenheitsindikator, der die<br />
Einstufung von Gebäuden ermöglicht,<br />
sowie eine Gebäudesignatur, welche<br />
die thermische, akustische und visuelle<br />
Qualität der Umgebung, die Luftqualität<br />
und die Arbeitsplatzgestaltung bewertet<br />
und konkrete Hinweise zur Verbesserung<br />
liefert.<br />
27
TOPIC 5: FUSIONSTECHNOLOGIE<br />
Mega-Mikrowelle: Leistungsstarke Gyrotronröhren heizen das<br />
Plasma auf über 100 Millionen Grad Celsius auf. Die am <strong>KIT</strong> entwickelte<br />
140-Gigahertz-Gyrotronröhre erreicht Heizleistungen<br />
bis zu einem Megawatt.<br />
28<br />
DER WEG<br />
VOM EXPERIMENT<br />
ZUM KRAFTWERK<br />
Wenn es gelingt, die Kernfusion als <strong>Energie</strong>quelle zu nutzen, kann die<br />
wachsende Weltbevölkerung für Tausende von Jahren mit Strom und<br />
Wärme versorgt werden – wirtschaftlich, sicher und umweltverträglich mit<br />
Brennstoffen aus Wasser und Gestein. Im <strong>KIT</strong> entwickeln Forscherinnen und<br />
Forscher komplexe Technologien für das große Ziel: ein Fusionskraftwerk,<br />
das grundlastfähige <strong>Energie</strong> liefert.
Seit Milliarden von Jahren lässt Kernfusion<br />
die Sonne und andere Sterne leuchten.<br />
Seit Jahrzehnten arbeiten die Menschen<br />
daran, dieses kosmische Feuer auf die Erde<br />
zu holen, denn das Verschmelzen von<br />
Atomkernen ist als <strong>Energie</strong>quelle nahezu<br />
unerschöpflich. Aber was in der Sonne<br />
quasi automatisch abläuft, bedarf auf der<br />
Erde hochkomplexer Technologien.<br />
Deuterium-Tritium-Fusion<br />
Von verschiedenen möglichen Brennstoffen<br />
haben sich zwei als für ein irdisches<br />
Kraftwerk am besten geeignet erwiesen:<br />
Deuterium, ein Wasserstoffisotop mit<br />
einem Proton und einem Neutron, und<br />
Tritium, ein Wasserstoffisotop mit einem<br />
Proton und zwei Neutronen. Bei der Fusion<br />
verschmilzt der Kern des schweren Wasserstoffs<br />
Deuterium mit dem Kern des überschweren<br />
Wasserstoffs Tritium zum<br />
Helium-4-Kern mit zwei Protonen und<br />
zwei Neutronen, auch als Alphateilchen<br />
bezeichnet; ein hochenergetisches Neutron<br />
wird ausgesendet. Dabei wird rund<br />
2000 mal so viel <strong>Energie</strong> freigesetzt wie<br />
zugeführt worden ist. Die <strong>Energie</strong> ist zu 80<br />
Prozent an das Neutron gebunden.<br />
Die Brennstoffe sind leicht zu beschaffen:<br />
Deuterium ist zu etwa 0,015 Prozent in<br />
natürlichem Wasser enthalten, also nahezu<br />
unbegrenzt verfügbar. Tritium kommt zwar<br />
wegen seiner Halbwertszeit von nur zwölf<br />
Jahren in der Natur kaum vor, lässt sich<br />
aber aus Lithium erbrüten. Die technisch<br />
nutzbaren Lithiumvorkommen in der<br />
Erdkruste reichen aus, um den <strong>Energie</strong>bedarf<br />
der Weltbevölkerung für viele tausend<br />
Jahre zu decken. Für die Fusionsreaktion<br />
sind denkbar geringe Rohstoffmengen<br />
erforderlich.<br />
Technische Herausforderungen im<br />
Reaktor<br />
In experimentellen Anlagen ist die Deuterium-Tritium<br />
Reaktion längst geglückt.<br />
Doch bis zum Kraftwerk ist es ein langer<br />
Weg. Kernfusion funktioniert nur mit immens<br />
hohen Temperaturen, bei denen die<br />
Brennstoffe sich im Plasmazustand befinden.<br />
Nur dann überwinden die Atom-<br />
Plasma – der vierte Aggregatzustand<br />
Neben den drei klassischen Aggregatzuständen fest, flüssig und gasförmig gibt es<br />
einen vierten Aggregatzustand: das Plasma. Es handelt sich um ionisiertes Gas, das<br />
heißt einen gasförmigen Zustand, in dem freie Elektronen sowie Ionen – elektrisch<br />
geladene Atome – vorkommen. Bei vollständiger Ionisation sind nur noch Elektronen<br />
und freie Atomkerne vorhanden.<br />
Der Plasmazustand kann bei hohen Temperaturen oder durch starke elektrische<br />
Felder eintreten. Auf der Erde kommen natürliche Plasmen vor allem in Blitzen vor.<br />
Auch Flammen haben Plasmaeigenschaften. Im ständigen Plasmazustand befinden<br />
sich die Sonne und andere Sterne.<br />
kerne ihre gegenseitige Abstoßung und<br />
verschmelzen miteinander. Zur Zündung<br />
einer solchen Fusionsreaktion auf der Erde<br />
bedarf es einer Temperatur von über 100<br />
Millionen Grad Celsius – sechs Mal so heiß<br />
wie im Innern der Sonne, weil sich die<br />
hohen Drücke im Sonneninnern auf der<br />
Erde nicht nachahmen lassen. Eine solche<br />
Temperatur will erst einmal erreicht sein.<br />
Eine weitere Herausforderung besteht im<br />
Einschluss des Plasmas. Kein festes<br />
Material hält der hohen Temperatur längere<br />
Zeit stand. Der Einschluss geschieht<br />
daher mithilfe von starken Magnetfeldern.<br />
Dennoch bedarf es einer äußeren<br />
Begrenzung durch feste Materie. Die<br />
Wand der Brennkammer muss sowohl<br />
dem Wärmefluss, der sich aus Plasmatemperatur<br />
und Teilchendichte ergibt, als<br />
Wasser und Gestein liefern die Brennstoffe für die Kernfusion.<br />
auch einem ständigen Neutronenbeschuss<br />
standhalten. Die bei der Fusion entstehenden<br />
Neutronen tragen den Großteil der<br />
<strong>Energie</strong>, können als neutrale Teilchen das<br />
Plasma verlassen und in die Brennkammerwand<br />
eindringen. Dadurch aus der Wand<br />
gelöste Teilchen wiederum verunreinigen<br />
das Plasma. Diese Teilchen sowie das<br />
Reaktionsprodukt Helium-4 müssen laufend<br />
aus dem Plasma entfernt werden.<br />
Dazu dient ein Divertor, der die unerwünschten<br />
Ionen zu neutralen und damit<br />
pumpfähigen Teilchen umwandelt. Hoch<br />
leistungsfähige Vakuumpumpen, so genannte<br />
Kryopumpen, saugen dann das<br />
Abgas ab und führen es der Tritiumanlage<br />
zu. Die hoch energetischen Neutronen gelangen<br />
in das Blanket, eine äußere Hülle,<br />
und geben ihre Bewegungsenergie an<br />
Atomkerne ab. Die entstehende Wärme<br />
29
TOPIC 5: FUSIONSTECHNOLOGIE<br />
wird mit einem Kühlmittel abgeführt und<br />
lässt sich über einen herkömmlichen<br />
Dampfkreislauf mit Turbine und nachgeschaltetem<br />
Generator in Elektrizität umwandeln.<br />
Das Blanket dient überdies dazu,<br />
aus Lithium durch Neutroneneinfang den<br />
Brennstoff Tritium zu erbrüten.<br />
Sicherheit für Mensch und Umwelt<br />
Was macht die Kernfusion zu einer nicht<br />
nur wirtschaftlichen, sondern auch sicheren<br />
und umweltfreundlichen <strong>Energie</strong>quelle?<br />
Pro Jahr verbraucht ein Fusionskraftwerk<br />
mit einer Leistung von 1000<br />
Megawatt nur 100 Kilogramm Deuterium<br />
und 150 Kilogramm Tritium, erbrütet aus<br />
300 Kilogramm Lithium. Damit fallen für<br />
die Brennstoffe kaum Transporte an. Es<br />
werden keine radioaktiven Stoffe transportiert,<br />
da das Tritium innerhalb der Anlage<br />
erbrütet wird. Die Fusionsreaktion kann<br />
aus physikalischen Gründen nicht außer<br />
Kontrolle geraten: Bei einer Abweichung<br />
von den Betriebsbedingungen, die nur mit<br />
großem Aufwand aufrechtzuerhalten sind,<br />
reißt die <strong>Energie</strong>freisetzung sofort ab. In<br />
der Brennkammer eines Fusionsreaktors<br />
herrscht ein Vakuum, so dass sie immer<br />
nur so viel Brennstoff enthält wie für den<br />
laufenden Betrieb erforderlich. Das Plasma<br />
hat trotz der hohen Temperaturen eine<br />
niedrige Leistungsdichte – vergleichbar mit<br />
der einer 100-Watt-Glühbirne –, so dass<br />
30<br />
es beim Ausfallen der Kühlung nicht zum<br />
Schmelzen von Strukturmaterialien kommen<br />
kann.<br />
Radioaktive Abfälle entstehen fast nur dadurch,<br />
dass Neutronen die Reaktorstrukturen<br />
aktivieren. Die Abfälle enthalten<br />
keine extrem langlebigen Nuklide. Forscher<br />
entwickeln niedrig aktivierende Materialien,<br />
die nur wenige hundert Jahre kontrolliert<br />
gelagert werden müssen. Und<br />
schließlich emittiert ein Fusionsreaktor keinerlei<br />
klimaschädliche Gase.<br />
ITER und DEMO<br />
Die technischen Probleme der Kernfusion<br />
bis ins Detail zu lösen, erfordert große<br />
Anstrengungen. Doch die Mühe lohnt sich<br />
– immerhin wäre damit ein bedeutender<br />
Beitrag zur Lösung der <strong>Energie</strong>probleme<br />
der Menschheit geleistet. Im Topic Fusionstechnologie<br />
des <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong>s <strong>Energie</strong> entwickeln<br />
Wissenschaftler wesentliche<br />
technologische Komponenten und Systeme<br />
für den experimentellen Versuchsreaktor<br />
ITER (lateinisch iter – der Weg).<br />
ITER, ein gemeinsames Projekt der Partner<br />
Europäische Union, Russische Föderation,<br />
Japan, China, Südkorea, Indien und USA,<br />
entsteht ab 2009 im Forschungszentrum<br />
Cadarache/Frankreich. Der Bau der Anlage<br />
wird voraussichtlich zehn Jahre dauern.<br />
Geplant ist ein Betrieb von rund 20 Jahren.<br />
Schema des Reaktors ITER: Die blaue Figur unten im Bild veranschaulicht die Größe der Anlage.<br />
ITER gewinnt zehnmal mehr <strong>Energie</strong> als für<br />
die externe Plasmaheizung aufgewendet<br />
wird. Die Erfahrungen mit dem Versuchsreaktor<br />
werden in die Errichtung des nachfolgenden<br />
Demonstrationsreaktors DEMO<br />
einfließen. DEMO soll als erster Fusionsreaktor<br />
über längere Zeit elektrischen<br />
Strom erzeugen. Vorgesehen ist, die Anlage<br />
ab 2030 zu errichten. Ende der 30er<br />
Jahre kann dann voraussichtlich der erste<br />
Strom aus einem Fusionskraftwerk ins<br />
Netz eingespeist werden. Die Forscher am<br />
<strong>KIT</strong> arbeiten bereits an grundlegenden<br />
Technologien für DEMO. Insgesamt widmen<br />
sie sich derzeit zu rund zwei Dritteln<br />
dem experimentellen Reaktor ITER und zu<br />
ITER – Technische Daten<br />
Gesamtradius 15 Meter<br />
Höhe (über alles) 30 Meter<br />
Gewicht 15 000 Tonnen<br />
Plasmaradius 6,2 Meter<br />
Plasmavolumen 837 Kubikmeter<br />
Plasmamenge 0,5 Gramm<br />
Magnetfeld 5,3 Tesla<br />
Plasmastrom 15 Megaampere<br />
Heizleistung 73 Megawatt<br />
Wandbelastung<br />
d. Neutronen 0,57 Megawatt<br />
pro Quadratmeter<br />
Fusionsleistung 500 Megawatt<br />
<strong>Energie</strong>verstärkung 10<br />
Mittlere<br />
Plasmatemperatur 100 Millionen Grad<br />
Brenndauer ≥ 300 Sekunden
Auf diesem Gelände in Cadarache/Südfrankreich entsteht der Versuchsreaktor ITER.<br />
rund einem Drittel dem Demonstrationsreaktor<br />
DEMO, wobei Technologien für<br />
DEMO stetig mehr Gewicht erhalten.<br />
Im Einzelnen befassen die Karlsruher Arbeiten<br />
zur Fusionstechnologie sich mit<br />
Mikrowellenröhren und Antennen zur<br />
Plasmaheizung, mit supraleitenden Magnetspulen<br />
und Stromzuführungen, mit<br />
Blanket und Divertor, mit Komponenten<br />
und Systemen für den Brennstoffkreislauf<br />
und der erforderlichen Vakuumtechnik, mit<br />
der Werkstoffentwicklung einschließlich<br />
der geplanten Neutronenquelle IFMIF und<br />
mit Untersuchungen zur Sicherheit von<br />
Fusionsreaktoren.<br />
Mikrowellenröhren zur<br />
Plasmaheizung<br />
Um die Brennstoffe in einer Fusionsanlage<br />
zu einem Plasma mit einer Temperatur von<br />
über 100 Millionen Grad Celsius zu erhitzen,<br />
bedarf es einer starken externen Heizung.<br />
Die Forscher im <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong><br />
entwickeln dazu Mikrowellenröhren, so genannte<br />
Gyrotrons. Mikrowellenheizsysteme<br />
für Fusionsreaktoren müssen eine Gesamtleistung<br />
von 25 bis 50 Megawatt bei Frequenzen<br />
von 100 bis 170 Gigahertz aufweisen.<br />
Das <strong>KIT</strong> hat bereits ein 140-Gigahertz-Gyrotron<br />
mit einer Heizleistung von<br />
einem Megawatt entwickelt – das entspricht<br />
rund 1200 Küchenmikrowellen.<br />
Ein Heizsystem aus zehn solchen Gyrotrons<br />
mit einer Gesamtleistung von zehn<br />
Megawatt tragen die Karlsruher zur<br />
Fusionsanlage Wendelstein 7-X in<br />
Greifswald bei.<br />
Supraleitende Magnetspulen<br />
und Stromzuführungen<br />
Benötigt werden im Plasma Magnetfelder<br />
von rund fünf Tesla. Die dazu erforderlichen<br />
Magnetspulen nutzen Supraleiter,<br />
um die <strong>Energie</strong>verluste zu begrenzen und<br />
eine wirtschaftliche <strong>Energie</strong>gewinnung zu<br />
ermöglichen. In Karlsruhe haben Entwicklung<br />
und Test von supraleitenden<br />
Magneten eine lange Tradition. Das<br />
<strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> verfügt über eine<br />
Tieftemperatur-Testanlage (Toroidal Spulen<br />
Testanlage Karlsruhe – TOSKA) für supraleitende<br />
Magnetspulen und weitere<br />
Komponenten. Um ITER-Bedingungen zu<br />
simulieren, haben die Forscher ein Testbett<br />
konzipiert und installiert, in dem die ITER-<br />
Toroidalfeld-Modellspule (TFMC) erprobt<br />
wurde. Bei dem Test wurde weltweit erst-<br />
mals ein supraleitender Spulenstrom von<br />
80 000 Ampere erreicht.<br />
Überdies entwickelt das <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong><br />
Stromzuführungen, die dazu dienen,<br />
den Betriebsstrom auf die supraleitenden<br />
Spulen zu übertragen. Neben konventionellen<br />
Typen haben die Forscher bereits<br />
Stromzuführungen mit Hochtemperatur-<br />
Supraleitern erprobt, die bis zu 80 000<br />
Ampere Strom transportieren können und<br />
einen besonders wirtschaftlichen Betrieb<br />
der Magnete ermöglichen.<br />
Blanket und Divertor<br />
Das Blanket, welches das Plasma als äußere<br />
Hülle umschließt, erfüllt drei Aufgaben:<br />
Es wandelt die Neutronenenergie aus der<br />
Einbindung des Test Blanket Moduls (hellgrün): Das komplexe System dient dazu, das für die<br />
Fusionsreaktion notwendige Tritium zu erbrüten.<br />
31
TOPIC 5: FUSIONSTECHNOLOGIE<br />
Fusionsreaktion in nutzbare Wärme um,<br />
erbrütet den Brennstoff Tritium durch das<br />
Einfangen von Neutronen in Lithium und<br />
schirmt die supraleitenden Magnete gegen<br />
Neutronen- und Gammastrahlung ab.<br />
Thermische Effizienz und Leistungsdichte<br />
des Blankets bestimmen Leistung und<br />
Wirtschaftlichkeit eines Fusionsreaktors<br />
wesentlich mit.<br />
Die europäische Fusionsforschung verfolgt<br />
beim Blanket zwei verschiedene<br />
Konzepte: HCPB (Helium Cooled Pebble<br />
Bed – heliumgekühltes Feststoffblanket)<br />
und HCLL (Helium Cooled Lithium Lead).<br />
Das <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> trägt zu einzelnen<br />
Bereichen des HCLL-Konzepts bei, wid-<br />
32<br />
Kernspaltung und Fusion<br />
Ein physikalischer Prozess, bei dem ein Atomkern mit einem anderen Atomkern<br />
oder einem Teilchen zusammenstößt und dadurch mindestens ein Atomkern umgewandelt<br />
wird, heißt Kernreaktion. Zwei spezielle, grundsätzlich verschiedene Arten<br />
von Kernreaktionen sind Kernspaltung/Fission und Kernfusion.<br />
Kernspaltung: Ein Atomkern wird in zwei oder mehr Teile zerlegt; dabei wird<br />
<strong>Energie</strong> frei. Es handelt sich um eine induzierte Spaltung, ausgelöst dadurch,<br />
dass ein frei herumfliegendes Neutron den Atomkern trifft.<br />
Kernfusion: Zwei Atomkerne verschmelzen zu einem neuen Kern. Ist die Masse<br />
der bei der Fusion entstandenen Teilchen geringer als die Summe der Masse der<br />
Ausgangskerne, wird die Massendifferenz in Form von <strong>Energie</strong> frei. Dann liegt<br />
eine exotherme, das heißt energieliefernde Fusionsreaktion vor.<br />
Versuchsanordnung zum Test einer ITER-<br />
Modellspule.<br />
met sich jedoch hauptsächlich dem HCPB-<br />
Konzept, bei dem es federführend wirkt.<br />
Im <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> sind die Arbeiten<br />
langfristig darauf gerichtet, ein Blanket<br />
für den Demonstrationsreaktor DEMO zu<br />
entwickeln und auszulegen. Zu den konzeptionellen<br />
und konstruktiven Aufgaben<br />
kommen theoretische und experimentelle<br />
Untersuchungen, um die Eigenschaften<br />
von Brutmaterialien und Beryllium zu bestimmen,<br />
das Verhalten der Schüttbetten<br />
unter thermischer Belastung und<br />
Strahlungsbelastung zu ermitteln sowie<br />
Technologien zur Herstellung der Blanket-<br />
Module zu entwickeln und zu erproben.<br />
Erste Funktionstests in ITER sollen zeigen,<br />
Das Tritiumlabor auf dem Campus Nord des <strong>KIT</strong>.<br />
wie das Blanketkonzept auf magnetische<br />
und thermomechanische Transienten,<br />
Neutronen- und Gammastrahlung reagiert.<br />
Helium-4, sozusagen die Asche der<br />
Kernfusion, sowie unverbrannter<br />
Brennstoff und Verunreinigungen müssen<br />
laufend aus dem Plasma abgeführt werden,<br />
um die Fusion aufrechtzuerhalten.<br />
Dies geschieht über den Divertor. Durch<br />
Magnetfelder werden die Ionen auf gekühlte<br />
Prallplatten gelenkt. Dort verlieren<br />
sie <strong>Energie</strong> und können Elektronen<br />
einfangen und dadurch zu neutralen<br />
Atomen werden. Vakuumpumpen entfernen<br />
die Atome aus der Brennkammer.<br />
Die Divertorplatten sind zusätzlich zur<br />
Belastung durch die schnellen Neutronen<br />
einer hohen Wärmebelastung ausgesetzt<br />
– der Divertor gehört zu den thermisch am<br />
höchsten belasteten Bauteilen in einem<br />
Fusionsreaktor.<br />
Das <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> ist an der<br />
Entwicklung des Divertors für DEMO federführend<br />
beteiligt. Schwerpunkte sind die<br />
Auswahl und Zusammenstellung geeigneter<br />
Materialien, der belastungs- und<br />
fertigungsgerechte Entwurf des Divertors<br />
einschließlich der Auslegung von<br />
Hochleistungs-Wärmeübertragungsmodulen<br />
sowie Analysen und Experimente,<br />
um die Auslegungsrechnungen zu überprüfen.<br />
Geplant ist auch, ein Divertor-
Testmodul in der zweiten Betriebsphase<br />
von ITER einzusetzen.<br />
Komponenten und Systeme für<br />
den Brennstoffkreislauf und<br />
Vakuumtechnik<br />
Die Brennstoffe Deuterium und Tritium<br />
zirkulieren in einem geschlossenen<br />
Brennstoffkreislauf. Dieser besteht aus<br />
einem äußeren und einem inneren Teil.<br />
Im äußeren Brennstoffkreislauf wird das<br />
im Blanket aus Lithium erbrütete Tritium<br />
durch ein Spülgas ausgetrieben und<br />
von diesem abgetrennt. Im inneren<br />
Brennstoffkreislauf wird zunächst das<br />
Abgas, das aus Helium, Verunreinigungen<br />
und unverbranntem Brennstoff besteht,<br />
mit leistungsfähigen Vakuumpumpen abgesaugt<br />
und der Tritiumanlage zugeführt.<br />
Dort wird das unverbrauchte Deuterium-<br />
Tritium-Gemisch herausgeholt und zusammen<br />
mit Tritium aus dem äußeren Kreislauf<br />
sowie mit von außen zugeführtem<br />
Deuterium in den Torus eingeleitet.<br />
Forscher des <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong>s <strong>Energie</strong> waren<br />
federführend am Entwurf des ITER-<br />
Brennstoffkreislaufs beteiligt und stellen<br />
den überwiegenden Teil des inneren<br />
Brennstoffkreislauf für ITER bereit. Das <strong>KIT</strong><br />
verfügt mit dem Tritiumlabor Karlsruhe<br />
(TLK) über das einzige wissenschaftliche<br />
Labor in der Europäischen Union, das mit<br />
Tritium in technischem Maßstab für<br />
fusionstypische Anwendungen umgeht –<br />
derzeit ist der Betrieb mit bis zu 40 Gramm<br />
Tritium genehmigt.<br />
Um die Anforderungen hinsichtlich von<br />
Magnetfeldern, Tritiumkompatibilität und<br />
Wartungsfreiheit zu erfüllen, bedarf<br />
es spezieller Pumpen. Die Karlsruher<br />
Forscher haben sogenannte Kryopumpen<br />
entwickelt, die auf Basis von Adsorption<br />
oder Kondensation auf extrem kalten<br />
Oberflächen die abzupumpenden Gase als<br />
Schnee ausfrieren. Das Pumpkonzept wurde<br />
in Karlsruhe erfolgreich getestet und ist<br />
für alle Hochvakuumsysteme von ITER bestimmt.<br />
Derzeit entsteht ein Prototyp der<br />
Toruskryopumpe im Maßstab 1:1, der anschließend<br />
im <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> gründ-<br />
Qualitätskontrolle: Das als Tritium-Brutmaterial entwickelte Lithiumorthosilikat wird im<br />
Rasterelektronenmikroskop geprüft.<br />
lich geprüft wird, bevor die Serienfertigung<br />
der zwölf Pumpen freigegeben wird.<br />
Die Kryopumpen für die Heizsysteme<br />
von ITER werden die größten je in einer<br />
Vakuumpumpe realisierten Saugvermögen<br />
besitzen.<br />
Neutronenquelle IFMIF<br />
Strukturmaterialien für plasmanahe<br />
Komponenten eines Fusionsreaktors müssen<br />
einem ständigen Neutronenbeschuss<br />
sowie hohen Betriebstemperaturen und<br />
Kühlmitteldrücken standhalten, müssen<br />
sich mit anderen Materialien wie Kühlmitteln<br />
und Brutmaterialien vertragen und<br />
dürfen der Umweltverträglichkeit wegen<br />
nur gering aktivierbar sein, das heißt<br />
nur wenig radioaktiv werden. Das <strong>KIT</strong>-<br />
<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> ist an der Qualifizierung<br />
solcher Materialien für DEMO federführend<br />
beteiligt. Um geeignete Materialien<br />
zu finden, bedarf es umfangreicher Tests,<br />
vor allem einer Langzeitbestrahlung<br />
durch Neutronen mit fusionsrelevanten<br />
Spektren. Dazu ist eine beschleunigergetriebene<br />
Deuterium-Lithium-Hochfluss-<br />
Neutronenquelle (International Fusion<br />
Materials Irradiation Facility – IFMIF)<br />
geplant, welche die Anforderungen an<br />
Testvolumina, Neutronenfluss und<br />
Strahlungsschäden erfüllt.<br />
Das <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> ist für den<br />
Teilbereich „Test Facilities“ der EU zuständig.<br />
Forschungsarbeiten fokussieren dabei<br />
auf die Entwicklung der Testzelle und<br />
einiger Testmodule sowie auf die neutronenphysikalischen<br />
Berechnungen mit<br />
Generierung von nuklearen Daten.<br />
Sicherheitsforschung<br />
Im Rahmen der Sicherheitsforschung<br />
zur Kernfusion legen die Karlsruher<br />
Forscher hypothetische Störfälle und<br />
daraus folgende Belastungen von<br />
Strukturen zugrunde, stellen umfangreiche<br />
theoretische und experimentelle<br />
Untersuchungen an und simulieren<br />
Verbrennungsvorgänge am Rechner. Die<br />
Sicherheitsuntersuchungen für ITER befassen<br />
sich schwerpunktmäßig mit der<br />
Analyse von Wasserstoffverteilungs-<br />
und Verbrennungsvorgängen. Werden<br />
Grenzwerte überschritten, entwickeln die<br />
Forscher Gegenmaßnahmen und weisen<br />
deren Wirksamkeit in dreidimensionalen<br />
Simulationsrechnungen nach. Außerdem<br />
untersuchen sie die verschiedenen für<br />
ITER relevanten Staubmischungen auf ihre<br />
Explosionseigenschaften und unterwerfen<br />
sie prototypischen Bedingungen für<br />
Aufwirbelung und Verbrennung, um vorhersagefähige<br />
Staubexplosionsmodelle zu<br />
entwickeln.<br />
33
TOPIC 6: KERNENERGIE UND SICHERHEIT<br />
Sicherheitsforschung für Endlager: Untersuchung der<br />
chemischen Form von Actiniden mit hochempfindlicher<br />
Laserspektroskopie.<br />
34<br />
VORSORGENDE<br />
FORSCHUNG<br />
Unabhängig von der Entscheidung über die weitere Nutzung der<br />
Kernenergie in Deutschland hat die Sicherheit kerntechnischer Anlagen<br />
oberste Priorität. Das <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> bildet ein Exzellenzzentrum der<br />
Forschung, Innovation und Lehre auf dem Gebiet der nuklearen Sicherheit.
Um heute und zukünftig den hohen<br />
Sicherheitsstandard der Kernkraftwerke,<br />
die sichere Behandlung und Entsorgung<br />
der radioaktiven Abfälle und den<br />
Strahlenschutz der Bevölkerung zu gewährleisten,<br />
ist hervorragendes wissenschaftlich-technisches<br />
Know-how zwingend<br />
erforderlich. Dazu soll, wie auch die<br />
High-Tech-Strategie der Bundesregierung<br />
vorsieht, die nukleare Sicherheits- und<br />
Endlagerforschung verstärkt werden. In<br />
Deutschland muss Spitzenforschung stets<br />
in enger internationaler Zusammenarbeit<br />
erfolgen. Nur so ist es möglich, den aktuellen<br />
Stand von Wissenschaft und<br />
Technik zu halten und zu verbessern, modernste<br />
Sicherheitsstandards anzuwenden,<br />
aber auch die Sicherheit nuklearer<br />
Einrichtungen in Nachbarländern zu beurteilen.<br />
Unverzichtbar ist die Ausbildung<br />
von hochqualifizierten Wissenschaftlerinnen<br />
und Wissenschaftlern. Nur so<br />
kann die notwendige Kompetenz erhalten<br />
und weiter verstärkt werden, auf die<br />
die Forschung, aber auch Hersteller und<br />
Betreiber von nuklearen Anlagen sowie<br />
Genehmigungs- und Aufsichtsbehörden<br />
und Sachverständigenorganisationen auch<br />
zukünftig angewiesen sind.<br />
Die nukleare Sicherheitsforschung in<br />
Karlsruhe nimmt seit Jahrzehnten eine führende<br />
Rolle ein. Das <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong><br />
stellt mit seinen Arbeiten zur nuklearen<br />
Sicherheit, zur Endlagerung und zur<br />
Strahlenschutzforschung das kerntech-<br />
Kühlexperimente: Bei den QUENCH-Experimenten (Quenching – Abschrecken) in der <strong>KIT</strong>-<br />
Versuchsanlage geht es um das Einleiten von Wasser in den überhitzten Kern eines Leichtwasserreaktors<br />
– eine Schutzmaßnahme zur Temperaturabsenkung.<br />
nische Exzellenzzentrum in Deutschland<br />
dar. Es ist aktiv an allen relevanten internationalen<br />
Projekten und Gremien beteiligt,<br />
gestaltet sie maßgeblich mit und bleibt dadurch<br />
stets auf dem aktuellsten internationalen<br />
Stand. <strong>KIT</strong> strebt die Federführung<br />
bei der Beteiligung von Deutschland an der<br />
internationalen Initiative „Generation IV“<br />
zur Entwicklung der Kernenergiesysteme<br />
der Zukunft an.<br />
Im Topic „Kernenergie und Sicherheit“<br />
des <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong>s <strong>Energie</strong> bearbeiten<br />
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler<br />
im Sinne der gesellschaftlichen Vorsorgeforschung<br />
vier Forschungsfelder: Sicherheit<br />
der Kernreaktoren, Sicherheit der nuklearen<br />
Entsorgung, Strahlenschutz und<br />
Rückbautechniken.<br />
Sicherheit der Kernreaktoren<br />
Forscherinnen und Forscher des <strong>KIT</strong><br />
untersuchen und bewerten wesentliche<br />
internationale Entwicklungen zur Reaktorsicherheit<br />
bestehender sowie zukünftiger<br />
Anlagen und zu neuen Technologien.<br />
35
TOPIC 6: KERNENERGIE UND SICHERHEIT<br />
Bei den neuen Technologien liegt ein<br />
Fokus auf den für die Generation IV von<br />
Kernenergiesystemen zu entwickelnden<br />
Sicherheitskonzepten und dem möglichen<br />
Transmutationspotenzial zum<br />
Schließen des Brennstoffkreislaufs. Ein<br />
geschlossener Brennstoffkreislauf mit<br />
Leichtwasserreaktoren, fortgeschrittenen<br />
Transmutationsanlagen zur Umwandlung<br />
langlebiger Radionuklide und Endlagerung<br />
ermöglicht es, den Brennstoff optimal auszunutzen,<br />
Volumen, Radiotoxizität und<br />
Wärmemenge des in ein Endlager einzubringenden<br />
Abfalls effektiv zu reduzieren<br />
36<br />
Kriterien für Kernreaktoren<br />
der Generation IV<br />
Nachhaltigkeit: möglichst effiziente<br />
Nutzung der verfügbaren<br />
Kernbrennstoffe, Minimierung<br />
radioaktiver Abfälle, Reduzierung<br />
der Langzeit-Radiotoxizität<br />
Wirtschaftlichkeit: wettbewerbsfähige<br />
Kosten und Minimierung der<br />
finanziellen Risiken<br />
Sicherheit: sehr hohe Standards,<br />
äußerst geringe Wahrscheinlichkeit<br />
von schweren Reaktorschäden,<br />
kein Bedarf an Notfallschutzmaßnahmen<br />
außerhalb der<br />
Anlagen<br />
Proliferationsresistenz: hohe<br />
Barrieren gegen die Weiterverbreitung<br />
von spaltbarem Material,<br />
Schutz vor terroristischen Anschlägen<br />
LIVE-Experiment zur Kühlbarkeit der Kernschmelze<br />
im Reaktordruckbehälter.<br />
und bei der Endlagerung von geologischen<br />
zu historischen Zeiträumen überzugehen.<br />
Insgesamt hat die Reaktor- und Anlagenauslegung<br />
eine große Bedeutung. Wissenschaftler<br />
am <strong>KIT</strong> führen Experimente<br />
durch, beispielsweise zur Thermo- und<br />
Fluiddynamik eines Reaktors, die der<br />
Qualifizierung von Rechenprogrammen<br />
und numerischen Methoden dienen. Für<br />
die Sicherheit besonders relevant sind<br />
Prozesse und Phänomene bei Auslegungsstörfällen,<br />
das heißt Störfallereignissen,<br />
gegen die das Kraftwerk ausgelegt ist,<br />
ohne dass aus der Anlage radioaktive<br />
Strahlung oberhalb der zulässigen Grenzwerte<br />
austritt, sowie bei auslegungsüberschreitenden<br />
Störfällen. Dabei geht<br />
es nicht nur darum, den möglichen Ablauf<br />
von Störfällen zu beschreiben, sondern<br />
auch darum, mögliche Maßnahmen zu<br />
entwickeln, die den Störfall frühzeitig beenden<br />
oder dessen Folgen auf die Anlage<br />
selbst begrenzen.<br />
Im Einklang mit dem internationalen<br />
Ausbau der Kernenergie richtet sich die<br />
Forschung des <strong>KIT</strong> zunehmend auf neu<br />
entwickelte kerntechnische Systeme<br />
und Technologien wie beispielsweise im<br />
Generation IV International Forum (GIF).<br />
Diese internationale Forschungskooperation<br />
zur Entwicklung künftiger Kernenergiesysteme<br />
wurde 2001 von zehn Nationen<br />
begründet: Argentinien, Brasilien,<br />
Frankreich, Großbritannien, Japan,<br />
Kanada, Schweiz, Südafrika, Südkorea,<br />
USA. 2003 trat die Europäische Atomgemeinschaft<br />
(EURATOM) bei, 2007 schlossen<br />
die Russische Föderation und China<br />
sich an. Die Kernenergiesysteme der<br />
Generation IV sollen nicht nur Strom erzeugen,<br />
sondern für ein breiteres Anwendungsspektrum<br />
der <strong>Energie</strong>gewinnung,<br />
wie beispielsweise Prozesswärme und<br />
Wasserstoff, zur Verfügung stehen. Das<br />
GIF legte in einer 2002 veröffentlichten<br />
Technology Roadmap die generellen Entwicklungsziele<br />
fest. Demnach sollen die<br />
Kernreaktoren der Generation IV umfangreiche<br />
Kriterien der Nachhaltigkeit,<br />
Wirtschaftlichkeit, Sicherheit und<br />
Proliferationsresistenz erfüllen.<br />
GESA IV: Gepulste Elektronenstrahl-Anlage zur Behandlung von Hüllrohren.
Nukleare Entsorgung<br />
Zur sicheren nuklearen Entsorgung werden<br />
innerhalb des <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong>s <strong>Energie</strong><br />
Forschungsarbeiten zur Immobilisierung<br />
hochradioaktiver Abfälle, zur Reduzierung<br />
der Radiotoxizität und zur Langzeitsicherheit<br />
von nuklearen Endlagern durchgeführt.<br />
Flüssige hochradioaktive Abfälle,<br />
wie sie bei der Wiederaufarbeitung abgebrannter<br />
Kernbrennstoffe anfallen,<br />
werden zur sicheren Endlagerung in einer<br />
Glasmatrix verfestigt. Dazu haben Karlsruher<br />
Forscher eine Verglasungstechnologie<br />
entwickelt, die bei der Immobilisierung<br />
der hochradioaktiven Spaltproduktlösungen<br />
aus der ehemaligen<br />
Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe<br />
(WAK) zum Einsatz kommt und die auch<br />
international in anderen Projekten angewandt<br />
werden soll.<br />
Wenn es gelingt, langlebige Radionuklide<br />
aus radioaktiven Abfällen abzutrennen<br />
(Partitioning) und diese in geeigneten<br />
Anlagen zu kurzlebigen oder stabilen<br />
Produkten umzuwandeln (Transmutation),<br />
kann die Langzeitradiotoxizität der verbleibenden<br />
Abfälle entscheidend reduziert<br />
werden. Im <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> wird in internationaler<br />
Kooperation untersucht, ob<br />
Partitioning und Transmutation technisch<br />
machbar sind und welche Vorteile diese<br />
Schmelzofenzelle der Prototypverglasungsanlage.<br />
Durchflussmesser für Flüssigmetallströme.<br />
Technologie für die Entsorgung langlebiger<br />
Radionuklide bietet.<br />
Die Endlagerung radioaktiver Abfälle in<br />
tiefen geologischen Formationen hat<br />
das Ziel, die Abfälle langfristig von<br />
Glasabfüllung in eine Edelstahlkokille.<br />
der Biosphäre zu isolieren. Die <strong>KIT</strong>-<br />
Wissenschaftler entwickeln die<br />
Grundlagen für einen wissenschaftlich<br />
fundierten Langzeitsicherheitsnachweis.<br />
Im Mittelpunkt stehen die Actiniden und<br />
langlebigen Spaltprodukte, die für das<br />
37
TOPIC 6: KERNENERGIE UND SICHERHEIT<br />
Heiße Zellen: Mit Fernhantierungstechnik werden hochradioaktive Abfallprodukte untersucht.<br />
Radiotoxizitätspotenzial hochradioaktiver<br />
Abfälle über hunderttausende<br />
von Jahren verantwortlich sind. Die <strong>KIT</strong>-<br />
Forscher untersuchen geochemisch-physikalische<br />
Prozesse, die für Freisetzung oder<br />
Rückhaltung der Radionuklide unter<br />
Endlagerbedingungen verantwortlich<br />
sind. Diese grundlegenden Arbeiten sind<br />
eng mit anwendungsorientierten Untersuchungen<br />
an echten radioaktiven<br />
Abfällen sowie mit Untersuchungen unter<br />
naturnahen Bedingungen verknüpft,<br />
beispielsweise in Untertagelabors in<br />
Schweden, in der Schweiz und in<br />
Frankreich. Die Forschungsergebnisse fließen<br />
ein in die Bewertung, Auswahl und<br />
Untersuchung von Endlagerstandorten bis<br />
hin zu einem geochemisch fundierten<br />
Langzeitsicherheitsnachweis. Die<br />
Karlsruher Forscher verfügen auf dem <strong>KIT</strong>-<br />
Campus Nord über aufwendige experimentelle<br />
Einrichtungen, wie Kontrollbereiche,<br />
Actinidenlabors und Heiße<br />
Zellen, die in Kombination mit analytischen<br />
und spektroskopischen Methoden zur<br />
Untersuchung radioaktiver Stoffe weltweit<br />
einmalig sind.<br />
38<br />
Strahlenschutz<br />
Im Rahmen des Vorsorgegebots haben<br />
Karlsruher Forscher das Echtzeit-Entscheidungshilfesystem<br />
RODOS (Real-time<br />
Online DecisiOn Support) für Notfallschutzzentralen<br />
entwickelt, das bei<br />
Freisetzungen von radioaktiven Stoffen in<br />
die Umwelt die Entscheidungsträger unterstützt,<br />
diejenigen Maßnahmen zu identifizieren,<br />
die den größtmöglichen Schutz der<br />
Bevölkerung vor Strahlenschäden gewähr-<br />
Computersimulationen: ein Hilfsmittel im Strahlenschutz.<br />
leisten. Das RODOS System ist in vielen europäischen<br />
Ländern installiert und wird in<br />
der Bundesrepublik Deutschland operationell<br />
vom Bundesamt für Strahlenschutz<br />
betrieben.<br />
Die Strahlenschutzforschung im <strong>KIT</strong> befasst<br />
sich mit Radionukliden in der Umwelt,<br />
ihrem Transport in Nahrungsketten zum<br />
und im Menschen sowie mit Strahlenexpositionen<br />
durch Anwendung von<br />
Radionukliden in der Medizin. Im Mittelpunkt<br />
steht der Mensch mit seinen<br />
individuellen anatomischen und physiologischen<br />
Besonderheiten. Die Wissenschaftler<br />
entwickeln Verfahren, um<br />
Strahlenexpositionen des betroffenen<br />
Menschen zu ermitteln, und empfehlen<br />
Maßnahmen zum Strahlenschutz.<br />
Zur Messung von Radionukliden in der<br />
Umwelt und zur Ermittlung der Strahlenexposition<br />
in Photonen-, Neutronen-<br />
und Beta-Strahlungsfeldern verfügt das<br />
<strong>KIT</strong> über umfangreiche Detektor- und<br />
Auswertesysteme. In einem speziellen In-<br />
Vivo-Messlabor sind ein Ganzkörperzähler<br />
und verschiedene Teilkörperzähler zum<br />
Nachweis von Radionukliden im menschlichen<br />
Körper vorhanden.
Rückbautechniken<br />
Das <strong>KIT</strong> betreibt das derzeit größte deutsche<br />
Versuchsfeld zum Rückbau kerntechnischer<br />
Anlagen. Ein Schwerpunkt liegt<br />
auf Kernreaktoren mit unterschiedlichen<br />
Kühlmitteln wie Wasser, Schwerwasser,<br />
Gas oder Flüssigmetall. Die technologische<br />
Weiterentwicklung ist auf eine intelligente,<br />
rückbaufreundliche Konstruktion von kerntechnischen<br />
Anlagen sowie den Rückbau<br />
von modernen Leichtwasserreaktoren<br />
selbst ausgerichtet.<br />
Ausstattung<br />
Das <strong>KIT</strong> verfügt über vielfältige Versuchseinrichtungen<br />
für die Forschung zur<br />
nuklearen Sicherheit, die zum Teil einzigartig<br />
in Europa sind.<br />
Dazu gehören Wasserversuchsstände zur<br />
Untersuchung relevanter Phänomene<br />
in Leichtwasserreaktoren, ein Wasserstofftechnikum,<br />
Großversuchsanlagen zu auslegungsüberschreitenden<br />
Störfällen, das<br />
Flüssigmetalllabor Karlsruhe (KALLA), sowie<br />
die Hochtemperatur-Hochdruck-<br />
Heliumkreisläufe HEBLO im Labormaßstab<br />
und HELOKA im Technikumsmaßstab.<br />
Für die Sicherheitsforschung zur nuklearen<br />
Entsorgung stehen ein Actinidenlabor<br />
und ein kerntechnischer Kontrollbereich<br />
sowie die INE-Actinidenbeamline an der<br />
Synchrotronstrahlungsquelle ANKA zur<br />
Verfügung.<br />
Der Bereich Strahlenschutz besitzt eine<br />
eigene Kalibrierhalle für β-Teilchen,<br />
Photonen und Neutronen sowie Radon.<br />
Im Wasserstofftechnikum führen <strong>KIT</strong>-Wissenschaftler Experimente zur Wasserstoffverteilung<br />
und -verbrennung für die Sicherheit von Kernreaktoren durch. In großen Drucktank-Explosionslaboren<br />
lassen sich unterschiedliche Unfallszenarien nachstellen und untersuchen.<br />
39
TOPIC 7: ENERGIESYSTEMANALYSE<br />
Düsseldorf bei Nacht: Die <strong>Energie</strong>systeme einer<br />
Großstadt sind vielfältig miteinander verknüpft.<br />
40<br />
DAS GANZE IM BLICK<br />
<strong>Energie</strong>systeme sind untereinander vielfältig verknüpft und stehen<br />
in Wechselwirkung mit technischen, sozialen und ökonomischen<br />
Entwicklungen. Das Ganze im Blick zu behalten ist unabdinglich, um<br />
Zusammenhänge zu verstehen und Konzepte für die Zukunft zu entwickeln.<br />
Daher verfolgt die <strong>Energie</strong>systemanalyse am <strong>KIT</strong> interdisziplinäre Ansätze.
Die Nachfrage nach <strong>Energie</strong> steigt, die fossilen<br />
Ressourcen sind begrenzt, das Klima<br />
wandelt sich – wie kann der <strong>Energie</strong>mix<br />
der Zukunft aussehen? Über die Forschung<br />
zu spezifischen Technologien und einzelnen<br />
Technologiefeldern hinaus befassen<br />
sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler<br />
am <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> mit<br />
Gesamtsystemfragen. Die Analyse von<br />
<strong>Energie</strong>systemen in ihrer Gesamtheit und<br />
unter wechselseitigen Einflüssen dient zum<br />
einen dazu, einen langfristigen Rahmen<br />
zu erarbeiten und stetig fortzuentwickeln,<br />
an dem sich die weitere Ausrichtung<br />
der im <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> behandelten<br />
Themen orientiert. Zum anderen geht<br />
es darum, Modelle und Konzepte für die<br />
<strong>Energie</strong>versorgung der Zukunft zu entwickeln.<br />
In beiden Zielen inbegriffen ist das<br />
Anliegen, einen Beitrag zur gesellschaftlichen<br />
Meinungsbildung zu leisten.<br />
Wie der <strong>Energie</strong>mix der Zukunft aussehen<br />
kann, hängt von verschiedenen Faktoren<br />
ab. Dazu gehören einerseits Entwicklungen<br />
in der <strong>Energie</strong>technik selbst, aber auch in<br />
Schlüsseltechnologien wie beispielsweise<br />
Materialforschung und Nanowissenschaft,<br />
andererseits natürliche Bedingungen wie<br />
die Endlichkeit fossiler <strong>Energie</strong>n und der<br />
Klimawandel. Weiterhin sind gesellschaftliche<br />
Größen wie demografischer Wandel,<br />
aufholende Entwicklung in Entwicklungs-<br />
und Schwellenländern und die Forderung<br />
nach Nachhaltigkeit einzubeziehen.<br />
Schließlich kommt auch den politischen<br />
und ökonomischen Rahmengegebenheiten<br />
wesentliche Bedeutung zu, besonders den<br />
Bedingungen, unter denen technische<br />
Innovationen sich in den Märkten umsetzen<br />
lassen.<br />
Interdisziplinäre Ansätze<br />
Eine solch komplexe Thematik erfordert<br />
interdisziplinäre Ansätze. Das <strong>KIT</strong>-<br />
<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong> bringt daher technik-,<br />
natur-, sozial- und wirtschaftswissenschaftliche<br />
Kompetenzen systematisch<br />
zusammen. So fließen Sachwissen aus<br />
verschiedenen Disziplinen und methodische<br />
Kenntnisse zur Modellierung in die<br />
<strong>Energie</strong>systemanalyse ein. Dieses Topic<br />
Systemanalyse<br />
Ein System besteht aus in eine Struktur gefügten Elementen, die aufeinander bezogen<br />
sind und wechselseitig aufeinander wirken. Jedes System lässt sich als Einheit<br />
betrachten, ist von seiner Umwelt abgegrenzt und tauscht sich zugleich mit dieser<br />
aus. Es zeichnet sich durch Kontinuität und Stabilität, aber auch durch Dynamik<br />
aus. Systemanalyse verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz. Dabei konstruiert der<br />
Untersuchende ein Modell des Systems, indem er die relevanten Elemente und<br />
Beziehungen auswählt und damit ein abstrahiertes Abbild der Wirklichkeit schafft.<br />
Anhand eines solchen Modells lassen sich Aussagen über vergangene und zukünftige<br />
Entwicklungen des Systems in bestimmten Szenarien treffen.<br />
steht in ständigem Austausch mit den anderen<br />
Topics im <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong>.<br />
Spezielle Task Forces mit Vertretern der jeweils<br />
betroffenen Topics erarbeiten gesichertes<br />
Wissen über Potenziale einzelner<br />
Techniklinien und spezifische<br />
<strong>Energie</strong>zukünfte. Zudem besitzt das Topic<br />
„<strong>Energie</strong>systemanalyse“ einen besonders<br />
engen Bezug zum Forschungsfeld „<strong>Energie</strong><br />
und Gesellschaft“.<br />
<strong>Energie</strong>systemanalyse erstreckt sich auf<br />
übergreifende Aspekte entlang der ganzen<br />
Kette der Erschließung, Umwandlung,<br />
Speicherung, Verteilung und Nutzung<br />
von <strong>Energie</strong>. Die Wissenschaftler des <strong>KIT</strong><br />
betrachten <strong>Energie</strong>systeme in ihrer<br />
Gesamtheit und in ihren Wechselwirkungen<br />
mit anderen Bereichen wie<br />
Rohstoffwirtschaft, Bauwesen, Industrie<br />
und Verkehr. Sie entwickeln Modelle von<br />
<strong>Energie</strong>systemen und koppeln sie an mesoskalige<br />
Modelle von atmosphärischen<br />
Prozessen wie auch an makroökonomische<br />
Modelle, das heißt Abbildungen von gesamtwirtschaftlichen<br />
Zusammenhängen.<br />
Auch untersuchen sie die Wechselwirkungen<br />
von <strong>Energie</strong>systemen mit Megatrends<br />
wie Digitalisierung oder Globalisierung.<br />
Zusätzlich berücksichtigen sie Sektoren wie<br />
Industrie und Verkehr hinsichtlich der<br />
CO 2 -Minderungsziele, der Reduzierung<br />
sonstiger Treibhausgase und der Schadstoffverringerung.<br />
Sie untersuchen und<br />
bewerten Konzepte zum Nachfragemanagement<br />
und ihre Auswirkungen<br />
auf Stabilität der <strong>Energie</strong>systeme,<br />
Versorgungssicherheit und Preise. Die<br />
Interregionaler Stromaustausch im europäischen <strong>Energie</strong>system: Dieser ist seit der Liberalisierung<br />
der <strong>Energie</strong>märkte signifikant angestiegen.<br />
41
TOPIC 7: ENERGIESYSTEMANALYSE<br />
Ergebnisse aus diesen Forschungsfeldern<br />
gehen in übergreifende Modelle und in die<br />
Entwicklung konsistenter <strong>Energie</strong>zukünfte<br />
ein. Im Einzelnen erarbeiten Forscherinnen<br />
und Forscher am <strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong><br />
<strong>Energie</strong>systemmodelle zum Planen von<br />
Kraftwerkseinsatz und -ausbau. Weiterhin<br />
analysieren sie die langfristige Entwicklung<br />
von <strong>Energie</strong>systemen unter unsicheren<br />
Rahmenbedingungen, untersuchen und<br />
bewerten Prozessketten der Wärme-,<br />
Strom- und Kraftstoffbereitstellung sowie<br />
politische Instrumente und nehmen<br />
Marktanalysen für energietechnische<br />
Produkte und <strong>Energie</strong>dienstleistungen vor.<br />
Analyse von<br />
Zukunftsvorstellungen<br />
Solche Projekte erfordern die Kompetenz,<br />
konsistente und objektivierbare Zukunftsvorstellungen<br />
zu gestalten und zu beurteilen.<br />
Erste Grundlagen dafür schafft eine<br />
von der Industrie und vom <strong>KIT</strong> gemeinsam<br />
getragene Forschergruppe (Shared<br />
Research Group – SRG), die sich mit der<br />
Objektivierbarkeit von Zukunftsannahmen<br />
am Beispiel der <strong>Energie</strong>zukünfte befasst.<br />
<strong>Energie</strong>infrastrukturen verursachen hohe<br />
Investitionen, und einmal errichtete Großanlagen<br />
werden üblicherweise lange<br />
Zeit betrieben, so dass Entscheidungen<br />
im <strong>Energie</strong>bereich die zukünftigen Verhältnisse<br />
langfristig bestimmen oder zumindest<br />
beeinflussen. Dazu kommt,<br />
dass <strong>Energie</strong> zentrale Bedeutung für das<br />
Funktionieren moderner Volkswirtschaften<br />
42<br />
Megatrend<br />
Gesellschaftliche oder technologische<br />
Trends, die sich über lange<br />
Zeitabschnitte und große geographische<br />
Räume erstrecken, dabei<br />
tiefgreifend und nachhaltig wirken,<br />
heißen Megatrends. Beispiele sind<br />
Globalisierung, Alterung der Gesellschaft,<br />
Digitalisierung und Informatisierung.<br />
besitzt. Daher liegen für <strong>Energie</strong>forschung<br />
und <strong>Energie</strong>bereitstellung bereits zahlreiche<br />
aufwendig erstellte Zukünfte vor.<br />
Beispiele sind die Shell-Szenarien und die<br />
BP-Szenarien, die Szenarien des World<br />
Energy Council und der Internationalen<br />
<strong>Energie</strong>agentur der OECD sowie die laufend<br />
fortgeschriebenen <strong>Energie</strong>szenarien<br />
der Prognos AG. Auch das <strong>KIT</strong> selbst<br />
erstellt Szenarien auf der Basis von<br />
Modellen. Die Shared Research Group<br />
setzt sich mit diesen und weiteren bereits<br />
vorliegenden <strong>Energie</strong>zukünften auseinander.<br />
Diese Forschergruppe, die philosophische,<br />
wirtschafts- und technikwissenschaftliche<br />
Ansätze miteinander verbindet,<br />
soll <strong>Energie</strong>zukünfte wie Prognosen,<br />
Szenarien oder Visionen wissenstheoretisch<br />
und wissenschaftstheoretisch analysieren.<br />
Langfristig soll daraus eine Basis<br />
von Konzepten und Kriterien für eine allgemeine<br />
Theorie des Zukunftswissens erwachsen.<br />
Eine solche allgemeine Theorie<br />
erfordert, Zukünfte und ihre Bestandteile<br />
zu klassifizieren, Fragen der Geltung und<br />
der Objektivität zu diskutieren sowie<br />
verschiedene Voraussetzungstypen zu<br />
identifizieren. Auf der Ebene konkreter<br />
<strong>Energie</strong>zukünfte geht es darum, spezifische<br />
Modelle und Szenarien im<br />
<strong>Energie</strong>bereich zu untersuchen und mit<br />
dem erarbeiteten allgemeinen begrifflichen<br />
Instrumentarium eine Typologie der<br />
<strong>Energie</strong>zukünfte unter Aspekten der<br />
Objektivität zu erstellen – wobei Objektivität<br />
nicht das Eintreten der erwarteten<br />
Zukünfte bedeuten kann, sondern deren<br />
wissensbasierte Gestaltung. Zusätzlich<br />
gilt es, die relevanten Ad-hoc-Annahmen,<br />
Werte, Interessen und Kontroversen zu<br />
analysieren, die hinter divergierenden<br />
<strong>Energie</strong>zukünften stehen. Das erarbeitete<br />
Instrumentarium soll sich längerfristig<br />
auch auf anderen Technikfeldern einsetzen<br />
lassen.<br />
Methodisch greift die Forschergruppe<br />
„<strong>Energie</strong>zukünfte“ auf Verfahren der<br />
Wissenschaftstheorie und der Argumentationstheorie<br />
zurück, beispielsweise<br />
Großkraftwerke spielen auch heute noch eine zentrale Rolle in der <strong>Energie</strong>versorgung.
Lichternetz über der nördlichen Hemisphäre.<br />
die rationale Rekonstruktion und die<br />
Diskursanalyse, und entwickelt sie ihren<br />
Zwecken entsprechend weiter. Was die<br />
konkreten <strong>Energie</strong>zukünfte betrifft, betrachten<br />
die Forscher am <strong>KIT</strong> zunächst<br />
die vorhandenen Zukunftsvorstellungen<br />
auf der nationalen und der europäischen<br />
Ebene, bevor sie ihre Untersuchungen<br />
auf die globale Ebene erweitern. Über<br />
die Forschergruppe hinaus ist vorgesehen,<br />
die Rolle von <strong>Energie</strong>zukünften in<br />
der <strong>Energie</strong>politik und beim Festlegen einer<br />
Agenda der <strong>Energie</strong>forschung zu betrachten.<br />
<strong>Energie</strong>märkte im Wandel<br />
Die Struktur von <strong>Energie</strong>systemen und<br />
die <strong>Energie</strong>märkte unterliegen seit einigen<br />
Jahren einem Wandel, der auch in<br />
den nächsten Jahren weitergehen wird.<br />
Zurückzuführen ist dies auf technische<br />
Innovationen ebenso wie auf legislative<br />
Rahmenbedingungen auf nationaler und<br />
internationaler Ebene – als Beispiel sei der<br />
Emissionsrechtehandel genannt –, welche<br />
die Wettbewerbsfähigkeit verschiedener<br />
<strong>Energie</strong>technologien beeinflussen.<br />
Verbesserte <strong>Energie</strong>managementsysteme<br />
und informationstechnische Unterstützung<br />
lassen erwarten, dass Endkunden beim<br />
Stromkauf flexibler agieren. Die Förderung<br />
von erneuerbaren <strong>Energie</strong>n und ener-<br />
gieeffizienten Technologien – Beispiel<br />
Kraft-Wärme-Kopplung – führt zu<br />
<strong>Energie</strong>systemen, in denen konventionelle<br />
Großanlagen und viele dezentrale Anlagen<br />
nebeneinander bestehen.<br />
Angesichts der sich wandelnden energiewirtschaftlichen<br />
Rahmenbedingungen und<br />
der neuen wettbewerblichen Gegebenheiten<br />
benötigen alle Marktteilnehmer –<br />
<strong>Energie</strong>versorger und Endkunden, intermediäre<br />
Akteure und Kontrollinstanzen –<br />
verstärkt strategische Modelle, die sie bei<br />
Entscheidungen unterstützen. Mit<br />
solchen Modellen befasst sich die Nachwuchsforschergruppe<br />
(Young Investigator<br />
Group – YIG) „Neue methodische<br />
Ansätze im <strong>Energie</strong>bereich“ des <strong>KIT</strong>.<br />
Unsicherheiten und ihre Auswirkungen auf die Planung in der <strong>Energie</strong>versorgung.<br />
43
TOPIC 7: ENERGIESYSTEMANALYSE<br />
Anhand von Analysen der liberalisierten<br />
<strong>Energie</strong>märkte entwickelt diese Nachwuchsforschergruppe<br />
vorhandene Modelle<br />
methodisch weiter. Dabei berücksichtigen<br />
die Forscherinnen und Forscher technoökonomische<br />
und ökologische Charakteristika<br />
von <strong>Energie</strong>technologien, um<br />
Wechselwirkungen zwischen <strong>Energie</strong>umwandlung<br />
und Umweltzielen angemessen<br />
zu erfassen. Sie nehmen die<br />
Modellierungen mit variablem Zeithorizont<br />
auf geeigneten Aggregationsebenen wie<br />
Anlage, Betrieb oder Region vor, und zwar<br />
auf der operationalen Ebene ebenso wie<br />
auf der taktischen und auf der strategischen<br />
Ebene.<br />
Die Nachwuchsforschergruppe bearbeitet<br />
beispielsweise Fragen der künftigen<br />
Ausgestaltung des Emissionsrechtehandels,<br />
das heißt der Zuteilungsregeln, sowie der<br />
Integration von dezentralen <strong>Energie</strong>umwandlungstechnologien.<br />
Um Struktur<br />
und Rahmenbedingungen von <strong>Energie</strong>systemen<br />
adäquat in Modellen abzubilden,<br />
entwickeln die Forscher drei methodische<br />
Ansätze weiter: die stochastische<br />
Programmierung, ein generischer Ansatz<br />
zur Lösung von Problemen unter unsicheren<br />
Einflüssen, die agentenbasierte<br />
Simulation, welche verschiedene Agenten<br />
mit individuellen Zielen, Entscheidungs-<br />
und Handlungsmöglichkeiten in ihrer<br />
Wasserkraft leistet einen wichtigen Beitrag<br />
zur Netzstabilität.<br />
44<br />
Interaktion mit dem System abbildet, sowie<br />
Nodal-Pricing-Modelle, bei denen das<br />
gesamte Netz nach Netzknotenpunkten in<br />
einzelne Mikromärkte gesplittet wird.<br />
<strong>Energie</strong>- und Stoffströme<br />
Ein weiteres Ziel des Topics ist die technische<br />
und wirtschaftliche Analyse von<br />
<strong>Energie</strong>- und Stoffströmen, um strategische<br />
und umweltrelevante Fragen<br />
zu beantworten. Dabei betrachten die<br />
Wissenschaftler am <strong>KIT</strong> <strong>Energie</strong>- und<br />
Stoffströme von Nationen oder Regionen<br />
wie auch von einzelnen Unternehmen.<br />
Strategische Fragen beziehen sich beispielsweise<br />
auf die Planung von Kapazitätsausbau<br />
und Kapazitätseinsatz, die<br />
Bezugsoptimierung und die Technologiebewertung.<br />
Umweltrelevante Fragen<br />
betreffen unter anderem Emissionsminderungsstrategien<br />
und Instrumentenbewertung.<br />
Um Entscheidungen zu unterstützen,<br />
haben Forscher des <strong>KIT</strong> ein spezielles<br />
Programmpaket entwickelt: PERSEUS<br />
(Program Package for Emission Reduction<br />
Strategies in Energy Use and Supply) besteht<br />
aus verschiedenen Modulen, die<br />
sich nach methodischen wie auch nach<br />
anwendungsorientierten Kriterien ein-<br />
teilen lassen. Aus den Modulen lassen<br />
sich optimierende individuelle <strong>Energie</strong>-<br />
und Stoffflussmodelle zusammenstellen,<br />
die auf die jeweiligen Anforderungen<br />
– beispielsweise auf den Bilanzraum<br />
oder auf die Detailabbildung von<br />
Technologien – genau abgestimmt sind.<br />
PERSEUS ermöglicht die Entwicklung von<br />
<strong>Energie</strong>versorgungsstrategien unter<br />
Berücksichtigung aller relevanten <strong>Energie</strong>-<br />
und Stoffströme. Abgebildet wird der<br />
gesamte <strong>Energie</strong>bereich von den Ressourcen<br />
über verschiedene Stufen der <strong>Energie</strong>umwandlung<br />
bis hin zur Bereitstellung von<br />
Endenergien.<br />
Forschung für den <strong>Energie</strong>mix von morgen: Natürliche, demographische, politische, soziale<br />
und ökonomische Faktoren fließen mit in die <strong>Energie</strong>systemanalyse ein.
Gesellschaftliche Aspekte<br />
Der Erfolg technischer Innovationen hängt<br />
mit davon ab, dass die gesellschaftlichen<br />
Zusammenhänge und Einflüsse angemessen<br />
erfasst und eingeschätzt werden.<br />
Dies betrifft nicht nur ökonomische Verhältnisse<br />
sowie politische und rechtliche<br />
Rahmenbedingungen, sondern auch<br />
soziale und ethische Aspekte, die<br />
Problemwahrnehmung in der Öffentlichkeit<br />
und Fragen der Technikakzeptanz<br />
in der Bevölkerung.<br />
Die Erforschung der gesellschaftlichen<br />
Faktoren dient dazu, das Innovationspotenzial<br />
von <strong>Energie</strong>technologien zu<br />
beurteilen sowie entscheidungs- und<br />
handlungsrelevantes Wissen für die<br />
Gesellschafts- und Politikberatung bereitzustellen,<br />
auch und gerade im Kontext der<br />
europäischen Regulierungen. Dabei geht<br />
es einerseits darum, die Folgen von technischen<br />
Entwicklungen für die Gesellschaft<br />
zu untersuchen, das heißt die Chancen<br />
und Risiken dieser Entwicklungen festzustellen,<br />
andererseits aber auch darum,<br />
den aus gesellschaftlichen Anforderungen<br />
erwachsenden Bedarf an technischen<br />
Entwicklungen zu ermitteln. Beispiele für<br />
solche Anforderungen liefern der demografische<br />
Wandel oder die Forderung nach<br />
Nachhaltigkeit. Zu diesem Forschungsfeld<br />
gehört auch, Wirkungen möglicher regulatorischer<br />
Anreize sowie bereits vorhandener<br />
Bestimmungen auf <strong>Energie</strong>märkte<br />
und <strong>Energie</strong>unternehmen zu untersuchen.<br />
Dazu ist eine enge Kooperation mit dem<br />
entstehenden <strong>KIT</strong>-Schwerpunkt „Mensch<br />
und Technik“ vereinbart.<br />
Konkrete Projekte beziehen sich beispielsweise<br />
auf nachhaltige <strong>Energie</strong>versorgung<br />
in Megastädten, auf gesellschaftliche<br />
Fragen der Geothermie sowie auf Fusions-<br />
und Preiskontrolle im <strong>Energie</strong>sektor.<br />
Neben Großanlagen werden zukünftig auch dezentrale Stromerzeugungstechnologien eine<br />
wichtige Rolle im <strong>Energie</strong>system spielen.<br />
Informations- und Kommunikationstechnologien werden auch bei der <strong>Energie</strong>systemanalyse<br />
immer wichtiger.<br />
Internationale Projekte<br />
Die am <strong>KIT</strong> gewonnenen Erkenntnisse,<br />
besonders zur zukünftigen <strong>Energie</strong>versorgung,<br />
zur <strong>Energie</strong>systemmodellierung,<br />
zur Nachhaltigkeit und zu den<br />
erneuerbaren <strong>Energie</strong>n fließen auch in internationale<br />
Projekte ein, vor allem auf<br />
EU-Ebene sowie in Südostasien und<br />
Südamerika. Ein Beispiel ist das von der<br />
Europäischen Union gestartete „ASEM-<br />
Green Independent Power Producers<br />
Network“, das sich mit Projekte zu erneuerbaren<br />
<strong>Energie</strong>n beschäftigt und Akteure<br />
aus Forschung, Industrie und Politik zusammenbringt.<br />
Ziel ist der Wissens- und<br />
Erfahrungsaustausch zwischen Europa und<br />
Südostasien über Projektstrukturen und<br />
Finanzierungsansätze, Technologien und<br />
Ressourcen, politische Instrumente und<br />
Regulierung.<br />
Das Projekt „Regional Energy Policy<br />
and Planning in ASEAN for Sustainable<br />
Development“ (REPP-ASD) zielt darauf<br />
ab, Erfahrungen und Kompetenzen beim<br />
Formulieren und Implementieren von<br />
Politikansätzen und Indikatoren zur nachhaltigen<br />
Entwicklung im <strong>Energie</strong>bereich<br />
von der Europäischen Union auf die<br />
ASEAN Region zu übertragen.<br />
45
KARLSRUHER INSTITUT FÜR TECHNOLOGIE (<strong>KIT</strong>)<br />
Das Karlsruher Institut für Technologie ist<br />
der Zusammenschluss der Universität<br />
Karlsruhe (TH) und des Forschungszentrums<br />
Karlsruhe. Im <strong>KIT</strong> bündeln zwei<br />
starke Partner ihre Kompetenzen und<br />
Ressourcen zu einer Einrichtung mit zwei<br />
Missionen: einer Universität des Landes<br />
Baden-Württemberg mit Aufgaben in<br />
Lehre und Forschung und eines nationalen<br />
Forschungszentrums in der Helmholtz-<br />
Gemeinschaft mit programmorientierter<br />
Vorsorgeforschung im Auftrag des Staates.<br />
Das <strong>KIT</strong> setzt auf das Wissensdreieck<br />
Forschung, Lehre und Innovation.<br />
Das <strong>KIT</strong>, das am 1. Oktober 2009 gegründet<br />
wurde, ist eine Körperschaft des öffentlichen<br />
Rechts nach den Gesetzen des<br />
Landes Baden-Württemberg mit knapp<br />
9000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
und einem Jahresbudget von rund 680<br />
Millionen Euro. Damit wurde ein Konzept<br />
in die Tat umgesetzt, das in der deutschen<br />
Wissenschaftslandschaft einmalig ist.<br />
Räumlich gliedert sich das <strong>KIT</strong> in den<br />
Campus Süd – das Gelände der ehemaligen<br />
Universität in der Karlsruher<br />
Innenstadt – und den Campus Nord –<br />
das Gelände des ehemaligen Forschungszentrums<br />
nördlich der Stadt Karlsruhe.<br />
46<br />
Durch die Fusion zum <strong>KIT</strong> entstand in<br />
Karlsruhe eine der weltweit größten<br />
Forschungs- und Lehreinrichtungen mit<br />
dem Potenzial auf ausgewählten<br />
Forschungsgebieten eine weltweite<br />
Spitzenposition einzunehmen. Das Ziel<br />
ist eine Institution international herausragender<br />
Forschung in den Natur- und<br />
Ingenieurwissenschaften sowie hervorragender<br />
Lehre, Nachwuchsförderung<br />
und Weiterbildung. <strong>KIT</strong> setzt als Innovationspartner<br />
auf die enge Kooperation<br />
mit der Wirtschaft. Das <strong>KIT</strong> ist ein führendes<br />
europäisches <strong>Zentrum</strong> in der<br />
<strong>Energie</strong>forschung und spielt eine weltweit<br />
sichtbare Rolle in den Nanowissenschaften.<br />
<strong>KIT</strong>-Zentren und <strong>KIT</strong>-Schwerpunkte bündeln<br />
die Forschungsprojekte organisatorisch.<br />
Sie dienen der thematischen<br />
Profilierung der Forschung und der strategischen<br />
Forschungsplanung am <strong>KIT</strong>.<br />
<strong>KIT</strong>-Zentren:<br />
<strong>Energie</strong><br />
NanoMikro<br />
Elementarteilchen- und Astro-<br />
teilchenphysik<br />
Klima und Umwelt<br />
Mobilitätssysteme<br />
<strong>KIT</strong>-Schwerpunkte:<br />
COMMputation<br />
Optik und Photonik<br />
Mensch und Technik<br />
Anthropomatik und Robotik<br />
Die Grundlage der Forschung des <strong>KIT</strong><br />
bildet das Kompetenzportfolio bestehend<br />
aus sechs Kompetenzbereichen, in dem<br />
sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler<br />
des <strong>KIT</strong> entsprechend ihrem<br />
Fachwissen Kompetenzfeldern zuordnen.<br />
Das Kompetenzportfolio des <strong>KIT</strong> entwickelt<br />
sich dynamisch fort und greift<br />
neue wissenschaftliche Fragestellungen<br />
auf.<br />
<strong>KIT</strong>-Kompetenzbereiche:<br />
Materie und Materialien<br />
Erde und Umwelt<br />
Angewandte Lebenswissenschaften<br />
Systeme und Prozesse<br />
Information, Kommunikation und<br />
Organisation<br />
Technik, Kultur und Gesellschaft
Impressum<br />
Karlsruher Institut für Technologie<br />
Kaiserstraße 12<br />
76131 Karlsruhe<br />
Presse, Kommunikation und Marketing (PKM)<br />
Telefon 0721 608-47414 oder<br />
Telefon 0721 608-22861<br />
E-Mail info@kit.edu<br />
<strong>KIT</strong> – Universität des Landes Baden-Württemberg<br />
und nationales Forschungszentrum in der<br />
Helmholtz-Gemeinschaft<br />
Karlsruhe<br />
© <strong>KIT</strong> 2011<br />
Redaktion Monika Landgraf<br />
Text Dr. Sibylle Orgeldinger<br />
Bildredaktion Gabi Zachmann, Monika<br />
Landgraf, Wilfrid Schroeder<br />
Fotos Hans-Jörg Bauer, Patrick Beuchert,<br />
Markus Breig, Victor S. Brigola, Paul Coerten,<br />
EnBW AG, Andrea Fabry, Sandra Göttisheim,<br />
IPP Garching, ITER, Karlsruher Institut für<br />
Technologie, Helena Kunz, Martin Lober,<br />
Miro Mineraloelraffinerie Oberrhein GmbH &<br />
Co. KG, NASA, photocase.de, Photodisc, Dirk<br />
Schlottmann, Siemens Energy, Gabi Zachmann<br />
Titelbild Wilfrid Schroeder<br />
Gestaltung, Layout Wilfrid Schroeder<br />
Druck Karl Elser Druck GmbH, Mühlacker<br />
Juni 2011<br />
<strong>KIT</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Energie</strong><br />
Geschäftsstelle:<br />
Dr. Wolfgang Breh 0721 608-25540<br />
E-Mail: wolfgang.breh@kit.edu<br />
Weitere Information:<br />
www.energie.kit.edu<br />
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48<br />
www.kit.edu