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Ich kenne die Welt, in der ›Keine Angst‹ spielt, von innen - WDR.de

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12<br />

Interview | 12 W<strong>in</strong>ter<br />

»Man kann Glück überall f<strong>in</strong><strong>de</strong>n«<br />

Michelle Barthel über <strong>de</strong>n Wert <strong>von</strong> Freundschaft und Familie, <strong>die</strong> Parallelen zwischen ihr<br />

und Becky und ihr Verhältnis zu Carolyn Sophia Genzkow, Max Hegewald und Aelrun Goette.<br />

Michelle Barthel, Sie leben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ganz an<strong><strong>de</strong>r</strong>en sozialen Umfeld<br />

als ihre Figur Becky. Wie haben Sie sich <strong>in</strong> <strong>die</strong>se völlig unterschiedlichen<br />

lebensumstän<strong>de</strong> h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>versetzt?<br />

Wir haben im 14. Stock e<strong>in</strong>es Hochhauses gedreht, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em so<br />

genannten sozialen Brennpunkt. Das Umfeld, <strong>in</strong> <strong>de</strong>m wir uns dort<br />

bewegt haben, hat uns schon ziemlich stark geprägt. <strong>Ich</strong> habe<br />

vorher auch viele Gespräche mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Regisseur<strong>in</strong> und me<strong>in</strong>en<br />

Kollegen geführt, wir haben uns <strong>in</strong>tensiv damit beschäftigt, welche<br />

Wünsche und Träume <strong>die</strong> Menschen da haben, was für Ziele. <strong>Ich</strong><br />

habe dann gemerkt, dass <strong>die</strong> Träume <strong><strong>de</strong>r</strong> 13-jährigen Mädchen dort<br />

eigentlich i<strong>de</strong>ntisch s<strong>in</strong>d mit <strong>de</strong>nen, <strong>die</strong> ich als 13Jährige hatte. Der<br />

Wunsch, dass man mal rauskommt <strong>von</strong> Zuhause und <strong>die</strong> <strong>Welt</strong><br />

sieht.<br />

regiesseur<strong>in</strong> aelrun Goette erzählt, Sie hätten sich so <strong>in</strong>tensiv <strong>in</strong><br />

ihre Figur h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> gelebt, dass sich <strong>die</strong> Grenzen irgendwann<br />

aufzulösen schienen ...<br />

<strong>Ich</strong> habe sechs Wochen <strong>in</strong> Köln gewohnt, b<strong>in</strong> morgens aufgestan<strong>de</strong>n,<br />

zum Drehort gefahren und habe acht Stun<strong>de</strong>n am Set<br />

verbracht. Wenn man <strong><strong>de</strong>r</strong>maßen schwierige Szenen zu spielen hat<br />

und sich voll und ganz <strong>in</strong> <strong>die</strong> jeweilige Situation h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>versetzt, ist<br />

es natürlich schwer, <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> kurzen Zeit, <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> man wie<strong><strong>de</strong>r</strong> ‚ich’ ist,<br />

zur eigenen Persönlichkeit zurückzuf<strong>in</strong><strong>de</strong>n. Am En<strong>de</strong> habe ich es,<br />

glaube ich, dann aber doch ganz gut geschafft, wie<strong><strong>de</strong>r</strong> umzuschalten<br />

und Michelle zu se<strong>in</strong>. Dass ich mich <strong>in</strong> Becky so gut h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>versetzen<br />

konnte, hängt auch damit zusammen, dass ich viele<br />

Situationen aus me<strong>in</strong>er Vergangenheit wie<strong><strong>de</strong>r</strong> erkannt habe. Zwar<br />

stark verän<strong><strong>de</strong>r</strong>t, aber im entferntesten S<strong>in</strong>ne gab es doch e<strong>in</strong>ige<br />

Parallelen. Wahrsche<strong>in</strong>lich s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> Grenzen <strong>de</strong>shalb zwischendurch<br />

verschwommen.<br />

Was für Parallelen waren das?<br />

Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s, dass sie ke<strong>in</strong>en Vater mehr hat. So wie ich. Me<strong>in</strong> Vater ist<br />

lei<strong><strong>de</strong>r</strong> vor drei Jahren verstorben. Der Unterschied ist, dass ich e<strong>in</strong><br />

wahns<strong>in</strong>nig, wahns<strong>in</strong>nig gutes Verhältnis zu me<strong>in</strong>em Papa hatte.<br />

Aber auch bei Becky fehlt <strong>die</strong> männliche Bezugsperson. Das habe<br />

ich wie<strong><strong>de</strong>r</strong> erkannt.<br />

Welche Szene fan<strong>de</strong>n Sie am schwierigsten zu spielen?<br />

Die Szene, <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Becky Gewalt angetan wird. Das ist so tief greifend<br />

und so schmerzlich. Als ich das <strong>spielt</strong>e, konnte ich nur versuchen,<br />

mir vorzustellen, was <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Augenblick <strong>in</strong> so e<strong>in</strong>em jungen<br />

Mädchen vorgeht. <strong>Ich</strong> selbst habe so etwas zum Glück ja nie erlebt.<br />

Es gibt ke<strong>in</strong>e Er<strong>in</strong>nerungen, <strong>die</strong> mir da weiterhelfen konnten. Und<br />

man muss <strong>in</strong> so e<strong>in</strong>er Szene das se<strong>in</strong>, was man <strong>spielt</strong>, sonst kann<br />

man es nicht authentisch genug rüberbr<strong>in</strong>gen.<br />

Wie s<strong>in</strong>d Sie damit umgegangen?<br />

Aelrun Goette hat mir sehr geholfen. Sie hat mich an <strong>die</strong> Hand<br />

genommen und ganz vorsichtig dah<strong>in</strong> geführt. <strong>Ich</strong> habe mich nie<br />

alle<strong>in</strong>e gefühlt. <strong>Ich</strong> b<strong>in</strong> ihr immer gefolgt und brauchte ke<strong>in</strong>e Angst<br />

zu haben, weil ich wusste, dass sie da ist – geme<strong>in</strong>sam mit <strong>de</strong>m<br />

Team – und mich auch wie<strong><strong>de</strong>r</strong> auffängt. Das zu fühlen, war e<strong>in</strong><br />

ganz, ganz tolles Erlebnis.<br />

<strong>in</strong>wieweit stan<strong>de</strong>n ihnen ihre Mitspieler Carolyn Sophia Genzkow<br />

und Max Hegewald zur Seite?<br />

Wir drei haben zusammen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Haus <strong>in</strong> Köln gewohnt. Und da<br />

ist zwischen uns e<strong>in</strong>e Freundschaft entstan<strong>de</strong>n, <strong>die</strong> wir uns anfangs<br />

nie hätten vorstellen können. Wir haben uns gegenseitig geholfen,<br />

wenn wir vor e<strong>in</strong>er Szene Angst hatten, und konnten uns je<strong><strong>de</strong>r</strong>zeit

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