30.11.2012 Aufrufe

Cardio-Fit & Rücken-Fit - Viktor - Sportmagazin für Schwerte

Cardio-Fit & Rücken-Fit - Viktor - Sportmagazin für Schwerte

Cardio-Fit & Rücken-Fit - Viktor - Sportmagazin für Schwerte

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

FUTSAL<br />

Die ticken nicht richtig!<br />

Holzpfosten erreichen Platz vier bei den Deutschen Futsal-Meisterschaften<br />

An der Außenlinie bekommt Nils Klems den Ball. Mit der linken Sohle stoppt er ihn an. Kein Wegspringen. Mit dem rechten<br />

Fuß täuscht er einen Pass an. Ein Blick nach oben, Richtung Tor, dann holt Klems kurz aus und schießt den Ball mit der<br />

linken Pike an den Innenpfosten. 1:0 <strong>für</strong> die Holzpfosten. Der 22-Jährige springt in die Luft, schreit seine Freude heraus.<br />

Rund 80 Menschen tun es ihm gleich, weiter oben auf der Tribüne der Arena am Nürburgring. Gekleidet in Fieber-Rot.<br />

Die Holzpfosten sind im Futsal-Fieber. Auch jetzt noch, da das<br />

Final-Wochenende um die Deutsche Meisterschaft schon einige<br />

Wochen zurückliegt. Im Internet können sie sich die Wiederholung<br />

der Spiele in voller Länge ansehen. „Ich weiß gar<br />

nicht, wie oft ich das schon gemacht habe“, sagt Klems und<br />

lacht. Noch mal und noch mal sieht er dann auch, wie seine<br />

Holzpfosten im Halbfi nale gegen den späteren Meister Berlin<br />

nach dem 1:0 noch 6:9 verloren, wie sie im Spiel um Platz drei<br />

nur Vierter wurden. Aber er sieht auch die Begeisterung bei<br />

den Spielern und bei den Fans, die rote Schals tragen, weiße<br />

Fahnen schwenken und ein Spruchband hochhalten: „Wer es<br />

nicht fühlt, kann es nicht verstehen.“ Klems hat mittlerweile<br />

verstanden. „Das war ein Wahnsinns-Wochenende.“<br />

Der <strong>Schwerte</strong>r, der mittlerweile in Köln wohnt und arbeitet,<br />

wurde vom Futsal-Fieber nicht auf dem Platz erfasst, sondern<br />

auf der Couch. Im Fernsehen lief damals, vor gut zwei Jahren,<br />

die Weltmeisterschaft. „Vier gegen vier“, erklärt er die Faszi-<br />

10<br />

nation, „da gibt es kein Verstecken.“ Ein Ball, der durch seinen<br />

schweren Kern kaum tickt, der am Fuß zu kleben scheint. Viel<br />

Sohle, viel Pike. Traumtore, die sich Jugendliche als YouTube-<br />

Links herumschicken. Die Blutgrätsche weicht den Ball-Ästheten.<br />

Nicht ohne Grund hat der „Futebol de Salao“ Südamerika<br />

als Geburtsstätte gewählt und Pelés, Ronaldinhos oder Grafi tes<br />

statt Bernd Hollerbachs zur Welt gebracht.<br />

„Am Anfang wollten wir das einfach mal probieren“, erzählt<br />

Klems. Zu einem ersten Testspiel karrte er sechs Spieler zusammen,<br />

vier plus Torwart stehen immer auf dem Feld. Der Gegner<br />

aus Lünen hatte seine ganze Bank voller Wechselspieler. Der<br />

Lüner Trainer erklärte den unerfahrenen Gästen kurz die wichtigsten<br />

Regeln. Dann traten die <strong>Schwerte</strong>r an – und gewannen<br />

mit 29:7.<br />

„Wir haben gesehen, dass man im Futsal schnell weit kommen<br />

kann“, sagt Klems. Und das taten sie. Keine 80 Vereine gibt es<br />

in Deutschland. In ihrer zweiten Saison schafften es die Holzpfosten<br />

gleich zum Final-Four-Turnier. „Das war eine richtige<br />

Ehre“, spricht Klems voller Begeisterung. Das schicke Hotel,<br />

der vom Verband gestellte Team-Betreuer, die mitgereisten<br />

Anhänger, Getränke und Obst in der Kabine. Abends lud der<br />

Deutsche Fußball-Bund sogar zu einem feierlichen Bankett.<br />

Ansonsten kommt der Futsal auf dessen Ausgabenliste erst<br />

kurz vor dem Blattende. Der „kleine Bruder“ des Fußballs<br />

fällt beim DFB unter „Freizeit- und Breitensport“. Aktuell hat<br />

dort die Damenfußball-WM 2011 Priorität. „Bei allem, was der<br />

DFB im Fußball so zu entwickeln hat, widmen wir auch Futsal<br />

eine große Aufmerksamkeit“, versicherte DFB-Präsident Theo<br />

Zwanziger bei der Eröffnung des Final-Wochenendes, um anschließend<br />

eine Halbzeit lang vor allem auf sein Smartphone<br />

zu schauen und sich nach einer Halbzeit davon zu schleichen.<br />

Tatsächlich schreitet die Entwicklung des Sports in einem<br />

Tempo voran, das eher den Wiederholungen von Fußball-<br />

Klassikern aus den 60er Jahren als den rasanten Hallenspielen<br />

11 FUTSAL<br />

Handballtore und Auszeit: Zehn wichtige Regeln beim Futsal<br />

Futsal nimmt sich einige Anleihen bei Hallensportarten wie Handball und Basketball.<br />

Fouls werden gezählt, die Uhr wird angehalten, die Trainer können durch Auszeiten Einfl uss nehmen.<br />

Hier die zehn wichtigsten Regeln im Überblick:<br />

§ 1 Spielzeit: Gespielt wird zweimal 20 Minuten – Nettospielzeit, bei Unterbrechungen wird gestoppt.<br />

§ 2 Spielfeld: In der Halle, ohne Bande, auf Handballtore (3 x 2 Meter). Aus ist auf allen vier Seiten.<br />

§ 3 Ball: Er ist sprungreduziert, soll so die Eigenschaften auf Rasen imitieren und ist kleiner als ein Fußball.<br />

§ 4 Mannschaft: Wie bei uns in der Halle: Vier Feldspieler plus Torwart. Fliegende Wechsel sind erlaubt.<br />

§ 5 Ein-Kick: Ersetzt den Einwurf.<br />

§ 6 Rückpass-Regel: Der Torwart darf nur dann frei mitspielen, wenn er sich in der gegnerischen Hälfte befi ndet.<br />

§ 7 Sechsmeter: Das ist der Strafstoß bei Fouls im Strafraum.<br />

§ 8 Zehnmeter: Gibt es nach dem sechsten Mannschaftsfoul pro Halbzeit.<br />

§ 9 Auszeit: Jede Mannschaft darf eine einminütige Auszeit pro Halbzeit nehmen.<br />

§10 Grätsche: Am Mann ist sie grundsätzlich verboten. Wäre vielleicht auch <strong>für</strong> normale Hallenturniere sinnvoll.<br />

gleicht. So kommt es, dass<br />

Deutschland noch immer keine<br />

Futsal-Bundesliga besitzt<br />

und sich erst langsam regionale<br />

Auswahlmannschaften<br />

zusammenfi nden. An eine<br />

Nationalmannschaft ist noch<br />

nicht zu denken. Damit bildet<br />

Deutschland einen großen<br />

weißen Fleck auf der Europa-<br />

Karte. Selbst in Island und<br />

Österreich gibt es bereits konkretere<br />

Überlegungen <strong>für</strong> ein<br />

National-Team.<br />

Nils Klems lupft den Ball<br />

kurz an, sieht zu, wie er noch<br />

einmal kurz vom Boden abspringt<br />

und dann zum Liegen<br />

kommt. In einem Jahr wird er<br />

seine Ausbildung zum Eventmanager<br />

beenden – und anschließend<br />

in diesem Bereich<br />

arbeiten. „Wenn alles normal<br />

läuft“, schiebt er hinterher.<br />

Als den „überragenden Spieler<br />

des Turniers“ hat ihn der<br />

Kommentator von DFB-TV<br />

jüngst gelobt. Aber mit Futsal<br />

ist in Deutschland kein Geld<br />

zu verdienen. Der runde Ball –<br />

hierzulande hoppelt er noch.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!