lübeckultur - Löwen-Apotheke

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10 KULTUR LÜBECKER ARCHITEKTUR ERZÄHLT GESCHICHTEN durch bereits eine große Zahl bedeutender Bürgerhäuser der Architektur „modernerer“ Neubauten weichen. Der fortschreitende Substanzverlust an Lübecks Backstein-Architektur stößt jedoch auf Ablehnung und ruft das Bürgerbewusstsein zunehmend auf den Plan. Die Öffentlichkeit zeigt Initiative und reagiert prompt auf den drohenden Abbruch. Aufgebrachte Bürger schreiben Leserbriefe. Eine engagierte, wenngleich auch anonyme Stimme, die sich schriftlich an verschiedene Redaktionen wendet und sich vehement für den Erhalt des architektonischen Schatzes ausspricht, ist die des Lübecker Apothekersohnes und späteren Schriftstellers Erich Mühsam. Dessen Intervention, sowie die vieler Lübecker Bürger hat eine enorme Wirkung: Nur zwei Tage nach der Veröffentlichung seiner Artikel bildet sich ein Komitee, wodurch der bereits anberaumte Abrisstermin umgehend aufgehoben wird. Als Architekten die Kosten des anstehenden Umbaus mit 25.000 Mark beziffern, ruft die GEMEINNÜTZIGE daraufhin zu einer Sammlung auf. Mit einem beispielhaften Ergebnis: Binnen kurzer Zeit wird die erforderlichen Summe tatsächlich aufgebracht. 5.000 Mark stellt die GEMEINNÜTZIGE selbst bereit, 12.000 Mark stiftet ein Lübecker Großkaufmann. Durch einen Vertragsabschluss zwischen der GEMEINNÜTZIGEN und Adolf Brandt verpflichtet sich der Apotheker, „den Hintergiebel seines Hauses freizulegen, ein Areal von 7 Meter Breite zwischen der Hinterfront des Hauses Johannisstraße 13 und dem an der Königstaße neu zu erbauendem Hause unbebaut zu lassen, sowie Vorder- und Hintergiebel des Hauses ohne Genehmigung der Gesellschaft weder zu beseitigen noch zu verändern, und eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit dieses Inhalts auf dem Folium des Hauses Johannisstraße 13 eintragen lässt, während die Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit eine Entschädigungssumme von 25.000 Mark an Herrn Brand zahlt“ (Lübeckische Blätter, 1900). Im Jahr 1920 tritt Brandts Schwiegersohn, Hermann Niendorf als Teilhaber in die Apotheke ein, welche daraufhin die Namen beider Inhaber trägt. 1936 übernimmt Hermann Niendorf das Geschäft vollständig. Allerdings geschieht dies nur für zwei Jahre, denn am 25. März 1938 stirbt der Apotheker 58-jährig. Am 1. Januar 1939 wird Werner Hagen neuer Pächter der Löwen-Apotheke, in der er selbst zuvor als „Erster Herr“ lange Jahre tätig war. Hagen wird zudem ehrenamtlicher Kreisapotheker in Lübeck und erhält 1950 die Personalkonzession zur Errichtung einer Apotheke in der Ratzeburger Allee. Eine weitere Schicksalsstunde. Konnten Bürgersinn und Einsicht die erste Zerstörung des schönen Gebäudes verhindern, stehen sowohl Bevölkerung als auch Kultur dem Fliegerangriff in der Nacht zum Palmsonntag im Jahr 1942 machtlos gegenüber. Die Löwen-Apotheke brennt bis auf die Außenmauern und deren Giebel vollständig aus. Ein Notquartier wird in der Hüxstraße Nummer 19 gefunden. Dort wird der Apothekenbetrieb neun mühsame Jahre lang aufrechterhalten. Glück im Unglück zeigt sich dennoch, als die Behörde kurz darauf die nötigen Mittel für den teilweisen Wiederaufbau des zerstörten Hauses in der Johannisstraße bewilligt. Der romanische Giebel ist stark beschädigt, muss abgetragen und mit den alten Steinen erneut aufgetragen werden. Die Arbeiten schreiten zwar nur langsam voran, doch ist, als die britische Besatzung einrückt, zumindest das Dach gedeckt. Das Gebäude wird beschlagnahmt und eine Zeitlang als Feldbäckerei genutzt.
Der Zeitungsbericht vom 17. Mai 1942 dokumentiert das Ausmaß der Zerstörung des Fliegerangriffs in der Nacht zum Palmsonntag KULTUR DIE GESCHICHTE DER LÖWEN-APOTHEKE 11
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