12.07.2015 Aufrufe

Pfarrbriefe für den Seelsorgebereich Leverkusen Südost

Pfarrbriefe für den Seelsorgebereich Leverkusen Südost

Pfarrbriefe für den Seelsorgebereich Leverkusen Südost

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

14 Schwerpunkt: Suche Herberge 15Schwerpunkt: Suche HerbergeKein Raum in der HerbergeWalter war gerade neun Jahre altgewor<strong>den</strong> und ging in die zweite Grundschulklasse,obwohl er eigentlich in dervierten hätte sein sollen.Eigentlich wäre Walter im Krippenspielgern ein Schäfer mit einer Flöte gewesen,aber Fräulein Schmidt hatte ihm einewichtigere Rolle zugedacht.So versammelte sich wie gewohnt diegroße Zuhörerschaft zur der alljährlichenAufführung der Weihnachtsgeschichte mitHirtenstäben und Krippe, Bärten, Kronen,Heiligenscheinen und einer ganzen Bühnevoll heller Kinderstimmen.Es kam der Augenblick, wo Josef seineMaria behutsam vor die Herberge führte.Josef pochte laut an die Holztür, die manin die gemalte Kulisse eingesetzt hatte.Walter als Wirt stand dahinter und wartete.«Was wollt ihr?», fragte er barschund stieß die Tür heftig auf.«Wir suchen Unterkunft.»«Sucht sie anderswo!» Walter blickte starrgeradeaus, sprach aber mit kräftiger Stimme:«Die Herberge ist voll!»«Herr, wir haben überall vergeblich gefragt.Wir kommen von weit her und sindsehr erschöpft.» - «In dieser Herbergegibt es keinen Platz für euch!» Walterblickte streng.«Bitte, lieber Wirt, das hier ist meine FrauMaria. Sie ist schwanger und brauchteinen Platz zum Ausruhen. Ihr habtdoch sicher ein Eckchen für sie. Sie istso müde...»Jetzt lockerte der kleine Wirt zum erstenmalseine starre Haltung und schaute aufMaria. Dann folgte eine lange Pause, solange, dass es für die Zuhörer schon einbisschen peinlich wurde.«Nein! Schert euch fort!», flüsterte derSouffleur aus der Kulisse.«Nein!» wiederholte Walter automatisch.«Schert euch fort!» - Traurig legte Josefseinen Arm um Maria, und Maria lehnte<strong>den</strong> Kopf an die Schulter ihres Mannes. Sowollten sie ihren Weg fortsetzen.Aber der Wirt ging nicht wieder in seineHerberge zurück. Walter blieb auf derSchwelle stehen und blickte dem verlassenenPaar nach – mit offenem Mund,die Stirn sorgenvoll gefurcht, und mansah deutlich, dass ihm Tränen in die Augentraten.Und plötzlich wurde dieses Krippenspielanders als alle bisherigen.«Bleib hier, Josef!», rief Walter. «BringMaria wieder her!» Sein Gesicht verzogsich zu einem breiten Lachen. «Ihr könntmein Zimmer haben!» - Manche Leutemeinten, Walter habe das Spiel verdorben.Aber viele, viele andere hielten es fürdas weihnachtlichste aller Krippenspiele,die sie je gesehen hatten.Lina Donohue(aus Kurzgeschichten 5 von Willi Hoffsümmer).In der Herberge ist PlatzWeihnachten mit WohnungslosenMichael K. ist 26 Jahre alt. Seit acht Jahren ister wohnungslos. Damals konnte er es zu Hausemit dem gewalttätigen Vater einfach nicht mehraushalten. Alkohol tat sein übriges. Michael K.hat noch Glück. Er schläft meistens in der kleinenWohnung eines Freundes. Manchmal findet erUnterschlupf im „Bunker“, der Notschlafstelleder Caritas in Wiesdorf. Weihnachten ist fürMichael K. der schlimmste Tag des Jahres. „Ichbin froh, wenn Heiligabend vorbei ist“. Die Erinnerungenan „furchtbare Heiligabende“ seinerKindheit sitzen tief.Wie ihm ergeht es vielen Menschen, die wohnungslossind.Für viele sind die Wochen vor Weihnachten undder Heiligabend eine emotional schwierige Zeit.Sie haben das Weihnachtsfest früher im Kreisder Familie gefeiert, als „noch alles in Ordnungwar.“ Das Auseinanderbrechen der Familie unddas Gefühl, mehr oder weniger alleine dazustehen,macht an Heiligabend manchen besonderszu schaffen. Deshalb mögen sie diesen Tag nichtund trinken oft mehr als sonst.Anderen tut es gut, <strong>den</strong> Heiligabend gemeinschaftlichzu feiern: mit gutem Essen und Musik.Da hat zum Beispiel jemand, dem es vor Heiligabendimmer graut, trotzdem wieder liebevoll<strong>den</strong> Baum geschmückt. Da hat ein anderer, vondem man es nicht unbedingt erwartet, sich extrafür diesen Tag ein weißes Hemd gekauft. Trotzschwieriger Gefühlslage nehmen letztlich vielean <strong>den</strong> Feiern teil.Im „Haus Gezelinus“ hat der Leiter mit Sauerbratenund Rotkohl ein besonderes festlichesEssen vorbereitet. Der Baum ist geschmückt. DasWeihnachtsevangelium oder andere Geschichtenwer<strong>den</strong> vorgelesen. Jeder erhält liebevolleingepackte Geschenke.Im „Tagestreff“ lädt eine Kaffeetafel und einAbendessen – Würstchen mit Kartoffelsalat – dieWohnungslosen ein. Zwei Mitarbeiter haben andiesem Tag Dienst. Auch der „Chef“ der Caritaskommt mit einer großen Kiste Apfelsinen vorbei.Weihnachtslieder wer<strong>den</strong> zur Gitarrenbegleitunggesungen. Seit Jahren mache ich ein Quiz mitweihnachtlichen Begriffen und kleinen Preisen,auf das sich viele freuen. Danach erhält jedersein Weihnachtspaket. Das sind die großzügigenSpen<strong>den</strong> lieber Menschen aus <strong>den</strong> drei SteinbüchelerGemein<strong>den</strong>. Die Wohnungslosen freuensich darüber. Sie verstehen sie als Zeichen, dasssie nicht vergessen sind.Meine Erfahrung ist: Es tut gerade diesenMenschen gut, <strong>den</strong> Heiligabend gemeinsamzu verbringen, wahrgenommen und umsorgtzu wer<strong>den</strong>.Mir als Seelsorger sind diese Stun<strong>den</strong> am Heiligabendwichtig. Maria und Josef mussten erfahren,dass kein Platz in der Herberge für sie war. In„Haus Gezelinus“ und im „Tagestreff“ heißt es:„Hier ist Platz für euch.“Vielleicht ist Michael K. dem Kind, dessen Geburtwir feiern, viel näher, als er es selbst ahnt.Herbert Scholl, WohnungslosenseelsorgerHelfen Sie <strong>den</strong> Wohnungslosenkonkret:An <strong>den</strong> Adventwochenen<strong>den</strong> in <strong>den</strong>Steinbücheler Kirchen stehen Körbebereit für: Kaffee, Tee, Tabak, Schokolade,Plätzchen, Shampoo, Fischkonserven ...Bitte nichts mit Alkohol.Foto: Solich

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!