850 Jahre Bischofswiesen - Gemeinde Bischofswiesen
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Im Wandel der Zeit<br />
<strong>Bischofswiesen</strong> -<br />
eine Gemeinschaft im Wandel der Zeit<br />
<strong>Bischofswiesen</strong> teilte in der frühen Neuzeit das<br />
staatliche Los des Berchtesgadener Stiftslandes,<br />
welches länger als ein Jahrhundert unter Pröpsten<br />
aus dem Haus Wittelsbach stand und erst 1723 von<br />
seinem Recht auf Wahl eines Propstes aus den eigenen<br />
Reihen der Domherren Gebrauch machte. In<br />
Napoleonischer Zeit schließlich setzten sich die großen<br />
Flächenstaaten über die kleinen Territorien und<br />
erst recht über die geistlichen Länder hinweg.<br />
Schon die französische Besetzung im <strong>Jahre</strong> 1800<br />
verkündete eine neue Zeit. Der Reichsdeputationshauptschluss<br />
vom 25. Februar 1803 sprach Berchtesgaden<br />
gemeinsam mit Salzburg jeweils zwei<br />
Drittel der Bistümer Passau und Eichstätt dem aus<br />
der Toskana vertriebenen Großherzog Ferdinand<br />
von Habsburg als Kurfürstentum zu. Der letzte<br />
Berchtesgadener Fürstpropst Joseph Conrad unterzeichnete<br />
schon am 26. Februar 1803 die Entsagungsurkunde.<br />
Die neue kurfürstliche Regierung<br />
hob endlich die ohnehin nur noch dem Namen nach<br />
bestehende Leibeigenschaft auf. Sodann nach dem<br />
Frieden von Pressburg 1805 fiel das Kurfürstentum<br />
Salzburg und Berchtesgaden unter habsburgische<br />
Herrschaft. Nach einem Zwischenregime der französischen<br />
Intendantschaft 1809/10 wurden Berchtesgaden<br />
und Salzburg 1810 mit Bayern vereint. Am<br />
Wiener Kongress 1815 schließlich konnte Bayern<br />
das Land Berchtesgaden und die links der Salzach<br />
liegenden Teile des seinerzeitigen Erzstiftes Salzburg<br />
halten. Seither bildet die – nur in Details revidierte<br />
– alte Grenze zwischen den beiden ehemaligen<br />
geistlichen Staaten Salzburg und Berchtesgaden<br />
die Staatsgrenze zwischen Bayern und Österreich.<br />
Diese „große“ Geschichte hat immer wieder in<br />
die kleinen Verhältnisse der Menschen eingegriffen,<br />
z.B. mit der Zwangsemigration der Evangelischen.<br />
Die neue Lehre ist hauptsächlich über die<br />
Dürrnberger Knappen nach Berchtesgaden gelangt.<br />
Eine neue Dimension erreichte die protestantische<br />
Bewegung im Gefolge der großen Salzburger Emigration<br />
von 1732. Jetzt im Herbst 1732 bekannten<br />
sich beispielsweise die Bischofswieser und Gerner<br />
Protestanten öffentlich zu ihrem Glauben und äußerten<br />
den Wunsch, entsprechend dem Westfälischen<br />
Frieden von 1648 ihre Anwesen verkaufen<br />
und mit Familie, Habseligkeiten und Handwerkszeug<br />
das Land verlassen zu können. Die Angelegenheit<br />
war längst zu einem öffentlichen Politikum geworden;<br />
ein geistlicher Staat hätte mit religiöser Toleranz<br />
seine Existenzberechtigung in Frage gestellt.<br />
Mit dem Patent vom 26. Oktober 1732 gewährte<br />
Fürstpropst Cajetan Anton Frh. v. Notthafft endlich<br />
die Emigration, nicht ohne jeweils fünf Gulden als<br />
Auskaufspreis aus der formellen Leibeigenschaft<br />
zu kassieren. Mehr als 1000 Berchtesgadener haben<br />
damals aus Gewissensgründen ihre Heimat<br />
verlassen, unter ihnen namentlich bekannte 82, im<br />
ganzen aber etwa 150 Bischofswieser, die sich zur<br />
Emigration nach Brandenburg entschlossen.<br />
Das Berchtesgadener Land und die Gnotschaft<br />
<strong>Bischofswiesen</strong> waren gegen Norden durch einen<br />
etwa zwei km breiten Salzburger Gebietsstreifen<br />
vom Unterberg herunter quer über die ganze Passhöhe<br />
und wieder hinauf zum Dreisesselberg am<br />
Lattengebirge abgeriegelt und im Passabschnitt die<br />
Bergflanken hinauf förmlich abgemauert. Vom Hallthurm<br />
aus kontrollierte das Erzstift Salzburg den<br />
Berchtesgadener Salztransport nach Reichenhall.<br />
Die österreichische Verwaltung übte nach 1816 am<br />
Hallthurm ein restriktives Grenzregiment, dem Bayern<br />
durch die alternative „Noth- und Hilfsstraße<br />
über Schwarzbachwacht“ entlang der Soleleitung<br />
auszuweichen suchte. Dennoch scheute der Verkehr<br />
nach Reichenhall nicht die hohen Mauten angesichts<br />
der kürzeren Wegelänge. Eine Erleichterung<br />
brachte die bilaterale Tauwetterperiode im<br />
Zuge der Salinenkonvention von 1829, welche die<br />
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