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<strong>LAUFPASS</strong><br />
Gesellschaft<br />
8 www.laufpass.com<br />
Herr Sondergeld, Experten sagen, dass <strong>die</strong><br />
Kommunen in spätestens zwei Jahren <strong>die</strong><br />
Auswirkungen der Finanzkrise und der drohenden<br />
Rezession zu spüren bekommen.<br />
Wie sehen <strong>Sie</strong> da Bremerhaven aufgestellt?<br />
KS: Es gibt <strong>die</strong> Prognose, dass der Inlandstourismus<br />
zunehmen wird, weil Urlauber<br />
sich vielleicht eine Auslandsreise verkneifen.<br />
Insofern kann sich das sogar gut für Bremerhaven<br />
auswirken.<br />
Die Stadt profiliert sich auf drei Gebieten:<br />
Windkraft, Tourismus und mit dem Containerhafen.<br />
Bei steigernder Arbeitslosigkeit<br />
und in Phasen <strong>des</strong> Nullwachstums oder gar<br />
einer Rezession, wird der Gürtel enger geschnallt<br />
werden. Alle drei Faktoren stehen<br />
für sinkende Staatseinnahmen, denen <strong>die</strong><br />
Politik mit <strong>Ausgabe</strong>nsenkungen oder dem<br />
Verringern von Subventionen begegnen<br />
wird. Erste Frage: Die Windkraftbranche<br />
ist stark subventioniert. Muss man nicht<br />
<strong>die</strong> optimistischen Prognosen in <strong>die</strong>sem<br />
Bereich für Bremerhaven prüfen? Zweite<br />
Frage: Der Tourismus ist abhängig von zahlungskräftigen<br />
Besuchern. Die schnallen in<br />
<strong>die</strong>sen Zeiten den Gürtel enger. Muss man<br />
nicht auch hier Befürchtungen hegen? Dritte<br />
Frage: Der Hafen, der mit CT4 gerade<br />
erweitert wurde, steht nicht nur symbolisch<br />
für den Anschluss an <strong>die</strong> Welt, sondern<br />
ist auch real abhängig von globalen<br />
Entwicklungen. Eine globale Krise würde<br />
doch voll auf den Standort Bremerhaven<br />
durchschlagen. Drei Standbeine, und bei<br />
jedem ist Alarm angezeigt. Was meinen<br />
<strong>Sie</strong>?<br />
KS: Hätten sich im 17. Jahrhundert <strong>die</strong><br />
Prognosen beim Anstieg der Pferdefuhrwerke<br />
bewahrheitet, würden wir heute im Mist<br />
ersticken. Will sagen: Es hat keinen Zweck,<br />
dass wir uns jetzt kollektiv verrückt machen.<br />
Außerdem sind Ihre Prämissen falsch. Gerade<br />
in Konjunkturprogrammen, <strong>die</strong> jetzt<br />
angedacht werden, spielen zum Beispiel immer<br />
CO2-Reduktionen eine Rolle. Da ist<br />
Bremerhaven mit der Windkraft bestens aufgestellt.<br />
Dass der Heimattourismus gestärkt<br />
werden kann, auch in der Krise, habe ich<br />
schon gesagt. Bevor der Deutsche gar nicht<br />
mehr reist, muss wahnsinnig viel passieren.<br />
Außerdem ist Bremerhaven touristisch<br />
außergewöhnlich gut aufgestellt. Es besetzt<br />
mit dem Auswandererhaus und dem Klimahaus<br />
das Zukunftssegment Bildung. Zum<br />
Hafen muss man sagen, dass es mit den bis-<br />
herigen Steigerungsraten wohl nicht weitergehen<br />
wird. Das ist aber kein Schrumpfen.<br />
Und bedenken <strong>Sie</strong>, dass Bremerhaven in<br />
den letzten Jahren weit stärker als in den<br />
Prognosen gewachsen ist.<br />
LP: Durch <strong>die</strong> Havenwelten ist trotz der<br />
großen Hilfen aus Bremerhaven der finanzielle<br />
Spielraum noch einmal stark eingeengt<br />
worden. Wie wird sich das im Abschwung<br />
bemerkbar machen?<br />
KS: Die Stadtoberen werden sich das gut<br />
überlegt haben. Ich spüre jedenfalls einen<br />
Stimmungswandel. Es wird in Bremerhaven<br />
jetzt deutlich positiver gesprochen. Denken<br />
<strong>Sie</strong> daran, dass Hotel und Auswandererhaus<br />
<strong>die</strong> Prognosen weit übertroffen haben. In einem<br />
teile ich aber Befürchtungen: Man darf<br />
jetzt nicht im Marketing sparen. Wir haben<br />
da in Bremen eindeutige Erfahrungen. Ohne<br />
Marketing besuchten <strong>die</strong> Botanika 40.000<br />
Menschen, mit 80.000.<br />
Was sagen <strong>Sie</strong> Kritikern, <strong>die</strong> ihrerseits sagen,<br />
dass <strong>die</strong> Havenwelten ein radikaler<br />
und finanziell so limitierender Schritt seien,<br />
dass sie zum Erfolg verdammt seien, da<br />
sonst keine Patronen mehr im Magazin<br />
sind?<br />
KS: Der Schuss muss wirken. Wenn <strong>Sie</strong> mit<br />
der Schrotflinte geschossen hätten, also<br />
kleinteilige <strong>Ausgabe</strong>n realisiert hätten, hätten<strong>Sie</strong>nichtsovielWirkungerzieltwiemit<br />
dem großkalibrigen Schuss.<br />
Das Gefühl, abgehängt zu werden, kennen<br />
in Bremen auch viele, so wie <strong>die</strong>, <strong>die</strong> sich in<br />
Bremerhaven beklagen, dass das Geld konzentriert<br />
investiert wurde.Wie kann man<br />
<strong>die</strong> mitnehmen?<br />
KS: Das Klima wird besser werden. Und es<br />
wird ja neue Jobs geben.<br />
Haben nicht <strong>die</strong> kleinkarierten Reaktionen<br />
auf den Spiegel-Text Anfang <strong>des</strong> Jahres<br />
gezeigt, dass das Problem mit dem mangelnden<br />
Selbstwertgefühl immer noch unverändert<br />
besteht?<br />
KS: Es kann zehn Jahre dauern, bis sich da<br />
etwas tut. Das wissen wir in Bremen nach<br />
der Vulkankrise sehr gut.<br />
Luftaufnahme: Wolfhard Scheer