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Nummer 149 - Nordfriisk Instituut

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Fixiert auf die Ablehnung jeglicher Minderheitsbestrebungen,<br />

begrüßte der Nordfriesische<br />

Verein die Aufhebung sogar.<br />

Einstimmig beschloss er auf seiner Jahreshauptversammlung<br />

am 25. September 1955:<br />

„Wir Nordfriesen … danken alle[n] Fraktionen<br />

des Landtags sowie der Landesregierung<br />

für ihre Haltung in dieser Angelegenheit.“<br />

Die Formulierung „Wir Nordfriesen“<br />

erinnerte an die „Bohmstedter Richtlinien“<br />

von 1926 und konnte durchaus als Alleinvertretungsanspruch<br />

ausgelegt werden. Gleich<br />

am Tag nach der Versammlung teilte der<br />

Verein seinen Beschluss dem Ministerpräsidenten<br />

Kai-Uwe von Hassel brieflich mit,<br />

und dieser vermerkte darauf: „Danken“. Es<br />

entbehrt nicht der Ironie, dass ein Mitarbeiter<br />

des Ministerpräsidenten diese Entschließung<br />

veranlasst hatte. Hierin zeigte sich das<br />

enge Zusammenspiel zwischen dem Nordfriesischen<br />

Verein und der inzwischen von<br />

der CDU geführten Landesregierung.<br />

Die Nationalen Friesen – der Vereinsname<br />

lautete damals „Foriining for nationale<br />

Frashe“ – hingegen protestierten auf ihrer<br />

Generalversammlung am 12. November<br />

1955 „gegen die einseitige Aufhebung der<br />

Kieler Erklärung und gegen die damit zum<br />

Ausdruck kommende Mißachtung der<br />

national-friesischen Belange durch die<br />

schleswig-holsteinische Landesregierung“.<br />

Die „positive Haltung Dänemarks gegenüber<br />

der friesischen Frage“ hingegen wurde<br />

„lobend anerkannt“. Allerdings hatte sich<br />

„Dänemark“, also der dänische Staat bzw.<br />

dessen Regierung, hierzu gar nicht geäußert<br />

und ja gerade die „friesische Frage“ in den<br />

Verhandlungen auch gar nicht berührt. Gemeint<br />

waren wohl Verlautbarungen der dänischen<br />

Minderheit und einiger dänischer<br />

Publizisten und Politiker.<br />

Der Dank der Nationalen Friesen galt<br />

insbesondere dem dänischen Grenzverein.<br />

Dessen Vorsitzender Holger Andersen hatte<br />

sich überrascht und verwundert über die<br />

Aufhebung der Kieler Erklärung gezeigt und<br />

nicht zuletzt auf den Fortfall der „Friesenklausel“<br />

hingewiesen. Die Jahresversammlung<br />

der Nationalen Friesen sandte nun „die<br />

herzlichsten Grüße“ an den Grenzverein:<br />

„Gerade jetzt, da man uns Friesen in Kiel<br />

nicht mehr als ein selbständiges Volk anerkennt,<br />

ist Dänemarks positive Haltung uns<br />

gegenüber von größter Bedeutung, und wir<br />

nationalen Friesen werden uns dieser auch<br />

in Zukunft würdig erweisen.“ Der dänische<br />

Staatsminister H. C. Hansen hatte am<br />

20. Oktober 1955 in einer Rede vor dem dänischen<br />

Folketing der Aufhebung der Kieler<br />

Erklärung „keine größere praktische Bedeutung“<br />

beigemessen. Dem widersprach entschieden<br />

auch Flensborg Avis, die Zeitung<br />

der dänischen Minderheit. Die offizielle<br />

Stellungnahme der Landesregierung, die<br />

Kieler Erklärung decke sich mit der Bonner<br />

Erklärung und sei nun überflüssig, stimme<br />

nicht. Die Kieler Erklärung habe größere<br />

Verbindlichkeit, da sie im Gesetzblatt angezeigt<br />

worden sei. Sie sei in Verhandlungen<br />

zwischen der Landesregierung und der<br />

dänischen Minderheit zustande gekommen<br />

und dürfe nicht einfach einseitig aufgekündigt<br />

werden. Flensborg Avis vermutete, dass<br />

man mit der Kieler Erklärung auch einen<br />

Rest aus der britischen Besatzungszeit „los<br />

sein“ wollte. Besonders davon betroffen<br />

seien die Friesen. Denn im Abschnitt IV<br />

habe erstmals eine deutsche Regierung die<br />

friesische Bevölkerung als etwas für sich<br />

Bestehendes („som noget for sig“) anerkannt.<br />

Dies sei nun ersatzlos fortgefallen.<br />

Festzuhalten ist: Das Bekenntnis eines<br />

Teils der Nordfriesen zu einer<br />

eigenen Minderheit wurde durch<br />

die schleswig-holsteinische Landesregierung<br />

nicht anerkannt. Bei den Friesen<br />

vollzogen sich in den folgenden Jahrzehnten<br />

manche Veränderungen. Im Jahr 1955 war<br />

bei einem Friesenkongress im ostfriesischen<br />

Aurich das „Friesische Manifest“ beschlossen<br />

und verkündet worden, gedacht als<br />

eine gemeinsame Leitlinie für die Friesen<br />

in Nord-, in Ost- und im niederländischen<br />

Westfriesland. Deren Verbindungen wurden<br />

darin im Zusammenhang mit den europäischen<br />

Einigungsbestrebungen gesehen:<br />

„Die Zeit drängt nach größeren Zusammenschlüssen.<br />

Wir bejahen alle Bestrebungen,<br />

die zu einem vereinten Europa führen.“ Die<br />

interfriesische Kooperation milderte nun<br />

die nationalpolitischen Gegensätze in Nordfriesland.<br />

Ein Westfriese fragte 1952: „Geht es<br />

nun um Dänemark oder Deutschland oder<br />

um Nordfriesland selbst?“ Mehrfach baten<br />

West- und Ostfriesen die nordfriesischen<br />

Streithähne, nicht „das Gemeinfriesische“<br />

zu schädigen. Im 1956 neu gegründeten<br />

Friesenrat, der die Verbindungen zwischen<br />

den Frieslanden sicherstellen sollte, saßen<br />

NORDFRIESLAND <strong>149</strong> – März 2005 25

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