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Die Lieder der NaturFreunde - NaturFreunde Deutschlands

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NATURFREUNDE AKTIV<br />

ZEITSPRUNG<br />

Ein Leben für den deutschen Arbeitersport<br />

Der Sportfunktionär und NaturFreund Fritz Wildung (1872-1954)<br />

bEiner<br />

<strong>der</strong> bedeutendsten Funktionäre <strong>der</strong><br />

deutschen Arbeitersportbewegung war Fritz Wildung,<br />

<strong>der</strong> am 19. Dezember 1872 in <strong>der</strong> Lüneburger<br />

Heide das Licht <strong>der</strong> Welt erblickte. Seine<br />

Kindheit war nicht leicht, schon im Alter von acht<br />

Jahren musste er mit dem Hüten von Schafen<br />

Geld verdienen. 1893 zog er nach Berlin, wo er<br />

zunächst die von Wilhelm Liebknecht gegründete<br />

Arbeiterbildungsschule besuchte und sich dann<br />

<strong>der</strong> Gewerkschaft anschloss. Schon bald stieg er<br />

zum zweiten Vorsitzenden <strong>der</strong> Arbeiterbildungsschule<br />

auf und trat dem Arbeiter-Turnerbund bei.<br />

Nach <strong>der</strong> Übersiedlung nach Leipzig wurde er<br />

nicht nur leiten<strong>der</strong> Redakteur <strong>der</strong> „Arbeiter-Turnzeitung“,<br />

son<strong>der</strong>n hatte auch jahrelang das Amt<br />

als Leipziger Stadtverordneter sowie als Stadtrat<br />

inne. Beson<strong>der</strong>s seine spitze Fe<strong>der</strong> war von seinen<br />

Gegnern schon früh gefürchtet.<br />

Über eine Million Arbeitersportler<br />

Von großer Bedeutung für den Arbeitersport war<br />

schließlich im Jahre 1923 seine Berufung zum<br />

Geschäftsführer <strong>der</strong> „Zentralkommission für Arbeitersport<br />

und Körperpflege“ in Berlin. Auch<br />

die deutschen <strong>NaturFreunde</strong> hatten sich <strong>der</strong><br />

Zentralkommission angeschlossen. In <strong>der</strong> Wei-<br />

I Fritz Wildung kritisierte die Rekordsucht.<br />

marer Republik waren in <strong>der</strong> Zentralkommission<br />

über eine Million Arbeitersportler organisiert,<br />

wovon die <strong>NaturFreunde</strong> etwa im Jahre 1929 fast<br />

82.000 Mitglie<strong>der</strong> stellten. Als sich die Spaltung<br />

des deutschen Arbeitersportes immer deutlicher<br />

abzeichnete, befürwortete <strong>der</strong> Sozialdemokrat<br />

Wildung den Ausschluss von kommunistisch orientierten<br />

Vereinen. Er wollte damit die Zerstörung<br />

<strong>der</strong> sozialdemokratisch ausgerichteten Zentralkommission<br />

verhin<strong>der</strong>n.<br />

Rekordsucht und Kommerzialisierung<br />

Ausdrücklich kritisierte Fritz Wildung die Rekordsucht<br />

im Sport und warf dem bürgerlichen Sport<br />

Kommerzialisierung und Geltungssucht vor.<br />

Auch Wettkampf- und Ehrenpreise lehnte er ab<br />

und wandte sich als Humanist und Pazifist strikt<br />

gegen die Militarisierung des Sportes. „Neutralität“<br />

im Arbeitersport war für Fritz Wildung undenkbar.<br />

Große Bedeutung maß er <strong>der</strong> volksgesundheitlichen<br />

Bedeutung des Sportes und des<br />

Spieles für die sozialistische Körperkultur bei.<br />

Beson<strong>der</strong>s in seinem im Jahre 1929 erschienenen<br />

Buch „Arbeitersport“ gibt er einen umfangreichen<br />

Einblick in die Strukturen sowie die<br />

sportlichen und politischen Aufgaben und Leistungen<br />

<strong>der</strong> verschiedenen Arbeitersportverbände<br />

in Deutschland. <strong>Die</strong> gesamte Arbeitersportbewegung<br />

sollte in den <strong>Die</strong>nst des Klassenaufstiegs<br />

<strong>der</strong> Arbeiterschaft gestellt werden.<br />

Seinen großen sportpolitischen Sachverstand<br />

und seine vielfältigen Erfahrungen konnte<br />

er in <strong>der</strong> Weimarer Republik nicht nur in <strong>der</strong><br />

Zentralkommission einbringen, son<strong>der</strong>n auch<br />

im „Reichsbeirat für körperliche Erziehung“, im<br />

preußischen „Ausschuss für Leibeserziehung“,<br />

im Stadtamt für Leibesübungen in Berlin sowie<br />

im Sportausschuss des Deutschen Reichstages.<br />

Zu den <strong>NaturFreunde</strong>n hatte Fritz Wildung eine<br />

beson<strong>der</strong>s enge Beziehung. <strong>Die</strong> <strong>NaturFreunde</strong>zeitschrift<br />

„Der Wan<strong>der</strong>er“ würdigte im Jahre<br />

1932 deshalb auch ausdrücklich seine Leistungen,<br />

denn „(...) für die Bestrebungen <strong>der</strong> Naturfreunde<br />

hat sich Genosse Wildung in stets<br />

nachhaltiger Weise eingesetzt, wenn es galt, eine<br />

weitgehende För<strong>der</strong>ung zu erreichen. Für das<br />

größte Werk sozialistischer Selbsthilfe, für unsere<br />

Naturfreundehäuser, hat er immer größtes<br />

Verständnis an den Tag gelegt (...)“. Und seine<br />

Tochter, T die spätere Präsidentin<br />

t des Deutschen Bundestages<br />

g Annemarie Renger, berichtete<br />

r<br />

über ihr Elternhaus:<br />

„Wir wan<strong>der</strong>ten auch zusammen,<br />

wir hatten gemeinsame<br />

Urlaubsziele, die einen<br />

kamen dahin, wo die an<strong>der</strong>en<br />

schon waren, meist<br />

in Ferienhäuser <strong>der</strong> Naturfreundebewegung.<br />

(...) Morgens ging es in den<br />

Wald, <strong>der</strong> Vater war ja Naturfreund (...)“.<br />

Nazis verboten „Arbeitersport“<br />

Als Sozialdemokrat und überzeugter Gegner des<br />

Nationalsozialismus beteiligte sich Wildung an<br />

<strong>der</strong> Gründung <strong>der</strong> „Eiserne Front“ gegen Hitler.<br />

Dennoch mußte er die Zerschlagung <strong>der</strong> gesamten<br />

Arbeitersportbewegung durch die Nationalsozialisten<br />

im Jahre 1933 miterleben. Im<br />

NS-Regime wurde er mehrmals verhaftetet und<br />

verhört, sein Buch „Arbeitersport“ verboten.<br />

Schließlich stand er sogar unter polizeilicher<br />

Meldepflicht. Aber er blieb trotz Arbeitslosigkeit<br />

bis zum Zusammenbruch des „Dritten Reiches“<br />

standhaft. Drei seiner Söhne überlebten den<br />

Zweiten Weltkrieg nicht.<br />

I Wildungs Tochter Annemarie Renger mit<br />

Willy Brandt 1964 in Karlsruhe.<br />

Nach dem Untergang des NS-Regimes zog<br />

Fritz Wildung zunächst nach Soltau in seine alte<br />

Heimat und trug entschieden zum Neuaufbau<br />

des Sports in <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland<br />

bei. Mit <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>gründung <strong>der</strong> SPD wurde er<br />

74-jährig noch SPD-Sportreferent. Dem Nationalen<br />

Olympischen Komitee (NOK) gehörte er seit<br />

1949 an. Das NOK sowie <strong>der</strong> Deutsche Fußball-<br />

Bund übertrugen ihm die Ehrenmitgliedschaft.<br />

Fritz Wildung starb am 23. September 1954 in<br />

West-Berlin. Vereinen o<strong>der</strong> Verbänden, die ein<br />

vorbildliches Modell <strong>der</strong> sozialen Hilfe im o<strong>der</strong><br />

durch den Sport aufgebaut haben, verleiht <strong>der</strong><br />

Deutsche Sportbund die sogenannte Fritz Wildung-Plakette.c<br />

DR. OLIVER KERSTEN<br />

VORSITZENDER DES HISTORISCHEN BEIRATES DER<br />

NATURFREUNDE BERLIN<br />

SEITE 24 NATURFREUNDiN 4-2008

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