Aus der Praxis – für die Praxis - Hesse Lignal
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Die zukünftige EU Chemikalienverordnung<br />
REACH<br />
Im Zuge des neuen EU-Gesetzesvorschlags zur Anmeldung,<br />
Bewertung und Zulassung von Chemikalien wird<br />
<strong>der</strong>zeit in Europa sehr intensiv über einen neuen Umgang<br />
mit Chemikalien diskutiert. Das Ziel <strong>der</strong> EU-Kommission<br />
ist es, Mensch und Umwelt besser als bisher<br />
vor möglichen Risiken beim Umgang mit Chemikalien<br />
zu schützen. <strong>Aus</strong> <strong>die</strong>sem Grund kam es zum <strong>der</strong>zeitigen<br />
Entwurf <strong>der</strong> zukünftigen EU-Chemikalienverordnung<br />
REACH<br />
REACH:<br />
Registrierung (Anmeldung)<br />
Evaluierung (Bewertung)<br />
Autorisierung (Zulassung) von<br />
CHemikalien<br />
Dieser Verordnungsentwurf, welcher als Leitfaden <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />
Industrie und Behörden gelten soll, umfasst insgesamt<br />
über 1200 Seiten, wobei <strong>die</strong>ser 135 Artikel mit 96 Seiten<br />
und 17 Anhänge (u.a. Kriterien und Anfor<strong>der</strong>ungen an<br />
Prüfdaten und Risikobewertung) enthält.<br />
Worum geht es in<br />
REACH?<br />
In Artikel 1 des Verordnungsentwurfs<br />
wird das Thema<br />
von REACH bereits treffend<br />
beschrieben:<br />
• Dieser Verordnungsentwurf<br />
betrifft <strong>die</strong> Herstellung,<br />
den Import und<br />
Verwendung von Stoffen<br />
allein, in Zubereitungen<br />
o<strong>der</strong> in Erzeugnissen.<br />
• Hersteller, Importeure und<br />
nachgeschaltete Anwen<strong>der</strong><br />
entlang des Produktlebensweges<br />
müssen da<strong>für</strong> sorgen,<br />
dass Stoffe (einzeln<br />
o<strong>der</strong> in Zubereitungen) so<br />
hergestellt, vermarktet und<br />
angewendet werden, dass<br />
unter normalen o<strong>der</strong> vernünftigerweisevorhersehbarenVerwendungsbedingungen<br />
keine nachteiligen<br />
Wirkungen <strong>für</strong> Mensch<br />
und Umwelt entstehen.<br />
Historie<br />
02/2001 EU-Kommission <strong>–</strong> Vorlage des so<br />
genannten Weißbuches<br />
Das Verfahren<br />
Registrierung:<br />
Die Hauptverantwortung <strong>für</strong> <strong>die</strong> Registrierung liegt bei<br />
den Importeuren o<strong>der</strong> Herstellern. Die Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
steigen mit dem jeweiligen Produktionsvolumen beziehungsweise<br />
<strong>der</strong> importierten Menge:<br />
> 1 Tonne<br />
=> Registrierungsdossier:<br />
- Grunddaten <strong>der</strong> Substanz<br />
- Verwendungszweck<br />
> 10 Tonnen<br />
=> gleiche Anfor<strong>der</strong>ungen, wie ab 1 Tonne + Stoffsicherheitsbericht<br />
(CSR): gestützt auf Sicherheitsbeurteilung,<br />
welche sich mit etwaigen Risiken im<br />
Bezug auf Wirkung auf Gesundheit und Umweltverhalten<br />
befasst.<br />
> 100 Tonnen<br />
=> wie ab 10 Tonnen + weitere Anfor<strong>der</strong>ungen im<br />
CSR<br />
> 1.000 Tonnen<br />
=> gleiche Anfor<strong>der</strong>ungen wie ab 100 Tonnen +<br />
weitere Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
2001 Stellungnahme von: Europäischen<br />
Parlament, Industrie-/Umweltministerrat<br />
05/2003 Veröffentlichung des Verordnungsentwurfs<br />
07/2003 Internetkonsultation zum ersten Entwurf,<br />
6400 Beiträge von Unternehmen,<br />
Regierungen, Behörden)<br />
10/2003 Verabschiedung eines überarbeiteten<br />
Verordnungsentwurfs durch <strong>die</strong> EU-<br />
Kommission<br />
2005 Abschluss 1. Lesung EU-Parlament/<br />
Ministerrat<br />
2006 ? Abschluss <strong>der</strong> 2. Lesung und eventuell<br />
Vermittlungsverfahren<br />
2007 ? Geplantes Inkrafttreten <strong>der</strong> Verordnung<br />
Bewertung:<br />
Die Bewertung wird neben <strong>der</strong> europäischen Chemikalienagentur<br />
<strong>–</strong> voraussichtlicher Sitz in Helsinki <strong>–</strong> auch von<br />
den nationalen Behörden durchgeführt, in Deutschland<br />
UBA, BfR und BauA. Sie bewerten, ob Tests notwendig<br />
und geeignet sind, offene Sicherheitsfragen zu klären.<br />
Zulassung:<br />
Einer Zulassung bedürfen Stoffe, von denen ernste Gefahren<br />
ausgehen o<strong>der</strong> zu erwarten sind. Sie werden als<br />
„beson<strong>der</strong>s besorgniserregend“ bezeichnet und unter<br />
REACH in drei Gruppen zusammengefasst:<br />
Stoffe, <strong>die</strong> ...<br />
• Krebs auslösen, das Erbgut verän<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> <strong>die</strong> Fortpflanzung<br />
stören (CMR-Stoffe),<br />
• keinem natürlichen Abbau unterliegen, sich in Lebewesen<br />
anreichern und allgemein giftig sind (persistent,<br />
bioakkumulierend, toxisch: PBT),<br />
• sehr persistent und sehr bioakkumulierend (vPvB) sind.<br />
Für zulassungsbedürftige<br />
Stoffe, <strong>die</strong> beson<strong>der</strong>s besorgniserregendenChemikalien,<br />
haben Hersteller<br />
nachzuweisen, dass <strong>für</strong><br />
sämtliche zur Zulassung<br />
beantragten Verwendungszwecke<br />
<strong>der</strong> Umgang mit<br />
<strong>die</strong>sen angemessen zu<br />
beherrschen ist bzw. <strong>der</strong><br />
sozioökonomische Vorteil<br />
ihrer Verwendung <strong>die</strong><br />
Risiken überwiegt.<br />
Diese Stoffe finden in<br />
unseren Produkten als<br />
Rohstoffe jedoch keine<br />
Verwendung.<br />
REACH ist <strong>für</strong> Importeure<br />
und Hersteller von Stoffen<br />
ab einer gewissen Menge<br />
eine große Herausfor<strong>der</strong>ung.<br />
Hier geht es schon<br />
im Vorfeld darum, zwischen<br />
Importeuren bzw.<br />
Herstellern und nachgeschalteten<br />
Anwen<strong>der</strong>n zu<br />
kommunizieren. Es muss sicher gestellt werden, dass <strong>die</strong><br />
jeweiligen Anwendungen in den jeweiligen Registrierungsdossiers<br />
<strong>der</strong> Rohstoffe beschrieben werden, beispielsweise<br />
<strong>die</strong> Verwendung von Stoffen in Lacken und<br />
Beizen zur Holz und Holzwerkstoffbeschichtung.<br />
Konsequenzen<br />
Natürlich hat REACH Konsequenzen entlang <strong>der</strong> gesamten<br />
Lieferkette eines Produktes. Auch uns als Lack- und<br />
Beizenhersteller und unsere Kunden wird REACH betreffen.<br />
Sämtliche Tests und Prüfungen, welche infolge von<br />
REACH anfallen werden, haben ein gewisses Kostenpotenzial,<br />
welches sich auf Rohstoffpreise auswirken o<strong>der</strong><br />
dazu führen könnte, dass auf Grund <strong>die</strong>ser Kosten bestimmte<br />
Rohstoffe aus dem Programm unserer Lieferanten<br />
gestrichen werden. Damit <strong>die</strong>s nicht geschieht,<br />
könnte man von uns als nachgeschaltetem Anwen<strong>der</strong><br />
u.U. verlangen, dass wir uns an den Registrierungskosten<br />
beteiligen. Wenn uns einige Rohstoffe dadurch nicht<br />
mehr zur Verfügung stehen, besteht <strong>die</strong> Möglichkeit,<br />
dass sich unsere Produktpalette dementsprechend anpassen<br />
wird bzw., dass höhere Entwicklungskosten auf<br />
uns zukommen könnten. Wir werden uns im Vorfeld mit<br />
unseren Lieferanten in Verbindung setzen, ob unsere<br />
Rohstoffe mit <strong>der</strong> entsprechenden Anwendung registriert<br />
werden, damit wir rechtzeitig <strong>für</strong> REACH und seine<br />
Folgen gerüstet sind. Hier sind wir als Lack- und Beizen-<br />
Hersteller jedoch nicht alleine. Sämtliche Materialien,<br />
welche auf Chemikalien beruhen, werden von REACH in<br />
Mitleidenschaft gezogen. Wird zum Beispiel <strong>die</strong> Möbelindustrie<br />
betrachtet, sind alle Materialhersteller betroffen,<br />
welche Chemikalien als Rohstoffe benutzen, <strong>die</strong> registrierungspflichtig<br />
sind.<br />
Zu nennen wären zum Beispiel:<br />
• Rohstoffe zur Herstellung von Polyvinylacetat<br />
(z.B. Herstellung von Kunstharzleim)<br />
• Rohstoffe zur Metallverarbeitung (z.B. Herstellung<br />
von Türbeschlägen, Scharnieren)<br />
• Monomere zur Herstellung von Polymere<br />
(z.B. Kunststoffe zur Herstellung von Türgriffen)<br />
Alle materiellen Produkte bestehen aus Stoffen. Die <strong>Aus</strong>wirkungen<br />
von REACH treffen deshalb nicht nur <strong>die</strong> chemische<br />
Industrie, son<strong>der</strong>n nahezu alle Branchen und<br />
Unternehmen aller Größen, z. B. <strong>der</strong> Textil-, Elektronikund<br />
Automobilindustrie, des Maschinen- und Anlagenbaus<br />
bis zum Handwerksbetrieb.<br />
Stu<strong>die</strong>n<br />
Über 30 Stu<strong>die</strong>n wurden zu den <strong>Aus</strong>wirkungen von<br />
REACH durchgeführt. Unter an<strong>der</strong>em ist hier <strong>die</strong> KPMG-<br />
Stu<strong>die</strong> (Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaften)<br />
zu nennen, welche von verschiedenen Organisationen<br />
(z.B. Cefic: European Chemical Industrie council)<br />
in Auftrag gegeben wurde.<br />
Ergebnisse waren hier:<br />
• Benachteiligung des Mittelstands<br />
• Signifikanter Stoffentfall zu be<strong>für</strong>chten<br />
• Formulierer erwarten hohe Reformulierungs- und<br />
Anpassungskosten<br />
• REACH ist innovationsfeindlich<br />
• REACH benachteiligt EU-Standorte<br />
REACH bezieht sich auf Stoffe und nicht auf <strong>die</strong> fertigen<br />
Erzeugnisse. Hier besteht <strong>die</strong> Gefahr, dass <strong>die</strong>se Erzeugnisse<br />
in NichtEU-Staaten produziert werden, so dass<br />
REACH umgangen wird. Wird zum Beispiel ein Tisch<br />
inklusive sämtlicher Materialien im europäischen <strong>Aus</strong>land<br />
produziert, so ist <strong>die</strong>ser nicht von REACH betroffen.<br />
Der Tisch kann also in <strong>die</strong> EU durch einen Möbelanbieter<br />
importiert werden, ohne dass REACH einen Einfluss<br />
auf <strong>die</strong> Kosten des Möbels hat. Folglich kann <strong>die</strong>ser<br />
Anbieter seinen Tisch <strong>für</strong> einen günstigeren Preis<br />
anbieten.<br />
Fazit<br />
Fakt ist, REACH wird kommen. Trotz aller Diskussionen<br />
und Stu<strong>die</strong>n sollte das Positive von REACH gesehen<br />
werden. Sämtlichen nachgeschalteten Anwen<strong>der</strong>n wird<br />
durch REACH <strong>die</strong> Möglichkeit gegeben, sich ausführlich<br />
über <strong>die</strong> verwendeten Stoffe bezüglich <strong>der</strong> vorgesehenen<br />
Anwendung zu informieren und dadurch sich selbst und<br />
seine Umwelt vor etwaigen Gefährdungspotenzialen zu<br />
schützen.<br />
Durch das Medium Sicherheitsdatenblatt hat <strong>der</strong> Kunde<br />
bisher Informationen bezüglich <strong>der</strong> verwendeten Stoffe<br />
erhalten. Dieses wird durch REACH durch zusätzliche<br />
Stoffdaten erweitert, welche <strong>für</strong> <strong>die</strong> jeweilige Anwendung<br />
relevant sind.<br />
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