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b - Didaktische Analyse von Musik

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Hubert Wißkirchen 26.02.2012Schönberg vertritt einen elitären Standpunkt, der vom Glauben an den stetigen „Fortschritt“ geprägt ist. Alles, was dem „Stand desMaterials“, wie er ihn versteht, nicht entspricht, ist minderwertig und dient der bloßen, negativ gesehenen Unterhaltung.Phasen:I II III IV V VIKlangflächenkomposition: Die ‚glockenähnlichen‘ Akkordklänge markieren einen ‚zeitlosen‘ Raum, der auch nach denEntwicklungen ab T. 5 am Schluss sich wieder konstituiert. Das kann man als Parallele zu Schumanns langem „Rezitieren“ auf demTon b sehen.‚Melodischer Gegenpol‘: Den Gegenpol bilden die melodischen (roten) Linien. Sie markieren das subjektive Empfinden der Trauer.Die erste melodische Wendung in T. 3/4 ist die hoch ‚aufleuchtende‘ mi-fa-mi-Figur dis‘‘‘-e‘‘‘-dis‘‘‘. In T. 5/6 wird daraus der große‚Seufzer gis-fis. In T. 7 tritt die Melodik „mit sehr zartem Ausdruck“ rein auf. Diese Figur beginnt wieder mit dem mi-fa-mi-Motivd‘‘-cis-d, das allerdings im ersten Intervall entsprechend der emotionalen Sprengkraft der Stelle über zwei Oktaven gestreckt ist 14 .Die nachfolgende Stille (T. 8) verstärkt die Wirkung der Figur. In T. 8 treten Auf- und Abwärts-‚Seufzer‘ leicht gegeneinanderverschoben gleichzeitig auf. In die abschließende Klangfläche mit der Grundfigur des Anfangs hinein hält - in tiefster Lage undwieder über eine Oktave gestreckt - die Abwärts-Sekunde B-As die Erinnerung an die subjektive Bewegung aufrecht, denn dieseTöne (b und gis=as) waren es, die in Takt 5 die Statik aufbrachen.Tonalität:Das Stück lässt mit Begriffen wie Dur oder Moll oder Modus nicht fassen. Es ist aber auch nicht atonal in dem Sinne, dass es keintonales Zentrum hat. Eindeutig bilden die Dreiton-Klänge a-fis-h und g-c-f ein starkes Grundgerüst, das sich gegenüber allen‚Abirrungen‘ behauptet. Es gibt sogar Restbestände herkömmlicher Harmonik. Der a-fis-h-Klang ist – vor allem zusammen mit demdis‘‘ (T. 3/4) – eindeutig ein Dominantseptimenakkord. Ihm wird aber der nicht zu ihm passende g-c-f-Akkord beigemischt, der einQuartenakkord ist und als solcher nicht kompatibel zur Dur-Moll-Harmonik. Allerdings ist dieser Klang nicht beliebig gewählt, dennauch er lässt sich – wie der H 7 -Akkord - auf das folgende E7 (T. 5/6, Bassregion) beziehen, z. B. als quasi-phrygische Wendung 15 .Motivische Arbeit:Hier sieht sich Schönberg ganz in der Tradition der klassischen <strong>Musik</strong>, vor allem in der Fortführung Beethovenscher undBrahmsscher Entwicklungstechnik, in der die Einheit des Expressiven und des Strukturellen durch motivischeMetamorphosentechnik gewährleist ist. Die formale Anlage <strong>von</strong> op. 19, 6 lässt etwas wie ‚thematischen Dualismus‘, wie ‚Exposition– Durchführung – Reprise‘ durchscheinen. In seinem oben zitierten Vortrag <strong>von</strong> 1931 beschreibt Schönberg die ‚entwickelndeVariation‘ als das ihm gemäße Verfahren musikalischer Logik. Das lässt sich am vorliegenden Stück gut aufweisen. Nichts wird nurwiederholt. Alles ist in dauernder Veränderung. Phase II weist gegenüber Phase I eine rhythmische Verschiebung der beiden Klängegegeneinander auf und das Hinzutreten des melodischen Motivs. In Phase III erfolgt eine weitere Verdichtung, die Klänge geraten insPurzeln. Das ganze ‚Gebäude‘ scheint zusammenzubrechen. Mühsam muss die Grundkonstellation wieder aufgebaut werden. Auchdas kann man in Parallele zu Schumanns „Ich hab im Traum geweinet“ sehen. Der Unterschied ist allerdings auch groß: BeiSchumann ein längeres Ausbreiten der Entwicklung und ein drastischer Ausbruch, bei Schönberg äußerstes Sich-zurück-Nehmen -vgl. die dynamischen Angaben! -, und Trostlosigkeit an der Grenze des Verstummens.Willi Reich (s.o.) nennt Schönberg mit Recht einen „konservativen Revolutionär“.14 Vorbereitet ist diese ‚gestreckte‘ Halbton durch die Verschiebung des Quartenakkords in Takt 5, wodurch die Spitzentöne der beiden Klänge (a-fishund c-g-b) die kleine None h‘‘-b‘ bilden.15 Der phrygische fallende Leitton f-e ist ein uraltes Lamentomotiv.33

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