12.07.2015 Aufrufe

Behandlung des Tourette-Syndroms - Medizinische Hochschule ...

Behandlung des Tourette-Syndroms - Medizinische Hochschule ...

Behandlung des Tourette-Syndroms - Medizinische Hochschule ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

die zufolge, konnte aber kein Effekt dieses Medikamentesauf das TS nachgewiesen werden.Cannabis sativaEs liegen anekdotische Mitteilungen vor, wonach bei einzelnenPatienten der Konsum von Cannabis (Marihuana,Haschisch) zu einer Abnahme von Tics und Verhaltensauffälligkeitenführt. In einer systematischen Befragung gabenetwa 80% derjenigen Patienten, die Erfahrungen mitCannabis hatten, an, dass der Konsum von Cannabis einengünstigen Effekt auf das TS habe. In zwei kleineren kontrolliertenStudien führte die <strong>Behandlung</strong> mit delta-9-Tetrahydrocannabinol(THC, Dronabinol), dem Hauptwirkstoffder Cannabispflanze, zu einer signifikanten Abnahme vonmotorischen und vokalen Tics. Als Nebenwirkungen tratengelegentlich Müdigkeit, Benommenheit und Schwindel, seltenAngst und Unruhe ein. Bei einzelnen Patienten führteeine Kombinationsbehandlung mit THC und einem Neuroleptikumzu einer befriedigenden Verminderung der Tics.Bei Erwachsenen kann THC daher als Alternative gesehenwerden, wenn zuvor <strong>Behandlung</strong>sversuche mit Neuroleptikanicht zu einer Verminderung der Tics oder starken Nebenwirkungenführten. Bei Kindern sollte THC nicht angewandtwerden, da es bei gesunden CannabiskonsumentenHinweise darauf gibt, dass ein sehr junges Alter zum Beginn<strong>des</strong> Konsums möglicherweise im Erwachsenenalter zuStörungen von Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Konzentrationführen könnte.Antibiotika und ImmuntherapieSeit wenigen Jahren wird diskutiert, ob bei einem Teil der<strong>Tourette</strong>-Patienten Infektionen mit Bakterien (in erster LinieStreptokokken) und Viren bzw. daraus resultierende Immunvorgängekrankheitsauslösend oder –unterhaltend sind.Aus dieser Vermutung resultieren Therapieansätze mit Antibiotikaund verschiedenen in das Immunsystem eingreifendenSubstanzen. Nach allgemeiner Überzeugung solltenderartige <strong>Behandlung</strong>en derzeit nur im Rahmen klinischerStudien erfolgen, um Risiken kalkulieren und den Therapieeffektgenau festlegen zu können (näheres siehe im AbschnittPANDAS).NeurochirurgieNur Einzelmitteilungen liegen über operative <strong>Behandlung</strong>en<strong>des</strong> TS vor. Im Rahmen derartiger Operationenwurden mehrheitlich eng umschriebene Areale in verschiedenenHirnstrukturen (Thalamus, Cingulum, Stirnhirn,Kleinhirn) zerstört, um schwerste, medikamentös nicht beeinflussbareTics und andere Symptome <strong>des</strong> TS (z.B.schwerste Zwänge oder Selbstverletzungen) zu vermindern.Weltweit gibt es in der wissenschaftlichen Literaturvon 1960 bis heute gut 20 Berichte über insgesamt 65Patienten, bei denen solche läsionellen („zerstörenden“)Hirnoperationen durchgeführt wurden. Auch wenn in einzelnendieser Berichte deutliche Symptomverbesserungenbeschrieben wurden, so führten einige dieser Eingriffe zuschweren, zum Teil bleibenden Nebenwirkungen oder siehatten keinerlei Effekt.Solche Operationen müssen derzeit als Ausnahmebehandlungbzw. als experimentelle Therapie betrachtet werden,zumal nicht einmal Klarheit über den Operationsortbesteht.Im Jahre 1999 wurde erstmals über eine erfolgreiche <strong>Behandlung</strong>eines einzelnen Patienten mit tiefer Hirnstimulation(„deep brain stimulation, DBS“) berichtet. Bei dieserMethode, die sich in der <strong>Behandlung</strong> anderer Bewegungsstörungen(wie etwa der Parkinson-Krankheit) bewährthat, werden Elektroden in das Gehirn gelegt, diedurch eine elektrische Stimulation zu einer Unterbrechungder Hirnfunktion an umschriebener Stelle führen. Die Zahlder veröffentlichten <strong>Behandlung</strong>en ist derzeit noch sehrgering, die Zahl der weltweit insgesamt durchgeführtenImplantationen bei TS kann auf etwa 20–30 geschätztwerden. Auch bei dieser Operationsmethode ist gegenwärtigunklar, welches der optimale Stimulationspunkt imGehirn ist. Bisher wurden Stimulationsbehandlungen imThalamus, im Globus pallidus und im Nucleus accumbensdurchgeführt. In den Niederlanden sind kontrollierte Studiengeplant, um die Wirksamkeit dieser <strong>Behandlung</strong>sformbei TS besser beurteilen zu können. Aktuell kann nur inausgewählten Einzelfällen bei sehr schwerem TS, dasdurch etablierte Therapien nicht gebessert werden kann,eine derartige Hirnstimulation in Betracht gezogen werden.1819

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!