Jahrbuch 2011 - Förderverein des Canisianum - Gymnasium ...
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Reisen und Lernen<br />
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Fortsetzung von Seite 125<br />
an, die sich von all dem nicht abschrecken<br />
ließen. Am Samstagmorgen, den<br />
20.März 2010, ging es dann um 7.00 Uhr<br />
ab Bahnhof Lüdinghausen los. In Düren<br />
stieg noch eine andere Gruppe dazu:<br />
Elf Schülerinnen der Jahrgangsstufe 12<br />
der privaten St. Angela-Schule, einem<br />
katholischen <strong>Gymnasium</strong> für Mädchen,<br />
begleitet von zwei Lehrern. Anfangs erschien<br />
diese Gruppe den meisten unserer<br />
Schüler natürlich noch fremd, auf der<br />
Rückfahrt mit derselben Gruppe gab es<br />
dann rührende Abschiedsszenen.<br />
Eigentlich beginnt die Woche<br />
in Taizé für die jugendlichen Pilger am<br />
Sonntag und so hingen wir nach der<br />
Ankunft am Samstag ein wenig in der<br />
Luft. Die Unterkunft, die man dann am<br />
Samstagabend bekommt, muss man<br />
am Sonntagmorgen sofort wieder räumen.<br />
Aber die Canisianer hatten sich<br />
schnell eingefunden und übernahmen<br />
bald notwendige Aufgaben wie z. B. die<br />
Begrüßung weiterer ankommender<br />
Gruppen. Unser Schülersprecher, Niko<br />
Gernitz, hatte in kurzer Zeit die Organisationsstruktur<br />
durchschaut und<br />
schaffte es, dass die Wünsche der<br />
Teilnehmer unserer Gruppe so weit wie<br />
möglich berücksichtigt wurden.<br />
Vor der Fahrt hatten wir noch einige<br />
Bedenken, ob das Wetter mitspielen<br />
würde. Eine Woche zuvor hatte es noch<br />
geschneit und aus Taizé kam die Bitte,<br />
dass wir eigene Zelte mitbringen sollten,<br />
da man eine Unterbringung in Baracken<br />
nicht garantieren könne. Vor Ort sah es<br />
dann freundlicher aus: Barackenplätze<br />
gab es genug und in Burgund war es<br />
trocken und über 10°C warm. Angesichts<br />
<strong>des</strong>sen, dass man die längste Zeit <strong>des</strong><br />
Tages unter freiem Himmel verbringt,<br />
war das nicht zu verachten. Die Sonne<br />
hielt sich dann bis Freitag, was wesentlich<br />
zu einer guten Stimmung beitrug.<br />
Schnell war uns aber klar, dass<br />
der multikulturelle Charakter <strong>des</strong><br />
Treffens in dieser Woche leider stark<br />
durch die Osterferien der Niedersachsen<br />
untergraben werden würde, denn über<br />
die Hälfte der Taizé-Teilnehmer stammte<br />
aus unserem nördlichen Nachbar-Bun<strong>des</strong>land.<br />
Spaniern und Italienern war es<br />
offensichtlich noch zu kalt. So blieb<br />
die dominierende Sprache Deutsch, in<br />
der Wochenmitte kam allerdings noch<br />
Bayerisch hinzu. Schließlich waren<br />
wir für die Anwesenheit der Niedersachsen<br />
doch noch dankbar, denn ohne die<br />
Begegnung mit anderen fehlt in Taizé das<br />
Entscheidende.<br />
Probleme mit Alkohol, die bei den<br />
Tagen religiöser Orientierung bisweilen<br />
eine Rolle spielen, können in Taizé<br />
kaum aufkommen. Der einzige Ort, an<br />
dem man nach Vorlage eines Ausweises<br />
pro Person ein Glas Bier oder Wein<br />
bekommt, hat abends nur für eine halbe<br />
Stunde geöffnet. In dieser Zeit schafft<br />
man es aufgrund der langen Schlange<br />
höchstens zu zwei kleinen Gläsern Bier<br />
oder Wein. Die Brüder behalten sich vor,<br />
Einfaches Leben in Taizé: Zum Essen benötigt<br />
man nur Holzbänke, einen Teller, einen Löffel<br />
und Gemeinschaft.<br />
Gruppen, in denen mitgebrachter Alkohol<br />
konsumiert wird, einen Platzverweis<br />
zu erteilen und haben eine „Beichtstelle“<br />
eingerichtet, bei der man „versehentlich“<br />
mitgebrachten Alkohol gleich bei der<br />
Ankunft abgeben und bei der Abfahrt<br />
wieder zurückbekommen kann.<br />
Von der täglichen Arbeit waren alle<br />
sehr angetan. Mit großer Begeisterung<br />
wurden Toiletten gereinigt, der Müll im<br />
Lager eingesammelt, der Abwasch in der<br />
Großküche und all das, was an Arbeiten<br />
in so einer großen Gruppe anfällt,<br />
erledigt. Eltern hätten ihre Freude daran<br />
gehabt zu sehen, zu welchem Engagement<br />
bei sonst eher unangenehmen<br />
Tätigkeiten ihre Kinder in der Lage sind.<br />
Außerdem nahm jeder Teilnehmer an<br />
einer Diskussionsgruppe teil. Hier waren<br />
die Erfahrungen dann etwas gemischt. In<br />
einigen Gruppen dominierten Einzelne<br />
das Gespräch und die Gruppe kam nicht<br />
so richtig weiter – in anderen Gruppen<br />
war es möglich, zu einem tiefergehenden,<br />
persönlicheren Gespräch zu kommen.<br />
Die interessanteren Begegnungen fanden<br />
dann manchmal auch außerhalb <strong>des</strong><br />
offiziellen Programms statt.<br />
Ein zentraler Begegnungsort ist in<br />
Taizé die Kirche. Morgens, mittags und<br />
abends findet eine Andacht statt, in<br />
der Gesang, Lesungstexte und Stille die<br />
tragenden Elemente sind. Obwohl es<br />
schon gewaltig ist, wenn 1000 Jugendliche<br />
gleichzeitig Lieder in allen Sprachen<br />
singen, war die Stille von sieben Minuten<br />
etwas, an das sich die Schüler erst<br />
gewöhnen mussten. Anfangs war es für<br />
einige kaum auszuhalten, am Ende der<br />
Woche wurde es von den meisten als<br />
etwas sehr Wertvolles angesehen. Wenn<br />
man jemandem erzählen würde, dass<br />
Jugendliche, die zum Teil kaum kirchliche<br />
Erfahrungen haben, in acht Tagen<br />
freiwillig 23-mal in einen Gottesdienst<br />
gehen, so würde man es kaum glauben<br />
können.<br />
Was sich in Taizé auch anders<br />
darstellt, als wir es von Lüdinghausen<br />
gewohnt sind, ist das Anstehen in der<br />
Schlange. Wer schon einmal unsere<br />
Schüler beim Anstehen für das Einsteigen<br />
in den Schulbus gesehen hat, ist<br />
bisweilen erschüttert. In Taizé waren die<br />
Schlangen vor der Essensausgabe viel<br />
gewaltiger – so etwa 100 m lang. Aber<br />
die Stimmung war trotzdem gut: Hier<br />
und da gab es Gruppen, die sangen oder<br />
trommelten und außerdem hatten die<br />
Schlangen etwas Soziales. Entdeckte man<br />
Leute, die man kannte, war das „aktive<br />
Reisen und Lernen<br />
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