69/70 (2010/2011) - Recensio.net
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Rezensionen<br />
Gábor ágoSton, Feuerwaffen für den Sultan. Kriegswesen und Waffenindustrie im<br />
Osmanischen Reich. 1 Übers. Ralf C. Müller. Leipzig: Eudora-Verlag <strong>2010</strong>. 381 S.,<br />
20 Abb., 4 Kt., ISBN 978-3-938533-10-9, € 39,90<br />
Angezeigt werden soll hier die deutsche Übersetzung der 2005 erschienenen Studie mit<br />
dem Titel „Guns for the Sultan. Military Power and the Weapons Industry in the Ottoman<br />
Empire“, die in den Südost-Forschungen bereits ausführlich vorgestellt wurde. 2 Gegenüber der<br />
englischen Originalausgabe wurden in Aufbau und Inhalt keine größeren Veränderungen<br />
vorgenommen, weswegen das in der Erstbesprechung Gesagte auch für diese Übersetzung<br />
seine Gültigkeit hat.<br />
Der Hauptvorzug dieser Studie besteht in einer systematischen Darstellung der Waffentechnik,<br />
ihrer Entwicklung und ihren Produktionsstätten im Osmanischen Reich. Dabei<br />
orientieren sich die sieben Kapitel nicht an der Chronologie der kriegerischen Ereignisse,<br />
sondern an der Entwicklung einzelner Teilbereiche der frühneuzeitlichen Rüstungsindustrie.<br />
Die Einleitung (Kapitel 1, „Feuerwaffen und Rüstungsindustrie“, 23−42) und Kapitel 7,<br />
die „Schlussbemerkungen: Feuerwaffen und Reich“ (281−303), dienen in diesem Zusammenhang<br />
einer Gesamtschau der Bedeutung der Feuerwaffen für die Modernisierung der<br />
militärischen Industrie allgemein bzw. für die Strategie des osmanischen Militärs. Insbesondere<br />
im 7. Kapitel wird manch weitverbreitetes Klischee widerlegt. So unterschieden sich die<br />
osmanischen Feuerwaffen in technischer Hinsicht nur wenig von denen aus habsburgischer<br />
oder italienischer Produktion, auch wenn unterschiedliche Bauformen und Verzierungen<br />
dies suggerierten. Jedoch waren im Bereich der Artillerie mehr unterschiedliche Geschütztypen<br />
in Gebrauch als bei den gegnerischen Armeen, so dass das Osmanische Reich in der<br />
Frage der Standardisierung hinter seinen europäischen Konkurrenten stets zurückblieb.<br />
Besonders breiten Raum nimmt das 2. Kapitel mit dem Titel „Die Schießpulvertechnologie<br />
und die Osmanen“ ein (43−101), denn, wie schon in der Petition des Großwesirs<br />
Yemişçi Hasan Pascha aus dem Jahre 1603 zu lesen steht, kann eine noch so große Menge<br />
an Goldmünzen „Schießpulver nicht ersetzen, denn Festungen verteidigt und Kriege führt<br />
man mit Schießpulver“ (6). Die Kapitel 3 bis 6 sind dann der Produktion von Salpeter bzw.<br />
verschiedenen Formen von Feuerwaffen sowie deren Herstellung gewidmet.<br />
<strong>69</strong> Tabellen sind im Anhang aufgeführt, die einen statistischen Überblick über die<br />
Waffenproduktion des Osmanischen Reiches aus verschiedensten Blickwinkeln erlauben.<br />
Hinzu kommen Anmerkungen zu Maßen und Gewichten, eine Bibliographie und ein<br />
Register. Das schon vom Rezensenten der englischen Originalausgabe angemahnte Glossar<br />
der osmanischen Termini fehlt leider auch hier.<br />
Die nun vorliegende deutsche Übersetzung kann letztlich nur begrüßt werden. Abseits<br />
des Schlachtengetümmels erlaubt sie einen (auch vergleichenden) Blick auf einen Teilbereich<br />
der osmanischen Militärgeschichte, der bislang leider allzu deutlich vernachlässigt wurde.<br />
Regensburg Peter Mario Kreuter<br />
1 Es sei der Hinweis erlaubt, dass es sich hierbei um den Titel handelt, der auf dem Buchdeckel<br />
angegeben wird. Auf der Haupttitelseite im Buch selbst lautet der Untertitel abweichend „Militärische<br />
Stärke und Waffenindustrie im Osmanischen Reich“.<br />
Südost-Forschungen <strong>69</strong>/<strong>70</strong> (<strong>2010</strong>/<strong>2011</strong>) 541