69/70 (2010/2011) - Recensio.net
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Geschichte: „Frühe Neuzeit“ bis 1848/1878<br />
Der dritte und letzte (251−291) sowie auch kürzeste Teil mit dem Titel „Potopisni<br />
dodatek“ (man könnte ihn übersetzen mit „Anhang: Reisetagebuch“), gemäß dem Autor<br />
„ponazarja in aktualizira v sliki in besedi vlogo in pomen Primoža Trubarja danes“ (illustriert<br />
in Wort und Bild die Rolle und die Bedeutung von Primus Truber heute, 17). In diesem<br />
Teil übernimmt der Autor – den wir während des gesamten Buches in seiner doppelten<br />
Funktion als Forscher und Priester wahrnehmen – entschieden letztere Rolle. Die beiden<br />
Reiserouten, die behandelt werden, sind zwei Pilgerreisen – die erste katholisch, die zweite<br />
evangelisch, beide jedoch bestimmt von einem tiefen ökumenischen Geist – und haben<br />
beide im Gedenkjahr von Truber stattgefunden, also 2008, auf den Spuren des Autors des<br />
ersten slowenischen Buches. Es gibt verschiedene aktuelle Ansätze, die vom energischen<br />
Diener Gottes, Štrubelj, wahrgenommen werden, der keine Gelegenheit auslässt, aktuelle<br />
Botschaften an alle Christen und Katholiken zu richten, besonders an seine und Trubers<br />
kleine Heimat, Slowenien, ein Land, dem es seiner Ansicht nach gerade auch dank<br />
seines großen Landsmannes gelungen ist, trotz seines geringen Ausmaßes und trotz des<br />
1000-jährigen vorherrschenden Einflusses der germanischen Elemente, eine eigene und<br />
präzise kulturelle Identität zu erlangen, eine gefestigte Position innerhalb der europäischen<br />
Völker.<br />
Wie bereits zuvor gesagt, besitzt der Autor eine lebendige und originelle Art, das Thema<br />
darzulegen. Manchmal bedient er sich vielleicht zu gewagter Systeme, die aber zweifelsohne<br />
wirksam sind: Etwa bei der Hälfte des Buches gibt er beispielsweise Truber das Wort und<br />
lässt diesen in einem langen Passus von 15 Seiten (162−176) eine Art Tagebuch schreiben, in<br />
dem er die letzten in Krain zugebrachten Tage vor dem letzten langen deutschen Exil erzählt,<br />
aus dem er nicht zurückkehren sollte. Štrubelj lässt den Vater des Protestantismus seine<br />
eigenen Erfahrungen erzählen, die er mit zahlreichen konkreten Bezugnahmen, geschickt<br />
mit zahlreichen Personen, Ortsangaben, Daten und reellen Ereignissen rekonstruiert. So<br />
gibt er dem Leser ein Instrument, um sich das, was auf den vorhergehenden Seiten bereits<br />
auf recht schulmeisterliche Art genannt worden ist, besser einzuprägen, aber nicht ohne<br />
die Gelegenheit zu nutzen, verschiedene Kommentare einzufügen, die ganz klar Truber in<br />
den Mund gelegt werden.<br />
Um zwei weitere Beispiele der so einfallsreichen Methodologie des Autors zu nennen: Auf<br />
den Seiten 6 und 7, gleich nach der traditionellen Inhaltsangabe, finden wir eine weitere mit<br />
dem Titel „Abecednik“ (ABC-Fibel), die abgesehen von der Ähnlichkeit mit dem Titel des<br />
zweiten von Truber veröffentlichten Buches (eben „Abecedarium“, 1550) eine Art zweite,<br />
parallel laufende Inhaltsangabe darstellt, deren Themen (der spirituelle Weg des Vaters der<br />
Reformation in Slowenien, die das Gegenstück zum rigoros biographischen Verlauf der<br />
Kapitel darstellt) sich entlang des gesamten Buches entwickeln.<br />
Im letzten Teil wird erneut (sicherlich auf redundante Art, aber nicht ohne pädagogische<br />
Wirksamkeit) die gesamte Biographie Trubers zusammengefasst, und dies ausgehend<br />
von Stichworten aus dem Gedicht eines bekannten slowenischen Poeten des anfänglichen<br />
20. Jh.s, Srečko Kosovel: „Moje življenje je moje, slovensko, sodobno, evropsko in večno“<br />
(Mein Leben gehört mir, es ist slowenisch, modern, europäisch und ewig, 255). Jeder Vers<br />
dieser kurzen Komposition dient als Titel eines der kurzen zusammenfassenden Kapitel<br />
(256−265).<br />
536 Südost-Forschungen <strong>69</strong>/<strong>70</strong> (<strong>2010</strong>/<strong>2011</strong>)