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Heil und Heilung für Suchtkranke durch Sinnsysteme? Ergebnisse ...

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<strong>Heil</strong> <strong>und</strong> <strong>Heil</strong>ung für <strong>Suchtkranke</strong> <strong>durch</strong><strong>Sinnsysteme</strong>? <strong>Ergebnisse</strong> derempirischen Forschung im ThemenfeldReligion <strong>und</strong> SuchtFachtagung „Sinnerfahrung als Chance“. Spirituelle Ressourcen,evidenzbasierte Medizin <strong>und</strong> Sucht im „Haus am Dom“, AkademischesZentrum Rabanus Maurus, Frankfurt/M., 07. Februar 2007Michael KleinKatholische Fachhochschule NRWKompetenzplattform Suchtforschungc: Klein, M., Köln 2007


<strong>Heil</strong> <strong>und</strong> <strong>Heil</strong>ung für <strong>Suchtkranke</strong> <strong>durch</strong><strong>Sinnsysteme</strong>? <strong>Ergebnisse</strong> der empirischenForschung im Themenfeld Religion <strong>und</strong> SuchtÜberblick/Gliederung• Wurzeln• Definitionen• <strong>Ergebnisse</strong> der Forschung• Folgerungen <strong>und</strong> Aussichtenc: Klein, M., Köln 2007


I. WurzelnDie Sucht, die seit dem 16. Jahrh<strong>und</strong>ertthematisiert wurde, erhielt zunächst einspirituelles Problemgewand, bevor siemedizinisiert wurde (ca. seit 1800).c: Klein, M., Köln 2007


Gott als Suchttherapeut(„<strong>Heil</strong>er“)?c: Klein, M., Köln 2007


c: Klein, M., Köln 2007


<strong>Heil</strong>Wohlergehen, Glück; altgermanischer Gruß <strong>und</strong>Wunsch; im religiösen Sinn: Wohl der Seele(Seelenheil) oder ewige Glückseligkeit (ewiges <strong>Heil</strong>).<strong>Heil</strong> drückt Begnadung, Erfolg, Ganzheit oderGes<strong>und</strong>heit oder aber in religiöser Bedeutung Erlösungaus. Abwandlung des Wortes finden sich in sehrunterschiedlichen Zusammenhängen (z.B.:„Waidmanns <strong>Heil</strong>!“ oder „heilsam“).c: Klein, M., Köln 2007


<strong>Heil</strong> <strong>und</strong> <strong>Heil</strong>ungKlassisches Krankheitsmodell derSucht („folkscience model“):Chronische, progredienteErkrankung des Körpers <strong>und</strong> derSeele, die nur zum Stillstand, abernicht umfassend geheilt werdenkann.c: Klein, M., Köln 2007


<strong>Heil</strong> <strong>und</strong> <strong>Heil</strong>ungModernes Verständnis von Sucht:Störung der Selbstregulation in Bezug auf denKonsum bestimmter Substanzen. Primäre odersek<strong>und</strong>äre Störung. Daher ggf. selbstinitiiertesVerhalten zur Affekt- <strong>und</strong> Emotionsregulation, zurtemporären Persönlichkeits- <strong>und</strong>Verhaltensveränderung.c: Klein, M., Köln 2007


<strong>Heil</strong> <strong>und</strong> <strong>Heil</strong>ungRolle der Spiritualität für<strong>Suchtkranke</strong>:Spirituelles DefizitSpirituelle DesorientierungNicht-Erreichbarkeit für Spiritualitätc: Klein, M., Köln 2007


II. Definitionenc: Klein, M., Köln 2007


Was ist Sucht?Eine Störung des Verhaltens <strong>und</strong> Erlebens im Bereich derSelbstkontrolle nach Gewöhnung an substanzinduzierteVerstärkung (psychologisch)Das Resultat des totalen, maximalen Verlangens nachLust, Glück <strong>und</strong> Ekstase (anthropologisch)Die wiederholte Stimulation desSelbstbelohnungszentrums mit psychotropen Substanzenzur Erzeugung angenehm erlebter Zustände(neurophysiologisch)c: Klein, M., Köln 2007


Sinn <strong>und</strong> SuchtDas Gehirn eines jeden Menschen erfindetin Interaktion mit der Umwelt ein jeweiliges„Selbst“. Dieses weist ein permanentesStreben nach Konstanz, Konsistenz,Widerspruchsfreiheit, Kausalität <strong>und</strong>Kohärenz, kurz nach sinnhaftem Erleben,auf. Süchtiges Verhalten kompensiertzunächst Defizite im Selbst <strong>und</strong> erzeugtspäterhin solche Defizite.c: Klein, M., Köln 2007


Sinn <strong>und</strong> SuchtJeder Mensch hat imkognitionspsychologischen Sinn einStreben nach sinnhaftem Leben. Wasjedoch je individuell Sinn bedeutet, isthöchst unterschiedlich <strong>und</strong> unterliegt derZensur des jeweiligen Selbst. So könnenauch scheinbar sinnlose Dinge zu sinnhafterlebten Lebensinhalten werden.c: Klein, M., Köln 2007


Was macht Sinn am süchtigenVerhalten? (1)Die Wirkung psychotroper Substanzenstimuliert Glücksgefühle <strong>und</strong> verstärktda<strong>durch</strong> das Selbst – egal wie seinAusgangszustand war, d.h. jedes noch sofragile Selbst profitiert! (operantes bzw.inzidentielles Lernen)c: Klein, M., Köln 2007


Was macht Sinn am süchtigenVerhalten? (2)Die Wirkung psychotroper Substanzenrepariert Defizite des Selbst, die –bewusst oder implizit – als unerträglichwahrgenommen werden. (negativeVerstärkung; sek<strong>und</strong>äre Abhängigkeit;Selbstmedikation)c: Klein, M., Köln 2007


Was macht Sinn am süchtigenVerhalten? (3)Die Wirkung psychotroper Substanzenerlangt <strong>durch</strong> die Realität einer KulturAttraktivität <strong>und</strong> Nachahmungsreiz(Modelllernen) für Millionen viasymmetrischem oder komplementäremVerhalten.c: Klein, M., Köln 2007


Kontrolle <strong>und</strong> Illusion„Die Illusion des süchtigen Menschen, die dieser jaals Realität erlebt, jederzeit Kontrolle über seinVerhalten zu besitzen, konstituiert sich aus dem„Abheben“ gegen das jeweils Vorausgehendebzw. Andere seiner selbst. Gleichzeitig konstituiertdieses Abdichten die Illusion der Kontrolle im„abgehobenen“ Selbst über sein ganzes Sosein“(Schlimme, 2006, 49).c: Klein, M., Köln 2007


Die Konzepte Religion <strong>und</strong>Spiritualität„Religion is often characterized by itsbo<strong>und</strong>aries and spirituality by adifficulty to define ist bo<strong>und</strong>aries“(Miller, 2002).c: Klein, M., Köln 2007


Was ist Religion?: EineArbeitsdefinitionReligion ist die “gemeinschaftliche Betrachtung(religere) <strong>und</strong> die persönliche Bindung (religare)an eine letztgültige, übermenschlicheWirklichkeit… Sie umfasst eine subjektive, meistemotional vermittelte Transzendenzerfahrung,als auch ein öffentlich organisiertes <strong>und</strong>institutionalisiertes System von Glaubenslehren<strong>und</strong> Glaubenspraktiken“ (Utsch, 1998, 90).c: Klein, M., Köln 2007


SpiritualitätSpiritualität kann als „die Orientierung hin zu eineroder die Erfahrung mit transzendierenden <strong>und</strong>existenziellen Momenten im Leben“ definiertwerden (Thoresen, 1999, 293).[Thoresen, C.E. (1999). Spirituality and health. Is there a relationship? Journal ofHealth Psychology 4(3), 291 – 300.]c: Klein, M., Köln 2007


SpiritualitätSpiritualität ist nach Averill (1998) “ein Gefühl derVitalität <strong>und</strong> Kreativität – ein Gefühl derVerb<strong>und</strong>enheit mit sich selbst <strong>und</strong> mit der Umwelt<strong>und</strong> die Erkenntnis, dass das Leben einen tieferenSinn hat” .[Averill, J.R. (1998). Spirituality: From the m<strong>und</strong>ane to the meaningful - andback. Journal of Theoretical and Philosophical Psychology 18(2), 101 – 126.]c: Klein, M., Köln 2007


Biologische AnthropologieDer Glaube an Übersinnliches ist eineFähigkeit <strong>und</strong> Leistung des menschlichenGehirns, die sich in der Evolutionsgeschichteals vorteilhaft herausgebildet <strong>und</strong>differenziert hat.c: Klein, M., Köln 2007


Komponenten der Spiritualität I13 Komponenten von Spiritualität finden sich inder Summe in allen Publikationen (Cook, 2004):(1) Bezogenheit auf andere(2) Transzendenz(3) Humanität(4) Menschlicher Kern/Seele(5) Sinn <strong>und</strong> Zweck des Lebens(6) Authentizität/Wahrheit(7) Werte/Bedeutung(8) Nicht-Materialität/Nicht-Stofflichkeitc: Klein, M., Köln 2007


Komponenten der Spiritualität II13 Komponenten von Spiritualität findensich in der Summe in allen Publikationen(Cook, 2004):(9)Bezug/Abgrenzung zu Religion(10) Ganzheitlichkeit(11) Selbsterkenntnis/Selbsterkenntnis(12)Kreativität(13)Bewusstheit <strong>und</strong> Achtsamkeitc: Klein, M., Köln 2007


Diagnostische Instrumente: Skalazum spirituellen Wohlbefinden(Bufford et al., 1991)Beispielitems:19. Meine Beziehung zu Gott trägt zu meinemWohlbefinden bei.11. Ich glaube, Gott sorgt sich um meineProbleme.7. Ich habe eine tiefe Beziehung zu Gott.c: Klein, M., Köln 2007


III. <strong>Ergebnisse</strong> derForschungReligiosität/Spiritualität (R/S),Ges<strong>und</strong>heit, Suchtc: Klein, M., Köln 2007


Ist Religiosität ein schützenderFaktor in Bezug auf Ges<strong>und</strong>heit?Bergin (1983) berichtet, dass bei Betrachtung aller<strong>durch</strong>geführten Studien zur Beziehung zwischenReligiosität <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit 23% eine negativeBeziehung, 30% gar keine Beziehung <strong>und</strong> 47%eine positive Beziehung ergaben. Bei genauererPrüfung ergibt sich, dass religiöses Erleben nurdann als schützender Faktor für die Ges<strong>und</strong>heitzu werten ist, wenn es sich um intrinsischeReligiosität handelt.c: Klein, M., Köln 2007


Religiosität/Spiritualität (R/S)<strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit„Although the effect sizes are moderate, theretypically are links between religious practices andreduced onset of physical and mental illnesses,reduced mortality, and likelihood of recovery fromor adjustment to physical and mental illness. Thethree mechanisms <strong>und</strong>erlying these relationshipsinvolve religion increasing healthy behaviors,social support, and a sense of coherence ormeaning.” (George et al., 2000, 102).c: Klein, M., Köln 2007


R/S: Auf die Form, Ausprägung<strong>und</strong> Dosierung kommt es an„Spirituality and religion can be seenas beneficial, harmful and irrelevantto health“ (George et al., 2000).c: Klein, M., Köln 2007


Überblick zum Forschungsbereich<strong>und</strong> zu ForschungsaktivitätenIn den Datenbanksystemen MEDLINE <strong>und</strong>PsycINFO sind zwischen 1981 <strong>und</strong> 2001 inder Summe 265 Publikationen zum ThemaSucht <strong>und</strong> Spiritualität nachweisbar (Cook,2004).c: Klein, M., Köln 2007


III. <strong>Ergebnisse</strong>Teil A:R/S <strong>und</strong> Ätiologie von Suchtstörungenc: Klein, M., Köln 2007


Lebenssinnprobleme <strong>und</strong>Sucht„More than a dozen studies have fo<strong>und</strong> thatalcohol/drug abuse is associated with a lackof sense of meaning in life, relative to normalsamples“ (Miller, 1998, 983).c: Klein, M., Köln 2007


HauptfragestellungenDie Rolle spiritueller bzw. religiöser Variablen als:(1) Schutz- oder Risikofaktoren für Suchtprobleme(2) Bestandteile der Ätiologie <strong>und</strong> des Verlaufs vonSuchtstörungen(3) Abhängige Variablen, die von Suchtstörungenbetroffen werden(4) Bestandteile <strong>und</strong> Prognosefaktoren desGenesungsprozesses bei Suchtstörungen.c: Klein, M., Köln 2007


Spiritualität als protektiver Faktorbzgl. der Entstehung vonsubstanzbezogenen ProblemenIn einer vergleichenden Analyse von 140 Studien zuden Zusammenhängen zwischen Spiritualität <strong>und</strong>Alkohol- sowie Drogenmissbrauch zeigte sich, dassin 90% der Untersuchungen ein negativerZusammenhang zwischen Spiritualität <strong>und</strong>(übermäßigem) Alkohol- <strong>und</strong> Drogenkonsum zufinden war (Koenig et al., 2001).c: Klein, M., Köln 2007


Studien zum Zusammenhang zwischenSpiritualität <strong>und</strong> Substanzmissbrauch IAutorenJahrErgebnisNBrizzer1993Negativer Zusammenhang65Cochran et al.1988Religiöse Involviertheit positivmit vermindertemAlkoholkonsum korreliert7.851Holman et al.1993Je religiöser, desto wenigerAlkoholkonsum615Luna et al.1992Religiöse Studierende hattennegativere Einstellungen zumSubstanzkonsum955nach: Gorusch (1995)c: Klein, M., Köln 2007


Studien zum Zusammenhang zwischenSpiritualität <strong>und</strong> Substanzmissbrauch IIAutoren Jahr ErgebnisNPerkins1987Je religiöser Studierende sichwahrnahmen, desto wenigerProbleme mit Alkoholberichteten sie860Petterson1991Weniger Alkoholkonsum beireligiös orientierten Menschen?Taylor &Jackson1990Religion steht in Verbindungmit weniger Alkoholkonsum?nach: Gorusch (1995)c: Klein, M., Köln 2007


Noch einmal: Spiritualität als protektiver Faktorbzgl. der Entstehung von substanzbezogenenProblemenIn einer großen, repräsentativenBevölkerungsstichprobe (N = 1.920) zeigte sich,dass hohe Werte für Spiritualität (50% der Personen)stark negativ mit Substanzmissbrauchzusammenhingen (OR = 0. 64). Der Effekt konnteauch in der Regressionsanalyse <strong>durch</strong> keine andereVariable erklärt werden <strong>und</strong> hatte auch untermultivariater Analyse Bestand.[Coyle, C., Crum, R.M. & Ford, D.E. (2006). Associations between spirituality and substanceabuse symptoms in the Baltimore Epidemiologic Catchment Area Follow-Up, 1993 – 1996.Journal of Addictive Diseases 25, 125 c: – Klein, 132]. M., Köln 2007


FazitR/S sind eine wichtige (unterschätzte?)Ressource in der Prävention vonSuchtstörungenc: Klein, M., Köln 2007


III. <strong>Ergebnisse</strong>Teil B:R/S <strong>und</strong> die Behandlung/Therapie vonSuchtstörungenc: Klein, M., Köln 2007


Einfluss spiritueller Praktiken aufdie Genesung <strong>Suchtkranke</strong>r1. Meditation:Meditationen verschiedener Art haben sichbislang als hilfreich für Ges<strong>und</strong>heitsförderungerwiesen (Martin & Carlson, 1988).Eine der wenigen kontrollierten Studien imSuchtbereich (Murphy, Pagano & Marlatt, 1986)erbrachte keine Effekte für Besserung oderAbstinenz bei Alkoholabhängigkeit.c: Klein, M., Köln 2007


Einfluss spiritueller Praktiken aufdie Genesung <strong>Suchtkranke</strong>r2. Spirituell f<strong>und</strong>ierte Behandlungsprogramme:Das amerikanischeSuchttherapieforschungsprojekt MATCH stelltauch das größte RCT („randomized controllledtrial“) mit einem spirituell f<strong>und</strong>iertenBehandlungsverfahren („12-Schritte-Programm“) dar.c: Klein, M., Köln 2007


Einfluss spiritueller Praktiken aufdie Genesung <strong>Suchtkranke</strong>r2. Spirituell f<strong>und</strong>ierte Behandlungsprogramme:Die Klienten in diesem Programm schnittenmindestens genauso gut wie die in denanderen Behandlungsprogrammen ab <strong>und</strong>erzielten bezüglich vollkommener Abstinenzsignifikant bessere Resultate.c: Klein, M., Köln 2007


Ist die Suchttherapie auf einemspirituellen Sonderweg?„For the first time in thousands of years ofrecorded history, it became normative for healingto separate spirit from both body and mind.Alcoholism is a notable exception, an area wherethe importance of spirituality has never been lostbut has retained a significant and sometimescentral role in <strong>und</strong>erstanding the process ofrecovery. The alcoholism field has been like amonastery, preserving vital insights through theMiddle Ages of medicine and psychology“ (Miller,2003, 392).c: Klein, M., Köln 2007


Klassiker der Suchtliteratur„Spiritus contra spiritum“(C.G. Jung, 1934)c: Klein, M., Köln 2007


Wie alles anfing !? (AA)„Plötzlich wurde der Raum <strong>durch</strong> grelles weißes Licht erhellt.Ich wurde von einer Ekstase ergriffen, die man mit Wortennicht beschreiben kann. Vor meinem geistigen Auge schien esmir, als sei ich auf einem Berg, <strong>und</strong> dort würde kein Luftzug,sondern ein Wind des Geistes wehen. Und dann erfasste michein unendliches Gefühl der Freiheit. Langsam wich dieEkstase. Ich lag zwar auf dem Bett, aber jetzt befand ich michfür eine gewisse Zeit in einer anderen Welt, in einer neuenWelt des Bewusstseins. Um mich herum <strong>und</strong> <strong>durch</strong> mich <strong>durch</strong>ging ein w<strong>und</strong>erbares Gefühl von Geist, <strong>und</strong> ich dachte beimir:“ Also das ist der Gott der Propheten!“. Ein Gefühl desFriedens <strong>durch</strong>drang mich <strong>und</strong> ich dachte: „Egal, wie falsch dieDinge sein mögen, sie sind immer noch in Ordnung. Die Dingesind mit Gott <strong>und</strong> Seiner Welt eins.““ (AADS, 1990, 107).Erweckungsbericht von Bill Wilson, Dezember 1934,Begründer der AAc: Klein, M., Köln 2007


Effektivität von AA„It is widely replicated that AA engagementduring and after either inpatient or outpatienttreatment is positively associated withabstinence outcomes, particularly continuousabstinence… Most often, such engagementhas been measured as frequency ofattendance at AA meetings. When AAinvolvement is measured …, the positiverelationship tends to be stronger” (Miller,2003, p. 396).c: Klein, M., Köln 2007


Effektivität von AAFazit:Hohe Effektivität, insbesondere in Bezugauf Abstinenz, bei hoher Selektivität.c: Klein, M., Köln 2007


Wirksam aufgr<strong>und</strong> hoherSelektion?Hohe Wirksamkeit der Zwölf-Schritte-Programme(z.B. AA; TSF) in mehreren Studiennachgewiesen, u.a. auch in der MATCH-Studie.Problem jedoch: Hohe Selektivität der TSF-Ansätze, bis zu 75% - 90% „Abbruchquoten“(schon in den ursprünglichen Jellinek-Studien, diezum großen Teil auf AA-Teilnehmern beruhen)Konf<strong>und</strong>ierung mit Persönlichkeitsmerkmalen(z.B. Internalität – Externalität).c: Klein, M., Köln 2007


Effektivität von AA: SpezielleAspekte <strong>und</strong> Probleme„From its beginning, AA was designed towork by voluntary attraction, not coercion…Studies of mandatory AA attendance havefo<strong>und</strong> no beneficial effect on drinkingoutcomes“ (Miller, 2003, 396).c: Klein, M., Köln 2007


Spiritualität als gebremsteRessource?„Alkoholiker … zeigen eine sehr negativeHaltung der Kirche als Institution gegenüber… Es erschien teilweise schwierig, Gott alsAusdruck einer höheren Macht zu begreifen.Zu sehr war das Gottesbild mit der InstitutionKirche verb<strong>und</strong>en, welche scheinbar „Gott“für sich vereinnahmt“ (Unterrainer, 2006,160).c: Klein, M., Köln 2007


Scientific Research on Spirituality and Health(1998): <strong>Ergebnisse</strong> des Panels (Miller & Bennett)Welche Evidenz liegt vor?Stufe 3: Gute Evidenz mit mehrfachenErgebnisreplikationen <strong>und</strong> geeignetenUntersuchungsdesigns:1. R/S-Engagement sagt weniger Gebrauch <strong>und</strong>weniger Probleme mit Alkohol, Tabak <strong>und</strong> illegalenDrogen voraus.c: Klein, M., Köln 2007


Scientific Research on Spirituality and HealthPanel (1998): <strong>Ergebnisse</strong> Alkohol/Drogen (Miller &Bennett)Stufe 3:2. Regelmäßiger AA-Besuch hängt mitbesseren katamnestischen <strong>Ergebnisse</strong>n beistationär behandelten Alkoholabhängigenzusammen3. Meditationsorientierte Interventionenhängen mit geringerem Konsum <strong>und</strong>erniedrigten Problemen von Alkohol <strong>und</strong>Drogen zusammen.c: Klein, M., Köln 2007


Scientific Research on Spirituality and HealthPanel (1998): <strong>Ergebnisse</strong> Alkohol/Drogen (Miller &Bennett)Stufe 2: Befriedigende Evidenz mit wenigenReplikationen.1. AA-Teilnahme hängt katamnestisch mitbesseren stationären Behandlungsergebnissenzusammen.2. Klienten in TSF-orientierten Therapienschneiden katamnestisch mindestens genauso gutab wie solche, die mit modernenpsychotherapeutischen Therapien (z.B. kognitiveVT) behandelt wurden.c: Klein, M., Köln 2007


Projekt MATCH (USA, 1997,2003)Eine der größten Psychotherapiestudien derWelt (N = 1726)Hauptergebnisse:Ähnliche Behandlungsergebnisse fürmoderne Psychotherapie (MET; CBT) <strong>und</strong> fürspirituelles Programm (TSF).Kaum differentielle Therapieeffekte(MATCHing) gef<strong>und</strong>enc: Klein, M., Köln 2007


Projekt MATCH (USA, 1997,Hauptergebnisse:2003)Signifikante Reduktion der Trinkmengen<strong>und</strong> Trinkintensität alkoholabhängigerFrauen <strong>und</strong> Männerc: Klein, M., Köln 2007


Projekt MATCH (1997, 2001)Alkoholabhängige in ambulanterBehandlung mit hohen Werten fürSinnsuche im Leben (Eingangswerte)profitieren in TSF-Programmen alsProbanden mit niedrigen Werten fürSinnsuche (7% mehr abstinente Tage ineinem Jahr).[Tonigan, J.S., Miller, W.R. & Connors, G.J. (2001). The search for meaningin life as a predictor of alcoholism treatment outcome. In: Longabaugh, R. &Wirtz; P.W. (Eds.). Project MATCH Hypotheses: Results and causal chainanalyses. (pp. 154 -165). Bethesda: National Institute on Alcohol Abuse andAlcoholism (= Project MATCH Monograph Series, Vol. 8).]c: Klein, M., Köln 2007


Projekt MATCH (USA, 1997,Interpretation:2003)Spirituelles Programm schadet nicht, hilft, ist(mindestens) genauso wirksam wiepsychotherapeutische VerfahrenDas heißt: Es geht mit einem spirituellenProgramm, aber es geht auch ohne! Und esgibt kaum Zuweisungskriterien zu denverschiedenen Behandlungsformen!c: Klein, M., Köln 2007


Project MATCH (1997)„Religiosity positively predicted posttreatmentpercentage of abstinent days … among aftercareclients, and negatively predicted drinks per drinkingday … among the outpatients. Thus, in each casereligiosity was associated with better outcomes.Interestingly, these prognostic effects in both casesappeared to be carried by the formal religiouspractices scale of the RBB measure“ (Connors et al., 2001,174).c: Klein, M., Köln 2007


IV. Folgerungenc: Klein, M., Köln 2007


Konsequenzen für dieForschung1. Gerade in Deutschland ist mehr Forschung zuSuchtstörungen <strong>und</strong> Spiritualität nötig.2. Es bedarf – speziell am Anfanghypothesengenerierender, explorativerForschung – umfassender qualitativer Studien.3. Langfristig sind quantitative kontrollierteWirksamkeitsstudien nach der Fragestellung„Welche spirituell f<strong>und</strong>ierten Programme sind fürwelche <strong>Suchtkranke</strong>n hilfreich <strong>und</strong> indiziert?“c: Klein, M., Köln 2007


NotwendigeForschungsbemühungenR/S-Variablen als Basisvariablen in derTherapiedokumentation <strong>und</strong>Behandlungsforschung berücksichtigenIndividuelle <strong>Sinnsysteme</strong> <strong>und</strong> Schemata erfassen(Instrumente vorhanden!)Langzeitstudien (!)Mehr qualitative, auch narrative,ForschungsdesignsSpirituelle Ansätze jenseits von AA <strong>und</strong> TSF!?c: Klein, M., Köln 2007


PerspektivenTrotz MATCH ist nach wie vor einedifferentielle Indikation religiöser/spirituellerElemente in der Suchttherapie nötig:Wer ist erreichbar? Welche Effekte sinderreichbar? Wie sind die Langzeiteffekte?c: Klein, M., Köln 2007


SBT in der Alkohol- vs.DrogentherapieSpirituell basierte Therapieansätze (SBT) scheinen in derAlkoholtherapie eine größere Rolle zu spielen als inder Drogentherapie.Erklärungen:• Vorgeschichte in der Alkoholtherapie <strong>durch</strong> AA• Spirituelle Affinität der Klienten unterschiedlich• Mehr (ungünstige) Komorbidität unter denDrogenabhängigen• Mehr Alltagsbewältigung <strong>und</strong> Nachsozialisation in derDrogentherapie notwendigc: Klein, M., Köln 2007


Kritische Perspektiven für die ZukunftReligionswissenschaften <strong>und</strong> Neurowissenschaften „küssen“ sich„Ethnozentrismen“ müssen überw<strong>und</strong>en werden. Was habenandere Religionen <strong>und</strong> <strong>Sinnsysteme</strong> zu sagen?Internaler oder externaler Weg der „<strong>Heil</strong>ung“: Selbststuerung vs.GemeinschaftssteuerungDie Amtskirchen verhindern in den Köpfen der Betroffenen mehrals sie ermöglichen in toto. Religiosität muss pluralistischer <strong>und</strong>differenzierter werdenPersonaler Gott oder überpersonales Gottesprinzip?Ist es überhaupt günstig, Psychotherapien c: Klein, M., Köln 2007 <strong>und</strong> AA kombiniert zu„empfehlen“ oder handelt es sich um zwei zu trennende Wege?


Orientierung an empirischerPsychotherapieforschung <strong>und</strong>NeuropsychotherapieBestandteile wirksamerPsychotherapien (Grawe, 1995, 1997)ProblemaktualisierungRessourcenorientierungAktive Hilfe zur ProblembewältigungKlärungsperspektivec: Klein, M., Köln 2007


LiteraturConnors, G.J., Tonigan, J.S. & Miller, W.R. (2001). Religiosity andresponsiveness to alcoholism treatment. In: Longabaugh, R. & Wirtz;P.W. (Eds.). Project MATCH Hypotheses: Results and causal chainanalyses. (pp. 166 -175). Bethesda: National Institute on Alcohol Abuseand Alcoholism (= Project MATCH Monograph Series, Vol. 8).Larson, D.B., Swyers, J.P. & McCullough, M.E. (Eds.) (1998). Scientificresearch on spirituality and health. National Institute for HealthcareResearch (NIHR).Miller, W.R. (1998). Researching the spiritual dimensions of alcohol andother drug problems. Addiction 93, 979 -990.Unterrainer, H.F. (2006). Spiritualität & Sucht. Glaube als Ressource inder Alkoholismustherapie. Saarbrücken: VDM.c: Klein, M., Köln 2007


AdresseProf. Dr. Michael KleinKatholische Fachhochschule Nordrhein-Westfalen(KFH NW)Kompetenzplattform SuchtforschungWörthstraße 1050668 Kölnwww.addiction.deEmail: Mikle@kfhnw.dec: Klein, M., Köln 2007

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