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Reinhard Saal, Rehabilitation in der beruflichen Alltagswelt

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Alltägliche ZusammenarbeitDie Betriebe, <strong>in</strong> denen wir Rehabilitanden betreuen, s<strong>in</strong>d nicht nur gew<strong>in</strong>norientierteOrganisationse<strong>in</strong>heiten, die ihre Prozesse technisch und marktrational optimieren.Sie s<strong>in</strong>d auch "Lebenswelten". 14 Und unsere Gruppenleitungen nehmenmit ihren Klienten an diesen Lebenswelten teil.Exkurs: Die <strong>in</strong>formelle Organisation <strong>der</strong> Arbeitswelt wurde <strong>in</strong> den 20er Jahrenentdeckt, und zwar zufällig, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em großangelegten Forschungsprojekt zur Verwissenschaftlichung<strong>der</strong> Betriebsführung. 15 Bei diesen sogenannten Hawthorne-Experimenten 16 bemerkten die Wissenschaftler, dass die ArbeiterInnen wechselseitigihre Leistung kontrollierten und überdurchschnittlichen Arbeitse<strong>in</strong>satz vonKollegInnen sanktionierten. Sie verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t damit den Durchgriff des Managementsauf die Arbeitsleistung.Das Thema gehört heute u.a. zur Organisationssoziologie. Auch Anthropologenhaben sich dem mo<strong>der</strong>nen Betrieb zugewendet und ihn ethnografisch untersucht.Folgende Forschungsergebnisse ersche<strong>in</strong>en mir <strong>in</strong>teressant und decken sich miteigenen Alltagsbeobachtungen: 17• Formelle und <strong>in</strong>formelle Organisation s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> verwoben.• Die <strong>in</strong>formelle Organisation produziert Gruppenkonformität. Sie verfügt übereigene Regeln, Hierarchien, Belohnungs- und Bestrafungsmöglichkeiten.• Die <strong>in</strong>formelle Organisation entzieht sich zum<strong>in</strong>dest teilweise dem Zugriff <strong>der</strong>Betriebsleitung.• Die Stellung des E<strong>in</strong>zelnen <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> <strong>in</strong>formellen Organisation hängt erheblichvon persönlichen Eigenschaften ab. Wichtig s<strong>in</strong>d extern begründete Beziehungen:Bekanntschaft, Freundschaft und Verwandtschaft.• Soziale Zuordnungen prägen auch die <strong>in</strong>formelle Organisation (Sozialstatus,ethnische Zugehörigkeit, Geschlecht).• Je<strong>der</strong> Betrieb entwickelt se<strong>in</strong>e eigene <strong>in</strong>formelle Welt, die fragmentiert se<strong>in</strong>kann, sich auflösen und neu bilden kann.Ich möchte die sozial<strong>in</strong>tegrativen Kräfte im Folgenden näher betrachten:• Für die Betriebe hat <strong>der</strong> "soziale Faktor" e<strong>in</strong>e erhebliche produktive Bedeutung:Komplexere Arbeitsprozesse lassen sich nur unvollständig formalisieren. Mitan<strong>der</strong>en Worten, die Arbeit läuft nur dann "rund", wenn formelle Produktions-14151617Natürlich gibt es auch Betriebe, die nicht viel mit "Lebenswelten" zu tun haben, Sie dürftenkaum für unsere Rehabilitanden geeignet se<strong>in</strong>.Im Anschluss an Fre<strong>der</strong>ick Taylor, <strong>der</strong> das Wissen <strong>der</strong> Facharbeiter überflüssig machen wollte.http://www.wirtschaftslexikon24.com/d/hawthorne-experimente/hawthorne-experimente.htmIch habe mich bei <strong>der</strong> Darstellung eng angelehnt an Sche<strong>in</strong> und Seiser (2010), E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong>die Organisations- und Betriebsanthropologie, Institut für Kultur- und Sozialanthropologie, U-niversität Wien. Quelle: http://www.univie.ac.at/ksa/elearn<strong>in</strong>g/cp/organthro/organthrotitel.html(Download am 31.1.2013)Ich denke, dass die Methoden <strong>der</strong> Ethnologie auf die soziale Welt e<strong>in</strong>es Betriebes angewendetwerden könnten, um berufliche Integrationsprozesse von psychisch kranken Menschen zu verstehen.Unsere Arbeit be<strong>in</strong>haltet ethnologische Aufgaben.- 8 -

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