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Bericht vom öffentlichen Teil der Mitgliederversammlung des ...

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<strong>Bericht</strong> <strong>vom</strong> öffentlichen <strong>Teil</strong> <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>versammlung <strong>des</strong>Waldbesitzerverban<strong>des</strong> für Thüringen 2008Der Präsident Jörg Göring begrüßte die Mitglie<strong>der</strong> und Gäste und hielt folgendeRede:Ich möchte mit einem Gedicht von Erich Kästner beginnen, um auf die Dramatik <strong>der</strong>natürlichen und künstlichen Abläufe in unseren Wäl<strong>der</strong>n hinzuweisenDie Entwicklung <strong>der</strong> MenschheitEinst haben die Kerls auf den Bäumen gehockt,behaart und mit böser Visage.Dann hat man sie aus dem Urwald gelocktUnd die Welt asphaltiert und aufgestockt,bis zur dreißigsten Etage.Da saßen sie nun, den Flöhen entfloh’ n,in zentral geheizten Räumen.Da sitzen sie nun am Telefon.Und es herrscht noch genau <strong>der</strong>selbe TonWie seinerzeit auf den Bäumen.Sie hören weit. Sie sehen fern.Sie sind mit dem Weltall in Fühlung.Sie putzen die Zähne. Sie atmen mo<strong>der</strong>n.Die Erde ist ein gebildeter SternMit sehr viel Wasserspülung.Sie schießen die Briefschaften durch ein Rohr.Sie jagen und züchten Mikroben.Sie versehen die Natur mit allem Komfort.Sie fliegen steil in den Himmel emporund bleiben zwei Wochen oben.Was ihre Verdauung übrig lässt,das verarbeiten sie zu Watte.Sie spalten Atome. Sie heilen Inzest.Und sie stellen durch Stil- Untersuchung fest,dass Cäsar Plattfüße hatte.So haben sie mit dem Kopf und dem Mundden Fortschritt <strong>der</strong> Menschheit geschaffen.Doch davon mal abgesehen undbei Lichte betrachtet sind sie im Grundnoch immer die alten Affen.Nachhaltig und Betriebsplanung, Naturschutz und Rohholzerzeugung, Holzreservenund Holzpreise, Klima und Kalamitäten, globales Wirtschaftsdenken und Waldbau,1


Interessen Dritter und Gesetzgebungsverfahren…. Wir sind, meine sehr verehrtenDame und Herren, nur noch Statisten in einem Drama, das an Rasanz demütigverstummen lässt.Vor nicht allzu langer Zeit haben wir <strong>der</strong> Kahlschlagswirtschaft abgeschworen unduns dem naturnahen, mehrstufigen Waldbau zugewandt. Jetzt diktiert uns <strong>der</strong>Klimawandel eine schnelle, großflächige Wie<strong>der</strong>bewaldung, <strong>des</strong>sen Erfolgsgarantiebestenfalls mit <strong>der</strong> Tagesprognose <strong>des</strong> Wetters übereinstimmt. Über diewirtschaftlichen Risiken <strong>der</strong> einzelnen Betriebsinhaber kann man nur vermuten. WerGeld mitbringt kann Dieses in Wald investieren, wer mit Wal<strong>der</strong>lösen im Waldinvestiert, muss für sich und die seinen den Nachhaltigkeitsbegriff definieren (hierhelfen auch keine ständigen Gesetzesän<strong>der</strong>ungen).In dieser Misere befindet sich <strong>der</strong> Privatwald ebenso wie <strong>der</strong> Staatswald o<strong>der</strong> <strong>der</strong>Kommunalwald. Nach den letzten schwierigen forstwirtschaftlichen Jahren, in deneneine zwanghafte Übernutzung auf <strong>der</strong> Fläche stattgefunden hat, stehen dieHolzreserven <strong>der</strong> nächsten Jahre in Thüringen im nicht genutzten Kleinprivatwald.Auf ca. 100000 ha Waldfläche soll das Projekt Privatwaldför<strong>der</strong>ung, eineGemeinschaftsaktion zwischen Sägeindustrie und Thüringenforst, den SchatzRohstoff Holz heben. Wenn es gelingt, schnelles Holz für einen billigen Preis an dieglobalen Märkte zu bringen, hat die Sägeindustrie eine kurze Verschnaufpausegewonnen. Eine Antwort aber, auf die gesicherte Zukunft <strong>der</strong> Forstwirtschaft, und <strong>der</strong>damit verbundenen hohen Investitionskosten ist es nicht.Es tut mir sehr leid, dass ich immer wie<strong>der</strong> auf diese einzige, wichtige Daseinsfrageunserer Wäl<strong>der</strong> und <strong>der</strong> damit einhergehenden Bewirtschaftung hinweisen muss.Wenn die Weltwirtschaft keine nachhaltigen Holzpreise ermöglicht, muss die PolitikSteuergel<strong>der</strong> zur Gestaltung und Erhaltung <strong>des</strong> Wal<strong>des</strong> zur Verfügung stellen.Geschieht dies nicht, dürfte eigentlich keine Holznutzung in wirtschaftlichemInteresse stattfinden und wir überlassen das Eigentum dem Naturschutz. Mit an<strong>der</strong>enWorten, die Lebensqualität <strong>der</strong> Menschen und das Überleben <strong>der</strong> Menschheit ist voneiner intakten Umwelt, ist von intakten Wäl<strong>der</strong>n abhängig.Wenn aber <strong>der</strong> Waldbesitzer alleine mit dieser Verantwortung unter persönlichen undfinanziellen Aufwand zurechtkommen soll, dann ist das nicht hinnehmbar.Die För<strong>der</strong>politik <strong>der</strong> EU und <strong>der</strong> damit verbundene bürokratische Aufwand und diediktierten Bedingungen sind in keiner Weise dem Ziel <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung dienlich.Der größte Clou ist, mitten in <strong>der</strong> Spielzeit o<strong>der</strong> am Ende einer För<strong>der</strong>periode dieSpielregeln zu än<strong>der</strong>n, und dann die vollbrachte Leistung unter neuen Maßstäbenan<strong>der</strong>s zu bewerten.Die kriminelle Energie besitzt nicht <strong>der</strong> Waldbesitzer, <strong>der</strong> im treuen Glauben an dieForstpartie gehandelt hat und geprüft wurde, geleitet und beraten war. Hier wird <strong>der</strong>Falsche vors Tribunal gezerrt.Ich möchte noch einmal dringlich darauf hinweisen, dass die Innanspruchnahme vonFör<strong>der</strong>mitteln auch <strong>der</strong> Ruin eines Forstbetriebes bedeuten kann, da dieVerlässlichkeit in das System in Frage steht.Nach einer erneuten Waldgesetzesän<strong>der</strong>ung im Freistaat Thüringen, glaubte <strong>der</strong>2


Vorstand, dass nun die Probleme <strong>der</strong> Waldinteressenten in Nordthüringen gelöstwerden können. Dem ist lei<strong>der</strong> nicht so.Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich kann es den Waldbesitzern dieJahrhun<strong>der</strong>te das Eigentum für die Nachfahren bewahrten, nicht verdenken, wenn ihrVertrauen in die Rechtsstaatlichkeit erschüttert ist. Die Enteigneten nach 1945bekommen (zu Recht) ihr Eigentum in irgendeiner Form zurück, dieWaldinteressentengemeinschaften sollen enteignet werden. Ich finde dies einenSkandal erster Güte und wir meinen, dass nun bis zur letzten Instanz um diese altenRechte gekämpft werden muss.Trotz all <strong>der</strong> Probleme und teilweise durch Menschen gemachter gravieren<strong>der</strong>Fehler, steht <strong>der</strong> Waldbesitzerverband zum Erhalt <strong>des</strong> Gemeinschaftsforstamtes. Aufvielen Veranstaltungen <strong>des</strong> Verban<strong>des</strong> haben Politiker aller Landtagsparteien diesebenfalls immer wie<strong>der</strong> bekräftigt. Unser Appell an die politischen Akteure: lassenSie dieses Erfolgsprodukt nicht durch fehlende Fachleute in <strong>der</strong> Fläche scheitern.Thüringen Forst spült genügend Einnahmen in die Staatskasse, um sich einekompetente, ausreichende Zahl an Försterinnen und Förstern in den Forstämtern zuleisten. In <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitigen Personalsituation ist ein Qualitätsverlust in <strong>der</strong> Arbeit durchÜberbelastung <strong>der</strong> Handelnden vor Ort nur folgerichtig.Ich wage zu behaupten, dass <strong>der</strong> Forstschutz nicht mehr beherrschbar ist und dieFolgen im nächsten Jahr verheerend sind. Je<strong>des</strong> zögerliche Handeln bei <strong>der</strong>Einstellung von Personal bedeutet ein Ausbluten <strong>der</strong> Forstämter. Das theoretischeErkennen und Wissen um einen Zustand ist noch keine Handlung zur Än<strong>der</strong>ungSelbigens.Ich bin mir bewusst, das Romantik in <strong>der</strong> heutigen Zeit in <strong>der</strong> Forstwirtschafteigentlich fehl am Platz ist. Es ist aber meine innerste Überzeugung, dass Idealisten,und die sind wir nun einmal, im Herzen immer ein wenig auch Romantiker sind, wirzeigen es nur nicht so öffentlich.Darum besteht meine Hoffnung darin, das die emotionale Bindung <strong>der</strong> Menschen anden Wald entscheidend für die Zukunft <strong>der</strong> Waldwirtschaft sein kann.Meine sehr verehrten Damen und Herren,mit Erich Kästner habe ich begonnen mit Friedrich von Schiller möchte ich schließenUnaufhaltsam enteilet die Zeit - Sie sucht das Beständ’ ge.Sei getreu, und du legst ewige Fesseln ihr an.3

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