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Gemeindeblatt Oktober 2009

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Wiedergefundenes Bild ist eine Altarverkleidung für besondere Festtage<br />

Dachbodenfund löst jahrzehntelanges Rätsel<br />

Das auf dem Dachboden der Pfarrkirche von Trappstadt gefundene Antependium passt<br />

haargenau in die Scharniere und den Unterbau des Altartischs. Foto: Hanns Friedrich<br />

Dass im Dunkel der Kirchendachböden so<br />

manche Schätze schlummern, das weiß keiner<br />

besser als Pfarrer Kurt Wolf aus Sternberg. Er<br />

fand in Trappstadt schon einmal einen historischen<br />

Kelch. Vergangene Woche wurde er<br />

mit Michael Böckler wieder fündig, als beide<br />

ein längliches, verstaubtes, an der Wand stehendes<br />

Gemälde umdrehten.<br />

Es zeigte eine Frau mit Kind, umgeben von Engeln.<br />

Im unteren Bereich des Rahmens waren<br />

Scharniere angebracht. Solche Scharniere finden<br />

sich auch am linken Seitenaltar der Pfarrkirche.<br />

Als der Pfarrer das Bild dort einhakte<br />

war schnell klar, dass dies ein sogenanntes<br />

Antependium ist, also eine Altarverkleidung<br />

für besondere Festtage. Damit löste sich in<br />

Trappstadt das Rätsel um den St. Anna-Altar<br />

der gleichnamigen Bruderschaft.<br />

Mit dieser Überraschung warteten Pfarrer Kurt<br />

Wolf und Michael Böckler, der einen Vortrag<br />

zu 500 Jahre St. Anna-Bruderschaft in Trappstadt<br />

ausgearbeitet hatte, am Sonntagnach-<br />

mittag in der Pfarrkirche von Trappstadt auf.<br />

Das Antependium (von lateinisch „ante“ – vor<br />

und „pendere“ – hängen) ist ursprünglich ein<br />

reich verzierter und bestickter Vorhang aus<br />

Stoff vor oder an den Seiten des Altarunterbaues.<br />

Gebräuchlich sind diese Vorhänge seit<br />

dem 4. Jahrhundert. Im Mittelalter war der Altar<br />

von der Altarplatte bis zum Boden oft nicht<br />

mit Stoff, sondern mit Holz, Edelmetall oder<br />

Stein auch an der Rückseite verkleidet, häufig<br />

auch mit Verzierungen geschmückt. Auch<br />

diese Verkleidung wird Antependium genannt.<br />

Seit 1570 war in der katholischen Kirche ein<br />

Stoffbehang vorgeschrieben.<br />

Pfarrer Kurt Wolf wusste, dass Antependien<br />

sowohl in der evangelischen als auch in der<br />

katholischen Kirche in Gebrauch sind. Sie dienen<br />

in der Regel als Altar- oder Kanzelbehang<br />

und sind in den jeweiligen liturgischen Farben.<br />

Oftmals tragen sie außerdem der Kirchenjahreszeit<br />

angepasste Symbole. Was mit dem in<br />

Trappstadt nun auf dem Dachboden gefun-<br />

denem Antependium geschieht, ist bislang<br />

unklar. Pfarrer Wolf will auf jeden<br />

Fall Kontakt mit dem Kunstreferenten<br />

der Diözese Würzburg, Domkapitular<br />

Dr. Jürgen Lenssen aufnehmen. Überlegungen<br />

gehen derzeit in Trappstadt<br />

dahin, dass zumindest am Annafest das<br />

Antependium wieder am Altar angebracht<br />

wird. In seinem interessant gestalteten<br />

Vortrag ging Michael Böckler<br />

zunächst auf die Zeit im Mittelalter ein,<br />

als es die Machtlosen, Bettler und Leibeigenen<br />

gab. Sie waren der Meinung,<br />

keine andere Möglichkeit zu haben, um<br />

nach dem Tod in den Himmel zu kommen,<br />

als durch ihr Gebet.<br />

Damals wurden die Messen auch alle<br />

noch in lateinisch gehalten, so dass<br />

die Gläubigen lediglich die Predigt verstanden<br />

und sich nachdem richteten, was ihnen<br />

da gesagt wurde. So entstand wohl auch<br />

die St. Anna-Bruderschaft. Böckler hatte<br />

herausgefunden, dass es sogar Wallfahrten<br />

nach Trappstadt zur Heiligen Anna gab und<br />

auch verschiedene Erhörungen dokumentiert<br />

sind. 1621 wird eine St. Anna-Bruderschaft in<br />

Alsleben erwähnt. 1757 wurde in der Kirche<br />

von Trappstadt die erste Figur der Heiligen<br />

St. Anna geschnitzt und aufgestellt. Sie wird<br />

heute nur am Fest der Heiligen Anna aus der<br />

Sakristei geholt und auf dem Altar aufgestellt.<br />

Es dürfte dies das erste Bruderschaftsbildnis<br />

sein. Es wurde von einer Familie Gerstner gestiftet..<br />

Es kam dann 1758 ein Anna-Bildstock<br />

an der Altenburg.<br />

Ein Balthasar von Truchseß stattete eine St.<br />

Anna-Stiftung mit 125 Gulden aus. Es war<br />

die Zeit, als Lorenz von Bibra Fürstbischof<br />

von Würzburg war. Den Bauernaufstand<br />

und Schwedenkrieg hat Trappstadt weitgehend<br />

unversehrt überstanden. Zur St. Anna<br />

Bruderschaft wusste der Referent, dass hier<br />

vor allem bei Beerdigungen intensiv gebetet<br />

wurde. Niedergelegt ist, dass Messen von bis<br />

zu sechs Priestern gefeiert wurden. Die St.<br />

Anna-Bruderschaft in Trappstadt wurde 1507<br />

gestiftet, 1509 lebensfähig und 1518 dann anerkannt.<br />

In der Kirche von Trappstadt gibt es<br />

heute noch viele St. Anna-Darstellungen, darunter<br />

eine Tragefigur, sowie ein Gemälde. Die<br />

Heilige ist außerdem am Hochaltar dargestellt.<br />

Beim Vortrag hatte Michael Böckler auch zwei<br />

Reliquien in Form von kleinen Monstranzen<br />

dabei, die ansonsten im Diözesanmuseum<br />

Astheim zu finden sind. Zum St. Anna-Altar<br />

verwies Michael Böckler schließlich auf eine<br />

Sonne an der Altarspitze. Dort ist das Jahr<br />

1718 zu lesen und bei näherem Hinsehen kann<br />

man die Namen Anna-Maria, die ineinander<br />

verschlungen sind, erkennen. Auch das also<br />

ein Hinweis, daß es sich hier um den Altar der<br />

St. Anna-Bruderschaft handelt.<br />

Pfarrer Kurt Wolf dankte im Anschluss an<br />

die Power-Point-Präsentation Michael Böckler,<br />

der wieder einmal Licht ins Dunkel gebracht<br />

habe. Den Vortrag über die St. Anna-<br />

Bruderschaft nannte der Geistliche äußerst<br />

interessant. Als Dankeschön überreichte er<br />

einen Präsentkorb. Sein Dank und Gruß galt<br />

aber auch Kreisheimat- und Archivpfleger<br />

Reinhold Albert, der durch seine Bücher und<br />

seine Archivarbeiten ebenfalls schon vieles<br />

aufgearbeitet habe. Dass dann das wiederentdeckte<br />

Antependium natürlich im Mittelpunkt<br />

des Interesses der Besucher stand, war<br />

klar, und Pfarrer Wolf gab hier bereitwillig Auskunft.<br />

Hanns Friedrich<br />

36 Au s g A b e 50 - Ok t O b e r <strong>2009</strong> Au s g A b e 50 - Ok t O b e r <strong>2009</strong> 37

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