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Jahresbericht 2012/13-2 ansehen - Wirtschaftsschule KV Winterthur

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äume. Jede Nummer erhält ihre Arbeit. Ichbin Jude, somit Unkraut und untauglich füreine menschenwürdige Arbeit.So werde ich zum Dreckschaufeln verdonnert.Von morgens bis abends grabe ichan diesem Loch, getrieben von ihren Peitschenhieben.Die Arbeit zehrt an meinenKräften und die Sonne brennt auf meineverletzten Schultern. Zu essen geben sieuns nur trockenes Brot und Wasser.Am frühen Morgen, es ist noch dunkel undkalt, ruft uns der Kommandant mit brüllenderStimme auf den Kiesplatz. Wie immersollen wir still und alle in Reih und Gliedstehen. Der säuselnde Wind scheint mirfl üstern zu wollen, was nun passiert, doches geschieht nichts. Es ist Mittag, die Sonnebrennt unterdessen heiss auf unsere kahlenSchädel und noch immer kein Zeichen.Ich rede mir verzweifelt ein, bald gebe esetwas zu essen oder einen Schluck Wasser,meine Kehle fühlt sich zusammengezogenund ausgetrocknet an. Meine zittrigenBeine mögen diese Höllenqualen nichtmehr lange aushalten. Die lassen uns hiertatsächlich endlos strammstehen. Nebenmir sinkt Nummer 215105 zu Boden. Sofortstürzen sich die Wachen auf ihn, wir hörennur die dumpfen Schläge und kurz seineschwachen Schreie. Dann wieder Stille.Ich habe keine Ahnung, wie viel Zeit unterdessenvergangen ist. Ich sitze nun, dieSonne brennt auf meinen Nacken und vorHunger fl immert es vor meinen Augen. Ichsehe meine kleine Schwester, mit ihrembunten Lieblingsball spielend auf einersaftigen Blumenwiese. Ich rieche die Blütenund der Wind streicht mir sanft um dieNase. Ich höre, wie meine Mutter die Kleinezu sich ruft. Meine Mutter ist wunderschönim Licht einiger Sonnenstrahlen, die durchdie Äste unseres Apfelbaumes in den Gartendringen ...Dann schrecke ich auf, von Weitem höre ichlaute Schreie. Neben mir wimmert ein alterMann vor Schmerzen. Kurz darauf blickeich in seine verängstigten, sich verdrehendenAugen. Er erzählt mir von den grauenhaftenMethoden der Folter, wie sie ihn anden nach hinten gefesselten Armen an denBalken hochgezogen haben und wie er dabeidas Bewusstsein verloren hat. Er fl üstertetwas von dem unheimlichen Ort auf deranderen Seite des Flusses. Alle, die jemalsdort hingegangen sind, sind nie mehr aufgetaucht.Alle fürchten sich davor. Es heisst,die Wächter würden fl etschende Hunde aufdie Häftlinge hetzen. Niemand weiss darüberetwas Genaues. Ich frage mich, was dieWächter mit uns vorhaben. Ich überlege mirauch, wie ich hier ausbrechen könnte, dochhier einen Plan zu schmieden ist schwer.Denn wer denkt, fällt auf. Und sie wollennicht, dass wir denken.Heute ist es ungewöhnlich ruhig. Ich hörekeinen Kommandanten rumschreiendraussen auf dem Appellplatz. Plötzlichdringt grelles Sonnenlicht in die Schlafhalle.Alle blicken verblüfft auf. Dies muss ein Versehensein. Niemals würden die Wächterdie Tore von beiden Seiten öffnen. Niemandtritt ein, doch einige wagen einen Schrittaus der Baracke. Alles bleibt totenstill.Im nächsten Augenblick ruft jemand mitschwacher Stimme: «Hier sind Amerikaner,wir sind frei!»Textzusammenstellung von Richi Meisterhans, FachgruppeBuchhandel15

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