01.12.2012 Aufrufe

Mathematische Bildverarbeitung mit Ideen aus der ... - Mathematik.de

Mathematische Bildverarbeitung mit Ideen aus der ... - Mathematik.de

Mathematische Bildverarbeitung mit Ideen aus der ... - Mathematik.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

abtastet. Man gelangt so von einem kontinuierlichen zu<br />

einem diskreten Bild. Die einzelnen Bildpunkte wer<strong>de</strong>n<br />

als Pixel – eine Abkürzung für <strong>de</strong>n englischen Begriff picture<br />

elements – bezeichnet. Ableitungen kann man nun<br />

durch ihre finiten Differenzenapproximationen ersetzen.<br />

Möchte man partielle Differentialgleichungen auf Bil<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

betrachten, so kann man sich auf natürliche Weise <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Numerik <strong><strong>de</strong>r</strong> finiten Differenzenverfahren bedienen [7].<br />

Häufig gelangt man durch solche Differenzenapproximationen<br />

zu großen linearen o<strong><strong>de</strong>r</strong> nichtlinearen Gleichungssystemen.<br />

Je<strong>de</strong> Unbekannte repräsentiert <strong>de</strong>n Grauwert<br />

<strong>de</strong>s gefilterten Bil<strong>de</strong>s an einem einzigen Pixel. Man kann<br />

sich leicht vorstellen, welche numerischen Her<strong>aus</strong>for<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />

sich <strong>aus</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> hohen Auflösung mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ner Digitalbil<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

ergeben. Da wir uns jedoch auf Mo<strong>de</strong>llierungsaspekte<br />

konzentrieren möchten, soll dies hier nicht weiter<br />

vertieft wer<strong>de</strong>n.<br />

2 Elektrostatik<br />

Wir beginnen unsere Exkursion in die mathematische<br />

Mo<strong>de</strong>llierung von <strong>Bildverarbeitung</strong>sprozessen <strong>mit</strong> einem<br />

Ansatz, <strong><strong>de</strong>r</strong> auch ohne Kenntnisse über Differentialgleichungen<br />

intuitiv erfasst wer<strong>de</strong>n kann: Er verwen<strong>de</strong>t <strong>I<strong>de</strong>en</strong><br />

<strong>aus</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Elektrostatik, die wir seit unserer Schulzeit<br />

kennen.<br />

Das <strong>Bildverarbeitung</strong>sproblem, das wir betrachten möchten,<br />

wird als Halftoningproblem bezeichnet: Wir möchten<br />

ein Grauwertbild drucken, haben aber lediglich<br />

schwarzen Toner o<strong><strong>de</strong>r</strong> schwarze Tinte zur Verfügung.<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> Druckerbranche wer<strong>de</strong>n hierzu Verfahren eingesetzt,<br />

die Grauwerte durch geeignet verteilte schwarze<br />

Kreisscheiben approximieren. Das Problem <strong><strong>de</strong>r</strong> optimalen<br />

zweidimensionalen Approximation ist mathematisch<br />

sehr anspruchsvoll, und es gibt eine ganze Reihe von Algorithmen,<br />

die in Publikationen und Patenten beschrieben<br />

wur<strong>de</strong>n und die diese Aufgabe mehr o<strong><strong>de</strong>r</strong> weniger<br />

gut lösen. Viele dieser Metho<strong>de</strong>n sind recht heuristisch<br />

und auch teilweise relativ kompliziert.<br />

Ein neuartiges Verfahren, das auf einfachen elektrostatischen<br />

Prinzipien beruht und Ergebnisse liefert, die qualitativ<br />

zum Stand <strong><strong>de</strong>r</strong> Kunst gehören, wird in [10] beschrieben.<br />

Nehmen wir zunächst an, dass wir lediglich schwarze<br />

Kreisscheiben von einer einheitlichen, vorgegebenen<br />

Größe zur Verfügung haben. Je<strong><strong>de</strong>r</strong> dieser “Partikel” soll<br />

die gleiche negative Ladung tragen und frei beweglich<br />

sein. Aufgrund ihrer Abstoßungskräfte wer<strong>de</strong>n diese Teilchen<br />

nun versuchen, sich möglichst gleichmäßig im Bildbereich<br />

zu verteilen, um ihren Abstand zu maximieren.<br />

Wenn wir nun eine zusätzliche positive Ladungsverteilung<br />

einführen, die ortsfest ist und proportional zu <strong>de</strong>n<br />

dunklen Grauwerten im Bild wirkt, stellt sich ein neues<br />

Kräftegleichgewicht ein, bei <strong>de</strong>m sich die schwarzen<br />

Kreisscheiben in dunklen Bildbereichen stärker konzentrieren.<br />

Dabei mo<strong>de</strong>llieren wir die Kräfte zwischen zwei<br />

Abbildung 2. (a) Oben links: Originalzeichnung von Leonardo da<br />

Vinci. (b) Oben rechts: Elektrostatisches Halftoning <strong>mit</strong> zahlreichen<br />

kleinen Punkten [10]. (c) Unten links: Mit wenigen großen Punkten<br />

[10]. (d) Unten rechts: Elektrostatische Repräsentation <strong>mit</strong> Linien<br />

[11].<br />

gela<strong>de</strong>nen Teilchen als invers proportional zu ihrem Abstand<br />

und als proportional zum Produkt ihrer Ladungen.<br />

Ein entsprechen<strong>de</strong>s Halftoningresultat sehen wir in Abbildung<br />

2b und 2c für zwei verschie<strong>de</strong>ne Teilchengrößen.<br />

Interessanterweise genügen schon wenige Kreisscheiben,<br />

um die Strukturen <strong>de</strong>s Grauwertbil<strong>de</strong>s gut zu approximieren.<br />

Selbstverständlich kann man diese Mo<strong>de</strong>lle auf die<br />

verschie<strong>de</strong>nsten Arten weiterentwickeln, beispielsweise<br />

durch unterschiedliche Teilchengrößen und Ladungen.<br />

Darüber hin<strong>aus</strong> ist es möglich, mehrere Teilchen durch<br />

eine starre Achse <strong>mit</strong>einan<strong><strong>de</strong>r</strong> zu koppeln, um da<strong>mit</strong> anisotrope<br />

Strukturen durch Gera<strong>de</strong>nstücke zu approximieren<br />

[11]. Dadurch erhält man künstlerische Repräsentationen,<br />

die <strong>de</strong>m Charakter einer Bleistiftzeichnung beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s<br />

nahe kommen (Abbildung 2d).<br />

Zusätzliche Möglichkeiten ergeben sich bei Farbbil<strong><strong>de</strong>r</strong>n,<br />

wo wir drei verschie<strong>de</strong>nen Teilchenarten einführen können<br />

(rot, grün und blau) [11]. Einerseits sollten wir in<br />

einem solchen Fall ein Kräftegleichgewicht innerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

selben Teilchenart anstreben. An<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits ist es sinn-<br />

MDMV 20 / 2012 | 82–90 FOKUS 83

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!