<strong>PflegeKolleg</strong>Hygienisch arbeitenArbeits und PatientenschutzPersonalhygiene – Sicherheit geht vorImmer wieder die gleiche Diskussion: Künstliche Fingernägel, Nagellack oder Eheringe imDienst – sind sie gestattet oder verboten? Wann muss Schutzkleidung getragen werden?Wann eine Schutzmaske? Besinnt man sich auf einfache aber wirksame Methoden der Infektionsprävention,die mit Semmelweis, dem Erfinder der Händedesinfektion, ihren Anfang nahmenund zu der die Personalhygiene gehört, wird schnell deutlich: Es gibt klare Regeln.KEYWORDSGelFingernägelMedizinischeSchutzhandschuheSchutzkleidungundhaubenMundschutzHautschutz undHandschuhplanDie Hände sind das wichtigste „Arbeitswerkzeug“des medizinisch tätigen Personals, aberauch der häufigste Vektor für Übertragungenvon potenziellen Krankheitserregern. Neben der Desinfektionspielen auch die Gesundheit, Pflege und derSchutz der Hände eine große Rolle bei der Infektionsprävention.Denn schon kleinste Verletzungen derHaut bilden Erregerreservoire und somit eine Eintrittspfortefür pathogene Keime. Ein Hautschutz-Plan– in Zusammenarbeit von Krankenhaushygiene undbetriebsärztlichem Dienst/Betriebsarzt erstellt – gehörtdeshalb zum Standard einer guten Händehygiene.Hautpflegecremes sollen aus Spendern oder auchaus personenbezogenen Tuben entnommen werden,um Kontaminationen zu vermeiden. Grundsätzlichist farb- und parfümstofffreien Produkten der Vorzugzu geben, um das Risiko von Allergien und Hautreizungenzu minimieren. Da Hautpflegemittel die Wirksamkeitvon Desinfektionsmittel beeinträchtigenkönnen, sollte die Hautpflege in erster Linie in Arbeitspausenbeziehungsweise außerhalb der Arbeitdurchgeführt werden. Bei Anzeichen für eine Hautschädigungoder allergischen Erscheinungen an Händenoder Unterarmen, muss der Betriebsarzt hinzugezogenwerden.Immer wieder FingernägelSchön verziert und lackiert – womöglich noch künstlichverlängert – erfreuen Fingernägel vielleicht dasAuge manches Betrachters, aber sie stellen eine Beeinträchtigungeiner guten Händehygiene dar. Dasgilt vor allem für künstliche Fingernägel. Denn: Unterlangen Nägeln sammeln sich Keime an, die durcheine Händedesinfektion nicht beseitigt werden können.In der medizinischen Literatur werden daherkünstliche Fingernägel und Nagellack immer wiederin Zusammenhang mit Ausbrüchen nosokomialerInfektionen gebracht. Und weil Handschuhe durchlange (künstliche) Fingernägel reißen können, istgrundsätzlich auf kurze, rund geschnittene, gepflegteund unlackierte Fingernägel zu achten. Dies dientnicht nur dem Patienten-, sondern auch dem Personalschutz.© bilderstoeckchen /Fotolia.comDOI: 10.1007/s00058-012-1043-336<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2012; 64 (10)
Das oft verwendete Argument von Befürworten vonGel-Fingernägeln, dass durch das Tragen künstlicherFingernägel Nagelprobleme gelöst werden, muss unterHinzuziehung eines Hautarztes geprüft werden.Gut behandschuht, gut geschütztHandschuhe sollten immer bei erhöhtem Kontaminationsrisikomit erregerhaltigem Material getragenwerden. Dies gilt zum Beispiel beim endotrachealenAbsaugen, bei der Entsorgung von Sekreten, Exkretenund Erbrochenem, bei der Blutentnahme oder beider Versorgung von Patienten mit multiresistentenErregern. Dabei dienen sie hauptsächlich dem Selbstschutz,bei sachgerechtem Gebrauch aber auch demSchutz vor Übertragung von Erregern. Da man nichtvon einer 100%igen Dichtigkeit von Untersuchungshandschuhenausgehen kann, ersetzen Handschuhenicht die Händedesinfektion.Nach Beendigung einer Tätigkeit müssen die Handschuheumgehend ausgezogen werden. Dies kannauch der Fall sein, wenn man von einer Tätigkeit zueiner anderen Tätigkeit am gleichen Patienten wechselt,beispielsweise vom Entleeren des Urinbeutelszum Verbandswechsel des zentralen Venekatheters(ZVK). Nach dem Ausziehen der Handschuhe ist stetseine hygienische Händedesinfektion durchzuführen,da es beim Abstreifen der Handschuhe zu einer Kontaminationder Hände kommen kann. Außerdemmuss bei einem nicht unerheblichen Teil der Handschuhemit Perforationen gerechnet werden. In einerklinischen Untersuchung lag der Anteil unbenutzterperforierter Latex-Handschuhe bei 1%, bei den benutztenHandschuhen waren 8% perforiert, oft durchMikroläsionen. Generell steigt die Zahl an (Mikro-)Perforationen mit der Tragedauer und der Anzahlder ausgeübten Tätigkeiten. Besonders bei notfallmedizinischenTätigkeiten und operativen Eingriffenist die Gefahr von Perforationen der Handschuhegroß. Deshalb wird insbesondere bei Eingriffen mithohem Verletzungsrisiko das „double gloving“, dasTragen von zwei Paar Handschuhen übereinander,als Arbeitsschutzmaßnahme empfohlen.Im medizinischen Bereich wird unterschieden inkeimarme und sterile Handschuhe.Keimarme Handschuhe werden bei Pflegetätigkeitenbeziehungsweise Untersuchungen am Patienten, dienicht unter sterilen Bedingungen durchgeführt werdenmüssen (zum Beispiel Blutentnahmen), oderbeim Umgang mit (potenziell) erregerhaltigem Material(zum Beispiel der Entsorgung von Steckbecken,Abnahme von Trachealsekret) verwendet.Sterile Handschuhe sind paarweise steril verpacktund werden für invasive diagnostische und operativeEingriffe (zum Beispiel ZVK-Anlage, Lumbal- oderKnochenmarkpunktion) eingesetzt.Medizinische Schutzhandschuhe werden in verschiedenenMaterialien angeboten. LatexhandschuheHAUTSCHUTZPLANFolgende Regeln sind zu beachten▶▶Hautschutz mehrmals pro Schicht anwenden.▶▶Schmuck ablegen, bei Feuchtarbeit können gehäuft Metallallergien(Nickel, Kobalt) entstehen.▶▶Fingernägel kurz schneiden, nicht lackieren, keine künstlichen Nägel.▶▶Seife nach Händereinigung vollständig abwaschen und die Händegründlich abtrocknen.▶▶Händedesinfektion nur auf der trockenen Haut durchführen. Cremessollten vor Beginn der Händedesinfektion vollständig eingezogen sein.▶▶Vor Gebrauch medizinischer Einmalhandschuhe sollten die Hände vollständigtrocken und die Handcreme ganz eingezogen sein.▶▶Die Verwendung von Hautschutzcremes ist nur für kurze Handschuhtragezeiten(bis zu 10 Min) vorgesehen und somit für OP-Personal nichtgeeignet.▶▶Cremes richtig dosiert (ca. haselnussgroße Menge) auf den Handrückengeben und gut verteilen, auch um die Nägel, an den Fingerkuppenund zwischen den Fingern.(Quelle: Hautschutz-Plan des Universitätsklinikums Freiburg)sind aufgrund des hohen Tragekomforts und derReißfestigkeit trotz der Allergiegefahr immer nochsehr weit verbreitet. Wegen der Rohstoffknappheitund der dadurch bedingten Preiserhöhung wird inzunehmendem Maße in Billiglohnländern produziertmit der Folge, dass die Qualität der Handschuhe(Dichtigkeit, Reißfestigkeit) sehr gesunken ist. Es istdaher überlegenswert, auch im Hinblick auf das Allergierisikodurch Latex, auf Nitrilhandschuhe umzusteigen.Die Preisunterschiede zwischen Nitril undLatex – früher ein Argument gegen den routinemäßigenGebrauch von Nitril – sind heute weitgehendnivelliert.Werden trotzdem Latex-Handschuhe verwendet,kann das Risiko einer Latex-Allergie durch ungepuderteHandschuhe deutlich vermindert werden. Inder TRGS 540 (Technische Regel für Gefahrstoffe)wird gefordert, dass gepuderte Latexhandschuhedurch puderfreie, allergenarme Latexhandschuheoder andere Handschuhe ersetzt werden. Auf derGrundlage der Gefahrstoffverordnung ist die TRGSrechtsverbindlich.Eine weitere Alternative sind Handschuhe aus Polyvinylchlorid(PVC) und Polyethylen (PE). Allerdingskönnen PVC-Handschuhe aufgrund ihrer geringenReißfestigkeit und aus ökologischen Gründennur bedingt empfohlen werden. PE-Handschuhe sindrecht preisgünstig und umweltverträglich. Da siehäufig undicht und nicht sehr reißfest sind (PE-Handschuhe werden durch Verschweißen zweier PE-Folien hergestellt), sind sie nicht für Tätigkeiten mitFingernägel vonPflegenden müssengrundsätzlich kurz,rund geschnitten,gepflegt und nichtlackiert sein.<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2012; 64 (10)37