02.12.2012 Aufrufe

OLG Koblenz 20.6.2012 – 5 U 1450/11 - Wolters Kluwer ...

OLG Koblenz 20.6.2012 – 5 U 1450/11 - Wolters Kluwer ...

OLG Koblenz 20.6.2012 – 5 U 1450/11 - Wolters Kluwer ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Der Zweitbeklagte (Gynäkologe) haftet insoweit nicht, weil er für die Narkose nicht<br />

verantwortlich war.<br />

Bei der Klägerin bestand eine den Anästhesisten bekannte extreme Überempfindlichkeit<br />

gegen die üblichen Narkosemittel. Dazu hat das anästhesiologische<br />

Sachverständigengutachten mitgeteilt, dass diesem Problem durch Gabe eines dritten die<br />

Übelkeit mindernden, wenn nicht gar völlig unterdrückenden Medikamentes hätte begegnet<br />

werden müssen.<br />

Das Versäumnis der bei der Erstbeklagten beschäftigten Anästhesisten wollte der<br />

Sachverständige nur deshalb nicht als grob einstufen, weil der entsprechende Hinweis in der<br />

führenden anästhesiologischen Fachzeitschrift erst im Jahr 2004 veröffentlicht wurde. Dazu<br />

hat der Sachverständige gemeint, lediglich von einem Krankenhaus der Maximalversorgung<br />

müsse verlangt werden, Derartiges alsbald im Klinikalltag umzusetzen. Bei der Erstbeklagten<br />

könne das Anfang März 2005 unterlaufene Versäumnis lediglich als einfacher<br />

Behandlungsfehler gewertet werden.<br />

Diese Einschätzung, der das Landgericht gefolgt ist, teilt der Senat nicht. Er ist - auch ohne<br />

erneute Anhörung des Sachverständigen - zu einer anderen Einschätzung befugt, weil es<br />

sich nicht um eine fachmedizinische, sondern um eine juristische Wertungsfrage handelt.<br />

Dass ein Arzt verpflichtet ist, sich auf seinem Fachgebiet regelmäßig weiterzubilden und<br />

dabei auch über Neuerungen zu informieren und diese erforderlichenfalls zeitnah zum Wohl<br />

seiner Patienten umzusetzen, steht außer Frage.<br />

Ob und in welchem Umfang ihm dabei entsprechend den Vorstellungen des<br />

Sachverständigen eine "Karenzzeit" eingeräumt werden muss, wenn er nicht an einem<br />

Krankenhaus der Maximalversorgung tätig ist, bedarf beim vorliegenden Fall keiner<br />

Entscheidung. Denn die Zeitspanne zwischen der Fachpublikation im Jahr 2004, die das<br />

konkrete Problem der Klägerin betrifft, und deren Operation am 1. März 2005 war derart lang,<br />

dass den bei der Erstbeklagten tätigen Anästhesisten bekannt sein musste, dass die Gabe<br />

eines dritten Medikamentes erforderlich war.<br />

Da das Versäumnis daher als grob gewertet werden muss, oblag es der Erstbeklagten, den<br />

Nachweis zu führen, dass der Kausalverlauf bei pflichtgemäßem Handeln identisch gewesen<br />

wäre. Dieser Beweis ist nicht geführt.<br />

Die dreitägige starke Übelkeit mit häufigem Erbrechen erfordert nach Auffassung des Senats<br />

ein Schmerzensgeld von 1.000 €.<br />

3. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1 , 92 , 100 , 708 Nr. 10 , 713 ZPO .<br />

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.<br />

Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 6.000 €.<br />

Kaltenbach<br />

7 © 2012 <strong>Wolters</strong> <strong>Kluwer</strong> Deutschland GmbH - Jurion NV-Gesamtprodukt, Rechtsstand 21.<br />

Oktober 2012 - 24.10.2012

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!