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Beitrag zur Geschichte der revolutionären Bewegung

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ern. Aber <strong>der</strong> am meisten besorgniserregende Faktor war dieschrittweise Unterwerfung <strong>der</strong> Komintern unter die nationalen Zieledes russischen Staates. Dieser sorgte dafür, dass seine eigenenInteressen denen <strong>der</strong> revolutionären Interessen <strong>der</strong> Internationalevorangestellt wurden. Die Türkei ist ein klares Beispiel für diesenWi<strong>der</strong>spruch. Schon von 1919 an waren in Berlin auch durch dieVermittlung Radeks zwischen <strong>der</strong> russischen Regierung und demtürkischen Nationalistenführer Enver, <strong>der</strong> später am Kongress vonBaku teilnehmen sollte, Kontakte hergestellt worden. FreundschaftlicheBeziehungen wurden mit Mustapha Kemal von 1920an aufgebaut, die zu einem Abschluss mit <strong>der</strong> Türkei am 16. März1921 führten. Mustapha Kemal war nicht nur <strong>der</strong> Verantwortlichefür die Nie<strong>der</strong>schlagung <strong>der</strong> Bauernbewegung, welche von <strong>der</strong>Komintern unterstützt worden war, son<strong>der</strong>n er ließ die ganze Führung- die in Deutschland durch die Spartakisten politisch gebildetworden war und jedem Nationalismus feindlich gegenüberstand -<strong>der</strong> kommunistischen Partei <strong>der</strong> Türkei umbringen. Dieses Massakertat den guten Beziehungen zwischen dem russischen Staat und<strong>der</strong> Türkei keinen Abbruch. Zum ersten Mal wurde deutlich, dassRegierungen, die gute diplomatische Beziehungen mit Russlandunterhielten, ungestraft revolutionäre Militanten, Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong>Kommunistischen Internationale ermorden o<strong>der</strong> außerhalb des Gesetzesstellen konnten, ohne dadurch die Gunst des russischenStaates zu verlieren, dessen Politik ja eigentlich <strong>der</strong> <strong>der</strong> Kominternhätte unterworfen werden müssen. Diese Ereignisse, die sich imJanuar 1921 abspielten, waren die direkte Folge <strong>der</strong> Politik <strong>der</strong>Komintern, die vom 2. Kongress unterstützt worden war, <strong>der</strong> Unterstützung<strong>der</strong> sog. Befreiungsbewegungen.a) DIE KRONSTÄDTER EREIGNISSE (MÄRZ 1921)Mehr als <strong>der</strong> Bereich <strong>der</strong> Außenpolitik sollten die Kronstädter Ereignisseden Graben aufzeigen, <strong>der</strong> sich zwischen dem russischenStaat und dem Proletariat aufgetan hatte. Im Februar 1921 warenStreiks in Petrograd ausgebrochen, das zuvor das Zentrum <strong>der</strong> russischenRevolution gewesen war. Sie waren sowohl gegen die Lebensmittelrationierunggerichtet, als auch gegen die WirtschaftsundGesellschaftspolitik des Staates und <strong>der</strong> BolschewistischenPartei. Trotz <strong>der</strong> Beschuldigungen, dass die Streiks von Menschewiki,Sozialrevolutionären o<strong>der</strong> Anarchisten - die meisten von ihnenbefanden sich im Gefängnis - „geschürt“ worden waren, trugdie <strong>Bewegung</strong> einen spontanen und organisationslosen, ja führerlosenCharakter. Sie hatte sich auf alle großen Fabriken ausgedehnt,auch auf Putilov, die Hauptbastion <strong>der</strong> Revolution 1917.Demgegenüber reagierten Sinowjew und die BolschewikiPetrograds mit repressiven Maßnahmen. Die Demonstrationenwurden durch die Kadetten gewaltsam aufgelöst, Aussperrung <strong>der</strong>streikenden Arbeiter, Entzug <strong>der</strong> Lebensmittelmarken für dieStreikenden, Verhängung des Kriegsrechtes, umfangreiche Verhaftungen,sofortiges Erschießen bei Bildung von Versammlungen,Überwachung <strong>der</strong> Arbeiter in den Fabriken durch bewaffneteTruppen <strong>der</strong> Bolschewiki (4). Diese Maßnahmen führten aber zueinem Ausbruch <strong>der</strong> Unzufriedenheit <strong>der</strong> Arbeiter, die sich seitMonaten angehäuft hatte, und zu <strong>der</strong>en Politisierung. Die politischenFor<strong>der</strong>ungen: Abschaffung des Kriegsrechtes, Befreiung allerGefangenen, Versammlungs-, Presse- und Redefreiheit für dieArbeiter, freie Wahlen für die Fabrikkomitees, für die Räte, alldiese For<strong>der</strong>ungen waren gegen „die Diktatur <strong>der</strong> Partei und dieTscheka“ gerichtet und bewiesen den Wi<strong>der</strong>spruch zwischen Proletariatund Staat, ein Staat, mit dem sich mittlerweile die Bolschewikiverbunden fühlten, weil sie sich mit ihm identifizierten.Sie stellten einen Aufruf <strong>zur</strong> Arbeiterdemokratie und <strong>zur</strong> Wie<strong>der</strong>belebung<strong>der</strong> Arbeiterräte dar, die zuvor vom Staat und <strong>der</strong> bolschewistischenPartei aufgesaugt worden waren.Als sie von den Ereignissen erfuhren, schickten die Matrosen undArbeiter Kronstadts Delegationen zu den Fabriken in Petrograd.Danach griffen die Matrosen und Arbeiter Kronstadts die For<strong>der</strong>ungen<strong>der</strong> Arbeiter Petrograds auf und erweiterten sie: Neuwahl<strong>der</strong> Arbeiterräte in geheimer Wahlabstimmung, Organisation außerhalb<strong>der</strong> bolschewistischen Partei einer Konferenz <strong>der</strong> Arbeiter,Soldaten und Matrosen <strong>der</strong> Provinz, Presse- und Organisationsfreiheitfür die Anarchisten und Linkssozialisten. DieAnkunft Kalinins und Kuzmins in Kronstadt, die eine provozierendeHaltung einnahmen, überstürzte alles. Es wurde ein provisorischesrevolutionäres Komitee (PRK) gegründet, das die ganzeBevölkerung <strong>der</strong> Insel repräsentierte, all das zu einem Zeitpunkt,als die Arbeiter Petrograds unter den Folgen des Terrors die Arbeitwie<strong>der</strong> aufnahmen.Die gewaltsamen Zusammenstösse zwischen den Bolschewiki, denMatrosen und den Arbeitern Kronstadts wurden unvermeidbar.Diese wurden als „weiße Garden“, als Konterrevolutionäre bezeichnet,die im Dienste <strong>der</strong> „französischen Kapitalisten“ standen(1), ihre Familien wurden als Geiseln genommen, ihnen selbstwurde gedroht, wie Wildenten abgeschossen zu werden. Trotzki,den die Aufständischen den Junker, den Bluthund Trotzki nannten(2), gab am 7. März den Befehl <strong>zur</strong> Nie<strong>der</strong>schlagung Kronstadts,wodurch viele Matrosen und Arbeiter abgeschlachtet wurden. „Ichgebe jetzt den Befehl <strong>zur</strong> Vorbereitung <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>schlagung <strong>der</strong>Revolte. Die Aufständischen werden erschossen werden“ (3). Mitdem Schlachtruf „Siegen o<strong>der</strong> sterben“ kämpften die Matrosenund Arbeiter, die alle bewaffnet waren, mit einer Energie <strong>der</strong> Verzweifelten.Die Regierung hatte Tausende von Soldaten mobilisiert,von denen ein großer Teil aus Zentralasien kam, und die damit<strong>der</strong> offiziellen Propaganda leichter zugänglich waren. AuchMitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Bolschewistischen Partei, darunter auch <strong>der</strong> Arbeiteropposition(4) schlossen sich ihnen an. Hinter ihnen standen dieTschekisten, die viele Deserteure erschossen, o<strong>der</strong> auf die Truppenteileschossen, die sich den Aufständischen in Kronstadt angeschlossenhatte. Die Truppen Tukatschewskis (5) schlugen denAufstand nie<strong>der</strong>. Tausende von Matrosen und Arbeiter wurden erschossen,die überlebenden ins Gefängnis gesteckt o<strong>der</strong> in Lager,wo sie starben (6).Das Programm <strong>der</strong> Aufständischen von Kronstadt war nicht ausreichendklar, um die Unterstützung <strong>der</strong> Linkskommunisten zugewinnen. Es verwarf sicher jegliche Bejahung einer Nationalversammlungund einer Rückkehr in die Vergangenheit. Sie wünschteneinfach auf konfuse Weise eine Diktatur <strong>der</strong> Räte, ohne irgendeinePartei, und keine Diktatur, die von nur einer Partei ausgeübtwurde. Diese Idee <strong>der</strong> Diktatur <strong>der</strong> Klasse, die <strong>der</strong> Parteidiktaturgegenübergestellt wurde, wurde jedoch Ende des Jahres 1920von den holländischen und deutschen Linkskommunisten, insbeson<strong>der</strong>evon <strong>der</strong> KAPD, entwickelt. Aber <strong>der</strong> Aufruf zu einer „3.Revolution“ seitens <strong>der</strong> Kronstädter blieb sehr unklar und eröffnetekeine Perspektive. Auch die Auffassung, <strong>der</strong>zufolge man denBauern auf ihrem Boden eine vollständige Handlungsfreiheit einräumenmüsste, ohne „die Lohnarbeit zu benutzen“ (1) - konntenur auf die Ablehnung Gorters und <strong>der</strong> KAPD stoßen. Diese verwarfenjede Konzession an die Bauernschaft, die sie mit den Kulakengleichstellten. Anfänglich unterstützte die KAPD die offizielleVersion eines Komplottes gegen Sowjetrussland. Unter dem Vorwand,dass französische Boote sich in Reval befanden, um denAufstand in Russland zu unterstützen (was falsch war), behauptetedie KAPD:"Die russischen konterrevolutionären Emigranten, die nach Russland<strong>zur</strong>ückkehren, und <strong>der</strong> Graf Wangel bereiten sich in Ungarnauf eine militärische Unterstützung vor“ (2).Die Handlungen <strong>der</strong> Aufständischen wurden als konterrevolutionärund antikommunistisch verurteilt. „Die genauenKenntnisse <strong>der</strong> Bedingungen in Russland ermöglichten es denKonterrevolutionären, einen Aufstand auszulösen, <strong>der</strong> in seinerersten Phase wie eine 3. Revolution erschien. Im Laufe des Kampfestrat jedoch durch die For<strong>der</strong>ung nach einer Nationalversammlungdeutlich das Wesen dieses Aufstandes hervor, dass er nämlichgegen den Kommunismus gerichtet ist“. Aber das Organ <strong>der</strong>KAPD wies auf den Hintergrund hin: Hunger und „die Unzufriedenheitmit <strong>der</strong> Diktatur <strong>der</strong> Partei und <strong>der</strong> sowjetischen Bürokra-16

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