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Beitrag zur Geschichte der revolutionären Bewegung

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nationale Büro kontrollierte, waren so groß, dass die Spaltungzwischen <strong>der</strong> „Spitze“ und <strong>der</strong> „Basis“ <strong>der</strong> KAPD immer näherrückte. Aber die Spaltung vollzog sich dann nicht um die Frage<strong>der</strong> Gründung <strong>der</strong> KAI. Sie wurde herbeigeführt aufgrund von Divergenzenhinsichtlich <strong>der</strong> Intervention in den unmittelbaren Wirtschaftskämpfen,aber auch wegen bürokratischer Manöver um dieSchrö<strong>der</strong>-Gruppe.Anfang Januar des Jahres 1922 veröffentlichte das „Theoretikertriumvirat“<strong>der</strong> KAI - Schrö<strong>der</strong>, Goldstein und Dethmann - im„Kampfruf“, dem Organ <strong>der</strong> AAU in Berlin, eine Artikelreihe (2)über die Rolle <strong>der</strong> Unionen (AAU) im Klassenkampf. Darin stand,dass „<strong>zur</strong> Zeit <strong>der</strong> Todeskrise des Kapitalismus“ die Lohnkämpfe„opportunistisch“ seien und keinen Sinn mehr machten. Die in <strong>der</strong>AAU organisierten Arbeiter sollten gemeinsam für die Revolutionkämpfen. Die Lohnkämpfe seien zu einer „privaten“ Angelegenheiteines jeden einzeln Arbeiters geworden."Reformismus ist <strong>der</strong> Kampf innerhalb des Kapitalismus um bessereLohn- und Arbeitsbedingungen, m.a.W. <strong>der</strong> Kampf um einengrößeren Anteil am Privateigentum. Diesen Kampf führt <strong>der</strong> einzelneProletarier in Konkurrenz mit den an<strong>der</strong>en Einzelmenschenin seinem Interesse als Einzelmensch. Die Gewerkschaften sinddie Interessenvertretung des einzelnen Arbeiters innerhalb des Kapitalismus.Die Allgemeine Arbeiter-Union organisiert die proletarische Klassezu dem alleinigen Zwecke <strong>der</strong> direkten Beseitigung des Kapitalismusals System; die persönliche Interessensvertretungen deseinzelnen Arbeiters innerhalb des Kapitalismus geht sie gar nichtsan. Die Tatsache, dass sie (die Arbeiter) in diesem Augenblick undmit diesem Schritt die organisatorische Vertretung ihrer persönlichenEinzelinteressen innerhalb des Kapitalismus aufgeben, diesein Zukunft allein ohne eine Organisation für diesen Zweck wahrenmüssen. Mögen die Gewerkschaften ihren Daseinszweck darin sehen,dem einzelnen Bourgeois für den einzelnen Proletarier mehrPrivateigentum abzugewinnen und das persönliche Interesse jedeseinzelnen Proletariers und Kleinbürgers an <strong>der</strong> Verteilung des bürgerlichenPrivateigentums zu vertreten.Wird ein Unionist in einen kapitalistischen Betrieb eingestellt, soschließt er als einzelner Arbeiter mit dem Unternehmer einen Privatvertrag,in welchem die Lohn- und Arbeitsbedingungen vereinbartwerden. Befindet er sich in einem Betrieb und reicht <strong>der</strong> Lohninfolge <strong>der</strong> steten Steigerung <strong>der</strong> Preise <strong>zur</strong> Erhaltung seiner nacktenExistenz nicht mehr aus, so geht er erneut als einzelner Arbeiterzu dem Unternehmer mit dem Verlangen einer Än<strong>der</strong>ung seinesPrivatvertrages in Form <strong>der</strong> Verbesserung seiner Lohn- undArbeitsbedingungen...Gewährt <strong>der</strong> Unternehmer diese nicht, so stehen dem Unionistenals einzelnem Arbeiter im Betriebe eine Reihe von Mitteln <strong>zur</strong>Verfügung, um sein Verlangen durchzusetzen, wie z.B. Streik undpassive Resistenz“ ("Die Kommunistische Arbeiterinternationale“,1922, S. 8).Diese, dem Marxismus fremde Auffassung, war nicht neu. Siewurde schon von den Proudhonisten vertreten, die die Notwendigkeitvon wirtschaftlichen Lohnkämpfen leugneten, wie auch vonden einzelnen Anarchisten, die für den Streik und den Einzelwi<strong>der</strong>standgegen die kapitalistische Ausbeutung eintraten. Die Tendenzum Schrö<strong>der</strong>-Dethmann-Goldstein - mit einer eingeschränktenUnterstützung <strong>der</strong> Hollän<strong>der</strong> und Gorters (1) - verfiel ihrer eigenenUngeduld. Sie wollten eine theoretische Rechtfertigung fürdie Existenz <strong>der</strong> KAI liefern, als sie behaupteten, nur revolutionäreKämpfe für die Eroberung <strong>der</strong> Macht stünden auf <strong>der</strong> Tagesordnung.Wie oft in <strong>der</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> revolutionären <strong>Bewegung</strong> entstanddiese Ungeduld in einer Zeit des Rückflusses des Klassenkampfes.Und sie stützte sich auf intellektuelle Elemente, die dazuneigten, wenn sie nicht gar Verachtung hatten, die sehr materielleWirklichkeit des alltäglichen For<strong>der</strong>ungskampfes zu unterschätzen.Nachdem sie anfänglich die Arbeiter verherrlicht hatten,als <strong>der</strong> revolutionäre Klassenkampf gut sichtbar war, warendiese Elemente nun enttäuscht, und sie meinten, dass die Arbeiter„egoistisch“ seien, wenn sie für ihre materiellen For<strong>der</strong>ungenkämpfen, weil sie somit nur einen „größeren Teil des Privateigentums“für sich beanspruchen. Sie seien irgendwie eine „Klasse fürdas Kapital“ (2), wenn sie sich auf das Niveau <strong>der</strong> Lohnkämpfeherabsinken ließen, die als „opportunistisch und reformistisch“ bezeichnetwurden.Die Verwerfung <strong>der</strong> Wirtschaftskämpfe und <strong>der</strong> Theorie des „Einzelarbeiters“durch diesen Teil <strong>der</strong> KAPD, <strong>der</strong> die Führung innehielt,hatte sehr schädliche Folgen, die gar zerstörerisch auf dasLeben <strong>der</strong> Partei und <strong>der</strong> Revolution wirkten:- Die Trennung zwischen Wirtschaftskämpfen und revolutionärenKämpfen verurteilte die KAPD dazu, als Partei nur in <strong>der</strong> Zeit offenerrevolutionärer Kämpfe zu bestehen. In einer Zeit des Rückflusseshätte sie nur eine Funktion <strong>der</strong> Propaganda, und sie würdesich in einen einfachen Kreis umwandeln, <strong>der</strong> nicht in den Klassenkämpfenals Organisation intervenierte, die den Kämpfen eineFührung zu verleihen suchte. Auch die AAU selber hatte nur nocheine Propagandafunktion für die Revolution, da - <strong>der</strong> Auffassung<strong>der</strong> zukünftigen Essener Tendenz zufolge - die Unionsanhängernur individuell in den Wirtschaftskämpfen intervenierten. Darausfolgte, dass die AAU nichts an<strong>der</strong>es als nur eine zweite Partei war,und als solche war sie unnütz. Darin bestand die ganze Zweideutigkeitund Verwirrung bei <strong>der</strong> Existenz von Unionen, die sowohlpolitische Organe als auch Organisationen des Wirtschaftskampfeswaren (3).- Aber wenn die KAPD und die AAU eine Politik <strong>der</strong> „Neutralität“und Gleichgültigkeit gegenüber den For<strong>der</strong>ungskämpfen vertraten,dann liefen sie Gefahr, objektiv eine „Streikbrecherrolle“ zu spielen.Die „Neutralität“ gegenüber dem Ausbruch von For<strong>der</strong>ungsstreikswurde zu einer „Neutralität“ und Gleichgültigkeit gegenüberdem Klassenfeind (4). Wenn die Arbeiter <strong>der</strong> Meinung <strong>der</strong>Tendenz um Schrö<strong>der</strong> folgten und den For<strong>der</strong>ungskämpfen fernblieben,würde das mit Sicherheit zu einer Nie<strong>der</strong>lage <strong>der</strong> Arbeiterklasseund zum Sieg <strong>der</strong> Konterrevolution führen. Der GeschäftsführendeHauptausschuss (GHA), <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Berliner Oppositionangeführt wurde, unterstrich dies mit Nachdruck: „Arbeiter,die unfähig sind, solche Kämpfe zu führen, und die in denKonflikten mit dem Kapital feige sind, sind natürlich nicht dazu in<strong>der</strong> Lage, einen Kampf um die Macht zu führen“ (5).- Schließlich nahm die Tendenz um Schrö<strong>der</strong> eine unklare Haltunggegenüber dem Wesen <strong>der</strong> Gewerkschaften an, die von den Linkskommunistenals konterrevolutionär bezeichnet wurden. Wenn dieGewerkschaften wirklich die „Interessen des Einzelarbeiters“ vertreten,dann würden sie weiter ein proletarisches Wesen haben.Dies stand im Wi<strong>der</strong>spruch <strong>zur</strong> Theorie <strong>der</strong> KAPD und <strong>der</strong> Hollän<strong>der</strong>,die den Kampf gegen die Gewerkschaften durch die Tatsacherechtfertigt hatten, dass selbst in <strong>der</strong> Zeit des Nie<strong>der</strong>gangsdes Kapitalismus seit 1914 die gewerkschaftliche Organisationsformnicht mehr dazu in <strong>der</strong> Lage ist, die grundlegendsten Wirtschaftsinteressen<strong>der</strong> Arbeiter zu verteidigen. Diese Sorge desGHA und des Berliner Bezirks, sozialdemokratische Auffassungenwie<strong>der</strong> durchs Seitenfenster sich einschleichen zu sehen,nachdem sie gerade durch die Vor<strong>der</strong>tür rausgeschmissen wordenwaren, war nicht unbegründet. Viele Führer <strong>der</strong> zukünftigen EssenerTendenz schlossen sich später <strong>der</strong> SPD o<strong>der</strong> <strong>der</strong> KPD an(siehe weiter unten).4) DIE SPALTUNG DER KAPD UND IHRE INTERNA-TIONALEN KONSEQUENZENa) DIE SPALTUNG IM MÄRZ 1922Innerhalb weniger Monate hatten es die Mehrheit <strong>der</strong> BerlinerSektion und <strong>der</strong> GHA geschafft, die Mehrheit <strong>der</strong> Partei auf ihreSeite zu ziehen. Viele Mitglie<strong>der</strong> verwarfen die besorgniserregen-24

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