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3 - Neuschwabenland-Lager

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Winkel bzw. der Zirkel. (Erinnern Sie sich, wie man Calvi an der Blackfriars-Bridge hängend fand?Mit Backsteinen in der Jackentasche und angewinkelten Beinen).Nachdem er nun zwölfeinhalb Jahre ohne Licht und menschlichen Kontakt überdauert hatte, dachtendie Freimaurer, daß sie gewonnen hätten, da in diesem Körper kaum mehr Verstand vorhanden seinkonnte, uni den kaiserlichen Thron zu übernehmen. Wie gesagt, umbringen konnte man ihn nicht, dadie unsterbliche Seele sieh eben einen neuen Körper genommen hätte, mit frischem Verstand undneuer Kraft. Auch hätte sie keinen Babykörper wählen müssen, sondern hätte als "Wal in" in einenanderen Körper steigen können, mit der Zustimmung der anderen Seele - also auch einen erwachsenenLeib.Wie auch immer. Man lehrte dem Jungen vierzig Wörter zu sprechen und den Namen Kaspar Hauserzu schreiben und setzte ihn den Straßen Nürnbergs aus. In der Hoffnung, daß er mit seinem spärlichenVokabular zumindest eine Anstellung als Pferdeknecht bekommen könnte und ein Dasein alsBehinderter bis zu seinem Lebensende führen würde. Nun, Kaspar wurde natürlich sofort eingesperrt,da er ein sicherlich sehr seltsames Bild für die Nürnberger Menschen abgab - er kannte kein Licht,hatte seit seinem zweiten Lebensjahr keinen Menschen mehr erblickt, konnte nicht richtig laufen...Doch gleich da zeigte sich, daß Kaspers Führung ihn nicht verlassen hatte und das Gesetz derResonanz hundertprozentig wirkt. Der Polizeimeister erkannte in Kaspers Augen und in seinemWesen, daß er kein Krimineller war, sondern daß ihm etwas Schreckliches widerfahren sein mußte. Sogab er ihn zu einem Freund, der ihn wie dessen eigenen Sohn in die Familie aufnahm.Und dann nahm das Geschehen seinen Lauf Man stelle sich ein Kind vor, das ohne jede Liebe, ohneeine Mutter, ohne Erziehung und menschlichen Kontakt auf die Menschheit losgelassen wird. Ein nor-192males Menschenskind hätte so etwas niemals überlebt. Nun, Kaspar wurde von seinem Vormund nundas Sprechen und Schreiben gelehrt, Ordnung, Tugend, usw. All die guten Dinge, die ein gesunddenkender Mensch so braucht.Und Kaspar entwickelte sich innerhalb von Monaten zu einem sehr außergewöhnlichen Jungen heran.Er konnte in Kürze schreiben, führte Tagebuch, begann mit Poesie, war überkorrekt mit Ordnung, obes der Platz, wo Dinge in seinem Zimmer zu stehen haben, die Kleidung oder die Ausdrucksweisebetraf. Er begann zu zeichnen und zu malen, war hoch telepathisch, konnte aller Leute Gedankenlesen, wußte, wenn jemand hundert Meter hinter ihm stand und wer es war. Er hatte ebenso einenbrillanten Verstand. Er merkte sich jedes Wort, das jemand in seiner Gegenwart ausgesprochen hatte,erinnerte sich an die Kleidung dieser Leute. Weiterhin konnte er nachts besser sehen als tagsüber undhatte einen Geruchsinn wie ein Hund. (Wichtig zu wissen ist, daß Kaspar strikter Vegetarier war,sogar nur von Wasser und Brot lebte. Als man einmal versuchte, ihm Fleisch zu essen zu geben, wurdeer fast sterbenskrank.)Ganz davon abgesehen war er ein sehr schönes Kind, mit leuchtenden liebevollen Augen und einemsehr feinen Wesen. So kam es, daß Kaspar in Windeseile in den elitären Kreisen Europas bekanntwurde als das "Kind Europas".Doch dann, im Alter von achtzehn Jahren, begann er, seine erste Biographie über sich selbst und seineAufgabe hier zu schreiben, was auch den Freimaurern zu Ohren kam. Auch die Leute, die sich in denJahren im engeren Kreise um Kaspar gefunden hatten, hatten sich auf die Suche begeben, wer Kasparwirklich war und waren dem Rätsel auch auf die Spur gekommen. Daher mußten die Freimaurer, dienun ihren schönen Plan scheitern sahen, einen Weg finden, wie sie Kaspar nun doch seiner sterblichenHülle entledigen konnten.Daher begannen sie ihn durch eines ihrer Mitglieder, Lord Stanhope, zu kontaktieren, der Kaspardurch sein zuerst gehobenes Auftreten faszinierte. Lord Stanhope drang auf eine ganz miese undsubtile Art in Kaspars Herz ein, da er ihm alles gab und durch teure Kleidung, reiche Schenkungenund verlogenes Tun sein Herz verschmutzte. Lord Stanhope übernahm die Vormundschaft Kasparsund brachte ihn zu einem weiteren Verschwörer nach Ansbach, dem Lehrer Meyer, der sich Kaspargegenüber sehr böse verhielt. Kaspar wurde dazu gebracht193

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