treffpunkt campus - Hochschule Magdeburg-Stendal
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8 <strong>treffpunkt</strong> <strong>campus</strong><br />
februar 2011<br />
Patrik Duller studierte ein Semester in Soria<br />
Im Rollstuhl nach Spanien<br />
Ein Auslandsaufenthalt während des Studiums<br />
bedarf einer ausreichenden und<br />
längerfristigen Organisation, aber vor allem<br />
auch zusätzlicher finanzieller Mittel.<br />
Diese Hürden müssen zunächst einmal genommen<br />
werden. Doch die Zeit im Ausland<br />
macht die Bemühungen und den zeitlichen<br />
sowie finanziellen Aufwand oftmals wieder<br />
wett. Genauso war es auch bei Patrik Duller<br />
(27), Student der Fachkommunikation an<br />
der <strong>Hochschule</strong> <strong>Magdeburg</strong>-<strong>Stendal</strong>. Er war<br />
im Sommersemester 2010 in Soria und hat<br />
sich dort unter die spanischen Studierenden<br />
gemischt. Ganz unauffällig blieb er dabei<br />
jedoch nicht, denn seit früher Kindheit<br />
sitzt er im Rollstuhl.<br />
Patrik hat sich mit seiner Behinderung arrangiert: „Ich kenne<br />
eben nichts anderes und außerdem hat es mich noch<br />
relativ gut getroffen. Ich bin ja ein vergleichsweise cleveres<br />
Bürschchen. Man studiert auch nicht einfach so, sondern<br />
muss etwas dafür leisten.“ Im Wintersemester 2009 wollte<br />
er deshalb auch wie seine KommilitonInnen das obligatorische<br />
Studium im Ausland wagen. Der Student konnte jedoch<br />
zunächst nicht in Spanien bleiben, da sich unvorhergesehene<br />
Komplikationen bei der Bereitstellung der Pflege und der behindertengerechten<br />
Einrichtung der Wohnung ergaben.<br />
In den Folgemonaten konnten dafür jedoch insgesamt mehr<br />
als 11.000 Euro zusammengetragen werden. Vor allem das EU-<br />
Programm Erasmus, das neben den Mobilitätskosten zusätzlich<br />
auch Mittel für die Förderung von behinderten Studierenden<br />
bereitstellt, sowie das Sozialamt und das Amt für Ausbildungsförderung<br />
unterstützten Patrik finanziell. Zahlreiche Helfer an<br />
der <strong>Hochschule</strong> <strong>Magdeburg</strong>-<strong>Stendal</strong>, wie die Erasmus-Koordina-<br />
Bastian Ehl<br />
torin des International Office<br />
Nancy Brosig, die Betreuerin<br />
Gerlind de la Gruz im Fachbereich<br />
Kommunikation und<br />
Medien, Professor Dr. Carlos<br />
Melches und der Behindertenbeauftragte<br />
Prof. Dipl.-<br />
Ing. Hellmuth Batel, waren<br />
an der Organisation beteiligt.<br />
Auch die Gasthochschule<br />
unterstützte ihn mit aller<br />
Kraft. „Es war sehr kompliziert.<br />
Wir mussten vorher<br />
alles durchorganisieren, um<br />
die anfallenden Kosten und<br />
damit die Förderungssumme<br />
ermitteln zu können. Es war<br />
eine richtige Unternehmung,<br />
die wir da gemeinsam gestemmt<br />
haben“, berichtet<br />
Nancy Brosig rückblickend.<br />
So konnte der 27-Jährige<br />
doch noch im anschließenden Sommersemester an der Universidad<br />
de Valladolid in Soria studieren. Es sollte eine kleinere<br />
Stadt sein, da die täglichen Wege mit möglichst wenig Zeitaufwand<br />
bewältigt werden sollten. Eine Großstadt wie Madrid<br />
kam daher nicht in Frage. Doch das störte ihn nicht, und er war<br />
froh, dass dem Auslandsaufenthalt nichts mehr im Wege stand:<br />
„Ich wollte unbedingt Spanien und die Lebensart der Leute erleben<br />
und natürlich die Sprache verbessern. Ich finde, Spanisch<br />
ist eine der schönsten Sprachen, die es gibt.“<br />
Um ihm den Alltag zu erleichtern, wurde an der Universität<br />
sogar ein Programm ins Leben gerufen. Bei diesem konnten<br />
sich Freiwillige melden, die bereit waren, ihn bei allen seinen<br />
Wegen zu begleiten. So kam jeden Tag jemand vorbei, um mit<br />
ihm beispielsweise ins Café, zu einem Konzert oder spazieren<br />
zu gehen. „So richtig freiwillig war es eigentlich nicht, denn<br />
sie haben Credits dafür gekriegt“, erzählt Patrik lachend.<br />
Zum Glück hatte er diese Unterstützung, denn die Infrastruktur<br />
in Soria schätzt er im Vergleich zu Deutschland als weniger<br />
behindertenfreundlich ein: „Ich möchte jetzt nicht lügen,<br />
aber ich kann mich an nur zwei Läden erinnern, in die ich<br />
reingekommen bin, ohne dass mich vorher jemand angekippt<br />
hat. Hier in <strong>Magdeburg</strong> fahre ich einfach in den Laden, da<br />
mache ich alles alleine. In Soria braucht man eigentlich immer<br />
Begleitung. Ich musste ein ganzes Stück Selbstständigkeit<br />
hergeben, das ich in Deutschland normalerweise habe.“<br />
Die Zeit im Ausland möchte Patrik jedoch nicht missen,<br />
denn er hat seinen Wunsch erfüllen können, in Spanien zu<br />
studieren. Er ist froh, all das trotz Handicap verwirklicht zu<br />
haben: „Ich konnte mir selbst auch ein Stück weit beweisen,<br />
dass ich mit solchen Situationen umgehen kann. Das macht<br />
mich sehr stolz.“<br />
Anja Wrzesinski