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40 jahre storchentante aus dem tagebuch einer ... - gnadenwerk

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GEBURT IM FABRIKSAALhier! Denkt an eure Mutter, die euretwegen auch einmal eine solche Stundehatte. Marsch - alle hin<strong>aus</strong>! Ich brauche niemand zum Gaffen!» Mit einem energischenRuck schiebe ich die Nächststehenden rückwärts. Ein Gebrumm undGeknurr folgt, aber der Kreis weicht zurück. Einige schämen sich wirklich undgehen. Andere möchten zwar furchtbar gern bleiben, getrauen sich aber nundoch nicht. Endlich schlagen sich die Vorarbeiter und Werkführer auf meineSeite und räumen den SaaL Die Arbeiterinnen müssen an ihre Maschinen. Treibriemens<strong>aus</strong>en und Räder schnurren...Die Mutter sprach kein Wort. Als die Geburt beendet war, wickelten wir dasKleine in eine Arbeitsschürze. Zwei Männer von der Betriebsunfallhilfe standenmit <strong>einer</strong> Bahre bereit und trugen Mutter und Kind schnell nach H<strong>aus</strong>e.Kaum liegt die arme Frau im Bett, da trippeln kleine Füße die Treppe hinauf.Fünf Kinder kommen <strong>aus</strong> der Schule, die Kleinsten <strong>aus</strong> der Kinderkrippe. Diesind nicht wenig erstaunt, als da im Badzuber wieder ein Kleines strampelt, dasdie Mutter <strong>aus</strong> der Fabrik mitgebracht hat. Der Älteste, ein achtjähriger Knabe,aber fängt an zu weinen:«Nochmals eines mehr, das Brot essen will...»Da schmilzt auch die Erstarrung, die über der Mutter lag. Und die arme Fr<strong>aus</strong>chluchzt auf. Eines, das Brot essen will ... und sie hat ja kein Stück im H<strong>aus</strong>.Der Mann ist seit drei Wochen arbeitslos. Ausgesperrt <strong>aus</strong> der Zementfabrik. Diewenigen Unterstützungsgelder sind längst aufgebraucht. Sie können sich nichtmehr selbst weiterhelfen. «Seit drei Wochen bringt der Mann keinen Lohn. Dahab' ich mich aufgemacht und bin wieder in die Fabrik gegangen. Bis vor sechsWochen hatte ich da geschafft und die Arbeit aufgeben müssen, weil mir immerso elend wurde an der Maschine ... und nun bin ich auch arbeitslos... es ist janoch vier Wochen zu früh...»Die Kinder drängen sich an das Bett heran, nach<strong>dem</strong> ich das Kleine gerichtethatte und es der Mutter reiche. «Auch noch ein Mädchen», ganz zärtlich hat siedas kleine Bündel im Arm. «Wenn du nur ein Junge wärest. Könntest leichterdurch das Leben kommen, armes Mädchen ...» Und Muttertränen tropfen aufdas Kleine herab.Kinderhände recken sich scheu und heimlich über die Bettdecke. «Brot, Mutter.»- «Müßt warten, bis der Vater kommt. Er ist heute beim Schloßbauern zumDreschen. Da wird er wohl Brot mitbringen. Josef, könntest auch hingehen undihm sagen, daß ein Mädchen gekommen ist.»Arbeitslos! - Kein Mensch weiß, wie das ist, wenn er es nicht miterlebt hat. DieBauern hier am Ort wissen gar nicht, wie gut sie es haben. Immer ist Brot imH<strong>aus</strong>. Braucht sich niemand zu sorgen, daß es <strong>aus</strong>geht. Andere aber sitzen amMorgen vor <strong>dem</strong> leeren Schrank, haben Hände und Füße und möchten arbeiten45

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