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40 jahre storchentante aus dem tagebuch einer ... - gnadenwerk

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KAPITEL 18Akkordarbeit zu wirklich unverhältnismäßig hohen Löhnen. Verdienten zuweilenmehr als ihre Väter. Darob bekamen die Eltern einen solchen Heidenrespektvor ihrem soviel Geld verdienenden Nachwuchs, daß ihrerseits alle Autoritätbegraben wurde. Sie fühlten sich unterlegen und besiegt. Die Jungen brauchenuns nicht mehr: Das war eine vernichtende Erkenntnis. So getrauten sie sichnicht, die Zügel in der Familie in der Hand zu behalten. Wagten den Jungennichts mehr zu sagen, viel weniger noch, sie anzuleiten zu <strong>einer</strong> vernünftigenLebensgestaltung. Man überließ diese so viel Geld verdienende Jugend vollerRespekt vor ihrer Fertigkeit ganz und gar sich selbst, ließ sie ihr neues Lebengestalten.Die Familiengemeinschaft löste sich auf. Wo kein Oberhaupt ist mit kluger Leitung,ist Anarchie selbstverständlich. Jedes Familienglied ging seinen eigenenWeg und sah sich nicht mehr nach <strong>dem</strong> anderen um. Was einst Lebensgemeinschaftwar, wurde nun zur gemeinsamen Eß- und Schlafstelle. Mehr blieb meistnicht übrig. Man zahlte den Eltern ein Kostgeld, sehr knapp bemessen, und vertatden Rest des Lohnes, wie man wollte.Damit hörte die Familie aber auch auf, <strong>dem</strong> Menschen einen Halt zu bieten, einegewisse Bodenständigkeit. Das Jungvolk wuchs heran wie entwurzelte Bäume.Familienlos geworden - damit heimatlos und haltlos. Gerade in <strong>einer</strong> Zeit, woes mehr als früher einen sicheren Halt und klaren Wegweiser gebraucht hätte.So abenteuerten die jungen Leute umher, verwilderten - entgleisten.Nur verhältnismäßig wenig Familien verstanden es in dieser Zeit, wirklich Lebensgemeinschaftfür die junge Generation zu bleiben, ihr Lebensinhalt undLebensschutz zu bieten. Es ist mir immer eine rechte Freude, wenn ich wiedereinmal eine solche Familie antreffe.Bei Zigmanns wurde ein Büblein geboren. Ein kränkliches Kind. Es hatte so bösartigeiternde Augen gleich nach der Geburt. Das wurde immer schlimmer, sodaß ich riet, den Arzt zu rufen. Bei Arbeitern, die in der Krankenkasse sind,kommt man leicht durch mit solchen Bitten. Sie holen den Arzt schnell, weil ersie nichts kostet, sind beinahe froh, wenn sie einmal eine Gegenleistung verlangenkönnen für ihre Beiträge.Doktor Wille machte ein sonderbares Gesicht zu der Sache. «Eine langwierigeBehandlung von Mutter und Kind ist notwendig. Das Kind ist durch die Mutterangesteckt. Von wem haben Sie es denn?»«Von einem Monteur, der ein paar Wochen bei uns gewohnt hat», sagte dieMutter. «Er hat eine neue Maschine einführen müssen.»Damals hörte ich zum ersten Mal in m<strong>einer</strong> Praxis etwas von Geschlechtskrankheiten.Der Arzt hielt es für nötig, mich eingehend über die Ansteckungsgefahrzu informieren. In der Hebammenschule ist zu m<strong>einer</strong> Zeit nichts Derartiges90

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