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Die Metrik der französischen Eisenbahn - Institut fuer Mathematik

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Humboldt-Universität zu Berlin<strong>Institut</strong> für <strong>Mathematik</strong>Dipl.-Math. Christoph Stadtmüller<strong>Die</strong> <strong>Metrik</strong> <strong>der</strong> <strong>französischen</strong> <strong>Eisenbahn</strong>Um den Umgang mit den Begriffen <strong>der</strong> ε-Kugeln und von offenen und abgeschlossenen Mengenzu trainieren, kann man sich die in <strong>der</strong> Vorlesung erwähnte ”<strong>Metrik</strong> <strong>der</strong> <strong>französischen</strong><strong>Eisenbahn</strong>” ansehen. Bevor wir mit <strong>der</strong> mathematische Betrachtung beginnen, eine kurzeBemerkung zum Urpsrung des Namens <strong>Metrik</strong> <strong>der</strong> <strong>französischen</strong> <strong>Eisenbahn</strong>: Frankreich ist(und war früher noch viel stärker) ein stark zentralisierter Staat, in dem ein großer teil <strong>der</strong>Infrastruktur auf Paris ausgerichtet ist. Unter an<strong>der</strong>em führ(t)en die meisten Bahnverbindungenzwischen zwei <strong>französischen</strong> Städten über Paris, wie man an folgen<strong>der</strong> Karte <strong>der</strong>französichen <strong>Eisenbahn</strong>en erkennen kann:Abbildung 1: Karte des <strong>französischen</strong> <strong>Eisenbahn</strong>netzes, man erkennt die überwiegend auf Pariszulaufenden Linien. Quelle: Wikimedia Commonshttp://commons.wikimedia.org/wiki/File:French_railway_network.svg?uselang=de<strong>Die</strong> betrachtete <strong>Metrik</strong> bildet dies ab: Man muss zunächst die Distanz vom Ausgangpunktnach Paris zurücklegen und anschließend die Distanz von Paris zum Ziel.1


AufgabeWir betrachten die Ebene R 2 mit einem fixierten Punkt p ∈ R 2 (”Paris”) und <strong>der</strong> <strong>Metrik</strong> <strong>der</strong><strong>französischen</strong> <strong>Eisenbahn</strong>d F E : R 2 × R 2 −→ R + 0{0 falls x = y(x, y) ↦−→‖x − p‖ + ‖y − p‖ sonst• Man zeige, dass dies tatsächlich eine <strong>Metrik</strong> ist.• Wie sehen die ε-Kugeln um p aus?• Wie die Kugeln um einen beliebigen an<strong>der</strong>en Punkt?• Wie sehen die offenen Mengen aus? Wie die abgeschlossenen?Aufgabe<strong>Die</strong> oben definierte <strong>Metrik</strong> bildet die ”Wirklichkeit” im folgende Sinne nicht ab: Liegen Städtex und y an <strong>der</strong> selben Bahnlinie nach Paris, so muss man von x nach y natürlich nicht überParis fahren. Wir korrigieren unsere <strong>Metrik</strong> also wie folgt, wobei wir p = 0 annehmen, umuns Schreibarbeit zu ersparen:d SNCF : R 2 × R 2 −→ R + 0{‖x − y‖(x, y) ↦−→‖x − p‖ + ‖y − p‖falls x = λy für ein λ ∈ Rsonst• Man zeige, dass dies tatsächlich eine <strong>Metrik</strong> ist.• Wie sehen die ε-Kugeln um p = 0 aus?• Wie die Kugeln um einen beliebigen an<strong>der</strong>en Punkt?• Wie sehen die offenen Mengen aus? Wie die abgeschlossenen?Auf den folgenden Seiten findet man Lösungsskizzen. Bitte vorher selber nachdenken.2


Zu Aufgabe 1Der Nachweis, dass d F E eine <strong>Metrik</strong> ist, erfolgt durch einfaches Nachprüfen <strong>der</strong> definierendenEigenschaften, wir wollen dies hier nicht im Detail nachprüfen und wenden uns direkt den ε-Kugeln zu. Wir bezeichnen im Folgenden die ε-Kugeln bezüglich <strong>der</strong> Standardmetrik d(x, y) =‖x − y‖ um x mit B ε (x) und die Kugeln zu d F E mit K.Wenn wir Paris (p) betrachten, so sieht man sofort, dass d F E (p, x) = ‖p − p‖ + ‖p − x‖ =‖p − x‖. Also sind die Kugeln um p gerade die gleichen wie in <strong>der</strong> StandardmetrikK(p, ε) = {x ∈ R 2 | ‖x − p‖ < ε} = B ε (p) .Betrachten wir nun zwei beliebige Punkte x ≠ y, so gilt für ihren Abstand stetsd F E (x, y) = ‖x − p‖ + ‖p − y‖ ≥ max{‖x − p‖, ‖p − y‖} (1)Betrachtet man also die ε-Kugeln um x ≠ p, so muss man zwei Fälle unterscheiden:ε ≤ ‖x − p‖ Wegen (1) gilt dann d F E (x, y) ≥ ‖x − p‖ ≥ ε für alle y ≠ x und somit bleibtin diesem Fall nurK(x, ε) = {x} ∀x ≠ p, ε ≤ ‖x − p‖ε > ‖x − p‖In diesem Fall istund wir erhaltend F E (x, y) = ‖x − p‖ + ‖y − p‖ < ε ⇔ ‖y − p‖ < ε − ‖x − p‖K(x, ε) = B ε−‖x−p‖ (p) ∪ {x}∀x ≠ p, ε > ‖x − p‖Wie sehen nun die offenen Mengen bezüglich dieser <strong>Metrik</strong> aus? Da wir oben ein unterschiedlichesVerhalten <strong>der</strong> ε-Kugeln um p bzw. um an<strong>der</strong>e Punkte festgestellt haben, machen wirauch hier diese Unterscheidung. Sei A ⊂ R 2 und x ∈ A. Wann ist x ∈ Int(A)?x ≠ p Für hinreichend kleines ε gilt in diesem Fall: K(x, ε) = {x} ⊂ A, also ist in jedemFall x ∈ Int(A).x = p Damit p ∈ Int(A), muss gelten, dass ein ε > 0 ex., so dass K(p, ε) = B ε (p) ⊂ A,d.h. A muss eine kleine Kreisscheibe um p enthalten.Zusammenfassend erhalten wir also:<strong>Die</strong> offenen Mengen von (R 2 , d F E ) enthalten alle Teilmenge A ⊂ R 2 , für die entwe<strong>der</strong> giltp ∉ A o<strong>der</strong> B ε (p) ⊂ A für hinreichend kleines ε.<strong>Die</strong> offenen Mengen entsprechen also außerhalb auf R 2 \ {p} denen <strong>der</strong> diskreten <strong>Metrik</strong>.Da die abgeschlossenen Mengen gerade den Komplementen offener Mengen entsprechen, erhaltenwir für diese folgende Aussage:Eine Menge A ⊂ R 2 ist genau dann abgeschlossen bezüglich d F E , wenn sie p enthält o<strong>der</strong>wenn sie eine kleine Kreisscheibe um p nicht enthält.3


Wir betrachten nun noch einige Besipiele. Wir vereinbaren dabei folgendes: Ist <strong>der</strong> (anschauliche)Rand einer Figur eingezeichnet, so gehört er zur Menge, an<strong>der</strong>falls nicht.PPPAbbildung 2: Menge offenund abgeschlossenAbbildung 3: Menge offenund abgeschlossenAbbildung 4: Mengeabgeschlossen, aber nichtoffen<strong>Die</strong> Menge U = B 1 (0)\{p} (schlecht zu zeichnen) ist hingegen offen, aber nicht abgeschlossen.Eine letzte Bemerkung: In dieser <strong>Metrik</strong> kann es keine Menge geben, die we<strong>der</strong> offen, nochabgeschlossen ist (warum?).4


zu Aufgabe 2Der Beweis, dass d SNCF eine <strong>Metrik</strong> ist, erfor<strong>der</strong>t zwar einige Fallunterschiedungen, ist aberansonsten nicht weiter schwierig und wir verzichten hier auf einen genauen Beweis. Wirwenden uns wie<strong>der</strong> den ε-Kugeln zu. Um p herum sehen diese genauso aus wie für die <strong>Metrik</strong>d F E .Wir betrachten nun also die Kugeln um einen Punkt x ≠ p (wir erinnern nochmal daran,dass p = 0). Aus <strong>der</strong> Definition <strong>der</strong> <strong>Metrik</strong> ist ersichtlich, dass im Fall x ≠ λy gilt, dassd SNCF (x, y) ≥ ‖x − p‖ + ‖y − p‖ ≥ max{‖x − p‖, ‖y − p‖}. Wir unterschieden also folgendeFälle:ε ≤ ‖x − p‖ Nach den gerade angestellten Überlegungen können in diesem Fall nur Vielfachevon x in <strong>der</strong> ε-Kugel um x liegen. Um die Rechnung zu vereinfachen schreiben wirdie Vielfachen von x als (1 + λ)x und erhaltend SNCF (x, (1 + λ)x) = ‖x − (1 + λ)x‖ < ε ⇔ |λ| · ‖x‖ < ε ⇔ |λ| −1 gehört betrachten. Anschaulich ist dies <strong>der</strong> Teil, <strong>der</strong> von x aus gesehen auf<strong>der</strong> selben Seite von 0 liegt. Insgesamt erhalten wirK(x, ε) = B ε−‖x−p‖ (p) ∪ Str(0, 1 +ε‖x‖ )∀x ≠ p, ε > ‖x − p‖,5


wobei mit Str(0, (1+ ε‖x‖(ohne die Endpunkte) darstellt.)x) = {(1+λ)x| −1 < λ 0 und geeignete (ggf. leere) MengeM ⊂ R 2 und λ x > 0. <strong>Die</strong> Beschreibung <strong>der</strong> abgeschlossenen Mengen erhält man dann durchKomplementbildung.6

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