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ZEP - Lehrstuhl für Allgemeine Erziehungswissenschaft I

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<strong>ZEP</strong>30. Jg. Heft 1 März 2007 Seite 25Kommentar Kommentar Kommentar Kommentar Kommentar Kommentar KommentarAnne JungKonfliktdiamanten – das Geheimnis einerfaszinierenden LeidenschaftDer Kampf um das tägliche Überleben im afrikanischenLebens- und Konfliktalltag wird in der Öffentlichkeit Europaskaum zur Kenntnis genommen. Nur selten werden die Geschehnissedort zu einer Meldung in deutschen Medien. DieFolge: Die Erkenntnisse über die Ursachen und Auswirkungenbewaffneter afrikanischer Konflikte hatte viele Jahre regelrechtden Status einer Geheimwissenschaft.Der Hollywoodfi lm „Blood Diamond“ zeigt publikumswirksam,wie der Handel mit Diamanten den Bürgerkrieg inSierra Leone angeheizt hat. Die Diamantenindustrie reagiertbereits seit Monaten mit Abwehrkämpfen, denn im Zentrumvon „Blood Diamond“ steht nicht die heile Welt der Reichenund Schönen, sondern der Bürgerkrieg der 1990er Jahrein Sierra Leone. Die Rebellenbewegung RUF verkaufte dieDiamanten an internationale Unternehmen und fi nanzierteso ihre Waffen.Seit der Veröffentlichung der Studie „A Rough Trade“(global witness 1998), die den Zusammenhang zwischenDiamantenhandel und Konflikten in Afrika darstellt, machenHilfsorganisationen wie medico international auf das lukrativeGeschäft mit Konfliktdiamanten aufmerksam und setzen dieBranche mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen unter Druck.Als Konfliktdiamanten werden jene Diamanten bezeichnet, dieaus Bürgerkriegsgebieten stammen und Anlass für den bewaffnetenKonflikt bzw. seine Dynamisierung sind. Die Wirtschaftder afrikanischen Länder ist sehr auf den Rohstoffexport fixiert,weswegen der Diamantenhandel eine ertragreiche Finanzquelledarstellt und dementsprechend hart umkämpft ist.Die Branche hatte jedoch gehofft, das leidige Thema seiendgültig aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden.Immerhin hatte sie sich vor einigen Jahren gemeinsam mitImport- und Exportländern nach starkem öffentlichem Druckim so genannten Kimberley-Abkommen dazu verpfl ichtet,keine Diamanten aus Konfliktländern mehr zu handeln. DieDiamantenindustrie betont seitdem, das Problem sei gelöst.Das gilt jedoch nicht für die Opfer des Bürgerkrieges in SierraLeone. Der Weg vom Ende der Kampfhandlungen zum Friedenist noch weit. „In den diamantenreichen Regionen des Landesherrschen Trostlosigkeit und Verwüstung“, berichtet Abu Brimavom sierra leonischen Network Movement for Justice andDevelopment. Die Arbeitsbedingungen in den Minen grenzenan Sklavenarbeit, die Arbeiter, darunter Hunderte Kinder,erhalten meistens nicht einmal 30 Cent am Tag. Die Opferdes Krieges, darunter Tausende Amputierte, haben bislangkeine Entschädigung enthalten. Darüber hinaus decken dieVereinten Nationen immer wieder Lücken bei der Kontrolledes Diamantenhandels auf.Die Debatte um das Thema macht selbst vor der Musikszenenicht Halt: Für die Rapper sind Diamanten beliebte Accessoiresin der Hip Hop Szene und jetzt Anlass für deren Spaltung. DiamantenmonopolistDe Beers hat sich die Medienwirksamkeitder Hip Hop Szene für seine Gegenkampagne zum Filmstart zunutzen gemacht und den Musiker Russell Simmons für diesenZweck engagiert. Die Botschaft, die durch seine Reise nachBotswana vermittelt werden sollte, war eindeutig: Es gibt keineKonfliktdiamanten mehr. Die Reise stieß auf heftige Kritik inder Szene. Da sich schwarze Musiker mit ihren Brüdern undSchwestern des afrikanischen Kontinents solidarisch fühlen,sahen viele in Simmons Verhalten eine bloße Propagandainszenierung,in der er sich von der Diamantenindustrie für ihreAnliegen instrumentalisieren lasse.Konfliktdiamanten stehen symbolhaft für eine wirtschaftlicheGlobalisierung, die nur noch den Gewinn Weniger ermöglicht.Die Beschäftigung mit den ‚Blutdiamanten‘ erweitert den Blickauf die Schattenseiten dieses Handels: Kriege und das Netzwerkder Kriegsakteure, der Einsatz von Kindersoldaten, diesklavenförmigen Arbeitsbedingungen in den Diamantenminenusw. Im Schulunterricht stehen hierfür gleich zwei Filme zurVerfügung: Ein Tatort über Konfliktdiamanten, der, ergänzt umdidaktisches Material zur Kampagne gegen Konfliktdiamanten,über das BMZ zu erhalten ist und ‚Blood Diamond‘. SolcheBlockbuster provozieren kritische Nachfragen der Bevölkerungund können langfristig zur Änderung von Geschäftspraktikenbeizutragen. So schuf der Oscar-prämierte Film ‚Der ewigeGärtner‘ vor einem Jahr Aufmerksamkeit für die Menschenversucheder internationalen Pharmaindustrie in Afrika.Bei der Beschäftigung im schulischen Kontext sollte esauch darum gehen, positive Alternativen zum Bestehendenaufzuzeigen: Angelehnt an den Walk of Fame in Hollywood hatmedico sechs ‚Held/innen des Alltags‘ portraitiert, die sich inihren Ländern für Menschenrechte, Frieden und Demokratieeinsetzen. Ihnen stehen Menschen und Einrichtungen in einemWalk of Shame gegenüber, die aus den Kriegsgeschäften Vorteileziehen (Material zum Thema kann unter www.medico.debestellt werden).Die Kriege um Rohstoffe haben dem US-amerikanischenWorldwatch Institute zufolge während der 1990 er Jahre mehrals 20 Millionen Menschen das Leben gekostet. Konzerne machenfortwährend Geschäfte mit Konfliktparteien in Afrika undtragen so zur Finanzierung von Waffenkäufen bei. Das Themawird daher – leider – seine Aktualität nicht so bald verlieren.Anne Jung, Jg. 1969, Mitarbeiterin der Öffentlichkeitsabteilung bei medicointernational; Länderschwerpunkt: Afrika.

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