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HiNter SCHWeriNer FaSSadeN (37)<br />

Wer kennt das nicht: Da steht<br />

ein schönes Haus in der Straße,<br />

hundertmal und mehr ist man<br />

schon vorbeigegangen. Aber was<br />

verbirgt sich hinter der Fassade?<br />

Welche Geschichten stecken hinter<br />

den Mauern, wer geht hier ein<br />

und aus? Denn schließlich sind<br />

Geschichten von Häusern immer<br />

auch Geschichten von Menschen.<br />

In dieser Serie wollen wir<br />

gemeinsam mit Ihnen hinter Fassaden<br />

blicken. Heute im Demmlerhof,<br />

der zu den beliebtesten<br />

Wohnquartieren <strong>Schwerin</strong>s gehört<br />

und die einzige Demmlerbüste<br />

der Stadt beherbergt.<br />

Es ist fast so, als würde auch er hier<br />

wohnen: Georg Adolph Demmler<br />

auf seinem Sockel ist für die Mieter<br />

des <strong>Schwerin</strong>er Demmlerhofes so etwas<br />

wie ein Nachbar. Seit 1928 steht<br />

die Büste des Baumeisters in dem<br />

nach ihm benannten Quartier mit<br />

den roten Backsteinhäusern. Nur<br />

ein einziges Mal in dieser Zeit verschwand<br />

Demmler: „Das war gegen<br />

Ende des zweiten Weltkrieges, als<br />

Anwohner die Büste in Sicherheit<br />

brachten“, erzählt Manfred Zerbe,<br />

Abteilungsleiter Hausverwaltung bei<br />

der <strong>Schwerin</strong>er Wohnungsgenossenschaft<br />

(SWG). Er ist unter anderem<br />

für den Gebäudekomplex zuständig,<br />

der zwischen 1926 und 1928 gebaut<br />

wurde. Zu diesem Zeitpunkt wuchs<br />

<strong>Schwerin</strong> in viele Richtungen. Es<br />

entstanden die ersten Häuser in der<br />

Gartenstadt, 1928 wurden Lankow,<br />

Ostorf und Schelfwerder eingemeindet.<br />

Auch die Wismarsche Straße<br />

wurde nach Norden verlängert. Die<br />

„Gemeinnützige Baugenossenschaft<br />

Selbsthilfe“ ließ hier ein Karree mit<br />

fast 100 Wohnungen errichten, das<br />

den Namen „Demmlerhof“ erhielt.<br />

Bei der feierlichen Einweihung<br />

der „größten modernen und einheitlichen<br />

Kleinwohnungsanlage<br />

Mecklenburgs“ am 30. April 1928<br />

wurde auch das Demmler-Denkmal<br />

enthüllt. „Es ist sicher die schönste<br />

und tiefste Ehrung des alten Volks-<br />

und Arbeiterfreundes, dass sein<br />

Denkmal jetzt inmitten einer wunderschönen,<br />

licht-, luft- und sonnenreichen<br />

Wohnungsanlage der<br />

<strong>Schwerin</strong>er Bevölkerung aufgestellt<br />

ist, die ihr Entstehen der Selbsthilfe<br />

aufstrebenden Volkes verdankt“,<br />

heißt es dazu im Rechenschaftsbericht<br />

der Genossenschaft von 1928.<br />

Baugenossenschaften entstanden in<br />

Deutschland bereits Mitte des 19.<br />

Jahrhunderts, weil Wohnraum – vor<br />

allem bezahlbarer – knapp war. Die<br />

Baugenossenschaft „Selbsthilfe“<br />

wurde 1924 in <strong>Schwerin</strong> gegründet<br />

und baute hier bis 1932 insgesamt<br />

332 Wohnungen. Der Demmlerhof<br />

und das Karree am Obotritenring<br />

gehören bis heute zum Bestand der<br />

SWG.<br />

Beide Komplexe entstanden im Stil<br />

des Backstein-Expressionismus, der<br />

in Deutschland zu dieser Zeit stark<br />

verbreitet war und in Hamburg einen<br />

regionalen Schwerpunkt hatte.<br />

Aus Hamburg kam auch der Architekt:<br />

Friedrich Richard Ostermeyer<br />

war in der Hansestadt einer der führenden<br />

Planer im genossenschaftlichen<br />

Wohnungsbau. „Interessant<br />

ist zum Beispiel, dass sowohl der<br />

Demmlerhof als auch der Lamb-<br />

rechtsgrund Verkaufsräume für einen<br />

Laden hatten“, weiß Manfred<br />

Zerbe. „Es gab eine enge Verzahnung<br />

zwischen Baugenossenschaft<br />

und Konsumgenossenschaft. Die<br />

Leute sollten günstig wohnen und<br />

gleich nebenan günstig einkaufen<br />

können.“<br />

340 Reichsmark betrug die Miete<br />

für eine Zweieinhalbzimmerwohnung<br />

– im Jahr. Die Kosten für die<br />

Zentralheizung, die es in einigen<br />

Wohnungen am Obotritenring bereits<br />

gab, schlugen bei drei Zimmern<br />

monatlich mit 8,25 Reichsmark zu<br />

Buche. Erwähnenswert war auch<br />

die Ausstattung: „Alle Wohnungen<br />

hatten zum Beispiel Bad und Toilette,<br />

was damals nicht selbstverständlich<br />

war“, sagt Manfred Zerbe.<br />

Auch auf die Außenbereiche legten<br />

Planer und Bauherr Wert: Park- und<br />

Seite 28<br />

OktOber 2011<br />

AusgAbe 37<br />

Die Ziegelgebäude des Demmlerhofs bilden einen attraktiven Innenhof. Foto: SWG Spitzbögen sind ein Element des Backstein-Expressionismus.<br />

Stein auf Stein Zur trauMWoHNuNg<br />

Demmlerhof ist Paradebeispiel für genossenschaftlichen Wohnungsbau in den 1920er Jahren<br />

Kinderspielplatzanlagen gehörten<br />

sowohl am Obotritenring als auch<br />

am Demmlerhof zum Ensemble.<br />

Das entsprach dem Zeitgeist, denn<br />

die Wohnblöcke sollten nicht nur<br />

neuen Wohnraum bereitstellen,<br />

sondern auch die Lebensqualität in<br />

Spielplatz und Bänke gehörten schon immer zum Ensemble. Foto: SWG<br />

den Städten erhöhen.<br />

Apropos Lebensqualität: Wer heute<br />

durch die auffälligen Spitzbogen-<br />

Tunnel den Demmlerhof betritt,<br />

entdeckt eine kleine Oase. Bei der<br />

Sanierung des Komplexes im Jahr<br />

2003 ließ die SWG den Park im Innenhof<br />

neu gestalten. Da die Anlage<br />

– genau wie ihre große Schwester<br />

am Obotritenring – unter Denkmalschutz<br />

steht, erhielten die Dächer<br />

neue Biberschwänze und die Wohnungen<br />

hölzerne Sprossenfenster.<br />

Neue Bäder machen jede Wohnung<br />

zu einem Schmuckstück, so dass eigentlich<br />

kein Mieter jemals wieder<br />

ausziehen möchte. Auch der ebenfalls<br />

sanierte Komplex am Lambrechtsgrund<br />

ist bei den Mietern<br />

beliebt: Die Anlage ist zentral gelegen<br />

und zur Hofseite hin ebenfalls<br />

schön begrünt.

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