Gugge´ma! - Wohnbau Gießen GmbH
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4<br />
Haben am Eulenkopf schon<br />
viel miteinander erlebt: Theo<br />
Strippel (l.) und Hans Röth<br />
Die Kinder und Jugendlichen<br />
vom Eulenkopf verbrachten<br />
ihre Freizeit in Müll und Unrat<br />
Im Winter war es damals bitter-<br />
kalt am Eulenkopf, auf den eisen-<br />
gerahmten Fenstern zeichneten sich<br />
Eisblumen ab, denn die Wohnungen<br />
konnten nicht geheizt werden.<br />
Gebadet wurde in einer alten<br />
Zinkwanne im Keller, denn auch<br />
Badezimmer gab es zu dieser Zeit<br />
hier noch nicht. Die Kinder spielten<br />
zwischen Trümmern, Müll und Unrat,<br />
denn Spielplätze waren für sie nicht<br />
vorgesehen. Die Bewohner wurden<br />
behandelt wie Aussätzige, denn sie<br />
galten gemeinhin als asozial und<br />
kriminell.<br />
gugge’ma 1 · 2012<br />
„Ich bin der Horst“<br />
Wenn Theo Strippel sich an diese Zeit erinnert,<br />
geht noch heute ein Schaudern durch seinen<br />
Körper und er schüttelt langsam den Kopf, so,<br />
als könne er noch immer nicht begreifen, wie<br />
man es hatte zulassen können, dass Menschen<br />
in derartigen Zuständen aufwuchsen und lebten<br />
– zu einer Zeit, als die Errungenschaften des<br />
Wirtschaftswunders in Deutschland eigentlich<br />
längst zu allgemeinem Wohlstand geführt hatten.<br />
„Keiner hat sich um uns gekümmert“, erinnert<br />
sich der mehrfache Powerlifting-Weltmeister,<br />
der den Eulenkopf nicht, wie so viele, nur vom<br />
Hörensagen kennt, sondern praktisch sein ganzes<br />
Leben hier verbracht hat. „Der Eulenkopf war<br />
damals, bis in die 70er Jahre hinein, ein abgeschlossener<br />
kleiner Kosmos mit eigenen Regeln.<br />
In unsere Siedlung hat sich keiner hineingetraut,<br />
nicht mal die Polizei, die praktisch nur<br />
noch in Hundertschaften anrückte, wenn sie<br />
gerufen wurde.“<br />
Dass das Misstrauen der <strong>Gießen</strong>er Bevölkerung<br />
gegenüber den Bewohnern des Eulenkopfes so<br />
groß war, kann Strippel nur zum Teil verstehen.<br />
„Natürlich waren die Menschen, die hier<br />
lebten, arm und wohnten in einer heruntergekommenen<br />
Umgebung. Aber deswegen waren<br />
sie doch nicht alle kriminell. In <strong>Gießen</strong> ging<br />
das Gerücht, dass, wer den Eulenkopf betrat,<br />
nicht lebend wieder herauskam. Das war natürlich<br />
Quatsch. Ich denke, dass wir uns schon<br />
darüber gefreut hätten, wenn mehr Leute den<br />
Kontakt zu uns gesucht hätten. Aber so blieben<br />
wir eigentlich immer nur unter uns.“<br />
An diese Situation in der kleinen Siedlung an der<br />
Rödgener Straße erinnert sich auch Hans Röth<br />
sehr gut, doch nahm er sie von Anfang an aus<br />
einer ganz anderen Perspektive wahr als Theo<br />
Strippel. Denn er studierte damals Lehramt und<br />
gehörte zu denen, die dem Aufruf des Mannes<br />
folgten, der es sich zum Ziel gesetzt hatte,<br />
den vergessenen Menschen am Eulenkopf neue<br />
Lebensperspektiven aufzuzeigen: Prof. Dr. Dr.<br />
Horst-Eberhard Richter.<br />
„Damals konnte sich keiner von uns Studenten<br />
vorstellen, wie sich dieses Projekt von Richter<br />
am Eulenkopf entwickeln würde“, sagt Röth,<br />
„für uns war es zunächst einfach nur ein Job.“