<strong>Wirtschaft</strong> <strong>Konkret</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>104</strong>Die besonderen RisikenUnternehmen, die von den außerordentlichen Chancenim Auslandsgeschäft profitieren wollen, müssen sich aber immer auch darüberim Klaren sein, dass sie erhöhte Risiken eingehen.Zwar wird ein großer Teil des Handelsunter den Bedingungen des WelthandelsabkommensGatt oder bilate -raler Handelsabkommen abgewickelt,doch im Auslandsgeschäft haben esUnternehmen zu tun mit anderenSprachen, Rechtssystemen oder Handel -susancen, instabilen wirtschaftlichenund politischen Verhältnissen, schwankendenWechselkursen und nichtzuletzt meistens mit viel größeren Entfernungen.Der Export-Vertrag, oft erst nachlangwierigen Verhandlungen zustandegekommen, verpflichtet den Käuferzwar zur Zahlung des Kaufpreises, dietatsächliche Erfüllung erscheint jedochin vielen Fällen als große Unbekannte.Eine langjährige Geschäftsbeziehungstärkt in aller Regel das Vertrauen, sodass der Exporteur ähnlich wie beiUnternehmen mit klangvollen Namenbereit ist, eine gewisse Finanzkraftund Vertragstreue zu unterstellen undauf Sicherheit ganz oder teilweise zuverzichten.Der Lieferant sollte sich jedoch beider Prüfung des Geschäfts, der Fragealso, ob er sicher damit rechnen kann,dass der Vertrag auch erfüllt wird, nichtnur seine Kunden, sondern auch dasAbnehmerland sorgfältig anschauen.Denn das Exportgeschäft birgt nebendem wirtschaftlichen Risiko, das prinzipiellin der Kreditwürdigkeit des Vertragspartnersbegründet ist, je nachAbnehmerland auch noch ein mehroder weniger großes politisches Risikoin sich.6
<strong>Wirtschaft</strong> <strong>Konkret</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>104</strong>Politische RisikenIn diese Kategorie fallen Maßnahmenvon Regierungen und Behörden im<strong>Im</strong>portland (aber auch im Exportland),die eine Abwicklung des Geschäftswährend der Produktion, Lieferung oderZahlung behindern. Selbstverständlichgehören auch Revolution, Aufruhr, Kriegund ähnliche Ereignisse dazu.Solche Risiken treten natürlich vornehmlichin Ländern auf, in denenArmut, chaotische <strong>Wirtschaft</strong>spolitikund daraus folgende soziale Unruhenherrschen. Wegen der schwierigenfinanziellen Verhältnisse, vor allem dermeist äußerst knappen Devisen, sindExporteure am häufigsten von Schwierigkeitenbei der Zahlung betroffen.So besteht die Gefahr, dass die Inlandswährungwegen Devisenmangels garnicht oder nicht ausreichend in Fremdwährungumgetauscht werden kann(Konvertierungsrisiko). Selbst wenn inLandeswährung oder auch nur ver -spätet gezahlt wird, hat der Lieferantunter Umständen das Risiko sichungünstig entwickelnder Wechselkurseoder Zinsen.Eine weitere Gruppe politischer Risi -ken sind Zahlungsverbote und Mora to -rien. Wenn der Staat Finanztransfersins Ausland untersagt, handelt es sichum ein Zahlungsverbot. Es kann so wohlallgemein, zum Beispiel wegen Zahlungsunfähigkeitausgesprochen werden,aber auch gegenüber bestimmtenLändern, zum Beispiel im Rahmen vonaußenpolitischen Sanktionen. Zahlt derStaat selbst seine Rechnungen nichtmehr, spricht man von einem Moratorium,das sich selbstverständlich auchgegen Lieferanten und Investoren richtenkann.Doch die politischen Risiken für denLieferanten beginnen weit vor derfinanziellen Abwicklung des Geschäfts.Schon während der Produktionsphase,also noch vor der Lieferung des Exportgutes,kann ein politisches Risiko eintreten,wenn etwa wegen eines Krieges,einer Revolution oder eines Embargosdie Fertigstellung oder Auslieferung derWare verzögert oder verhindert wird.Angesichts der immer stärkeren internationalenVerflechtung der Produktionkann es sich dabei auch nur um dieLieferung eines Teils für eine Anlageoder ein Produkt handeln.Aber auch beim Versand der Warekönnen politische Risiken eintreten,etwa wenn sie beschlagnahmt, beschädigt,vernichtet oder auf andere Weiseder Verfügungsgewalt des Exporteursentzogen wird. Beispiele dafür sind dasEmbargo der USA gegen Kuba 1962, mitdem jegliche <strong>Im</strong>- und Exporte gestopptwurden oder das elfjährige Embargoder Vereinten Nationen gegen den Irakals Folge des Krieges gegen Kuwait 1990.Politische Schwierigkeiten im Abnehmerlandkönnen dazu führen, dass derausländische Kunde illiquide oderinsolvent wird. Davon sind vorwiegendFirmen betroffen, die dringend auf den<strong>Im</strong>port von Gütern angewiesen sind,diese aber aufgrund des weltweitenVertrauensverlustes der eigenen Ländernicht oder nicht rechtzeitig beschaffenkönnen. Das führt zu einem Produktions-und Umsatzrückgang, der unterUmständen die eigene Zahlungsun -fähigkeit zur Folge hat. Aber auch starkexportorientierte ausländische Firmenkönnen in ähnlicher Weise betroffensein, wenn zum Beispiel die potenziellenAbnehmerländer ein <strong>Im</strong>portverbotverfügt haben.Mit der Überprüfung der Bonität desKaufinteressenten ist es nicht getan,wenn das Vertrauen in das Abnehmerlandfehlt. Das Unvermögen des Staates,seinen Verpflichtungen nachzukommen,deutet sich oft schleichend an.7