tauchen auf. Und auch hier wie<strong>der</strong> die Unendlichkeit <strong>–</strong> in völlig an<strong>der</strong>sartigem Gewand.In den Fremdsprachen stehen lebensphilosophische Fragen und Lyrik im Vor<strong>der</strong>grund. Außerdemkönnen Themen des Deutschunterrichts in abgewandelter Form aufgegriffen und einFremdsprachspiel einstudiert werden.In einer <strong>der</strong> Fremdsprachen wird in <strong>der</strong> 11.Klasse ein Theaterstück aufgeführt. Für jene Schüler,welche nur eine Fremdsprache besuchen, findet Puppenspiel (auch in <strong>der</strong> 12. Klasse) statt. EinUnterricht, wo in intensiver Arbeit und durch Üben darum gerungen wird, einem toten Ding <strong>–</strong> <strong>der</strong>Puppe <strong>–</strong> Leben, Seele zu verleihen. Es sind dies Marionetten, Hand- o<strong>der</strong> Stabpuppen, die selbsthergestellt werden müssen. Kulissen werden gebaut, Regieaufgaben sind zu übernehmen,Beleuchtung und vieles mehr ist zu berücksichtigen. Hier führt <strong>der</strong> Unterricht durch vieleernüchternde Todesprozesse schließlich doch zu neuem Leben <strong>–</strong> wie dies in den Aufführungenbeglückend und begeisternd erfahren wird.Im Kunstgeschichteunterricht <strong>der</strong> 11. Klasse werden jene einan<strong>der</strong> polaren Bildungsmittel, die seit<strong>der</strong> 1. Klasse hauptsächlich gehandhabt wurden <strong>–</strong> das 'Plastisch-Bildnerische' und das 'Musikalisch-Dichterische' <strong>–</strong>, zusammengeführt.Die Polarität des 'Apollinischen' und 'Dionysischen' wird in den verschiedenen Kunstbereichen undZeitepochen aufgesucht. Schließlich wird die Entwicklung bis ins 20. Jahrhun<strong>der</strong>t verfolgt und <strong>der</strong>Impressionismus mit dem Expressionismus verglichen: Der Impressionismus als malerische Musikeines äußeren Geschehens <strong>–</strong> Akkordketten als Stimmungsbil<strong>der</strong>. Der Expressionismus als Ausdruckeines inneren Erlebens <strong>–</strong> Akkorde verfremdet; Dissonanzen als Ausdruck innerer Zerrissenheit.Ein entsprechen<strong>der</strong> Weg durch Impression und Expression kann auch im Bereich <strong>der</strong> Malereigegangen werden, wobei dem Leitgedanken von Krankheit und Schicksal beson<strong>der</strong>e Bedeutungzukommt. Ähnlich ist es im Plastizieren: Hier wird versucht, einfachen seelischen Haltungen bzw.Stimmungen (Frage, Trauer) am menschlichen Körper Ausdruck zu geben. Der 'Körper als Spiegel<strong>der</strong> Seele' wird plastizierend erkannt. Auch hier findet <strong>der</strong> Versuch statt, das 'Objektive' im Bereichdes 'Subjektiven' herauszuformen.Den Musikunterricht ergänzend, studiert je<strong>der</strong> Schüler ein selbstgewähltes Gesangsstück, aus jeweilsselbstgewähltem Genre, als Solo ein um es letztlich im Klassenverband auf <strong>der</strong> Bühne vorzutragen.Das bereits weiter oben geschil<strong>der</strong>te Bemühen in <strong>der</strong> Musik wird im Eurythmieunterrichtunterstützt, indem Beispiele für apollinische und dionysische Dichtung und Musik geübt,Stilcharakteristika erörtert und Geschmacksbildung angeregt werden. Dichtung und Musikalischessollen sich zu einem Element vereinigen. Das selbstverständliche Darinnenstehen in <strong>der</strong>Eigenbewegung, das in <strong>der</strong> Pubertät verlorenging, muss nun auf neuer Stufe wie<strong>der</strong> errungen undgefestigt werden.Das Schuljahr in starkem Maße prägend, findet in <strong>der</strong> 11. Klasse das Sozialpraktikum statt. DreiWochen lang arbeiten die Schüler in Spitälern, Kliniken, Behin<strong>der</strong>tenheimen und -schulen. Durch denerlebbaren Mangel wird dem 'Zeitgeist' etwas an Menschlichkeit entgegengesetzt. Nicht Abschiebendes Themas Krankheit und Tod, son<strong>der</strong>n Konfrontation in geleisteter, sinnvoller Arbeit. Damit kannein neues Bewusstsein für die Qualitäten von Sinneseindrücken geweckt werden, welches gerade in<strong>der</strong> heutigen Zeit, wo zunehmend die Medien Auslöser für unsere Sinne spielen, entscheidendeBildungsbedeutung hat. Was darüber hinaus auf lange Sicht betrachtet an Toleranzfähigkeit bezüglich<strong>der</strong> Mängel an<strong>der</strong>er Menschen o<strong>der</strong> auch <strong>der</strong> eigenen entstehen kann, birgt weitere Entwicklungsmöglichkeitenin sich.Bildungsziele für die 11. Klasse:a) Objektivität im Fühlen und damit zunehmende Urteilsfähigkeit im Seelischen erarbeiten(Geschmacksurteil, Stil, Gesetzmäßigkeiten im Sozialen).b) Beweglichkeit ins Denken bringen und das Gesetzmäßige, streng Logische <strong>der</strong> 10. Klasse in eineneue Dimension führen.c) Denken in Zusammenhängen anregen (Synthese); Prozessuales Denken, welches über das reinKausale hinausweist (Wechsel-Ursachen-Verhältnis).d) Denken <strong>der</strong> Unendlichkeit; sinnlichkeitsfreies Denken; Eintauchen in das Nicht-Sinnliche.e) Auseinan<strong>der</strong>setzung mit dem Dunklen, Toten und die 'Überwindung' des Toten zu neuem Leben(Physik 'unter-sinnlicher' Bereich); Anwendung des Gesetzmäßigen und Überwindung des reinGesetzmäßigen/Logischen.
12. Klasse:In dem <strong>Lehrplan</strong> <strong>der</strong> 12. Klasse soll <strong>–</strong> die Entwicklung <strong>der</strong> zwölf Schuljahre zusammenfassend <strong>–</strong>dasjenige in einem großen Tableau erscheinen, was <strong>der</strong> bedeutendste Bildungsaspekt <strong>der</strong><strong>Waldorfschule</strong> ist: 'Der Mensch <strong>–</strong> Seele <strong>der</strong> Schöpfung'; <strong>der</strong> Mensch als zentrales Wesen im Kosmos.Damit ist fächerübergreifend das Jahresthema <strong>der</strong> 12. Klasse umrissen.In Biologie wird die Evolution unter diesem Gesichtspunkt bearbeitet. Bezüge <strong>der</strong> zwölf Tiergruppenzum Menschen werden deutlich. Ihre Entwicklung gibt die Möglichkeit, Zusammenhänge zurPaläontologie hin zu schaffen und damit zur Erde und ihren Gesteinsschichten; wie auch bereits in <strong>der</strong>Botanikepoche <strong>der</strong> 11. Klasse Bezüge zur Paläontologie auftreten sollen.Der Erdkunde fällt in dieser Klasse eine beson<strong>der</strong>s zentrale, zusammenschließende Rolle zu. Erstenswird aus den Naturkundeepochen aufgegriffen, was in die Bereiche Geologie und Paläontologieweist. So tastet sich <strong>der</strong> Schüler schichtenweise in die Vergangenheit, bis in jenes Erdenzeitalter vor,von dem nichts an<strong>der</strong>es mehr als 'Pflanze' auffindbar ist und darüber hinaus in die Phase desvollständig Undifferenzierten. Die Epoche führt den Schüler sozusagen auf dem Weg zu denUrsprüngen zurück, den er in <strong>der</strong> Biologie <strong>der</strong> 11. und 12. Klasse bezüglich <strong>der</strong> Evolutionsentwicklungbeschritten hat. Der Synthesecharakter dieser Erdkundeepoche zeigt sich noch in einemzweiten großen Thema, wo nochmals aufgegriffen wird, was in <strong>der</strong> 8. Klasse angelegt wurde <strong>–</strong> dieEthnographie. Die Erdkundeepoche erreicht also zwei Ziele:1. Tierreich und Pflanzenreich mit dem Wesen <strong>der</strong> Erde zu verbinden und2. die Menschenkunde als Lehre von einzelnen Menschen mit einer Betrachtung über die Völkerdieser Erde zum Abschluss zu bringen.Der Musikunterricht dient auch einem <strong>der</strong>artigen Verständnis, indem selbsttätig musizierend undhorchend die Tonsprache <strong>der</strong> Völker und Geschichtsepochen als akustischer Ausdruck bestimmterBewusstseinsentwicklungen erfasst werden kann (archaische Tonstrukturen, Tetrachord,heptatonische Leitern etc.).