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Europa 2013 - Europe Direct Lüneburg

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Wissen | Verstehen | Mitreden<strong>Europa</strong> <strong>2013</strong>


Das Europäische ParlamentInformationsbüro in DeutschlandUnter den Linden 7810117 BerlinTelefon: (030) 2280 1000Telefax: (030) 2280 1111E-Mail: epberlin@ep.europa.eu<strong>Europa</strong>-Punkt im Europäischen HausUnter den Linden 7810117 BerlinMontag bis Freitag 10 - 18 UhrSamstag, Sonntag 10 - 16 UhrZur Sommerzeit werktags bis 20 Uhr,am Wochenende bis 18 UhrVerkehrsverbindung:Haltestelle „Brandenburger Tor“Buslinien: 100, TXLS-Bahnlinien: S1, S2, S25U-Bahnlinie: U55Informationsbüro in MünchenErhardtstraße 2780469 MünchenTelefon: (089) 2020 879-0Telefax: (089) 2020 879-73E-Mail: epmuenchen@ep.europa.euVerkehrsverbindung:Haltestelle „Baaderstraße“: Buslinien 52 und 152S-Bahn – Haltestelle „Isartor“: alle S-BahnenU-Bahn – Haltestelle „Fraunhoferstraße“: U1 und U2www.europarl.de


Wissen | Verstehen | Mitreden<strong>Europa</strong> <strong>2013</strong>Das Europäische Parlament | 3


Titelbild: Auf dem Weg ins Europäische Parlament in StraßburgFoto: Jens Koehler/dapd, ©ddp images/dapd4 | Das Europäische Parlament


Inhalt6 <strong>Europa</strong> vor neuenHerausforderungenZukunft gemeinsam gestalten8 Das Europäische ParlamentDie Vertretung der Bürgerinnenund Bürger in der EU20 Der Europäische Ratund der RatDie Vertreter der Mitgliedstaaten26 Die Europäische KommissionMotor der Integration undHüterin der Unionsinteressen32 Die EuropäischeBürgerinitiativeBürgerinnen und Bürger alsAuftraggeber der Gesetzgebung36 Bundestag und Bundesratmit neuer AufgabeZuständigkeitskontrolle durchdie nationalen Parlamente42 <strong>Europa</strong> wächst zusammenSchengen-Raum und Erweiterung50 In Vielfalt geeint<strong>Europa</strong> und seine Regionen64 Leben im EurolandDas gemeinsame Geld74 Der Haushalt der EUInvestieren in Wachstum undBeschäftigung82 Klima auf der KippeKlimaschutz und Energiepolitik88 Gesunde Lebensmittel –sichere ProdukteLandwirtschaft und Verbraucherschutz94 Frei und sicher lebenRaum der Freiheit, der Sicherheitund des Rechts100 Global und sozialBinnenmarkt und sozialeDimension der EU106 <strong>Europa</strong> und die WeltAußenpolitik, Entwicklungshilfe,Menschenrechte114 <strong>Europa</strong> entdecken und erlebenJugend- und Bildungsprogramme56 Die Symboleder Europäischen UnionFlagge, Hymne, WährungDas Europäische Parlament | 5


6 | Das Europäische Parlament


<strong>Europa</strong> vor neuenHerausforderungenZukunft gemeinsam gestaltenDie Entscheidungen der Europäischen Union wirken sich auf viele Lebensbereicheder Bürgerinnen und Bürger <strong>Europa</strong>s aus. Das Europäische Parlamentgewährleistet als direkt gewähltes Organ das demokratische Fundamentder EU. Durch den Vertrag von Lissabon, der Ende 2009 in Kraftgetreten ist, haben sich die Beziehungen des Europäischen Parlamentszu den anderen EU-Organen so verändert, dass sich die Entscheidungender Bürgerinnen und Bürger bei den <strong>Europa</strong>wahlen viel stärker auf diepolitische Tätigkeit der Europäischen Union auswirken. Die nächsten<strong>Europa</strong>wahlen finden Mitte des Jahres 2014 statt.Die Europäische Union ist in den vergangenen Jahren handlungsfähigergeworden. Sie steht vor großen Herausforderungen, unter denen sie dieseHandlungsfähigkeit beweisen muss: Die gemeinsame Währung, derEuro, muss sich bewähren; die Wettbewerbsfähigkeit der Mitgliedstaatenmuss gestärkt werden; für eine sichere Energieversorgung ist zu sorgen.Die Reform der gemeinsamen Landwirtschaftspolitik steht an. Antwortenauf den steigenden Migrationsdruck müssen gefunden werden. WeitereLänder wollen der Europäischen Union beitreten. Die Europäische Unionbietet die Chance, dass Europäerinnen und Europäer gemeinsam Lösungenfür diese Herausforderungen finden und sie ihre Zukunft gemeinsamgestalten.Das Europäische Parlament | 7


8 | Das Europäische Parlament


Das Europäische ParlamentDie Vertretung der Bürgerinnenund Bürger in der EUDie Bürgerinnen und Bürger der EU wählen ihr Parlament direkt: Hier wird europäischeDemokratie lebendig. Bei den <strong>Europa</strong>wahlen entscheiden die Bürgerinnen und Bürgeraus allen 27 EU-Mitgliedstaaten, wem sie für fünf Jahre das Mandat erteilen, die Zukunft<strong>Europa</strong>s zu gestalten. 1 Bei der letzten <strong>Europa</strong>wahl 2009 waren insgesamt 376 MillionenMenschen zur Wahl aufgerufen. Das Europäische Parlament debattiert öffentlich überwichtige Zukunftsfragen und entscheidet über EU-Gesetze, die den Alltag von 500 MillionenMenschen beeinflussen. Das Europäische Parlament ist in den vergangenenJahren immer mehr zum zentralen Gestalter der Europäischen Union geworden.Die Website des Europäischen Parlaments und <strong>Europa</strong>rlTV informierenin den 23 Amtssprachen über die Arbeit der <strong>Europa</strong>abgeordneten:www.europarl.europa.euwww.europarltv.europa.euAußerdem können alle Plenarsitzungen per Webstream abgerufen werden:www.europarl.europa.eu/eng-internet-publisher/eplive/public/default.do?language=de1 Im Anschluss an die Ratifizierung des Beitrittsvertrags durch Kroatien und alle EU-Mitgliedstaaten soll Kroatien am 1. Juli <strong>2013</strong> als28. Mitgliedstaat der EU beitreten. Zum Zeitpunkt des Druckes dieser Broschüre hat dieser Beitritt noch nicht stattgefunden. Aus diesem Grundwird in diesem Heft lediglich auf die 27 Mitgliedstaaten Bezug genommen. Eine Anpassung des Textes wird für die Ausgabe 2014 erfolgen.Das Europäische Parlament | 9


Die Vielfalt der Europäischen Union spiegelt sich im Europäischen Parlament(EP) wider: Aus 27 Ländern kommen derzeit 754 Abgeordnete,die in allgemeinen, unmittelbaren, freien und geheimen Wahlen alle fünfJahre gewählt werden. Damit ist die <strong>Europa</strong>wahl die größte multinationaleWahl der Welt. Durch die erheblich gewachsenen Kompetenzenist das Europäische Parlament ins Zentrum der parlamentarischen Demokratieder EU gerückt. Davon war die beratende Versammlung nochweit entfernt, die vor mehr als 50 Jahren als Vorläufer des EuropäischenParlaments zum ersten Mal tagte. 1979 wurde das Europäische Parlamentzum ersten Mal direkt gewählt. Heute gestaltet es maßgeblichdie EU-Politik und steht im Dienste der 500 Millionen Bürgerinnen undBürger der Europäischen Union.Die wesentlichen Aufgaben undRechte des Europäischen ParlamentsDas GesetzgebungsrechtMit dem Vertrag von Lissabon hat das Europäische Parlament neueGesetzgebungszuständigkeiten erhalten. Die überwiegende Mehrheitder gesamten EU-Gesetzgebung wird vom Europäischen Parlament undRat zusammen im sogenannten „Ordentlichen Gesetzgebungsverfahren“entschieden, nunmehr auch in den Bereichen Landwirtschaft,Einwanderung und Energiepolitik.Die Gesetzgebung im Ordentlichen Gesetzgebungsverfahren läuft ingroben Zügen folgendermaßen ab: Von der EU-Kommission kommt einVorschlag für ein EU-Gesetz, nicht selten basiert dieser auch auf einerAufforderung des Europäischen Parlaments. Dieser Vorschlag wird imEuropäischen Parlament zunächst in den zuständigen Fachausschüssenberaten und gegebenenfalls verändert. Im Plenum wird dann dieser geänderteGesetzesvorschlag debattiert und über ihn abgestimmt. Der Rat,in dem die Regierungen der Mitgliedstaaten versammelt sind, diskutiertdann den vom Parlament vorgelegten Text (1. Lesung). Ist der Rat nichtmit allen Änderungen des Europäischen Parlaments zufrieden, übermittelter dem Europäischen Parlament seinen Standpunkt zur weiteren10 | Das Europäische Parlament


<strong>Europa</strong>abgeordnete bei der Abstimmung im Plenum in StraßburgPrüfung (2. Lesung). Ist das Europäische Parlament nicht mit dem Standpunktdes Rates zufrieden, unterbreitet es dem Rat daraufhin einen geändertenStandpunkt. Wird dieser nicht vom Rat akzeptiert, versucht mangemeinsam, eine Einigung im Vermittlungsverfahren herbeizuführen.Erst wenn sich Parlament und Rat einig sind, wird das EU-Gesetz erlassen,ansonsten gilt der Rechtsakt als nicht angenommen. Die Arbeitsweiseder EU beruht somit auf dem Grundsatz der repräsentativen Demokratiemit zwei gleichberechtigten Partnern für die Gesetzgebung: dem EuropäischenParlament als Bürgerkammer und dem Rat als Staatenkammer.Dabei hat das Europäische Parlament wiederholt gezeigt, dass es in derLage ist, verschiedene Standpunkte zu vereinen und wegweisende Kompromissezu erzielen.Weitere Informationen zum Ordentlichen Gesetzgebungsverfahren:www.europarl.europa.eu/aboutparliament/de/0080a6d3d8/Die HaushaltsbefugnisseDiese sind die „Königsrechte“ für jedes Parlament. Denn wer über dasGeld bestimmt, der hat die Macht, politische Schwerpunkte zu setzen.Diese Macht teilen sich das Europäische Parlament und der Rat. Sie legeneinen mehrjährigen Finanzrahmen fest und bewilligen einen jährlichenHaushaltsplan für alle Ausgaben des EU-Budgets. Durch den Vertrag vonLissabon gibt es nur noch ein einheitliches Beschlussverfahren über denHaushalt, in dem Europäisches Parlament und Rat gleichberechtigt dieHaushaltsbehörde bilden.Das Europäische Parlament | 11


Parlamentarische KontrollrechteOb in Städten, Regionen, Nationalstaaten oder in der EU – auf allenEbenen kontrollieren gewählte Vertreter der Bürgerinnen und Bürger dieExekutive, also diejenigen, die Gesetze ausführen und Geld ausgeben.Der Haushaltskontrollausschuss des Europäischen Parlaments wacht überdie korrekte Verwendung der EU-Gelder und stützt sich für seine Arbeitauf den EU-Rechnungshof. Das EP hat die Möglichkeit, einen Misstrauensantraggegenüber der Europäischen Kommission zu stellen. Findetein solcher eine Mehrheit, so müssen alle Kommissare von ihrem Amtzurücktreten. Außerdem debattiert das Europäische Parlament regelmäßigüber Entscheidungen und Projekte der Staats- und Regierungschefs.Gezielt können die <strong>Europa</strong>abgeordneten vermutete Skandale aufklären:Das Parlament kann auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder Untersuchungsausschüsseeinsetzen.Parlamentarische ZustimmungDas Europäische Parlament gewinnt politischen Einfluss auch über Zustimmungsrechte.Durch den Vertrag von Lissabon ist die Zustimmungdes Europäischen Parlaments zu sehr vielen internationalen Verträgenerforderlich, die zwischen der EU und Drittstaaten geschlossen werden.Neben Assoziierungsabkommen und Beitrittsverträgen mit neuen Mitgliedstaatengilt dies nun auch für Abkommen zu Sachverhalten, überdie innerhalb der Union das Europäische Parlament im Gesetzgebungsverfahrenmitentscheidet oder denen es innerhalb der EU zumindestzustimmen muss.Demokratische LegitimationDas Europäische Parlament spielt eine maßgebliche Rolle bei der Auswahlund Wahl der Kommissarinnen und Kommissare. Das gilt im besonderenMaße bei der Auswahl des Kommissionspräsidenten, die sich politischnach dem Ausgang der vorangehenden <strong>Europa</strong>wahl richten soll. AlleKandidatinnen und Kandidaten für einen Kommissionsposten müssensich zudem einer Anhörung im Europäischen Parlament stellen und dabeiAuskunft über ihre Kompetenzen und politischen Standpunkte geben.Das gesamte Kollegium der EU-Kommission benötigt das Vertrauensvotumdes Parlaments, bevor es an die Arbeit gehen kann.12 | Das Europäische Parlament


Aktuelles StichwortDas ParlamentariumUnter dem Namen „Parlamentarium“ wurde am 14. Oktober 2011 in Brüssel das Besucherzentrumdes Europäischen Parlaments eröffnet. Es ist das größte Besucherzentrumeines Parlaments in <strong>Europa</strong> und die erste Ausstellung überhaupt, die vollständig in 23Sprachen gestaltet ist.Besucherinnen und Besucher aller Altersklassen können das Europäische Parlament aufeinzigartige Weise erfahren und erleben. Multimediale Schnittstellen und Installationenmachen es möglich, die Arbeitsweise des Europäischen Parlaments zu entdecken und –durch interaktive Elemente – selbst nachzuvollziehen. Die Besucherinnen und Besucherkönnen über multimediale Darstellungen mit Politikern in Verbindung treten, sich übereine 3D-Karte auf eine virtuelle <strong>Europa</strong>-Tour begeben, herausfinden, welchen Beitrag dieEuropäische Union in den einzelnen Mitgliedsländern leistet und natürlich alles über dasEuropäische Parlament erfahren. Schul- oder Hochschulgruppen können in einem ca.zweistündigen Rollenspiel die Arbeit von <strong>Europa</strong>abgeordneten nachempfinden.Das Besucherzentrum ist täglich geöffnet. Der Eintritt ist frei. Jede Besucherin und jederBesucher erhält für die Dauer des Aufenthalts einen kleinen Multimediaführer mit Berührungsbildschirm(Touchscreen), der in jeder der 23 EU-Amtssprachen funktioniert. AlleRäume sind auch für Menschen mit besonderen Bedürfnissen ausgerichtet.Im ersten Jahr seines Bestehens hatte das Parlamentarium bereits mehr als 250.000Besuche und gewann mehrere Preise wie den Internationalen Designpreis Baden-Württembergoder den Tourismuspreis des Brüsseler Fremdenverkehrsamtes „VisitBrussels“.Weitere Informationen zum Parlamentarium:www.europarl.europa.eu/visiting/de/parlamentarium.htmlDas Europäische Parlament | 13


Die Arbeit im Europäischen ParlamentFraktionenDie Abgeordneten des EP werden in den Mitgliedstaaten gewählt, sie arbeiten aber imEuropäischen Parlament nicht nach ihrer nationalen Zugehörigkeit, sondern nach ihrerpolitischen Orientierung zusammen. Wie auch in den nationalen Parlamenten gibt esFraktionen, in denen die Abgeordneten ähnlicher politischer Orientierung und Zugehörigkeitin politischen Familien organisiert sind. Mitglieder der Fraktionen sind Abgeordnete,nicht Parteien. Um eine Fraktion zu bilden, müssen sich mindestens 25 Abgeordneteaus mindestens einem Viertel der Mitgliedstaaten, d.h. zur Zeit sieben Mitgliedstaatenzusammenschließen. Derzeit gibt es im Europäischen Parlament sieben Fraktionen. Diegrößte Fraktion mit 270 Mitgliedern ist die Europäische Volkspartei (EVP), in der die 42Abgeordneten von CDU und CSU Mitglied sind.Die Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialisten und Demokraten (S&D) hat 190Mitglieder; in dieser finden sich die 23 <strong>Europa</strong>abgeordneten der SPD. Die drittgrößteFraktion ist die Allianz der Liberalen und Demokraten für <strong>Europa</strong> (ALDE); sie hat 85Der Präsident des Europäischen ParlamentsMartin SchulzMitglieder, zwölf davon sind die deutschenAbgeordneten der FDP. In der Fraktion DieGrünen/Europäische Freie Allianz (Grüne/EFA) sind 59 Abgeordnete, 14 kommen vonBündnis 90/Die Grünen. Ko-Vorsitzende derGrünen ist die deutsche Abgeordnete RebeccaHarms. In der Fraktion der Vereinten EuropäischenLinken/Nordischen Grünen Linken(VEL/NGL) sind insgesamt 34 Abgeordnete,darunter acht Abgeordnete der Partei DIELINKE. Die deutsche <strong>Europa</strong>abgeordneteGabriele Zimmer ist Vorsitzende der FraktionVEL/NGL. Daneben gibt es zwei weitere Fraktionen:Die Fraktion Europäische Konservativeund Reformisten (ECR) mit 53 Mitgliedernund die Fraktion <strong>Europa</strong> der Freiheit und derDemokratie (EFD), 36 Mitglieder. In diesenFraktionen sind keine deutschen Abgeordneten.27 Abgeordnete sind fraktionslos.Stand: Dezember 201214 | Das Europäische Parlament


Zwei deutsche <strong>Europa</strong>abgeordnete wurdenzu Vizepräsidenten gewählt: AlexanderAlvaro (links) und Rainer Wieland (rechts)PräsidiumDas Parlament wählt aus seiner Mitte eine Präsidentin oder einen Präsidenten sowie14 Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten. Seit Januar 2012 ist der deutsche <strong>Europa</strong>abgeordneteMartin Schulz (SPD) Präsident des Europäischen Parlaments. Außerdemsind die deutschen Abgeordneten Alexander Alvaro (FDP) und Rainer Wieland (CDU) zuVizepräsidenten gewählt worden.PlenarsitzungenStraßburg ist der Sitz des Parlaments. Zwölf Plenarsitzungen sind pro Jahr in Straßburgvorgesehen. Zwischen den Sitzungswochen tagen die Ausschüsse und die Fraktionendes Parlaments in Brüssel, um einen ständigen Kontakt zur Kommission und zum Ratzu halten. In Luxemburg befindet sich ein Großteil der Verwaltung des EuropäischenParlaments. Da die Abgeordneten aus allen EU-Mitgliedstaaten kommen, ist dieSprachenvielfalt groß: Das Europäische Parlament arbeitet in allen 23 Amtssprachender EU.AusschüsseUm Themen sachgerecht und fachkundig behandeln zu können, spezialisieren sichdie Abgeordneten. Sie werden in Ausschüsse gewählt, die für bestimmte Sachbereichezuständig sind und die Arbeit der Plenarsitzung vorbereiten. Es gibt derzeit 20ständige Ausschüsse. Das Europäische Parlament kann auch nichtständige Ausschüsse(Sonderausschüsse) und Untersuchungsausschüsse zu bestimmten wichtigen Themeneinsetzen. Im Oktober 2009 setzte das Parlament einen Sonderausschuss zur Finanz-,Wirtschafts- und Sozialkrise ein. Dessen Schlussfolgerungen wurden im Juli 2011 imPlenum abgestimmt.Als weiterer Sonderausschuss arbeitete von Juli 2010 bis Juni 2011 der Ausschuss zuden politischen Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Mehrjährigen Finanzrahmen.Dieser Finanzrahmen legt die Finanzierung der politischen Prioritäten der EUab dem Jahre 2014 fest.Im März 2012 wurde der Sonderausschuss Organisiertes Verbrechen, Korruption undGeldwäsche eingerichtet. Ziel seiner Arbeit ist es, einen Plan zur Bekämpfung dieserkriminellen Aktivitäten auf europäischer Ebene zu entwerfen.Das Europäische Parlament | 15


Neue Zusammensetzungdes Europäischen ParlamentsDurch den Vertrag von Lissabon (Reformvertrag) wurden nicht nur die Zuständigkeitendes Europäischen Parlaments wesentlich erweitert, sondern auch seine Zusammensetzunggrundlegend reformiert. Der Vertrag hat die Gesamtzahl der <strong>Europa</strong>abgeordnetenauf 751 festgelegt.Dass es zunächst nur 736 Abgeordnete gab, lag daran, dass der Vertrag von Lissabonnicht, wie vom Europäischen Parlament gefordert, vor der <strong>Europa</strong>wahl im Juni 2009 inKraft treten konnte, sondern erst nach den Wahlen, nämlich am 1. Dezember 2009. DerGrund für dieses spätere Inkrafttreten war, dass in Irland, Polen, der Tschechischen Republikund Deutschland der Ratifizierungsprozess des Reformvertrages bis Ende Mai 2009 nochnicht abgeschlossen gewesen war. Die <strong>Europa</strong>wahl 2009 wurde darum noch nach demvorher geltenden Vertrag, dem Vertrag von Nizza, durchgeführt. Da die Abgeordneten fürfünf Jahre gewählt werden, kann die Zahl erst mit der nächsten <strong>Europa</strong>wahl im Jahr 2014an die im Vertrag von Lissabon vorgesehene Anzahl von 751 angepasst werden. Um aberschon vorher den im Lissabonner Vertrag festgelegten Abgeordnetenzahlen möglichstnahe zu kommen, haben die Mitgliedstaaten zum 1. Dezember 2011 ein Übergangsabkommengeschlossen, das bis zur nächsten <strong>Europa</strong>wahl gilt. An diesem Tag erhielten Mitgliedstaatenzusätzliche Mandate, denen solche nach dem Lissabonner Vertrag zustehen.Deutschland, das als einziges Land nach dem Vertrag von Lissabon drei Mandate verlierenwird, darf hingegen seine 99 Abgeordneten bis zur nächsten Wahl behalten. Denn dienachträgliche Aberkennung eines durch die <strong>Europa</strong>wahl für fünf Jahre erteilten Mandatsist nicht möglich. Deshalb hat das Europäische Parlament derzeit 754 Abgeordnete.Neben den <strong>Europa</strong>wahlen 2004 und 2009 hat sich die Zahl der <strong>Europa</strong>abgeordnetenauch durch die Beitritte von Ländern zur EU verändert. Am 1. Mai 2004 sind zehn mittel-,ost- und südeuropäische Länder beigetreten, am 1. Januar 2007 schließlich Rumänienund Bulgarien. Der Vertrag von Nizza sah 732 Abgeordnete vor. Eine Erhöhung auf 736Abgeordnete wurde durch die Beitrittsverträge mit Rumänien und Bulgarien in Kraftgesetzt, um der Tschechischen Republik und Ungarn je zwei zusätzliche Abgeordnete zugewähren. Diese Korrektur hat man durchgeführt, weil der Vertrag von Nizza der TschechischenRepublik und Ungarn ungerechterweise nur 20 Abgeordnete zugebilligt hatte,obgleich sie nahezu die gleiche Zahl von Wahlberechtigten aufwiesen wie seinerzeit Griechenland,Belgien und Portugal, die ihrerseits aber mit 22 Abgeordneten vertreten waren.Der Vertrag von Lissabon verteilt die künftig 751 Abgeordneten auf die Mitgliedstaaten16 | Das Europäische Parlament


Das Gebäude des EuropäischenParlaments in Straßburgneu. Er legt die Zahl der Abgeordneten für den hinsichtlich der Zahl der Unionsbürgerinnenund Unionsbürger größten und den kleinsten Mitgliedstaat auf 96 bzw. sechsAbgeordnete fest. Für die Mitgliedstaaten, deren Zahl von Unionsbürgerinnen undUnionsbürgern dazwischen liegt, wird die Anzahl der 751 Abgeordnetensitze nach demGrundsatz der sogenannten „degressiven Proportionalität“ verteilt. Dieses Prinzipsorgt dafür, dass zwar kleinere Mitgliedstaaten pro Unionsbürger(in) stärker vertretensind als größere, dass aber Staaten mit annähernd der gleichen Größe auch die gleicheZahl von Abgeordneten entsenden. Es schließt grundsätzlich aus, dass ein größererStaat mehr Abgeordnete pro Unionsbürgerinnen und Unionsbürger entsendet als einkleinerer Staat (Degressivkomponente). Es sichert aber auf der anderen Seite auch, dassein größerer Staat stets mehr Abgeordnete entsendet als ein kleinerer Staat (Proportionalitätskomponente)bzw. bei nur geringem Bevölkerungsunterschied beide Staatengleich viele Abgeordnete haben.Zusammensetzung nach einer Erweiterung der EUDie Obergrenze von 751 Abgeordneten gilt auch, wenn weitere Länder der EU beitretensollten. In diesem Fall wird die Zahl der auf jedes Land entfallenden Sitze im Parlamenterneut nach dem Prinzip der degressiven Proportionalität verteilt, so dass die bisherigenMitgliedstaaten in der Summe so viel Abgeordnetensitze abgeben müssen, wie dasBeitrittsland oder die Beitrittsländer zusammen erhalten. Wird jedoch ein Beitritt vor dernächsten <strong>Europa</strong>wahl im Juni 2014 erfolgen (voraussichtlich Kroatien am 1. Juli <strong>2013</strong>),so erhält das beitretende Land zunächst so viele <strong>Europa</strong>abgeordnete, wie ihm nachdem Prinzip der degressiven Proportionalität zusteht, ohne dass die bereits bestehendenMitgliedsländer sofort weniger Abgeordnete haben. Dadurch wird die Gesamtzahl der<strong>Europa</strong>abgeordneten wie auch bei früheren Beitritten vorübergehend über die festgelegteHöchstzahl hinaus steigen. Mit der nächsten <strong>Europa</strong>wahl aber wird die Abgeordnetenzahlin jedem Fall wieder auf die vertragliche Höchstzahl von 751 Abgeordneten zurückgeführt.Kroatien wird nach seinem Beitritt zur Europäischen Union zwölf Abgeordnetensitze imEuropäischen Parlament erhalten. Seit April 2012 gibt es bereits zwölf Abgeordnete ausdem kroatischen Parlament, die im Europäischen Parlament als Beobachterinnen undBeobachter vertreten sind. Sie können sich aktiv an den Arbeiten des Europäischen Parlamentsbeteiligen, ohne aber abstimmungsberechtigt oder für ein Amt wählbar zu sein.Das Europäische Parlament | 17


Die Zahl und die Zusammensetzung der <strong>Europa</strong>abgeordnetenhaben sich seit 2004 wie folgt entwickelt:Land Bevölkerung Zahl der <strong>Europa</strong>abgeordneten01.01.2012 seit gemäß Übergangs- ab Juli(in Mio.) 14.07.2009 abkommen 2014*(seit 1.12.2011)Deutschland 81,8 99 99 96Frankreich 65,4 72 74 74Vereinigtes Königreich 63,0 72 73 73Italien 60,8 72 73 73Spanien 46,2 50 54 54Polen 38,5 50 51 51Rumänien 21,4 33 33 33Niederlande 16,7 25 26 26Griechenland 11,3 22 22 22Belgien 11,0 22 22 22Portugal 10,5 22 22 22Tschechische Republik 10,5 22 22 22Ungarn 10,0 22 22 22Schweden 9,5 18 20 20Österreich 8,4 17 19 19Bulgarien 7,3 18 18 18Dänemark 5,6 13 13 13Slowakei 5,4 13 13 13Finnland 5,4 13 13 13Irland 4,6 12 12 12Litauen 3,0 12 12 12Lettland 2,0 8 9 9Slowenien 2,1 7 8 8Estland 1,3 6 6 6Zypern 0,9 6 6 6Luxemburg 0,5 6 6 6Malta 0,4 5 6 6EU insgesamt 503,7 736 754 751*Mit Beitritt Kroatiens wird sich die Anzahl der <strong>Europa</strong>abgeordneten einiger Mitgliedstaaten noch einmal verändern, da die Gesamtzahlvon 751 Abgeordnetensitzen im EP eingehalten werden muss.18 | Das Europäische Parlament


Die Sitzverteilung des Europäischen Parlaments mitjeweiliger Anzahl der deutschen Abgeordneten in den Fraktionen(99 von insgesamt 754 Sitzen) Stand: Dezember 2012270/42EVP: Europäische Volkspartei(Christdemokraten)190/23S&D: Progressive Allianz derSozialisten und Demokratenim Europäischen Parlament85/12ALDE: Allianz der Liberalenund Demokraten für <strong>Europa</strong>59/1453/036/034/827/0Grüne/EFA: Die Grünen/Europäische Freie AllianzECR: Europäische Konservativeund ReformistenEFD: <strong>Europa</strong> der Freiheit und der DemokratieVEL/NGL: Vereinte Europäische Linke/Nordische Grüne LinkeFraktionslosSo erreichen Sie das Europäische Parlament in DeutschlandDas Europäische Parlament ist auch in Deutschland vertreten. Die Informationsbüros inBerlin und München bieten Informationen rund um das Parlament und beantwortenBürgeranfragen, beispielsweise zu aktuellen Gesetzgebungsverfahren.Europäisches Parlament, Informationsbüro in DeutschlandUnter den Linden 78, 10117 BerlinE-Mail: epberlin@ep.europa.eu, www.europarl.deInformationsbüro in MünchenErhardtstraße 27, 80469 MünchenE-Mail: epmuenchen@ep.europa.euDas Europäische Parlament | 19


20 | Der Europäische Rat und der Rat


Der Europäische Ratund der RatDie Vertreter der MitgliedstaatenNeben dem Europäischen Parlament als Vertreter der Bürgerinnen undBürger agieren auf EU-Ebene der Europäische Rat und der Rat der EuropäischenUnion (im Weiteren „Rat“ genannt). Beide repräsentieren dieMitgliedstaaten: Im Europäischen Rat treffen sich die Staats- und Regierungschefsder EU-Mitgliedstaaten, während im Rat die jeweiligen nationalenMinisterinnen und Minister ihre Regierungen vertreten.Weitere Informationen zum Europäischen Rat:www.european-council.europa.euWeitere Informationen zum Rat der Europäischen Union:www.consilium.europa.euDer Europäische Rat und der Rat | 21


Der Europäische RatDer Europäische Rat trifft sich mindestens vier Mal im Jahr zum EU-Gipfel, um überdie allgemeinen politischen Ziele und zukunftsweisende Projekte zu beraten und zuentscheiden: Die Wirtschafts- und Währungsunion wurde beim Gipfel in Maastricht imFebruar 1991 vereinbart, wo bereits die Weichen für die Einführung des Euro im Jahr1999 gestellt wurden. In Kopenhagen öffnete der Europäische Rat 1993 die Tür fürVerhandlungen mit Beitrittskandidaten aus Mittel-, Süd- und Osteuropa und definiertedie „Kopenhagener Kriterien“ als Voraussetzung für die Aufnahme neuer Mitglieder. Aufdem Kapitolhügel in Rom unterzeichneten die Staats- und Regierungschefs im Oktober2004 den Vertrag über eine Verfassung für <strong>Europa</strong>, der jedoch nach den Volksabstimmungenin den Niederlanden und Frankreich scheiterte. Dennoch erhielt die EU im Jahr2007 daraus neuen Schwung: Die „Berliner Erklärung“ zum 50. Geburtstag der EU am25. März 2007 ebnete den Weg für einen neuen Anlauf zu einer umfassenden Reform.Ergebnis war der Vertrag von Lissabon, der im Dezember 2007 von den Staats- und Regierungschefsunterzeichnet wurde. Er stellt die erweiterte Europäische Union auf eineneue solide Grundlage und trat am 1. Dezember 2009 in Kraft. So ist der EuropäischeRat für die großen Linien der EU-Politik verantwortlich und definiert die strategischenVorgaben für <strong>Europa</strong>s Handeln. Er wird aber nicht gesetzgeberisch tätig. Das Tagesgeschäftder Gesetzgebung ist Sache des Rates.Durch den Vertrag von Lissabonist der Europäische Ratzu einem Organ der Uniongeworden. Neben den 27Staats- und Regierungschefsnehmen auch der Präsidentdes Europäischen Rates undder Präsident der EuropäischenKommission an denTreffen teil.Das Amt des Präsidentendes Europäischen Rateswurde mit dem Vertrag vonLissabon neu geschaffen. Eroder sie wird für zweieinhalbJahre gewählt und kann einmalwiedergewählt werden.Der Präsident des Europäischen Rates Herman Van Rompuy22 | Der Europäische Rat und der Rat


Der Präsident oder die Präsidentin hat den Vorsitz bei den Arbeiten des EuropäischenRates und soll Zusammenhalt und Konsens innerhalb des Europäischen Rates fördern.Nach jeder Tagung berichtet er oder sie dem Europäischen Parlament.Als ersten Amtsinhaber haben die Staats- und Regierungschefs zum 1. Dezember 2009den vorherigen belgischen Premierminister Herman Van Rompuy ernannt. Er wurde am1. Juni 2012 wiedergewählt. Seine zweite Amtszeit endet am 30. November 2014.Der RatDie wichtigsten Aufgaben des Rates der Europäischen Union sind, gemeinsam mit demEuropäischen Parlament gesetzgeberisch tätig zu werden und ebenfalls zusammen mitdem Parlament die Haushaltsbefugnisse auszuüben. Das politische Gewicht des Ratesfür die EU ergibt sich aus seiner doppelten Rolle als Gesetzgeber und als Politikgestalter:Erstens agiert der Rat als europäischer Gesetzgeber gemeinsam mit dem EuropäischenParlament. In der repräsentativen Demokratie der EU ist der Rat als Staatenkammer, dasParlament als Bürgerkammer zu verstehen. Rat und Parlament sind zudem gemeinsamdie oberste Haushaltsbehörde der EU und legen gemeinsam den Haushaltsplan einesjeden Jahres fest.Zweitens ist der Rat Entscheidungsorgan der EU. Er gestaltet die gemeinsame Politik wiez.B. die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik oder die Wirtschaftspolitik.Im Rat sind die Regierungen der EU-Staaten vertreten. Jedes der 27 EU-Länder entsendeteine Ministerin oder einen Minister. In der Praxis bedeutet dies, dass sich der Rat je nachThemenbereich, der behandelt wird, in zehn verschiedenen Zusammensetzungentrifft: Die Außenministerinnen und Außenminister der 27 Mitgliedstaaten bilden die Räte(1) „Allgemeine Angelegenheiten“ und (2) „Auswärtige Angelegenheiten“. Danebengibt es die Räte für (3) Wirtschaft und Finanzen, (4) Justiz und Inneres, (5) Verkehr, Telekommunikationund Energie, (6) Landwirtschaft und Fischerei, (7) Umwelt, (8) Bildung,Jugend, Kultur und Sport, (9) Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucher,(10) Wettbewerbsfähigkeit.Mit Ausnahme des Rates „Auswärtige Angelegenheiten“ hat den Vorsitz im Rat ein Vorsitzland,das alle sechs Monate wechselt. Im Jahr <strong>2013</strong> haben den Vorsitz Irland undLitauen, im Jahr 2014 Griechenland und Italien.Der Rat „Allgemeine Angelegenheiten“ kümmert sich um die Kohärenz der Arbeitendes Rates in seinen verschiedenen Formationen und die allgemeine Koordination sowieThemen, die über einzelne Politikbereiche hinausgehen.Der Europäische Rat und der Rat | 23


Die Hohe Vertreterin fürAußen- und SicherheitspolitikCatherine AshtonHohe Vertreterin / Hoher Vertreter für Außen- und SicherheitspolitikDem Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ gehören die Außenministerinnen und Außenministeran. Mit dem Vertrag von Lissabon wurde das neue Amt der Hohen Vertreterin /des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik geschaffen. Die oderder Hohe Vertreter(in) leitet die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU undrepräsentiert sie nach außen. Zu den Aufgaben gehört auch der Vorsitz im Rat „AuswärtigeAngelegenheiten“.Als erste Hohe Vertreterin wurde Catherine Ashton ernannt. Sie gehört zugleich derEuropäischen Kommission als Vizepräsidentin an.Abstimmung im RatIn den meisten Fällen fasst der Rat Beschlüsse mit qualifizierter Mehrheit, also mitmehr Stimmen, als für die einfache Mehrheit erforderlich sind. Jeder Staat verfügt übereine von seiner Bevölkerungszahl abhängigen Stimmenzahl. Die vier größten Mitgliedstaaten(Deutschland, Frankreich, Italien und Vereinigtes Königreich) haben je 29 Stimmen,der kleinste (Malta) hat drei Stimmen.Die qualifizierte Mehrheit (bei 27 Mitgliedstaaten) gilt als erreicht, wenn der Beschlussmindestens 255 der insgesamt 345 Stimmen auf sich vereint, von der Mehrheit derMitgliedstaaten angenommen wird und mindestens 62 Prozent der Bevölkerung derEU repräsentiert.Mit dem Vertrag von Lissabon wird das System der gewichteten Stimmen abgeschafftund die einfache Regel der doppelten Mehrheit praktiziert (55 Prozent der Mitglieder desRates, gebildet aus mindestens 15 Mitgliedern, sofern die von diesen vertretenen Mitgliedstaatenzusammen mindestens 65 Prozent der Bevölkerung der Union ausmachen).Dieses neue System wird im Jahr 2014 in Kraft treten.24 | Der Europäische Rat und der Rat


Aktuelles StichwortDas Europäische JahrSeit 1983 erklärt die Europäische Kommission jedes Kalenderjahr zu einem EuropäischenJahr für ein bestimmtes Thema, auf das besonders aufmerksam und einer breitenBevölkerung zugänglich gemacht werden soll. Während des Jahres finden sowohl aufEU-Ebene als auch in den Mitgliedstaaten themenbezogene Aktivitäten, Öffentlichkeitsarbeitund Projekte statt.<strong>2013</strong>: Europäisches Jahr der Bürgerinnen und Bürger<strong>2013</strong> ist es 20 Jahre her, dass mit dem Vertrag von Maastricht die Unionsbürgerschafteingeführt wurde. Die Europäische Kommission hat daher das Jahr <strong>2013</strong> zum „EuropäischenJahr der Bürgerinnen und Bürger“ ausgerufen. Damit kommt sie auch einerAufforderung des Europäischen Parlaments, ein solches Jahr zu organisieren, nach.Die Unionsbürgerschaft bringt umfassende Rechte für die Bürgerinnen und Bürger derEU, die sich im gesamten Hoheitsgebiet der Europäischen Union frei bewegen undaufhalten können. Als Verbraucher haben sie z.B. Recht auf Zugang zu Waren undDienstleistungen in anderen Mitgliedstaaten. Unionsbürgerinnen und -bürger, die denWohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat als dem Herkunftsmitgliedstaat haben, besitzendas aktive und passive Wahlrecht für die <strong>Europa</strong>wahlen und Kommunalwahlenin diesem Land zu denselben Bedingungen wie die Staatsangehörigen des jeweiligenMitgliedstaates. 2011 lebten 12,8 Millionen Unionsbürgerinnen und -bürger in einemanderen Mitgliedstaat als ihrem Herkunftsmitgliedstaat.Viele Unionsbürgerinnen und -bürger haben jedoch das Gefühl, ihre Rechte nichtgut genug zu kennen oder sind der Ansicht, dass es immer noch Hindernisse bei derAusübung ihrer Rechte, insbesondere in grenzüberschreitenden Situationen gibt. DasEuropäische Jahr der Bürgerinnen und Bürger soll über die Rechte und Möglichkeitendurch die Unionsbürgerschaft informieren, Hindernisse ansprechen und Verbesserungsvorschlägebringen sowie zur aktiven Teilnahme an Bürgerforen zur EU-Politik anregen.www.europa.eu/citizens-<strong>2013</strong>/de/home2012: Europäisches Jahr für aktives Altern2012 war das „Europäische Jahr für aktives Altern und Solidarität zwischen den Generationen“.Das Europäische Jahr sollte die EU-Bevölkerung für dieses Thema sensibilisieren,zur Schaffung besserer Beschäftigungsmöglichkeiten und Arbeitsbedingungen für diezunehmende Zahl älterer Menschen in <strong>Europa</strong> beitragen, ihnen helfen, eine aktive Rollein der Gesellschaft zu übernehmen und ein gesundes Altern fördern.www.europa.eu/ey2012/Der Europäische Rat und der Rat | 25


26 | Die Europäische Kommission


Die EuropäischeKommissionMotor der Integration undHüterin der UnionsinteressenDas Gelingen der europäischen Einigung braucht effiziente Institutionen.Den Mittelpunkt bildet das institutionelle Dreieck aus Parlament, Ratund Kommission. Die Europäische Kommission vertritt und wahrt dieallgemeinen Interessen der Europäischen Union. Vieles von dem, was sievorschlägt, regelt und ausführt, beeinflusst den Alltag der Bürgerinnenund Bürger der EU.Die Website der Europäischen Kommission:www.ec.europa.euDie Europäische Kommission | 27


Die Aufgaben der Europäischen KommissionDie Kommission erledigt vier Hauptaufgaben:InitiativrechtDie Europäische Kommission besitzt das Initiativrecht für Gesetzesvorschriften, d.h. siekann dem Europäischen Parlament und dem Rat neue Rechtsvorschriften vorschlagen.Nicht selten wird die Kommission auch aufgefordert, einen Vorschlag zu erarbeiten,etwa durch das Europäische Parlament.Verwaltung und europäischer KassenwartIm Alltag spielen die Verwaltungsfunktionen der Europäischen Kommission eine besondereRolle. Die Kommission stellt den Entwurf des Haushaltsplanes der EU auf, der Ratund das Europäische Parlament diskutieren und ändern gegebenenfalls diesen Entwurf.Nach der Verabschiedung des Haushalts durch das Europäische Parlament und denRat beginnt dann die konkrete Arbeit: die Ausführung des Haushaltsplanes, also daskorrekte Ausgeben des Geldes für politische Maßnahmen und EU-Programme etc. DieKommission verwaltet die Programme, insbesondere die zahlreichen Förderprogramme.Sie ist z.B. zuständig für Rahmen- und Aktionsprogramme der Gemeinschaft in denBereichen Bildung, Forschung oder Kultur. Ein bekanntes Beispiel ist das ERASMUS-Programm im Rahmen der EU-Aktion „Lebenslanges Lernen“ (Siehe dazu auch Kapitel„<strong>Europa</strong> entdecken und erleben“, S. 115).Der Präsident der EuropäischenKommission José Manuel Barrosonimmt im Europäischen Parlamentdie Glückwünsche der Abgeordnetenentgegen, nachdem das Parlamentam 9. Februar 2010 der neuenEuropäischen Kommission unterseinem Vorsitz zugestimmt hat.28 | Die Europäische Kommission


Der deutsche EU-Kommissar für Energiepolitik Günther OettingerAlle Finanzmittel werden von der Kommission verwaltet, im Jahr 2012 waren es rund147 Milliarden Euro. Rund 80 Prozent der Haushaltsmittel werden von der Kommissionan die Mitgliedstaaten geleitet, die dann für die Auszahlung an die Empfangsberechtigten(z.B. regionale Behörden oder Landwirte, Forschungseinrichtungen usw.) verantwortlichsind.Hüterin der VerträgeDie Kommission überwacht die ordnungsgemäße Anwendung des Unionsrechts. Verstößtein Mitgliedstaat gegen EU-Recht, muss die Kommission einschreiten und notfallsvor dem Gerichtshof der Europäischen Union klagen. Das geschieht beispielsweise,wenn EU-Richtlinien nicht fristgerecht in nationales Recht umgesetzt werden oder Regierungenunerlaubte Subventionen an Unternehmen auszahlen, was den Wettbewerbim Binnenmarkt verzerrt. Die Kommission muss auch prüfen, ob die Mitgliedstaaten dasGebot der Haushaltsdisziplin einhalten. Gegen Einzelne (z.B. Unternehmen) kann dieKommission direkt Bußgelder verhängen, wenn diese gegen das EU-Wettbewerbsrechtverstoßen. Beispielsweise, wenn einzelne Unternehmen den Wettbewerb durch Preisabsprachenbehindern oder versuchen, den Markt zu manipulieren. Diese Funktion alsoberste Kartell- und Wettbewerbsbehörde der EU ist in einer globalisierten Wirtschaftsweltbesonders wichtig.Die Stimme der EU in der WeltDie Kommission erhält vom Rat das Mandat für den Abschluss von Abkommen mitDrittstaaten und führt Verhandlungen mit internationalen Organisationen wie derWelthandelsorganisation. Die Europäische Kommission ist zudem zuständig für die HilfsundEntwicklungsprogramme der EU. Die spezielle Zuständigkeit für die Außen- undSicherheitspolitik liegt in den Händen der Hohen Vertreterin, die auch Vizepräsidentinder Kommission ist.Die Europäische Kommission | 29


So erreichen Sie die Kommission in DeutschlandEuropäische Kommission, Vertretung in DeutschlandUnter den Linden 78, 10117 Berlin, Telefon: (030) 22 80 20 00E-Mail: eu-de-kommission@ec.europa.eu, Internet: www.eu-kommission.deVertretung in MünchenErhardtstraße 27, 80469 München, Telefon: (089) 24 24 48-0E-Mail: eu-de-muenchen@ec.europa.euVertretung in BonnBertha-von-Suttner-Platz 2-4, 53111 Bonn, Telefon: (0228) 53 00 90E-Mail: eu-de-bonn@ec.europa.euWer gehört der Kommission an?Die Europäische Kommission hat 27 Mitglieder, eines ist der Kommissionspräsident. DieAmtszeit des Kollegiums der Kommission beträgt fünf Jahre. Seit November 2004 ist derPortugiese José Manuel Barroso Präsident der Europäischen Kommission. Im Februar 2010trat eine neue Kommission für fünf Jahre ihr Amt an. José Manuel Barroso wurde für einezweite Amtszeit als Kommissionspräsident bestätigt.Alle Kandidatinnen und Kandidaten für einen Kommissarsposten müssen vor dem EuropäischenParlament zunächst ein „Aufnahmeverfahren“ bestehen: Die Abgeordneten prüfenjede einzelne Kandidatin und jeden Kandidaten in öffentlichen Anhörungen, ob sie oderer für die Aufgaben und das Amt wirklich geeignet ist. Diese werden auch im Internet perWebstream übertragen. Erst wenn das Europäische Parlament mit allen Kommissarinnenund Kommissaren einverstanden ist, kommt es zur abschließenden Abstimmung im Parlamentüber die gesamte Kommission – erst dann ist die neue Kommission im Amt.Die jetzige Kommission wurde vom Parlament am 9. Februar 2010 bestätigt. JedeKommissarin und jeder Kommissar ist für einen oder mehrere Politikbereiche zuständigund verantwortlich. Aus Deutschland kommt der Kommissar für Energiepolitik GüntherOettinger. Er war vor seiner Berufung nach Brüssel Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg.Am 16. Oktober 2012 erklärte der aus Malta stammende Kommissar für Gesundheit undVerbraucherpolitik John Dalli seinen Rücktritt. Vorausgegangen waren Betrugsvorwürfeim Rahmen des Gesetzesvorschlages für eine neue Tabakrichtlinie. Der Ernennung seinesvorgeschlagenen Nachfolgers Tonio Borg stimmte das Europäische Parlament am 21.November2012 zu. Am 28. November 2012 hat Tonio Borg sein neues Amt angetreten.Mit dem Begriff Europäische Kommission bezeichnet man auch das Verwaltungsorgan,denn die Europäische Kommission ist zugleich eine große Behörde mit insgesamtrund 25.000 Kommissionsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern. Fast jeder Zehnte ist imSprachendienst tätig. Die Kommission unterhält wegen der Vielsprachigkeit der EU dengrößten Übersetzungs- und Dolmetscherdienst der Welt.30 | Die Europäische Kommission


Aktuelles StichwortFriedensnobelpreis 2012 für die EUDie Europäische Union ist Träger des Friedensnobelpreises 2012.Das Nobelpreiskomitee begründete die Verleihung mit dem Beitrag,den die EU und deren Vorläufer zum Frieden und der Versöhnung,der Demokratie und den Menschenrechten in <strong>Europa</strong> geleistet hätten.Mit dem Preis soll auch in Zeiten von wirtschaftlichen und sozialenSchwierigkeiten der erfolgreiche Kampf für all diese Werteals die wichtigste Errungenschaft der EU hervorgehoben werden.Der Preis wurde am 10. Dezember 2012 vom Präsidenten des EuropäischenParlaments Martin Schulz, dem Präsidenten der EuropäischenKommission José Manuel Barroso und dem Präsidenten des EuropäischenRates Herman Van Rompuy entgegengenommen. An der Zeremonie warenauch Kinder und Jugendliche aus <strong>Europa</strong> beteiligt.EP-Präsident Martin Schulz betonte, mit dem Preis würden alle Bürgerinnenund Bürger der EU ausgezeichnet. Um dies zu unterstreichen,überreichte der Parlamentspräsident am 12. Dezember 2012 in einer Zeremonievor dem Plenum in Straßburg 20 EU-Bürgerinnen und -Bürgernverschiedener Nationalitäten und Altersgruppen den Friedensnobelpreisstellvertretend für alle Menschen in der EU.Der Friedensnobelpreis ist die älteste und eine der bedeutendsten internationalenAuszeichnungen für Frieden und Menschenrechte. Er wirdjedes Jahr im Dezember in Oslo verliehen. Bisher wurde er 24 Mal anOrganisationen und 101 Mal an Einzelpersonen vergeben.Die Europäische Kommission | 31


32 | Die Europäische Bürgerinitiative


Die EuropäischeBürgerinitiativeBürgerinnen und Bürgerals Auftraggeber der GesetzgebungTraditionell liegt das alleinige Initiativrecht für die Gesetzgebung aufEU-Ebene bei der Europäischen Kommission. Grundidee dabei ist, dassdie Kommission in ihrer Stellung als Motor der Integration und Hüterinder Verträge am ehesten berufen und in der Lage ist, losgelöst von Einzelinteressenim Sinne der Unionsziele und im Interesse der gesamtenEuropäischen Union tätig zu werden. Das Europäische Parlament kanndie Kommission allerdings auffordern, geeignete Vorschläge für die Gesetzgebungvorzulegen. Der Vertrag von Lissabon hat dieses Recht auchdirekt auf die Bürgerinnen und Bürger der EU übertragen.Website der Europäischen Kommission zur Durchführung einerEuropäischen Bürgerinitiative und den laufenden Initiativen:ec.europa.eu/citizens-initiative/Die Europäische Bürgerinitiative | 33


Grundlagen und RegelnSeit dem 1. April 2012 können eine Million Unionsbürgerinnen und -bürger ineiner Europäischen Bürgerinitiative zusammen die Kommission auffordern, geeigneteVorschläge für einen Rechtsakt vorzulegen. Diese Forderung muss einen Bereich betreffen,für den die Kommission auch tatsächlich befugt ist, Gesetzgebung vorzuschlagen,z.B. Landwirtschaft, Umwelt oder Verkehr.Sowohl die Organisatoren als auch die Unterstützer der Europäischen Bürgerinitiativemüssen das nötige Mindestalter für die Wahlen zum Europäischen Parlament haben.Zum Start einer Bürgerinitiative müssen zunächst mindestens sieben EU-Bürgerinnenund -Bürger, die in mindestens sieben verschiedenen Mitgliedstaaten leben, einen sogenanntenBürgerausschuss bilden, der die Bürgerinitiative organisiert und begleitet.Organisationen können keine Bürgerinitiativen leiten, aber sie unterstützen.Die Bürgerinitiative muss dann im Internetportal der Europäischen Kommission registriertwerden. Danach hat der Bürgerausschuss ein Jahr Zeit, eine Million Unterstützungsbekundungenvon Unionsbürgerinnen und -bürgern in mindestens sieben Mitgliedstaatenzu sammeln. Diese können nach festgelegten Regeln, die insbesondere den Datenschutzgarantieren sollen, online oder in Papierform gesammelt werden.Das Europäische Parlamenthat am 15. Dezember 2010die Verordnung über dieEuropäische Bürgerinitiativeverabschiedet. Der damaligeEP-Präsident Buzek und derVertreter des Rates unterzeichnenam 16. Februar 2011feierlich den Gesetzestext.34 | Die Europäische Bürgerinitiative


In den mindestens sieben EU-Ländern muss jeweils eine Mindestzahl an Unterzeichnerngefunden werden: Es wurde festgelegt, dass die Staaten zählen, in denen je <strong>Europa</strong>abgeordnetemmindestens 750 Unterschriften vorgelegt werden. Deutschland zählt also dann,wenn dort mindestens 99 mal 750, also 74.250 gültige Unterschriften geleistet werden.Ab dem Jahr 2014 wird diese Zahl auf 96 mal 750, also 72.000 Unterschriften sinken.Sobald die nötige Anzahl an Stimmen gesammelt wurde, müssen die zuständigen nationalenBehörden in allen Mitgliedstaaten, aus denen die Unterschriften stammen, dieZahl der gültigen Unterstützungsbekundungen für das jeweilige Mitgliedsland bescheinigen.In Deutschland übernimmt diese Prüfung das Bundesverwaltungsamt in Köln.Ist die Anzahl erforderlicher Unterschriften erreicht, kann die Europäische Bürgerinitiativeder Kommission vorgelegt werden. In den folgenden drei Monaten treffen die Organisatorenmit Vertreterinnen und Vertretern der Kommission zusammen, welche dieInitiative sorgfältig prüfen werden. Die Organisatoren können auch in einer öffentlichenAnhörung im Europäischen Parlament ihre Initiative präsentieren.Innerhalb der Dreimonatsfrist erklärt die Kommission, welche Maßnahmen sie treffenwird und warum. Gegebenenfalls beschließt die Kommission, als Antwort auf die EuropäischeBürgerinitiative einen neuen Rechtsakt vorzuschlagen.Bürgerinitiativen in der PraxisAm 9. Mai 2012, dem <strong>Europa</strong>tag, wurde die erste Europäische Bürgerinitiative registriert:„Fraternité 2020 – Mobilität. Fortschritt. <strong>Europa</strong>.“ fordert eine bessere Unterstützungund Förderung der EU-Austauschprogramme, um mehr Mobilität zu erreichen undzu einem vereinten <strong>Europa</strong> beizutragen. Die Organisatoren haben nun bis 1.November<strong>2013</strong> Zeit, die notwendigen eine Million Unterstützungsbekundungen zu sammeln (dieverlängerte Frist für diese und einige nachfolgende Initiativen wurde von der EuropäischenKommission aufgrund von Problemen in der Anlaufphase der neuen Bürgerinitiativegesetzt).Anfang Januar <strong>2013</strong> gab es 14 laufende Initiativen, die in vielfältigen Bereichen neue Gesetzesvorlagenfordern, von der Abschaffung der Roaminggebühren innerhalb der EU,dem Recht auf eine ausreichende Versorgung mit sauberem Trinkwasser und sanitäreGrundversorgung über das Wahlrecht für Unionsbürgerinnen und Unionsbürger in anderenMitgliedstaaten bis hin zur Abschaffung von Tierexperimenten und der Forderungnach EU-weiten gemeinsamen Bildungszielen.Die Europäische Bürgerinitiative | 35


36 | Bundestag und Bundesrat mit neuer Aufgabe


Bundestag und Bundesratmit neuer AufgabeZuständigkeitskontrolle durchdie nationalen ParlamenteDie Europäische Union darf nur auf den Gebieten gesetzgeberisch tätigwerden, für die ihr von den Mitgliedstaaten einstimmig die Zuständigkeitübertragen wurde. Das ist der Kern des sogenannten „Grundsatzes derbegrenzten Einzelermächtigung“. Doch auch da, wo die EU zuständigist, muss sie bei der Ausübung ihrer Zuständigkeiten maßhalten. Damitdies geschieht, hat der Vertrag von Lissabon einen Kontrollmechanismuseingebaut. Darin spielen die Parlamente der Mitgliedstaaten eine wichtigeRolle.www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2009/27985236_kw49_lissabon/index.htmlBundestag und Bundesrat mit neuer Aufgabe | 37


Neben dem „Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung“gelten bei der Ausübung der Zuständigkeiten die Grundsätze der Subsidiaritätund der Verhältnismäßigkeit. Verhältnismäßig sind Maßnahmen,die nicht über das Maß hinausgehen, das zur Erreichung derim EU-Vertrag genannten Ziele erforderlich ist. Das Subsidiaritätsprinzipwurde bereits mit dem Vertrag von Maastricht 1992 als Grundsatz derZuständigkeitsausübung festgeschrieben. Es sagt in der etwas umständlichenSprache des Vertrages, dass die EU als Gemeinschaft nur tätigwird, „sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmenauf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werdenkönnen und daher wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen besserauf Gemeinschaftsebene erreicht werden können“. Dieses Prinzip giltauch nach dem Lissabonner Vertrag fort. Doch wer entscheidet im Streitfall,was die Mitgliedstaaten allein erreichen können und was besser aufGemeinschaftsebene erledigt werden soll? Zum einen können die Regierungender Mitgliedstaaten den Gerichtshof der Europäischen UnionEine Zustimmung Deutschlands kann bei bestimmten wichtigen EU-Entscheidungennur dann erfolgen, wenn vorher der Deutsche Bundestag und bei Länderzuständigkeitenauch der Bundesrat (Foto) ausdrücklich zugestimmt haben.38 | Bundestag und Bundesrat mit neuer Aufgabe


anrufen, wenn sie meinen, dass die EU außerhalb ihrer Zuständigkeitenoder unter Verletzung des Subsidiaritäts- oder des Verhältnismäßigkeitsprinzipsgehandelt hat. Zusätzlich enthält der Lissabonner Vertragerstmals einen Mechanismus zur Subsidiaritätskontrolle, der schon ineinem frühen Stadium des Gesetzgebungsverfahrens wirkt. Dabei sinddie Parlamente der Mitgliedstaaten die entscheidenden Akteure.Subsidiaritäts- undVerhältnismäßigkeitskontrolleNationale Parlamente müssen frühzeitig und umfassend über die Vorhabenauf EU-Ebene informiert werden. Sie wachen über die Einhaltung derGrundsätze von Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit, müssen Zuständigkeitsübertragungenvon den Mitgliedstaaten auf die EU-Ebene vorabzustimmen und sind bei Änderungen der EU-Verträge zu beteiligen.Durch das Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiaritätund der Verhältnismäßigkeit wird erstmals auf EU-Ebene ein Frühwarnsystemmit einem Rügerecht der nationalen Volksvertretungenbei Verstößen gegen das Subsidiaritätsprinzip auf EU-Ebene verankert.Danach muss die Europäische Kommission alle Gesetzgebungsvorschlägegleichzeitig an das Europäische Parlament, den Rat und an die Parlamenteder Mitgliedstaaten schicken. Jedes nationale Parlament kann innerhalbeiner Frist von acht Wochen nach Übermittlung des Entwurfs eineSubsidiaritätsrüge erheben. Dieses Kontrollrecht kommt in Deutschlanddem Deutschen Bundestag und bei Entscheidungen, die in die Zuständigkeitder Länder fallen, auch dem Bundesrat zu.Das weitere Verfahren hängt davon ab, wie viele nationale ParlamenteSubsidiaritätsrügen erheben. Meint ein Drittel der nationalen Parlamente,dass ein EU-Gesetzesvorschlag mit dem Subsidiaritätsprinzip nicht vereinbarist, dann ist die Kommission verpflichtet, den Vorschlag zu überprüfen.Dies wird als die „gelbe Karte“ bezeichnet. Wenn die Kommissionbei ihrem Vorschlag bleibt, aber eine einfache Mehrheit der Parlamenteweiterhin Widerspruch einlegt, leitet die Kommission die Beanstandungenan den Rat und das Europäische Parlament weiter, die über die Sacheentscheiden müssen. Dies wird als „orangefarbene Karte“ bezeichnet.Bundestag und Bundesrat mit neuer Aufgabe | 39


Die deutschen Begleitgesetze zum Lissabon-VertragIm Rahmen der Ratifizierung des Vertrags von Lissabon hatte das Bundesverfassungsgerichtüber Verfassungsbeschwerden zu entscheiden,wonach der Lissabonner Vertrag nicht mit dem Grundgesetz vereinbarsei, weil er unter anderem das Demokratieprinzip in Deutschland verletze.Das Bundesverfassungsgericht hat dazu in seinem Urteil festgestellt, dassdieses Prinzip dann nicht verletzt ist, wenn dem Deutschen Bundestagund dem Bundesrat einerseits genügend Zuständigkeiten verbleibenund sie andererseits bei Zuständigkeitsübertragungen an die EU vorherzustimmen. Diese Zustimmung muss in einigen Bereichen sogar durchein Gesetz erfolgen.In Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts haben derBundestag und der Bundesrat die sogenannten „Begleitgesetze“ zumVertrag von Lissabon erlassen. Wichtigstes Begleitgesetz ist das sogenannte„Integrationsverantwortungsgesetz“, oft mit „IntVG“ abgekürzt.Es befasst sich mit Bestimmungen des Lissabon-Vertrags, bei denen eineZustimmung auf EU-Ebene durch Deutschland nur dann erfolgen kann,wenn vorher der Bundestag und bei Länderangelegenheiten auch derBundesrat durch Gesetz oder durch Beschluss ausdrücklich zugestimmthaben. Das Zustimmungserfordernis bezieht sich insbesondere auf dasvereinfachte Vertragsänderungsverfahren des Lissabonner Vertrags. BeimDas Bundesverfassungsgerichtin Karlsruhe40 | Bundestag und Bundesrat mit neuer Aufgabe


vereinfachten Vertragsänderungsverfahren können vertragsänderndeBeschlüsse zu Sachverhalten, die spezielle Politikbereiche betreffen undkeine grundsätzliche Bedeutung haben, sondern Detailregelungen beinhalten,vom Rat oder vom Europäischen Rat mit Zustimmung aller Mitgliedstaatengefasst werden, ohne das ordentliche langwierige Vertragsänderungsverfahrenanwenden zu müssen. Gleiches gilt für die Anwendungvon „Brückenklauseln“, nach denen der Rat oder der EuropäischeRat von der Einstimmigkeit zur Mehrheitsentscheidung übergehen darf,sowie für die Kompetenz- und Flexibilitätsklauseln, nach denen durcheinstimmige Entscheidung aller Mitgliedstaaten die Zuständigkeiten derEU erweitert werden können. Die Kompetenzerweiterungsmöglichkeitenbetreffen vor allem das Strafrecht, die europäische Staatsanwaltschaftund die Europäische Investitionsbank. Darüber hinaus verleiht das IntVGdem Bundestag und dem Bundesrat ein jeweils unabhängiges Weisungsrechtin den sogenannten „Notbremse-Verfahren“, wo in den BereichenSozialpolitik und Justiz-Zusammenarbeit in Strafsachen ein ordentlichesGesetzgebungsverfahren unterbrochen und die Angelegenheit zunächstdem Europäischen Rat zur Beschlussfassung vorgelegt werden muss, derüber sie im Regelfall einstimmig entscheiden muss. Vor der Übernahmevon Gewährleistungen für den Euro-Rettungsschirm muss die Bundesregierungvorab die Zustimmung des Haushaltsausschusses des DeutschenBundestages einholen (Siehe dazu auch Aktuelles Stichwort S. 71).Zur Wahrnehmung der Rechte durch Bundestag und Bundesrat sieht dasIntVG Unterrichtungspflichten der Bundesregierung vor. Insbesonderemuss die Bundesregierung erläutern, ob die Voraussetzungen für denNotbremsemechanismus vorliegen, weil eine Verletzung des deutschenSystems der sozialen Sicherheit droht bzw. grundlegende Aspekte derStrafrechtsordnung betroffen sind.Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Lissabonner Vertrag:www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/es20090630_2bve000208.htmlPressemitteilung zum Urteil (wesentliche Urteilsgründe):www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg09-072.htmlBundestag und Bundesrat mit neuer Aufgabe | 41


42 | <strong>Europa</strong> wächst zusammen


<strong>Europa</strong> wächst zusammenSchengen-Raum und ErweiterungDie Europäische Union umfasst heute 27 Staaten mit rund 500 MillionenMenschen. Aus der Gemeinschaft der sechs Gründerstaaten – Belgien,Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande – istdie Europäische Union geworden, in der Grenzposten der Vergangenheitangehören und in der die Teilung <strong>Europa</strong>s zur Geschichte gehört.Über das grenzenlose <strong>Europa</strong> und die Zusammenarbeit der EU-Staatenim Bereich der inneren Sicherheit informiert die Website der Kommission:www.europa.eu/legislation_summaries/justice_freedom_security/index_de.htm<strong>Europa</strong> wächst zusammen | 43


So wuchs <strong>Europa</strong> zusammen: Im Lauf von 50 Jahren entstandaus der Montanunion die EU mit heute 27 Mitgliedstaaten und500 Millionen Bürgerinnen und Bürgern.Stand: Dezember 2012195719731981 - 1986199520042007Beitretender StaatKandidatenländer44 | <strong>Europa</strong> wächst zusammen


Schengen-Raum<strong>Europa</strong> ist friedlich vereinigt – 24 Jahre nach dem Fall der Mauer und demEnde des „Eisernen Vorhangs“ bilden 27 Länder mit rund 500 MillionenMenschen die Europäische Union. Diese friedliche und freiwillige Vereinigungvon Staaten und Völkern ist ohne Beispiel in der Geschichte derMenschheit. Von Deutschland aus behindern heute keine Schlagbäumeund Grenzposten mehr das Reisen zu den Nachbarn. In der kleinen luxemburgischenGrenzgemeinde Schengen an der Obermosel wurde am14. Juni 1985 von den fünf EG-Mitgliedstaaten Deutschland, Frankreich,Belgien, Niederlande und Luxemburg das sogenannte Schengener Abkommenunterzeichnet, mit dem die Grenzkontrollen zwischen diesenLändern abgeschafft wurden. Andere Staaten traten dem Abkommenspäter bei. Auch Richtung Osten sind inzwischen die Grenzanlagen abgebautworden; auch hier merkt man es kaum mehr, wenn man die Staatsgrenzenpassiert. Aber der Wegfall der Grenzkontrollen führt nicht zueinem Verlust an Sicherheit. Der „Schengen-Raum“ setzt auf vernetztenInformationsaustausch und grenzüberschreitende Zusammenarbeit, umStraftaten wirksam zu bekämpfen. Zum Schengen-Raum gehören derzeit22 EU-Staaten sowie Island und Norwegen, die Schweiz seit Dezember2008 und Liechtenstein seit Dezember 2011. Irland und das VereinigteKönigreich setzen das Schengener Abkommen nicht vollständig um undkontrollieren Personen, selbst wenn diese aus einem EU-Staat einreisen.Die EU-Mitgliedstaaten Zypern, Rumänien und Bulgarien gehören demSchengen-Raum noch nicht an.Die erweiterte EU steht in ihrem Inneren vor einer Reihe von Herausforderungen.Diese aber können gemeinsam erheblich besser gelöst werden.Im Jahr 2008 hat die EU beispielsweise einen weiteren großen Schritt hinzu einer gemeinsamen Einwanderungspolitik gemacht, die das EuropäischeParlament maßgeblich mitgestaltet hat. So gibt es nun europaweiteinheitliche Vorschriften für den Umgang mit illegaler Einwanderung.Dabei ist beispielsweise auch festgelegt worden, dass diese Immigrantenein Recht auf Rechtsberatung und auch auf medizinische Versorgunghaben; Kinder dürfen nur in Begleitung von Sorgeberechtigten und nurin sichere Obhut zurückgeschickt werden.<strong>Europa</strong> wächst zusammen | 45


ErweiterungEs ist absehbar, dass sich die Europäische Union erneut erweitern wird. Beitrittskandidatenmüssen wirtschaftliche und politische Bedingungen, die sogenannten „Kopenhagener Kriterien“ für den Beitritt erfüllen: Die Ländermüssen institutionell stabil sein, eine funktionierende Marktwirtschaft habenund in der Lage sein, die Verpflichtungen, die sich aus einer Mitgliedschaft inder EU ergeben, übernehmen zu können.Gegenwärtige und künftige Kandidatenländer (auch Bewerberländer genannt)dürfen zur Erlangung der EU-Mitgliedschaft in ihren Reformanstrengungennicht nachlassen. Entscheidend sind die Schaffung eines funktionierendenRechtssystems, die Gewährung der Meinungsfreiheit, die Gestaltung gutnachbarschaftlicherVerhältnisse, die faire Behandlung ethnischer Minderheitensowie der Kampf gegen Korruption und organisierte Kriminalität. Das hat dasEuropäische Parlament in einer Entschließung am 26. November 2009 erneutunterstrichen.Der Beitrittsprozess besteht im Groben aus drei Schritten: Zunächst wird einLand zu einem offiziellen Kandidaten für die EU-Mitgliedschaft ernannt, wasjedoch noch nicht bedeuten muss, dass offizielle Verhandlungen aufgenommenworden sind.In einem einstimmigen Beschluss des Rates beschließen alle EU-Mitgliedstaaten,offizielle Beitrittsverhandlungen mit dem Kandidatenland aufzunehmen:Ihre Grundlage sind die 35 Kapitel des EU-Besitzstandes, d.h. die verbindlichenRechte und Pflichten der EU. Das Bewerberland ist verpflichtet, den gesamtenBesitzstand und seine Rechtsvorschriften zu übernehmen. Auch auf seine Anwendungund Durchsetzung muss das Land sich vorbereiten und alle notwendigenReformen durchführen, um die Beitrittskriterien zu erfüllen.Wenn alle Verhandlungen erfolgreich abgeschlossen und alle Reformendurchgeführt sind, müssen die Kommission, der Rat und das EuropäischeParlament dem Beitrittsvertrag zustimmen, der dann vom Kandidatenland undsämtlichen Mitgliedstaaten unterzeichnet und ratifiziert werden muss. Danacherfolgt der Beitritt zur EU.Nachdem am 1. Dezember 2011 das Europäische Parlament der künftigenEU-Mitgliedschaft Kroatiens zugestimmt hatte, wurde der Beitrittsvertrag am9. Dezember 2011 unterzeichnet. Nach erfolgreicher Ratifizierung des Beitrittsvertragessoll Kroatien zum 1. Juli <strong>2013</strong> der Europäischen Union beitreten.46 | <strong>Europa</strong> wächst zusammen


Am 1. Juli <strong>2013</strong> wirdKroatien voraussichtlichdas 28. Mitgliedsland derEuropäischen Union.Die Serie der EU-ErweiterungenAus der anfänglichen Kerngemeinschaft von sechs Staaten, die sich nachdem visionären Plan des damaligen französischen Außenministers RobertSchuman vom 9. Mai 1950 zusammenschlossen, entwickelte sich nachund nach die heutige EU.Die sechs GründerländerDeutschland, Frankreich, Italien, Belgien, die Niederlande und Luxemburgschufen in den 50er Jahren die Montanunion und die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft(EWG). Diese waren die Vorläufer der heutigen EU.Das Schlüsseldatum ist der 25. März 1957. An diesem Tag unterzeichnetendie sechs Länder die Römischen Verträge, die den Kernbestand deseuropäischen Einigungswerks bilden.Die erste Erweiterung1973 traten in einer ersten Erweiterungsrunde Dänemark, Irland unddas Vereinigte Königreich bei und die Gemeinschaft wuchs auf neunMitglieder. Während Irland im Jahr 1999 von Anfang an zum Kreis derEuroländer gehörte, haben Dänemark und das Vereinigte Königreich bisheute ihre nationalen Währungen behalten.Die SüderweiterungIn den 80er Jahren wandte sich die EU verstärkt dem Mittelmeer zu.Nach dem Zusammenbruch diktatorischer Regime in Athen, Madrid undLissabon folgte – unter dem Vorzeichen demokratischen Wandels – dieSüderweiterung mit den Beitritten von Griechenland (1981), Spanien undPortugal (1986). Die Gemeinschaft wuchs auf zwölf Mitglieder.<strong>Europa</strong> wächst zusammen | 47


Die NorderweiterungMit der Aufnahme von Finnland, Schweden und Österreich (1995) wuchsdie EU auf 15 Mitglieder an. Die norwegische Bevölkerung entschied sichin einer Volksabstimmung gegen einen Beitritt zur EU.Die Osterweiterung IAm 1. Mai 2004 traten auf einen Schlag zehn neue Länder bei. Das historischeBeitrittsdatum markiert die endgültige Überwindung der Spaltung<strong>Europa</strong>s und den Aufbruch in eine gemeinsame Zukunft. Es kamen diefünf mitteleuropäischen Staaten Polen, die Slowakei, Slowenien, dieTschechische Republik und Ungarn, die drei baltischen Staaten Estland,Lettland und Litauen sowie die Mittelmeerinseln Malta und Zypern hinzu.Die Osterweiterung IIBulgarien und Rumänien sind seit dem 1. Januar 2007 Mitglieder der EU.Mit dem Beitritt von Bulgarien und Rumänien erweiterte sich die EU aufnun 27 Mitgliedstaaten und rund 500 Millionen Menschen.48 | <strong>Europa</strong> wächst zusammen


Der Erweiterungsprozess geht weiter<strong>Europa</strong>konkretAm 1. Juli <strong>2013</strong> wird Kroatien voraussichtlich das 28. Mitgliedsland derEuropäischen Union werden.Die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, die 2005 begonnen haben,sind nur langsam vorangekommen. Das Land ist in den letzten Jahrenwichtige Schritte in Richtung europäischer Standards gegangen. In einemVerfassungsreferendum haben am 12. September 2010 knapp 58 Prozentder Wähler 26 weitreichende Verfassungsänderungen gebilligt. Die Änderungenführen ein Individualbeschwerderecht für Bürgerinnen und Bürgerbei Grundrechtsverletzungen durch den türkischen Staat ein. Die Bürgerrechtesowie die Rechte von Frauen, Kindern, Senioren und Menschen mitBehinderung werden gestärkt, der Datenschutz verbessert. Der politischeEinfluss des Militärs wurde zurückgedrängt. Das Europäische Parlamentbegrüßte das positive Ergebnis des Referendums zur Verfassungsreform.Zugleich wiesen <strong>Europa</strong>abgeordnete und die Europäische Kommission daraufhin, dass die Türkei beim Schutz der Presse- und Religionsfreiheit, demrespektvollen Umgang mit der kurdischen Minderheit und bei der Lösungdes Zypernproblems mehr tun müsse.Mit Island gibt es seit Juli 2010 Beitrittsverhandlungen zur EU. DieVerhandlungen gehen zügig voran, weil Island schon viel von den EU-Standards übernommen hat, da es dem Europäischen Wirtschaftsraum(EWR), dem Schengen-Raum und der Europäischen Freihandelsassoziation(EFTA) angehört. Schwierig aber dürften zum Beispiel die Verhandlungenim Bereich Fischerei werden. Im September 2012 waren 18 Kapitel desEU-Besitzstandes für Verhandlungen geöffnet und 10 davon erfolgreichvorläufig geschlossen.Die Beitrittsverhandlungen mit Montenegro sind am 29. Juni 2012 eröffnetworden.Mit den anderen Bewerberländern, der Ehemaligen Jugoslawischen RepublikMazedonien und Serbien, das im März 2012 den Status eines Bewerberlandeserhielt, haben die Beitrittsverhandlungen noch nicht begonnen.Albanien hat im April 2009 einen offiziellen Antrag auf Beitritt gestellt,aber noch nicht den Status eines Kandidatenlandes.<strong>Europa</strong> wächst zusammen | 49


50 | In Vielfalt geeint


In Vielfalt geeint<strong>Europa</strong> und seine RegionenDie Europäische Union ist nicht nur ein Zusammenschluss der Mitgliedstaatenund ihrer Bürgerinnen und Bürger, sondern auch vieler unterschiedlicherRegionen innerhalb der Mitgliedstaaten. In den zahlreichenRegionen der Europäischen Union zeigt sich ihre große kulturelle undregionale Vielfalt.Mit ihrer Regionalpolitik möchte die EU erreichen, dass die Regionenund Mitgliedstaaten wirtschaftlich, sozial und territorial gefördert undgestärkt werden, um einen größtmöglichen Zusammenhalt zu erreichen.Website der Europäischen Kommission zur Regionalpolitik:http://ec.europa.eu/regional_policy/index_de.cfmIn Vielfalt geeint | 51


Die Regionen in der EUDie EU-Verträge definieren nicht verbindlich, was genau unter einer „Region“ zu verstehenist, dies bestimmen die Mitgliedstaaten selbst. Für Deutschland ist der Begriff„Region“ bereits durch die föderale Struktur der Bundesrepublik vorgeprägt. Dem trägtdie deutsche Verfassung, das Grundgesetz, explizit Rechnung, indem es sowohl denBund als auch die Länder als Staaten versteht.Außer Deutschland gibt es in der EU noch weitere Bundesstaaten wie Österreich oderBelgien. Andere Mitgliedstaaten wie Spanien oder das Vereinigte Königreich habenautonome Regionen. Die meisten Mitgliedstaaten sind jedoch Zentralstaaten, in denendie Regionen keine Gesetzgebungskompetenz oder -autonomie besitzen. Insofern gibtes in legislativ-administrativer Hinsicht große Unterschiede zwischen den einzelnenMitgliedsländern.Regionen werden sehr stark durch historische, wirtschaftliche, ethnische und kulturelleEntwicklungen geprägt. Obwohl die EU-Mitgliedstaaten häufig das Ergebnis politischerEntwicklungen des 19. und 20. Jahrhunderts sind, ist ihre Beschaffenheit auch durchvorherige Jahrhunderte geformt. So haben zum Beispiel verschiedene Volksgruppenüber Generationen hinweg bestimmte Siedlungsräume und deren regionale Traditionengeprägt. Diese regionalen Traditionen sorgen für Unterschiedlichkeiten innerhalbder EU-Mitgliedstaaten, können aber auch grenzüberschreitende Gemeinsamkeitenschaffen.Der Ausschuss der Regionen undder Wirtschafts- und SozialausschussDer Ausschuss der Regionen (AdR) ist eine beratende Einrichtung der EuropäischenUnion. Seine derzeit 344 Mitglieder sind regional und lokal gewählte Vertreterinnenund Vertreter aus den 27 EU-Mitgliedstaaten. Sie vertreten in Brüssel die Interessen derRegionen. Der AdR muss vom Europäischen Parlament, der Kommission und dem Rat zuEU-Gesetzgebung konsultiert werden, die regionale Bereiche betrifft. Außerdem kanner auch auf Eigeninitiative Stellungnahmen abgeben, wo regionale Interessen betroffensind.Die Anzahl der Sitze im Ausschuss der Regionen ist an die Größe der Mitgliedstaatenangepasst. So entsendet Deutschland beispielsweise 24 Vertreterinnen und Vertreter ausden Bundesländern und kommunalen Spitzenverbänden, Malta fünf. Durch den Vertragvon Lissabon wurde dem Ausschuss der Regionen ein eigenständiges Klagerecht vordem Europäischen Gerichtshof eingeräumt.52 | In Vielfalt geeint


Aus Mitteln des EFRE wurdeein Stadtteil von Zittaukünstlerisch aufgewertet.Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) ist wie der Ausschussder Regionen eine beratende Einrichtung der Europäischen Union. Seine 344 Mitgliederkommen aus der organisierten Zivilgesellschaft der EU und vertreten Arbeitgeberinnenund Arbeitgeber, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und andere Interessengruppenz.B. aus dem Bereich Landwirtschaft und Verbraucherschutz sowie Nichtregierungsorganisationenaus dem sozialen und wirtschaftlichen Bereich. Wie der AdR wird der EWSAvom Europäischen Parlament, dem Rat oder der Kommission zu Gesetzesvorschlägen,die in seinen Kompetenzbereich fallen, konsultiert oder gibt auf Eigeninitiative Stellungnahmenab.Die Regionalpolitik der Europäischen UnionDurch die Regionalpolitik der EU soll der wirtschaftliche, soziale und territoriale Zusammenhalt(Kohäsion) der Regionen und letztlich der Mitgliedsländer gestärkt werden,um die immer noch existierenden Unterschiede in diesen Bereichen zu verringern. DurchInvestitionen sollen die Wettbewerbsfähigkeit und das Wirtschaftswachstum insbesonderevon strukturell schwächeren und weniger wohlhabenden Regionen verbessert undneue Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen werden. Damit möchte die EU zugleicheine bessere Lebensqualität und nachhaltige Entwicklung fördern. Im Rahmen ihrer Regionalpolitikhandhabt die EU den Begriff „Region“ flexibel: Neben größeren regionalenEinheiten wie den deutschen Ländern können auch kleinere territoriale Einheiten wie z.B.Regierungsbezirke gemeint sein.Von 2007 bis <strong>2013</strong> investiert die EU rund 347 Milliarden Euro des EU-Budgets in dieRegionen der EU. Damit werden drei Hauptziele finanziert: 81,5 Prozent (283 MilliardenEuro) des Gesamthaushaltes für die Regionalpolitik gehen an Maßnahmen zurSchaffung von mehr Konvergenz. 99 Regionen mit rund 170 Millionen Einwohnerinnenund Einwohnern, in denen das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf unter 75 Prozentdes EU-Durchschnitts liegt, werden unterstützt, um regionale Unterschiede in der EUanzugleichen. 16 Prozent (55 Milliarden Euro) der Mittel dienen der Förderung regionalerWettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung. Betroffen sind 172 Regionenmit 33 Millionen Bürgerinnen und Bürgern. 2,5 Prozent (9 Milliarden Euro) der Gelderfließen EU-weit in Projekte zur Förderung europäischer territorialer Zusammenarbeit.Alle Programme im Rahmen der Kohäsionspolitik werden von den Mitgliedstaatenkofinanziert.In Vielfalt geeint | 53


Teilnehmer am Jugendsommerlagerder Euregio Egrensis in EgerDie FondsHauptinstrumente der Regionalpolitik der EU sind drei große Fonds: in erster Linie derEuropäische Fonds für regionale Entwicklung (abgekürzt EFRE, gelegentlich auch kurzRegionalfonds genannt), der Europäische Sozialfonds (ESF) und der Kohäsionsfonds.Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung unterstützt alle drei Ziele derRegionalpolitik. Er dient der Entwicklung und strukturellen Anpassung der Regionalwirtschaftenund soll dazu beitragen, den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhaltdurch Ausgleich der wichtigsten regionalen Ungleichgewichte zu stärken. Eingeschlossensind ländliche und städtische Gebiete, Industriegebiete mit rückläufiger Entwicklungund rückständige Gebiete mit geografischen und natürlichen Benachteiligungen (z.B.Inseln und Grenzgebiete). Unterstützt werden Investitionen in dauerhafte Beschäftigung,Infrastrukturen, Finanzierungsinstrumente, um regionale und lokale Entwicklungzu fördern sowie technische Hilfsmaßnahmen. Die für den EFRE vorgesehenen EU-Mittelbelaufen sich auf 201 Milliarden Euro für den Zeitraum 2007 – <strong>2013</strong>.Der Europäische Sozialfonds unterstützt Projekte der Mitgliedstaaten, die im Rahmender ersten beiden Ziele der Regionalpolitik zu einer besseren Beschäftigungssituation inder Europäischen Union führen sollen. Seine EU-Mittel für 2007 – <strong>2013</strong> belaufen sichauf 79 Milliarden Euro.Die vorgesehenen EU-Mittel für den Kohäsionsfonds umfassen 2007 – <strong>2013</strong> eine Summevon 70 Milliarden Euro. Der Kohäsionsfonds finanziert unter dem Ziel KonvergenzVerkehrs- und Umweltprojekte in solchen Mitgliedstaaten mit, deren Bruttoinlandsproduktpro Einwohner weniger als 90 Prozent des EU-Durchschnitts beträgt. (Siehe dazuauch Kapitel „Global und sozial“, Abschnitt „Ein Raum der Solidarität“).Regionale Zusammenarbeit in <strong>Europa</strong>Durch die Grundfreiheiten des Binnenmarktes und die Unionsbürgerschaft bietet dieEuropäische Union dem Zusammenleben von EU-Bürgerinnen und -Bürgern völlig neueEntwicklungsmöglichkeiten. Kulturgeschichtlich zusammengehörige Regionen könnenneue Formen der Zusammenarbeit entwickeln. So haben sich in den Grenzregionen derEU in den letzten 60 Jahren zahlreiche sogenannte „Euroregionen“ gegründet, diein Bereichen wie Wirtschaft, Verkehr, Infrastruktur, Tourismus oder Kultur zusammenarbeiten.Als „Europäischer Verbund für territoriale Zusammenarbeit“ können sie seit2007 sogar eine eigene Rechtspersönlichkeit erhalten. (Für weitere Informationen siehe„<strong>Europa</strong> konkret“).54 | In Vielfalt geeint


Euroregionen ermöglichengrenzüberschreitende Integration<strong>Europa</strong>konkretDerzeit bestehen ca. 30 Euroregionen mit deutscher Beteiligung. Die älteste dieserEuroregionen ist die 1958 gegründete EUREGIO im Grenzgebiet Deutschlandsund der Niederlande. Auf dem 13.000 Quadratkilometer großen Gebietder EUREGIO wohnen fast 3,4 Millionen Menschen.Etwa ein Drittel der Fläche und der Bevölkerung befinden sich auf niederländischemTerritorium, die größte niederländische Stadt der EUREGIO ist das an derGrenze gelegene Enschede. Auf deutscher Seite schließt die EUREGIO Gebieteder Bundesländer Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen ein. Die größtendeutschen Städte der Region sind Osnabrück und Münster. Insgesamt sind 129Kreise, Städte und Gemeinden beider Länder Mitglied der EUREGIO. Weil sie alserste Euroregion gegründet wurde, führt sie anders als die später gegründetenEuroregionen keinen Zusatz im Namen.Die EUREGIO hat sich zum Ziel gesetzt, die interregionale und grenzüberschreitendeIntegration in fünf Arbeitsfeldern zu unterstützen: Erstens soll in beidenLändern die Kultur des Nachbarlandes bekannter werden, so dass Deutscheund Niederländer gegenseitig voneinander lernen können. Dies geschieht zumBeispiel durch Projekte im Bereich des Fremdsprachenunterrichts. Zweitens solldie sozial-wirtschaftliche Entwicklung der Grenzregion gestärkt werden, zumBeispiel indem über Fördermöglichkeiten für Unternehmen informiert wird,die an den EU-Binnengrenzen agieren. Drittens hat die EUREGIO eine Informationsstellefür Bürgerinnen und Bürger eingerichtet, die grenzüberschreitendmobil werden möchten. Sie informiert, was z.B. im Sozial- und Steuerrechtzu beachten ist, wenn man im einen Land leben und im anderen arbeitenmöchte. Daneben helfen die Beraterinnen und Berater der EUREGIO auch inFragen der grenzüberschreitenden Praktika- und Studiumsorganisation. Imvierten und fünften Arbeitsfeld unterstützt die EUREGIO interkommunale undinterregionale Zusammenarbeit. So versucht sie beispielsweise, Kommunen zugrenzüberschreitender Zusammenarbeit im öffentlichen Personennahverkehrund im Katastrophenschutz anzuregen. Zudem arbeitet sie mit den benachbartenEuroregionen entlang der deutsch-niederländischen Grenze zusammen.Inzwischen wurden zahlreiche weitere Euroregionen gegründet, an denen sichzum Teil auch Länder, die kein Mitglied der Europäischen Union sind, beteiligen.www.euregio.deIn Vielfalt geeint | 55


56 | Die Symbole der Europäischen Union


Die Symbole derEuropäischen UnionFlagge, Hymne, WährungJeder der EU-Mitgliedstaaten hat eine Flagge, eine Hymne, Nationalfeiertageund andere Symbole. Sie stehen für die Zusammengehörigkeit derBürgerinnen und Bürger, den Stolz auf das eigene Land und das Bild inder Welt. Auch für die Europäische Union gibt es gemeinsame Symbole,die in der Welt erkannt und von den EU-Bürgerinnen und EU-Bürgerngeschätzt werden.www.europa.eu/about-eu/basic-information/symbols/index_de.htmDie Symbole der Europäischen Union | 57


Die Flagge der UnionDie Flagge der Union stellt einen Kreis von zwölf goldenen Sternen auf blauem Hintergrunddar. Die <strong>Europa</strong>fahne ist ein weltweit bekanntes „Markenzeichen“ nichtnur als Symbol für die Europäische Union, sondern auch für das vereinte <strong>Europa</strong>. Die<strong>Europa</strong>flagge wurde bereits seit dem Jahr 1955 vom <strong>Europa</strong>rat, einer internationalenOrganisation zur Förderung der Demokratie sowie dem Schutz der Menschenrechteund der Rechtsstaatlichkeit in <strong>Europa</strong>, genutzt. Im Jahr 1983 verabschiedete das EuropäischeParlament eine Resolution, die <strong>Europa</strong>flagge zu übernehmen. 1985 bestimmtendie EU-Mitgliedstaaten die Flagge zum offiziellen Symbol der Europäischen Union. DerKreis aus goldenen Sternen repräsentiert die Einheit, Solidarität und Harmonie zwischenden Völkern <strong>Europa</strong>s. Anders als bei der US-amerikanischen Flagge mit ihren „Stars andStripes“ hat die Zahl der Sterne nichts mit der Anzahl der Mitgliedstaaten zu tun. DerZwölferkreis ist nach alten europäischen Überlieferungen Sinnbild der Vollständigkeit,Vollkommenheit und Einheit.Die Hymne der UnionDie Melodie der Hymne der Europäischen Union entstammt der Neunten SymphonieLudwig van Beethovens von 1823. In der Neunten Symphonie vertont van Beethovendie 1785 von Friedrich Schiller verfasste „Ode an die Freude“, in der das Freudenthema„Freude, schöner Götterfunken“ mit dem Solidaritätsgedanken „Alle Menschen werdenBrüder“ verknüpft wird. Aus jedem Ton spricht der Aufruf an die Menschen, sich zusammenzuschließen.Die freudvolle Vision von Menschen, die zu Brüdern werden, überwindetGrenzen und eint die Menschen verschiedener Länder und Schichten. Dieses Idealaus der Zeit der Aufklärung führt zurück zu den kulturellen Quellen der europäischenEinigung. Die Neunte Symphonie wurde am 7. Mai 1824 in Wien uraufgeführt. Im Jahr1972 nahm der <strong>Europa</strong>rat die Beethovenklänge in einer Instrumentalversion von Herbertvon Karajan als Hymne für <strong>Europa</strong> an. Seit 1985 gilt sie offiziell auch für die EuropäischeUnion. Seit dem Silvesterabend 2006 sendet der Deutschlandfunk jeden Tag kurz vorMitternacht auch die Hymne der Union zusätzlich zur deutschen Nationalhymne.58 | Die Symbole der Europäischen Union


Das Motto der UnionDas Motto der Europäischen Union lautet „In Vielfalt geeint“. Es drückt aus, dass sichdie Europäerinnen und Europäer in der EU freiwillig zusammengeschlossen haben unddass die vielen verschiedenen Kulturen, Traditionen und Sprachen in <strong>Europa</strong> bewahrtwerden und eine Bereicherung für den Kontinent darstellen.Die Währung der UnionDie Währung der Union ist der Euro. Seit dem 1. Januar 2002 werden im Euroraum beiBarzahlungen <strong>Europa</strong>symbole in Gestalt von Scheinen und Münzen benutzt. Die Euro-Noten sehen in allen Mitgliedstaaten gleich aus, während die Euro-Münzen auf einerSeite gleich gestaltet sind und auf der anderen Seite landesspezifische Symbole zeigen.Jede der sieben Euro-Banknoten steht für eine Epoche der europäischen Kulturgeschichteund zeigt typische Elemente dieser Epochen in Form von Toren, Fenstern und Brücken.Diese Tore und Fenster spiegeln die Offenheit und Kooperationsbereitschaft <strong>Europa</strong>swider. Die auf allen Scheinen auf der Rückseite abgebildeten Brücken gelten als Sinnbildfür die Verbindungen zwischen den Völkern <strong>Europa</strong>s und mit dem Rest der Welt. Seitdem 1. Januar 2011 hat auch Estland den Euro eingeführt. Damit sind mittlerweile 17EU-Staaten zugleich Euroländer.Der <strong>Europa</strong>tagDer 9. Mai wird in der gesamten Unionals <strong>Europa</strong>tag gefeiert. Das Datum erinnertan die Schuman-Erklärung vom9. Mai 1950, die als „Geburtsurkunde“der heutigen Europäischen Union zu betrachtenist. An diesem Tag präsentierteder damalige französische AußenministerRobert Schuman seine Vorstellung einesgeeinten <strong>Europa</strong>s, das zusammenarbeitet.1985 wurde bei einem EU-Gipfelin Mailand entschieden, den 9. Mai als„<strong>Europa</strong>tag“ zu feiern.Feier zum <strong>Europa</strong>tag 2011 in StuttgartDie Symbole der Europäischen Union | 59


Zeitleiste <strong>Europa</strong> 1950 - 20129. Mai 1950Schuman-Erklärung – die Geburtsstundedes vereinten <strong>Europa</strong>s.Zunächst entsteht die EuropäischeGemeinschaft für Kohleund Stahl (EGKS). Die Gründersind Belgien, die BundesrepublikDeutschland, Frankreich, Italien,Luxemburg und die Niederlande.25. März 1957Verträge von Rom: Die „Sechs“gründen die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft(EWG) unddie Europäische Atomgemeinschaft(EAG). Geburtsstunde desEuropäischen Parlaments ist der19. März 1958: Es konstituiertsich in Straßburg zum erstenMal die beratende Versammlung.Aus ihr ist das EuropäischeParlament mit weitreichendenMachtbefugnissen geworden.1. Januar 1973Beitritt von Dänemark, Irland unddem Vereinigten Königreich. DieEuropäische Gemeinschaft hatnun neun Mitglieder.9. November 1989In Berlin fällt die Mauer – die Teilung<strong>Europa</strong>s ist zu Ende. Kaumein Jahr später, am 3. Oktober1990, ist Deutschland wieder vereintund die EG wird um das Gebietder ehemaligen DDR größer.1. November 1993Der Vertrag von Maastricht trittin Kraft. Die Europäische Unionist damit geboren. Zeitplan undBedingungen für die Einführungdes Euro werden festgelegt. DasEuropäische Parlament erhält Gesetzgebungsbefugnisse.1. Januar 1995Finnland, Österreich und Schwedentreten der EU bei, die nun 15Mitgliedstaaten umfasst.60 | Die Symbole der Europäischen Union


7. - 10. Juni 1979Erste Direktwahlen zum EuropäischenParlament. In neun Mitgliedstaatenwählen die Bürgerinnenund Bürger erstmals Volksvertreterinnenund -vertreter fürdie Europäische Gemeinschaft. ImEuropäischen Parlament gibt es410 Abgeordnete. Erste Präsidentinwird Simone Veil.1. Januar 1981Es beginnt die erste Etappe derSüderweiterung der EuropäischenGemeinschaft mit dem BeitrittGriechenlands. Es wird das zehnteMitglied. Die zweite Etappe derSüderweiterung erfolgt am 1. Januar1986 – an diesem Tag tretenSpanien und Portugal bei.15. Juni 1985Schengener Abkommen: SchrittweiserAbbau der Kontrollen anden Binnengrenzen zwischen denMitgliedstaaten.31. Dezember 1998Es werden die Wechselkurse zwischendem Euro und den einzelnenTeilnehmerwährungen derMitgliedstaaten unwiderruflichfestgelegt. In den Staaten derWährungsunion gilt ab 1. Januar1999 der Euro als gesetzliche Buchungswährung.1. Januar 2002Der Euro ist auch als Bargeld da.In zwölf von 15 EU-Staaten bezahlendie Menschen nun in Euro.Das Vereinigte Königreich, Dänemarkund Schweden schließensich der „Euro-Gruppe“ nicht an.1. Februar 2003Der Vertrag von Nizza tritt inKraft: Vorbereitung der Institutionenauf die Ost-Erweiterung;weitere Vertragsreformen für2004 werden vereinbart und dieEU-Grundrechtecharta angenommen.Die Symbole der Europäischen Union | 61


1. Mai 2004Die größte Erweiterung wird gefeiert.Estland, Lettland, Litauen,Polen, die Tschechische Republik,Slowenien, Ungarn, die Slowakeisowie die Mittelmeerinseln Maltaund Zypern gehören zur EU. Jetztbilden 25 Mitgliedstaaten mitrund 455 Millionen Menschen dieEuropäische Union.29. Oktober 2004In Rom unterzeichnen die StaatsundRegierungschefs den Vertragüber eine Verfassung für <strong>Europa</strong>.Im Jahr 2005 aber stimmenNiederländer und Franzosen inVolksabstimmungen gegen dieAnnahme der Verfassung – derRatifizierungsprozess stockt.1. Januar 2007Bulgarien und Rumänien werdenMitglieder der EU, die nun 27Staaten und rund 500 MillionenMenschen vereint. Slowenienwird 13. Mitglied der Eurozoneund führt das Euro-Bargeld ein.Durch die Aufnahme von Bulgarienund Rumänien wächst dieAnzahl der <strong>Europa</strong>abgeordnetenfür eine kurze Übergangszeit auf785 Abgeordnete an.4. - 7. Juni 2009376 Millionen EU-Bürgerinnenund -Bürger sind aufgerufen, vomPolarkreis bis zum Mittelmeer,vom Atlantik bis zum SchwarzenMeer‚ in freien Wahlen über ihreVolksvertreter abzustimmen. Die<strong>Europa</strong>abgeordneten kommenjetzt aus 27 Mitgliedstaaten.1. Dezember 2009Nachdem auch die TschechischeRepublik am 3. November 2009als letztes Land den Ratifizierungsprozessabgeschlossen hat,kann der Vertrag von Lissabon inKraft treten.27. Juli 2010Mit Island beginnen die Beitrittsverhandlungen.Im Juli 2009hatte Island seinen EU-Beitrittbeantragt.62 | Die Symbole der Europäischen Union


21. Dezember 2007Der Schengen-Raum wird erweitert.Zum ersten Mal in der Geschichtegibt es um Deutschlandherum keine Grenzbäume mehr.Der Schengen-Raum umfasstnun 24 Länder, auch die Nicht-EU-Staaten Island und Norwegenmachen mit. Am 21. Dezember2007 werden die Grenzstationenentlang des ehemaligen „EisernenVorhangs” aufgelöst, etwa jenezwischen Deutschland und Polen.1. Januar 2008Malta und Zypern ersetzen dieMaltesische Lira und das Zypern-Pfund durch den Euro. Sie sinddas 14. bzw. 15. Mitglied derEurozone.1. Januar 2009Die Slowakei wird das 16. Euroland,und zwar just am zehntenGeburtstag der Gemeinschaftswährung.1. Januar 2011Die estnische Krone wird durchden Euro ersetzt. Estland ist damitdas 17. Euroland.9. Dezember 2011Am 1. Dezember 2011 stimmtedas Europäische Parlament derEU-Mitgliedschaft Kroatiens zu.Der Beitrittsvertrag wurde am9. Dezember 2011 unterzeichnet.10. Dezember 2012Die Europäische Union erhält denFriedensnobelpreis 2012.Die Symbole der Europäischen Union | 63


64 | Leben im Euroland


Leben im EurolandDas gemeinsame GeldDer Euro hat sich in der Welt Geltung verschafft und gehört im Inneren der Eurozonezum Alltag. Gut 330 Millionen Europäerinnen und Europäer haben den Euro in ihrenTaschen. Sein Gewicht als Handels- und Reservewährung gegenüber dem Dollar ist heuteunbestreitbar; der Euro ist zur Weltwährung aufgestiegen. Das gilt im besonderenMaße in den schwierigen Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise. Der Euro schirmt dieeuropäische Binnenwirtschaft zu einem gewissen Teil von den Turbulenzen der Weltwirtschaftab. Der Euro schützt somit auch die Bürgerinnen und Bürger. In den 14 Jahrenseines Bestehens hat sich das gemeinsame Geld als wertbeständig erwiesen. Auch in derschweren Krise, die die Weltwirtschaft 2008 erfasste, und während der Schuldenkriseeiniger Mitgliedstaaten hat sich der Euro bewährt. Die Europäische Zentralbank steuertedie gemeinsame Währung bislang sicher durch die turbulenten Zeiten. Doch durch dieStaatsschuldenkrise einer wachsenden Zahl von Mitgliedstaaten steht die Währungsunionvor neuen Herausforderungen.Die Europäische Zentralbank gibt im Internet Auskunft über ihre Zinspolitik und denWert des Euros in der Welt. Außerdem gibt es Unterrichts-Videos zu verschiedenenThemen:www.ecb.intEinen Überblick über die EZB bietet auch:www.europa.eu/institutions/financial/ecb/index_de.htmLeben im Euroland | 65


Die 17 Euroländer der Europäischen UnionEuro-GruppeÜbrige EU66 | Leben im Euroland


Hohe Hürden für neue EuroländerAuch die EU-Staaten, die nicht zur Eurozone gehören, müssen die wirtschaftlichen undfiskalischen Kriterien erfüllen. Um sich für den Euro zu qualifizieren, muss die Inflationsrateeines Landes niedrig sein, das Zinsniveau ähnlich sein wie jenes im Euroraum,zwei Jahre lang vor der möglichen Euro-Einführung muss der Wechselkurs gegenüberdem Euro stabil sein und dauerhaft muss strikte Haushaltsdisziplin herrschen. Wichtigist auch: Die Unabhängigkeit der Zentralbank muss gewährleistet sein. Inzwischen istder Euro die Gemeinschaftswährung in 17 EU-Mitgliedstaaten. Am 1. Januar 2011 hatEstland als 17. Land den Euro eingeführt. Die Kleinstaaten Monaco, San Marino undder Vatikan sind zwar keine EU-Mitglieder, haben aber aufgrund bilateraler Abkommenmit der EU den Euro als einzige Währung und in einem eng begrenzten Umfang dasRecht, eigene Euro-Münzen prägen zu lassen. Auch in Andorra ist der Euro offiziellesZahlungsmittel, jedoch gibt das Land bisher keine eigenen Euro-Münzen heraus. DerEuro ist auch die Währung in Montenegro und im Kosovo 2 , obgleich mit diesen Ländernkeine diesbezüglichen Abkommen bestehen.Der Pakt für eine stabile WährungDer Euro ist eine stabile Währung für <strong>Europa</strong>. Begann die Währungsunion Anfang 1999mit einem Wechselkurs von etwa 1,18 Dollar je Euro, so liegt der Kurs trotz der Krise ineinigen Mitgliedstaaten bis heute deutlich darüber. Um diese Stabilität des Geldes zuerhalten, müssen die Eurostaaten strikte Haushaltsdisziplin bewahren. Dazu haben sichalle EU-Staaten 1991 im Vertrag von Maastricht und 1996 im Stabilitäts- und Wachstumspaktverpflichtet. Dessen Regeln besagen: Eine übermäßige Neuverschuldungmüssen alle Eurostaaten vermeiden; die Grenze ist drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts(BIP), ebenso darf die Gesamtverschuldung nicht über 60 Prozent des BIP betragen.Wer über dieser Grenze liegt, muss seinen Schuldenstand abbauen. Jedes Jahr wirdgeprüft, ob sich alle an diese strengen Regeln halten und die notwendige Haushaltsdisziplinüben. Die Staaten übermitteln dazu regelmäßig Daten über ihre wirtschaftlicheEntwicklung und ihre Haushaltslage, die von der Kommission bewertet werden. Siehtsie für einen Staat die Gefahr einer übermäßigen Verschuldung voraus, kann sie eineFrühwarnung aussprechen.2 Diese Bezeichnung berührt nicht die Standpunkte zum Status und steht im Einklang mit der Resolution 1244/99 des VN-Sicherheitsratesund dem Gutachten des Internationalen Gerichtshofs zur Unabhängigkeitserklärung des Kosovo.Leben im Euroland | 67


Allerdings erwies sich, wie das Beispiel Griechenland und anderer Euroländer zeigt, dieserbisherige Mechanismus als nicht ausreichend. Dies lag bisher vor allem daran, dass esfür die Verletzung der Stabilitätskriterien keine wirksamen Sanktionen gab. Hinzu kam,dass die von den Mitgliedstaaten gemeldeten Daten nicht vor Ort von Eurostat, demStatistikamt der EU, überprüft werden durften. Außerdem gibt es zwar eine Währungsunion,bislang aber keine echte Wirtschaftsunion.Die Europäische ZentralbankDie Europäische Zentralbank (EZB) hat in der Finanz- und Wirtschaftskrise ihre bislanggrößte Bewährungsprobe zu bestehen. Sie hat den Euro stabil gehalten und die Währungsunionvor Turbulenzen der globalen Krise geschützt. In den 14 Jahren seines Bestehensist der Euro inzwischen zu einer globalen Leitwährung geworden.Die EZB mit Sitz in Frankfurt am Main achtet auf die Preisstabilität in <strong>Europa</strong>. Sie tut dies,indem sie die umlaufende Geldmenge reduziert oder erhöht. Dies geschieht in der Regeldurch Änderung der Zinssätze. Die Zentralbank hat durch die Steuerung der Geldmengeund die Festlegung der Zinssätze einen erheblichen Einfluss auf die Wirtschaft. Sie istvöllig unabhängig und darf auch von der Politik nicht beeinflusst werden. Das wichtigsteBeschlussorgan ist der EZB-Rat. Er tritt alle zwei Wochen zusammen. Ihm gehören diesechs Mitglieder des Direktoriums sowie die Präsidenten der nationalen Zentralbankender 17 Länder des Euroraums an. Doch ist die Haushaltsdisziplin der Mitgliedstaateneine wichtige Voraussetzung dafür, dass die EuropäischeZentralbank die Kaufkraft des Euro stabilhalten kann und sich keine inflationären Tendenzenentwickeln.Der Präsident der Europäischen ZentralbankMario DraghiDie Europäische Zentralbank hat das ausschließlicheRecht, die Ausgabe von Euro-Banknoten zugenehmigen. Die Europäische Zentralbank und dienationalen Zentralbanken, die zum EuropäischenSystem der Zentralbanken zusammengeschlossensind, dürfen Euro-Banknoten ausgeben. Anders istes mit den Euro-Münzen. Diese können von denMitgliedstaaten ausgegeben werden, doch die EuropäischeZentralbank genehmigt vorher, wie vieleMünzen geprägt werden dürfen.68 | Leben im Euroland


Die Eurozone vor neuen HerausforderungenEuropäische Finanz-Stabilisierungs-FazilitätNeue Bewährungsproben hat die Eurogruppe seit Ende 2009 zu bestehen, nachdem anden internationalen Finanzmärkten die Bonität Griechenlands in kurzer Zeit stark herabgestuftwurde. Als im Zuge der drohenden Zahlungsunfähigkeit Griechenlands Zweifelan der Bonität weiterer Euroländer aufkamen, haben am 9./10. Mai 2010 die EU-Ländereinen auf drei Jahre angelegten provisorischen Stabilitätsmechanismus („EuropäischeFinanz-Stabilisierungs-Fazilität“ – EFSF) für die Euroländer beschlossen. Er kann Garantienbis in Höhe von 780 Milliarden Euro für überschuldete Mitgliedstaaten und Hilfskreditevon bis zu maximal 440 Milliarden Euro bereitstellen. Davon kommen 60 MilliardenEuro von der EU. Bis zu dieser Höhe kann nach einer Verordnung die EU-Kommissionim eigenen Namen Kredite aufnehmen. Der Rat kann auf Vorschlag der EU-Kommissionmit qualifizierter Mehrheit über den Umfang des Kreditvolumens und seine Verwendungentscheiden. Die Mittel werden am Kapitalmarkt von einer Zweckgesellschaft derEurostaaten aufgenommen. Die EFSF-Mittel werden zu den am Markt bezahlten Zinsenan das Krisenland weitergeleitet und von den Euroländern gemeinschaftlich verbürgt.Dabei richtet sich die Höhe der Bürgschaft nach dem Kapitalanteil der teilnehmendenEuroländer. Deutschland bürgt für bis zu 211 Milliarden Euro (27 Prozent von 780 MilliardenEuro, was dem Kapitalanteil Deutschlands am EZB-Kapital aller Euroländer ohneGriechenland entspricht). Bevor ein Land Hilfe durch die EFSF erhalten kann, müssen alleEuroländer einschließlich des betroffenen Landes ein Sparprogramm billigen, das dasbetroffene Land mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der EZB vereinbart.Der Rettungsschirm wird durch Finanzhilfen des IWF ergänzt.Im Oktober 2011 haben die Staats- und Regierungschefs der Euroländer eine Übereinkunftmit dem Welt-Bankenverband IIF erzielt, Griechenland mehr als 50 Prozentseiner Schulden bei privaten Gläubigern zu erlassen. Zugleich wurden Maßnahmenverabredet, wie die Mittel des Rettungsschirms EFSF wirkungsvoller eingesetzt werdenkönnen, um über die Garantiesumme hinaus private Kreditgeber in seine Maßnahmeneinzubinden.Die Gewährleistungen würden aber erst dann in Anspruch genommen, wenn Kredite,die sie absichern, vom Schuldner nicht zurückgezahlt werden. Die Kredite werdenzu einem höheren Zinssatz gewährt, als sich die Kreditgeber selbst am Kreditmarktrefinanzieren können. Kommt es zu keinem endgültigen Kreditausfall (was ja Ziel desRettungsschirms ist), so verdienen die EFSF und die Mitgliedstaaten sogar an der Differenzzwischen den Zinsen, zu denen sie sich am Kapitalmarkt Geld ausleihen und denLeben im Euroland | 69


Zinsen, die der unterstützte Staat zahlen muss. Sollte es dennoch zu einem Zahlungsausfalleines Mitgliedstaates kommen, so müssen dafür auch die privaten Geldgeberdes Landes mit haften.Europäischer StabilitätsmechanismusAllerdings wurde inzwischen klar, dass nach dem Auslaufen der bis Mitte <strong>2013</strong> befristetenEFSF ein unbefristeter Stabilitätsmechanismus benötigt wird. Darum habendie Mitgliedstaaten der Eurozone im Juli 2011 einen Vertrag zur Einrichtung einesdauerhaften Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) unterzeichnet, der <strong>2013</strong> denprovisorischen Stabilitätsmechanismus ablöst. Der ESM mit Sitz in Luxemburg enthältein Grundkapital von 80 Milliarden Euro, das die Eurostaaten einzahlen müssen.Deutschlands Anteil daran beträgt 22 Milliarden Euro. Hinzu kommen 620 MilliardenKreditgarantien der Euro-Länder für ESM-Anleihen. Diese sind so bemessen, dassin jedem Fall eine Bestbewertung des ESM erreicht wird, so dass er bei Bedarf in jedemFall bis zu 500 Milliarden Euro tatsächlich Kredite vergeben kann. Daneben bleibt esbei der zusätzlichen Beteiligung des IWF mit 250 Milliarden Euro. Der Zugang zu ESM-Finanzhilfen wird nur unter strengen Auflagen im Rahmen eines makroökonomischenAnpassungsprogramms und einer rigorosen Analyse der Tragfähigkeit der Staatsverschuldunggewährt. Neben Finanzhilfen kann der ESM künftig unter strikten Bedingungenauch zum Ankauf von Staatsanleihen eines ESM-Mitgliedes genutzt werden.70 | Leben im Euroland


Aktuelles StichwortDas Bundesverfassungsgerichtbestätigt die Maßnahmen zurGriechenland-Hilfe und zum Euro-Rettungsschirm als verfassungskonformSowohl gegen die BeteiligungDeutschlands an den Maßnahmenzur Griechenland-Hilfe als auch anden Rettungsschirmen EFSF undESM wurde das Bundesverfassungsgerichtangerufen. In beidenFällen hat das Gericht aber dieBeteiligung Deutschlands in allenwesentlichen Punkten gebilligt.Das Bundesverfassungsgericht hatam 7. September 2011 in einemUrteil (BVerfGE 126, 158 ff) dreiVerfassungsbeschwerden zurückgewiesen, die sich gegen die Griechenland-Hilfe undden Euro-Rettungsschirm EFSF richteten. Danach sind sowohl das Euro-Finanzstabilitätsgesetzzur Griechenlandhilfe als auch das Gesetz zum Euro-Rettungsschirm im Einklangmit dem Grundgesetz. Sie beeinträchtigen weder das Budgetrecht des Bundestagesnoch die Haushaltsautonomie zukünftiger Bundestage in verfassungsrechtlich unzulässigerWeise. Allerdings ist, wie das Verfassungsgericht feststellte, § 1 Absatz 4 desGesetzes über den Euro-Stabilisierungsmechanismus dahingehend auszulegen, dass dieBundesregierung vor Übernahme von Gewährleistungen die vorherige Zustimmung desHaushaltsausschusses einholen muss. Nach Auffassung des Gerichts gewährleistet dasdeutsche Zustimmungsgesetz zum Vertrag von Lissabon, dass sich Deutschland keinemunüberschaubaren, in seinem Selbstlauf nicht mehr steuerbaren Automatismus einerHaftungsgemeinschaft unterwirft.Am 12. September 2012 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass auch diedeutschen Gesetze zur Einrichtung des ESM und der Beteiligung Deutschlands daran mitdem Grundgesetz vereinbar sind und keine Rechte des deutschen Bundestages verletzen(2 BvR 1390/12). Dabei hat das Gericht aber die Bundesregierung verpflichtet, völkerrechtlichverbindlich sicherzustellen, dass Deutschland in keinem Fall ohne Zustimmungdes Bundestages und Bundesrates zu höheren Zahlungen verpflichtet werden kann, alsin der jetzigen Fassung des ESM-Vertrages vorgesehen ist. Dies hat die Bundesregierunginzwischen sichergestellt. Der Bundespräsident hat daraufhin die entsprechenden Verträgefür die Bundesrepublik Deutschland ratifiziert.Leben im Euroland | 71


Auf dem Weg zu einer Wirtschaftsunion mit stabilen StaatshaushaltenWährend der Krise zeigte sich, dass zwar nicht der Euro, aber die Fähigkeit der Schuldnerländer,sich günstig zu finanzieren, in Gefahr war. Diese ist verursacht durch denSchuldenstand der öffentlichen Haushalte. Die Schulden zu begrenzen ist der Kern desStabilitätspaktes, der Teil der Währungsunion ist. Doch offenbar konnten einige Euroländernicht die vom Stabilitätspakt geforderten Verschuldensobergrenzen auf Dauergarantieren.Damit die Mitgliedsländer der Eurozone nicht länger Warnungen der EuropäischenKommission ignorieren können, ihre Haushaltspolitik zu sanieren, hat das EuropäischeParlament am 28. September 2011 ein Paket von sechs EU-Gesetzen (fünf Verordnungenund eine Richtlinie, darum auch „Six pack“ genannt) verabschiedet. Dadurch solldie Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten besser koordiniert werden. Gleichzeitig sollerreicht werden, dass schneller auf eine unsolide Haushalts- oder Wirtschaftspolitik inden Mitgliedstaaten reagiert werden kann.Mit dem Gesetzespaket sollen vorrangig vier Ziele erreicht werden:1. Verschärfung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes, mit dem Haushaltsdefizite undStaatsschulden begrenzt werden sollen2. Einführung neuer Kontrollen makroökonomischer Ungleichgewichte wie Immobilienblasenoder auseinanderklaffende Wettbewerbsfähigkeit zwischen Mitgliedstaaten3. Aufstellen von Standards zur korrekten und unabhängigen Statistikerstellung zweckssolider Haushaltsführung und -kontrolle4. Verstärkung der Transparenz der politischen Entscheidungsprozesse und der Verantwortlichkeiten.Für den Fall, dass Mitgliedstaaten auf Warnungen der Kommission wegen unsoliderHaushaltsführung nicht angemessen reagieren, wird ein halbautomatischer Sanktionsmechanismuseingeführt. Von der Kommission verhängte Sanktionen können von denMitgliedstaaten nur noch mit einer qualifizierten Mehrheit im Rat abgewendet werden,wobei der betroffene Mitgliedstaat nicht mitstimmen darf.Die Befugnisse des Statistischen Amtes der Europäischen Union (Eurostat) wurden erweitert,so dass es die Einhaltung der Defizitgrenzen besser überwachen kann. Wegenfalscher Statistiken eines Mitgliedstaates können Sanktionen verhängt werden.Das Europäische Parlament hat im Zusammenhang mit unsolider Haushaltsführungdas Recht erlangt, die Finanzministerinnen und Finanzminister von Mitgliedstaatenanzuhören, die eine Warnung der Kommission erhalten haben. Dagegen hatten sich dieMitgliedstaaten lange gewehrt.72 | Leben im Euroland


Der Fiskalpakt<strong>Europa</strong>konkretUm die Wirtschafts- und Währungsunion weiter zu stärken, haben am 9.Dezember 2011 die Staats- und Regierungschefs von 25 der 27 EU-Staaten(nur das Vereinigte Königreich und die Tschechische Republik fehlen) den sogenanntenFiskalpakt geschlossen. Da keine Einigung aller 27 EU-Staaten übereine Änderung der EU-Verträge erreicht werden konnte, wurde dazu auf dasInstrument eines neuen zwischenstaatlichen Vertrages zurückgegriffen.Der Pakt soll die wirtschaftliche Säule der Wirtschafts- und Währungsunionstärken. Gleichzeitig sollen – als Reaktion auf die derzeitige Krise – die fiskalpolitischeDisziplin verbessert und eine strengere Überwachung der nationalenHaushalts- und Wirtschaftpolitik sowie Sanktionen bei Regelverstößen eingeführtwerden. Zu den Hauptkomponenten des Pakts gehört, dass die Haushalteder Eurostaaten ausgeglichen sein oder einen Überschuss aufweisen müssen(das strukturelle Defizit darf 0,5 Prozent des BIP nicht übersteigen) und dassdiese Regel (die sogenannte Schuldenbremse) in die Verfassungen oder vergleichbareGesetze der Mitgliedstaaten aufzunehmen ist.Der Pakt sieht ferner vor, dass Staaten, deren Gesamtverschuldung über diezulässigen 60 Prozent des BIP hinausgeht, die Schulden jährlich um mindestensein Zwanzigstel des über dieser Grenze liegenden Wertes abbauen müssen.Staaten mit übermäßigem Defizit müssen ihre Haushaltspläne und das Programmzum Schuldenabbau jährlich der Europäischen Kommission und demRat zur Überwachung vorlegen. Eine besonders wichtige Neuerung ist, dassbei Verstoß eines Landes gegen diese Verpflichtungen die Kommission oderandere Mitgliedstaaten den Gerichtshof der Europäischen Union anrufen können.Dieser kann gegen den betreffenden Staat finanzielle Sanktionen bis inHöhe von 0,1 Prozent des BIP verhängen.Der Fiskalpakt soll sich übrigens nicht auf die 17 Staaten der Eurozone beschränken.Auch die Mitgliedstaaten, die derzeit dem Euro-Währungsgebietnicht angehören, können ihm beitreten. Außerdem verpflichten sich alleUnterzeichnerstaaten – nicht nur die Mitglieder der Eurozone – durch denneuen Vertrag zu einer engeren Abstimmung ihrer Wirtschaftspolitiken. DerPakt soll zudem innerhalb von höchstens fünf Jahren in den EU-Rechtsrahmenüberführt werden.Leben im Euroland | 73


74 | Der Haushalt der EU


Der Haushalt der EUInvestieren in Wachstumund BeschäftigungDas Europäische Parlament und der Rat entscheiden über den EU-Haushaltseit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon gemeinsam undgleichberechtigt. Dabei muss sich der jährliche Haushalt innerhalb derim mehrjährigen Finanzrahmen vereinbarten Grenzen bewegen. Diesermehrjährige Finanzrahmen wird in der Regel für sieben Jahre aufgestellt.Gegenwärtig befindet sich die EU im Finanzrahmen 2007 – <strong>2013</strong>; seit2011 wird bereits über den Zeitraum 2014 – 2020 verhandelt.Hier informiert die Europäische Kommission über den EU-Haushalt:www.ec.europa.eu/budget/index_de.cfmDer Haushaltsausschuss des Europäischen Parlaments ist zu erreichenüber die Website:www.europarl.europa.eu/committees/de/BUDG/home.htmlDer Haushalt der EU | 75


EU-Strukturhilfen für Deutschlandnach Bundesländern von 2007 bis <strong>2013</strong>in Millionen Euro4741261.6702311.6751.2112.1191.9672.5763.9634502.107331284409886< 200200 – 500500 – 1.5001.500 – 2.500Quelle: BMWi> 2.50076 | Der Haushalt der EU


Im Haushalt der EU wird zwischen Zahlungs- und Verpflichtungsermächtigungenunterschieden. Die Zahlungsermächtigungen umfassen dabei die Ausgaben, die im betreffendenHaushaltsjahr konkret getätigt werden. Die Verpflichtungsermächtigungenumfassen darüber hinaus auch Ausgaben, die im jeweiligen Jahr beschlossen, aber erstin den Folgejahren kassenwirksam werden.Haushalt <strong>2013</strong>Die Beratungen für das Haushaltsjahr <strong>2013</strong> waren besonders schwierig. Sie wurden erstkurz vor dem Ende des Jahres 2012 abgeschlossen. Da das Jahr <strong>2013</strong> das letzte in derlaufenden Sieben-Jahresperiode ist, müssen die Zahlungsermächtigungen über denender Vorjahre liegen. Denn viele der in den vergangenen Jahren eingegangenen Verpflichtungenwerden in diesem Jahr zur Zahlung fällig.Im Jahr 2012 waren 129 Milliarden Euro an Zahlungen vorgesehen. Da diese nicht ausreichten,wurde nach schwierigen Diskussionen zwischen Kommission, EP und MitgliedstaatenEnde 2012 ein Berichtigungshaushalt über zusätzliche sechs Milliarden Euro angenommen.Die Verpflichtungsermächtigungen umfassten in 2012 147 Milliarden Euro.Für <strong>2013</strong> einigten sich Rat und Parlament auf Zahlungsermächtigungen in Höhe von132,837 Milliarden Euro. Das Parlament hatte – ebenso wie die Europäische Kommission– vergeblich für einen höheren Ansatz plädiert. Denn der Haushalt für <strong>2013</strong> liegt nunca. drei Milliarden unter dem des Jahres 2012 (wenn man den Berichtigungshaushaltberücksichtigt), obwohl in den vergangenen Jahren Zahlungsverpflichtungen eingegangenwurden, die die EU in <strong>2013</strong> zu höheren Ausgaben verpflichten werden. Es ist daherabsehbar, dass auch im Laufe des Jahres <strong>2013</strong> ein Berichtigungshaushalt beschlossenwerden muss.Verwendung des BudgetsAuch im Jahr <strong>2013</strong> verwendet die EU ihr Budget, welches nur rund 1 Prozent des EU-Bruttonationaleinkommens aller EU-Staaten beträgt, wie folgt:Größter Haushaltsposten bleibt der Bereich „Nachhaltiges Wachstum“ mit gut 45Prozent des Gesamtbudgets. Darunter fallen vielfältige Maßnahmen zur Stärkung derWettbewerbsfähigkeit und des sozialen Zusammenhalts innerhalb der Union. Konkretsind dies Regional- und Strukturfondshilfen, Innovations- und Technologieförderungsowie Maßnahmen im Rahmen des Europäischen Sozialfonds.Der Haushalt der EU | 77


Zweitgrößter Bereich des EU-Haushalts ist die „Bewahrung und Bewirtschaftungder natürlichen Ressourcen“. Darunter versteht man neben der klassischen Landwirtschaftspolitikmit ihren Direktzahlungen auch die Entwicklung der ländlichen Räume, dieUmweltpolitik sowie die Fischerei. Die Direktbeihilfen für Landwirtinnen und Landwirtemachen dabei mit knapp 30 Prozent des EU-Haushalts den größeren Teil aus. Für dieEntwicklung des ländlichen Raums mit dem Ziel, die landwirtschaftliche Produktion zumodernisieren, die ländliche Infrastruktur zu verbessern und andere Erwerbsquellen alsdie Landwirtschaft zu fördern, sowie für Umweltmaßnahmen werden 10 bis 11 Prozentdes Haushalts verwendet.Im Vergleich zu diesen beiden großen Blöcken ist der Haushaltsanteil der verbleibendenPolitikbereiche eher bescheiden: Für die EU-Außenpolitik werden 6,4 Prozent der Mittelverwendet, für die Maßnahmen im Bereich der Innen- und Justizpolitik 1,4 Prozent.Die verbleibenden 5,6 Prozent gibt die EU für Verwaltungsausgaben (Personal-,Gebäude,- Reise- und Übersetzungskosten) aus.Mehrjähriger FinanzrahmenSchon Ende Juni 2011 hat die Europäische Kommission ihre Vorschläge zum mehrjährigenFinanzrahmen 2014 – 2020 und in der zweiten Jahreshälfte 2011 zu den einzelnenPolitikbereichen wie Landwirtschaft, Regionalförderung oder Forschung vorgelegt.Die Beratungen darüber zwischen den Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlamentwaren Anfang <strong>2013</strong> noch nicht abgeschlossen. Die Verhandlungen sind besondersschwierig, weil es zu einer Einigung der Einstimmigkeit aller 27 Mitgliedstaaten bedarf.Im Wesentlichen bestehen unterschiedliche Auffassungen zwischen den Mitgliedstaatendarüber, ob der Haushalt wie bisher etwa 1 Prozent des BIP aller Mitgliedstaaten umfassensoll, oder ob die Obergrenze leicht über oder unter diesem Wert liegen soll. Diskutiert wirdauch darüber, wo auf der Ausgabenseite die Schwerpunkte gesetzt werden sollen: wie bisherbei der Landwirtschaft, im Bereich Innovation, bei der Förderung benachteiligter Regionenoder zur weiteren Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit auch in bereits starken Gebieten?Die Europäische Kommission hat in ihrem Vorschlag den mehrjährigen Finanzrahmeneng mit der <strong>Europa</strong> 2020-Strategie verknüpft, die das Ziel eines „intelligenten, nachhaltigenund integrativen Wachstums“ verfolgt. Die in dieser Wachstumsstrategie formuliertenKernziele umfassen die Bereiche Beschäftigung, Innovation (Forschung und Entwicklung),Klimawandel und Energie, Bildung sowie Armut und soziale Ausgrenzung.(Siehe dazu auch Kapitel „Global und sozial“).78 | Der Haushalt der EU


Das Europäische Parlament unterstützt diese Koppelung und drängt in den Verhandlungendarauf, dass die gemeinsam beschlossenen politischen Maßnahmen auch mit demnötigen Budget ausgestattet werden, um diese – von allen Regierungen durch mehrereGipfelbeschlüsse mitgetragenen – Ziele zu erreichen. Gleichzeitig achtet das Parlamentangesichts der schwierigen finanziellen Lage in <strong>Europa</strong> auf eine solide und sparsameHaushaltsführung.Die Geldquellen der EUDer Haushalt der EU muss vollständig aus Eigenmitteln und Beiträgen der Mitgliedstaatenfinanziert werden, denn die EU darf zu ihrer Finanzierung keinerlei Schulden machenoder Kredite aufnehmen.Die Eigenmittel sind:Beiträge auf der Grundlage des BruttoinlandseinkommensDie Mitgliedstaaten überweisen Beiträge, die sich an der Wirtschaftskraft der einzelnenStaaten bemessen. Diese Einnahmequelle ist die bedeutendste für den EU-Haushalt: Siemacht rund 73 Prozent des EU-Haushalts aus.ZölleSie werden bei der Einfuhr von Gütern in den Binnenmarkterhoben. Hinzu kommen die Abgabenim Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik, z.B.für die Produktion von Zucker. Diese Einnahmentragen 15 Prozent zur Finanzierung des EU-Haushaltes bei.MehrwertsteuereinnahmenDa die Mehrwertsteuer in den Staaten der EUunterschiedlich ist, wird für jeden Staat eineMehrwertsteuer-Bemessungsgrundlage nach einemeinheitlichen Verfahren berechnet. Davon erhältdie Europäische Union 0,5 Prozent, wodurchdie Mehrwertsteuereinnahmen insgesamt rund11 Prozent am Gesamthaushalt der EU erbringen.Der Haushalt der EU | 79


Vertreterinnen undVertreter des EuropäischenParlaments,des Rates und derKommission beratenden EU-Haushalt.Das HaushaltsverfahrenAm Haushaltsplan, der die Ausgaben der EU für ein Jahr festlegt, sind drei Organebeteiligt: die Kommission, das Europäische Parlament und der Rat. Die beiden letzterenbilden gemeinsam die Haushaltsbehörde der EU. Die Kommission legt spätestens am1. September ihren Entwurf für den Haushaltsplan des nächsten Jahres vor. Das EuropäischeParlament und der Rat der Finanzministerinnen und Finanzminister beratenden Entwurf, ändern ihn, wo sie es für nötig halten, und stellen gemeinsam den Haushaltsplanauf. Die Kommission verwaltet den Etat und sorgt dafür, dass die Mittel ihrenBestimmungen gemäß ausgegeben werden. Der Rechnungshof und das EuropäischeParlament prüfen, ob die Mittel korrekt eingenommen und ausgegeben wurden.Europäischer RechnungshofJede „öffentliche Hand“ kann nur das Geld ausgeben, das sie von den Bürgerinnenund Bürgern oder Unternehmen erhalten hat. Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahlerhaben ein Recht zu erfahren, ob die öffentliche Hand sorgsam mit den Steuer-Milliardenumgeht. Deshalb prüfen unabhängige Instanzen alle öffentlichen Ausgaben. In der EUmacht dies seit 1977 der Europäische Rechnungshof in Luxemburg. Die Mitglieder desRechnungshofes sind völlig unabhängig und dürfen während ihrer Amtszeit keine andereBerufstätigkeit ausüben. Jeder EU-Staat entsendet ein Mitglied an den Rechnungshof.Den Mitgliedern des Rechnungshofes unterstehen etwa 750 Beamtinnen und Beamteund 140 Zeitbedienstete, die die Zahlungen der EU prüfen. Der Rechnungshof kontrolliert,ob alle Einnahmen und Ausgaben der EU rechtmäßig und ordnungsgemäß sind.Er überzeugt sich außerdem davon, ob die Haushaltsführung sparsam und wirksam ist.80 | Der Haushalt der EU


Parlamentarische FinanzkontrolleIm Europäischen Parlament prüft ein eigener Haushaltskontrollausschuss, ob alle Ausgabenkorrekt abgelaufen sind und ob die angestrebten Ziele mit den ausgegebenenMitteln auch sinnvoll erreicht wurden. Außerdem untersucht der HaushaltskontrollausschussProbleme oder Unstimmigkeiten, auf die der Rechnungshof oder die EU-eigeneAntikorruptionsbehörde OLAF hinweisen. Nicht zuletzt schlägt der Haushaltskontrollausschussdem Plenum vor, ob die Europäische Kommission am Ende des Jahres entlastetwerden soll. Die meisten Rügen beziehen sich nach wie vor auf Mängel in denKontrollsystemen der Mitgliedstaaten. Denn 80 Prozent der Zahlungen der Union werdenüber die EU-Länder geleitet, z.B. an Landwirtinnen und Landwirte. Für die Kontrolledieser Zahlungen ist aber vorrangig der jeweilige Staat zuständig.OLAF kämpft gegen BetrugDie finanziellen Interessen der EU und ihrer Steuerzahlerinnenund Steuerzahler zu schützen, ist Aufgabe von OLAF(abgekürzt aus Office Européen de Lutte Anti-Fraude), demEuropäischen Amt zur Betrugsbekämpfung. OLAF kannbei begründetem Verdacht Untersuchungen einleiten undwie eine Polizei ermitteln. Weder ein EU-Organ noch eineRegierung hat OLAF gegenüber ein Weisungsrecht. Zuden Aufgaben von OLAF gehört es, Betrug im Zollbereichaufzudecken und zu verfolgen, ebenso den Missbrauch vonSubventionen sowie Steuerhinterziehung soweit sich dieseauf den EU-Haushalt auswirkt. Außerdem bekämpft OLAFVerstöße gegen Gesetze, die die finanziellen Interessen derEU schädigen wie zum Beispiel Korruption. OLAF arbeitet mitden Behörden der EU-Staaten zusammen, mit der Weltbankund den Vereinten Nationen, mit Interpol und Europol.Bürgerinnen und Bürger, die Kenntnis von betrügerischenHandlungen zu Lasten des EU-Haushaltes haben, könnendies online, per E-Mail oder Post an OLAF melden:http://ec.europa.eu/anti_fraud/index_de.htmDas Europäische Amt zurBetrugsbekämpfung OLAFgeht Hinweisen von Betrugzulasten des EU-Haushaltsnach.Der Haushalt der EU | 81


82 | Klima auf der Kippe


Klima auf der KippeKlimaschutz und EnergiepolitikDas Klima wandelt sich und unser Planet wird wärmer. Im Jahr 2011 ist laut Angabender Europäischen Kommission der globale Ausstoß von CO 2gegenüber dem Vorjahr umdrei Prozent auf 34 Milliarden Tonnen gestiegen.Um mehr als ein halbes Grad ist die globale Durchschnittstemperatur in den vergangenendrei Jahrzehnten gestiegen. Der Klimawandel ist zu einem Thema von herausragenderBedeutung geworden, weil seine Auswirkungen dramatische Folgen für unserenPlaneten haben und wir schon heute die Vorboten dieser Veränderungen spüren. Auchdie Europäische Union verfolgt das Ziel der internationalen Gemeinschaft, die Erderwärmungauf zwei Grad über der Temperatur in vorindustriellen Zeiten zu begrenzen. ImRahmen der Energieversorgung werden Öl und Erdgas knapper und von Jahr zu Jahrteurer. Die Europäische Union möchte weltweiter Vorreiter im Klimaschutz und beimEinsatz von erneuerbaren Energieträgern werden. Es gilt, den Ausstoß von Treibhausgasendrastisch zu verringern und eine sichere, nachhaltige und wirtschaftlich tragbareEnergieversorgung zu gewährleisten. Mit dem Vertrag von Lissabon hat das EuropäischeParlament zusammen mit dem Rat die volle Gesetzgebungszuständigkeit im BereichEnergiepolitik erhalten.Informationen zur Energiepolitik der EU:http://ec.europa.eu/energy/index_en.htmInformationen zum Klimawandel und zur Klimaschutzpolitik der EU:http://ec.europa.eu/clima/news/index_en.htmKlima auf der Kippe | 83


In der Mitteilung „<strong>Europa</strong> 2020 – eine Strategie für intelligentes, nachhaltigesund integratives Wachstum“ aus dem Jahr 2010 hat die EU ihreWachstumsstrategie bis 2020 dargelegt. Ziel ist es, intelligentes, integrativesund nachhaltiges Wachstum zu erreichen. Nachhaltigkeit bedeutet,eine Wirtschaft zu fördern, die ressourcenschonend, ökologischer undwettbewerbsfähiger agiert (Siehe dazu auch Kapitel „Global und sozial“).Eines der fünf Kernziele der Strategie betrifft den Bereich Klimaschutzund Energie: 20-20-20 beinhaltet, dass (im Vergleich zu 1990) dieTreibhausgasemissionen bis 2020 um mindestens 20 Prozent verringertwerden sollen. Gleichzeitig soll der Anteil erneuerbarer Energien dann 20Prozent des Gesamtenergieverbrauchs der EU ausmachen. Die Energieeffizienzsoll um 20 Prozent gesteigert werden.KlimaschutzDie Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten haben sich wie viele andereIndustrieländer mit dem Kyoto-Protokoll verpflichtet, bestimmteTreibhausgasemissionen von 2008 bis 2012 um durchschnittlich 5 Prozentgegenüber 1990 zu senken. Der Einfluss des Protokolls, das 2005 inKraft trat, ist jedoch begrenzt, da es nur Reduktionsmaßnahmen durchIndustrieländer vorsieht und einige große Industrienationen entwederdas Protokoll nicht ratifiziert haben oder aber nicht mehr an der zweitenVerpflichtungsperiode, die <strong>2013</strong> begonnen hat, teilnehmen wollen.Die EU plädiert seit langem dafür, das Kyoto-Protokoll durch einen weltweitenRechtsrahmen zu ersetzen. Diese Initiative wurde auf der Klimakonferenzin Durban 2011 akzeptiert. Das neue Klimaabkommen soll bis2015 beschlossen werden und 2020 in Kraft treten.Im Rahmen ihrer Strategie <strong>Europa</strong> 2020 hat sich die EU bereits das Ziel gesetzt,ihre Treibhausgasemissionen bis 2020 um 20 Prozent zu verringern.Bis 2050 soll es 80 – 95 Prozent weniger Treibhausgasemissionen im Vergleichzu 1990 geben. Da die Verhandlungen über ein Nachfolgeabkommennicht vor 2015 abgeschlossen sein werden, ist die EU am 1. Januar<strong>2013</strong> in die zweite Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls eingetreten.Auf der UN-Klimakonferenz in Doha im Dezember 2012 haben sichdie Staaten darauf geeinigt, das Kyoto-Protokoll bis 2020 zu verlängern.84 | Klima auf der Kippe


NachhaltigeEnergiepolitikEine sinnvolle Klimaschutzpolitik brauchteine entsprechende Energiepolitik, da sieder Schlüssel für eine Senkung von Treibhausgasemissionenist. Eine in sich stimmigeEnergiepolitik hat jedoch auch die Versorgungssicherheitzu gewährleisten. DieEuropäische Union stützt ihre Energiepolitikauf zwei Pfeiler: beste Energieeffizienz undden Ausbau erneuerbarer Energiequellen.Energie muss so effizient, also so sparsamwie möglich eingesetzt werden, und zwarüberall, im privaten Haushalt wie in derIndustrie und in öffentlichen Einrichtungen.Der Strombedarf von Haushaltsgeräten istfür den Verbraucher dank einer EU-weitenKennzeichnungspflicht mit einem Blick aufdas Etikett zu erkennen.Der effiziente Einsatz von Energie ist diekostengünstigste Weise, Treibhausgasemissionenzu senken und zugleich einen wichtigenBeitrag für ein hohes Maß an Versorgungssicherheitvon Energie zu leisten.Im Juni 2011 hat die Europäische Kommissioneinen Vorschlag für eine neueEnergieeffizienz-Richtlinie vorgelegt,welche die im Jahr 2006 verabschiedeteRichtlinie ersetzen soll. Diese neue Richtliniesoll durch eine Reihe verpflichtender Maßnahmendabei helfen, das EU-Energieeffizienzziel– Einsparung von 20 Prozent desPrimärenergieverbrauchs bis 2020 – nochzu erreichen.Klima auf der Kippe | 85


Endenergieverbrauch in Deutschland 2011Der Anteil der erneuerbaren Energieträger (EE) am Endenergieverbrauchin Deutschland lag 2011 bei 12,5 Prozent.Er soll bis 2020 auf 18 Prozent steigen.Quelle: BMU, März 2012Abweichungen in den Summen durch Rundungen12,5 %EE8,4 %Biomasse2,0 %Wind87,5 %Übrige Energieträger0,7 %1,3 %WasserSonstigeFossile und erneuerbare EnergiequellenFossile Energieträger wie Öl, Gas und Kohle sind noch immer die wichtigsten Energiequellen.Allerdings ist diese Art der Energie nicht nur klimaschädlich, sondern in denvergangenen Jahren auch teuer geworden. Die EU-Mitgliedstaaten müssen den allergrößtenTeil dieser Energieträger importieren, was sie von Drittstaaten abhängig macht.Die Nutzung der Kernenergie wird von den Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich gesehen.Während einige die Kernenergie mehr oder weniger stark nutzen, kommt sie fürandere überhaupt nicht in Frage. Nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima in Japanim März 2011, bei der nach einem schweren Erdbeben ein Tsunami ein küstennahesKernkraftwerk zerstörte, ist die Akzeptanz der Kernenergie weltweit, vor allem aber in<strong>Europa</strong>, weiter gesunken. So hat beispielsweise Deutschland im August 2011 den Ausstiegaus der Atomenergie beschlossen.Der Ausbau von erneuerbaren Energiequellen ist ein Beitrag sowohl für eine sichereEnergieversorgung als auch für den Klimaschutz. <strong>Europa</strong> ist schon heute weltweit führendin der technologischen Entwicklung erneuerbarer Energien.86 | Klima auf der Kippe


Das KlimaschutzpaketNach einem nur elf Monate dauernden Gesetzgebungsverfahren hatdas Europäische Parlament im Dezember 2008 mit großer Mehrheit dasEU-Klimaschutzpaket verabschiedet. Es ist eines der größten legislativenProjekte, das die EU je bewältigt hat. Das Paket soll sicherstellen, dassdie EU ihre selbst gesetzten Klimaziele bis zum Jahr 2020 erreicht. Konkretbewirkt das Klimaschutzpaket, dass beispielsweise Deutschland biszum Jahr 2020 seinen Anteil an erneuerbaren Energien auf 18 Prozentsteigern muss (2011 stammten 12,5 Prozent des Endenergieverbrauchsaus erneuerbaren Energiequellen). Außerdem sollen neue Autos ab demJahr 2015 nur noch maximal 130 Gramm CO 2je Kilometer ausstoßen,wobei jedoch dieser Wert je Hersteller auf die gesamte Neuwagen-Flottebezogen wird. Ein wichtiger Baustein im Klimaschutzpaket ist zudem dieAusweitung des Emissionshandelssystems für die Industrie. Dadurch werdenInvestitionen in klimafreundliche Technologien angeregt. Außerdemist beschlossen worden, dass die Mitgliedstaaten aktiv werden müssen,damit beispielsweise im Wohnbereich Energie möglichst effizient genutztwird. So sollen Förderprogramme auf nationaler Ebene dazu beitragen,dass Häuser besser gedämmt werden und moderne Heizungsanlageneingebaut werden.Seit 2012 werden einige Gesetzestexte des Klimaschutzpaketes vomEuropäischen Parlament und vom Rat zur Änderung überarbeitet. EineReihe von Maßnahmen muss angepasst werden, um die Klimaschutzzieleerreichen zu können.Klima auf der Kippe | 87


88 | Gesunde Lebensmittel


Gesunde Lebensmittel– sichere ProdukteLandwirtschaft undVerbraucherschutzWir wollen in <strong>Europa</strong> gute und gesunde Lebensmittel essen und genießeneine reiche Auswahl an Obst, Gemüse, Getreide und Fleisch. Der Umbauhin zu einer nachhaltigen Landwirtschaft, die im Einklang mit der Naturund der Pflege der ländlichen Räume steht, ist weit fortgeschritten. Esbleibt aber noch viel zu tun. Zu den noch ungelösten Problemen gehörtzum Beispiel die Überfischung der Weltmeere. Der Verbraucherschutz inder EU hat nicht zuletzt durch das hartnäckige Wirken des EuropäischenParlaments einen hohen Stellenwert. Mit dem Vertrag von Lissabon hatdas Europäische Parlament zusammen mit dem Rat auch im BereichLandwirtschaft die volle Gesetzgebungszuständigkeit erhalten.Umfassende Informationen über die Agrarpolitik der EU sowieüber den Verbraucherschutz:www.ec.europa.eu/agriculture/index_de.htmwww.ec.europa.eu/consumers/index_de.htmGesunde Lebensmittel | 89


Die Gestaltungund Entwicklungder europäischenLandwirtschaft istvon der Gründungder EuropäischenWirtschaftsgemeinschaftbis in unsereTage ein Schwerpunktder EU-Politik.Heute gehören Verbraucherschutz, Umweltschutz, Entwicklung und Erhaltung desländlichen Raums, Tierschutz und Pflege der Kulturlandschaft zu den Zielen europäischerAgrarpolitik. Die EU sorgt dafür, dass der Weg der Nahrungsmittel vom Erzeuger biszum Verbraucher sicher ist und die Käuferin oder der Käufer dies auch überprüfen kann.Herkunftsnachweise sind eine Selbstverständlichkeit geworden und gelten auch für alleObst- und Gemüsesorten, die von außerhalb der EU kommen. Was in Nahrungsmittelnenthalten ist, muss klar gekennzeichnet werden. Die verschiedenen Qualitäts- undHerkunftssiegel geben den Verbraucherinnen und Verbrauchern dafür zusätzliche Informationen.2002 wurde die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) mit Sitzin Parma (Italien) gegründet. Ihre Hauptaufgabe ist die unabhängige wissenschaftlicheRisikobewertung und Kommunikation von Risiken in der Nahrungskette. Die EuropäischeKommission, das Europäische Parlament und die EU-Mitgliedstaaten können die EFSAum eine wissenschaftliche Beurteilung ersuchen oder aber die EFSA wird auf Eigeninitiativehin aktiv.Die Europäische AgrarpolitikDas Jahr 2012 markierte den 50. Jahrestag der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) derEuropäischen Union, die im Laufe der Jahrzehnte einige Reformen durchlaufen hat. Siestützt sich auf zwei Säulen: die Marktpolitik (Direktzahlungen und marktbezogeneMaßnahmen) und die nachhaltige Entwicklung des ländlichen Raumes. In beidenSäulen gilt, dass Umweltbelange stärker berücksichtigt werden. So werden Betriebsprämienjedem Bauernhof unabhängig von Produktionsmengen gezahlt. Im Jahr 2012umfassten die Direktzahlungen für Landwirtinnen und Landwirte rund 40,5 MilliardenEuro. Diese Zahlungen sind jedoch gebunden an strenge Auflagen für Umwelt- undTierschutz, an Verbesserungen der Lebensmittelqualität und an die Erhaltung der Kulturlandschaft.90 | Gesunde Lebensmittel


Bio-Siegel<strong>Europa</strong>konkretBio-Lebensmittel boomen. Um den Verbraucherinnen und Verbrauchern Gewissheitzu geben, dass auch tatsächlich „Bio“ drin ist, wo „Bio“ draufsteht, hat die EuropäischeUnion eine Verordnung erlassen. Diese definiert genau, wann ein Lebensmittelals Bio-Lebensmittel verkauft werden darf. So müssen die Erzeugung und auch dieWeiterverarbeitung ökologischen Kriterien genügen. Bei der Herstellung dürfen beispielsweisekeine synthetischen Pflanzenschutzmittel benutzt werden. Bio-Produktedürfen weder bestrahlt werden (um etwa die Haltbarkeit zu verlängern) noch gentechnischveränderte Organismen enthalten. Auch die Tierhaltung muss artgerechtsein und bestimmten Kriterien genügen. Die EG-Öko-Verordnung, die all das regelt,gilt übrigens auch für importierte Lebensmittel. Nur wenn die Verordnung genaubefolgt wird, darf ein Lebensmittel mit dem bekannten Bio-Siegel ausgezeichnetwerden.Seit dem 1. Juli 2010 müssen Bio-Produkte, die gemäß den Vorschriften der EU ökologisch/biologischhergestellt wurden, das Logo der Europäischen Union für ökologische/biologischeProduktion (EU-Bio-Logo) tragen. Das deutsche Bio-Siegel, einesder bekanntesten Verbraucherschutz-Kennzeichnungen überhaupt, darf weiterhinzusätzlich verwendet werden. Ende Dezember 2012 trugen über 65.000 Produktedas deutsche Bio-Siegel. Verstöße gegen die EG-Öko-Verordnung werden mit hohenGeldbußen geahndet, sogar Haftstrafen sind möglich.www.biosiegel.deDie EU-Kommission hat am 12. Oktober 2011 ein Reformpaket zur Agrarpolitik 2014– 2020 vorgelegt, das eine Reihe von Rechtsvorschlägen enthält. Die Reform soll diewirtschaftliche und ökologische Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit der Landwirtschaftgarantieren, ebenso wie ihre Verankerung im ländlichen Raum. Den Bürgerinnenund Bürgern der EU sollen hochwertige und gesunde Lebensmittel zur Verfügung stehen,Umweltschutzmaßnahmen ergriffen und die Entwicklung der ländlichen Gebietegefördert werden. Die Verabschiedung der verschiedenen Gesetzestexte durch das EuropäischeParlament und den Rat wird für Ende <strong>2013</strong> erwartet, so dass die GAP-Reformzum 1. Januar 2014 in Kraft treten könnte.Informationen zur Gemeinsamen Agrarpolitik:www.ec.europa.eu/agriculture/index_de.htmGesunde Lebensmittel | 91


Verbraucherinnen und Verbraucherin der EUIn der Europäischen Union leben rund 500 Millionen Verbraucherinnenund Verbraucher. Ihre Ausgaben machen 56 Prozent des Bruttoinlandsproduktsder EU aus. Die EU braucht mündige Verbraucherinnen undVerbraucher, die die Vorteile des Binnenmarktes nutzen können unddabei den nötigen Verbraucherschutz erfahren.Die europäische Verbraucherschutzpolitik gehört mit zu den erfolgreichstenPolitikbereichen der Europäischen Union. Dies ist nicht zuletzt demEuropäischen Parlament zu verdanken, das stets für einen umfassendenVerbraucherschutz auf EU-Ebene und dessen wirkungsvolle Durchsetzunggekämpft hat. Beispiele dafür sind Richtlinien zur Sicherheit vonKinderspielzeug, die z.B. eine ganze Reihe von Duftstoffen, die etwaAllergien auslösen können, in Spielzeugen verbieten. In der Kosmetikverordnung,die im Jahr 2009 reformiert wurde und ab dem 11. Juli<strong>2013</strong> grundsätzlich gilt, werden unter anderem Regeln festgelegt, dieKosmetika zum Gesundheitsschutz erfüllen müssen, wenn sie auf denEU-Markt gebracht werden.Konsumgüter, die nicht den strengen EU-Normen genügen, werden vonden Behörden in den EU-Staaten erfasst und der EU-Datenbank RAPEXgemeldet. Diese Datenbank wird im Internet veröffentlicht und jedeWoche aktualisiert:www.ec.europa.eu/consumers/safety/rapexDie Datenbank RAPEXsammelt Informationen zugefährlichen Konsumgütern,z.B. Spielzeug, bei dem fürKinder Verschluckungsgefahrvon lösbaren Teilen besteht.92 | Gesunde Lebensmittel


Aktuelles StichwortKennzeichnung von Lebensmittelnund gesundheitsbezogene AngabenAm 12. Dezember 2011 ist eine Verordnung über neue EU-Regeln zur Kennzeichnungvon Lebensmitteln in Kraft getreten. Die neuen Regeln sehen vor, dass zukünftig derEnergiegehalt sowie die Mengen an Fett, gesättigten Fettsäuren, Kohlenhydraten, Zucker,Eiweiß und Salz in einer lesbaren tabellarischen Form auf der Verpackung angebrachtwerden. Diese Informationen müssen per 100 g oder per 100 ml und können zusätzlichnoch je Portion angegeben werden. Allergene Stoffe müssen hervorgehoben werden.Der Verbraucher wird künftig beim Einkauf besser informiert und kann somit gezielterEntscheidungen beim Kauf von Lebensmitteln treffen. Die neuen Regeln werden die Kennzeichnungvon Lebensmitteln innerhalb der EU modernisieren, vereinfachen und klarermachen. Auch wird die Bürokratie für Herstellerinnen und Hersteller sowie Betreiberinnenund Betreiber von Lebensmittelunternehmen verringert.Informationen über Allergene müssen künftig auch für unverpackte Lebensmittel gegebenwerden, so zum Beispiel für Lebensmittel in Restaurants oder in Kantinen. Hier können dieMitgliedstaaten Maßnahmen annehmen, um festzulegen, wie diese Information zugänglichgemacht werden muss. Die Verpflichtungen zur Angabe des Herkunftslandes werdenausgeweitet. Neben Rindfleisch, Honig, Olivenöl und frischem Obst und Gemüse wird dieVerpflichtung künftig auch für frisches Schweine-, Schaf-, Ziegenfleisch und Geflügel gelten.Es wird strenge Regeln geben, um zu vermeiden, dass Verbraucherinnen und Verbraucherdurch die Präsentation der Verpackung von Lebensmitteln in die Irre geführt werden.Lebensmittelimitate, wie beispielsweise „Analogkäse“, müssen gekennzeichnet werden.Wurde eine Zutat, die normalerweise zu erwarten wäre, ersetzt, muss dies künftig deutlichauf der Vorderseite der Packung in einer prominenten Schriftgröße und neben der Markeangegeben werden. Die Lebensmittelunternehmen haben grundsätzlich drei Jahre Zeit (bisEnde 2014), sich den Regeln anzupassen. Ab Ende 2016 sind die Vorschriften über dieNährwertkennzeichung anzuwenden.Nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben für Lebensmittel wie „leicht“ oder„mit einem hohen Gehalt an ungesättigten Fettsäuren“ sind in den letzten Jahren häufig inder Werbung oder auf Lebensmittelverpackungen benutzt, aber auch immer wieder kontroversin der EU diskutiert worden. Am 16. Mai 2012 genehmigte die Europäische Kommissioneine Liste mit 222 gesundheitsbezogenen Angaben und der Bedingungen für ihreVerwendung für Lebensmittel, die in der gesamten EU gilt. Seit Anfang Dezember 2012dürfen nicht zugelassene und noch nicht geprüfte Angaben nicht mehr verwendet werden.Unionsregister der nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben über Lebensmittel (inenglischer Sprache):http://ec.europa.eu/nuhclaims/Gesunde Lebensmittel | 93


94 | Frei und sicher leben


Frei und sicher lebenRaum der Freiheit,der Sicherheit und des RechtsIm Vertrag von Lissabon ist festgeschrieben, dass die Europäische Unioneine Gemeinschaft der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ist, in derdie Grundrechte sowie die verschiedenen Rechtsordnungen und -traditionender Mitgliedstaaten geachtet werden.Heute ist es möglich, sich frei über EU-Landesgrenzen zu bewegen, zuleben und zu arbeiten. Doch ohne Sicherheit können diese Freiheitennicht genutzt werden. Bedrohungen, die von Terrorismus und organisierterKriminalität ausgehen, machen nicht an nationalen Grenzen halt.Deshalb brauchen wir die Zusammenarbeit auf europäischer Ebene. Mitdem Vertrag von Lissabon hat das Europäische Parlament zusammen mitdem Rat die volle Gesetzgebungszuständigkeit auch in den BereichenVisa, Asyl und Einwanderung erhalten.Der Gerichtshof der Europäischen Union in Luxemburg ist das Rechtsprechungsorgander EU.Die Website der Europäischen Kommission zum Politikbereich „Justizund Bürgerrechte“:http://ec.europa.eu/policies/justice_citizens_rights_de.htmFrei und sicher leben | 95


Seit die Grenzkontrollenim Schengenraum 2008weggefallen sind, kann auchdie Stadtbrücke zwischenFrankfurt/Oder und Slubice ohnePasskontrollen passiert werden.Ein Raum der offenen GrenzenSeitdem die Schweiz im Dezember 2008 als Nicht-EU-Mitgliedstaat dem „Schengen-Raum“ beigetreten ist, gehören alle an Deutschland angrenzenden Länder diesem„Raum der offenen Grenzen“ an. Dies bedeutet grenzenlose Reisefreiheit ohne lästigePersonenkontrollen, wenn man von Deutschland aus in die Nachbarländer reist. DieErweiterung des Schengen-Raums ist zugleich ein wichtiger Schritt für die Weiterentwicklungdes europäischen Bewusstseins, da nationale Grenzen in den Hintergrundtreten.Die Öffnung der Grenzen innerhalb der Europäischen Union geht einher mit dem Ausbaumoderner Sicherheitsmethoden und -techniken. Der Schengener Grenzkodexunterscheidet klar zwischen Binnengrenzen und Außengrenzen. Die Binnengrenzen dürfenunabhängig von der Staatsangehörigkeit der betreffenden Personen an jeder Stelleohne Personenkontrollen überschritten werden. An die Stelle früherer Grenzposten mitSchlagbaum und Passkontrolle tritt an den Binnengrenzen eine mobile Grenzraumüberwachungund stärkere Vernetzung der Polizeiarbeit. Der grenzüberschreitende Verkehran den Außengrenzen unterliegt hingegen den Kontrollen durch die Grenzschutzbeamtinnenund -beamten. Die Außengrenzen der Europäischen Union werden zeitgemäßgesichert und kontrolliert. Das Schengen-Informationssystem (kurz SIS) sorgt dafür,dass die Grenzschutzeinheiten aller EU-Staaten vernetzt miteinander kommunizierenund in Sekundenschnelle beispielsweise Fingerabdrücke europaweit abgleichen können.Derzeit wird das Schengen-Informationssystem überarbeitet: SIS II soll mit noch mehrFunktionalitäten ab <strong>2013</strong> einsatzbereit sein.Darüber hinaus gibt es die Europäische Grenzschutzagentur Frontex in Warschau. Siekümmert sich um die europaweite Koordinierung der operativen Arbeit aller Grenzschutzbehördenund hilft, wenn es an einer bestimmten Stelle der EU-Außengrenzeschwierige Situationen zu meistern gilt.96 | Frei und sicher leben


Europol und EurojustPolizei und Zoll der EU-Staaten arbeiten zusammen, um internationale Kriminalität zuverhüten oder zu bekämpfen. Dafür wurde das Europäische Polizeiamt (Europol) inDen Haag geschaffen. Es sammelt Informationen über Kriminalität, analysiert sie undleitet sie weiter. Europol hat die Aufgabe, die Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehördenzu verbessern, besonders in Fällen schwerer Kriminalität, wenn zwei oder mehrMitgliedstaaten davon betroffen sind (Terrorismus, Drogenhandel, Menschenhandel,Kinderpornographie, Geldfälschung und Geldwäsche sowie zunehmend Cyberkriminalität).Europol kann die Mitgliedstaaten ersuchen, Ermittlungen einzuleiten oder beibestimmten Delikten gemeinsame Ermittlungsteams aus Beamten von Europol und dernationalen Polizei einzusetzen. Auch die Justizbehörden arbeiten in der EU zusammen,dies geschieht über Eurojust, die Einheit für justizielle Zusammenarbeit der EuropäischenUnion mit Sitz in Den Haag. Sie koordiniert grenzüberschreitende Strafverfahren.Globalisierung, Freiheit und SicherheitFragen der Freiheit und der Sicherheit werden auch von der voranschreitenden Globalisierungbeeinflusst. So können aus Informationen über den freien Verkehr von Personen,Waren, Dienstleistungen und Kapital durchaus auch Erkenntnisse über möglicheschwere Straftaten und daraus erwachsende Bedrohungen der öffentlichen Sicherheitgezogen werden. Banken führen beispielweise ihre internationalen Finanztransaktionenüber den Finanzdienstleister SWIFT (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication)aus, der in Belgien ansässig ist und nach eigenen Angaben täglich rund 15Millionen Bank-Transaktionen weltweit abwickelt. Dazu gehören auch Standardüberweisungeninnerhalb der EU. Die US-amerikanische Regierung hatte nach den Anschlägendes 11. September 2001 begonnen, die Daten europäischer Kunden von einem SWIFT-Server abzurufen, der in Amerika stand. SWIFT hat jedoch im Herbst 2007 entschieden,die europäischen Transferdaten zukünftig auf Rechnern in den Niederlanden und in derSchweiz zu speichern. Europäische Regierungen erhielten bis November 2009 insgesamt1.450 Hinweise aus den USA auf verdächtige Kontobewegungen, die nach Auskunftdes damaligen deutschen Innenministers Thomas de Maizière unter anderem zur Verhaftungder Sauerland-Gruppe beitrugen. Darum wurde zwischen der EU und den USAüber ein entsprechendes Abkommen zur Datennutzung verhandelt, auf das das EuropäischeParlament maßgeblichen Einfluß genommen hat.Frei und sicher leben | 97


Der Gerichtshofder EuropäischenUnion in Luxemburgsorgt füreine einheitlicheAnwendungdes Unionsrechts.Der Raum des Rechts und derGerichtshof der Europäischen UnionDer Rechtsraum der Europäischen Union bietet Bürgerinnen und Bürgern und UnternehmenRechtssicherheit in der EU. Seit 1952 wacht der Gerichtshof der EuropäischenUnion darüber, dass das EU-Recht in allen Mitgliedstaaten einheitlich angewandtund ausgelegt wird. Außerdem überprüft er, ob die Organe der Europäischen Unionrechtmäßig gehandelt haben. Er hat seinen Sitz in Luxemburg. Der Gerichtshof ist dashöchste Gericht der EU. Nationale Gerichte müssen seine Urteile anerkennen und inihrer Rechtssprechung berücksichtigen. Die Urteile des Gerichtshofs der EuropäischenUnion gelten in allen EU-Staaten gleichermaßen, nur so ist der Raum des Rechts auch zuverwirklichen. Er sichert zudem die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendungder EU-Verträge. Der Gerichtshof entscheidet beispielsweise, ob in einem Einzelfallvon einem Mitgliedsland gegen EU-Recht verstoßen wurde. Er entscheidet aber auchendgültig, wie strittige Passagen in den Verträgen zu verstehen sind. Der Gerichtshofgestaltet dadurch EU-Recht fort und sichert, dass das Unionsrecht in allen EU-Länderngleich ausgelegt wird. Damit kommt dem Gerichtshof der Europäischen Union einebedeutende Rolle in der Entwicklung der europäischen Integration zu.Pro EU-Mitgliedstaat gibt es je eine Richterin oder einen Richter am Gerichtshof derEuropäischen Union. Sie werden von den Regierungen der Mitgliedstaaten im gegenseitigenEinvernehmen auf sechs Jahre ernannt, eine Wiederernennung ist möglich. DieKandidatinnen und Kandidaten für das höchste Richteramt in der EU müssen fachlichherausragend qualifiziert sein. Außerdem gibt es acht Generalanwältinnen und Generalanwälte,die nach dem gleichen Muster wie die Richterinnen und Richter ernanntwerden. Sie unterstützen den Gerichtshof und erstellen unparteilich und unabhängigRechtsgutachten zu den Rechtssachen, die ihnen von den Richterinnen und Richternzugewiesen werden.Die Website des Gerichtshofs der Europäischen Union enthält außer Informationen zumGerichtshof auch dessen Urteile und Entscheidungen:www.curia.europa.eu98 | Frei und sicher leben


Der Europäische Bürgerbeauftragte:Anwalt der Unionsbürgerinnen und -bürgerBeim Europäischen Bürgerbeauftragten kann sich jeder Bürgereines Mitgliedstaates der EU oder mit Wohnsitz in einem EU-Landüber einen vermuteten Missstand in der Verwaltungstätigkeit derOrgane oder anderen Institutionen und Stellen der EU beschweren.Lediglich der Gerichtshof der Europäischen Union ist davon ausgenommen.Auch Unternehmen, Vereinigungen und andere Einrichtungen,die ihren Sitz in der EU haben, können beim EuropäischenBürgerbeauftragten Beschwerden einreichen. Am häufigsten gibtes Beschwerden wegen unnötiger Verzögerungen oder verspäteterZahlungen, wegen Verweigerung von Informationen oder Diskriminierung.Als Bürgerbeauftragten hat das Europäische Parlament 2003 den Griechen P.Nikiforos Diamandouros gewählt und im Januar 2010 wiedergewählt. Der Bürgerbeauftragtekann von sich aus Untersuchungen einleiten und zwischen den Beschwerdeführernund der EU-Verwaltung schlichten. Seine Entscheidungen sind rechtlich nichtbindend. 2011 sind die EU-Institutionen jedoch durchschnittlich 82,5 Prozent derEmpfehlungen des Europäischen Bürgerbeauftragten gefolgt.Jedes Jahr legt der Europäische Bürgerbeauftragte dem Europäischen Parlament einenBericht über seine Tätigkeit vor. Über die Website des Europäischen Bürgerbeauftragtenkann man sich auch das Beschwerdeformular herunterladen:www.ombudsman.europa.euPetitionen an das Europäische ParlamentEiner der ständigen Ausschüsse des Europäischen Parlaments ist der Petitionsausschuss.Jede Bürgerin und jeder Bürger der Europäischen Union oder jede Person mitWohnort in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union kann allein oder zusammenmit anderen Personen in Angelegenheiten, die in die Tätigkeitsbereiche der Union fallenund die sie oder ihn unmittelbar betreffen, eine Petition an das Europäische Parlamentrichten. Auch Unternehmen, Organisationen oder Vereinigungen mit Sitz in der EuropäischenUnion können dieses Petitionsrecht ausüben. Eine Petition kann als Beschwerdeoder Ersuchen abgefasst sein und sich auf Angelegenheiten von öffentlichem oderprivatem Interesse beziehen. In der Petition kann ein individuelles Ersuchen, eine Beschwerdeoder Bemerkung zur Anwendung von EU-Recht oder eine Aufforderung andas Europäische Parlament, zu einer bestimmten Angelegenheit Stellung zu nehmen,dargelegt werden. Solche Petitionen geben dem Europäischen Parlament Gelegenheit,auf Verletzungen der Rechte einer Unionsbürgerin oder eines Unionsbürgers durcheinen Mitgliedstaat oder lokale Gebietskörperschaften oder eine sonstige Institution hinzuweisen.Eingaben kann man schriftlich oder über die Internetseiten des EuropäischenParlaments machen, und zwar in jeder Amtssprache der EU:www.europarl.europa.eu/aboutparliament/de/00533cec74/Petitions.htmlFrei und sicher leben | 99


100 | Global und sozial


Global und sozialBinnenmarkt und soziale Dimension der EUDer europäische Binnenmarkt, der 2012 sein 20-jähriges Bestehen feierte, ist mit rund500 Millionen Menschen der größte Wirtschaftsraum der westlichen Welt. In ihm könnensich Waren, Dienstleistungen, Kapital sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmerfrei bewegen. Er ist jedoch kein Markt um jeden Preis: Die Chancen des freien Marktessollen genutzt, aber zugleich unfaires Lohndumping verhindert und soziale sowie ökologischeBelange berücksichtigt werden. Insbesondere für die Finanzmärkte müssenwirksamere Kontrollstandards entwickelt werden, was nur gemeinsam geht.Ein Wesensmerkmal der EU ist auch, dass die Mitgliedstaaten untereinander solidarischsind: Die starken Länder stützen die schwächeren Regionen, damit überall Wohlstandund soziale Stabilität verwirklicht werden können. Die Wirtschafts- und Finanzkriseder letzten Jahre hat sich in den EU-Ländern unterschiedlich stark bemerkbar gemachtund einige Strukturschwächen aufgezeigt. Die EU und die Mitgliedstaaten haben zurBewältigung der Krise eine Reihe von Entscheidungen getroffen, um einen erneutenWirtschaftsaufschwung zu erreichen und das Funktionieren des Binnenmarktes zuverbessern.Im Oktober 2012 verabschiedete die Europäische Kommission die Binnenmarktakte IImit zwölf Leitaktionen, die das Wirtschaftswachstum der EU ankurbeln und das Vertrauenin den Binnenmarkt stärken sollen.Informationen zum EU-Binnenmarkt:http://ec.europa.eu/internal_market/index_de.htmGlobal und sozial | 101


<strong>Europa</strong> 20202010 hat die Europäische Union in der Mitteilung „<strong>Europa</strong> 2020 – eineStrategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“ ihreWachstumsstrategie bis 2020 veröffentlicht. Diese Strategie soll der EUhelfen, die Krise der letzten Jahre gestärkt zu überwinden. Ziel ist, dassdie Europäische Union eine intelligente, nachhaltige und integrativeWirtschaft hat, in der Beschäftigung und Produktivität hoch sind und einausgeprägter sozialer Zusammenhalt herrscht. Zu den fünf Kernzielender Strategie <strong>Europa</strong> 2020 gehören im Bereich Beschäftigung, Bildungund soziale Eingliederung, dass 75 Prozent der Bevölkerung (20 – 64Jahre) eine Arbeit haben sollen, der Anteil der Schulabbrecherinnen undSchulabbrecher unter 10 Prozent liegen, mindestens 40 Prozent der Jüngereneinen Hochschulabschluss erreichen und 20 Millionen Menschenweniger armutsgefährdet sein sollen.Informationen zur Wachstumsstrategie <strong>Europa</strong> 2020:http://ec.europa.eu/europe2020/index_de.htmEin Raum der FreiheitDer europäische Binnenmarkt ist nicht nur ein Marktplatz, auf dem Güterausgetauscht werden. Er ist vielmehr ein Ort der Möglichkeiten, undzwar sowohl für Unternehmen als auch für Personen. Die EuropäischeUnion garantiert den Bürgerinnen und Bürgern die Freiheit, sich an jedemOrt innerhalb der EU niederzulassen, dort einer Arbeit nachzugehenoder sich selbstständig zu machen. Gemeinsame Regeln, die das EuropäischeParlament und der Rat zusammen erlassen, sorgen dafür, dassder Binnenmarkt auch wirklich funktionieren kann. So werden technischeNormen, Qualitätsklassen und natürlich auch Umweltstandards sowieVerbraucherschutzregeln gemeinsam festgelegt, die dann in jedem Mitgliedslandder EU gelten. Auch Regeln für den Arbeitsmarkt wie etwa dieDienstleistungsrichtlinie haben Parlament und Rat gemeinsam erlassen,damit es nicht zu unfairen Bedingungen auf den Arbeitsmärkten kommt.<strong>Europa</strong> soll ein Raum der Möglichkeiten mit fairem Wettbewerb sein.102 | Global und sozial


Die neue Strelasundquerung„Rügenbrücke“ wurde als einesder größten deutschenBrückenbauwerke in dasBundesprogramm des EuropäischenFonds für regionaleEntwicklung (EFRE) aufgenommenund dementsprechendvon der EU kofinanziert.Dazu zählt auch, dass wirksamere Regeln für die Finanzmärkte entwickeltwerden. Schon lange fordert das Europäische Parlament eine starkeAufsicht über die Finanzmärkte und deren Akteure. Angesichts der dramatischenFinanzkrise haben dies auch die Regierungen jener Mitgliedstaateneingesehen, die davon bislang eher wenig wissen wollten. DieEU-Kommission hat eine Reihe von Vorschlägen ausgearbeitet, die fürmehr Transparenz in der Finanzbranche sorgen und die die Finanzmärktewirksam regulieren und kontrollieren sollen:http://ec.europa.eu/internal_market/finances/policy/map_reform_de.htmEin Raum der SolidaritätDie wirtschaftlichen Unterschiede in der erweiterten Europäischen Unionsind auch über 20 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs noch erheblich.Es sind nicht nur die mittel- und osteuropäischen Staaten, in denendas Einkommensniveau deutlich unterhalb des EU-Durchschnitts liegt.Auch in Deutschland und anderen, vermeintlich „reichen“ Ländern gibtes Regionen, denen es wirtschaftlich nicht gut geht. Drei Förder-Fonds derEU, der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), der EuropäischeSozialfonds (ESF) und der Kohäsionsfonds sollen dazu beitragen, dieAngleichung dieser Regionen an das durchschnittliche Wohlstandsniveauin der EU zu erreichen, die regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigungzu stärken sowie die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zuverbessern. Während der EFRE und der ESF Strukturfonds sind, die das Zielverfolgen, den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt innerhalb derEU zu stärken, finanziert der Kohäsionsfonds Projekte im Bereich Umweltund Integration in die transeuropäischen Transportnetze.Global und sozial | 103


Die Europäische Union gibt einen Großteil ihrer Haushaltsmittel für dieRegional- und Kohäsionspolitik aus: In den Jahren 2007 bis <strong>2013</strong> stehenrund 347 Milliarden Euro (35,7 Prozent des gesamten EU-Budgets in diesemZeitraum) dafür bereit. (Siehe dazu auch Kapitel „In Vielfalt geeint“).Für die EU-Kohäsionspolitik 2014 – 2020 hat die Europäische Kommissionein Gesetzgebungspaket vorgeschlagen, das die EU-Investitionen anden Zielen der Strategie <strong>Europa</strong> 2020 ausrichtet und mehr Wachstumund Beschäftigung in der EU bringen soll.Teil der Globalisierung<strong>Europa</strong> ist fest eingebunden in die Globalisierung. Ein Gutteil gerade desdeutschen Wohlstands basiert darauf, dass die bei uns entwickelten undproduzierten Güter in andere Länder rund um den Erdball verkauft werdenkönnen.Die Europäische Union ist aktiv tätig, für die globalisierte Wirtschaftswelteinen Ordnungsrahmen zu entwickeln. Dies geschieht nicht nur, umunfairen Wettbewerb zu verhindern, sondern auch, um solch drastischeKrisen wie die Finanz- und Wirtschaftskrise der letzten Jahre in Zukunftmöglichst vermeiden zu können. Die EU redet mit, wenn es darum geht,neue Spielregeln für die Finanzmärkte und ihre Akteure zu entwickeln.In anderen Bereichen ist sie dabei schon weiter. Umweltstandards, Sicherheitsstandardsund Mindestarbeitsbedingungen hat die EU bereitsformuliert und entwickelt diese weiter, damit es nicht zu unfairem Wettbewerbkommt. Die meisten dieser Regeln beziehen sich zuerst auf denEU-Binnenmarkt, doch wirken sie auch in anderen Teilen der Welt, diemit der EU Handel betreiben möchten. Billigstes Importspielzeug, dasSpuren von Giftstoffen wie Blei oder Weichmacher enthält wird z.B. vonden Behörden mit Verweis auf EU-Recht vom Markt genommen. Wennweltweit agierende Unternehmen EU-Recht nicht befolgen und beispielsweisedurch ihre Marktmacht den Wettbewerb behindern, so werden siemit hohen Bußgeldern, die bis in die Milliarden gehen können, belegt.Die Europäische Union hat als globale Wirtschaftsmacht die Kraft, unsereWerte auch bei der Gestaltung der Globalisierung einzubringen unddiese durchzusetzen.104 | Global und sozial


Aktuelles StichwortEU-Regelung zum Mutterschaftsurlaubbei vollem LohnausgleichDie Mindestdauer des Mutterschaftsurlaubes in der EU soll nach Ansicht desEuropäischen Parlaments von 14 auf 20 Wochen erhöht werden. Sollte bereitsauf nationaler Ebene ein System des familienbezogenen Urlaubs existieren, sokönnen die letzten vier Wochen davon als Mutterschaftsurlaub angesehen werden,in denen ein Lohnausgleich von mindestens 75 Prozent besteht. Vorgesehenist darüber hinaus der Rechtsanspruch auf einen bezahlten Vaterschaftsurlaubvon mindestens zwei Wochen. Für diese Regelungen haben sich die <strong>Europa</strong>abgeordnetenmit klarer Mehrheit im Oktober 2010 in erster Lesung der Richtliniezur Verbesserung des Gesundheitsschutzes von schwangeren und stillendenArbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz ausgesprochen. Die Richtlinie ist Teil des Gesamtpaketeszur Vereinbarkeit von Beruf und Familie, das auf einer Empfehlungder Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) für den Mutterschutz aus dem Jahr2000 basiert.Die <strong>Europa</strong>abgeordneten unterstützten den Vorschlag der Kommission, dassinnerhalb des gesamten Mutterschaftsurlaubs sechs Wochen Mutterschutz direktnach der Geburt genommen werden sollen. Die Regelung sieht vor, dass Arbeitnehmerinnenim Mutterschaftsurlaub 100 Prozent des letzten Monatsentgeltsoder des durchschnittlichen Monatsentgelts erhalten. Für den Rest des Urlaubesempfiehlt die Kommission, die volle Bezahlung zuzusichern. In jedem Fall darf derzu bezahlende Betrag nicht niedriger sein als die Sozialleistung im Krankheitsfall.Der Gesetzesentwurf legt eine Mindestregelung auf EU-Ebene fest. Mitgliedstaatenkönnen neue Regelungen einführen oder existierende Regelungen beibehalten,die den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mehr entgegen kommen alsdie in der Richtlinie beschlossenen Regelungen.Das Parlament hat außerdem Änderungen angenommen, die die Kündigungschwangerer Arbeitnehmerinnen vom Beginn der Schwangerschaft an bis zumAblauf von mindestens sechs Monaten nach Beendigung des Mutterschaftsurlaubesverbieten. Weiterhin müssen Frauen berechtigt sein, in ihre Berufe oderzumindest an einen „gleichwertigen Arbeitsplatz“ zurückzukehren.Damit die Positionen des Parlaments zum Mutterschaftsurlaub Gesetzeskrafterlangen, bedarf es im weiteren Gesetzgebungsverfahren einer Einigung mit demRat. Bis Dezember 2012 konnte sich der Rat nicht auf eine einheitliche Positioneinigen.Global und sozial | 105


106 | <strong>Europa</strong> und die Welt


<strong>Europa</strong> und die WeltAußenpolitik, Entwicklungshilfe,MenschenrechteDie Welt ist im Umbruch, die globalen Kräfte verschieben sich. DieEuropäische Union ist in der Welt ein wichtiger Akteur und spielt aufder internationalen Bühne wegen ihrer wirtschaftlichen Bedeutung undmit einer halben Milliarde Bürgerinnen und Bürger eine entscheidendeRolle. Die Union und ihre Mitgliedstaaten geben zudem mehr Geld anEntwicklungsländer als alle anderen Industrieländer zusammen. Die EUhilft weltweit, Armut zu bekämpfen, die wirtschaftliche Entwicklung zufördern und Menschenrechte und Demokratie zu stärken. Ihre GemeinsameAußen- und Sicherheitspolitik ist durch den Vertrag von Lissabongestärkt worden.Über die EU-Außenpolitik gibt es im Internet weitere undaktuelle Informationen:www.eeas.europa.eu/cfsp/index_de.htm<strong>Europa</strong> und die Welt | 107


Schon lange arbeiten die Regierungen der EU-Staaten in der Außenpolitik zusammen.Diese Zusammenarbeit erfolgte zunächst im Bereich der Sicherheitspolitik und nun auchin der Verteidigungspolitik. Gemeinsam unterstützen die EU-Staaten andere Länderdabei, innerstaatliche Konflikte zu lösen und demokratische Strukturen aufzubauen.Die Außen- und Sicherheitspolitik ist seit jeher ein sehr sensibles Feld nationaler Politik.Die meisten Befugnisse in diesem Bereich verbleiben daher derzeit bei den EU-Mitgliedstaatenund die EU kann keine Gesetzgebungsakte für die Gemeinsame Außen- undSicherheitspolitik (GASP) erlassen. Der Europäische Rat und der Rat können jedochBeschlüsse bezüglich der strategischen Ziele und Interessen der EU, EU-Aktionen undEU-Standpunkten und deren Durchführung fassen. Weitere Fortschritte in der EU-Außenpolitikwerden ihre Zeit benötigen. Wichtige Schritte aber sind bereits unternommenund die EU hat gezeigt, dass sie in der Lage ist, auch in diesem Bereich zu handeln.Das Handeln der EU in der Welt folgt stets jenen Grundsätzen, nach denen auch die EUaufgebaut und auf die sie gegründet ist: Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, die universelleGültigkeit und Unteilbarkeit der Menschenrechte und Grundfreiheiten, die Achtung derMenschenwürde, der Grundsatz der Gleichheit und der Solidarität sowie die Achtungdes Völkerrechts gemäß der Charta der Vereinten Nationen.Die Koordinierung der GASP liegt in den Händen der Hohen Vertreterin für Außen- undSicherheitspolitik Catherine Ashton, die vom neu geschaffenen Europäischen AuswärtigenDienst unterstützt wird.Die EU verfolgt mit der MarineoperationAtalanta das Ziel, dieSeeräuberei am Horn von Afrika undim Seegebiet bis zu 500 Seemeilenvor der Küste Somalias und seinerNachbarländer einzudämmen.Vorrangig werden Schiffe mithumanitären Hilfsgütern, Schiffeunter EU-Flagge und Schiffe andererteilnehmender Nationen geschützt.108 | <strong>Europa</strong> und die Welt


Aktuelles StichwortDer Europäische Auswärtige DienstDer Europäische Auswärtige Dienst (EAD) wurde durch den Vertrag von Lissabongeschaffen. In ihm wurden die bislang für Außen- und Sicherheitspolitik zuständigenAbteilungen aus der Europäischen Kommission und dem Generalsekretariat des Rateszusammengefasst, um die außenpolitische Schlagkraft der Union zu erhöhen. DerEAD soll zu rund einem Drittel aus abgeordneten Diplomatinnen und Diplomatenaus den Außenministerien der Mitgliedstaaten und zu ungefähr zwei Dritteln aus EU-Beamtinnen und EU-Beamten zusammengesetzt werden. Der Dienst untersteht derHohen Vertreterin der Union für die Außen- und Sicherheitspolitik, Catherine Ashton,die auch der Ratsformation „Auswärtige Angelegenheiten“ vorsitzt und Vizepräsidentinder Europäischen Kommission ist. Dadurch soll die Kohärenz des auswärtigenHandelns der EU auch institutionell abgesichert werden. Der EAD ist eine außenpolitischeEinrichtung der EU, die politisch und haushalterisch vom Europäischen Parlamentkontrolliert wird. Die Zentrale des EAD befindet sich in Brüssel. Zudem gibt es 136Delegationen in Drittländern und bei internationalen Organisationen.www.eeas.europa.eu/index_de.htmGemeinsam Krisen meisternEin Bestandteil der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU ist die GemeinsameSicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP). Sie ist durch den Vertrag vonLissabon ausgebaut worden und sichert die Operationsfähigkeit der Union durch zivileund militärische Mittel bei Missionen außerhalb der EU. Diese können sich auf politischeMaßnahmen beschränken, zum Beispiel die Entsendung von Beobachterinnen und Beobachtern,sie können aber auch militärische Handlungen einschließen.MilitäroperationenDie EU-Staaten können militärische Einsätze beschließen, z.B. für humanitäre Missionensowie zur Sicherung oder Erreichung des Friedens in Krisengebieten. Die ersten Militärmissionenfanden auf dem Balkan statt. Ende 2004 übernahm die EU beispielsweise vonder NATO das Kommando über die Stability Force (SFOR) in Bosnien und Herzegowina,die unter dem Namen EUFOR ALTHEA weiterhin fortgeführt wird. Es folgten weitere,kürzere Missionen in Afrika, Asien und dem Mittleren Osten. Im Dezember 2008 startetedie EU ihre erste Marineoperation zum Schutz der Schiffe vor Piraten an der somalischenKüste, insbesondere von Schiffen, die Nahrungsmittelhilfe für Somalia an Bord mitführen(EU NAVFOR – Operation Atalanta).<strong>Europa</strong> und die Welt | 109


Um schnell mit militärischen Mitteln auf Krisen außerhalb der EU reagieren zu können,haben die EU-Staaten zunächst sogenannte schnelle Eingreiftruppen aufgestellt. 2004beschloss der Rat, diese durch den Aufbau der sogenannten EU-Gefechtsverbände (EUBattlegroups) abzulösen. Diese sollen innerhalb von 15 Tagen einsatzbereit sein und fürmindestens 30 Tage im Einsatz bleiben können. Seit 2007 werden jeweils zwei Gefechtsverbände(mit je 1.500 Personen) für jeweils sechs Monate in Bereitschaft gehalten. DieGefechtsverbände sind bisher jedoch noch nicht zum Einsatz gekommen. Als Abwehrgegen die fünf Hauptbedrohungen in der Welt – Terrorismus, Verbreitung von Massenvernichtungswaffen,regionale Konflikte, Zusammenbruch von Staaten und organisierteKriminalität – setzt die EU auf ihre Fähigkeit, Konflikte auf friedlichem Weg zu lösen.Sie strebt vor allem multilaterale Lösungen an und stärkt den Vereinten Nationen denRücken.Zivile EinsätzeIm nichtmilitärischen Bereich stellt die EU Spezialistinnen und Spezialisten für internationaleMissionen in Drittländern bereit, z.B. zur Stärkung der Zivilverwaltung oder zur Unterstützungdes Katastrophenschutzes und der dortigen Polizei. Im Juni 2007 stellte dieEU eine Polizeimission nach Afghanistan, die bis 31. Mai <strong>2013</strong> verlängert wurde. Auchauf dem Balkan spielt die EU eine führende Rolle. Sie finanziert dort Hilfsprojekte für denAufbau einer stabilen Gesellschaft. Im Dezember 2008 stellte sie rund 1.900 Justiz- undPolizeibeamtinnen und -beamte zur Sicherung der öffentlichen Ordnung im Kosovo zurVerfügung. Im Herbst 2008 entsandte die EU rund 200 zivile Beobachter nach Georgien,um im Krieg zwischen Georgien und Russland einen Waffenstillstand zu vermitteln. Eswurde humanitäre Hilfe für Vertriebene bereitgestellt und eine internationale Geberkonferenzfür Georgien organisiert. Die Mission EUMM wird auch weiterhin fortgeführt.Die EU unterstützt ebenso die kongolesische und die palästinensische Polizei. Europäerbilden zudem das irakische Justizpersonal aus. Im August 2012 startete eine MissionEUCAP SAHEL Niger, um die nigrischen Sicherheitsakteure zu unterstützen, ihre Kapazitätenbei der Bekämpfung von Terrorismus und organisierter Kriminalität auszubauen.110 | <strong>Europa</strong> und die Welt


Aktuelles StichwortDer Sacharow-Preis für geistige FreiheitDas Europäische Parlament vergibt jährlich den Sacharow-Preis für geistige Freiheit anEinzelpersonen oder Organisationen. Es würdigt damit den Mut und das Engagementall derer, die sich weltweit für die Menschenrechte und Grundfreiheiten einsetzen. Dermit 50.000 Euro dotierte Preis wird seit 1988 verliehen. Bisherige Preisträgerinnen undPreisträger sind unter anderem Alexander Dubcek, Nelson Mandela, Aung San Suu Kyiund die spanische Bürgerinitiative ¡BASTA YA!. 2011 erhielten fünf Vertreterinnen undVertreter der Demokratiebewegung des „Arabischen Frühlings“ den Sacharow-Preis.Im vergangenen Jahr wurde der Preis an zwei iranische Menschenrechtsaktivisten verliehen.Nasrin Sotoudeh ist Anwältin und vertrat die Aktivisten der Opposition, die beiProtesten wegen der Präsidentschaftswahlen 2009 inhaftiert wurden, sowie zum Todeverurteilte Jugendliche, Frauen und politische Häftlinge. Nasrin Sotoudeh wurde 2010aufgrund von Vorwürfen, Propaganda zu verbreiten und die Staatssicherheit zu gefährden,verhaftet.Jafar Panahi ist ein iranischer Drehbuchautor, Regisseur und Produzent, dessen Filmehäufig die Not der Kinder, Armen und Frauen im Iran thematisieren. Seinem Film „TheWhite Balloon“ wurde 1995 bei den Filmfestspielen von Cannes die Goldene Kameraverliehen. Im März 2010 wurde Jafar Panahi jedoch inhaftiert und zu sechs Jahren Haftund einem 20-jährigen Verbot, Filme zu drehen oder das Land zu verlassen, verurteilt.Sein letzter Film wurde 2011 auf einem USB-Stick aus dem Iran zu den Filmfestspielenvon Cannes geschmuggelt.^Die Preisträger des Sacharow-Preises 2012: Nasrin Sotoudeh und Jafar Panahi.<strong>Europa</strong> und die Welt | 111


EntwicklungspolitikDie EU und ihre Mitgliedstaaten bringen mehr als 50 Prozent der weltweiten Mittel zurEntwicklungshilfe auf. Mit vielen Entwicklungsländern in Asien und Lateinamerika hatdie EU Abkommen über bevorzugten Handel, über technische und finanzielle Hilfe oderpolitische Zusammenarbeit abgeschlossen. Mit ursprünglich zwölf Staaten rund um dasMittelmeer hat sie 1995 die Euro-Mediterrane Partnerschaft (EUROMED) geschlossen.Diese seit 2008 genannte „Union für den Mittelmeerraum“ hat das Ziel, eine Zoneder Stabilität und des Friedens und schließlich auch eine Freihandelszone zu schaffen.Ein besonderes Verhältnis pflegt die EU mit der Gruppe der AKP-Länder (einer Reihevon Ländern Afrikas, der Karibik und des Pazifischen Raums). Im Abkommen vonCotonou wurde vereinbart: Armutsbekämpfung, Stärkung des politischen Dialogs,um innerstaatliche Krisen zu verhindern, Bindung der Zusammenarbeit an eine verantwortungsvolleRegierungsführung in den AKP-Staaten und an die Einhaltung derMenschenrechte sowie bevorzugte Handelsvereinbarungen. Das Europäische Parlamentpflegt zu den AKP-Staaten auch besondere Beziehungen auf parlamentarischer Ebene:Die gemeinsame parlamentarische Versammlung AKP-EU aus EU-Abgeordneten undParlamentariern aus den AKP-Ländern trifft sich regelmäßig, um konkrete Kooperationsprojektezu diskutieren und zu beschließen.Humanitäre HilfeDie humanitäre Hilfe der EU wurde geschaffen, um Opfer von Naturkatastrophen und Kriegenin Entwicklungsländern zu unterstützen. Nach Katastrophen, bei Krisen oder Hungersnötenkann die EU sofort Nahrungsmittel, technische Geräte und Rettungsmannschaftenbereitstellen. Sie ist dabei auf ihre Partner der humanitären Hilfe in den Mitgliedstaatenangewiesen wie etwa das Technische Hilfswerk und das Rote Kreuz und viele andere mehr.Seit 1992 finanziert und koordiniert das Amt für humanitäre Hilfe (seit 2004 die Generaldirektionfür Humanitäre Hilfe der Europäischen Kommission – ECHO) Hilfsaktionenin vielen Gebieten der Welt. In seinem 20-jährigen Bestehen hat ECHO 14 MilliardenEuro humanitäre Hilfe für Opfer von Konflikten und Katastrophen in 140 Ländern bereitgestellt.Im Jahre 2010 hat sich die EU beispielsweise an den weltweiten Hilfsmaßnahmen fürdie Erdbebenopfer in Haiti beteiligt und seit 2011 an Hilfsmaßnahmen für Syrien.www.ec.europa.eu/echo112 | <strong>Europa</strong> und die Welt


Das Europäische Parlament alsAnwalt für Menschen- und Bürgerrechte<strong>Europa</strong>konkretDas Europäische Parlament versteht sich auch als Anwalt für Menschenrechte in derWelt. In jeder Plenartagung diskutieren die Abgeordneten über Fälle von Verstößengegen die Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Darüber hinaus istdas Europäische Parlament seit jeher Gastgeber für Bürgerrechtlerinnen und Bürgerrechtlersowie Menschenrechtsaktivistinnen und Menschenrechtsaktivisten. Sowar im Jahr 2008 beispielsweise der Dalai Lama zu Gast im Europäischen Parlamentund sprach vor den Abgeordneten über die Lage in Tibet. Er warb für menschlicheWerte und den Einklang der Religionen. In regelmäßigen Abständen fahren auch<strong>Europa</strong>abgeordnete in Länder und Regionen, um sich vor Ort ein eigenes Bild überdie Lage der Menschenrechte und die Lebensumstände der Menschen dort zu machen.Anfang 2012 besuchte eine Delegation die Oppositionsführerin Aung San SuuKyi und das neu gewählte Parlament in Myanmar. Weiterhin reisen Vertreterinnenund Vertreter des Europäischen Parlaments auch in Länder, um Wahlen zu begleitenund deren ordnungsgemäßen Verlauf zu beobachten. So trägt das EuropäischeParlament aktiv dazu bei, dass sich demokratische Strukturen entwickeln könnenund gestärkt werden.Handel mit der WeltDie Europäische Union ist mit einem Anteil von 20 Prozent an den weltweiten Ein- undAusfuhren die größte Handelsmacht der Welt. Anders als die Außenpolitik gehört dieHandelspolitik zur ausschließlichen Kompetenz der Europäischen Union. Jeder EU-Staatbetreibt zwar auf eigene Rechnung Handel mit der Welt, jedoch nach Vorgaben, dieeinheitlich für alle Mitgliedstaaten festgelegt werden. Die EU bestimmt die Höhe vonZöllen auf Einfuhren aus Drittstaaten, schließt Handelsabkommen ab oder entscheidetüber handelspolitische Straf- und Schutzmaßnahmen soweit dies die Regeln derWelthandelsorganisation (WTO) erlauben. Verantwortlich dafür ist die EuropäischeKommission. Sie erhält für Verhandlungen mit Drittstaaten oder mit internationalenOrganisationen wie der WTO ein Mandat des Rates und wird von einem Ausschussunterstützt, in dem Beamte der Mitgliedstaaten sitzen. Mit Inkrafttreten des Vertragsvon Lissabon bedürfen auch Handelsabkommen in der Regel der Zustimmung desEuropäischen Parlaments.<strong>Europa</strong> und die Welt | 113


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<strong>Europa</strong> entdeckenund erlebenJugend- und BildungsprogrammeDie Europäische Union ist mehr als Verträge und Politik. Sie bietet einenRaum mit vielen Entfaltungsmöglichkeiten. Die EU eröffnet vor allemjungen Menschen viele Möglichkeiten, neue Länder, Sprachen und Kulturkreisekennenzulernen. Sie fördert junge Menschen, die in anderenEU-Mitgliedstaaten lernen oder Praktika absolvieren möchten.Über das Jugendportal der EU sind alle Austausch- und Förderprogrammesowie weitere nützliche Informationen erhältlich:www.europa.eu/youth<strong>Europa</strong> entdecken und erleben | 115


Mit dem ProgrammLEONARDO fördert dieEU das Sammeln vonAuslandserfahrungim Bereich der beruflichenBildung.Das Europäische Parlament setzt sich seit jeher dafür ein, Wege für jungeMenschen in andere EU-Länder stärker zu öffnen und lebenslanges Lernenzu unterstützen. Annähernd sieben Milliarden Euro stehen allein fürdiesen Bereich in einer ganzen Reihe von Programmen von 2007 bis <strong>2013</strong>zur Verfügung. Im Jahr 2012 stellt das EU-Budget für das Programm „LebenslangesLernen“ etwa 1,3 Milliarden Euro bereit, um Schülerinnenund Schülern sowie Studierenden den Aufenthalt in anderen Ländern zuermöglichen, junge Menschen bei ihrer Berufsausbildung zu unterstützenund Lehrkräften im Rahmen der Erwachsenenbildung die Teilnahmean verschiedenen Mobilitätsprogrammen zu ermöglichen.Im November 2011 legte die Europäische Kommission das neue EU-Programm 2014 – 2020 für allgemeine berufliche Bildung, Jugend undSport vor. Das Europäische Parlament und der Rat erörtern derzeit denProgrammvorschlag.Erasmus und ComeniusERASMUS ist das bekannteste und populärste Bildungsprogramm der EU,das 2012 sein 25-jähriges Bestehen feierte. Als dieses Gemeinschaftsprogramm1987 für den Studierendenaustausch gegründet wurde, war derrasante Erfolg kaum abzusehen. Neben dem Studierendenaustausch, der116 | <strong>Europa</strong> entdecken und erleben


den höchsten Bekanntheitsgrad hat, fördert ERASMUS auch Hochschuldozentinnenund -dozenten und Personen, die in der freien Wirtschaft tätigsind und im Ausland lehren möchten sowie Personen aus dem Bereich derHochschulmitarbeit, die eine berufliche Weiterqualifizierung anstreben.Mittlerweile haben mehr als 2,2 Millionen Studierende, 250 000 Hochschullehrerinnenund -lehrer sowie andere Hochschulmitarbeiterinnen und-mitarbeiter an diesem Austauschprogramm teilgenommen. Pro Jahr sindes heute rund 200.000 Studierende, die ihre Heimatuniversität für eine bestimmteZeit verlassen, um ihr Studium an einer ausländischen Hochschulefortzuführen. Die Erfahrungen dieser Auslandsaufenthalte prägen die jungenErwachsenen ihr ganzes Leben lang. ERASMUS-Studierende müssenmögliche Studiengebühren an ihrer Gast-Hochschule nicht bezahlen underhalten finanzielle Unterstützung zum Lebensunterhalt. Mindestens einStudienjahr sollte man hinter sich gebracht haben, bevor man sich über dieeigene Hochschule um einen ERASMUS-Platz bewerben kann.COMENIUS richtet sich an Schulen jeder Klassenstufe und Vorschulen undfördert gemeinsame europäische Projekte, Fremdsprachenlernen und denSchüler- und Lehreraustausch. Schulpartnerschaften sind übrigens nichtnur mit Schulen aus EU-Staaten möglich.Leonardo da VinciDas EU-Programm LEONARDO DA VINCI bietet jungen Menschen dieChance, Auslandserfahrungen zu sammeln, Sprachkenntnisse zu vertiefenund neues Fachwissen zu erwerben. Das Programm fördert im Bereichberufliche Ausbildung und Weiterbildung Projekte bzw. „Aktionen“ imRahmen von Auslandsaufenthalten. Es richtet sich an Auszubildende inder beruflichen Erstausbildung, Studierende, Hochschulabsolventinnenund Hochschulabsolventen sowie an junge Berufstätige und Arbeitslosemit einer abgeschlossenen Berufsausbildung oder mit zwei Jahren Berufserfahrung.Mit LEONARDO kann man im Ausland ein berufsbezogenesPraktikum absolvieren. In der Regel gehört dazu auch ein Sprachkurs.Einen Antrag auf Förderung können Einrichtungen der beruflichen Bildungstellen, nicht aber Einzelpersonen.<strong>Europa</strong> entdecken und erleben | 117


Jugend in AktionAuch außerhalb von Schule und Arbeitsleben unterstützt die EU Jugendbegegnungenund Initiativen junger Menschen. Die Förderung vonBürgersinn, Solidarität und demokratischem Engagement unter jungenMenschen soll ihnen zu Mobilität und Zusammenarbeit in <strong>Europa</strong> verhelfen.So sollen Verständnis und Toleranz füreinander geweckt undein Beitrag zum sozialen Zusammenhalt der EU geleistet werden. DieEU stellt für diesen Zweck unter dem Stichwort „Jugend in Aktion“von 2007 bis <strong>2013</strong> insgesamt 885 Millionen Euro bereit, davon imJahre <strong>2013</strong> rund 140 Millionen Euro. Gefördert werden können Jugendgruppen,gemeinnützige Vereine und Einrichtungen der Jugendarbeit.„Jugend in Aktion“ fördert vor allem Jugendinitiativen, Jugendbegegnungenund den Europäischen Freiwilligendienst. Die in den Projektenerworbenen Qualifikationen werden europaweit mit dem sogenanntenYouthpass belegt.GrundtvigDas Ende von Schul- und Ausbildungszeit bedeutet nicht, mit dem Lernenaufzuhören: Lernen ist unabhängig vom Lebensalter. Die Erwachsenenbildunghat noch nicht den Stellenwert erlangt, der ihr gebührt. Doch angesichtseiner alternden Gesellschaft, dem raschen technologischen Wandelund dem Bedarf an stets gut ausgebildeten Arbeitskräften wächst dieBedeutung der Erwachsenenbildung. Die EU fördert die Erwachsenenbildungmit dem Programm GRUNDTVIG, benannt nach dem dänischenPhilosophen, Theologen, Lehrer, Historiker und Dichter Nikolaj FrederikSeverin Grundtvig (1783 – 1872). Erwachsene sollen auf ihrem LebenswegMöglichkeiten zum Ausbau ihres Wissens und ihrer Kompetenzenerhalten, damit sie sich den Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt undin der Gesellschaft anpassen können. Das Programm GRUNDTVIG richtetsich an Lernende, Lehrkräfte und anderes Personal in der Erwachsenenbildungsowie an Bildungseinrichtungen und andere Organisationen oderStellen, die entsprechende Lernangebote bieten oder fördern.118 | <strong>Europa</strong> entdecken und erleben


Das Euroscola-ProgrammEuroscola ist ein Programm des Europäischen Parlaments, das 20 Malim Jahr stattfindet. Etwa 600 Schülerinnen und Schüler aus den EU-Mitgliedstaaten kommen einen Tag in Straßburg zusammen, um über dieEU und aktuelle europapolitische Themen zu diskutieren. In internationalenArbeitsgruppen werden Debatten sowie die Entscheidungsfindungim Europäischen Parlament simuliert. Euroscola findet in englischer undfranzösischer Sprache im Plenarsaal und in den Ausschussräumen desEuropäischen Parlaments statt, also genau dort, wo sonst die <strong>Europa</strong>abgeordnetenüber EU-Politik entscheiden. Euroscola richtet sich anSchülerinnen und Schüler von 16 bis 19 Jahren. Voraussetzung für dieTeilnahme sind gute Englisch- oder Französischkenntnisse der Schülerinnenund Schüler. Schulgruppen aus Deutschland können sich über denEuroscola-Wettbewerb des Informationsbüros in Deutschland für dieTeilnahme am Programm qualifizieren.Alle Informationen zu Euroscola und dem deutschen Euroscola-Wettbewerbsind auf der Website des Informationsbüros zu finden:www.europarl.de/euroscolaMit dem ProgrammEuroscola schlüpfenjunge Leute füreinen Tag in dieRolle von <strong>Europa</strong>abgeordneten.<strong>Europa</strong> entdecken und erleben | 119


<strong>Europa</strong>konkretDie wichtigsten Kontaktadressenin Deutschland für die europäischenJugend- und BildungsprogrammeErasmusNationale Agentur für EU-Hochschulzusammenarbeitbeim Deutschen AkademischenAustauschdienst (NA im DAAD)Kennedyallee 50, 53175 BonnTelefon: (0228) 882-578E-Mail: erasmus@daad.dewww.eu.daad.deComeniusNationale Agentur im PädagogischenAustauschdienst (NA im PAD)der KultusministerkonferenzGraurheindorfer Straße 157, 53117 BonnTelefon: (0228) 501-244E-Mail: comenius@kmk.orgwww.kmk-pad.orgJugend in Aktion 2007 - <strong>2013</strong>Jugend für <strong>Europa</strong> – Deutsche Agenturfür das EU-Programm Jugend in AktionGodesberger Allee 142-148, 53175 BonnTelefon: (0228) 9506-220www.jugendfuereuropa.dewww.webforum-jugend.deEuropäischer Freiwilligendienstwww.webforum-jugend.dewww.go4europe.deJugend-KarlspreisDas Europäische Parlament vergibt seit2008 zusammen mit der Stiftung InternationalerKarlspreis zu Aachen denJugendkarlspreis. Der Wettbewerb wirdjeweils im November gestartet und richtetsich an junge Menschen zwischen 16und 30 Jahren. Die Preisverleihung <strong>2013</strong>wird am 7. Mai in Aachen stattfinden.www.charlemagneyouthprize.euLeonardo da VinciNationale Agentur Bildung für <strong>Europa</strong>beim Bundesinstitut für Berufsbildung(NA beim BIBB)Robert-Schuman-Platz 3, 53175 BonnTelefon: (0228) 107-1608E-Mail: na@bibb.dewww.na-bibb.deGrundtvigNationale Agentur Bildung für <strong>Europa</strong>beim Bundesinstitut für Berufsbildung(NA beim BIBB)Robert-Schuman-Platz 3, 53175 BonnTelefon: (0228) 107-1608E-Mail: grundtvig@bibb.dewww.na-bibb.deLebenslanges LernenEine Übersicht über das europäischeBildungsprogramm für lebenslanges Lernenin Deutschland gibt es unter:www.lebenslanges-lernen.euEuroscolaEuropäisches ParlamentInformationsbüro in DeutschlandUnter den Linden 78, 10117 BerlinTelefon: (030) 2280 1320Fax: (030) 2280 1111E-Mail: epberlin@ep.europa.euWeitere Informationen:www.europarl.de/euroscola120 | <strong>Europa</strong> entdecken und erleben


ImpressumHerausgeber: Europäisches Parlament, Informationsbüro in DeutschlandAutoren und Redaktion: Informationsbüros des Europäischen Parlaments in Berlin und MünchenGestaltung, Karten und Infografiken: setz it. Richert GmbH, Sankt AugustinDruck: pva, Druck und Medien-Dienstleistungen GmbH, Landau/PfalzBildnachweis/Copyright:ddp images: Seiten 36 (Reichstagsgebäude, Deutscher Bundestag), 63 (unten Mitte), 64, 74, 79, 82, 85(alle), 87, 88, 100, 103, 109 (Logo EAD).ddp images/dapd: Titel, Seiten 40, 42, 53, 56, 61 (oben Mitte), 68, 70, 71, 96, 116.ddp images/AP: Seiten 50 (Grenze in Rajka, Slowakei), 60 (unten links), 62 (oben links, Mitte, rechts),63 (oben links, rechts; unten links).Fotodienst der Europäischen Kommission: Seiten 6, 26 (Berlaymont-Gebäude, Sitz der EU-Kommissionin Brüssel), 32 (Petition von Greenpeace und Avaaz), 47, 58, 60 (oben Mitte, rechts; unten Mitte)61 (unten Mitte, rechts), 62 (unten Mitte, rechts), 81, 90, 91, 92, 94 (Europäischer Gerichtshof inLuxemburg), 106 (Äthiopienhilfe ECHO 2008), 114.Fotodienst des Europäischen Parlaments: Seiten 8 (EP/Architekt: Architecture Studio: <strong>Europa</strong>abgeordneteim Plenarsaal in Straßburg), 11, 13, 14, 15 (beide), 17 (EP/Architekt: Architecture Studio), 24, 28, 29, 31,34, 48, 60 (oben links; unten rechts) 61 (oben links), 62 (Informationsbüro, Foto: Matthias Lüdecke, untenlinks), 63 (unten rechts), 80, 99, 111, 119.Rat der Europäischen Union: Seite 20 (Lipsiusgebäude des Rates der EU in Brüssel), 22, 108.Bundesrat: Seite 38Euregio Egrensis AG Sachsen/Thüringen e.V.: Seite 54<strong>Europe</strong> <strong>Direct</strong> Informationszentrum Stuttgart: Seite 59wikipedia: 61 (oben rechts)Europäische Zentralbank: Seite 61 (unten links), Seite 63 (oben Mitte).Biosiegel: Seite 91Gerichtshof der Europäischen Union: Seite 98Statistische Daten: Eurostat, Europäische KommissionRedaktionsschluss: 15.1.<strong>2013</strong>Diese Broschüre ist Teil der Öffentlichkeitsarbeit des Europäischen Parlaments. Sie wird kostenlos abgegebenund ist nicht zum Verkauf bestimmt. Sie darf nicht für Zwecke der Wahlwerbung politischer Parteienund nicht für kommerzielle Zwecke verwendet werden. Für die Richtigkeit der Angaben übernimmt dasEuropäische Parlament keine Gewähr.Alle Fotos, Bilder, Infografiken sowie die Gestaltung sind urheberrechtlich geschützt.ISBN 978-92-823-3877-3doi:10.2861/6418© Europäisches Parlament, Informationsbüro in Deutschland, Berlin <strong>2013</strong><strong>Europa</strong> entdecken und erleben | 121


122 | Das Europäische Parlament


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