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Ordnung in Freiheit

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Rebekka Brandenberger<strong>Ordnung</strong> <strong>in</strong> <strong>Freiheit</strong>nicht verwirklichen konnte, und mit der Hoffnung, dass dies <strong>in</strong> der Architekturg<strong>in</strong>ge …Auf Hermann Baur b<strong>in</strong> ich gekommen wegen der sorgfältigen Durchbildungund der homogenen Gestimmtheit se<strong>in</strong>er Bauten; wegen derÜbere<strong>in</strong>stimmung von deren Äusserem mit ihrer Umgebung und wegender Stimmigkeit, die deren Äusseres mit ihrem Inneren verb<strong>in</strong>det, obwohldieser von Eigenem und von anderem als das Draussen redet. Die Viertelstundeim Juli 1954 ist mir noch gegenwärtig, während der ich HermannBaur erstmals <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Büro gegenüberstand und ihm zu erklären versuchte,warum ich zur Architektur wollte: stumm besah er sich die Fotosvon me<strong>in</strong>en bildhauerischen Versuchen; er w<strong>in</strong>kte me<strong>in</strong> Gestammel abund sagte, mich verabschiedend, s<strong>in</strong>ngemäss etwa: ‹Sie sche<strong>in</strong>en ernsthaftetwas zu wollen; kommen Sie am 1. September und fangen e<strong>in</strong>mal an, sodass wir weitersehen können.›Dass Hermann Baur mit ‹weitersehen› mehr geme<strong>in</strong>t hatte, als ichdamals verstand, g<strong>in</strong>g mir bald auf: ihm war für die Architektur stets nurvon Wert, was er sehen konnte – skizziert, gezeichnet, modelliert; blosseWorte blieben ihm suspekt. – Denken, ja; aber nicht nur beredet, sondernauch veranschaulicht! – Architektur wird benutzt – auch mit den Augen! –Architektur ist ebenso wie Malerei und Skulptur nur optisch realisierbar!Hermann Baur hätte zur Zeit dieser Sätze wohl kaum geglaubt, dass wenigspäter e<strong>in</strong>mal unter den jüngsten Architektenjüngern die Ansicht grassierenwerde, e<strong>in</strong> Architekt könne – ohne Zeichnen, Modellieren – bloss mitWort und Schrift auf se<strong>in</strong>e Suche nach ‹Architekturrelevantem› gehen. –Ne<strong>in</strong>, von Hermann Baur waren jene Sätze nicht gegen solche Irrungen,sondern als H<strong>in</strong>weise geme<strong>in</strong>t zu der besonderen Verantwortung, die e<strong>in</strong>jeder haben sollte, der mit Formen umgeht – bei e<strong>in</strong>em Bau so sehr wiebei e<strong>in</strong>er Plastik. Er sagte denn auch: ‹Mit Form drückt sich etwas aus,teilt sich etwas Unaussprechbares, eben nur über die Form Vernehmlichesmit. Form ist darum nicht beliebig zu gebrauchen; – mit Form muss etwasgewollt werden!›Hermann Baur war mir e<strong>in</strong> guter Lehrer gewesen: das handwerklicheRüstzeug, bautechnische Lernfähigkeit hatte ich über se<strong>in</strong> Büro vermittelterhalten; das Wichtigste hatte er mir selbst e<strong>in</strong>geimpft: künstlerischenMut und Verantwortung! Und diese haben trotz der Wandlungen <strong>in</strong> Bautechnikund gesellschaftlichem Bewusstse<strong>in</strong> noch immer Bedeutung –heute noch oder wieder so sehr wie damals.Dann und wann gehe ich wieder den Bauten von Hermann Baur nach.Sie s<strong>in</strong>d Architektur! – Architektur sei der Produktionsversuch menschlicherHeimat, sagte Bloch <strong>in</strong> unsere Zeit h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>; Adorno me<strong>in</strong>te mitanderen Worten gleiches. Bleibt die Bauges<strong>in</strong>nung erhalten, so wird – wieauch immer sie aussieht – noch von Architektur die Rede bleiben; wennnicht, dann nur noch von Bauen und auch kaum mehr von Heimat.»(Zitiert nach: BAUr, «Plan und Bau»; Ausstellungskatalog des GewerbemuseumsBasel zur Ausstellung über Hermann Baur, Basel 1975, Seite9)- 9 -

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