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DSA - Im Bann des Nordlichts

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lardiamanten’, dem ‘Ifirnspfeiler’ oder der Nordwestpassagenach Güldenland begeben. Weltliche Schätze sind unter demEis <strong>des</strong> Nordens in der Tat nur wenige zu finden, dafür soll dieAusbeute an Wissen umso größer sein.Warum ins Eis?Thorwaler und Nivesen sprechen vom Himmelsturm, einergigantischen Felssäule, an der das Schicksal der Welt hängensoll. Die Existenz dieses Bauwerks und der seltsamen Phänomenein seiner Umgebung ( 195 A) konnten von derPhileasson-Expedition bestätigt werden, jedoch scheinen dieheimtückischen Shakagra den hochelfischen Turm in Besitzgenommen zu haben.Davon ausgehend, dass selbst die hesindianische Mythologienicht alle dominanten Völker der vergangenen Zeitalter auflistenkann und Pyrdacors Elementarverschiebungen selbstgrößere unter Eis begraben haben könnten, weiß niemand,ob unter dem gewaltigen Eispanzer nicht noch etliche kleinereund größere Inseln oder gar ein ganzer Kontinent liegen.Das firnelfische ‘Lied <strong>des</strong> Emetiel’ beschreibt ein Eisgrab aufsolch einer Insel ( 196 A), und immer wieder einmal werdenan den nördlichen Gestaden Artefakte angetrieben, die keinerbekannten Kultur zuzuordnen sind. Auch sollen archaischeMonumente aus Schnee und Eis zu finden sein, die eindeutignicht firnelfischen Ursprungs sind, deren möglicherweisearkaner Zweck sich den Expeditionsteilnehmern, die davonberichteten, aber vollständig entzog. Die Kartographin ElyaOrds in Riva sammelt wunderliche Dinge, die die Eisdrift nachSüden bis zum offenen Meer trägt. Ihre Kollektion umfasstmittlerweile ein gutes Dutzend kruder, teilweise kristallinerGegenstände, die offenbar nicht von Menschenhand gefertigtwurden.Ob die Eismauer von Lyg ( 193 B) die Reste einer solchenZivilisation verbirgt, ob es eine Geistererscheinung oder dasGespinst eines wirren Verstan<strong>des</strong> ist, wurde ebenfalls von nochkeiner Expedition geklärt.Das legendäre Erste Schwarze Auge ( 177 D) soll in denWeiten der Klirrfrostwüste verborgen sein – und wer sich aufdie Suche nach diesem Artefakt macht, sollte mit gnadenloserKonkurrenz rechnen.Auch ein Teil <strong>des</strong> Namens <strong>des</strong> Namenlosen (<strong>des</strong> sogenanntenTridekarions, ( 193 C) soll unter dem Ewigen Eis verborgenliegen. Hier ist die Konkurrenz durch Pardonas Shakagra oderdie Augen <strong>des</strong> Namenlosen nicht weniger mörderisch.Eine Expedition zum Nordpol oder zum ‘Rande der Welt’könnte den Streit zwischen Vertretern der Kugel- und derScheibenhypothese endgültig (zugunsten der Kugel-Vertreter)klären. Nördlich von Iyis Wall kann man auch eine echte Polarnachtoder einen entsprechenden Tag ohne Sonnenuntergangerleben. Visionäre könnten versuchen, aus der Gestalt der Ifirnslichter(Seite 150f.) Prophezeiungen abzuleiten, Gelehrtekönnten versuchen, das Wesen der Himmelserscheinungenzu erkennen.Die Suche nach einem Weg über das Eis nach Myranor hatschon viele Thorwaler das Leben gekostet – zumin<strong>des</strong>t ist niemandzurückgekehrt, der von einem Erfolg hätte berichtenkönnen. Vielleicht haben sie aber auch den Ifirnspfeiler odergar das Swafnirland im Eis gefunden, Inseln mythischer Bedeutungfür die Thorwaler, die schon im Jurga-Lied erwähntwerden.Sample file83


Auch der Suche nach einer Nordostpassage – einem Weg umdas Eherne Schwert herum ins Riesland – war bislang nochkein Erfolg beschieden, und noch nicht einmal Mythen kündenvon den Geheimnissen, auf die eine solche Expedition stoßenkönnte.Vorbereitungen,Durchführung und GefahrenGrundsätzlich gibt es mehrere profane Möglichkeiten, die Polregionenzu erkunden: zu Fuß (mit Rucksack und von den Expeditionsteilnehmerngezogenen Schlitten), mit Dachs- oderHun<strong>des</strong>chlitten und mit Eisseglern.Die letztere Methode ist sicherlich die bequemste, jedoch sindschon von Menschenhand gebaute Eissegler schwierig zu finden,noch mehr gilt dies für die originalen firnelfischen Fahrzeuge– und einen Segler der Shakagra wird man wohl nur alsFeindschiff zu Gesicht bekommen (mehr zu den Möglichkeiten<strong>des</strong> Reisens im hohen Norden finden Sie auf Seite 150ff.).Egal, welche Methode gewählt wird: Der sicherste Weg, eineExpedition voranzubringen, ist das etappenweise Vorgehenund der Aufbau von Basislagern.Auch für Expeditionen mit magischen Transportmitteln istdies eine empfohlene Vorgehensweise, da alle Arten von Fluggerätenunter ausgewachsenen Flugschiffen nicht in der Lagesind, genügend große Lasten zu transportieren, was genausofür teleportierende, levitierende oder sphärenspringende Einzelpersonengilt. Zauberer mit entsprechenden Bewegungsfertigkeiten(und Heil- und Stärkungszaubern) sind aber einewertvolle Ergänzung einer Polar-Expedition, weil sie ansonstenunüberwindliche Hindernisse bewältigen und so die Gruppevoranbringen können.OrientierungEs ist nicht einfach, sich unter dem meist grauen, wolkenverhangenenHimmel oder mit Blick auf gleißende Eis- undSchneeflächen) zu orientieren (Probe +3 bis +12). Kompassehaben sich als notorisch unzuverlässig erwiesen, so dass einRichtungssinn oder Innerer Kompass immer von Nutzen sind,von der Notwendigkeit, dass eigentlich alle Expeditionsteilnehmereiskundig sein sollten, einmal ganz abgesehen.Wenn die Bewölkung nachts aufreißt, bieten astronomischeInstrumente natürlich eine gute Möglichkeit der Orientierungmittels Breitengradbestimmung über die Höhe <strong>des</strong> Nordsternsund Längengradermittlung – ein Berufsgeheimnis – anhandvon Vergleichstafeln und Sterndurchgängen durch den Meridianoder dem Winkelvergleich der verschieden schnell umlaufendenSternbilder zueinander.Dabei haben Polarforscher übrigens in den letzten Jahrenfestgestellt, dass das Packeis langsam um den gedachten Poldriftet, also über den Zeitraum mehrerer Jahre zu Navigationszweckenkeinesfalls als Festland betrachtet werden darf.Überleben <strong>des</strong> besser VorbereitetenEs gelten die Regeln zu Kälte und Kälteschutz, die Überlegungenzu Überleben in Eis und Schnee (Seite 154ff.) und dieRegenerations-Einschränkungen einer schlechten Lagerstätteaus WdS 160. Die Sonderfertigkeit Eiskundig ist eine Grundvoraussetzungfür das Überleben im Packeis.84Wie weiter oben erwähnt, schwanken die Temperaturen üblicherweisezwischen Eiskalt und Firunskälte am Tag undGrimmfrost in der Nacht. Ein Sturm (über den üblichen frostkaltenDauerwind hinaus) kann diese Temperatur noch einmalum eine Stufe senken, und je weiter nach Norden mankommt, <strong>des</strong>to kälter wird es. Niederhöllische Kälte wird jedochnur an sehr wenigen Orten unter wirklich ungünstigen Bedingungenerreicht.Um nicht zu erfrieren (also als Kälteschutz), sind Pelzkleidung(oder gar ein nivesischer Anaurak), Handschuhe oder einMuff, Pelzmützen und wasserdichte Stiefel unabdingbar. DesNachts (sprich: bei der Regeneration) helfen ein pelzgefütterterSchlafsack und ein winddichtes Zelt aus Leder oder dichtgewebtem Stoff. Wer eine Schneehöhle oder gar ein richtigesIglu anlegen kann, darf sich glücklich schätzen.Gegen Schneeblindheit helfen Bernstein- oder dunkle Kristallbrillen,als Notbehelf auch Walnussschalen mit einem schmalenSchlitz.Einige Ausrüstungsgegenstände sind kälteempfindlich: Wasserschläuchekönnen platzen, wenn das Wasser darin gefriert– und bei Grimmfrost gefriert auch Alkohol. Hölzerne Stielevon Waffen und auch einige Metalle wie Bronze oder schlechteStähle werden brüchig (BF gesteigert), ebenso gefrorenes Leder,wenn es nicht ordentlich gefettet wurde. Bogen- und Armbrustsehnen(und auch die Bögen selbst) können bei längererBelastung zerstört werden, weswegen viele Polar-Reisende aufWurfspeere oder nivesische Wurfkeulen schwören.Nicht vergessen werden dürfen Seile in ordentlicher Länge(auch zum Überwinden von Gletscherspalten), Kletter- undEishaken, Eispickel (ein guter Rabenschnabel tut‘s auch) undBeleuchtung.Mehr noch als bei einer Hochsee-Expedition muss eine Polarexpeditionalle benötigten Verbrauchsgüter (für den schlimmstenFall) selbst mitführen. Dies bedeutet vor allem:Nahrungsmittel für alle Expeditionsteilnehmer und eventuellFutter für die Zugtiere – eine Polarexpedition ist fürMensch und Tier Schwerstarbeit! Für Menschen müssen etwaanderthalb Stein kompakter Nahrung wie Pemmikan pro Tagveranschlagt werden, ebenso für Schlittenhunde oder -dachse(bei weniger energiereicher Nahrung natürlich mehr). <strong>Im</strong> derNähe <strong>des</strong> Gletschermeers kann man durch Fischfang und dieein oder andere erschlagene Robbe den Proviantvorrat auffüllen(Boronskuttentaucher oder gar Firunsbären sind weitereMöglichkeiten), weiter im Norden ist dies bestenfalls noch aneinigen Waken möglich. <strong>Im</strong> äußersten Notfall kann man auchEisflechten essen, aber selbst ein reines Überleben – von Marschierenganz zu schweigen – ist damit nicht gesichert. Einguter Fleischvorrat für den Rückweg sind die Schlittenhunde(die besser schmecken als Dachse) mit Ausnahme eines eventuellenLeithunds. Um sich auf ein Firun-Wunder, eine natürlicheTheriak-Quelle oder auf das Auftauchen einer Tsa-Oasezu verlassen, muss man schon ein sehr götterfürchtiger Pilgersein ...In Sachen Trinkwasser ist zu bedenken, dass Packeis Meereisist, aber während <strong>des</strong> Frierens einen Großteil <strong>des</strong> Salzesals Kristalle ausgeschieden hat. Je kälter es ist, <strong>des</strong>to trinkbarerist auch das geschmolzene Eis. Schelfeis ist Gletschereisund damit Süßwasser, ebenso wie Schnee (vermeiden Sie dengelben).Sample file


Um aus Eis Trinkwasser zu gewinnen, Nahrung essbar zumachen oder schlicht, um nicht zu erfrieren, muss die ExpeditionFeuer machen können. Zwar bietet die Thaumaturgie hiereinige Möglichkeiten (mittels APPLICATUS/ARCANOVIund dem CALDOFRIGO oder Zauberzeichen wie der Glypheder elementaren Attraktion (Feuer)), aber für einen ‘Dauerbetrieb’ist der Einsatz von Zauberei meist zu aufwendig. ProfaneBrennstoffe sind Holz oder Zwergenkohle, vor allem aberTran aus dem Fett von Seetigern, Meerkälbern oder Walen. Mitein wenig Glück findet man auch Pecheis (siehe oben) in einerseiner verschiedenen Formen, das entweder direkt verbranntoder gereinigt und später verwendet werden kann. Die Alchimistenküchebietet eingedicktes Hylailer Feuer oder Ewiges Öl– bei<strong>des</strong> zwar recht kompakt, aber sehr teuer.Die NivesenEigenname: Nivauesä, NikaureniGebiet: ganz Nordaventurien von Thorwal bis zum Bornland,insbesondere die Steppen zwischen dem Golf vonRiva und dem Ehernen SchwertAnzahl: ca. 60.000 als Nomaden lebende Nivesen, dazu mehreretausend Sesshafte im Svellttal, den Nordlanden und SewerienSozialstruktur: Sippen von bis zu über hundert Mitgliedern,Arbeitsteilung zwischen den GeschlechternReligion: animistische Glaubenswelt, an deren Spitze dieHimmelswölfe stehenMagie: Schamanismus und WolfskinderBedeutende Angehörige (historisch): Mada (Mörder, der denBruch mit den Wölfen herbeiführte), Jukuk (Schamane,der die Orks aus den Brinasker Marschen vertrieb), Tavailtii(zog ins Riesland und kehrte wieder zurück), Huuka(Schamanin, die den Ort Oblosch vernichtete), HaukaWölfintochter (Heermeisterin der Rondra-Kirche)Bedeutende Angehörige (Gegenwart): Kailäkinnen, Karuukijo,Mido von den Toivoa-Leddu, Phanta die Jägerin,Dermot der Jüngere von PaaviBedeutsame Örtlichkeiten: Nivilaukaju (Kultstätte beiRiva), der Kuri (verfluchter See), Tenjos (Felsformationin der Taiga), Yksinäi (Höhle in den Nebelzinnen), vieleWolfssteine in verschiedenen Teilen der SteppeAuftreten: zurückhaltend und genügsam, gastfreundlichVolkes Stimme: “Wenn du im Norden dein Glück versuchenwillst, nur zu. Aber nimm dich vor diesen rothaarigenDämonen in Acht. Mich wollte einst eine Gruppe vondenen lynchen, nur wegen ein paar erlegter Wölfe. Wennsie mal nicht wegen ein paar Welpen herumwüten, gebensie sich ruhig und der Natur nahe. Aber in Wirklichkeitsind sie rastlos und kennen keine Heimat.” (Alrike, Abenteurerinaus Trallop)“Ach, vor denen brauchst du keine Angst zu haben. Hierin der Gegend lagern oft welche aus der Pajeki-Sippe, diegehören fast schon zur Familie. Grad wenn es kälter wird,freue ich mich immer wieder, bei denen am Lagerfeuerzu sitzen und ihren Geschichten lauschen zu können.”(Rino, Fischer in Gordask)nun schon mehr als einmal zusammengetroffen. Meine achtungen will ich Dir getreulich schildern. Einiges, was in denBeob-Schriften unseres Tempels zu lesen steht, weiß ich zu bestätigen,etwa, dass jenes Volk, das wir als Nivesen bezeichnen, im ganzenGebiet zwischen dem Svellt und dem Ehernen Schwert lebt. Allerdingsziehen längst nicht alle von ihnen als Steppennomaden,immer den Karenen folgend, durch die Lande. Einige haben sichim nördlichen Bornland sesshaft gemacht und betreiben ein wenigAckerbau, andere wiederum leben im Ehernen Schwert und nährensich von der Jagd«—aus den Aufzeichnungen Damiano Tergidions zu Valavet,1005 BFSample file»Hesinde zum Gruße, liebe Schwester Gesine! Sicherlich wartestDu schon eine Weile auf neue Nachricht von mir. Ich habe meineerste Reise hinter mir; von Riva nach Norburg bin ich gezogen,und mit den Nivesen, die ich so gerne studieren möchte, bin ich85


Die Nivesen sind eine der ältesten aventurischen Kulturen unddie wichtigsten Bewohner der nördlichen Steppen. Vor ewigerZeit waren sie einfache Jäger und Sammler, doch hat sich dieseLebensweise über die Jahrtausende gewandelt, und heuteziehen sie mit ihren riesigen Karenherden durch die Landezwischen Thorwal und Ehernem Schwert. Die Nomadenbezeichnen sich selbst als Nivauesä, was man – recht hölzern– mit wandernde Menschen – übersetzen könnte. GarethischeZungen formten schließlich Nivesen aus dem für sie unaussprechlichenWort.Gemüt und LebensweiseDie Nivesen sind genügsame Menschen: sie versuchen nicht,der Natur mehr zu nehmen als nötig ist. Ihr einfaches Lebenist oftmals voller Entbehrungen und Gefahren, aber so ist haltder Lauf der Welt. Ein gewisser Fatalismus ist vielen von ihnenzu Eigen. Das Erste, was etwa einem Mittelreicher zu dennordischen Steppennomaden einfällt, ist die Redewendung‘faul wie ein Nivese’. Allerdings ist nach Ansicht der meistenzivilisierten Aventurier ein Mensch dann fleißig, wenn er stetigdanach strebt, in seinem Leben möglichst viele materielleGüter anzuhäufen sowie sich Land und Natur untertan zumachen. Bei<strong>des</strong> ist den Nivesen fremd. Sie leben von dem, wasdie Himmelswölfe ihnen gaben, und belassen die Steppe so,wie sie Liska und die Ihren einst gestalteten. Gewiss führendie Nomaden, die jahrein, jahraus ihren Karenherden hinterherziehen, ein sehr hartes Leben, das von Anstrengungen undEntbehrungen jeglicher Art geprägt ist. Hunger und Kälte sindihnen eine ständige Bedrohung und werden oft über lange Zeitstill ertragen.In der nivesischen Kultur genießen Männer und Frauen gleichesAnsehen, doch die Aufgaben im täglichen Leben sind geteilt:Männer kümmern sich vorwiegend um die Jagd und dieHerden, Frauen eher um Kinder, Vorratshaltung und Handwerk.Ausnahmen kommen jedoch vor, und allzu eng siehtdas niemand. So gibt es auch Sippen mit zwei Häuptlingen,einem Mann und einer Frau, die verschiedene Zuständigkeitenhaben. Bei der Erziehung wird in aller Regel darauf geachtet,dass Mädchen auch ‘männliche’ Fähigkeiten erwerben undumgekehrt. Neben dem Umgang mit Wurfkeule und Bogengeht es dabei vor allem um Kenntnisse, die zum Überlebenin der Wildnis unabdingbar sind. Das sind zum einen Fährtenlesenund Schleichen, aber auch die Kunde von heilsamen,essbaren und giftigen Pflanzen. Ein wichtiges Talent ist aberauch die Vorhersage <strong>des</strong> im Norden stets launischen Wettersdurch die Deutung verschiedener Zeichen. Steigt der Rauch<strong>des</strong> Lagerfeuers etwa senkrecht in den Himmel, gibt es trockenesund kaltes Wetter, verdichtet er sich zu Schwaden, ist einGewitter im Anzug, kriecht er am Boden, beginnt es bald zutauen. Nach einer klaren Nacht ohne Morgentau gibt es Regen,Nebel über den Wassern kündigt schönes Wetter an, einedicke Fettschicht unter dem Pelz <strong>des</strong> Hasen kündigt einen langenWinter an usw. Untrügliches Zeichen für bevorstehendeWetteränderung ist natürlich die Richtung der vorherrschendenWinde. Die Nivesen lernen von klein auf die Namen derWinde und was sie verheißen.Die Kultur der sesshaften Nivesen im Svellttal, dem Nordlandund Sewerien stellt eine Mischung traditioneller Riten und86Gebräuche mit denen der zwölfgöttergläubigen Siedler dar. Siezählen zu den Nikaureni, dem Volk der Nivesen, das nicht nurdie nomadische Lebensweise kennt. Von Ort zu Ort ist dabeiihre Lebensweise unterschiedlich stark durch Einflüsse andererKulturen verwässert. Wenn Sie ein Nivesendorf entstehenlassen wollen, können Sie sich durchaus einiger Traditionender Karenhirten bedienen. Allerdings sollten Sie bedenken,dass ein Bauer andere Sorgen hat und gegen gänzlich andereUnbill kämpft.Äußerliches und Kleidung»Das Erscheinungsbild der Nivesen ist bereits trefflich in unsererLiteratur beschrieben. Sie sind meist zwischen acht und zehn Spanngroß, haben oft rotes, manchmal aber auch blon<strong>des</strong> oder braunesHaar, ihre Augen sind ein wenig schräggestellt. Aufgefallen ist mir,dass einige Nivesen sehr hellbraune, fast bernsteingelbe Augen haben.(...) Die Haut der Nivesen ist hell wie die eines Garethers,bräunt aber im Sommer sehr stark und wird fast so dunkel wie dieeines Almadaners oder gar Novadis.«—aus den Aufzeichnungen Damianos zu ValavetIhr Kopfhaar, das auch im hohen Alter kaum ausfällt, tragenMänner meist offen und mittellang. Körperbehaarung undBartwuchs sind nur schwach ausgeprägt. Frauen binden sichgerne Bänder ins Haar, das sie lang tragen. Vom Körperbau hersind Nivesen etwas zierlicher als andere Völker <strong>des</strong> Nordens,jedoch von kräftiger Gesundheit und Ausdauer, was unter anderemauch daran liegt, dass nur die Stärksten unter ihnendas Erwachsenenalter erreichen und schwächliche Säuglingehemmungslos ausgesetzt werden.Nivesen kleiden sich in Felle und Leder; ihre Tracht schmückensie mit bunten Holzperlen, Stickereien oder Schnitzereienaus Karenbein. Die übliche Bekleidung besteht ausLederschuhen mit Schuhbändern, die um die Knöchel gewickeltwerden, einer Lederhose und der Kolta, einem kittelähnlichenOberteil, das in vielen Formen daherkommt undauf die Sippenzugehörigkeit hinweisen kann. Zu bestimmtenFesten im Sommer tragen nivesische Frauen Kleider. CharakteristischesKopfbedeckung beider Geschlechter ist dieFellmütze mit Ohrenklappe, genäht aus den Fellen erjagterHasen, Dachse oder Biber.Sample fileMythologie und Glaube»Ihr Glaube ist natürlich etwas, was unsereins, die wir auf demWeg der Zwölfe wandeln, besonders interessiert. In den Büchern,die ich zu Hause studiert habe, wurde bereits angedeutet, dass dieNivesen furchtbare Wolfsgötzen anbeten und mit den Wölfen aufeine Weise zusammenleben, die Mensch und Tier in hesindeungefälligerWeise gleichstellt. Ja, sie treiben sogar Selemie mit diesenBestien ...«—aus den Aufzeichnungen Damianos zu ValavetNatürlich können die Worte, die ein Geweihter der Zwölfgötterüber den Glauben der Nivesen verliert, nicht unkommentiertbleiben. Aus diesem Grunde möchten wir die Mythologieder Steppennomaden etwas konkreter erläutern.


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Die WeltenschöpfungNach der nivesischen Schöpfungsgeschichte war das Land einstflach wie ein Fladenbrot und unvorstellbar groß. Die Sommerwaren lang, nur für dreißig Tage herrschte die WintermutterFirngrim. Sie war nicht so unerbittlich wie in heutigen Tagen.Vielmehr bedeckte sie das Land sanft mit Schnee, dass es schlafenkonnte, und sie sorgte dafür, dass sich alle Tiere einen fettenWanst anfraßen. Zu dieser Zeit, am Anbeginn der Welt, gebardas mythische Himmelspaar zwei Kinder, einen Menschenund einen Wolf. Beide wurden von ihren Eltern geliebt undgenährt, und der Wolf wärmte den Menschen, während dieserwiederum seinen Brüdern und Schwestern im grauen Pelz dieSprache beibrachte. Nun kam Liska zu den Menschen. DieSippenführerin Vaê nahm sie in ihrer Hütte auf und bat ihrenSohn Mada, seinen Lagerplatz für die Wölfin mit dem silbernenAuge zu räumen. Dieser war sehr empört darüber, dass ereinem Tier Platz machen musste. Als er am nächsten Morgenwieder die Hütte betrat, sah er zwei Welpen mit goldenem Fell,und da überkam ihn die Gier. Er griff die Welpen, doch kaumhatte er die Hütte verlassen, begannen sie jämmerlich zu winseln.Mada bekam große Angst und erschlug die Tiere.Als Liska den Mord entdeckte, sprach sie: “Diesen Tag werdetihr Menschen nie vergessen.” Dann wandte sie sich um undstieg über den Himmelsturm zum Himmelsgewölbe hinauf.Die Leichen ihrer Kinder legte sie auf die silberne Schale, diesich jeden Abend am Firmament zeigt. Diese wird seitdemMadamal oder garMadas Schandmal genannt.In jeder Vollmondnachtwerdendie Nivesen an MadasVerbrechen erinnert,und die Wölfe lassenihr anklagen<strong>des</strong> Liedanstimmen, wennsie um Liskas Kindertrauern.Doch Liska kehrte zurück– mit Gorfang,Rotschweif, Reißgram und den anderen Himmelswölfen. Liskawar groß, doch gegen ihre Geschwister oder gar ihren VaterGorfang war sie winzig wie ein Staubkorn. Die Himmelswölfefraßen das Land, kehrten die Scholle um und erleichtertensich, wo sie gerade standen. Sie hätten gewiss die ganze Weltzerstört, hätte nicht Liska, die eigentlich im Herzen milde warund dachte, dass nun der Rache genug getan wäre, ihren Vaterum Einhalt gebeten. Vom Land aber blieb nur ein kümmerlicherRest, von Bergen und Seen übersät und selbst auf einersalzigen Brühe schwimmend.Soweit eine Version. Möglicherweise kam es auch schon vorMadas Untat zum Bruch zwischen Menschen und Wölfen.Die Lieska-Leddu wissen zu berichten, dass Urvater und Urmutter,selbst Kinder <strong>des</strong> mythischen Wolfspaares, das einstzwei Menschlein und zwei Wölfchen gebar, auf Grund ihrerunermesslichen Gier ihren vierbeinigen Geschwistern keinenTeil der Jagdbeute gönnen.So wandten sich schließlich die Silberwölfe von den Menschenab, und es werden erst wieder bessere Zeiten kommen, wenndie Wölfe den Menschen vergeben. Wie es sich nun wirklich88zutrug, werden wir wohl nie erfahren. Möglicherweise enthaltenbeide Geschichten einen Teil der Wahrheit.Unbestritten ist jedoch, dass die Nivesen nicht von einem anderenKontinent her eingewandert sind und somit zu den UreinwohnernAventuriens zählen. Wie weit die Geschichte derNivesen zurückreicht, mag man daran ermessen, dass die Feenvor allem Rothaarige als Menschen anerkennen und behaupten,sie seien beinahe von Anfang an da gewesen.Diesseits und GeisterweltFür Nivesen existieren die diesseitige Welt – die Tuundarar –und die Geisterwelt – das Nivaleiken – nebeneinander. Je<strong>des</strong>Geschöpf existiert auf beiden Ebenen und kennt sowohl einematerielle als auch eine immaterielle Form. Nur Schamanenist es jedoch vorbehalten, in beiden Welten zu wandeln undmit den Bewohnen <strong>des</strong> Nivaleiken zu kommunizieren. In derNatur, ob Felsen, Bäumen, Bergen, Seen oder in Wetterphänomenen,manifestieren sich diese Geister auch im Diesseits undkönnen dazu gebracht werden, dem Menschen zu dienen.Ein besonderer Ort in der Geisterwelt ist das stürmische Kekkasavu.Der ‘Rauch der Totenfeuer’ soll die Geister verbrannterNivesen in das Jenseits tragen, und so werden hier die Geisterund Seelen empor gewirbelt. Ins Kekkasavu werden auchalle gebannten Geister (und Dämonen, die für Nivesen als abgrundtiefböse Geister gelten, die nicht in Tuundarar existierendürfen) geschleudert, damit sie dort verbrennen.Die Nivesen kennen unzählige Naturgeister. Genannt seienhier die Uonii, die das Wasser zum Fließen bringen, oder dieJuajok, die in der Erde wohnen und dafür sorgen, dass alleGegenstände nicht zum Himmel, sondern zum Boden fallen.Die Gabetaj wiederum hausen in der Luft und entreißendem Boden – wenn die Juajok nicht aufpassen – die Pflanzen,lassen sie somit das Erdreich verlassen und wachsen. Außerdemsorgen die Gabetaj nebenbei auch noch dafür, dass sichMensch und Karen fortpflanzen. Einige Stämme ziehen in ihrenSommerlagern, die sie zwei bis drei Monate bewohnen, einpaar Nutzpflanzen, wie etwa die höllisch scharfe Kvillzwiebel.Bisweilen geht der Schamane um die Beete herum und lässteinige kleine Steine fallen. Damit werden die Juajok abgelenkt,und die Gabetaj können zu Werke gehen.Gleichgültig verhalten sich die Fienlauki, die im Winter umhergehenund allen Wesen die Kraft entziehen. Von munterem Wesensind häufig die Kekkääle, Feuergeister, die in ihre Schrankenverwiesen werden müssen, da sie sonst alles verzehren, was vonihnen berührt wird. Zu den wichtigsten Tiergeistern gehören dieTaarjuk, die in den mächtigen Bären wohnen und der Inbegrifffür Kraft und Mut sind. Von höchst unterschiedlichem Naturellsind die Fien-Nikkaa, Wolfsgeister, die von den Himmelswölfengesandt werden, um den Menschen und Wölfen beizustehen.Eine ihrer wichtigsten Aufgaben ist es, die Seelen der Totendurch das Kekkasavu zu führen. Auch der Überzählige musserwähnt werden, ein mächtiger Geist der Verführung, der einsame,nachlässige Hirten überfällt. (Hesinde-Geweihte vermutenin der Gestalt <strong>des</strong> Überzähligen den Namenlosen.) Vor ihmkann letztendlich nur eine Pirtinaj, ein freundlicher, weiblicherJurtengeist, schützen. Die Pirtinaj bewahren die Bewohner derjeweiligen Behausung vor allerlei Gefahren. Um sie bei Launezu halten, opfert man ihnen immer wieder hübsche Kleinigkeitenwie Spielzeug oder Schmuck.Sample file


Viele Geister haben eine eigenständige Persönlichkeit, besonderswenn sie Teil mächtiger Erscheinungen <strong>des</strong> Wettersoder mit einem wichtigen Ort verbunden sind. So wurde dielegendäre Schamanin Huuka, die Oblosch auslöschte, für vieleSommer von dem Gabetaj Penkoa begleitet. Am Johonkuhun-Seebei Uta wohnt der verspielte Wassergeist Liushui, derWanderer gerne nass macht. Der mächtige Eisvogel Arkiniitukann hingegen nur in großer Höhe in das Diesseits treten undverwandelt dort den Regen in Schnee.Die HimmelswölfeDie Steppennomaden verehren dieHimmelswölfe (Nujuka: Manikku)als höchste Götter. RegelmäßigeGottesdienste, in denensie angebetet werden, kennendie Nivesen nicht; allerdingswerden die göttlichen Wesenbisweilen um Beistand angerufen.Ansonsten versucht derSchamane, ständig eine Verbindungzu ihnen zu halten.Er erkennt die Zeichen, diesie geben, und ihm obliegt derenInterpretation, seien es nunBesonderheiten im Verhalten derKarene, auffällige Moosfiguren anBäumen oder Wolkenbilder.Oftmals sind Wölfe die Überbringer göttlicherBotschaften. Lediglich zu Beginn und amEnde der Wanderungen im Frühling und Herbst werdenden Himmelswölfen in einer Zeremonie Opfer dargebracht:Karene oder erjagtes Wild. Der Schamane bittet um Schutzfür die bevorstehende Reise, oftmals verbunden mit einem Opferversprechen,das nach der sicheren Ankunft eingelöst wird.Wie sehr die Nivesen die Himmelswölfe fürchten, zeigt sichin einigen Eigenarten, von denen wir nicht wissen, ob sie tatsächlichnur ins Reich <strong>des</strong> Aberglaubens gehören. So ist fürdie Steppennomaden der Nordstern das Auge Liskas, das dieMenschen vorwurfsvoll anstarrt. Auch fürchten die Nivesendie alljährliche Annäherung <strong>des</strong> Madamals an das Sternbild<strong>des</strong> Ogerkreuzes im Frühling und Sommer, und sie raten, beiVollmond nichts anzufassen, das zerbrechlich ist. Auch dieHandlesekunst ist nivesischen Ursprungs und dient bei denNomaden dazu, festzustellen, wie nahe eine Person mit Madaverwandt ist.<strong>Im</strong> folgenden verwenden wir die gebräuchlichen garethischenNamen der Himmelswölfe; die nivesischen Namen sind inKlammern nachgestellt.Gorfang (Goauan), der Rudelführer, wird höchst selten angerufen.Er verkörpert Herrschaft und Rache und wird meistdann bemüht, wenn letztere geübt werden soll. Ein Mord istfür den Nivesen ein fürchterliches, unvorstellbares Verbrechen.<strong>Im</strong> rauen Norden ist ein Leben zu kostbar, als dass man eseinfach opfert. Eine solche Untat kommt selten vor, und mankennt für sie auch keine angemessene Strafe. So bitten manchmaldie Hinterbliebenen <strong>des</strong> Opfers Gorfang, den Mörder zubestrafen. (Nebenbei bemerkt, ein Mord kommt bei den Nivesenzwar seltener vor als bei jedem anderen Volk Aventuriens,89er ist aber dennoch häufiger, als manch einer annehmen mag.Oft, wenn es keine Zeugen gibt, kann sich der Täter damitherausreden, dass der Getötete ein Opfer wilder Tiere wurde.Dem Mörder schenkt man in der Regel Glauben, da man ihmsolch eine grässliche Tat nicht zutraut.)Bisweilen soll Gorfang die Menschen heimsuchen, wenn siesich an seinen vierbeinigen Schützlingen vergangen haben.Allerdings gibt es bisher keinen Überlebenden, der davon berichtenkönnte.Grispelz (Griekii) ist Gorfangs Gemahlin.Man kann also getrost annehmen, dassbeide jenes mythische Wolfspaar,Urvater und Urmutter, sind, dieeinstmals die ersten Wölfe undMenschen geboren haben. Alleanderen Himmelswölfe sindKinder der beiden. Grispelz istgewissermaßen ‘die gute Seele’<strong>des</strong> Rudels und kümmertsich aufopferungsvoll um dieIhren. Für die Nivesen symbolisiertsie zudem Fruchtbarkeit.Reißgram (Rieinan) ist ein geschickterJäger und wird dementsprechendum Jagdglück angerufen.Wer sich an Reißgrams Gesetzhält, dem soll reiche Beute gewiss sein.Sein Geschick wird auch bei Handwerksarbeitenerhofft.Rotschweif (Rokjok) hingegen ist sehr schlau. “Der gehörtauch nicht zu Rotschweifs Rudel” ist eine nivesische Redewendungund umschreibt einen ausgemachten Dummkopf.Rotschweif möchte gerne die Herrschaft seines Vaters brechen,doch <strong>des</strong>sen rohe Kraft konnte seinen Machtanspruch bishererhalten. Wenn im Sommer die für den Norden typischen,schweren Gewitter über das Land ziehen, streiten sich nachAnsicht der Nivesen Vater und Sohn.Firngrim (Fienjei) mit dem weißen Pelz ist die Wintermutter;sie lässt durch ihren kalten Blick Wasser zu Eis erstarrenund überzieht je<strong>des</strong> Jahr im Herbst das Land mit einer dickenSchneedecke. Der Bruch zwischen Menschen und Wölfenhat ihr Herz zu einem kalten Eisblock werden lassen. Führtsie nun das Regiment, ist sie hart und unerbittlich. Wer sichnicht rechtzeitig gegen den Winter wappnet, der überlebt ihnauch nicht. Wie ihr Vater kennt Firngrim keine Gnade. DerWinter ist für die Nivesen gewissermaßen gleichbedeutend mitTod (in der nivesischen Sprache gibt es für bei<strong>des</strong> gleichlautendeWörter). Oftmals ereilt das Schicksal gerade im Winterdie Schwachen und Greise. Viele Jäger kehren in der kaltenJahreszeit nicht mehr heim. Schon eine harmlose Verletzung,die jemanden dazu zwingt, nur kurze Zeit an Ort und Stelleauszuruhen, kann den Tod durch Erfrieren bedeuten. Wennein Nivese im Sterben liegt, sagt man, dass er Firngrim heulenhört.Ihre Zwillingsschwester Arngrim (Fianjei) weckt aber je<strong>des</strong>Jahr im Frühling das Land aus seinem Winterschlaf. Sie gebietetim Peraine oder Ingerimm der Wintermutter Einhalt, undihr warmer Atem taut das Eis und haucht den Pflanzen neuesSample file


Genannt sei hier der Nivilaukaju-Stein (ein Nivesenmädchentötete hier die Wolfsgeliebte ihres Bräutigams) bei Riva, an demregelmäßig den Himmelswölfen Karene geopfert werden. MancheSchauplätze der Sagen und Geschichten gelten aber auch alsverflucht, da hier die ruhelosen Geister der unglücklichen Toten(und davon gibt es viele in den Nivesenmärchen) umhergehen.Und nichts fürchtet der Nivese mehr als eine Seele, die nicht dortist, wo sie hingehört, nämlich in einem lebendigen Körper oder inder Ewiggrünen Ebene.Mit viel Phantasie erkennendie NivesenAbbilder von Menschenoder Tieren in der Natur.Besonders häufig gibt esnatürlich Wolfsbäume,Wolfssteine und Wolfsseen.Hier werden oftmalsdie Verhandlungen mitden Wölfen über denFleischtribut geführt.Die Nivesen errichtenprimitive Steinkreise,von denen häufig angenommenwird, dass sieder religiösen Verehrungder Himmelswölfe dienen.Dem ist nicht so.Die Kreise, die übrigenseher unscheinbar sindund aus Findlingen bestehen,die selten einmalmehr als 150 Stein wiegen,liegen allesamt aufmagischen Kraftlinien. Wo immer der Weg einer Nivesensippeeine solche arkane Ader schneidet, wird ein Steinkreis errichtet,in den sich der Schamane zur Meditation zurückzieht und soseine Zauberkräfte auffrischt und stärkt.Stamm und SippeAn der Spitze eines jeden Stammes steht ein Oberhäuptling,der Juttu. Die Bedeutung dieser Position unterscheidet sichzwischen den Stämmen. Während der Juttu der Lieska-Leddueinzig ein Repräsentant der Einigkeit unter den Sippen ist, hater bei den Rika-Lie schon weitreichende Befugnisse und ist dereneinziger Richter in großen Streitfällen.Die Stämme wiederum gliedern sich in einzelne Sippen, dievon Unterhäuptlingen, den Lahtis, angeführt werden. Sippenbestehen aus mehreren Familien. Sehr einflussreiche Familiensind auch in mehreren Sippenverbänden vertreten. Die Bindungzwischen Stamm und Sippe ist eher locker, und der Nivese fühltsich in erster Linie der Familie, den Freunden und der Sippegegenüber verpflichtet. Die Nivesen kennen nur ein Wort fürStamm und Sippe; was von beiden gemeint ist, muss der Zuhörerdem Sinn <strong>des</strong> Gesprächs entnehmen. Lahti als auch Juttukönnen Männer wie Frauen sein. Eine Vererbung der Häuptlingswürdeist nicht die Regel, kommt aber vor, wenn der Sohnoder die Tochter <strong>des</strong> Lahti genügend Talent aufweist.91Eine besondere Stellung haben die Kaskju, die Schamaninnen(die weitaus meisten Schamanen der Nivesen sindFrauen). Sie überliefern die alten Sagen und Legenden, sindBerater ihrer Häuptlinge, und oft gilt das Wort einer alten,weisen Kaskju mehr als das <strong>des</strong> Sippenführers. Ihre Fähigkeitender Weissagung und Prophezeiung sind entscheidend,wenn es um die Zukunft der Gemeinschaft geht. Schließlichhalten die Schamanen die Verbindung zu Himmelswölfenund Geistern aufrechtund deuten alle Naturzeichen,insbesondereden Wolkenzugund das Nordlicht.Sample fileWeniger spektakulär,aber ebenso wichtigist eine andere Aufgabe:das Heilen. Nichtumsonst werden Schamanenim mittelreichischenVolksmundauch Medizinmännergenannt.Es kommt gelegentlichvor, dass sich aus Streitigkeitenzwischen denStämmen Kriege entwickeln.Diese ähnelnaber eher einer Massenschlägereiund findenhäufig ein Ende,bevor Blut vergossenwird.Das nivesische Rechtist sehr einfach gestaltet: Wer etwas stiehlt, muss es zurückgeben,wer etwas zerstört, muss es ersetzen, wer jemanden beleidigt,muss sich entschuldigen. Die Gerichtsbarkeit liegt beimLahti, sofern die Betroffenen aus einer Sippe stammen, undbeim Juttu, wenn sie aus zwei Sippen <strong>des</strong> gleichen Stammessind. Sollte ein Streit zwischen den Mitgliedern zweier Stämmeentbrannt sein, haben beide Juttus gemeinsam über eineLösung zu entscheiden. Wenn dies fehlschlägt, kommt es zuoben genannten Fehden.Die meisten Gebiete, die die Nivesen bewohnen, sind freiesLand, so dass die Nomaden keinem Herrn dienen müssen.Etwas anders verhält es sich aber im Bornland. <strong>Im</strong> Laufe derGeschichte hat der Adel immer wieder probiert, die Nivesenzu unterjochen. Durch eine Art passiven Widerstand wurdendiese Versuche aber stets vereitelt. Einige Sippen verließen sogardas Land und schlugen ihre Winterlager weiter westlichauf. Das war den Herren jedoch nicht recht, immerhin sorgendie Nivesendörfer in den ansonsten fast menschenleeren Gebietenein wenig für die Sicherheit der Reisenden im Winter.Schließlich erließ die Adelsversammlung im Jahre 771 BF dasFestumer Edikt, in dem die Nomaden für frei erklärt und vonallen Zoll- und Zinslasten enthoben wurden. In Städten undim Umkreis von fünf Meilen um eine Burg oder Feste unterliegendie Nivesen der bornländischen Gerichtsbarkeit, ansonstennicht.


Die großen NivesenstämmeLieska-LedduSommerlager: Brydia, Blauer SeeWinterlager: östliches SewerienDie Leddu haben vielerorts das Bild der Nivesen geprägt, sindsie doch der größte Stamm. Sie umfassen weit über 100 Sippen,die sich in ihren Traditionen teils sehr voneinander unterscheiden.Das einigende Band zwischen ihnen ist der uralte Paktmit den Rauwölfen, Saidaä Tautu, auf den sie sich berufen undden die Lahtis gemeinsam je<strong>des</strong> Jahr zu erneuern trachten.Mehrere Sippen konnten dem jedoch in den Jahren Gloraniasnicht nachkommen und haben den Stammesverband verlassen.Sie sind auch nicht in die Brydia-Steppe zurückgekehrt,sondern ziehen heute durch das Jonsu.HokkeSommerlager: nördliches JonsuWinterlager: bei GerasimDurch kein Wetter zu beugen, so kennt man die Hokke-Nivesen.Auf ihren Wanderungen sind sie den unbändigen Winden<strong>des</strong> Jonsus ausgesetzt, was sie jedoch nicht zu stören scheint.Hokke ziehen das Fischen auf See und in den Flüssen der Jagdvor, wobei sie im Sommer auch auf Walfang ausziehen. Siefanden als Nivesenstamm durch Rokjoks Sternenlicht zusammen,das die Hokke vor vielen Jahrtausenden auf ihre heutigenWanderrouten leitete.Lieska-LieSommerlager: Taiga zwischen Kvill und LemonWinterlager: nahe dem Rorwhed-GebirgeTakkuSommerlager: nördlich von Naauki-myrkkui-KuuienWinterlager: westliches SewerienDie Takku ziehen sehr weit in den Norden, in Gebiete, dieanderen Völkern als lebensfeindlich gelten. Sie gelten als besondersausdauernd und standhaft. Es wird ihnen auch nachgesagt,Gefahren <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> schon aus der Ferne erspähen zukönnen. Die Änderung der Wanderwege durch das Eis Gloraniashat den Takku besonders zugesetzt, und bis heute ziehenviele von ihnen auf anderen Routen. Sie fühlen sich jedochdem Stamm weiter zugehörig, der auf die mutigen Taten <strong>des</strong>Jägers Takku zurückgeht, der einst mit seinen Getreuen einenAngriff von dunkel gerüsteten Elfen aus den Landen <strong>des</strong>ewigen Schnees zurückschlug. Der gegenwärtige Juttu, Teemuvon den Voimaka-Takku, wollte nach dem Rückgang <strong>des</strong>dämonischen Eises seine Sippe zunächst nicht in die östlicheSteppe zurückführen, hat inzwischen jedoch einen Sinneswandelerfahren.Rika-LieSommerlager: am Golf von RivaWinterlager: nördlich der Roten SichelAls sehr mystisch veranlagt gelten die Rika-Lie, deren Sagenschatzunermesslich ist. Die Fertigkeit, Zeichen der Himmelswölfein der Natur zu lesen, haben sie zu einer Kunsterhoben. Reisende sind immer wieder beeindruckt von denMaskentänzen, die in den Lagern der Rika-Lie zu jedem Vollmondstattfinden. Dabei tragen die Stammesmitglieder, objung oder alt, die Masken von Tieren, Geistern und Ahnen,tanzen wild zum Klang der Bukkaluula und stimmen mit ihremGesang in das Heulen der Wölfe ein. Dieses Ritual solldie Ursprünglichkeit symbolisieren, die sich die Rika-Lie bewahrthaben. Als den Himmelswölfen besonders nahe gilt diealte Kaskju Paakauka, deren Worte zu entschlüsseln jedochniemals einfach ist.92Die Sippen der Lieska-Lie, meist nur wenige Dutzende Köpfegroß, stehen in ihrer Bedeutung über der Familie. Ohne Zweifelbringt der Stamm die besten Jäger unter den Nivesen hervor.Wie die Leddu begründen sich auch die Lie-Nivesen aufeinen Pakt, jedoch schlossen sie diesen einst mit dem BaumgeistNukaamo, der irgendwo in der Taiga sein Refugium hat.Lieska-JaärnaSommerlager: zwischen Paavi und Ehernem SchwertWinterlager: nördliches WalsachuferDer mit Abstand kleinste Nivesenstamm umfasst weniger alszehn Sippen. Die Lieska-Jaärna folgen getreu den Worten ihresJuttu Niinaljok. Sie sind den Kontakt mit Städtern rechtgut gewöhnt, und sowohl in den Orten am Walsach als auch inEestiva und Paavi treiben sie häufig mit ihnen Handel. SeinenUrsprung hat der Stamm im Sommer <strong>des</strong> Durstes vor mehr alstausend Götterläufen, als mehrere Sippen sich zusammenfanden,um eine unbarmherzige Hitzewelle gemeinsam zu überstehen,was denn auch gelang.Sample fileHerausragende SippenLieska-KangerlukSommerlager: BernsteinbuchtWinterlager: ebenfalls BernsteinbuchtEinst eine Sippe der Lieska-Jaärna, lagerten die Kangerluk imSommer an der Mündung der Letta; und wenn der Herbst dieersten Blätter bunt färbte, machte man sich stets mit den Karenenauf gen Süden – bis vor einigen Generationen das großeUnglück hereinbrach: Eine Krankheit wütete unter den Tierenund dezimierte die Herde um neun Zehntel. Es waren zu wenigKarene übrig, als dass die Menschen die Wanderung undden langen Winter hätten überleben können, und so wurde beschlossen,den kümmerlichen Rest der Herde ziehen zu lassenund einstweilen an der Brecheisbucht zu bleiben, um von der

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