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Publikation Management Consulting 2013 - Asco

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Nachhaltigkeit und GrosseTransformationDr. Jürg Minsch,unabhängiger Nachhaltigkeitsforscher,minschsustainability affairsEs gibt gute Augenblicke, um das gesellschaftliche und wirtschaftlicheGeschehen in eine starke Erzählung zu fassen.Karl Polanyi tat dies. In seinem 1944 erschienenen Buch «TheGreat Transformation» beschreibt er die erste IndustrielleRevolution. Drei Aspekte waren für die damalige wirtschaftlicheEntfesselung zentral: Der wissenschaftliche Fortschrittbrachte bis anhin ungeahnte technische Fähigkeiten. Eineentstehende Unternehmerschaft sah Verwertungschancenund nutzte sie, koordiniert durch eine sich entwickelndeMarktwirtschaft und zunehmend zivilisiert durch den sichformierenden demokratischen Rechtsstaat und eine lebendigeZivilgesellschaft.Die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts zeigte, zumindest inunseren Breiten, eine eindrückliche Renaissance der IndustriellenRevolution – auf der Basis folgender Übungsannahmen:Gesicherte Ressourcenbasis, sowohl was Energie undRohstoffe angeht. Scheinbar unerschöpfliche Aufnahmekapazitätender natürlichen Umwelt für Emissionen und Abfälle.Weit offene Wachstumsperspektiven für praktisch alle Branchenund ebenso offene Ausbaupotentiale für staatlicheLeistungen und die Sozialwerke. Die Weltlage war überblickbar,wenn auch nicht ungefährlich, mit einer Schweiz instabilen, freundschaftlichen wirtschaftlichen und politischenBeziehungen zu den Nachbarn. Der Stern von Demokratieund Marktwirtschaft leuchtete hell. «Wohlstand und Friedendurch Wachstum» war das Motto.Diese Übung ist vorbei. Die Annahmen haben sich grundlegendgeändert: Die Ressourcenbasis ist in jeder Hinsicht unsicher.Die Grenzen der Aufnahmekapazitäten der natürlichen Umweltsind nicht mehr Hypothese, über die man trefflich streitenkann, sondern Realität. Wachstum ist nicht länger die unhinterfragteZauberformel für Wohlstand und Frieden, esmuss sich qualifizieren und legitimieren: Was soll wachsen?Womit? Zu welchem Zweck? Zu wessen Lasten? Das schafftGewinner, aber auch Verlierer. Der Konflikt wird zum gesellschaftlichenNormalfall. Der demographische Wandel stelltdie Sozialwerke vor neue Aufgaben.Ausgerechnet heute, wo Demokratie und Marktwirtschaft alsWerte an sich (Freiheit) und als Problemlösungsmechanismenbesonders gefragt wären, geraten sie in die Defensive. Dasdemokratisch-marktwirtschaftliche Modell wird durchdas autoritär-marktwirtschaftliche Modell herausgefordert,wie es unter anderem China vorexerziert. Dieses gewinntan Attraktivität, nicht nur in Drittweltstaaten, auch bei unsvernimmt man aus den <strong>Management</strong>etagen oft kaum unterdrückte Bewunderung für dieses Entwicklungsmodell.Tatsächlich haben sich neue globale Players – neben Chinainsbesondere Indien, Brasilien und Südafrika – erfolgreich alsökonomische und geopolitische Kraftzentren etabliert. Hierwohnt der neue globale Mittelstand und entwirft die künftigenKonsummuster und Lebensstile. Hier ist auch längstnicht mehr die globale Werkbank für billige Massenprodukte.Die neuen Player sind auf dem Weg in die Hochtechnologie.Der Wettkampf um die Technologieführerschaft wird nichtmehr allein in der nördlichen Hemisphäre entschieden. Kurz:Die gewohnten globalen Kräfte-Hierarchien – wirtschaftlich,politisch, wissenschaftlich – zerfallen. Die Welt wird flach, dieWürfel neu verteilt. Und mitten drin, etwas orientierungslos,die Schweiz. Wie schaffen wir Lebensqualität heute?Ein guter Augenblick für ein Gedankenexperiment. Mankönnte sich überlegen, wie Karl Polanyi die heutige Situationbeschreiben würde. Hier seine fiktiven ersten Notizen:Die Welt ist gerade dabei, sich neu zu erfinden. Wir steckenmitten in einer neuen tiefgreifenden – diesmal globalen –Transformation. Vieles ist in Bewegung, vieles ist möglich.Eine historische Chance für die Nachhaltige Entwicklung.Vergesst die schlichte Formel «Frieden und Wohlstand durchWachstum!» Eine Renaissance der wachstumsgetriebenenalten Industriellen Revolution, wie sie die zweite Hälfte des20. Jahrhunderts geprägt hatte, wird es nicht geben.Wissenschaft, Technik und Unternehmen sind im Prinzipbereit für eine neue starke Erzählung. Dazu gehört es, dieneuen ökologischen, sozialen und ökonomischen ÜbungsannahmenErnst zu nehmen. Nicht, weil es zum guten Tongehört, sondern aus Notwendigkeit. Sie zu ignorieren hiesse,in die Vergangenheit zu investieren.Daraus folgt: Nachhaltige Entwicklung meint nicht ökologischesund soziales Nachbessern des Überholten, sondernNeudesign. Unser Denken und Handeln in Wirtschaft undPolitik muss vom Korrektur- in den Kreativmodus wechseln.15

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