346 Clemens Standl290. Salzburg, Residenz, Lageplanbaulichen Veränderungen am Gebäude zurückzuführen.Der räumliche <strong>und</strong> inhaltliche Zusammenhangmit dem Hauptgeschoss der Residenz war nicht mehrgegeben. Mit dem Umbau in den 1960er Jahren wurdedas Hofbogengebäude endgültig aus dem Kontext desGesamtensembles der <strong>für</strong>sterzbischöflichen Residenzgelöst.Während der letzten Umbauphase in den 1960erJahren war das Interesse an der Erforschung der Geschichtedes Gebäudes erwartungsgemäß gering. Sosind uns weder genauere Aufzeichnungen noch einewissenschaftliche Dokumentation über die im Zugeder Bautätigkeit erlangten Erkenntnisse zur Baugeschichtedes Hofbogengebäudes überliefert. Das Fehlenjeglicher Informationen kann jedoch durch einefotografische Dokumentation dieser Umbauphase sehrgut ausgeglichen werden. 6 Die Bilder zeigen nicht nur,wie respektlos man noch in den 1960er Jahren mitdem baulichen Erbe umging, sondern liefern auch unwiederbringlicheHinweise zur Nutzungs- <strong>und</strong> Baugeschichtedes Hofbogengebäudes.Primärquellen zur Baugeschichte finden sich erstab dem Jahr 1745. 7 Erst von da an dokumentieren zahlreicheBerichte, Überschläge <strong>und</strong> Rechnungen, Um-6Die Fotodokumentation, bestehend aus zwei Ordnern mit über400 Aufnahmen, befindet sich im Besitz von Dr. Norbert Mayr, dermir diese fre<strong>und</strong>licherweise <strong>für</strong> meine Arbeit zur Verfügung gestellthat.7Norbert M. Grillitsch, Zur Ausstattungsgeschichte der Residenz inSalzburg, in: Die Salzburger Residenz 1587–1727, Vision <strong>und</strong> Realität,<strong>Österreichische</strong> <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> <strong>Kunst</strong> <strong>und</strong> <strong>Denkmalpflege</strong>(ÖZKD) LXIII 2009, S. 52–73, S. 52. Ein großer Teil der Dokumentevom späten 16. bis frühen 18. Jahrh<strong>und</strong>erts wurde in der zweitenHälfte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts aus Platzgründen vernichtet.8Salzburger Landesarchiv (SLA), HK, HBA 1590–1639, Lit. P, 1612.Hierbei handelt es sich um eine Auflistung der noch offenen Forderungen<strong>für</strong> die von Clamer in der Residenz geleisteten Arbeitenwährend der Regierungszeit Wolf Dietrichs.9SLA, GA XXIII / 61, 1612. Es handelt sich um ein Inventar der Residenz,dass nach der Resignation Wolf Dietrichs im Jahr 1612 entstandenist.10Willibald Hauthaler (Hg.), Johann Stainhauser, Das Leben, Regierung<strong>und</strong> Wandel des Hochwürdigsten In Gott Fürsten <strong>und</strong> HerrnWolff Dietrichen, gewesten Erzbischoven zu Salzburg etc., in: Mitteilungender Gesellschaft <strong>für</strong> Salzburger Landesk<strong>und</strong>e 13, Salzburg1873, S. 3–140.11Richard Schlegel, Fragmente zur Geschichte der Bautätigkeit ErzbischofWolf Dietrichs von Raitenau, in: Mitteilungen der Gesellschaft<strong>für</strong> Salzburger Landesk<strong>und</strong>e 92, 1952, S. 130–146.12Petrus Eder OSB/Abt Amand Pachler: Rationale Super novo AedificioMonasterii s. Petri 1662, aus dem lateinischen übersetzt <strong>und</strong>veröffentlicht: Rechenschaftsbericht über den Neubau zu St. Peter
DAS HOFBOGENGEBÄUDE DER SALZBURGER RESIDENZ 347291, 292. Salzburg, Residenz; links: Ostfassade des Hofbogengebäudes zum Domplatz hin;rechts: das Hofbogengebäude vom Mönchsberg aus gesehen<strong>und</strong> Zubauten am Hofbogengebäude bis in die heutigeZeit.Aus der Erbauungszeit sind als relevante Quellenzur Baugeschichte lediglich eine Rechnung desHoftischlers Simon Clamer [Claner] 8 sowie ein Inventarder Residenz, beide aus dem Jahr 1612, erhalten.9Auch in den zeitgenössischen Chroniken, wie etwaden Aufzeichnungen des Chronisten Johannes Stainhauser,10 oder in der Ficlerschen Chronik <strong>und</strong> der AnonymenChronik, 11 finden sich wenige Anhaltspunktezur Bau- <strong>und</strong> Nutzungsgeschichte des Hofbogengebäudes.Diese Berichte vermitteln allerdings ein gutnachvollziehbares Gesamtbild der Bauvorhaben r<strong>und</strong>um den Bischofshof während der Regierungszeit WolfDietrichs. Über den Anbau der Langen Galerie sindwir durch die Aufzeichnungen von Abt Amand Pachler(1657–1673) sehr gut informiert. 12Die wohl wichtigste <strong>und</strong> genaueste historische Plandarstellungdes Hofbogengebäudes findet sich im Bestandsplan,dem sogenannten Hagenauerplan der SalzburgerResidenz aus dem Jahre 1787. 13 Dank dieserBestandserhebung lässt sich die innenräumliche Situationdes piano nobile vor den Umbauten im ausgehenden18. Jahrh<strong>und</strong>ert gut rekonstruieren.Weitere wichtige Hinweise auf das ursprünglicheAussehen des Gebäudes können anhand zeitgenössischerDarstellungen gewonnen werden. So liefert dievon Daniel Miller um 1656 gemalte Stadtansicht Salzburgvom Mönchsberg wichtige Informationen überdas ursprüngliche Erscheinungsbild (Abb. 293). 14 Diebeiden von Thiemo Sing im Jahr 1657 gemalten AnsichtenSt. Peter vom Norden <strong>und</strong> St. Peter vom Südengeben zahlreiche heute nicht mehr vorhandenen Detailsdes Gebäudes wieder. 15 In diesem Zusammenhangmuss auch noch die Darstellung des Gebäudesim sogenannten Sattler Panorama von Hubert Sattleraus dem Jahr 1829 angeführt werden.HISTORISCHE, STÄDTEBAULICHE UNDARCHITEKTONISCHE VORAUSSETZUNGENMittelpunkt des geistlichen Zentrums war der Vorplatzder Domkirche, der so genannte Fronhof, dersich zwischen Dom, Bischofshof, dem Stift St. Peter<strong>und</strong> dem an die Stadtpfarrkirche 16 angebauten Klosterder Peterfrauen erstreckte (Abb. 294). 17 Die einzigeVerbindung zwischen Marktplatz, dem Zentrum derBürgerstadt <strong>und</strong> dem Fronhof stellte die Käsgasse dar, 18die zwischen dem Chor der ehemaligen StadtpfarrinSalzburg in den Jahren 1657 bis 1661 <strong>und</strong> über den Abriss desalten Gebäudes, in: Petrus Eder OSB <strong>und</strong> Ernst Hintermaier (Hg.):Heinrich Franz Biber, 1644–1704. Musik <strong>und</strong> Kultur im hochbarockenSalzburg, Studien <strong>und</strong> Quellen, Salzburg 1994, S. 111–139.13Archiv St. Peter: 083–10_r. Wolfgang Hagenauer (1726–1801),„Gr<strong>und</strong>riß Der Erzbischöflichen Winterresidenz in Salzburg zu ebenerErde“, Tusche, koloriert, 66 x 49 cm, Wasserzeichen: Ligatur<strong>und</strong> Wappen, D&CBlauw, 1787; 083–09_r. Wolfgang Hagenauer(1726–1801), „Gr<strong>und</strong>riß Der Erzbischöflichen Winterresidenz inSalzburg des zwyten Stockwerks“, Tusche, koloriert, 66 x 49 cm,Wasserzeichen: Ligatur <strong>und</strong> Wappen, D&CBlauw, 1787.14Daniel Miller (?), Zwei Salzburger Stadtansichten <strong>für</strong> Abt AlbertKeuslin, Öl auf Leinen, je 91 x 407 cm, 1655/1657?, Archiv St. Peter.15Archiv St. Peter, A 320/386, Fr. Thiemo Sing OSB (?), St. Peter vonNorden, Gouache auf Pergament, 19,5 x 27,9 cm, 1657; A 320/387,Fr. Thiemo Sing OSB (?): St. Peter von Süden, Gouache auf Pergament,19,5 x 27,9 cm, 1657.16Heute Franziskanerkirche.17Er wurde zusammen mit dem Neubau des Domes unter KonradIII. von Wittelsbach (1179–1183) errichtet. Die Schauseite des Bischofshofesorientierte sich allerdings nicht zum Fronhof hin, sondernzum nördlich gelegenen Marktplatz der Stadt. Die Südseitedes Fronhofes gegen das Stift St. Peter bildete keine homogenePlatzwand, sondern setzte sich aus einer Vielzahl unterschiedlicherEinzelobjekte der mittelalterlichen Klosteranlage zusammen. Wieauf der Stadtansicht von 1553 gut erkennbar, war der Platzraumdes Fronhofes gegen das Kloster der Petersfrauen hin, also dortwo sich heute die Franziskanergasse führt, mittels einer Mauer begrenzt.Diese Mauer dürfte sich ungefähr dort bef<strong>und</strong>en haben,wo sich heute die Straßenfassade des Osttraktes des Franziskanerklostersbefindet.18Die Verbindung zum Frauengarten, also die heutige Achse Franziskanergasse/Hofstallgassewurde erst unter Wolf Dietrich angelegt.