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Durch Feinstaub zur Umweltzone Ruhr?<br />
„Dreams of Californication“<br />
Mittels Umweltzone möchte der Regionalverband Ruhrgebiet das Kalifornien<br />
Deutschlands schaffen. Ab 2008 drohen umfassende Fahrverbote,<br />
doch Wirtschaftsverbände protestieren und die Rechtslage ist verworren.<br />
Hier einige Informationen zum Stand der Dinge.<br />
Seit dem 1. Januar 2005 gilt die Feinstaubrichtlinie<br />
der EU und schon seit zehn Jahren sind die entsprechenden<br />
Grenzwerte bekannt. Doch aufgrund<br />
der weitgehend fehlenden praktischen Umsetzung<br />
der Rechtslage hat sich die Luft in den Städten der<br />
Bundesrepublik kaum verbessert. Im Gegenteil: Der<br />
immer weiter wachsende Anteil von modernen Dieselfahrzeugen<br />
hat in den letzten Jahren sogar zu<br />
einer kontinuierlich steigenden Belastung mit Feinstaub<br />
geführt. Das Ruhrgebiet als Mega-Verkehrszentrum<br />
ist davon natürlich in besonderer Weise betroffen.<br />
Doch nach entsprechenden Gerichtsurteilen<br />
stehen die Kommunen nun unter Zugzwang: Ihnen<br />
obliegt nämlich die Umsetzung der Feinstaubrichtlinie<br />
in den jeweiligen Städten. So existieren derzeit<br />
einige Fahrverbote für LKW, z.B. auf der Gladbecker<br />
Straße in Essen und der Brakeler Straße in Dortmund.<br />
Da Feinstaub aber die unangenehme Eigenschaft<br />
hat, sich durch Wind und Wetter zu verteilen,<br />
erschien dem Regionalverband Ruhrgebiet (RVR) ein<br />
Städte übergreifender Ansatz sinnvoller als eine Aneinanderreihung<br />
städtischer Insellösungen. Ergebnis<br />
der Überlegungen ist eine Machbarbeitsstudie „Regionale<br />
Luftreinhalteplanung“.<br />
Feind Feinstaub<br />
Die Grenzwerte für Feinstaub beziehen sich auf<br />
Partikel der Größenordnung von einem zehnmillionstel<br />
Gramm Gewicht und darunter. Je kleiner<br />
die Korngröße, desto lungengängiger und weniger<br />
ausscheidbar, sogar krebserregend, sind die<br />
Partikel. Insgesondere moderne Dieselfahrzeuge<br />
gelten als Feinstaubschleudern. Da der für die<br />
KFZ-Zulassung zuständige Bund aber in der Vergangenheit<br />
versäumt hat, strengere Grenzwerte<br />
hinsichtlich des Partikelausstoßes festzulegen, um<br />
damit schon frühzeitig die Ausrüstung mit Rußpartikelfi<br />
ltern zum Standard zu machen, sehen<br />
nun die Kommunen die gesamte Umsetzungsproblematik<br />
bei sich. Besonderes Problem dabei:<br />
Nicht nur Dieselfahrzeuge emittieren Feinstaub,<br />
sondern auch alle anderen Fahrzeuge über Bremsund<br />
Reifenabrieb. Hinzu kommen Industrie und<br />
Hausbrand (Heizungsanlagen). Auch hier liegt die<br />
Zuständigkeit beim Bund. Den Kommunen bleibt<br />
damit nur die Umsetzung von verkehrsregelnden<br />
Maßnahmen, insbesondere der Ausweisung von<br />
Fahrverboten, in ihren Gebieten.<br />
Stadtweise unterschiedliche Sperrungen würden<br />
im Ruhrgebiet aber schnell zur Zersplitterung der<br />
Region führen: Ein einziger Dschungel von Fahrund<br />
Verbotszonen wäre absehbar. Die ohnehin<br />
problematische Mobilität in der Metropolregion<br />
wäre empfi ndlich gestört. Insofern ist die Initiative<br />
des RVR, hier städteübergreifend zu Lösungen<br />
zu kommen, begrüßenswert. Die Machbarbeitsstudie<br />
als gemeinsame Aktivität vieler regionaler<br />
Projektpartner kommt denn auch zu folgenden<br />
Ergebnissen, um die Feinstaubbelastung im gesamten<br />
Ruhrgebiet zu verringern:<br />
1. Optimierung des Öffentlichen Personennahverkehrs<br />
2. Routen- und Logistikkonzepte für den<br />
Güterverkehr<br />
3. Einrichtung einer regionalen Umweltzone Ruhr<br />
Umweltzone Ruhr oder NRW?<br />
Eine Umweltzone ist ein „räumlich abgegrenztes Gebiet,<br />
in dem (über einen Stufenplan) Maßnahmen zur<br />
Emissionsreduktion veranlasst werden können“. Umweltzone<br />
Ruhr bedeutet damit gemäß der Machbarbeitsstudie<br />
konkret: Stufenweise Einführung von<br />
Fahrverboten je nach Schadstoffgruppe des Fahrzeugs<br />
zwischen Duisburg und Dortmund, Herten<br />
und Hagen. Kaum vorstellbar, wären doch nach Angaben<br />
der IHK Niederrhein etwa 300.000 Fahrzeuge<br />
vom Fahrverbot betroffen. Die Wirtschaftslobby<br />
ist denn auch eine der erbittertsten Gegnerinnen<br />
der Umweltzone Ruhr: Sie befürchtet insbesondere<br />
schwere Belastungen für Pendler, Handwerk und<br />
mittelständische Wirtschaft, die gezwungen wären,<br />
umfassend in neue Fahrzeuge zu investieren. Doch<br />
nicht nur die ökonomischen Auswirkungen machen<br />
die Umsetzung der Umweltzone Ruhr unwahrscheinlich:<br />
Rechtlich sind Fahrverbote nämlich nur<br />
durchsetzbar, wo die Grenzwerte tatsächlich überschritten<br />
werden. In Gegenden oder auch Straßenzügen,<br />
wo dies nicht der Fall ist, könnten Betroffene<br />
demnach gegen ein Fahrverbot klagen.<br />
Aufgrund dieser komplizierten Gemengelage ist die<br />
Umsetzung einer modifi zierten Form der Umweltzone<br />
wahrscheinlicher: Einzelne, auch städteübergreifende<br />
Waben werden zu Umweltzonen gemäß<br />
des Konzeptes der Landesregierung „Umweltzone<br />
NRW“: In diesen soll ab 2009 Fahrerlaubnis nur noch<br />
Foto: Mihai Musunoi/Fotolia.com<br />
ruhrgebiet:<br />
für Fahrzeuge der Schadstoffgruppen 2 (rote Plakette)<br />
und besser, ab 2010 nur noch für Fahrzeuge<br />
der Schadstoffgruppe 4 (grüne Plakette) bestehen2.<br />
Ausnahmen für Anwohner und Besitzer von nicht<br />
umrüstbaren Fahrzeugen wie z.B. Oldtimern, hat<br />
NRW-Verkehrminister Wittke zugesagt. Schön für<br />
die Betroffenen, aber was bleibt dann noch vom Kalifornien<br />
an der Ruhr? (gs) �<br />
Machbarkeitsstudie „Regionale<br />
Luftreinhalteplanung“:<br />
� www.rvr-online.de/landschaft/Saubere_Luft/machbarkeitsstudie.php<br />
Infos zur Einteilung der Schadstoffgruppen:<br />
� www.tuev-sued.de<br />
� www.kfz-auskunft.de<br />
<strong>stadt</strong><strong>blatt</strong>: 5 | 2007 November - Januar 27