Dauergifte in den Alpen
Dauergifte in den Alpen
Dauergifte in den Alpen
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DAUERGIFTE IN DEN<br />
ALPEN<br />
Die Belastung der <strong>Alpen</strong> mit schwer abbaubaren<br />
organischen Schadstoffen<br />
Dr. Elli Seidl Wien, im Jänner 2000
Impressum:<br />
Greenpeace Österreich<br />
Siebenbrunnengasse 44<br />
A-1050 Wien<br />
Tel.: +43-1-545 45 80<br />
Fax.: +43-1-545 45 88<br />
e-mail: office@at.greenpeace.org<br />
Internet: http://www.greenpeace.at
Inhaltsverzeichnis<br />
1. E<strong>in</strong>leitung................................................................................................................ 2<br />
1.1 Die globale Verbreitung der <strong>Dauergifte</strong>................................................2<br />
1.2 Was s<strong>in</strong>d die bekanntesten <strong>Dauergifte</strong> ?..............................................2<br />
1.3 Gesundheitsgefahren durch <strong>Dauergifte</strong> ...............................................3<br />
2. Giftalarm <strong>in</strong> der Arktis............................................................................................ 4<br />
3. <strong>Dauergifte</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> Rocky Mounta<strong>in</strong>s...................................................................... 4<br />
4. <strong>Dauergifte</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>......................................................................................... 5<br />
4.1 <strong>Dauergifte</strong> <strong>in</strong> Gebirgswäldern der österreichischen <strong>Alpen</strong>.................5<br />
4.1.1 Diox<strong>in</strong>e........................................................................................................ 6<br />
4.1.2 Polychlorierte Biphenyle (PCBs) ................................................................. 7<br />
4.1.3 Polybromierte Biphenyle (PBBs)................................................................. 8<br />
4.1.4 DDT ............................................................................................................ 8<br />
4.1.5 L<strong>in</strong>dan und Hexachlorcyclohexan (HCH) .................................................... 9<br />
4.1.6 Hexachlorbenzol (HCB) ............................................................................ 10<br />
4.1.7 Pentachlorphenol (PCP) ........................................................................... 10<br />
4.1.8 Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAHs) ........................... 10<br />
4.2 <strong>Dauergifte</strong> außerhalb der <strong>Alpen</strong>: Beispiel Böhmerwald....................11<br />
4.3 <strong>Dauergifte</strong> für Tiere ..............................................................................12<br />
4.3.1 Fallbeispiel 1: Fische ................................................................................ 12<br />
4.3.2 Fallbeispiel 2: Murmeltiere ........................................................................ 14<br />
5. Zusammenfassung und Schlußfolgerungen...................................................... 14<br />
6. Greenpeace fordert.............................................................................................. 15<br />
7. Literatur ................................................................................................................ 16<br />
Greenpeace-Studie “<strong>Dauergifte</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>” 1
1. E<strong>in</strong>leitung<br />
Bunte Blumenwiesen, Fichtenwälder, klare Bergseen <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> s<strong>in</strong>d - nicht<br />
nur <strong>in</strong> Frem<strong>den</strong>verkehrsprospekten - Symbole für e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>takte, saubere Umwelt.<br />
Das idyllische Bild täuscht, <strong>den</strong>n auch die Gebirge, weit entfernt von großen<br />
Städten und Industrie, s<strong>in</strong>d bereits mit <strong>Dauergifte</strong>n belastet. Schwer abbaubare<br />
organische Schadstoffe, auch POPs (persistant organic pollutants) oder<br />
<strong>Dauergifte</strong> genannt, haben die abgelegensten Plätze dieser Erde erreicht, es<br />
gibt ke<strong>in</strong>e weißen Flecken mehr.<br />
1.1 Die globale Verbreitung der <strong>Dauergifte</strong><br />
Die <strong>Dauergifte</strong> s<strong>in</strong>d Wandergifte. S<strong>in</strong>d sie e<strong>in</strong>mal entweder direkt bei ihrer<br />
Verwendung, bei <strong>in</strong>dustriellen Herstellungsprozessen, Verbrennungsprozessen,<br />
mit dem Müll usw. <strong>in</strong> die Umwelt gelangt, wer<strong>den</strong> sie nur sehr langsam<br />
abgebaut. Sie verdunsten allmählich, wer<strong>den</strong> vom W<strong>in</strong>d mitgenommen und<br />
kommen mit Regen und Schnee wieder auf die Erde zurück. Dieser Vorgang -<br />
verdunsten, kon<strong>den</strong>sieren - kann sich auf der Wanderung der <strong>Dauergifte</strong> mehrfach<br />
wiederholen, sie legen so Hunderte und Tausende Kilometer zurück 1 2 .<br />
1.2 Was s<strong>in</strong>d die bekanntesten <strong>Dauergifte</strong>?<br />
Die UNEP, die Umweltorganisation der UNO, hat Anfang der 90er-Jahre zwölf<br />
chlorierte Verb<strong>in</strong>dungen als erste <strong>Dauergifte</strong> bestimmt. Für diese sollen nun<br />
global Verbote und umweltverträgliche Entsorgungsmaßnahmen erreicht<br />
wer<strong>den</strong>. Die Verhandlungsergebnisse sollen im Rahmen e<strong>in</strong>er Konvention,<br />
e<strong>in</strong>em weltweit völkerrechtlich gültigen Abkommen, abgesichert wer<strong>den</strong>. Diese<br />
Konvention soll <strong>in</strong> der ersten Hälfte des Jahres 2001 bei e<strong>in</strong>er Konferenz <strong>in</strong><br />
Stockholm unterzeichnet wer<strong>den</strong>.<br />
“Dreckiges Dutzend” der UNEP - „Alte“ <strong>Dauergifte</strong><br />
• Polychlorierte Diox<strong>in</strong>e und Furane (PCDDs, PCDFs) (Nebenprodukte von<br />
chemischen Prozessen, Prozessen <strong>in</strong> der Eisen- und Stahl<strong>in</strong>dustrie z.B.<br />
S<strong>in</strong>teranlagen und von Verbrennungsprozessen z. B. Müllverbrennung)<br />
• Polychlorierte Biphenyle (PCBs) (Kühl- und Isolierflüssigkeit)<br />
• Hexachlorbenzol (HCB) (Pilzgift, Weichmacher für Kunststoffe, Emission<br />
aus der Müllverbrennung)<br />
• DDT, Chlordan, Aldr<strong>in</strong>, Dieldr<strong>in</strong>, Endr<strong>in</strong>, Heptachlor, Toxaphen, Mirex<br />
(Insektizide)<br />
Greenpeace-Studie “<strong>Dauergifte</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>” 2
Ab 2001 soll diese Konvention dann auch für Verbote weiterer <strong>Dauergifte</strong><br />
Anwendung f<strong>in</strong><strong>den</strong>. Denn zu <strong>den</strong> altbekannten <strong>Dauergifte</strong>n kommen ständig<br />
neue dazu.<br />
Weitere gefährliche Verb<strong>in</strong>dungen, gegen deren Anwendung weltweit rasches<br />
Handeln notwendig ist, wur<strong>den</strong> z.B. 1998 <strong>in</strong> der Konvention zum Schutz des<br />
Nordostatlantik (OSPAR) festgelegt 3 .<br />
Neue <strong>Dauergifte</strong> nach OSPAR<br />
• Hexachlorcyclohexan (HCH) und L<strong>in</strong>dan (Insektizide)<br />
• Pentachlorphenol (PCP) (Holzschutzmittel)<br />
• Kurzkettige Chlorparaff<strong>in</strong>e (Flammschutzmittel, Weichmacher)<br />
• Nonylphenole, -ethoxylate und verwandte Verb<strong>in</strong>dungen (Zusatz <strong>in</strong><br />
Schmier-, Putz- und Waschmitteln, Weichmacher)<br />
• Bromierte Flammschutzmittel<br />
• Künstliche Moschusduftstoffe<br />
• Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAHs)<br />
(Verbrennungsprodukte, Verkehr)<br />
• Bestimmte Phthalate (DBP und DEHP) (Weichmacher für PVC)<br />
• Organische Z<strong>in</strong>nverb<strong>in</strong>dungen z. B. Tributylz<strong>in</strong>n (TBT) (Biozid <strong>in</strong><br />
Schiffsanstrichen)<br />
• Blei und organische Bleiverb<strong>in</strong>dungen (Farben, Antiklopfzusatz <strong>in</strong><br />
Superbenz<strong>in</strong>)<br />
• Quecksilber und organische Quecksilberverb<strong>in</strong>dungen (Saatgutbeizen)<br />
• Cadmium (Farben, Stabilisator für PVC)<br />
1.3 Gesundheitsgefahren durch <strong>Dauergifte</strong><br />
<strong>Dauergifte</strong> reichern sich <strong>in</strong> der Natur und <strong>in</strong> der Nahrungskette an. Sie haben<br />
schon <strong>in</strong> sehr ger<strong>in</strong>gen Mengen große gesundheitliche Auswirkungen. E<strong>in</strong>ige<br />
von ihnen s<strong>in</strong>d akut oder chronisch giftig, krebserregend oder erbgutverändernd.<br />
Andere schädigen <strong>den</strong> Embryo im Mutterleib, das Nerven-, das Immun- oder das<br />
Hormonsystem. Manche <strong>Dauergifte</strong> z. B. Diox<strong>in</strong>e, PCBs oder DDT haben<br />
mehrere oder all diese gesundheitsschädlichen Auswirkungen zusammen.<br />
Greenpeace-Studie “<strong>Dauergifte</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>” 3
2. Giftalarm <strong>in</strong> der Arktis<br />
Die arktischen Regionen, Alaska, der Nor<strong>den</strong> Kanadas, Grönland, Island,<br />
Spitzbergen, die Nordmeere usw. s<strong>in</strong>d stark mit <strong>Dauergifte</strong>n belastet, obwohl<br />
diese Chemikalien dort kaum verwendet wer<strong>den</strong>. Luftströmungen <strong>in</strong> der<br />
nördlichen Erdatmosphäre transportieren die <strong>Dauergifte</strong> aus <strong>den</strong> Industrieregionen<br />
und aus Gebieten mit <strong>in</strong>tensiver Landwirtschaft dorth<strong>in</strong>. In der Arktis ist<br />
es so kalt, daß die <strong>Dauergifte</strong> nur langsam verdunsten, also nur sehr langsam<br />
weiterwandern. Die Kälte, die sehr ger<strong>in</strong>ge Anzahl von Mikroorganismen und die<br />
ger<strong>in</strong>ge Sonnene<strong>in</strong>strahlung verzögern zusätzlich <strong>den</strong> Abbau. <strong>Dauergifte</strong><br />
reichern sich daher <strong>in</strong> kälteren Regionen besonders stark an.<br />
Die Bewohner der Polarregionen, die Inuit (Urbevölkerung) und Tiere, wie<br />
Fische, Robben und Eisbären, s<strong>in</strong>d durch die Belastung ihres Fettgewebes mit<br />
Diox<strong>in</strong>en, PCBs und DDT bereits <strong>in</strong> ihrer Gesundheit bedroht 4 . Jungen<br />
Inuitfrauen wird empfohlen, ke<strong>in</strong> Walfett mehr zu essen, damit die damit<br />
aufgenommenen Schadstoffe nicht ihre Fruchtbarkeit und ihre K<strong>in</strong>der gefähr<strong>den</strong>.<br />
Inuit auf e<strong>in</strong>er Insel nahe der Baff<strong>in</strong>-Insel s<strong>in</strong>d so stark mit PCBs belastet, daß<br />
andere Inuitvölker nach Berichten darüber dort nicht mehr e<strong>in</strong>heiraten 5 .<br />
3. <strong>Dauergifte</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> Rocky Mounta<strong>in</strong>s<br />
Kanadische Wissenschaftler untersuchten Schnee <strong>in</strong> <strong>den</strong> Rocky Mounta<strong>in</strong>s <strong>in</strong><br />
Höhen von 770 bis 3100 m auf POPs 6 . Heptachlor, HCH bzw. L<strong>in</strong>dan, Chlordan,<br />
Dieldr<strong>in</strong>, Endosulfan und PCBs wur<strong>den</strong> <strong>in</strong> unerwartet großen Mengen gefun<strong>den</strong>.<br />
Die höchsten Konzentrationen wur<strong>den</strong> von PCBs, L<strong>in</strong>dan und Endosulfan<br />
gemessen. Auch hier bestätigt sich, wie <strong>in</strong> der Arktis, die Vorstellung von der<br />
“Kalten Kon<strong>den</strong>sation”. Schadstoffe verdunsten <strong>in</strong> wärmeren Regionen und<br />
fallen, oft nach langer Zeit und weiten Wegen, <strong>in</strong> kälteren Regionen wieder aus.<br />
Die Konzentration der <strong>Dauergifte</strong> nahm mit steigender Höhenlage der Meßstelle<br />
und damit fallender Temperatur stark zu, mit <strong>den</strong> weitaus höchsten Werten bei<br />
3100 m. Die Autoren nehmen an, daß sich dieser Konzentrationsanstieg der<br />
Schadstoffe <strong>in</strong> größeren Höhen weiter fortsetzt.<br />
Die Wissenschaftler sehen <strong>in</strong> <strong>den</strong> hohen Konzentrationen von <strong>Dauergifte</strong>n, die<br />
sich <strong>in</strong> Schnee und Gletschern vor allem <strong>in</strong> großen Höhen ansammeln, e<strong>in</strong>e<br />
Gefahr für Städte, die ihr Tr<strong>in</strong>kwasser von hohen Bergen <strong>in</strong> Staulagen <strong>in</strong><br />
relativer Nähe zu Schadstoffquellen beziehen.<br />
Greenpeace-Studie “<strong>Dauergifte</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>” 4
Konz. L<strong>in</strong>dan im Schnee [ng/l]<br />
0.4<br />
0.3<br />
0.2<br />
0.1<br />
0<br />
Abb. 1<br />
0 500 1000 1500 2000 2500 3000 3500<br />
Seehöhe [m]<br />
Rocky Mounta<strong>in</strong>s: Zunahme der Belastung mit <strong>Dauergifte</strong>n mit der Seehöhe am Beispiel von<br />
L<strong>in</strong>dan 5 .<br />
4. <strong>Dauergifte</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong><br />
Auch für das empf<strong>in</strong>dliche Ökosystem der <strong>Alpen</strong> gilt: <strong>Dauergifte</strong> wer<strong>den</strong> von <strong>den</strong><br />
Orten ihrer Verwendung oder Produktion bis <strong>in</strong> abgelegene kalte Gebiete<br />
transportiert und kommen mit Staub, Regen oder Schnee wieder auf die Erde<br />
zurück. Von dieser Ablagerung von <strong>Dauergifte</strong>n s<strong>in</strong>d besonders Stau- und<br />
Höhenlagen betroffen, wo W<strong>in</strong>d und Wolken an Berghänge und Gipfel stoßen.<br />
Bei <strong>den</strong> niedrigen Temperaturen <strong>in</strong> großer Höhe wer<strong>den</strong> die ohneh<strong>in</strong> sehr<br />
schwer abbaubaren <strong>Dauergifte</strong> noch langsamer abgebaut, als <strong>in</strong> wärmeren<br />
Regionen.<br />
Die Belastung der Bewohner arktischer Regionen durch <strong>Dauergifte</strong> und ihre<br />
gesundheitlichen Auswirkungen wer<strong>den</strong> seit vielen Jahren untersucht. Es gibt<br />
bisher ke<strong>in</strong>e entsprechen<strong>den</strong> systematischen Untersuchungen für die Bewohner<br />
des <strong>Alpen</strong>raums oder anderer Gebirgsregionen.<br />
4.1 <strong>Dauergifte</strong> <strong>in</strong> Gebirgswäldern der österreichischen <strong>Alpen</strong><br />
Wissenschaftler des Österreichischen Umweltbundesamtes haben 1993 <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />
<strong>Alpen</strong> an Hand der Untersuchung von Fichtennadeln die Belastung der Luft mit<br />
<strong>Dauergifte</strong>n während der Wachstumsperiode der Nadeln bestimmt. Die Belastung<br />
der Fichtennadeln läßt Rückschlüsse auf die Belastung der Vegetation<br />
durch Schadstoffe aus der Luft zu. Anhand der Waldbö<strong>den</strong> konnte die über<br />
mehrere Jahre erfolgte Ablagerung von <strong>Dauergifte</strong>n untersucht wer<strong>den</strong>.<br />
Greenpeace-Studie “<strong>Dauergifte</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>” 5
An allen Meßstellen <strong>in</strong> <strong>den</strong> Stubaier <strong>Alpen</strong>, <strong>den</strong> Hohen Tauern, <strong>den</strong> Allgäuer<br />
<strong>Alpen</strong>, <strong>den</strong> Karnischen <strong>Alpen</strong>, im Salzkammergut, im <strong>Alpen</strong>vorland usw. konnten<br />
gefährliche <strong>Dauergifte</strong> wie Polychlorierte Diox<strong>in</strong>e und Furane (Diox<strong>in</strong>e),<br />
Polychlorierte Biphenyle (PCBs), Polybromierte Biphenyle (PBBs), DDT und<br />
se<strong>in</strong>e Abbauprodukte, Hexachlorcyclohexan (HCH) bzw. L<strong>in</strong>dan, Hexachlorbenzol<br />
(HCB), Pentachlorphenol (PCP) oder Polyzyklische Kohlenwasserstoffe<br />
(PAHs) teilweise <strong>in</strong> großen Konzentrationen gemessen wer<strong>den</strong> 7 . Weitab von<br />
Städten, Industrie oder Ackerflächen waren fast alle Standorte mit e<strong>in</strong>em<br />
Gemisch aus allen diesen Schadstoffen belastet.<br />
Die Meßstellen <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> lagen <strong>in</strong> Höhen zwischen 670 und 1740 m. Bei <strong>den</strong><br />
meisten <strong>Dauergifte</strong>n war die Belastung der höchstgelegenen Standorte am<br />
größten. Die Zusammensetzung der Schadstoffe <strong>in</strong> <strong>den</strong> höchsten Lagen ist e<strong>in</strong>e<br />
Bestätigung dafür, daß die <strong>Dauergifte</strong> nicht nur “hausgemacht” s<strong>in</strong>d, sondern<br />
von weit entfernten Quellen <strong>in</strong> die <strong>Alpen</strong> transportiert wer<strong>den</strong>.<br />
4.1.1 Diox<strong>in</strong>e<br />
Fichtennadeln <strong>in</strong> österreichischen Bergwäldern, weit ab von Industrie und<br />
großen Siedlungen, enthalten beachtenswerte Mengen der hauptsächlich aus<br />
(chlor-)chemischen, metallurgischen oder Verbrennungsprozessen stammen<strong>den</strong><br />
gefährlichen Diox<strong>in</strong>e. Hochgelegene alp<strong>in</strong>e Standorte weisen im allgeme<strong>in</strong>en<br />
höhere Diox<strong>in</strong>konzentration <strong>in</strong> <strong>den</strong> Fichtennadeln auf als niedriger gelegene.<br />
Um die Abhängigkeit der Belastung mit <strong>Dauergifte</strong>n von der Höhenlage der<br />
Meßstellen zu überprüfen, wur<strong>den</strong> bei Achenkirch <strong>in</strong> <strong>den</strong> Nordtiroler Kalkalpen<br />
Messungen an drei übere<strong>in</strong>ander gelegenen Standorten durchgeführt. Das so<br />
erhaltene Höhenprofil für die Diox<strong>in</strong>belastung der Fichtennadeln bestätigte <strong>den</strong><br />
Anstieg der Diox<strong>in</strong>konzentration mit der Meereshöhe. Die Zusammensetzung<br />
der Diox<strong>in</strong>e am höchstgelegenen und zugleich am stärksten belasteten Standort<br />
<strong>in</strong> 1650 m weist, wie auch bei anderen hochgelegenen Standorten, auf e<strong>in</strong>en<br />
Transport dieser <strong>Dauergifte</strong> aus großer Entfernung h<strong>in</strong>.<br />
Besonders hoch war die Belastung mit Diox<strong>in</strong>en an Standorten <strong>in</strong> 700 m Höhe<br />
im Niederösterreichischen <strong>Alpen</strong>vorland. Die Zusammensetzung der Diox<strong>in</strong>e an<br />
diesem Ort weist auf Quellen <strong>in</strong> der Umgebung h<strong>in</strong>.<br />
Waldbo<strong>den</strong> nimmt organische Schadstoffe besser auf als Grünlandflächen. Die<br />
Messungen von Diox<strong>in</strong>en <strong>in</strong> <strong>den</strong> Waldbö<strong>den</strong> im Gebirge ergaben für die weit<br />
abgelegenen Standorte be<strong>den</strong>klich hohe Werte. E<strong>in</strong> großer Teil der Bö<strong>den</strong><br />
enthielt mehr Diox<strong>in</strong>e, als die Menge, die vom Deutschen Bundesumweltm<strong>in</strong>isterium<br />
als Vorsorge- oder Sanierungswert für landwirtschaftlich oder<br />
gärtnerisch genutzte Bö<strong>den</strong> vorgesehen ist 8 . Ohne e<strong>in</strong>schnei<strong>den</strong>de Maßnahmen<br />
zur Reduktion des Diox<strong>in</strong>e<strong>in</strong>trags ist noch e<strong>in</strong>e weitere Zunahme dieser<br />
Belastung zu erwarten.<br />
Greenpeace-Studie “<strong>Dauergifte</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>” 6
Die Waldbö<strong>den</strong> nördlich des <strong>Alpen</strong>hauptkammes waren allgeme<strong>in</strong> stärker mit<br />
Diox<strong>in</strong>en belastet als südlichere. Das Höhenprofil <strong>in</strong> Achenkirch zeigte auch im<br />
Waldbo<strong>den</strong> die höchste Konzentration an Diox<strong>in</strong>en <strong>in</strong> der größten Höhe.<br />
Der E<strong>in</strong>trag der Diox<strong>in</strong>e <strong>in</strong> die Bö<strong>den</strong> erfolgte sowohl aus heimischen Quellen<br />
als auch durch Ferntransport. Die stärkste Belastung von Waldbö<strong>den</strong> mit<br />
Diox<strong>in</strong>en wurde im Hausruck gemessen. Die E<strong>in</strong>träge der <strong>Dauergifte</strong> erfolgte<br />
hier durch Ferntransport aus sehr weit entfernten Quellen. Relativ hohe<br />
Belastungen wur<strong>den</strong> auch an e<strong>in</strong>em 1490 m hoch gelegenen Standort im<br />
Zillertal gemessen. An dieser Meßstelle stammen die Diox<strong>in</strong>e im Waldbo<strong>den</strong><br />
aus der Region, während die Diox<strong>in</strong>e <strong>in</strong> <strong>den</strong> Fichtennadeln von weit entfernten<br />
Quellen stammen. Am Semmer<strong>in</strong>g wur<strong>den</strong> ebenfalls hohe Diox<strong>in</strong>belastungen<br />
der Bö<strong>den</strong> festgestellt, diese stammen aus der näheren Umgebung, eventuell<br />
aus der Stahl<strong>in</strong>dustrie.<br />
Abb. 2: Diox<strong>in</strong>belastung von Fichtennadeln Abb. 3: Diox<strong>in</strong>belastung im Waldbo<strong>den</strong><br />
Diox<strong>in</strong>konz. [ng/kg]<br />
100<br />
75<br />
50<br />
25<br />
0<br />
500 1000 1500 2000<br />
Seehöhe [m]<br />
Greenpeace-Studie “<strong>Dauergifte</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>” 7<br />
Diox<strong>in</strong>konz. [ng/kg]<br />
600<br />
400<br />
200<br />
0<br />
500 1000 1500 2000<br />
Seehöhe [m]<br />
Abhängigkeit der Diox<strong>in</strong>belastung von der Höhenlage dreier übere<strong>in</strong>ander liegender<br />
Standorte <strong>in</strong> Achenkirch <strong>in</strong> Tirol (Höhenprofil) 6 .<br />
4.1.2 Polychlorierte Biphenyle (PCBs)<br />
PCBs wur<strong>den</strong> <strong>in</strong> Trafoölen, als Zusatz zu Kühl- und Schmiermitteln, <strong>in</strong><br />
Dichtungsmassen usw. e<strong>in</strong>gesetzt. Ihre Anwendung <strong>in</strong> Österreich ist seit 1993<br />
verboten, es gibt aber noch erhebliche Altlasten 9 .<br />
Die PCB-Gehalte <strong>in</strong> <strong>den</strong> Waldbö<strong>den</strong> waren durchwegs höher als <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />
Fichtennadeln. Die höchste Belastung mit PCBs im Waldbo<strong>den</strong> wurde im<br />
Hausruck gemessen. Zwei Standorte <strong>in</strong> der Steiermark <strong>in</strong> 670 und 1150 m Höhe<br />
waren mit e<strong>in</strong>em besonders giftig e<strong>in</strong>gestuften, sogenannten coplanaren, PCB<br />
belastet. Am höchsten Standort <strong>in</strong> Achenkirch, im Nordosten von Kärnten <strong>in</strong><br />
1490 m Höhe und <strong>in</strong> Osttirol <strong>in</strong> 1670 m wurde e<strong>in</strong> für Vögel besonders giftiger<br />
Vertreter PCB 77) dieser <strong>Dauergifte</strong> gemessen. E<strong>in</strong> Vergleich der Meßstellen mit<br />
<strong>den</strong> Werten für Diox<strong>in</strong>e zeigt, daß die PCB-Belastung der Waldbö<strong>den</strong><br />
besonders an diesen Standorten e<strong>in</strong> gleich großes, wenn nicht größeres<br />
Umweltproblem als die Diox<strong>in</strong>belastung darstellt.
Die Ermittlung des Höhenprofils bei Achenkirch ergab auch bei <strong>den</strong> PCBs, wie<br />
bei <strong>den</strong> Diox<strong>in</strong>en, die größte Schadstoffbelastung <strong>in</strong> der größten Höhe.<br />
4.1.3 Polybromierte Biphenyle (PBBs)<br />
PBBs wur<strong>den</strong> als Flammschutzmittel <strong>in</strong> Kunststoffen, z. B. <strong>in</strong> der Auto-,<br />
Elektronik- und Textil<strong>in</strong>dustrie, verwendet.<br />
Die Verwendung von PBBs wurde <strong>in</strong> Österreich 1993 zusammen mit <strong>den</strong> PCBs<br />
verboten.<br />
PBBs wur<strong>den</strong> im Waldbo<strong>den</strong> von 9 der 29 Meßstellen gefun<strong>den</strong> z. B. <strong>in</strong> 1540 m<br />
Höhe <strong>in</strong> <strong>den</strong> Hohen Tauern.<br />
4.1.4 DDT<br />
Das “Uralt”-Insektenvernichtungsmittel DDT wird <strong>in</strong> Österreich und e<strong>in</strong>igen<br />
Nachbarländern seit vielen Jahren nicht mehr angewendet. In Österreich ist<br />
DDT seit 1992 verboten, <strong>in</strong> anderen Ländern seit <strong>den</strong> 70er-Jahren. Trotzdem<br />
konnten DDT oder se<strong>in</strong>e Abbauprodukte bei <strong>den</strong> Untersuchungen des<br />
Umweltbundesamtes an der Hälfte der Gebirgsstandorte <strong>in</strong> <strong>den</strong> Fichtennadeln<br />
des aktuellen Jahrgangs wer<strong>den</strong>. Das heißt, die Luft über Österreich ist immer<br />
noch mit diesem besonders hartnäckigen Dauergift belastet. Besonders hohe<br />
Werte wiesen die im östlichen Teil der <strong>Alpen</strong> gelegenen Standorte auf.<br />
Im Waldbo<strong>den</strong> der Gebirgswälder wurde noch wesentlich mehr DDT gefun<strong>den</strong><br />
als <strong>in</strong> <strong>den</strong> Nadeln oder <strong>in</strong> landwirtschaftlichen Bö<strong>den</strong> <strong>in</strong> Österreich, was aus der<br />
Ablagerung dieses <strong>Dauergifte</strong>s über viele Jahre und auch der direkten<br />
Anwendung von DDT gegen Insekten im Wald zu erklären ist.<br />
Das Höhenprofil <strong>in</strong> Achenkirch zeigte wieder die höchsten Konzentrationen an<br />
DDT und se<strong>in</strong>en Abbauprodukten <strong>in</strong> der größten Höhe.<br />
Das Verhältnis der DDT-Konzentration zu der se<strong>in</strong>er Abbauprodukte hängt vom<br />
Zeitraum seit der Anwendung des Insektenvernichtungsmittels ab, läßt also e<strong>in</strong>e<br />
ungefähre “Altersbestimmung“ zu. An <strong>den</strong> stark belasteten Standorten <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />
Südostalpen ist der Anteil von DDT zu se<strong>in</strong>en Abbauprodukten niedrig, d.h. das<br />
DDT ist relativ stark abgebaut. Die Belastung dort stammt daher aus lange<br />
zurückliegen<strong>den</strong> Anwendungen von DDT <strong>in</strong> der Umgebung oder vom Transport<br />
des <strong>Dauergifte</strong>s aus sehr großen Entfernungen.<br />
In Achenkirch ist am höchst gelegenen Standort des Höhenprofils der Anteil von<br />
DDT im Verhältnis zu se<strong>in</strong>en Abbauprodukten hoch, höher als an <strong>den</strong><br />
niedrigeren Standorten des Höhenprofils. Die Belastungen stammen daher aus<br />
jüngerer Zeit als bei <strong>den</strong> tiefer gelegenen Standorten. Auch die anderen<br />
hochgelegenen Standorte <strong>in</strong> <strong>den</strong> Zentralalpen weisen dieses hohe Verhältnis<br />
Greenpeace-Studie “<strong>Dauergifte</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>” 8
von DDT zu <strong>den</strong> Abbauprodukten auf. Der Transport von DDT aus <strong>den</strong><br />
ehemaligen Ostblockstaaten, <strong>in</strong> <strong>den</strong>en DDT noch <strong>in</strong> <strong>den</strong> 80er-Jahren <strong>in</strong> großem<br />
Maßstab angewendet wurde, könnte e<strong>in</strong>e Ursache dafür se<strong>in</strong>.<br />
Abb. 4: “Altersbestimmung” von DDT-Belastungen<br />
DDT / Abbauprodukte<br />
4.00<br />
3.00<br />
2.00<br />
1.00<br />
500 1000 1500 2000<br />
Seehöhe [m]<br />
Verhältnis der Konzentration von DDT zur Konzentration se<strong>in</strong>er Abbauprodukte an drei<br />
übere<strong>in</strong>ander gelegenen Standorten <strong>in</strong> Achenkirch 6 .<br />
4.1.5 L<strong>in</strong>dan und Hexachlorcyclohexan (HCH)<br />
Das sehr giftige Insektenvernichtungsmittel L<strong>in</strong>dan (gamma-HCH) ist <strong>in</strong><br />
Österreich noch immer als Saatgutbeize und als Holzschutzmittel <strong>in</strong> der<br />
Holzverarbeitung zugelassen, die “ungere<strong>in</strong>igte” Form, das<br />
Hexachlorcyclohexan (HCH) ist seit 1992 verboten. Trotzdem wur<strong>den</strong> diese<br />
Schadstoffe überall <strong>in</strong> <strong>den</strong> Fichtennadeln, teilweise <strong>in</strong> relativ hohen<br />
Konzentrationen, gefun<strong>den</strong>. Fichtennadeln an nördlichen und östlichen, näher<br />
an landwirtschaftlich genutzten Regionen gelegenen, alp<strong>in</strong>en Standorten waren<br />
generell höher mit L<strong>in</strong>dan belastet als die der südlichen. Die Belastung der<br />
Fichtennadeln mit L<strong>in</strong>dan ist unter 1000 m Seehöhe am größten. Die Analysen<br />
deuten nicht auf Ferntransport, sondern vor allem auf “hausgemachte”<br />
Verschmutzung h<strong>in</strong>.<br />
Auch <strong>in</strong> <strong>den</strong> Waldbö<strong>den</strong> wur<strong>den</strong> durchwegs L<strong>in</strong>dan und HCH gemessen,<br />
allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> ger<strong>in</strong>geren Mengen als <strong>in</strong> <strong>den</strong> Nadeln. L<strong>in</strong>dan ist sehr schädlich für<br />
manche Bo<strong>den</strong>lebewesen, z. B. Regenwürmer.<br />
Bei Untersuchungen von Regenwasser auf Pestizide durch das<br />
Umweltbundesamt <strong>in</strong> <strong>den</strong> Jahren 1991 bis 1993 war L<strong>in</strong>dan die am häufigsten<br />
gefun<strong>den</strong>e Substanz. Es war das ganze Jahr über im Regen enthalten, nicht nur<br />
zur Zeit der Anwendung <strong>in</strong> der Landwirtschaft. Auch am Sonnblick, weit ab von<br />
allen Quellen, <strong>in</strong> über 3000 m Höhe enthielt der Niederschlag L<strong>in</strong>dan, die größte<br />
Menge im Dezember 10 .<br />
Greenpeace-Studie “<strong>Dauergifte</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>” 9
4.1.6 Hexachlorbenzol (HCB)<br />
HCB ist seit 1992 <strong>in</strong> Österreich als Pilzgift <strong>in</strong> der Landwirtschaft und als<br />
Holzschutzmittel verboten. HCB wird <strong>in</strong> vielen Ländern, auch <strong>in</strong> anderen<br />
Anwendungen, seit langem nicht mehr e<strong>in</strong>gesetzt, <strong>den</strong>noch konnte <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />
Fichtennadeln aller Gebirgsstandorte HCB nachgewiesen wer<strong>den</strong>. Unterschiede<br />
im Höhenprofil ergaben sich nicht. Die stärkeren Belastungen der Standorte im<br />
Nor<strong>den</strong> und Osten von Österreich konnten durch Vergleiche mit europaweiten<br />
Messungen auf grenzüberschreiten<strong>den</strong> Transport von Luftschadstoffen<br />
zurückgeführt wer<strong>den</strong>.<br />
Im Waldbo<strong>den</strong> wurde weniger HCB gefun<strong>den</strong> als <strong>in</strong> <strong>den</strong> Nadeln. Die Belastung<br />
war am Semmer<strong>in</strong>g und der Meßstelle <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> im Sü<strong>den</strong> von Kärnten am<br />
höchsten.<br />
In <strong>den</strong> österreichischen Ackerbö<strong>den</strong> s<strong>in</strong>d noch riesige Mengen an HCB gespeichert<br />
und HCB entsteht auch bei vielen noch nicht genau darauf<br />
untersuchten Prozessen (Nebenprodukt <strong>in</strong> der Chemie<strong>in</strong>dustrie, Emissionen aus<br />
der Müllverbrennung, Mülldeponien,...). Der Ferntransport alle<strong>in</strong> erklärt nicht die<br />
gefun<strong>den</strong>en Mengen <strong>in</strong> Nadeln und Bö<strong>den</strong>.<br />
4.1.7 Pentachlorphenol (PCP)<br />
Das <strong>in</strong> Österreich seit 1991 verbotene PCP ist sehr giftig und vor allem wegen<br />
der Gesundheitsschä<strong>den</strong> berüchtigt, die se<strong>in</strong>e Anwendung als Holzschutzmittel<br />
verursacht hat. PCP wurde nur <strong>in</strong> <strong>den</strong> Fichtennadeln und im Bo<strong>den</strong> e<strong>in</strong>iger<br />
Standorte gemessen. Es wird allerd<strong>in</strong>gs angenommen, daß bei niedrigeren<br />
Nachweisgrenzen gezeigt wer<strong>den</strong> könnte, daß die Belastung von Österreichs<br />
Bergen mit diesem Dauergift so weitverbreitet ist wie die mit Hexachlorbenzol.<br />
Neben der Giftwirkung von PCP auf Menschen und Säugetiere tötet es Pilze,<br />
Bakterien, Insekten, Pflanzen und Schnecken, ist für Wasserlebewesen sehr<br />
giftig und schädigt Bo<strong>den</strong>organismen. Es ist also e<strong>in</strong> universelles Umweltgift.<br />
4.1.8 Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAHs)<br />
Die teilweise krebserregen<strong>den</strong> und erbgutverändern<strong>den</strong> PAHs, e<strong>in</strong> Gemisch aus<br />
polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen, stammen hauptsächlich aus<br />
der unvollständigen Verbrennung von organischem Material, z.B. im Hausbrand,<br />
<strong>in</strong> Heizkraftwerken und Kraftfahrzeugen.<br />
Die an <strong>den</strong> alp<strong>in</strong>en Standorten gemessenen PAH-Mengen <strong>in</strong> Fichtennadeln<br />
waren sehr hoch, an e<strong>in</strong>igen Stellen erreichten sie Werte, wie sie von<br />
Ballungsräumen <strong>in</strong> Ba<strong>den</strong>-Württemberg berichtet wer<strong>den</strong>. Es wurde ke<strong>in</strong><br />
ausgeprägtes Höhenprofil gefun<strong>den</strong>, aber Standorte unter 1000 m waren<br />
durchwegs stärker belastet als die höher gelegenen. Die höchsten Werte<br />
wur<strong>den</strong> im niederösterreichischen <strong>Alpen</strong>vorland, <strong>in</strong> 700 m Höhe gemessen. An<br />
Greenpeace-Studie “<strong>Dauergifte</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>” 10
dieser Meßstelle waren die Fichtennadeln auch besonders stark mit Diox<strong>in</strong>en<br />
belastet.<br />
Der Waldbo<strong>den</strong>, <strong>in</strong> dem mehrjährige Ablagerungen gesammelt s<strong>in</strong>d, enthielt<br />
noch mehr PAHs als die Fichtennadeln. Die <strong>Alpen</strong> sche<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>e Art Barriere für<br />
die im Nor<strong>den</strong> entstehen<strong>den</strong> PAHs zu se<strong>in</strong>, <strong>den</strong>n nördliche Standorte s<strong>in</strong>d<br />
generell stärker belastet als südlichere, östliche stärker als westliche.<br />
PAHs haben nicht nur auf Menschen und Tiere negative Auswirkungen. Sie<br />
können auch Pflanzen schädigen, z. B. die Keimung von Samen verr<strong>in</strong>gern,<br />
oder Veränderungen <strong>in</strong> <strong>den</strong> Pflanzen hervorrufen, wie sie auch bei<br />
geschädigten Fichten beobachtet wur<strong>den</strong>.<br />
4.2 <strong>Dauergifte</strong> außerhalb der <strong>Alpen</strong>: Beispiel Böhmerwald<br />
Vom österreichischen Umweltbundesamt durchgeführte Messungen von<br />
Schadstoffbelastungen <strong>in</strong> österreichischen Bergen außerhalb der <strong>Alpen</strong><br />
bestätigen e<strong>in</strong>drucksvoll die Bedeutung des Ferntransports und die besondere<br />
Belastung der Staulagen der Gebirge. Im Böhmerwald, im nördlichen<br />
We<strong>in</strong>viertel, <strong>in</strong> 1240 m Höhe, wur<strong>den</strong> z. B. Diox<strong>in</strong>werte gemessen wie an <strong>den</strong><br />
Hängen um L<strong>in</strong>z, also e<strong>in</strong>em Ballungsraum mit Diox<strong>in</strong>quellen. Die Diox<strong>in</strong>e<br />
weisen, wie auch an der höchst gelegenen Meßstelle für die Aufnahme des<br />
Höhenprofils <strong>in</strong> Achenkirch, e<strong>in</strong>en relativ hohen Anteil an hochchlorierten im<br />
Verhältnis zu niedrigchlorierten Diox<strong>in</strong>en auf. Diese Zusammensetzung der<br />
Diox<strong>in</strong>e ist typisch für alte und von weit her kommende Belastungen. Die<br />
Wetterlage <strong>in</strong> diesem Gebiet des Böhmerwaldes - hauptsächlich Nordw<strong>in</strong>d - läßt<br />
auf e<strong>in</strong>en grenzüberschreiten<strong>den</strong> Ferntransport aus <strong>den</strong> nördlichen<br />
Nachbarländern schließen.<br />
Die Waldbö<strong>den</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> Bergen im nördlichen We<strong>in</strong>- und Waldviertel wiesen bei<br />
<strong>den</strong> Messungen durch das Umweltbundesamt außer der starken Belastung mit<br />
Diox<strong>in</strong>en auch hohe Belastungen mit polyzyklischen Kohlenwasserstoffen, DDT<br />
und Hexachlorbenzol auf. Als Ursache für die sehr starke Belastung dieser<br />
abgelegenen Regionen mit e<strong>in</strong>em ganzen Cocktail von <strong>Dauergifte</strong>n kommt<br />
ebenfalls hauptsächlich der grenzüberschreitende Ferntransport <strong>in</strong> Frage.<br />
Am Beispiel der hohen Belastung der Gebirgswälder im Nor<strong>den</strong> Österreichs mit<br />
<strong>Dauergifte</strong>n zeigt sich besonders deutlich, daß die dr<strong>in</strong>gend notwendige<br />
Verm<strong>in</strong>derung der Umweltbelastung durch diese Schadstoffe nicht durch<br />
österreichische Maßnahmen alle<strong>in</strong> erreicht wer<strong>den</strong> kann. Nur Maßnahmen auf<br />
globaler Ebene können Abhilfe schaffen.<br />
Greenpeace-Studie “<strong>Dauergifte</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>” 11
4.3 <strong>Dauergifte</strong> für Tiere<br />
Es gibt viele Untersuchungen über die Belastung von Rehen, Hirschen,<br />
Gemsen, Forellen, Saibl<strong>in</strong>gen usw. mit Schwermetallen, die, wie die<br />
organischen Schadstoffe, durch Ferntransport <strong>in</strong> abgelegene Gebiete kommen 11<br />
12 . Nur sehr wenige <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> lebende Tiere wur<strong>den</strong> auf organische<br />
Schadstoffe untersucht. Alle diese Untersuchungen beziehen sich fast<br />
ausschließlich auf die alten <strong>Dauergifte</strong>, das “Dreckige Dutzend” der UNEP.<br />
Gründliche Untersuchungen wären notwendig, um das Gefahrenpotential<br />
abschätzen und Maßnahmen setzen zu können. Denn e<strong>in</strong>ige der <strong>Dauergifte</strong> s<strong>in</strong>d<br />
nachweislich für <strong>Alpen</strong>tiere sehr gefährlich. Schon <strong>in</strong> <strong>den</strong> 60er-Jahren stellte<br />
sich heraus, welche Schä<strong>den</strong> DDT <strong>in</strong> der Umwelt, z.B. bei <strong>den</strong> am Ende e<strong>in</strong>er<br />
Nahrungskette stehen<strong>den</strong> Raubvögeln anrichten kann 13 14 . Die Untersuchungen<br />
der Fichtenwälder <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> durch das Umweltbundesamt zeigen, daß dieses<br />
“Uralt-Pestizid” noch lange e<strong>in</strong> Umweltproblem darstellen wird. DDT und se<strong>in</strong><br />
besonders stabiles Abbauprodukt DDE s<strong>in</strong>d nicht nur wegen ihrer Giftwirkung,<br />
sondern auch schon <strong>in</strong> sehr kle<strong>in</strong>en Mengen wegen ihrer hormonellen<br />
Wirkungen gefährlich, die z. B. <strong>in</strong> <strong>den</strong> USA zu Geschlechtsumwandlungen bei<br />
Vögeln geführt haben 15 .<br />
Viele Tiere s<strong>in</strong>d durch PCBs besonders stark gefährdet, z.B. e<strong>in</strong>ige Marderarten.<br />
So wurde die Verunre<strong>in</strong>igung vieler Gewässer mit PCBs für das Aussterben der<br />
Fischotter mitverantwortlich gemacht. In der Schweiz verzichtete man 1990 auf<br />
e<strong>in</strong>en Versuch zur Wiederansiedlung dieser Tiere, weil die hohe PCB-Belastung<br />
der Gewässer e<strong>in</strong>e erfolgreiche Vermehrung unwahrsche<strong>in</strong>lich machte 16 . Wegen<br />
der starken Bioakkumulation von PCBs können sich schon kle<strong>in</strong>ste Mengen<br />
dieser <strong>Dauergifte</strong> im Wasser negativ auf die Fortpflanzung von<br />
Wasserlebewesen auswirken 17 . Wie DDT und Diox<strong>in</strong>e zeigen auch PCBs<br />
hormonelle Wirkungen.<br />
Die vom Aussterben bedrohten Fledermäuse s<strong>in</strong>d nicht nur durch <strong>den</strong> Verlust<br />
von Lebensräumen, sondern auch durch Schadstoffe wie PCBs, DDT, HCB,<br />
L<strong>in</strong>dan usw. gefährdet 18 .<br />
4.3.1 Fallbeispiel 1: Fische<br />
Wie 1998 <strong>in</strong> weit abgelegenen Hochgebirgsseen Nord- und Südtirols durchgeführte<br />
Untersuchungen zeigen, s<strong>in</strong>d Elritzen, Forellen und Saibl<strong>in</strong>ge <strong>in</strong><br />
Bergseen Nord- und Südtirols Opfer des Ferntransports von <strong>Dauergifte</strong>n. Bei<br />
Untersuchungen der Belastung von Elritzen <strong>in</strong> Hochgebirgsseen <strong>in</strong> Höhen<br />
zwischen 1092 und 2387 m wur<strong>den</strong> erhebliche Belastungen dieser kle<strong>in</strong>en<br />
Karpfenfische mit DDT-Abbauprodukten und PCBs gefun<strong>den</strong> 19 . Die Fische<br />
nehmen die Schadstoffe aus dem Wasser der Hochgebirgsseen und der<br />
Nahrung auf und speichern sie vor allem <strong>in</strong> ihrem Fettgewebe und der Leber.<br />
Die Belastung der Fische mit Schadstoffen nahm <strong>in</strong> Nord-Süd Richtung zu. Die<br />
Greenpeace-Studie “<strong>Dauergifte</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>” 12
meisten <strong>Dauergifte</strong> enthält das Fettgewebe von Elritzen <strong>in</strong> Trent<strong>in</strong>er Seen <strong>in</strong><br />
über 2000 m Höhe.<br />
Im Rahmen e<strong>in</strong>es von der EU geförderten Forschungsprojekts wur<strong>den</strong> die<br />
Sedimente und die Fische aus 14 Gebirgsseen <strong>in</strong> Europa - <strong>in</strong> <strong>den</strong> Grampian<br />
Mounta<strong>in</strong>s <strong>in</strong> Schottland, im Skand<strong>in</strong>avischen Hochland, <strong>den</strong> Bergen m Nor<strong>den</strong><br />
von Irland, auf der russischen Halb<strong>in</strong>sel Kola, <strong>in</strong> <strong>den</strong> Pyrenäen, im Kastilischen<br />
Scheidegebirge, <strong>in</strong> der Serra da Estrela <strong>in</strong> Portugal und <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> – u. a. auf<br />
ihren Gehalt an organischen <strong>Dauergifte</strong>n untersucht 20 . In allen Gewässern<br />
konnte m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>er dieser Schadstoffe nachgewiesen wer<strong>den</strong>. In allen<br />
Gewässern wurde zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong> Schadstoff nachgewiesen. Die<br />
Untersuchungen ergaben e<strong>in</strong>en Zusammenhang zwischen <strong>den</strong><br />
Schadstoffgehalten <strong>in</strong> <strong>den</strong> Sedimenten der Seen und <strong>in</strong> <strong>den</strong> Fischen.<br />
Es zeigte sich, daß die von Industrie und Ballungsgebieten weit abgelegenen<br />
Gebirgsseen e<strong>in</strong> guter Indikator für die Luftverschmutzung s<strong>in</strong>d. Die Verteilung<br />
der Schadstoffbelastungen <strong>in</strong> <strong>den</strong> Gewässern weist darauf h<strong>in</strong>, daß die<br />
Verunre<strong>in</strong>igungen mit DDT und PCBs auf Ferntransport, die mit HCH und HCB<br />
eher auf näher gelegene Quellen zurückzuführen s<strong>in</strong>d. Dies stimmt mit <strong>den</strong> oben<br />
beschriebenen, vom Österreichischen Umweltbundesamt durchgeführten,<br />
Untersuchungen der Schadstoffbelastung von Fichtennadeln und Waldbö<strong>den</strong> <strong>in</strong><br />
abgelegenen Gebirgswäldern <strong>in</strong> Österreich übere<strong>in</strong>.<br />
Von all <strong>den</strong> untersuchten Fischen - Forellen und Saibl<strong>in</strong>gen - aus ganz Europa<br />
waren die Fische <strong>in</strong> <strong>den</strong> Tiroler <strong>Alpen</strong> am stärksten mit chlororganischen<br />
<strong>Dauergifte</strong>n belastet. Die Fische aus Seen <strong>in</strong> <strong>den</strong> Westalpen - <strong>in</strong> Italien, nahe<br />
der Schweizer Grenze - enthalten dagegen wesentlich ger<strong>in</strong>gere Mengen dieser<br />
Schadstoffe.<br />
Sehr hohe Werte an DDT, HCH und “Rekordwerte” bei <strong>den</strong> PCBs und HCB<br />
wur<strong>den</strong> <strong>in</strong> dem <strong>in</strong> 2796 Meter Höhe gelegenen Schwarzsee <strong>in</strong> <strong>den</strong> Ötztaler<br />
<strong>Alpen</strong> gefun<strong>den</strong>. Die Anzahl der Fische g<strong>in</strong>g <strong>in</strong> diesem See <strong>in</strong> <strong>den</strong> 80er-Jahren<br />
stark zurück, seit 1988 vermehren sie sich überhaupt nicht mehr. Ältere Fische<br />
haben Leber- und Nierenschä<strong>den</strong>.<br />
Die Fische aus <strong>den</strong> zwei Meßstellen <strong>in</strong> nicht sehr weit von Ötztal entfernten<br />
Südtiroler Hochgebirgsseen enthielten von allen untersuchten Seen <strong>in</strong> Europa<br />
die größten Mengen an DDT und sehr hohe Mengen an PCBs, HCB und HCH.<br />
Die Belastung der Fische mit DDT und e<strong>in</strong>zelnen PCBs ist <strong>in</strong> <strong>den</strong> Nord- und<br />
Südtiroler Hochgebirgsseen bis zu tausendmal höher als die von Fischen <strong>in</strong><br />
Niedriggewässern 21 . Dieser Bereich der <strong>Alpen</strong> <strong>in</strong> Nord- und Südtirol wird von<br />
<strong>den</strong> Autoren der EU-Studie daher als „Hot-spot“ <strong>in</strong> Europa bezeichnet.<br />
Greenpeace-Studie “<strong>Dauergifte</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>” 13
4.3.2 Fallbeispiel 2: Murmeltiere<br />
Murmeltiere <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> sollten als re<strong>in</strong>e Pflanzenfresser und wegen ihrer<br />
abgeschie<strong>den</strong>en Lebensräume frei von Schadstoffen se<strong>in</strong>. Dennoch wurde bei<br />
der Untersuchung von sechs Murmeltieren aus Graubün<strong>den</strong> im Fett von allen<br />
Tieren Hexachlorbenzol und im Fett von zwei Tieren alpha-HCH, e<strong>in</strong> Bestandteil<br />
von HCH, bzw. Umwandlungsprodukt von L<strong>in</strong>dan, gefun<strong>den</strong> 22 . Hexachlorbenzol<br />
steht neben anderen gesundheitsschädlichen Wirkungen im Verdacht, das<br />
Hormonsystem zu stören.<br />
5. Zusammenfassung und Schlußfolgerungen<br />
Trotz der <strong>in</strong> dieser Studie zitierten Untersuchungen ist die Belastung der<br />
Gebirge mit <strong>Dauergifte</strong>n und ihre Auswirkungen auf die Pflanzen- und Tierwelt<br />
im Hochgebirge noch weitgehend unerforscht.<br />
Die Untersuchung verschie<strong>den</strong>er weit abgelegener Standorte <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong><br />
zeigte aber, daß Vegetation und Waldbo<strong>den</strong> an allen untersuchten Stellen mit<br />
e<strong>in</strong>em Cocktail von <strong>Dauergifte</strong>n belastet waren. Die Ursachen liegen, wie aus<br />
der Zusammensetzung der e<strong>in</strong>zelnen <strong>Dauergifte</strong> ermittelt wer<strong>den</strong> konnte, sowohl<br />
im <strong>Alpen</strong>raum, als auch im grenzüberschreiten<strong>den</strong> Ferntransport der <strong>Dauergifte</strong>.<br />
Die Konzentration vieler POPs nimmt mit der Höhe zu, ist also nicht im Tal,<br />
sondern hoch oben am Berg am höchsten. Fische aus Hochalpenseen oder<br />
Murmeltiere, die auf Bergwiesen leben, s<strong>in</strong>d mit mehreren <strong>Dauergifte</strong>n belastet.<br />
Um die Ursachen für <strong>den</strong> E<strong>in</strong>trag von Schadstoffen <strong>in</strong> das Hochgebirge<br />
beurteilen und die notwendigen Maßnahmen zur M<strong>in</strong>imierung der Schadstoffe<br />
treffen zu können, müssen die Verursacher festgestellt, bzw. bei diffusem<br />
E<strong>in</strong>trag allgeme<strong>in</strong>e Maßnahmen ergriffen wer<strong>den</strong>. Z. B. wer<strong>den</strong> Diox<strong>in</strong>e <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />
Waldbö<strong>den</strong> fortlaufend gespeichert und es wird erwartet, daß die<br />
Diox<strong>in</strong>belastung der Bö<strong>den</strong> weiter steigen wird, wenn ke<strong>in</strong>e Maßnahmen zur<br />
Verr<strong>in</strong>gerung des E<strong>in</strong>trages gesetzt wer<strong>den</strong>. Auch PCBs wer<strong>den</strong> noch lange e<strong>in</strong><br />
Problem bleiben, große Altlasten an diesem Dauergift s<strong>in</strong>d auch <strong>in</strong> Österreich<br />
noch vorhan<strong>den</strong>. Die Messungen von L<strong>in</strong>dan <strong>in</strong> <strong>den</strong> Hochgebirgswäldern weisen<br />
auf “hausgemachte” Verschmutzungen h<strong>in</strong>. Nur durch <strong>den</strong> totalen Ausstieg aus<br />
der Verwendung von L<strong>in</strong>dan <strong>in</strong> der Landwirtschaft und der Holzverarbeitung <strong>in</strong><br />
Österreich kann diese Schadstoffbelastung herabgesetzt und langfristig<br />
beseitigt wer<strong>den</strong>.<br />
Bisher wur<strong>den</strong> im <strong>Alpen</strong>raum nur von e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en Teil der bisher als POPs<br />
erkannten Verb<strong>in</strong>dungen Messungen vorgenommen. Über <strong>den</strong> Rest können<br />
nicht e<strong>in</strong>mal Abschätzungen getroffen wer<strong>den</strong>, weil überhaupt ke<strong>in</strong>e Daten<br />
vorliegen. Forschungs- und Handlungsbedarf s<strong>in</strong>d dr<strong>in</strong>gend gegeben.<br />
Greenpeace-Studie “<strong>Dauergifte</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>” 14
6. Greenpeace fordert<br />
Das Ziel von Greenpeace ist e<strong>in</strong>e von gefährlichen Chemikalien freie Umwelt.<br />
• „Down to Zero“: <strong>Dauergifte</strong> und andere gefährliche Chemikalien dürfen<br />
nicht <strong>in</strong> die Umwelt freigesetzt wer<strong>den</strong>. Dies gilt für Stoffe aus<br />
Abwasserrohren, Abfällen und Schornste<strong>in</strong>en ebenso wie für die<br />
landwirtschaftlichen Spritzmittel und Produkte des Alltags. Auch die<br />
chemische Industrie und die Anwender müssen sich diesen Grundsatz zu<br />
eigen machen.<br />
• Industrie muß umsteigen: Greenpeace fordert daher Industrie und<br />
Landwirtschaft auf, rasch auf umweltfreundliche Produktionsprozesse und<br />
somit auch auf „saubere“ Produkte umzusteigen. E<strong>in</strong>e teilweise Umstellung<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen Regionen kann das Problem nicht nachhaltig lösen, da sich<br />
<strong>Dauergifte</strong> global verbreiten. <strong>Dauergifte</strong> müssen also weltweit verboten<br />
wer<strong>den</strong>!<br />
• OSPAR-Beschlüsse zügig umsetzen: Während der letzten 25 Jahre haben<br />
Politiker an <strong>in</strong>ternationalen Abkommen zur M<strong>in</strong>imierung und Elim<strong>in</strong>ierung<br />
der Risiken von <strong>Dauergifte</strong>n gearbeitet. Nun ist es an der Zeit diese<br />
Bestrebungen auch umzusetzen. 1998 vere<strong>in</strong>barten die Umweltm<strong>in</strong>ister der<br />
15 OSPAR-Staaten (Anra<strong>in</strong>erstaaten des Nord-Ost-Atlantiks) und die EU-<br />
Kommission, daß die Emissionen von giftigen Stoffen bis zum Jahre 2020<br />
e<strong>in</strong>gestellt wer<strong>den</strong>. Des weiteren wurde vere<strong>in</strong>bart, daß mit besonderer<br />
Dr<strong>in</strong>glichkeit auf e<strong>in</strong>en Stopp der Verwendung bzw. der Emission von<br />
besonders gefährlichen Stoffen h<strong>in</strong>gearbeitet wird, wie z.B. bromierte<br />
Flammschutzmittel, Diox<strong>in</strong>e, TBT, e<strong>in</strong>ige Chlorparaff<strong>in</strong>e, L<strong>in</strong>dan und e<strong>in</strong>ige<br />
Phthalate. Die Beschlüsse müssen ohne weitere Verzögerungen umgesetzt<br />
wer<strong>den</strong>.<br />
• EU-Chemikalienrecht: Gefährliche und schwer abbaubare Chemikalien<br />
müssen nach dem derzeitigen EU-Chemikalienrecht mit Angaben über alle<br />
bekannten gefährlichen Eigenschaften lediglich angemeldet wer<strong>den</strong> und<br />
können dann auf <strong>den</strong> Markt gebracht wer<strong>den</strong>. Die bloße Anmeldung muß,<br />
wie bei Pflanzenschutzmitteln, durch e<strong>in</strong>e befristete Zulassungspflicht ersetzt<br />
wer<strong>den</strong>, um die Produktion und Anwendung immer neuer gefährlicher<br />
<strong>Dauergifte</strong> wirkungsvoll zu verh<strong>in</strong>dern.<br />
• Verbot von <strong>Dauergifte</strong>n im Rahmen der „POPs-Konvention“: Unter der<br />
Schirmherrschaft der UNEP wird zur Zeit über e<strong>in</strong> <strong>in</strong>ternationales Abkommen<br />
zum weltweiten Verbot von <strong>Dauergifte</strong>n verhandelt. In e<strong>in</strong>em ersten Schritt<br />
sollen Produktion und E<strong>in</strong>satz von zwölf besonders be<strong>den</strong>klichen<br />
<strong>Dauergifte</strong>n elim<strong>in</strong>iert wer<strong>den</strong> (u.a. chlorierte Pestizide wie DDT oder PCBs),<br />
weitere sollen folgen. Greenpeace fordert rasche Beschlüsse und e<strong>in</strong>e<br />
umgehende Umsetzung der Verbote.<br />
Greenpeace-Studie “<strong>Dauergifte</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>” 15
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