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Materialien aus der Bildungsforschung Nr. 41 Armin Triebel ZWEI ...

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Kapitel 2 25<br />

Zwischenkriegszeit gleichmäßiger als vor dem Ersten Weltkrieg. Gewohnte<br />

Lohngefälle waren tendenziell eingeebnet. Die Reallohnposition unterer<br />

Einkommensgruppen war gegenüber <strong>der</strong> Vorkriegszeit besser als die die <strong>der</strong><br />

gelernten Arbeiter. Deren reale Wochenlöhne überschritten 1928 das Niveau<br />

von 1913/14 24 . Im Durchschnitt lagen Arbeiterlöhne in <strong>der</strong> Zwischenkriegs-<br />

zeit zwar nach wie vor tiefer als die Durchschnittsgehälter von Beamten<br />

und Angestellten; aber ihre Einkommensposition hatte sich gegenüber <strong>der</strong><br />

Vorkriegszeit absolut und relativ verbessert. Werfeis sarkastische Erzäh-<br />

lung vom Ende eines "Kleinbürgers" symbolisierte, wie mit <strong>der</strong> sozialöko-<br />

nomischen Realität dieser Jahre die hergebrachten Lebensstil-Vorstellun-<br />

gen von Bürgern, die höchstens noch Kleinbürger waren und <strong>der</strong>en letztes<br />

Lebensziel nur darin noch bestehen konnte, den Nachkommen etwas zu hin-<br />

terlassen, kollidierten 25 . Wenn Schmoller die konservative Tendenz des<br />

Lebensstandards noch sehnlich beschworen hatte, prägten die ersten<br />

Konsumsoziologen <strong>der</strong> Nachkriegszeit mißtrauisch die Formel von <strong>der</strong><br />

Dynamisierung des Lebensstandards 26 .<br />

Viele Autoren, auch sozialistisch engagierte, beklagten die "Verspießerung"<br />

des Proletariats, die sich in <strong>der</strong> Zwischenkriegszeit auch in <strong>der</strong> Dimension<br />

des Konsumverhaltens vollzogen habe 27 : Die allmähliche ökonomische<br />

Besserstellung <strong>der</strong> Arbeiterschaft hat eher zur "Verspießerung 11 , zu einer<br />

Anpassung an den Lebensstil <strong>der</strong> oberen Klassen als zu neuen proletari-<br />

schen Lebensformen geführt [...] Die Umgangsformen, die "Regeln des<br />

Anstands", das Zeremoniell <strong>der</strong> Familienfeste, die Namengebung, jede Klei-<br />

nigkeit des Lebenstils verrät das sieghafte Eindringen kleinbürgerlicher<br />

Lebensnormen in das Proletariat hinein.<br />

Bildungsbürgerliche Kritiker erhoben gerne den Vorwurf, die Arbeiter-<br />

schaft imitiere einfallslos und ohne eigenen Verän<strong>der</strong>ungswillen die<br />

bürgerliche Lebenshaltung. Dagegen wurde zu bedenken gegeben, daß diese<br />

Ansprüche angesichts <strong>der</strong> historischen Verhältnisse doch überzogen seien.<br />

Mit sich selbst und <strong>der</strong> Erkämpfung greifbarer Verbesserungen beschäftigt,<br />

war die Arbeiterbewegung innerlich unfähig, die politischen und gesell-<br />

schaftlichen Verän<strong>der</strong>ungen zu verarbeiten, und in Verhaltensmaßstäbe zu<br />

übersetzen 28 . Georg Simmel hatte mit dem scheinbaren Gewinn an Lebens-

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