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Broschüre: Pflegesensible Arbeitszeitgestaltung - Familie - DGB

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Vereinbarkeitvon <strong>Familie</strong> und Berufgestalten<strong>Pflegesensible</strong> <strong>Arbeitszeitgestaltung</strong>Ein Handlungsfeld für Betriebs- und Personalräte


InhaltVorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22. Vereinbarkeit von Beruf und Pfl ege – Beispiele aus dem betrieblichen Alltag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83. Handlungsfelder einer pfl egesensiblen <strong>Arbeitszeitgestaltung</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133.1 Gestaltung pfl egesensibler Arbeitszeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143.2 Pfl egegerechte Arbeitsorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163.3 Pfl egesensible Arbeits- und Betriebskultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163.4 Die Pfl egephasen – passende Gestaltungselemente zur richtigen Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174. Beispiele guter Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245. Handlungsleitfaden zur Umsetzung pfl egesensibler Arbeitszeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296. Praxistipps für eine pfl egesensible Arbeitswelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327. Muster-Betriebsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348. Das Thema Pfl ege in Tarifverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369. Die aktuelle Gesetzeslage zum Thema Pfl ege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3810. Rechtliche Grundlagen für Betriebs- und Personalräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4011. Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41


VorwortVereinbarkeit von Beruf und <strong>Familie</strong> bedeutet nicht nur, Zeit fürKinder zu haben. Immer wichtiger wird es, sich um alte oderkranke Angehörige kümmern zu können. Wie anstrengend das ist,weiß jeder, der nach einem anstrengenden Arbeitstag nach Hauseeilt, um die pfl egebedürftige Mutter zu füttern, zu waschen undliebevoll auf sie einzugehen.Auch die Zahlen des <strong>DGB</strong>-Index Gute Arbeit (2010) belegen:Beschäftigte, die außerberufl ich Pfl ege leisten – meist Frauen– sind extrem belastet. Sie haben mit der Arbeitsintensität, denemotionalen Anforderungen und enormer Arbeitshetze zu kämpfen.Um Gute Arbeit mit guter Pfl ege zu verbinden, braucht es bessereArbeitszeitregelungen und mehr professionelle Dienstleistungsangebote.Berufstätige, die für die Pfl ege von Angehörigen freigestellt sind,brauchen fi nanzielle und betriebliche Unterstützung. Ein Ziel solltees sein, Arbeitsorganisation und Arbeitszeiten soweit anzupassen,dass pfl egende Beschäftigte nicht aus dem Beruf gedrängt werden.Wie pfl egende Beschäftigte konkret unterstützt werden könnenzeigt die aktuelle Studie „Pfl egesensible Arbeitszeiten. Arbeitszeitrealitätenund -bedarfe von Beschäftigten mit Pfl egeaufgaben“ vonSowiTra und IfES (Uni Münster). Sie beschreibt Eckpunkte für dieGestaltung pfl egesensibler Arbeitszeiten, um betriebliche Arbeitsbedingungenpfl egefreundlicher zu gestalten.Die vorliegende Broschüre liefert wichtige Impulse aus diesenForschungsergebnissen für die betriebliche Praxis. Ich hoffe,dass mit dieser Handreichung ein praktischer Beitrag für einebessere Vereinbarkeit von Beruf und Pfl ege geleistet werden kannund wünsche allen Interessenvertreter/innen viel Erfolg bei derkonkreten Umsetzung.Ingrid Sehrbrock


1. Einleitung„Ich sage immer, Pfl ege ist wie Zahnarzt.Man geht da erst hin, wenn es weh tut.“(Leiterin Firmennetzwerk Pfl egebei einem Automobil hersteller)Diese Broschüre soll Hilfestellung für betriebliche Akteure geben,Pfl ege und Vereinbarkeit als ein immer bedeutenderes Thema mitseinen verschiedenen Aspekten zu betrachten. Ziel ist es, BetriebsundPersonalräte in ihrer täglichen Praxis zu unterstützen undmittels Hilfe bei der Entwicklung pfl egesensibler Arbeitszeiten,einen Beitrag zur Vereinbarkeit von Pfl ege und Beruf zu leisten.Ideen zum Konzept pfl egesensibler Arbeitszeiten sollen die organisatorischenBedingungen verbessern, damit die Chancen beiderSeiten, der pfl egenden Beschäftigten hier und der betrieblichenAkteure dort, auf einen fairen Interessenausgleich verbessertwerden.Pfl egende Erwerbstätige wollen, trotz aller Doppelbelastungen,kaum ihre berufl iche Tätigkeit aufgeben. Im Gegenteil, vieleBetroffene empfi nden den eigenen Beruf und die damit verbundeneAbgrenzung von der Pfl egearbeit als äußerst wichtig für ihrLeben. Daher sollte die Übernahme von Pfl egeverantwortung imErwerbsleben nicht zwangsläufi g als eine Frage des Entweder/Oderbetrachtet werden (Stichwort „Auszeit“), sondern eher als einedes rechten Maßes. Es geht nicht darum, diese Lebensphase ganznach den Erfordernissen der Pfl egearbeit auszurichten, sondernvielmehr um die Balance möglichst vieler Elemente der bisherigenLebenspraxis. Dazu gehört als zentrales Element auch die eigeneErwerbstätigkeit. In diesem Zusammenhang ist die Schaffung vonpositiven Voraussetzungen für eine Vereinbarkeit von Pfl ege undBeruf von entscheidender Bedeutung. Ziel ist es, Beschäftigten mitPfl egeverantwortung eine Chance zu geben, beides ohne Raubbauan der Gesundheit oder der berufl ichen Leistungsfähigkeit verwirklichenzu können. Es stehen sich mit Pfl ege und Beruf also nichtzwei zu vermeidende Übel gegenüber, sondern zwei zu förderndeund zu vereinbarende Aktionsfelder.„Die Gespräche, die ich geführt habe, da war es immer dasfi nanzielle Problem. Und der Kontakt, also die Angst, ichsitz dann zu Hause und mach nur die Pfl ege.Also diese Angst, sich ganz in die Pfl ege rein zu geben undden Kontakt zu den Kollegen zu verlieren. Also jeder hatgesagt, ich brauch die Arbeit als Ausgleich […]Und wenn ich nur zwei Stunden am Tag rein [in die Arbeit]kommen kann.“(Betriebsrätin und Pfl egeverantwortliche bei einemDaten verarbeitungsunternehmen)Pflege ist ein Thema, das Viele betrifftZunächst ein kurzer, zahlenmäßiger Überblick über das Ausmaßund die Tragweite der momentanen Situation: Die Bereitschaft,Pfl egeaufgaben zu übernehmen, ist in Deutschland im Großen undGanzen ziemlich stark ausgeprägt. In der Übersicht stellt sich Pfl egein Deutschland statistisch gegenwärtig wie folgt dar:Pfl egebedürftigein Deutschland (2009)2,34 Millionen Pfl egebedürftige insgesamtzu Hause versorgt:1,62 Millionen (69 %)durchAngehörige:1,07 MillionenPfl egebedürftigezusammen mit /durch ambulantePflegdienste:555.000 Pflegebedürftigedurch 12.000ambulantePfl ege dienstemit 269.000BeschäftigtenQuelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, 2009Vereinbarkeitvon <strong>Familie</strong> und Berufgestaltenin Heimen vollstationärversorgt:717.000 (31 %)in 11.600Pfl ege heimenmit 621.000Beschäftigten2


Insgesamt gibt es in Deutschland derzeit zirka2,34 Millio nen Menschen „akzeptierte“ Pfl egebedürftige,das heißt solche, denen eine Pfl egestufe nachdem SGB XI zugestanden wurde. Zwei Drittel derpfl egebedürftigen Menschen in Deutschland werdenin häuslicher Pfl ege versorgt, weil es Wunsch der zupfl egenden Person oder des familiären Umfeldes ist(Emnid 2007). Zirka eine Million Pfl egebedürftigewerden ausschließlich durch Angehörige betreut unddurch das Pfl egegeld fi nanziell unterstützt. Über einehalbe Million Pfl egebedürftige leben ebenfalls inPrivathaushalten. Bei ihnen erfolgt die Pfl ege zum Teiloder vollständig durch ambulante Pfl egedienste. Dieseschauen üblicherweise nur ein bis drei mal täglichnach den zu Pfl egenden. Der Rest der Pfl egearbeitwird also auch hier von Angehörigen erledigt. Nebendiesen offi ziellen Zahlen existieren aber zirka dreiMillionen sogenannte „hauswirtschaftlich Hilfsbedürftige“ohne anerkannte Pfl egestufe, die dennoch mehrheitlichtäglicher Hilfe bedürfen. Insofern dürfte dieZahl der tatsächlich Pfl ege bedürftigen deutlich höherliegen als es die amtliche Statistik glauben macht.Entwicklung der Pfl egebedürftigkeit in Deutschland2005 bis 2030 (Status-Quo-Szenario; in Millionen)Vereinbarkeitvon <strong>Familie</strong> und Berufgestalten43,432,92,422,11,41,61,92,210,70,81,01,202005 2010 2015 2020 2025 2030Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, 20103


Die Zahl der Pflegebedürftigen wird weitermassiv zunehmenDie Auseinandersetzung mit dem Thema Altern und Pfl egewird in Zukunft noch mehr als gegenwärtig in den Blickpunktdes öffentlichen Interesses rücken (müssen). Verantwortlichdafür ist unter anderem die Tatsache, dass in Deutschlandschon jetzt nahezu jede vierte Person älter als 60 Jahre ist;im Jahre 2025 wird es fast jede dritte Person sein. Die darausresultierenden Konsequenzen werden immer offensichtlicherzu einem zentralen Zukunftsthema, auch aus Sichtvon Unternehmen und Gewerkschaften. Wie die Modellrechnungendes Statistischen Bundesamtes zeigen, kann derabsehbare demo graphische Wandel in Deutschland zu etwa58 % mehr Pfl egebedürftigen im Jahr 2030 im Vergleich zuheute führen. Die Zahl der Pfl egebedürftigen dürfte damitvon aktuell 2,34 auf 3,4 Millionen steigen. Ursache für dieseZunahme ist die steigende Zahl Älterer bei insgesamt sinkenderGesamt bevölkerung. Das heißt aber auch, dass immermehr Beschäftigte in absehbarer Zeit vor der Herausforderungstehen werden, Pfl egeverantwortung für eine nahe stehendePerson übernehmen zu müssen. Bereits heute hat jede fünftePerson in Deutschland einen pfl egebedürftigen Menschen imfamiliären Umfeld (Emnid 2007).Häusliche Pflege ist ArbeitDer überwiegende Teil der amtlich bestätigten Pfl egebedürftigen(64 %) braucht die Pfl egeleistung täglich rund um die Uhr, währendein Viertel (26 %) zumindest stundenweise Pfl egeleistungenbenötigt. Im Durchschnitt umfassen die Unterstützungs- undBetreuungs leistungen rund 37 Stunden pro Woche, also etwaeiner Vollzeitstelle entsprechend. Rein statistisch erstreckt sicheine Pfl ege bedürftigkeit durchschnittlich über einen Zeitraum von8,2 Jahren (alle Angaben: Schneekloth;Wahl 2005).Häusliche Pflege birgt hohe GesundheitsrisikenDie Folgen der Unvereinbarkeit von Beruf und Pfl ege sind für diePfl egenden immens. Dauerhafte Pfl egeanforderungen führenhäufi g zu Überforderungen. Die stärksten Belastungen sind psychischerund physischer Natur (Dallinger 1997) und erst zweitrangigfi nanziell. Eine aktuelle Studie der Siemens Betriebskrankenkassekommt zu dem Ergebnis, dass die Zahl der schwerwiegenden undchronischen Erkrankungen bei Pfl egenden um 51 % höher liegt alsim Durchschnitt aller Versicherten und die jährlichen Kosten liegendemnach 18 % über dem Durchschnitt (SBK 2011).Die hohen Belastungen bestätigt auch der <strong>DGB</strong>-Index „GuteArbeit“ 2010. Ein hoher Anteil der Beschäftigten sieht sich unterZeitdruck gesetzt: In hohem oder sehr hohem Maße leiden nacheigenen Angaben 44 % der Beschäftigten mit Pfl egeverpfl ichtungenunter Arbeitshetze – 36 % beträgt dieser Anteil im Durchschnittbundesweit. Schlechter schneiden die Pfl egenden außerdem beider Verteilung der Arbeitsqualität nach Indexklassen ab: Der Anteilschlechter Arbeit liegt bei den pfl egeleistenden Beschäftigten mit41 % um acht Punkte über dem Durchschnitt.Nicht besser werden die Arbeitszeiten bewertet: Trotz außer beruflicherPfl egebelastung leisten vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmerinnenund Arbeitnehmer im Durchschnitt mit 43 Stunden proWoche genauso viel wie Beschäftigte ohne Pfl egeverpfl ichtung.Insgesamt sehen sich Beschäftigte die Pfl egebedürftige betreuen inüberdurchschnittlichem Maße von Überlastung bedroht (s. Abb.).Außerberufl iche Betreuung Pfl egebedürftiger,zukünftige Arbeitsfähigkeit – Der ZusammenhangVereinbarkeitvon <strong>Familie</strong> und BerufgestaltenBitte denken Sie an Ihre Arbeit und Ihren Gesundheitszustand:Meinen Sie, dass Sie unter den derzeitigen Anforderungen Ihrejetzige Tätigkeit bis zum Rentenalter ausüben können?Pflegeleistend39 % 44 % 17 %Nicht Pflegeleistend49 % 36 % 15 %Ja, wahrscheinlich Nein, wahrscheinlich nicht Weiß nichtQuelle: <strong>DGB</strong>-Index Gute Arbeit 2010: www.dgb.de/-/HU54


Pflege ist vielfältigPfl ege schließt nicht nur körperliche Hilfeleistungen mit ein,sondern sämtliche sozialen und organisatorischen Tätigkeiten zurUnterstützung einer nahe stehenden, hilfebedürftigen Person. Diesgilt auch für Besorgungen, Haushaltshilfe, seelischen Beistand,Begleitung zu Terminen sowie Betreuung – allesamt Tätigkeiten,die nötig sind, den Alltag von bedürftigen Menschen (auch ohnePfl egestufe) ohne deutliche Einbußen an Lebensqualität dauerhaftaufrecht zu erhalten. Denn oftmals sind es die scheinbar kleinen,zwischenmenschlichen, nicht medizinischen Dinge, die z. B. einPfl ege dienst nicht abdeckt, die aber viel Zeit in Anspruch nehmenund für ein lebenswertes Dasein sehr wichtig sind.Pflege ist keine reine FrauensacheTraditionell werden Fürsorgearbeiten und Pfl ege vorwiegend vonFrauen geleistet, die teilweise oder ganz auf ihre Erwerbstätigkeitverzichtet haben. Diese klassischen Rollenmuster geraten in Bewegung.Frauen sind zunehmend weniger bereit, auf ihren Beruf zuverzichten; aber auch zunehmend mehr Männer pfl egen zu HauseAngehörige. Niedrige Einkommen zwingen Frauen und Männerdazu, Lösungen zu fi nden, um Pfl ege und Beruf unter einen Hutzu bringen. Die Übernahme von Pfl egeaufgaben wird starkt davonabhängen, ob es gelingt, gesellschaftliche Rahmenbedingungenzu schaffen, die eine für alle Beteiligten zufriedenstellende LebensundArbeitssituation ermöglichen.Fürsorgearbeit als feste Größe einerzukunftsorientierten PersonalpolitikAnstelle von „<strong>Familie</strong>nfreundlichkeit“ wird die zukünftige Personalpolitikin Unternehmen und Verwaltungen von einer familiengerechtenoder familienbewussten Personalpolitik abgelöst werden.Eine entsprechende Ausrichtung moderner Personalpolitik beruhtnicht auf uneigennütziger „Freundlichkeit“, sondern nützt auchdem Unternehmen als Arbeitgeber. Neben der sichtbar erhöhtenLeistungsbereitschaft zufriedener Beschäftigter, verbessert einefamilienbewusste Personalpolitik die Wettbewerbsfähigkeit vonUnternehmen.Eine Expertise des „Forschungszentrum Familenbewusste Personalpolitik“der Universität Münster weist die durch eine mangelndeVereinbarkeit von Beruf und Pfl ege resultierenden zentralenbetrieblichen Folgekosten für Unternehmen aus (vgl. FFP 2011).Diese sind in erster Linie auf Fehlzeiten aufgrund von Absentismusund Krankheit, (temporäre) Fluktuation und Reduzierung der5


Stunden zahl, erhöhten Supervisionsaufwand von Führungskräftensowie Präsentismus zurückzuführen. Zur Berechnung der betrieblichenFolgekosten wurde die Perspektive betroffener Beschäftigtersowohl mit pfl ege- als auch mit hilfebedürftigen Angehörigensystematisch in das empirische Design eingebunden. Zusammenfassendkonnten folgende Kosten ermittelt werden:• Die betrieblichen Folgekosten mangelnder Vereinbarkeitvon Beruf und Pfl ege belaufen sich insgesamt auf18,94 Milliar den Euro pro Jahr. Davon entfallen8,06 Milliar den (10,88 Milliar den) Euro auf Beschäftigtemit pfl egebedürftigen (hilfebedürftigen) Angehörigen.• Die durchschnittliche Höhe betrieblicher Folgekosten beträgtpro Beschäftigtem mit Pfl ege- respektive Hilfeaufgaben14.154,20 Euro jährlich.• Zentraler Treiber betrieblicher Folgekosten ist mit einem Anteilvon 47,3 Prozent an den Gesamtkosten der Präsentismus.Pfl egeaufgaben als Normalfall im Leben nahezu aller Menschenzu verstehen und zum Bestandteil der Personalpolitik zu machen,bedeutet die Arbeitsorganisation und insbesondere die Arbeitszeitenpfl egesensibel auszurichten. Auf diese Weise lassen sichsowohl die Arbeitsleistung als auch die Zufriedenheit betroffenerBeschäftigter positiv beeinfl ussen. Betriebe sichern damit dieGesundheit und die Motivation ihrer Beschäftigten und sind inZukunft in ihrer Betriebsorganisation so aufgestellt, dass einmög licher pfl egebedingter Ausfall (z. B. durch Vertretungsregelungenoder Teilzeit) leichter verkraftet werden kann.Immer mehr Unternehmen erkennen die Zeichen der Zeit undverankern eine nachhaltige Personalpolitik als Bestandteil derFirmenphilosophie in ihrer Betriebskultur. Auch angesichts derbereits erwähnten, absehbaren demographischen Entwicklung wirdein Entgegenkommen beider Seiten gerade in Bezug auf Arbeitszeitmaßnahmenunumgänglich werden. Ähnlich wie bei der Einführungvon Elternzeitregelungen für Männer, ist es hilfreich, alle inFrage kommenden Instrumente in Betracht zu ziehen.Vereinbarkeit gleich Vereinbarkeit?Wichtige Unterschiede zwischen einer familiengerechtenund pflegerechten VereinbarkeitspolitikBeschäftigte die außerberufl ich Pfl ege leisten sind laut <strong>DGB</strong>-Index„Gute Arbeit“ 2010 mit ihrer Vereinbarkeitssituation unzufriedenerals andere Beschäftigte. In fast allen Dimensionen bewerten sie ihreArbeitssituation schlechter als nicht Pfl egende. Auch in BetriebsoderDienstvereinbarungen zur Vereinbarkeit von <strong>Familie</strong> und Berufwird das Thema Pfl ege deutlich seltener geregelt. Hier mangelt esnoch an betrieblichen und kollektiven Lösungen. Entweder wirdPfl ege gar nicht thematisiert oder es wird als Unteraspekt derVereinbarkeit von <strong>Familie</strong> und Beruf behandelt, wodurch man denspeziellen Anforderungen der pfl egenden Beschäftigten kaum odernur schwer gerecht wird.„Wenn ich Kinder habe, geleite ich sie mit allen Problemchenund Schwierigkeiten in das Leben hinein. In denmeisten Fällen der Pfl ege geleite ich jemand mit allenmöglichen Schwierigkeiten aus dem Leben hinaus. Es istnichts Negatives. Es ist nur einfach etwas, das sehr forderndist. Und das eben nicht mit Ausblick auf künftige Freudenabgemildert wird.“(Leiterin Firmennetzwerk Pfl egebei einem Automobil hersteller)Regelungen für eine gelingende Vereinbarkeit von <strong>Familie</strong> undBeruf sind oft zwar ein Türöffner für pfl egespezifi sche Vereinbarkeitsfragen,so dass Betriebe, die sich bereits aktiv für <strong>Familie</strong>nmit Kindern eingesetzt haben, davon auch für eine pfl egesensiblebetriebliche Vereinbarkeitspolitik profi tieren können. Eins zu einskönnen und sollten die Unterstützungsangebote, die ursprünglichfür Beschäftigte mit Kindern entwickelt wurden, aber nicht aufBeschäftigte mit privater Pfl egeverantwortung übertragen werden.Bei der Herstellung einer Vereinbarkeit von Beruf und Pfl egeerfordern die vielfältigen Pfl egesituationen spezifi schere und teilsgrundlegend andere Maßnahmen als die Kindererziehung in denjeweiligen Phasen. Die wesentlichen Unterschiede sind:6


• Pfl ege ist noch immer ein Tabuthema im Unternehmen. Pfl egeist negativ besetzt, man redet nicht so gerne darüber. Pfl e-gende Beschäftigte sprechen daher, im Gegensatz zu Eltern,ihre Situation im Betrieb selten an.• Viele Betriebe wissen nicht, wie viele ihrer Beschäftigtenhäusliche Pfl egeverantwortung übernehmen. Häufi g wirdvom Arbeitgeber angenommen, gelingende Vereinbarkeitvon Beruf und Pfl ege sei Privatsache.• Für viele pfl egende Beschäftigte ist es keine Selbstverständlichkeit,dass der Arbeitgeber Ansprechpartner für Veränderungswünscheund Entlastungsstrategien sein könnte.• Der Gedanke, dass Arbeitgeber auch ein Eigeninteresse aneiner funktionierenden Vereinbarkeit von Pfl ege und Berufihrer Beschäftigten haben könnten, ist für betrieblicheAkteure wie Beschäftigte oft noch neu.• Pfl ege ist weniger planbar als Elternschaft, da sie ohnezeitlichen Vorlauf unerwartet eintreten kann.• Der Pfl egeverlauf ist nicht linear und geprägt von nichtvorhersehbaren, kurzfristig eintretenden Situationen(Tagesform, Unfälle).• Pfl egeleistende sind häufi g überfordert mit der Betreuungvon Pfl egebedürftigen (zum Teil medizinisches Fachwissennotwendig).• Pfl egeanforderungen steigen im Verlauf, während Kinder überdie Jahre selbstständiger werden.• Pfl egende Beschäftigte sind im Durchschnitt älter als Beschäftigtemit kleinen Kindern, was ihre individuelle betrieblicheVerhandlungsposition zusätzlich schwächen dürfte.• Aufgrund des meist höheren Alters Pfl egender gewinntdas Thema Gesundheitsfürsorge und Gesunderhaltung anBedeutung.• Pfl ege hat mit geistigem und körperlichem Verfall, Krankheitund Tod zu tun. Die mit den eigenen Kindern verbrachte Zeitdagegen bewirkt eine positive Grund stimmung und Zukunftsaussicht.Pfl egende Beschäftigte sind daher emotional mehrbelastet.• Ungleichmäßige Verteilung der Belastung: Besonders zuBeginn und zum Ende einer Pfl egesituation besteht erhöhterZeitbedarf. Wie sich der Pfl egebedarf entwickelt und wielange die Pfl egesituation insgesamt andauern wird, ist meistunvorhersehbar.7


2. Vereinbarkeit von Beruf und Pflege –Beispiele aus dem betrieblichen AlltagFrau Gerkens –Berufstätig trotz Pflege dank engagierter VorgesetzterFrau Gerkens arbeitet als Kassiererin in einem Verbrauchermarkt,in dem auch Samstagsarbeit anfällt. Sie ist dort über eine Leiharbeitsfirma befristet angestellt. Neben dem Beruf kümmert sie sichum ihre Mutter, die im selben Haus wohnt und inzwischen täglichUnterstützung benötigt.Frau Gerkens wurde – wie viele Berufstätige – mit dem ThemaPfl egeverantwortung aufgrund eines Schlaganfalles der Muttervon einem Tag auf den anderen konfrontiert. Überfordert mit derSituation und angesichts einer unsicheren Beschäftigungssituationstellte Frau Gerkens ihre Berufstätigkeit zunächst grundsätzlich inFrage. Dank einer engagierten und gut informierten Vorgesetztenwurden ihr jedoch pfl egesensible Rahmenbedingungen realisiert,die eine Vereinbarkeit von Beruf und Pfl ege entgegen ihrer eigenenErwartung möglich machten.„Ich hatte einen Leiharbeitsvertrag und der sollte eigentlichverlängert werden. Und da hat mich meine Chefi nzum Gespräch reingenommen und dann habe ich ihr allesgesagt. Und ich habe gesagt, ich weiß nicht, ob ich dasjetzt verlängern kann. Ich weiß gar nicht, wie es weitergeht.Und da hat sie zu mir gesagt, jetzt warten Sie mal ab, wiees weitergeht und den Vertrag machen wir mal weiter.“Die Vorgesetzte sorgte gemeinsam mit dem Personalchef desWarenmarktes dafür, dass Frau Gerkens zunächst den betriebseigenen„Ratgeber für pfl egende Angehörige“ erhielt undanschließend im Rahmen des Pfl egezeitgesetzes berufl ich freigestelltwurde, um die Pfl ege ihrer Mutter zu organisieren und alleFormalien zu erledigen. Der Fall von Frau Gerkens zeigt: Vor allembei plötzlichem Eintritt der Pfl egesituation ist es für pfl egendeBeschäftigte wichtig, dass diese berufl iche Freistellung ebensokurzfristig realisiert werden kann, wie eine Pfl egesituation eintritt.Verständnis und Entgegenkommen der Vorgesetzten sind in solchenSituationen eine grundlegende Voraussetzung.„Und an dem Tag hätte ich meine Mutter heimkriegensollen, weil sie draußen in der Reha noch keinen Platzhaben. Und dann bin ich wieder ins Geschäft und habegesagt, was mache ich jetzt? Nehme ich jetzt die10 Tage? Ah ja, hat meine Chefi n gesagt, jetzt nehmenSie mal die 10 Tage.“Auch über die kurzfristige berufl iche Auszeit hinaus erhielt FrauGerkens tatkräftige Unterstützung von Seiten der Führung. Siereduzierte nach Rückkehr aus der kurzfristigen Freistellung ebenfallsim Rahmen der gesetzlichen Pfl egezeit ihre wöchentlicheArbeitszeit von 28 Stunden auf 15 Stunden und fand gemeinsam8


mit der Chefi n die für sie ideale Lage und Verteilung der Arbeitszeiten.Inzwischen arbeitet Frau Gerkens wochentags immermorgens von 7 bis 10 Uhr und samstags nach Bedarf auch mallänger. Frau Gerkens musste so zwar ihren Arbeitsbereich verändernund sich neu einarbeiten, dafür ist sie jetzt in der Zeit im Betrieb,in der ihre Mutter vom ambulanten Pfl egedienst versorgt wird.Kurzfristigen Arbeitseinsätzen auf Anfrage kann sie nachkommen,wenn ihr Mann, der in Schichtdienst arbeitet, die Pfl ege der Mutterübernimmt. Frau Gerkens ist in diesen Situationen froh, ihrerChefi n auch mal entgegen kommen zu können, da diese in vielerleiHinsicht Verständnis zeigt und auf die pfl egerischen Belange Rücksichtgenommen wird. Dies zeigt sich auch, wenn Frau Gerkenswichtige Facharzttermine gemeinsam mit ihrer Mutter wahrnehmenmuss.„Und an dem Termin hätte ich normalerweise schaffenmüssen. Und den nächsten Tag hätte ich einen freien Taggehabt. Und da habe ich gesagt, können wir den tauschen?Jetzt ist aber personalmäßig niemand ... also nicht mehr soviel da. Jetzt hat meine Chefi n mir aber trotzdem den Tagfrei gegeben. Also da sind sie schon fl exibel. Also wirklich.“Das Zusammenspiel aus einer engagierten Führungskraft undfl exiblen Arbeitszeiten ermöglichten es Frau Gerkens letztlich,neben der Pfl ege weiterhin berufstätig zu sein.Herr Paulsen –Selbstbestimmte Arbeitszeiten und Mitbestimmungals WettbewerbsvorteilHerr Paulsen arbeitet als hochqualifi zierter Softwareentwicklerunbefristet in einem Finanzinstitut in Vollzeit. Zwar arbeitet er imTeam mit anderen Kollegen, hat jedoch spezifi sche Bereiche, dienur er betreuen kann. Er pfl egt seinen, seit vielen Jahren schwererkrankten Lebensgefährten, s o dass die Doppelbelastung ausErwerbstätigkeit und Pfl ege über die Jahre schleichend zunahm.Der Gesundheitszustand des Lebenspartners hat sich vor allemin den letzten zwei Jahren deutlich verschlechtert, weshalb HerrPaulsen eine Pfl egekraft im Haushalt engagiert hat.Herr Paulsen ist mit der Pfl egesensibilität seines Arbeitgeberszufrieden, wofür es mehrere Gründe gibt. Es existieren fi rmeninterneAnsprechpartner zu <strong>Familie</strong>n- bzw. Vereinbarkeitsfragen,Seminare zum Thema Pfl ege für die Beschäftigten sowie dieMöglichkeit, eine verlängerte „Pfl egeauszeit“ bzw. „Pfl egeteilzeit“von bis zu einem Jahr zu nehmen. Das Unternehmen geht damitüber die bestehende gesetzliche Regelung der „Pfl egezeit“ nochhinaus. Zudem besteht eine Dienstvereinbarung über alternierendeTeleheimarbeit, auf deren Grundlage Herrn Paulsen von seinemVorgesetzten innerhalb von zwei Tagen ein Heimarbeitsplatz bewilligtwurde. Die Vorgesetzten zeigen sich insgesamt offen gegenüberschnellen, unbürokratischen Lösungen, wenn die Beschäftigten9


diese benötigen. Kurzfristige Sonderregelungen sind betriebsweitnicht unüblich, wie Herr Paulsen bekräftigt. Er kennt andereKollegen, die aus verschiedensten Gründen ähnliche Absprachenhaben.„Ja, und die anderen Kollegen, die haben ... also derganze Bereich arbeitet eigentlich zu Hause. Teilweise ausErziehungs gründen, also weil Kinder da sind. Teilweise, weilder Kollege aus Berlin pendelt und eigentlich nicht fünfTage in der Woche in Frankfurt sein möchte, sondern nurdrei Tage.“Seine Arbeit erledigt Herr Paulsen sowohl im Büro als auch zuHause: Drei Wochentage arbeitet er im Büro, die restlichen Zeitenarbeitet er nachmittags zu Hause. An seinen Bürotagen legt HerrPaulsen sich Besprechungen mit Kollegen/innen und anderenGeschäftspartnern/innnen. Zu den Gleitzeiten der Bank ist ergrundsätzlich für sein Team und die Vorgesetzten erreichbar, egalob zu Hause über das Telefon oder im Unternehmen. Herr Paulsenhat damit großen Einfl uss auf die Arbeitszeiten und relativ weitgefasste Gestaltungsspielräume, die seiner Vereinbarkeit von Berufund Pfl ege zu Gute kommen.„Also im Endeffekt von der Früh um sechs bis 20 Uhr kannich meine Arbeitszeit mir selber eigentlich einteilen.“Auch seine Termine bestimmt er in hohem Maße selbst. Diesewerden ihm in der Regel mit ein bis zwei Wochen Vorlauf bekanntgegeben.„Wenn ich wirklich nachmittags einen Termin habe, wennjemand kommt zu mir jetzt und will nachmittags einenTermin, dann sage ich sorry. Wenn er sagt, du können wirnächste Woche am Dienstag oder am Mittwoch, ... Da lasseich mit mir gern reden.“Grundlage für den hohen Gestaltungsspielraum von Herrn Paulsen:Im Unternehmen herrscht nicht die weit verbreitete Anwesenheitskultur,sondern eher das Prinzip der Verfügbarkeit. Dass diesnoch immer keine Selbstverständlichkeit ist, weiß Herr Paulsen ausseinen früheren Berufserfahrungen bei anderen Großkonzernen.Trotz damit verbundener fi nanzieller Einbußen hat er bereits vorJahren gezielt den Arbeitgeber gewechselt, um keine Dienstreisenmehr unternehmen zu müssen und sich mehr um seinen Partner zukümmern.„Es ist einfach ein gesetelter Betrieb, der einen entsprechendenBetriebsrat hat. Und wenn man soziale Dingeumsetzen will, braucht man einen Betriebsrat. Und meineganzen amerikanischen ... ja gut, das eine war ein amerikanischesUnternehmen, das andere war eben fi nnisch-französisch,die haben alle keinen Betriebsrat gehabt. Da wärenichts gegangen. Da hätte ich nur sagen können okay, ichkann nicht mehr. Dann hätten sie gesagt: Vielen Dank, daswar‘s.“Pfl egesensible Beschäftigungsbedingungen und eine aktiveMitbestimmungskultur waren für ihn letztlich ein Wettbewerbsvorteilund ausschlaggebendes Argument für denArbeitgeberwechsel.10


Frau Schön –Inoffizielle Regelungen helfen, trotz Pflegebelastung denBeruf als Selbstverwirklichung auszuübenFrau Schön ist alleinstehend und kümmert sich – neben der Berufstätigkeit– um ihre Mutter, die mit Pfl egestufe II in einem eigenenHaushalt in unmittelbarer Nähe lebt. Ihre Mutter ist dement undgebrechlich und wird mehrmals täglich in ihren Grundbedürfnissenvon einem mobilen Pfl egedienst versorgt. Den Rest der Zeit wirdsie hauptsächlich von Frau Schön versorgt. Dieser bleibt kaum mehrEigenzeit zu ihrer Verfügung und selbst wenn es ihr gelingt, nachFeierabend Zeit für sich zu verbringen, spürt sie die Auswirkungender dauerhaften Belastung aus der Gleichzeitigkeit von Beruf undPfl ege:„Und man ist eigentlich nie mehr frei. Ich bin ein leidenschaftlicherLeser. Und ich merke in letzter Zeit, dass ichkaum mehr ein Buch zu Ende kriege. Oder auch, wiegesagt, meine Musik. Ich liebe Musik über alles und höregerne Opern. Aber auch das ertrage ich nicht mehr, ich willnur noch Stille um mich haben.“Frau Schön arbeitet in (überlanger) Vollzeit als qualifi zierte Angestelltebei einem Finanzdienstleister. In dem Unternehmen in demsie seit vielen Jahren angestellt ist, existiert eher eine Leistungs- alseine Anwesenheitskultur. Dies wirkt sich so aus, dass die Abgabeterminefür viele von Frau Schöns Projekten im Voraus feststehenund sie, wenn die Pfl egesituation es erfordert, auch von zu Hauseaus arbeiten kann. Es gibt auch Teilzeitstellen in der Firma, jedochwird von den Angestellten ab einer gewissen Position erwartet,mindestens 40 Stunden die Woche zu arbeiten. Aus diesem Grundeund teils auch aus fi nanziellen Erwägungen scheidet eine (von FrauSchön manchmal gewünschte) Reduzierung der Arbeitszeit für sieaus.„Das ist auch eine fi nanzielle Überlegung, schränkst dudich ein oder nicht. [...] Sonst würden mir 32 Stunden oderso gefallen, dass einfach ein Zeitfenster für mich bleibt, wasich praktisch überhaupt nicht mehr habe.“Neben der Gleitzeitregelung ist der Betrieb ein gutes Beispiel fürinoffi zielle Regelungen und Ausnahmen zur Handhabung von Überstundenund mobilen Arbeitsformen. Frau Schön hat einen sehrfl exiblen Gestaltungsspielraum was ihre konkreten Arbeitszeiten(Gleitzeit ohne Kernarbeitszeiten) angeht und bezeichnet ihrenChef als sehr verständnisvoll. Sie verfügt zwar über keinen offi ziellgenehmigten Telearbeitsplatz, darf jedoch je nach Bedarfslage zuHause arbeiten. Zudem ist die Kappungsgrenze bei ihrem Arbeitszeitkontoaufgehoben worden, so dass ihr Zeitguthaben nichtverfällt, was ihr in Krisenzeiten besonders hilft, denn:„Wenn man Vollzeit arbeitet und dann noch pfl egt, unddann noch Überstunden anhäufen soll, damit man malwieder was zum Abfeiern hat – das kann nicht gehen, esmuss ja, energietechnisch müssen die pfl egenden Beschäftigtendas ja auch schaffen können.“Frau Schön verfügt über eine hohe Arbeitsmotivation. Sie arbeitetgerne in ihrem Beruf und sieht in der Erwerbsarbeit eine Selbstverwirklichung,die sie nicht aufgeben will. Nichtsdestotrotz habensich die gesundheitlichen Folgen der doppelten Belastung bei ihrbereits spürbar gemacht. Sie erlitt einen Kreislaufzusammenbruchund war in einem anderen Fall sogar in stationärer Behandlung. Sieleidet dauerhaft an Schlafstörungen, weshalb sie oftmals bereitsvor 6 Uhr früh arbeiten geht. Darüber hinaus war die Überlastungdurch Pfl ege und Beruf ihrer Meinung nach auch ein Grund für dasScheitern ihrer Ehe. Ihre hohe Motivation und eine gewisse Selbstüberschätzungbezüglich der Leistungsfähigkeit führen zu einerparadoxen Bewertung der eigenen Vereinbarkeitssituation:„Also zwischen Beruf und Pfl ege zu vereinbaren, da würdeich fast eine ‚1‘ geben, oder zumindest eine ‚2‘. ZwischenPfl ege und mir aber eine ‚5 – 6‘.“Frau Schön betont den Wert, den ein sozialer Austausch inGesprächen und in der Teamarbeit mit ihren Kollegen/innen hat.Die Firma und die dort herrschende Arbeitskultur wirken positivauf ihre Arbeitsmotivation und schaffen die nötige Abwechslungvom Pfl egealltag. Eine telefonische Erreichbarkeit für Notfälle inder Pfl egesituation ist am Arbeitsplatz gegeben. Außerdem wurdeeine Stelle in der Personalabteilung geschaffen, die als Ansprechpartnerin Sachen Pfl ege und Vereinbarkeit fungiert. Bewegungin die Vereinbarkeitsbemühungen im Betrieb haben jedoch nichtzuletzt die Angestellten selbst gebracht. Seit der (Mit-)Gründungdes Arbeitskreises „Elder Care“ treffen sich Frau Schön und anderevon Pfl ege Betroffene regelmäßig und informieren und berateninteressierte Beschäftigte. Sie organisieren gemeinsam Seminareund Informationsveranstaltungen zum Thema, die in Absprache mitdem Arbeitgeber auch über das Intranet angekündigt werden undderen Resonanz die Erwartungen der Initiatoren/innen weit übertroffenhat.„Und ich muss sagen, trotz der ganzen Belastung gibt mirdas unheimlich viel, da aktiv zu sein. Weil ich weiß selber, wiefassungslos du plötzlich da stehst, wie du orientierungslos bist.Und wenn man den Kollegen helfen kann, fi nde ich, da kommtviel Gutes für mich auch zurück.“Das Entgegenkommen ihres Arbeitgebers mit inoffi ziellenAusnahme- und Einzelfallregelungen ermöglicht Frau Schön sichtrotz hoher Pfl egebelastung berufl ich selbst zu verwirklichen.11


Frau Hürtl –Unterstützende Angebote im Betrieb auch jenseitsvon ZeitFrau Hürtl lebt mit ihrem Partner und zwei Kindern in einemgemeinsamen Haushalt. Die heute schulpfl ichtige Tochter ist vonGeburt an schwerbehindert und bedarf intensiver Betreuung. FrauHürtl arbeitet im Laborbereich eines Chemiekonzerns. Ihr Arbeitgeberist bereits zum Thema Vereinbarkeit von Beruf und Pfl egeaktiv geworden und bietet verschiedenste Möglichkeiten dazuan. Dazu zählen neben den üblichen Arbeitszeitmaßnahmen wieArbeitszeitkonto, Freistellungen und Arbeitszeitreduzierung auchkleinere, spezielle Angebote. Dieses Beispiel kann als Denkanstoßdienen, zu überlegen, wie man im eigenen Betrieb dazu beitragenkönnte, denn auch ungewöhnliche Ideen können den Betroffenenhelfen.Zunächst hat der Arbeitgeber von Frau Hürtl eine Stelle in derPersonalabteilung geschaffen, die sich dem Thema widmet undmit einer Ansprechpartnerin zu Vereinbarkeitsbelangen besetztist. Sie berät zu Fragen und Problemen und bietet Informationen(z. B. über lokale Pfl egedienste und Einrichtungen) zur Erleichterungder Vereinbarkeit von Beruf und Pfl ege an. Gemeinsam mit demBetriebsrat werden Veranstaltungen und Seminare zum ThemaPfl ege veranstaltet, teils auch mit externen Referenten.Zusammen mit den betroffenen Beschäftigten wird, falls irgendwiemöglich, eine pfl egegerechte Anpassung des Tätigkeitsbereicheserarbeitet. So hat Frau Hürtl ihren Aufgabenbereich leicht verändertund arbeitet nun hauptsächlich am PC im Labor, um nicht mehrvon der Versuchsdauer und unfl exiblen Arbeitsabläufen abhängigzu sein. So ist ihre ununterbrochene Anwesenheit nicht mehrzwangsläufi g erforderlich und es wurde ihr ermöglicht, notfalls denArbeitsplatz zu verlassen, um sich um ihr pfl egebedürftiges Kind zukümmern. Darüber hinaus ist es ihr auf der neuen Stelle möglichgezielt Überstunden zu machen, um diese an anderen Wochentagendirekt wieder abzubauen. Dabei spielt ein selbstverwaltetesArbeitszeitkonto eine entscheidende Rolle, indem es u.a. ermöglicht,Minusstunden an anderen Tagen (sogar samstags) wiederauszugleichen.„Das heißt, ich arbeite montags länger, weil da mittagsSchule ist. Und meistens freitags, weil freitags keine Hausaufgabenaufgegeben werden.“Ihr Arbeitgeber bietet eingeschränkt auch die Möglichkeit an,Teile der Arbeit von zu Hause aus zu erledigen, jedoch nicht fürBeschäftigte, die mit sicherheitsrelevanten Daten oder Firmengeheimnissen(etwa in der Forschungsabteilung im Labor) arbeiten.Jedoch konnte sie ein anderes Angebot des Arbeitgebers für sichnutzen und hat ihre Arbeitszeit auf 80 % bzw. 33 Wochenstundenreduziert.„Habe den Vorschlag gemacht, ob ich für die 20 Prozenteinen Telearbeitsplatz zu Hause bekomme, [...] weil ichauch weiter weg wohne und oft halt ein Termin mittendrinist, dann rentiert es sich nicht mehr hier zur Arbeit zukommen. [...] Dieses wurde abgelehnt. Und da ich jetztnicht zugrunde gehen wollte, habe ich entschieden, meineArbeitszeit erst mal befristet zu reduzieren.“Außerdem bietet die fi rmeneigene Kantine einen Essensmitnahmeservicean. Das heißt, hier können alle Beschäftigten zu günstigenPreisen auch Essen mit nach Hause nehmen, um Zeit zu sparenund dort (etwa für den Pfl egefall) nicht noch mal extra kochen zumüssen.Ein weiteres, ungewöhnliches Angebot wurde in Form eineshauseigenen Wäscheservices auf die Beine gestellt. Der Betriebverfügt nun über eine eigene Wäscherei, die allen Beschäftigten(gegen Entgelt) einen Teil der Hausarbeit abnimmt undgleichzeitig die Wegezeiten minimiert. Es müssen also nichtzwangsläufi g Maßnahmen sein, die nur auf die Vereinbarkeit vonBeruf und Pfl ege abzielen. Auch allgemeine Angebote, die sichan alle Beschäftigten richten, können Beschäftigten mit Pfl egeverantwortunghelfen und zwar ohne ihnen dabei ein Gefühl derSonderbehandlung zu vermitteln.Die Pfl egesituation von Frau Hürtl ist insofern ein besonderer Fall,als Kinderpfl ege zeitlich schwer einzugrenzen ist. Dementsprechendist beispielsweise eine Freistellung in diesem Fall kein geeignetesMittel und Beratungen sollten immer individuell und persönlicherfolgen.„[...] ich sage, das ist auch nicht mit zwei Jahren Pfl egepauseoder irgendwas, oder Sicherstellung des Arbeitsplatzesgetan. Ich sage, ich kann nicht davon ausgehen,dass mein Kind in den nächsten zwei Jahren stirbt.“12


3. Handlungsfelder einer pflegesensiblen <strong>Arbeitszeitgestaltung</strong>Eine pfl egesensible <strong>Arbeitszeitgestaltung</strong> im Betrieb unterstütztpfl egende Beschäftigte bei der Vereinbarkeit von Pfl ege und Beruf.Um dies zu erreichen, ist die aktive Ausgestaltung von ausschließlichzeitlichen Regelungen allerdings nicht ausreichend. Pfl egesensibleArbeitszeiten benötigen darüber hinaus bestimmte betrieblicheRahmenbedingungen, die sie begleiten und dafür sorgen, dasssie von den Beschäftigten auch tatsächlich in Anspruch genommenwerden. Insgesamt lassen sich drei Handlungsfelder für betrieblicheAkteure identifi zieren, die es zu berücksichtigen gilt:1. Die konkrete Ausgestaltung der Arbeitszeiten,2. die Arbeitsorganisation innerhalb von Betrieben und3. eine entsprechende Arbeits- und Betriebskultur, also das sozialeMiteinander im Betrieb.Hinter jedem der drei Handlungsfelder steht eine Vielzahl vonkonkreten Gestaltungsmaßnahmen, die Gegenstand von Tarifverträgen,Betriebsvereinbarungen sowie individueller Einzelfalllösungensein können. Sie bilden einen Baukasten an Handlungsmöglichkeitenfür die betrieblich verantwortlichen Akteurinnen undAkteure.Konzept pfl egesensibler ArbeitszeitenVereinbarkeitvon <strong>Familie</strong> und BerufgestaltenKolleginnen /KollegenArbeitszeitBetriebskultur/Arbeitsorganisation/Quelle: Reuyß u. a. 201213


3.1 Gestaltung pflegesensibler ArbeitszeitenDie unmittelbare Ausgestaltung der Arbeitszeiten hat einen besonderenEinfl uss auf die Qualität der Vereinbarkeit von Beruf undPfl ege. Es existieren vielfältige Möglichkeiten in diesem Bereich.Pfl egegerechte VollzeitDie arbeitszeitlichen Belastungen durch Vollzeit plus eventuellerÜberstunden sind für die meisten Pfl egenden auf Dauer zu hoch.Eine „pfl egegerechte Vollzeit“ ist eine Vollzeitzeitbeschäftigungmit abgesenkter Arbeitszeitdauer, die für die Dauer der Pfl ege gilt.Anders als bei der individuell gewählten Teilzeitlösung erfolgt fürdie „pfl egegerechte Vollzeit“ eine fi nanzielle Subventionierung fürdie wegfallenden Arbeitsstunden. Beispiele veranschaulichen dieverschiedenen Varianten für eine pfl egerechte Vollzeit:• Herr Müller, Büroangestellter bei einem Mittelständler, pfl egtseinen geistig behinderten Sohn. Dafür hat er in seinem Betriebvon der Betriebsvereinbarung Gebrauch gemacht, nach der erseine wöchentliche Arbeitszeit um zehn Stunden reduzierendarf. Durch die auf 30 Wochenstunden reduzierte Arbeitszeitist Herr Müller täglich nur sechs Stunden im Betrieb und kannseinen Sohn von der Behindertenwerkstatt abholen. Darüberhinaus genießt Herr Müller die Möglichkeit, fünf Stunden umseine reduzierte Arbeitszeit herum zu variieren. Dies nutzt ervor allem, wenn sein Sohn einen wichtigen Facharzttermin hat.Die dadurch verpasste Arbeitszeit holt Herr Müller eine Wochespäter dann wieder auf.• Frau Mannhaupt trägt seit einem Schlaganfall Pfl egeverantwortungfür ihre Schwester. Ihr Arbeitgeber, ein Wohlfahrtsverband,hat darauf reagiert und ihr eine Zeitgutschrift aufihr Arbeitszeitkonto gebucht. Die Entnahme des Guthabenspasst Frau Mannhaupt individuell an den Pfl egebedarf ihrerSchwester an. Dieses Zeitbonisystem ihres Arbeitgebers siehteine Zeitgutschrift in Abhängigkeit der Pfl egestufe vor. Da dieSchwester von Frau Mannhaupt Pfl egestufe II hat, erhielt FrauMannhaupt ein Plus von 150 Arbeitszeitstunden.TeilzeitAuch eine deutlich reduzierte Arbeitszeit schwächt die Doppelbelastungenaus Beruf und Pfl ege ab. Zentral für die Ausgestaltungder Teilzeit und die Festlegung des Stundenumfanges sind dieSicherstellung eines längerfristig existenzsichernden Einkommenssowie eine von Beginn an zeitliche Befristung der Reduzierung derindividuellen Arbeitszeit. Beschäftigte äußern sich häufi g kritischgegenüber Teilzeitarbeit, weil sie nicht bewältigbare Einkommenseinbußen,eine zu geringe Alters absicherung oder ein fehlendesRückkehrrecht auf Vollzeit befürchten. Für die Ausgestaltung einerpfl egesensiblen Teilzeit gilt es darüber hinaus, die Wünsche undBedarfe pfl egender Beschäftigter bezüglich Lage und Verteilungder Teilzeitstunden zu berücksichtigen. Eine fremd- bzw. reinbetrieblich bestimmte Teilzeit, die keinen festen Rhythmus zulässt,keine Planungssicherheit bietet oder den Betroffenen zu wenigMit sprache recht einräumt, ist nicht pfl egesensibel.14


Aktiver Einbezug der ArbeitszeitkontenArbeitszeitkonten sind ein sehr hilfreiches Instrument für Beschäftigtemit privater Pfl egeverantwortung. Entscheidend ist einmöglichst hoher Grad an Selbstbestimmung für die Pfl egenden.Dies umfasst neben der eigenständigen Steuerung des Ansparensund der Entnahme auch den Nichtverfall von Guthaben bzw.die Aussetzung von Kappungsgrenzen. Ebenso bietet sich eineAus weitung der Ober- und Untergrenzen über die üblichen Gleitzeitkontenregelungenhinaus an, so dass auch Freiräume voneinigen Tagen entstehen können. Für eine Erhöhung des Selbstbestimmungsgradspfl egender Beschäftigter sollte ihnen das Rechtauf jederzeitige Entnahme von Zeitkontingenten oder von mehrerenGleittagen pro Monat eingeräumt werden, ohne dass „betrieblicheBelange“ dem entgegenstehen dürfen.Freistellungen/AuszeitenFreistellungen und Auszeiten sind sehr wesentliche Gestaltungselementefür pfl egende Beschäftigte, bei denen es zwei Faktoren zuberücksichtigen gilt:• Hinsichtlich der Dauer von Freistellungen brauchen Pfl egendesowohl sehr kurze, nur wenige Stunden oder einzelne Tageumfassende, spontane Freistellungen, als auch längerfristige,d. h. einige Wochen oder sogar bis zu einigen Monaten umfassendeAuszeiten.• Freistellungen planen Beschäftigte in der Regel vorab. In derPfl ege ist dies nicht immer möglich, weshalb eine Kombinationaus kurz- und langfristigen Freistellungen notwendig ist.Planungshorizont sollte bei Abweichungen von der geplantenArbeitszeit mindestens ein bis zwei Wochen betragen und keinesfallseinen Zeitraum von drei bis vier Tagen unterschreiten.Bedarfsgerechte Variation von Arbeitsbeginn und ArbeitsendeDie positive Wirkung von verlässlichen Arbeitszeiten kann nurdann zum Tragen kommen, wenn komplementär dazu gezielte undbedarfsgerechte Ausnahmen von dieser Regel möglich sind. Einfrüheres Arbeitsende oder späterer Arbeitsbeginn werden beispielsweisebei sporadischen Ereignissen wie Arztbesuchen notwendig.Die klassische Form der Gleitzeit sowie erweiterte Gleitzeitformenmit Befreiung von der Kernarbeitszeit oder eine verlängerteMittagspause erweisen sich als ausgezeichnete Steuerungselemente,mit denen der zeitliche Selbstgestaltungsbedarf vonPfl egen den gut aufgefangen werden kann.SelbstbestimmungMit dem Bedarf an Planbarkeit und situationsbedingten Abweichungengeht der Wusch nach einem möglichst hohen Maß an zeitlicherSelbstbestimmung in Bezug auf Dauer, Lage und Verteilungder Arbeitszeiten einher. Wichtig sind Möglichkeiten der Anpassungan die Pfl egebedarfe. Pfl egende brauchen einen gewissen Spielraumbei Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und zur kurzfristigenUnterbrechung ihrer Arbeit. Eine hohe Autonomie beziehtsich ebenso auf die befristete Reduzierung der Arbeitszeit sowiederen phasenweise Aufstockung.Anzustreben ist eine Finanzierung pfl egebedingter Freistellungen,da bisher vorrangig Überstunden abgebaut und/oder Urlaubstagevon den Betroffenen „auf eigene Kosten“ genommen werden.„Klassische“ ArbeitszeitlageArbeitszeiten in der klassischen Arbeitszeitlage, also montags bisfreitags von ca. 09.00 bis 17.00 Uhr, werden von Pfl egenden sehrgeschätzt, weil sie eine Regelmäßigkeit in den Tagesablauf hineinbringen,die im Pfl egealltag selten gegeben ist. Auch aus Gründendes Gesundheitsschutzes der Pfl egenden ist die Ein haltung einerklassischen Arbeitszeitlage empfehlenswert. Dem dient ein regelmäßigerFeierabend mit Eigenzeiten und verlässlichen Abläufenund Ritualen genauso wie ein freies Wochenende. AbweichendeArbeitszeitlagen wie Arbeit am Abend, Wochenendarbeit undins besondere Nachtarbeit gilt es zu vermeiden, da diese amwenigsten kompatibel mit den Pfl egeaufgaben sind und sich alsbesonders gesundheitsbelastend für die Pfl egenden erweisen.Planbarkeit und VerlässlichkeitMehr als alle anderen Beschäftigtengruppen brauchen Beschäftigtemit privater Pfl egeverantwortung planbare Räume und Grenzenvon betrieblicher Flexibilität. Insofern gehören gut planbare sowieverlässliche Arbeitszeiten in ihrer Dauer, Lage und Verteilungzur Grundausstattung pfl egesensibler Arbeitszeitelemente. Der15


3.2 Pflegegerechte ArbeitsorganisationDie Umsetzung pfl egesensibler Arbeitszeiten ist ohne fl ankierendeMaßnahmen im Betrieb undenkbar. Der Arbeitsorganisation kommtdabei ein besonderer Stellenwert zu. Die wichtigsten arbeitsorganisatorischenHandlungsfelder sind die folgenden:Ergebnisorientiertes ArbeitenAn die Stelle einer noch vielfach verbreiteten Anwesenheitskultursollte (nicht nur) für Pfl egende ein ergebnisorientiertes Arbeitentreten. Leistungskriterium sollte das Engagement der Beschäftigtenbzw. das Arbeitsergebnis sein und nicht die Anwesenheit amArbeitsplatz oder stetige Verfügbarkeit. Entsprechende arbeitsorganisatorischeVeränderungen (wie z. B. Home Offi ce, Teleheimarbeit,Teilung von Aufgabengebieten, Vertretungslösungen, Teilungvon Führungsaufgaben), die den pfl egerischen Bedarfen derBeschäftigten entgegen kommen, müssen dort, wo sie machbarsind, zum betrieblichen Alltag werden.Adäquater Aufgaben-/TätigkeitszuschnittDie Übernahme privater Pfl egeverantwortung kann bei Beschäftigtendazu führen, dass sie zwischenzeitlich von ihrem üblichenTätigkeitsprofi l und der Art und Weise, in der sie normalerweisearbeiten, abweichen müssen. Hierzu braucht es verschiedenebetriebliche Gestaltungselemente.• Eines dieser Elemente sind mobile Arbeitsformen, die es denBeschäftigten ermöglichen, Teile ihrer Arbeit auch jenseits desBetriebes fertig zu stellen. In den meisten Fällen reicht die tageweiseInanspruchnahme solcher außerbetrieblichen Arbeitsmöglichkeiten.• Zu vermeiden sind Dienstreisen, insbesondere solche, dieeine auswärtige Übernachtung mit sich bringen. Hier sollte esMöglichkeiten einer vorübergehenden Befreiung von Terminengeben, die nicht nur außerhalb der üblichen Arbeitszeit liegen,sondern auch außerhalb des üblichen Arbeitsortes.• Das Vorhandensein eines guten Vertretungsmanagementsentlastet die Pfl egenden und ermöglicht ihnen die Inanspruchnahmevon Auszeiten ‚ohne schlechtes Gewissen‘. Bei Vertretungsregelngeht es darum, Arbeitsaufgabe und Arbeitsinhaltzeitlich, sachlich, räumlich und sozial so zu gestalten, dasssie/er vertretungsfähig ist. Smarte Vertretungssysteme alszentraler Bestandteil pfl egesensibler Arbeitszeiten sind solche,die ohne größere Reibungsverluste funktionieren und damitselbst bestimmte Flexibilität nicht nur möglich, sondern wahrscheinlichmachen. Die Schwelle, bei dringendem Bedarf Vertretungsregelungenauch tatsächlich in Anspruch zu nehmen, istmöglichst gering zu halten.• Eine sinnvolle Anpassung des Tätigkeitsprofi ls bedeutet einerseitsden betrieblichen Verzicht auf neue/zusätzliche berufl icheHerausforderungen für pfl egende Beschäftigte (z. B. neue Software,Übernahme neuer Kunden etc.). Andererseits kann diesauch bedeuten, die Beschäftigten phasenweise von bestimmtenArbeitsinhalten zu entlasten (temporäre Abgabe von Personalverantwortung,Abgeben von Zusatzaufgaben wie Arbeitskreise,Außenkontakte etc.) In Einzelfällen kann auch die Versetzungin eine andere Abteilung ratsam sein, wenn dort eher pfl egekompatibleEntlastungen möglich sind. Es geht insofern nichtum die Schaffung von sogenannten Schonarbeitsplätzen,sondern vielmehr um Berücksichtigung der Belastungsgrenzender Beschäftigten, die Pfl ege leisten.Arbeitsunterbrechungen im TagesverlaufKurze Unterbrechungen in der täglichen Arbeit, inhaltlich wie zeitlich,sind aus zweierlei Gründen wichtig für die Pfl egenden. Zumeinen ermöglichen sie ihnen, das Pfl egegeschehen aus dem Betriebheraus zu steuern. So sind viele pfl egerelevanten Einrichtungen(Medizinischer Dienst, Ärzte, Krankenkassen, …) nur während derüblichen Bürozeiten erreichbar. Zudem erfordern unerwartete Ereignisse,wie z. B. ein Sturz der gepfl egten Person, ein kurzfristigesVerlassen der Arbeitsstelle mit anschließender Rückkehr an denArbeitsplatz. Hinzu kommt, dass pfl egende Beschäftigte aufgrundder Doppelbelastung aus Beruf und Pfl ege die Möglichkeit zukurzen Erholungspausen brauchen, auch jenseits der vorgesehenenPausenregelungen.3.3 <strong>Pflegesensible</strong> Arbeits- und BetriebskulturAuch Elemente einer pfl egesensiblen Arbeits- und Betriebskultur –also des sozialen Miteinanders innerhalb eines Betriebes – gehörenzu einer gelingenden Vereinbarkeit von Beruf und Pfl ege. Die wichtigstenHandlungsfelder sind:Der Betrieb als sozialer Ort„Menschen fallen relativ unerwartet in eine Pfl egesituationund wenn das so ist, fragen sie sich ‚Wer ist greifbar, werkann mir Tipps geben?‘ Das wird immer der Pfl egestützpunkt,der Pfl egeberater oder die Krankenkasse, die Pfl egekassesein. Aber im Unternehmen jemanden zu haben, dersagt, ‚Moment. Stopp! Ich hör mal zu, ich weiß, wie dasgeht.‘ Das ist so eine Auffangfunktion, da ist das Unternehmenmir vielleicht näher als meine Pfl egekasse, wasdas Vertrauen betrifft.“(Geschäftsführung eines Sozialverbandes)Ein pfl egesensibler Betrieb zeichnet sich dadurch aus, dass ersoziale Begegnungen ermöglicht und Beschäftigte als Menschenmit Fürsorgeverantwortung betrachtet. Unternehmensleitung undbetriebliche Interessenvertretungen können dazu beitragen, dasThema Pfl ege und die Doppelbelastung von Beschäftigten mitPfl egeaufgaben zu diskutieren. Enttabuisieren lässt sich das Thema,indem Pfl ege beispielsweise in einer Betriebsversammlung oder inbetriebseigenen Medien immer wieder auf die Agenda gesetzt wird.Um die Betriebskultur nachhaltig zu verbessern, empfehlen sichdarüber hinaus Sensibilisierungsmaßnahmen für Vorgesetzte undBeschäftigte. Da pfl egende Beschäftigte kaum noch andere Orteals den Arbeitsplatz und den Pfl egeort aufsuchen, eignet sich derBetrieb auch als Quelle für Erstinformationen, wo und wie sichprivate Pfl ege organisieren lässt und wie sich Beschäftigte pfl egerischeEntlastung verschaffen können. Diese Informationen können16


seitens der Unternehmensleitung erfolgen oder über gegen seitigenInformationsaustausch unter den Beschäftigten. Auch dieserkollegiale Austausch kann vom Betrieb unterstützt werden, z. B.in Form eines „Pfl egestammtisches“. Je offener innerhalb einesUnternehmens über das Thema Pfl ege kommuniziert wird, destoleichter fällt es den Beschäftigten, sich als Pfl egende zu ‚outen‘ undmit anderen Betroffenen in einen Informations- und Erfahrungsaustauschzu treten.„Die meisten Unternehmen wissen eigentlich gar nicht,was bei ihren Beschäftigten los ist, gerade zum ThemaPfl ege. Das läuft irgendwie, die machen das irgendwie.Und dann kommt eine Kündigung oder jemand ist häufi geroder andauernd krank, ohne dass man weiß, warum. Wennich weiß, da ist eine permanente Überforderungssituation,dann kann ich gucken, welche Möglichkeiten ich überhaupthabe. Ich will ja auch gute Mitarbeiter halten, die mir sonstirgendwann ausfallen würden.“(Referentin eines Wohlfahrtsverbandes)Entgegenkommen und VerständnisUnmittelbare Vorgesetzte und Kollegen/innen können eine zentraleStütze für Beschäftigte mit privater Pfl egeverantwortung darstellen,wenn sie adäquat mit den pfl egebedingten Belangen und Bedarfender Betroffenen umgehen. Dies bedeutet einerseits, offen zu seinfür die besondere Situation, also beratend und unterstützend zurSeite zu stehen. Andererseits bedeutet es, die Betroffenen als‚normale‘ Beschäftigte zu behandeln und nicht als ‚Sonderling‘ imBetrieb zu betrachten.Spezifi sche MaßnahmenNeben den genannten Entlastungsangeboten kann der Betriebweitere spezifi sche Maßnahmen anbieten, die der Etablierung einerpfl egesensiblen Betriebskultur dienen. Eine dieser Maßnahmenwäre eine betriebliche Sozialberatung für Pfl egende. Das Angebotkann sowohl fachlicher Art sein (rechtliche Aspekte, Erbschaftsfragen,Informationen über das formale Vorgehen bei Eintritt einerPfl egesituation). Entsprechende Angebote werden erfahrungsgemäßauch von Beschäftigten wahrgenommen, bei denen aktuell(noch) keine Pfl egesituation vorliegt. Diese Prophylaxe führt dazu,dass die Beschäftigten im ‚Ernstfall‘ besser vorbreitet sind undder Stress zu Beginn einer Pfl egesituation deutlich verringert wird.Pfl egerelevante Informationen zu streuen, kann in vielerlei Hinsichtgeschehen.„Wir haben so ein Shuttle für unsere Beschäftigten, derzwischen den betrieblichen Dienststellen hin und her fährt.In dem Shuttlebus haben wir einen Bildschirm eingebaut,der die ganzen Anlaufstellen für pfl egende Beschäftigteaufl istet, z. B. häuslicher Notfalldienst und ambulantePfl ege dienste. Die Zeit im Shuttlebus nutzen unsereMit arbeiter so, um sich zu informieren.“(Betriebsrätin und Pfl egeverantwortliche in einemDaten verarbeitungs unternehmen)Darüber hinaus stoßen Seminare zur eigenen Gesunderhaltungsowie zur eigenen Work-Life-Balance auf großes Interesse derZielgruppe. Insbesondere solche Seminare führen dazu, dass dieBeschäftigten weniger häufi g krankheitsbedingt ausfallen.Weitergehende spezifi sche Maßnahmen können sein: Ein Wäscheservice,die Möglichkeit zur Essensmitnahme aus der Kantine,vergünstigte Mitgliedschaft in einem Sportcenter oder eine (fi nanzielle)Unterstützung bei der Betreuung der pfl egebedürftigenPerson etc.3.4 Die Pflegephasen –passende Gestaltungselemente zur richtigen ZeitPfl ege verläuft – stark schematisiert – zumeist in drei zeitlichenPhasen, die sich hinsichtlich der Pfl egeaufgaben und des Pfl egeaufwandesunterscheiden und damit jeweils andere Anforderungenan die Pfl egeperson stellen.„Den berufl ichen Ausstieg fi nde ich in der fi nalen Pfl egephase,wenn also klar ist, ein Angehöriger wird versterben,sehr interessant. Es ist eine tolle Möglichkeit zu sagen,mein Arbeitsplatz ist mir sicher und jetzt ist einfach dieserMensch wichtig und ich bin vier Monate raus. Aber inder Regel dauern die Pfl egesituationen sehr viel längerund da benötigt man längerfristige Regelungen.Ich denke, für diese Zeiten sind andere Dinge wichtiger alsein berufl icher Ausstieg.“(Beraterin in einer öffentlichen Pfl egeberatungsstelle)Eine pfl egesensible <strong>Arbeitszeitgestaltung</strong> berücksichtigt, dass jedePfl egephase ihre eigenen arbeitszeitlichen und -organisatorischenRegelungen benötigt. Die folgenden Abschnitte liefern einenÜberblick darüber, welche Maßnahmen in welcher der drei Phasenbesondere Bedeutung erfahren.Beginn der Pfl egesituation – Organisation der Pfl egesituationAnders als Elternschaft ist der Beginn einer Pfl egesituation nichtplanbar und kann plötzlich daher kommen. Aber auch eine schleichendeÜbernahme von immer mehr Unterstützungs- und Pfl egeleistungenfür andere Menschen erleben viele. Handlungen undEntscheidungen stehen dann unter mehr oder weniger großemZeitdruck. In dieser Phase geht es vordergründig um einen Aufbauund eine (Neu-)Organisation der Pfl egesituation. Dazu sind vielfältige,zeitaufwändige Organisationsarbeiten zu leisten: Informationeneinholen, mit der pfl egebedürftigen Person interagierenund Konsens in vielfältiger Hinsicht herstellen, Lösungsmustererarbeiten, Kooperationsbeziehungen herstellen, soziales Kapitalmobilisieren, sich selbst mit der Rolle als Pfl egende(r) identifi zieren,Behördengänge erledigen, die eigene <strong>Familie</strong> darauf einstellen,Umzüge durchführen, Umbauten realisieren und nicht zuletztEntscheidungen über die eigene Rolle im Verhältnis von Pfl egeund Beruf mit Angehörigen diskutieren und zu Entscheidungengelangen.17


So möchte beispielsweise ein Lehrer zu Beginn der plötzlich eingetretenen,unfallbedingten Pfl egebedürftigkeit seiner Partnerin seineArbeitszeit zeitlich befristet reduzieren:„Und im nächsten Schulhalbjahr, wenn allesentsprechend organisiert ist, will ich wiedermit voller Stundenzahl arbeiten.“(Herr Förster)In dieser Zeit haben anfängliche Freistellungen und Auszeiten einehohe Bedeutung für die Betroffenen. Diese sollten unkompliziertund ohne lange Ankündigungsfristen in Anspruch genommenwerden können, meist reicht eine Dauer von einigen Tagen bis hinzu vier Wochen.Gerade zu Beginn einer Pfl egesituation ist der Organisationsaufwandsehr hoch, für den Beschäftigte schlicht Zeit benötigen.Nicht immer ist es jedoch notwendig, dafür ganztägig frei zunehmen. Oftmals reicht es aus, wenn die Beschäftigten dieMöglichkeit haben, ihre Arbeit im Tagesverlauf kurzfristig zu unterbrechenoder sich stundenweise frei zu nehmen. Zudem sollte dietelefonische Erreichbarkeit der Betroffenen sichergestellt werden.Die Notwendig keit, während der Bürozeiten zu telefonieren, schildertHerr Sommer am Beispiel seiner altersschwachen Mutter:„Und da sie selbst nicht mehr richtig telefonieren kann –also sie ruft mich noch an, aber sie spricht sehr schlecht, sietraut sich nicht nach außen anzurufen – muss ich alle Telefongespräche,die sie nach außen führt, eigentlich machen.(Herr Sommer)Neben diesen arbeitszeitlichen Elementen besteht eine weiterewichtige betriebliche Unterstützungsleistung zu Beginn der Pfl egephasein der Bereitstellung von Informationen. Das Beschaffenvon Informationen über notwendige Verfahren und Anträge, überBeratungsstellen und die regionale Infrastruktur (ambulante Pfl egedienste,Tagespfl egestätten, ehrenamtliche Hilfsdienste etc.) ist zeitaufwändigund mühevoll. Für Unterstützung durch den Betrieb sindBeschäftigte erfahrungsgemäß sehr dankbar. In diesem Kontextsollten die Betroffenen auch über die betrieblichen Maßnahmenaufgeklärt werden, z. B. über ein betriebliches Pfl ege gespräch oderentsprechende Materialien. Dies trägt zur Ent tabui sierung desThemas Pfl ege bei und kann bei entsprechender Unterstützungdurch den Arbeitgeber auch von betroffenen Beschäftigten selbstinitiiert werden. Die Resonanz auf derartige Informationsangebotekann sogar die Erwartungen übertreffen:„Es ist lange ein Tabuthema gewesen, man erzählt nichtso, ich habe einen demenzkranken Opa oder mein Vaterist schwer krank. Und wir haben uns dann im Audit zurAufgabe gemacht, das Thema erst mal aufzugreifen.Und haben niederschwellig angefangen mit Vorträgen zuPatienten verfügungen und Vorsorgevollmachten. Und dahatten wir etwa 110 Zuhörer, es war immens.“(Frau Seidel)Die Erfahrungen haben gezeigt, dass pfl egende Beschäftigte ihreeigenen Belastungsgrenzen vielfach nicht realistisch einschätzenkönnen und sich tendenziell überfordern. Um die Beschäftigungsfähigkeitder Betroffenen zu erhalten und dem Hang zur Überforderungzu begegnen, bieten sich Maßnahmen im Bereich der betrieblichenGesundheitsfürsorge an, beispielsweise durch Seminare oderBeratungen zum Thema „Gesunderhaltung – Wie pfl ege ich (mich)richtig“, welche auch die Grenzen der Belastungen der Pfl egendenaufgreifen. So könnten pfl egende Beschäftigte in vielen Fällen vorgesundheitlichen Folgen bereits im Vorfeld bewahrt werden, indemdie Notwendigkeit Grenzen zu setzen, vermittelt wird:„Und ich hatte jetzt immer mehr Krankheiten. Kehlkopfschwellung,dieser Sturz mit dem Kreislauf, wo ich sage, dassind eigentlich schon Momente, wo mein Körper mir signalisiert,mach mal langsam. Es ist vor allem dieser permanenteinnere Druck.“(Frau Weidinger)Schließlich sind bereits von Beginn an die Unterstützung und dasVerständnis durch Vorgesetzte und Kollegen/innen von hoherBedeutung, die ein Betrieb aktiv fördern kann, indem Führungskräftefür die besondere Situation pfl egender Beschäftigtersensibilisiert werden und dem Thema Platz im Betrieb eingeräumtwird. Viele Beschäftigte trauen sich nicht, sich als Pfl egende imBetrieb zu erkennen zu geben. Befördert das Unternehmen eineoffene Betriebskultur, können etwaige Ängste der Beschäftigten(Arbeitsplatzverlust, Karriereende, …) gleich zu Anfang genommenund praktikable Lösungen vereinbart werden. Ist die Kommunikationvon Seiten des Betriebes her offen, führt dies auch zu einemoffenen Umgang mit Pfl egesituationen von Seiten der betroffenenBeschäftigten und beugt Unverständnis bei Kollegen und Vorgesetztenvor:„Ich sage, man muss darüber sprechen. Dann haben dieLeute nämlich ganz schnell viel Verständnis dafür. Undgerade in der Baubranche ist ja eigentlich eher ein ruppigesVerhalten üblich.“(Frau Reiter)18


Betriebliche Unterstützungsmaßnahmenzu Beginn der Pflege:Freistellungen:• Die „kurzfristige Arbeitsverhinderung“ nach dem Pfl egezeitgesetz,die bisher in den Betrieben zu wenig angewendetwird.• Möglichkeit einer tarifvertraglichen oder betrieblichenFreistellung, beispielsweise über Solidarfonds in den Arbeitgeber/innenund Beschäftigte einzahlen.• Als suboptimal werden Möglichkeiten der Inanspruchnahmebewertet, die von den Betroffenen selberfi nanziert werden, etwa ein Abbau von Zeitguthabenauf dem Arbeitszeitkonto, Urlaubstage, Sonderurlauboder Kurzsabbaticals. Die Frage der Finanzierbarkeitspielt zumindest für Beschäftigte mit einem geringenEinkommen eine Rolle.• Bereitstellung von Informationen,• Beratungsangebot (intern, extern) bekannt machen,• Betriebliche Ansprechpartner/in benennen,• Informationsmaterialien zusammenstellen (Verfahren undAnträge zu Pfl egestufen, Pfl egegeld, Ansprechpartner/innenund Adressen der regionalen Pfl egestruktur) und allenBeschäftigten leicht zugänglich machen,• Informationsveranstaltungen anbieten (z. B. in Kooperationmit Pfl egediensten, Krankenkassen, Wohlfahrtsverbänden),• Gesundheitsfürsorge, Anleitung zur Selbstsorge währendder Pfl ege.Im Pfl egealltag –Vereinbarkeit von Beruf und Pfl ege sicher stellenIn der zweiten, in der Regel mehrjährigen Pfl egephase oder imFall pfl egebedürftiger Kinder auch bei lebensbegleitender Dauerpflege hat sich die Pfl ege der betreuenden Personen und Instanzen(z. B. Pfl egedienst) eingespielt und muss aktiv gehalten werden.Durch Veränderungen in Art und Umfang des Pfl egebedarfs könnenjedoch neue Organisationsstrukturen in sachlicher, personellerund zeitlicher Hinsicht erforderlich werden. Ebenso können sichdie sozia len oder fi nanziellen Rahmenbedingungen verändern,etwa durch Ausfall von Betreuungspersonen (<strong>Familie</strong>nangehörige,Nachbarn, Freunde). Hinzu kommen unkalkulierbare Situationenaufgrund plötzlicher gesundheitlicher Ereignisse, Krankenhauseinweisungen,Unglücksfälle, „etwas angestellt zu haben“ – etwabei voranschreitender Demenz der pfl egebedürftigen Person – oderAnderes, auf das in kürzester Frist reagiert werden muss. Hier hilftein fl exibler Überstundenausgleich oder ein Arbeitszeitkonto, dasvon den Beschäftigten unbürokratisch genutzt werden kann. HerrLade beschreibt, welche Auswirkungen die Tagesform seiner pfl egebedürftigenLebenspartnerin auf seine Arbeitszeiten hat und wie ersein Arbeitszeitkonto dafür einsetzt:„Ich versuche es immer so zu machen, dass ich in denZeiten, in denen es meiner Frau gut geht, Überstundenanhäufe und länger bleibe. Und in Zeiten, in denen esihr nicht so gut geht, mache ich dann wieder einenfreien Tag oder halt einen verkürzten Dienst oder eineDienstzeitunter brechung.“(Herr Lade)Oberstes Ziel bleibt die Vermeidung der Überlastung derpfl egen den Beschäftigten, die langfristig nur durch eine Reduzierungder Arbeitszeiten erreicht werden kann. Denkbar ist hierentweder die Einführung einer sogenannten „pfl egegerechtenVollzeit“ oder die Reduzierung der regulären Arbeitszeit aufTeilzeitarbeit. Optimal wäre die Möglichkeit, die Arbeitszeiten imVerlauf einer Pfl egesituation an den aktuellen Pfl egebedarf undauch an die eigene Belastungssituation als pfl egender Erwerbstätigerkurzfristig anpassen zu können. Herr Schwan, der für seinebehinderte Tochter die Verantwortung trägt, schildert den Prozessdes Ein pendelns zwischen Beruf und Pfl ege:„Von 7 bis 15 Uhr habe ich damals gearbeitet. Und dann istmeine Tochter 2006 zu mir gekommen und da bin ich dannerst runter auf 28, dann 24 und schließlich 18 Stunden.Weil […] ich dachte, ich komme damit hin. […] War abernicht. Bin dann immer weiter runter. Habe mich ein bisschenübernommen, sagen wir mal so.“(Herr Schwan)Auch Freistellungen und Auszeiten spielen im Rahmen der all täglichenPfl ege erneut eine große Rolle. Sollen damit unvorhersehbareEreignisse bewältigbar werden, ist eine spontane Inanspruchnahmeerforderlich. Mehrheitlich fi nden solche Auszeiten aber geplantstatt, etwa anlässlich einer Operation oder Teilnahme an Kurenoder Reha-Maßnahmen. In vielen Fällen haben Pfl egende nacheiner Reduzierung ihrer Arbeitszeit einen festen, freien Tag in derWoche etabliert. Mit diesem ist jedoch nicht immer alles abgedeckt.„Es muss eben entweder durch Verschieben des freienTages oder durch zusätzliche freie Stunden oder durcheinen Heimarbeitstag gewährleistet sein, dass ich auch ananderen Tagen mal was für die Pfl ege machen kann. Ichbemühe mich alles auf den Donnerstag zu legen, aber dasgeht nicht immer.“(Herr Sommer)19


In dieser Phase nimmt auch das Arbeitszeitkonto eine Schlüsselfunktionein. Wichtig ist, dass den pfl egenden Beschäftigten einmöglichst hohes Maß an Verfügungsgewalt in Bezug auf Aufbauund Entnahme der Zeitguthaben eingeräumt wird. So brauchendie Betroffenen etwa ausgedehnte Möglichkeiten zum Aufbauvon Zeitguthaben, z. B. durch Umwandlung von Prämien, Zusatzgratifikationen, Umschichtung von zusätzlichen Urlaubstagenoder der Möglichkeit zur selbstbestimmten Mehrarbeit. Auch beider Entnahme muss den Beschäftigtenbedarfen Vorrang vor denbetrieblichen Interessen eingeräumt werden.„Irgendwo so um 50 Stunden ... die lasse ich da als Polsterimmer stehen. Es kann ja auch mal ein Notfall sein, bei demich mal eben zwei, drei Tage am Stück haben müsste. Wennmit meiner Mutter mal irgendwas Ungewöhnliches passiert.(Herr Sommer)Pfl egesensibilität im Pfl egeverlauf kennzeichnet sich durch einefl exible Handhabung von Arbeitszeitlage und Arbeitsort aus, diesich an den Bedürfnissen des pfl egenden Beschäftigten orientieren.Ziel muss die Etablierung einer stärkeren Ergebnisorientierung inder Arbeit sein, anstelle einer ausgeprägten Anwesenheitskultur.Die Einführung von Gleitzeit, dort wo es möglich ist, stellt denersten Schritt dar. Eine etwaige Befreiung von den Kernarbeitszeitenkann als Ausnahmeregelung ebenso sinnvoll sein:„Wir haben ja von 6.00 bis 19.30 Uhr Gleitzeit, also zu denUhrzeiten könnte ich kommen. Ich darf mit Zustimmung desChefs aber schon früher anfangen.“(Frau Keller)Gerade weil die Beschäftigten immer wieder auf Auszeiten angewiesensind, sind vernünftige Vertretungsroutinen existenziell.Diese sind notwendig, um den Pfl egenden die Inanspruchnahme‚ohne schlechtes Gewissen‘ zu ermöglichen, die Kollegen/innenzu schützen und deren Bereitschaft zur Unterstützung aufrecht zuerhalten. Wenn die Arbeit immer liegen bleibt, oder die Kollegen/innen dauerhaft durch anfallende Mehrarbeit überlastet sind, ist esratsam, sich die Situation genauer anzusehen und funktionierendeVertretungsregelungen zu fi nden.Eine Pfl egesituation dauert im Durchschnitt etwas über acht Jahre.Um in dieser langen Zeit sowohl die Beschäftigungsfähigkeit alsauch die Pfl ege sicher zu stellen, sind betriebliche Maßnahmennotwendig, die die Betroffenen im Bemühen um ihre Selbstsorgeunterstützen. Hier bieten sich Coaching-Programme sowie SportundEntspannungsangebote an. Auch regelmäßige Infoworkshopsund Referate durch externe Experten/innen wirken unterstützend.Meist fi nden sich im Betrieb auch aktuell oder ehemals betroffeneBeschäftigte, die freiwillig an solchen Programmen mitwirken undmit ihrer Pfl egeerfahrung einen wichtigen Beitrag dazu leistenkönnen.„Wir haben hier ja den Arbeitskreis Elder Care, den wir geradeaufbauen. Wir beraten in diesem Arbeitskreis Kollegen, dieplötzlich vor einer Pfl egesituation stehen. Was könnt ihr tun?Was sind die ersten Schritte? Mein Fachgebiet ist zum Beispielhäusliche Pfl ege. Jetzt am Donnerstag haben wir einen Vortrageines Hospizleiters und wir können das Hospiz dann auchbesichtigen. Im Intranet und in der Mitarbeiterzeitung wirdanschließend alles publiziert.“(Frau Weidinger)Eine besondere Herausforderung liegt darin, den Umgang mit demThema Pfl ege zu enttabuisieren und eine Einbettung in den betrieblichenAlltag zu erreichen. Hier sind Führungskräfteschulungen einprobates Mittel. Aber Pfl ege wird auch zum Gesprächsthema, wennes regelmäßig in den fi rmeneigenen Medien vorkommt. All dieseMaßnahmen fördern das Verständnis bei Vorgesetzten und dieUnterstützung durch Kollegen/innen.„Ich glaube einfach, dass das viel zu wenig thematisiertwird. In den Etagen, die im weitesten Sinne mit Personal zutun haben, ist das Wort Pfl ege noch nie vorgekommen. Ichwar auch ein bisschen exotisch. So wie damals die erstenMänner exotisch waren, die Elternzeit nahmen.“(Frau Höhn)20


Betriebliche Unterstützungsmaßnahmenim Verlauf der Pflege:Reduzierung der Arbeitszeiten• Einführung einer „Pfl egegerechten Vollzeit“, einerspe ziellen Vollzeit mit reduzierten Stundenvolumenbei entsprechen dem Lohnausgleich• Breite Palette verschiedenster Teilzeitmodelle mitentsprechen der BefristungFreistellungen und Auszeiten• Die Dauer variiert in dieser Phase häufi g zwischeneinzelnen Tagen und zwei bis drei Wochen• Inanspruchnahme sowohl spontan als auchlangfristig geplant• Mindestens eine Teilfi nanzierung oder eine vollständigeFinanzierung etwa durch die bereits beschriebenengesetzlichen, tarifvertraglich oder betrieblich vereinbartenZeitboniArbeitszeitkonto• Hohe Verfügungsgewalt der Beschäftigten bei Ansparenund Entnahme von Zeitguthaben• Kreativer Umgang mit Zeit: Umwandlung vonGratifi ka tionen und Prämien in ZeitguthabenVertretungsregelungen• Ein möglichst hohes Ausmaß an zeitlicher Variabilitätdes Arbeitsauftrages• Doppelbesetzung/Überlappung der Qualifi kationen• Ausreichender Personalbestand• Konstante räumliche Lage des Arbeitsortes• Berücksichtigung von Leistungsreservender Beschäftigten im Normalbetrieb• Springerregelungen• Eingeschränkte Vertretungsverpfl ichtungenfür pfl egende BeschäftigteUnterstützung und Beratung (siehe auch „Beginn der Pfl ege“)• Beschäftigungsfähigkeit der pfl egenden Beschäftigtendurch Coaching, Sport- und Entspannungsangebote(autogenes Training, Fitnessstudio, …) erhalten• Infoworkshops mit externen Experten/innen zu Themenwie Pfl ege, Recht, Finanzen durchführen• Gesprächskreis, Stammtisch für Betroffene initiierenPfl egegerechte Arbeitszeitlage• Befreiung oder Lockerung von betrieblichen Kernzeitenund Anwesenheitspfl ichten• Befreiung von Wochenend- und Nachtarbeit• Möglichkeit zu kurzfristigen Unterbrechungender Arbeit im Tagesverlauf• Flexible Arbeitsorte durch Home-Offi ce und Telearbeit21


Die Sterbebegleitung – Erwerbstätigkeit im HintergrundInsbesondere bei alten Menschen beinhaltet die dritte Pfl egephasedie allmähliche oder rasche Beendigung des Pfl egeverlaufs.Hinsichtlich der anfallenden Aufgaben und Belastungen ähnelt siedabei einer Sterbebegleitung. Ähnliche Situationen treten auch beibesonders schwerwiegenden Operationen auf. Berücksichtigt wirdin dieser dritten Pfl egephase, im Falle des Ablebens der pfl egebedürftigenPerson, auch die eigene und innerfamiliale Trauerarbeit.Das heißt, es stehen eher die emotionalen Belastungen im Vordergrundals die zeitlichen.„Der Punkt ist diese seelische Anspannung. Es istja jetzt nicht so, dass ich dauernd irgendwasarbeite oder so […] Aber diese seelische Anspannung“.(Frau Kerbel)Während in der mittleren Pfl egephase die Vereinbarkeit von Berufund Pfl ege im Fokus stand, stehen hier erneut Freistellungen undAuszeiten im Vordergrund. Meist sind die Beschäftigten in dieserPhase nicht in der Lage, Pfl ege und Beruf miteinander in Einklangzu bringen, da die psychischen Belastungen zu stark sind, wenndie nahestehende Person aus dem Leben scheidet oder sicheinem lebensbedrohlichen operativen Eingriff unterziehen muss.Hinzu kommt, dass nach Jahren der intensiven Pfl ege die physischeBelastungs grenze umso schneller erreicht wird, so dass eineAuszeit der einzige gangbare Weg ist. Auch hier wünschen sichdie Beschäftigten eine (Teil-)Finanzierung. Manche Betroffenebemerken erst am Ende der Pfl egephase den Grad der Belastungund den Mangel an Zeiten zur Erholung:„Ich habe eben gemerkt, es wird weniger, also die Kapazität,die ich noch so habe an Reserven. Das ist wie einAkku, der sich so langsam entleert, nicht wahr? Und siehaben nicht die Möglichkeit gehabt, den wieder aufzuladen.Und das spüren sie richtig.“(Herr Bellscheidt)Betriebliche Unterstützungsmöglichkeitenzum Ende der Pflege:Auszeiten/Freistellungen• Vollfreistellungen, die entsprechend der Situation kurzfristigbzw. sogar spontan in Anspruch genommen werden• Da die Freistellungen über das Sterbeereignis hinausgehensollten, empfehlen sich Zeiträume von zwei bis sechsWochen, mit der Möglichkeit eines vorgezogenen Wiedereinstiegs• (Teil-)Finanzierung, z. B. eine Kombination aus betrieblichenfreien Tagen plus einem gesetzlich subventioniertenAnspruch• Kurzsabbaticals, die erst nach der Rückkehr refi nanziertwerdenRe-Integration in den berufl ichen Alltag• Befristete Teilzeitangebote• Betriebliche Rückkehrgespräche (weiterer Karriereverlauf,mögliche Weiterbildungsbedarfe, zukünftige Arbeitszeitregelungen,...)Nicht immer sind die Betroffenen in der Lage, direkt nach Beendigungder Auszeit wieder mit voller Kraft in ihr Erwerbsleben einzusteigen.In solchen Situation können befristete Teilzeitangeboteoder Möglichkeiten des langsamen Wiedereinstiegs – ähnlich denbestehenden Modellen für Langzeitkranke – sinnvolle Ergänzungendarstellen. Je nach Dauer der gesamten Pfl egezeit sollte derWiedereinstieg mit entsprechenden Rückkehrgesprächen begleitetwerden.23


4. Beispiele guter PraxisBoehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KGBoehringer Ingelheim zählt zu den 20 größten forschenden Pharmaunternehmender Welt, wobei sich das Kerngeschäft auf dasErforschen, Entwickeln, Herstellen und Vertreiben von Arzneimittelnbezieht. In Deutschland arbeiten rund 12.000 Beschäftigte, verteiltauf die Standorte Biberach, Dortmund, Hannover undIngelheim am Rhein.Gabriele Chubrasik,PersonalverantwortlicheBoehringer Ingelheim versteht sich alsfamilienbewusstes Unternehmen undgilt als einer der Vorreiter in Bezug aufdie Vereinbarkeit von Pfl ege und Beruf.„Boehringer Ingelheim hat es sich zumZiel gesetzt, seinen Mitarbeitern optimaleArbeitsbedingungen zu bieten. Deshalbnutzen wir verschiedene Instrumente um in Fragen wie Arbeitszeit,Arbeitsorganisation, Personalentwicklung oder Service für <strong>Familie</strong>nzu Lösungen zu gelangen, die den individuellen Bedürfnissen unsererMitarbeiter entgegenkommen. Die kontinuierliche Weiterentwicklungunserer familienbewussten Personalpolitik ist uns ein wichtigesAnliegen“ erläutert Gabriele Chrubasik, die Personalverantwortlichedes Unternehmens.Arbeitszeiten sind bei Boehringer Ingelheim ein wesentlichesSteuerungs instrument, um Pfl ege und Beruf miteinander in Einklangzu bringen. Das Unternehmen bietet verschiedene, an die Lebenssituationangepasste Arbeitszeitmodelle an. Dazu gehören unterschiedlicheVarianten von Teilzeit sowie Gleitzeit und Vertrauens arbeitszeit.Abhängig vom Stellenprofi l besteht die Möglichkeit, alternierendeTelearbeit zu betreiben und/oder von zuhause aus zu arbeiten.Zur Unterstützung der Beschäftigten mit Pfl egeaufgaben werdenregelmäßig Seminare mit externen Experten zu praxisnahen Themenwie Pfl ege und Freistellung, Demenz, Erfahrungen und Rolle desPfl egenden angeboten. Die Seminare sind für alle Beschäftigtenkostenlos und fi nden in den Räumen des Unter nehmens statt. Dieindividuelle Mitarbeiter/innenberatung berät Betroffene, stellt zudemInformationsmaterial zur Verfügung und verfasst bei BedarfStellungnahmen für externe Kostenträger. Zudem tauscht sichdie Mitarbeiter/innenberatung mit den Pfl egeeinrichtungen vor Ortaus und hilft bei der Vermittlung von Hilfeleistungen und Heimplätzen.Die Betroffenen können sich auf diese Art schnell undunkompliziert einen Überblick verschaffen und ihnen können gezieltHilfe leistungen bzw. Kontakte vermittelt werden.Durch das kontinuierliche Engagement und die Sensibilisierungder Führungskräfte wurde im Unternehmen ein Bewusstsein fürdas Thema Pfl ege geschaffen. In der Praxis ist es daher meist so,dass erste Absprachen und Maßnahmen unmittelbar zwischenden Pfl egenden, den Kollegen und den direkten Vorgesetztenvereinbart werden. Die Personalabteilung wird nur involviert, wennweiter gehende Regelungen getroffen werden müssen, wie z. B. dieVerkürzung der Arbeitszeit oder eine befristete Freistellung. Auch derBetriebsrat wird zur gemeinsamen Lösungsfi ndung hinzu gezogen.Weiter können sich die pfl egenden Beschäftigten durch haushaltsnaheDienstleistungen entlasten. Das Unternehmen bietet ihnengegen einen entsprechenden Kostenbeitrag nicht nur die Mitnahmevon Mahlzeiten aus der fi rmeneigenen Kantine sondern auch einenWäsche- und Bügelservice an.Das Unternehmen arbeitet kontinuierlich daran, die Vereinbarkeit vonBeruf und Pfl ege weiter zu verbessern. Aktuell wird gemeinsam mitder Interessenvertretung diskutiert, wie das <strong>Familie</strong>npfl egezeitgesetzsinnvoll in eine unternehmenseigene Betriebsvereinbarung umgesetztwerden kann, um den individuellen Bedürfnissen der Beschäftigtenmit Pfl egeaufgaben weiter entsprechen zu können.Reha-Zentrum LübbenFlexible Arbeitszeitmodelle für alle Hierarchien und Kurzzeitpfl ege inder eigenen Klinik bietet des Reha-Zentrums im branden burgischenLübben. Seit über zehn Jahren gestaltet das Reha-Zentrum mit 172Beschäftigten (80 % Frauen) seine alltägliche Arbeitsorganisationfamilienbewusst um und richtet seine personalpolitischen Entscheidungenauf die Erfordernisse zur Vereinbarkeit von Beruf und <strong>Familie</strong>aus. Zu den familien- und pfl egeunterstützenden Maßnahmengehören die Ausweitung der Teilzeitarbeit und die Schaffung vonTelearbeitsplätzen, um von zu Hause aus arbeiten zu können. DieFlexibilisierung der Arbeitszeiten macht es Pfl egenden möglich, ihrenberufl ichen Alltag mit den Erfordernissen in der <strong>Familie</strong> in Einklang zubringen. So werden z. B. im Team die Arbeitszeitkorridore abgespro-24


chen, in denen die Schichtübergaben erfolgen oder wie Anfang undEnde der Schichten an die Pfl ege anforderungen angepasst werdenkönnen.Christel Barwar,BetriebsrätinDie Einführung zusätzlicher Urlaubstagefür ältere und langjährige Beschäftigteberücksichtigt gesundheitliche, leistungsförderndeund personalbindende Aspekte.Zudem erhalten Beschäftigte in Wechselschichtzusätzliche Urlaubstage sowie eineVergütungs zulage. Für das Reha-ZentrumLübben ist Flexibilität ein wichtiger Baustein der familienfreundlichenPersonalpolitik. So teilen sich die Ärzte ihre Dienste selbst ein. Teilzeitmodellewerden von allen Hierarchie ebenen genutzt, auch von ChefoderOberärzten. Wie viele Wochenstunden gearbeitet wird, kann ganzfl exibel an die jeweiligen Pfl ege situationen angepasst und individuellvereinbart werden. Damit die Patientenversorgung trotz Teilzeit zujeder Zeit gewährleistet ist, wurden in den Therapieabteilungen mehrBeschäftigte eingestellt.Neben den Teilzeitmodellen bietet die Klinik Beschäftigten mit zupfl egenden Angehörigen, in Zusammenarbeit mit einem lokalenPfl ege stütz punkt, professionelle Beratung und Vermittlung an. Da sichBeschäftigte mit Pfl egeaufgaben auch meist an den Wochenendenund in den Urlaubszeiten um ihre Angehörigen kümmern müssen undsomit nur wenig Zeit für sich haben, macht ihnen das Reha-Zentrumein besonderes Angebot: Die betroffenen Beschäftigten können ihreAngehörigen während der Urlaubszeit bis zu zwei Wochen in der Klinikbetreuen lassen. Je nach Bedarf können sie rund um die Uhr gepfl egtwerden. Die Kosten für die Kurzzeitpfl ege werden in Abhängigkeit vonder Pfl egestufe ganz oder teilweise von der Pfl egekasse übernommen.So schafft das Reha-Zentrum Lübben pfl egenden Beschäftigten Erholungszeitenund einen „Urlaub von der Pfl ege“. Zudem kann für diePfl egeaufgaben ein Sonderurlaub genommen werden.Um mit den Beschäftigten im pfl egebedingten Sonderurlaub inKontakt zu bleiben, wurde ein Vier-Phasen-Konzept entwickelt. Dazugehört ein Patenprogramm (Paten halten den Kontakt zu den pfl e-genden Beschäftigten), das Zusenden der Mitarbeiter/innenzeitungoder auch die Möglichkeit an Qualifi zierungsangeboten teilzunehmen.Landesforsten Rheinland-PfalzLandesforsten Rheinland-Pfalz ist eine Landesbehörde des Forstministeriumsund hat neben der Holzproduktion die Aufgabe denWald als Erholungsraum zu schützen. Die knapp 2.000 Beschäftigtensind im ganzen Bundesland auf 423 Forstreviere, Servicestellen undverschiedene Behördenstandorte verteilt. Das hohe Durchschnittsaltervon derzeit 55 Jahren hat zur Folge, dass Beschäftigte häufi g pfl egenmüssen (ca. 25 % der Beschäftigten pfl egen Angehörige, Nachbarnoder Freunde). Verschiedene Anfragen zum <strong>Familie</strong>npfl egezeit gesetzunterstreichen den großen Bedarf an Maßnahmen zum ThemaVereinbarkeit von Pfl ege und Beruf, so die <strong>Familie</strong>nbeauftragte FrauRadmacher.Die Behörde ist bereits seit mehreren Jahren stark beim ThemaVereinbarkeit engagiert (2006 vom Audit Beruf und <strong>Familie</strong> zertifi ziertund 2009 reauditiert). Der Arbeitgeber sensibilisiert mit Schulungender Vorgesetzten und einer eigens eingerichteten <strong>Familie</strong>nbeauftragtenfür das Thema Pfl ege. Im Intranet wurde eine umfangreicheInformationsseite über lokale Unterstützungs angebote (Beratung,ambulante Pfl ege, Trauercafé, Hospiz, usw.) zusammengestellt.Die wichtigsten Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Pfl ege und Berufsind individuelle Arbeitszeitlösungen für die Beschäftigten. Die größteFlexibilität wird mit dem Jahresarbeitszeitkonto erreicht. Es hat sichbewährt, da die arbeitsintensiven Phasen relativ gut berechenbarsind und dort Zeit aufgebaut werden kann, die in weniger intensivenPhasen dem Konto entnommen werden kann. Die Obergrenze liegtbei plus 50 Stunden. Darüber hinaus sind gleitende Arbeitszeitengeeignet, um Arbeitsbeginn und -ende variabler zu gestalten (Beginn:6:30 bis 9 Uhr; Ende ab 15:30 Uhr; Kernzeiten von 9 bis 12 Uhrund von 14 bis 15:30 Uhr). Auch die Kombination mit befristeterTeilzeit ermöglicht mehr Zeit für die Pfl egearbeit. In der Regel solltenAnträge zur Teilzeit ein Viertel Jahr im Voraus gestellt werden; aber inNot situationen werden schnellere unbürokratische Lösungen gesucht(z. B. auch durch wohnortnahen Einsatz der Forstwirte).25Neben den gesetzlichen Möglichkeiten des Pfl egezeitgesetzes kannbei den Landesforsten in Notfällen ein Zeitkontingent von einemMonat in Anspruch genommen werden. Hierbei steht den Betroffenenein Zeitvolumen zur Verfügung, dass je nach Bedarf in Stunden, Tagenoder Blöcken genutzt werden kann und später wieder nach gearbeitetwird bzw. durch das Zeitkonto ausgeglichen wird. Auch wenn der


Notfall bisher erst in seltenen Fällen eingetreten ist, signalisiert derArbeitgeber damit seine Unterstützung von pfl egenden Beschäftigten.Darüber hinaus wird Beschäftigten in diesen Situationenauch ein Laptop angeboten, mit dem die Flexibilität und Erreichbarkeitfür die Pfl egepersonen erhöht wird.Zusätzlich kann für Verwaltungsangestellte ein Telearbeitsplatzeingerichtet werden, um die räumliche Arbeitsmobilität zuerhöhen.Merz Pharma GmbHBei der Merz Pharma GmbH in Frankfurt/Main bemühen sichInteressenvertretung und Geschäftsleitung, das Thema Vereinbarkeitvon Beruf und Pfl ege sowohl in die Arbeitsorganisationzu integrieren als auch pfl egende Beschäftigte durch konkreteMaßnahmen zu unterstützen. Dabei werden die besonderenVorteile von Netzwerkarbeit genutzt.Rüdiger Koch,BetriebsratsvorsitzenderDas wichtigste Instrument, um für pfl e-gende Beschäftigte eine große individuelleFlexibilität zu gewährleisten, ist dieVertrauensarbeitszeit, die bei Merz imTarif- und AT-Bereich gilt. Sie beinhaltet,dass die tägliche Anwesenheitspfl ichtauf fünf Stunden (freitags vier Stunden)begrenzt ist. Auf diese Weise können Arbeitsbeginn und -endesowie zwischenzeitliche Pausen sehr variabel gestaltet werden. DieArbeitszeiten können im Team abgesprochen werden, Plus- undMinusstunden werden von den Beschäftigten eigen verantwortlichgesteuert, ohne von den Vorgesetzten kontrolliert zu werden.Hinzu kommen bei Merz zusätzliche konkrete Maßnahmen, dieim Pfl egefall genutzt werden können, wie z. B. fl exible Lösungendurch informelle Absprachen, viele Teilzeitmodelle, Altersteilzeit,alternierende Telearbeit und die kostenfreie Nutzung von Telefon,Email und Internet am Arbeitsplatz für private Belange. Merzinformiert seine Beschäftigten zudem fortlaufend über Links undfi rmeneigene Medien zum Thema Pfl ege und Beruf.Die Bereitstellung der unterschiedlichen Angebote für pfl egendeBeschäftigte ist vor allem dem Engagement des Betriebsrats undder Unterstützung durch die Geschäftsleitung geschuldet. Seit2008 existiert eine Kooperation mit dem <strong>Familie</strong>nservice der AWOzur Beratung und Vermittlung bei Kinderbetreuung und Pfl egeleistungen.Beschäftigte haben die Möglichkeit, sich bundesweitund kostenfrei über das Thema Pfl ege zu informieren oder sicheinen Pfl egeplatz für Angehörige vermitteln zu lassen.Auch die Führungskräfte werden im Rahmen eines Entwicklungsprogrammsund durch Schulungen gezielt für das Thema Pfl egesensibilisiert und erlangen so ein besseres Verständnis für Betroffenein ihrem Team. Verpfl ichtend für alle Führungskräfte wirdderzeit ein Modul „Gesundes Führen“ entwickelt, das Brücken zuverschiedenen Themen wie Gesundheit, <strong>Familie</strong>nfreundlichkeit,Ehrenamt und Work-Life-Balance schlägt. In diesem Zusammenhangwird insbesondere die Rolle von Männern im Pfl egeprozessthematisiert.Bemerkenswert ist das „Kompetenztraining Pfl ege“, das Merzim Rahmen des Frankfurter Bündnis für <strong>Familie</strong>n zusammen mitinzwischen zehn weiteren Kooperationspartnern auf den Weggebracht hat. In einer Schulungsreihe von fünf bis sechs Veranstaltungenbietet das Kompetenztraining einen umfassendenEinblick in allgemeine Pfl egethemen (rechtliche, fi nanzielle Fragen)sowie spezielle Themen wie Erkennen und Umgang mit Demenzoder Depression. Zudem dienen die Veranstaltungen dazu, praktischeHilfestellungen im Umgang mit Pfl egenden zu geben. DasKompetenz training Pfl ege ist für die Beschäftigten kostenfrei. Siekönnen es sowohl nutzen, wenn sie von einer Pfl egesituationbetroffen sind als auch um sich gezielt darauf vorzubereiten.Schließlich hat das Training auch eine strategische Bedeutung: DasBekanntmachen und Reden darüber im Betrieb dient der Enttabuisierungdes Pfl egethemas.Der Betriebsratsvorsitzende Rüdiger Koch weiß: „Das Thema‚Pfl ege’ ist ein sehr leises Thema. Wer einen Angehörigen oder eineAngehörige pfl egt, spricht am Arbeitsplatz nicht gerne darüber.Man versucht lieber, es irgendwie hinzukriegen. <strong>Familie</strong>nfreundlichkeitist in aller Munde, wenn es um Kinder geht, aber dasThema Pfl ege wird noch immer tabuisiert. Unsere verschiedenenAktivitäten zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Pfl ege nützenden Beschäftigten und sie nützen auch dem Unternehmen. Inbelastenden Zeiten bleibt so die persönliche Arbeitsmotivationerhalten. Gleichzeitig geht das wertvolle Know-how unserererfahrenen Kolleginnen und Kollegen nicht verloren, wenn wir sieauf diese Weise im Betrieb halten können. Die betroffenen Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter nutzen diese Angebote, insbesonderedas Kompetenztraining Pfl ege, und sind dankbar für die Unterstützung.“Wie beim Kompetenztraining wird Netzwerkarbeit bei Merzgenerell sowohl beim Arbeitgeber als auch beim Betriebsrat großgeschrieben. Lokale Kooperationen wie das Frankfurter Bündnis für<strong>Familie</strong>n, die Zusammenarbeit der Tarif-Sozialpartner und andereStrukturen (Netzwerke der IHK, Erfolgsfaktor <strong>Familie</strong>, Betriebsrätenetzwerk)helfen dabei, Ressourcen und Know-how zu bündeln,um die betrieblichen Möglichkeiten effi zienter, einfacher undkostengünstiger zu gestalten.26


Globus SB-Warenhaus Holding GmbH & Co. KGDer Einzelhandel zählt aufgrund der langen Arbeitszeiten,des hohen Anteils von Teilzeitbeschäftigten und der niedrigenEinkommen zu den schwierigen Branchen. Doch familienbewusste<strong>Arbeitszeitgestaltung</strong> und Personalpolitik lässt sich auch hiererfolgreich umsetzen – das zeigt das Beispiel Globus. Die GlobusSB-Warenhäuser beschäftigen 13.600 Arbeitnehmer/innen an40 verschiedenen Standorten in Deutschland. Das <strong>Familie</strong>nunternehmenengagiert sich schon seit vielen Jahren beim ThemaVereinbarkeit von <strong>Familie</strong> und Beruf, wovon die überwiegendweiblichen Beschäftigten genauso profi tieren wie ihre männlichenKollegen. Unter dem Motto „Vereinbarkeit ist bei unsBetriebskultur“ sind Personalleitung und Betriebsrat engagiert,unterschiedliche familien bewusste Maßnahmen umzusetzen wieAusbildung in Teilzeit oder ein Wiedereinstiegsprogramm nachder Elternzeit.Insbesondere durch die Berücksichtigung persönlicher Arbeitszeitwünschegelingt es, die Work-Life-Balance der Beschäftigten zuverbessern. „Wünsche äußern und Lösungen suchen“ nennt PetraKannengießer, Bereichsleiterin Systeme das Verfahren nachdem beiGlobus Maßnahmen für eine bessere Vereinbarkeit von <strong>Familie</strong> undBeruf entstehen. Jede Arbeitszeit zwischen 15 und 37,5 Stundenkann individuell vereinbart werden. Das Unternehmen nimmt auchRücksicht auf die Schichtzeiten von Partnerinnen und Partnernder Beschäftigten oder darauf, ob das <strong>Familie</strong>nauto verfügbar ist.Um die Arbeitszeitwünsche in der konkreten Einsatzplanung zuberücksichtigen, wurde eine eigene Software entwickelt, mit derdie unterschiedlichen Wünsche unter einen Hut gebracht werdenkönnen. Eine einprogrammierte „Gerechtigkeitsoption“ sorgtdafür, dass anhand verschiedener Kriterien Benachteiligungenvermieden werden und Beschäftigte weniger stark von den Vorgesetztenabhängig sind. Für die Betriebsratsvorsitzende ChristelStrobel sind die individuellen Zeitoptionen ein wesentlicher Grundsteinfür eine höhere Zufriedenheit der Beschäftigten. Mit derelektronischen Einsatzplanung werden nicht nur der betrieblicheBedarf und die Arbeitszeitwünsche der Beschäftigten in Übereinstimmunggebracht, sondern kann eine hohe Planbarkeit undVorhersehbarkeit der Arbeitszeiten erreicht werden. Die Beschäftigtenwissen lange im Voraus, wann und wie lange sie eingesetztwerden.Christel Strobel,GesamtbetriebsratsvorsitzendeDas ist nicht nur für Eltern, sondernauch für Beschäftigte mit Pfl egeaufgabenhilfreich, die in besonderer Weiseauf individuelle Lösungen angewiesensind, da jede Pfl egesituation eineandere ist. Bei einem Durchschnittsalterder Beschäftigten von 44 Jahrenreagiert das Unternehmen auf den zunehmenden Handlungsbedarfbeim Thema Pfl ege. Als erster wichtiger Schritt zur Enttabuisierungdes Themas wurden Workshops angeboten und in der Mitarbeiterzeitungvon einer betroffenen Mitarbeiterin berichtet. Indem offenüber das Thema geredet wurde, konnte auch die Akzeptanz derKollegen/innen für individuelle Arbeitszeitregelungen vergrößertwerden. Auch kurzfristige Freistellungen in Notfällen helfen,unbüro kratisch und fl exibel die Vereinbarkeitssituation zu verbessern.Für pfl egende Beschäftigte hat Globus darüber hinaus eineBroschüre mit umfangreichem Informationsmaterial (Beratungsadressen,Publikationen usw.) erstellt. Bei Bedarf vermittelt dasUnternehmen den Kontakt zu Pfl egestützpunkten. Als eines derersten Unternehmen hat Globus Vereinbarungen zur <strong>Familie</strong>npflegezeit mit einzelnen Beschäftigten abgeschlossen. Der Gesamtbetriebsratist dabei, eine Betriebsvereinbarung zu dem Themazu initiieren und würde es begrüßen, wenn der Arbeitgeber dieKosten für die Versicherung der <strong>Familie</strong>npfl egezeit übernimmt.Neben Führungskräfteseminaren zu Vereinbarkeitsthemenbemühen sich Personalabteilung und Betriebsrat das Thema Teilzeitund Führung auf die betriebliche Agenda zu setzen. Ziel ist es,gegen die bestehende Präsenzkultur anzukommen und Führungskräftezum Umdenken zu bewegen. Dazu wären vollzeitnaheFührungspositionen im Bereich von 30 Stunden wöchentlich einwichtiger Schritt.Siemens AGDie Siemens AG ist mit 116.000 Beschäftigten in Deutschland(insgesamt 360.000) eines der größten weltweit agierendenUnternehmen der Elektro- und Anlagenindustrie. Das Themafamilienbewusste <strong>Arbeitszeitgestaltung</strong> ist bei Siemens seiteinigen Jahren fester Bestandteil der Personalpolitik und wird vomBetriebsrat stark unterstützt.Martina Stamm-FibichBetriebsrätinBereits 2006 hat sich das Unternehmenim Rahmen des Audits berufundfamiliemit dem Thema Pfl ege beschäftigtund stellt verschiedene Projekte undProgramme dazu auf, die kontinuierlichweiter entwickelt werden. Inzwischenist das Thema Vereinbarkeit von Pfl egeund Beruf in der Unternehmenskultur verankert. Das so genannte„Elder Care“-Konzept steht auf vier Säulen: Frei stellung, Informationund Kommunikation, Beratung und Gesundheit. Grundlagefür eine bessere Vereinbarkeit von pfl egenden Beschäftigten istdie fl exible Gestaltung von Arbeitszeit und Arbeitsort. Bei Bedarfkönnen die Beschäftigten ihre Arbeitszeiten reduzieren oder aberAuszeiten in Anspruch nehmen. Ein wesentlicher Faktor für denErfolg des Konzeptes ist die Verknüpfung des Pfl egethemas mitanderen betrieblichen Handlungsfeldern – so die BetriebsrätinMartina Stamm-Fibich. Wenn Pfl ege mit <strong>Arbeitszeitgestaltung</strong>,Gesundheitsmanagement und alter(n)sgerechter Arbeitsorgani-27


sation verbunden wird, kann das Thema aus der Tabuecke geholtwerden. Beschäftigten fällt es leichter, über ihre Pfl egesituation zureden und betriebliche Angebote anzunehmen.Um alle Beschäftigten über die bestehenden Angebote zu informieren,werden unterschiedliche interne Kommunikationsformengenutzt: Flyer, Plakate und ein eigenes „Elder Care-Portal“ imIntranet. Darüber hinaus fi nden an den einzelnen StandortenSprechstunden und Informationsveranstaltungen. Seit 2010 isteine kostenlose „Elder Care-Hotline“ eingerichtet, die täglich von7 bis 20 Uhr erreichbar ist und Pfl egende in dringenden Fällendirekt unterstützt. Bemerkenswert ist das Pilotprojekt „Kooperationmit einer Beratungsstelle für pfl egende Angehörige undDemenz erkrankte“ in Erlangen. Im Rahmen der seit Oktober2011 laufenden Kooperation wurden im ersten halben Jahr rund300 Beratungen und weitere Interventionen z. B. Schulungen fürAngehörige, Gruppenangebote für Demenzerkrankte sowie eineVermittlung von Betreuungspaten durchgeführt.Die Sensibilisierung der Führungskräfte spielt beim Thema eineentscheidende Rolle. Durch gezielte Schulungen von Personalverantwortlichenund Multiplikatoren/innen wie Sozialberatungenund Betriebsärzte/innen zeigt die Unternehmensführung die Wichtigkeitdes Themas Pfl ege. Die Vereinbarkeit von Pfl ege und Berufkann nachhaltig verbessert werden, indem einerseits Maßnahmenfür pfl egende Beschäftigte von „ganz oben“ unterstützt werdenund anderseits Vereinbarkeitsthemen in anderen Themen wieDiversity oder Gesundheitsmanagement integriert sind.Für sein großes Engagement hat Siemens 2012 den Sonderpreis„Pfl ege und Beruf“ beim Unternehmenswettbewerb Erfolgsfaktor<strong>Familie</strong> erhalten. Dazu Brigitte Ederer, Mitglied des Vorstands derSiemens AG, Leitung Corporate Human Resources und Arbeitsdirektorin:„Die Auszeichnung dokumentiert, dass wir mit unserenAngeboten zur Vereinbarkeit von Beruf und <strong>Familie</strong> zu denführenden Unternehmen in Deutschland gehören. Hinter unseremEngagement stecken ganz sachliche Überlegungen. Unternehmen,die ihre Mitarbeiter bei der Vereinbarkeit von <strong>Familie</strong> und Berufunterstützen, sind als Arbeitgeber attraktiver. Sie haben bessereChancen, neue, gut ausgebildete Fachkräfte zu gewinnen beziehungsweisehoch qualifi zierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anBord zu halten. Hier geht es um die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens.<strong>Familie</strong>nbewusste Personalpolitik hat bei Siemens einelange Tradition und wird nachhaltig betrieben.“28


5. Handlungsleitfaden zur Umsetzung pflegesensibler ArbeitszeitenBei der betrieblichen Umsetzung der Vereinbarkeit von Pfl ege undBeruf sind vier Handlungsfelder von besonderer Bedeutung:1. Information und Sensibilisierung der Unternehmenskultur2. Pfl egesensible Arbeitszeiten3. Anpassungen der Arbeitsorganisation4. Service für pfl egende BeschäftigteMit dem Überblick über verschiedene Maßnahmen der Vereinbarkeitvon Pfl ege und Beruf möchten wir Anregungen für die Umsetzungim eigenen Betrieb / in der eigenen Verwaltung geben. Wer anfängt,sich mit dem Thema zu beschäftigen, kann sich als Einstieg aufeinzelne Maßnahmen beschränken. Um das Thema Vereinbarkeitvon Pfl ege und Beruf nachhaltig im Betrieb zu verankern, sollte esunbedingt mit weiteren betrieblichen Handlungsfeldern verbundenwerden. Der Hinweis auf bestehende fl exible Arbeitszeiten reichtbei Weitem nicht aus, um den besonderen Anforderungen von Pfl e-genden gerecht zu werden. Wer selbst noch nicht gepfl egt hat, istvon den komplexen Aufgaben der Pfl ege überrascht; Betroffene sindim Pfl ege fall meistens völlig überfordert – auch weil sie sich häufi gnicht mit dem Thema auseinander gesetzt haben. Erst in der Kombinationaus Information und Sensibilisierung, pfl egesensiblen Arbeitszeiten,Anpassungen der Arbeitsorganisation und weiteren unterstützendenHilfsleistungen können die betrieblichen Bedingungen soweitverbessert werden, dass sich Erwerbsarbeit und Pfl ege vereinbarenlassen.Am Anfang des Umsetzungsprozesses sollte eine Bedarfanalysestehen, in der durch eine Befragung die Bedürfnisse der Beschäftigtenermittelt werden. Eine Befragung kann bereits ein ersterSchritt der Sensibilisierung sein. Darüber hinaus offenbart sie, wieviele Beschäftigte bereits von Pfl egearbeiten betroffen sind.Die weitere praktische Umsetzung erfolgt dann in einer Mischungaus der Initiierung von Maßnahmen und kontinuierlicher Berichterstattungund Information.1. Information und KommunikationIn jedem Fall ist die betriebliche Kommunikationskultur ein ganzentscheidendes Kriterium für eine erfolgreiche Umsetzung vonpfl egesensiblen Maßnahmen. Wer sich noch nicht mit dem Themaauseinandergesetzt hat, übersieht leicht die Schwierigkeiten, diedamit verbunden sind, das Thema Vereinbarkeit von Pfl ege undBeruf auch zu einem betrieblichen Topthema zu machen. DieSchwierigkeit liegt v. a. darin begründet, dass das Thema in denBetrieben tabuisiert wird und eine sensible Herangehensweiseerfordert. Viele Beschäftigte befürchten Nachteile, wenn sie sichals Pfl egende zu erkennen geben. Pfl ege ist mit Krankheit und Todverbunden und weckt so negative Emotionen, auf die man gefasstsein muss. Unternehmensleitung, Führungskräfte und Interessenvertretungsind deshalb aufgefordert ein Betriebklima zu schaffen,in dem ein solch „schwieriges“ Thema offen kommuniziert werdenkann. Ist es gelungen, Unternehmensleitung und Führungskräftezu sensibilisieren und deren Unterstützung für das Thema Pfl egezu erhalten, trauen sich Beschäftigte offener über ihre Problemezu reden. Auch das Verständnis der Kollegen/innen gegenüber denpfl egenden Beschäftigten wächst und trägt dazu bei, informelleLösungen für die Vereinbarkeit zu fi nden.Besonders erfolgreich sind Maßnahmen zur Vereinbarkeit vonPfl ege und Beruf, wenn sie in den Führungsstrukturen verankertsind (z. B. Vereinbarkeitsthemen als Bestandteil von Zielvereinbarungen)und wenn feste Ansprechpartner/innen benannt werden.Checkliste Information und KommunikationBedarfsanalyse(z. B. durch Belegschaftsbefragung)gibt esbereitsa) Information und Sensibilisierung der Beschäftigten:Infobox für Pfl egende erstellenInformationsveranstaltungen organisierenAnsprechpartner/in im Betrieb benennenInformation durch die Betriebsöffentlichkeit(Intranet, Betriebszeitung, Betriebsversammlungusw.)b) Information und Sensibilisierung der Führungskräfte:Seminare, Trainingsveranstaltungen organisieren(die für Führungskräfte verpfl ichtend sind)c) Das Thema in Führungsstrukturen einbauen:Pfl ege als Bestandteil von Diversity-Managementverankernrotierende Verantwortung von Pfl egemaßnahmenim Management vergrößert die Akzeptanz imUnternehmen (z. B. durch einen Leitungswechseldes Audits oder einer Arbeitsgruppe)wird inAngriffgenommen29


2. ArbeitszeitenArbeitszeiten sind das wichtigste Instrument, um die Vereinbarkeitvon Beruf und Pfl ege zu erhöhen. Pfl egesensible Arbeitszeitenlassen einerseits durch individuelle Arbeitszeitanpassungen erreichenund andererseits durch eine langfristige Planbarkeit derArbeitszeiten.Allgemein gilt, dass die Arbeitszeitanforderungen von pfl egendenBeschäftigten oft nicht in das übliche Arbeitszeitschema desBetriebes oder der Verwaltung passen. Auch wenn viele Ähnlichkeitenzur Kinderbetreuung bestehen, benötigen Pfl egetätigkeitendoch besondere Zeitanpassungen. Denn Pfl egesituationen sind sehrunterschiedlich, je nachdem ob ein plötzlicher Pfl egefall eintritt(z. B. durch Unfall, Verschlechterung des Pfl egeverlaufs) oder obkontinuierlich über einen längeren Zeitraum gepfl egt wird (z. B.Alzheimer erkrankte Mutter). Darüber hinaus können sich die zeitlichenAnforderungen im Pfl egeverlauf verändern. Weil die Pfl egesituationensehr individuell und häufi g nicht vorhersehbar sind,helfen insbesondere kurzfristige Freistellungen und individuelleArbeitszeitoptionen. Diese Arbeitszeitwünsche werden von denPfl egenden am häufi gsten genannt.Darüber hinaus sind langfristige Planungen für Pfl egende wichtig.Um z. B. den eigenen Urlaub zu organisieren, sind Absprachen mitverschiedenen Dienstleistern oder weiteren Personen aus demPfl egenetzwerk erforderlich, die eine komplizierte Abstimmungerfordern und kurzfristige Veränderungen erschweren. Die Kurzzeitpflege ist oft mit lange Wartezeiten und nicht frei wählbarenTerminen verbunden. Außerdem ist die Erholung im Urlaub fürPfl egende besonders wichtig, da Pfl ege und Beruf zu großen Belastungenführen kann. Insgesamt muss eine individuelle Balance ausfl exiblen und stabilen Zeitelementen gefunden werden, um dieArbeitszeiten pfl egesensibel zu gestalten.Teilzeitwünsche der Pfl egenden passen meist gut zu denen vonEltern. Da viele Eltern eher am Vormittag arbeiten wollen, wenndie Kinder in der Kita oder Schule sind, könnten Beschäftigtemit Pfl egeaufgaben fl exibel am Nachmittag eingesetzt werden.Kom primierte Arbeitszeiten stellen eine Notlösung dar, um Zeitkontenaufzubauen, die dann für die Pfl ege benötigt werden. Siesind aber auch problematisch, weil sie zu Arbeitsverdichtungenführen. Um Gesundheitsrisiken zu minimieren sollte deshalb nurbegrenzt auf dieses Instrument zurückgegriffen werden. IndividuelleZeit optionen können die Möglichkeit einschließen, anbestimmten Tagen die Arbeitszeit zu reduzieren oder eine längereMittagspause zu vereinbaren, um sich mittags um den Pfl egefallzu kümmern.Checkliste Arbeitszeitgibt esbereitswird inAngriffgenommena) kurzfristige und langfristige FlexibilitätFlexibilisierung der Arbeitszeiten(z. B. durch Zeitkonten, Gleitzeit)Arbeitszeitreduzierung: Teilzeit(möglichst befristet, mit Rückkehrrecht)Freistellungen(nach Pfl egezeit- und <strong>Familie</strong>npfl egezeitgesetz,Sonderurlaub, in Notfallsituationen)b) PlanbarkeitBerücksichtigung der Pfl egesituation(z. B. bei der Urlaubsplanung)Mehrarbeit, Zeitaufbau und Abbau vonZeitkonten nur in Absprache mit den Pfl egendenWechsel in andere Arbeitszeitmodelle oderSchichten(z. B. befristet in einer Schicht)komprimierte Arbeitzeiten(z. B. 4-Tage-Woche statt einer 5-Tage-Woche)individuelle Zeitoptionen(z. B. individuelle Zeitabsprachen, verlängerteGleitzeitrahmen, größere Zeitkonten usw.)30


3. ArbeitsorganisationAuch die Arbeitsorganisation lässt sich so gestalten, dass sie besseran die Situation von pfl egenden Beschäftigten angepasst ist. Wiebei den Arbeitszeiten führt eine intensivere Beschäftigung mit demThema Vereinbarkeit von Pfl ege und Beruf dazu, dass möglicheVerbesserungen gefunden werden, die bei der üblichen Betrachtungder Arbeitsplätze nicht ins Auge springen.Ein Beispiel hierfür ist die Einrichtung von Telefonzugängen anverschiedenen Produktionsbereichen eines chemischen Werkes. Inden Diskussionen um das Thema Pfl ege hatte sich herausgestellt,dass die pfl egenden Beschäftigten unter enormen Stress litten, weilsie während der Arbeitszeit von ihren Angehörigen nicht erreichtwerden konnten. Durch eine einfache Maßnahme wurde einewesentliche Verbesserung erreicht.Wie bei der Elternzeit lassen sich während einer längeren Freistellungsphasedurch Kontakthalteprogramme die Verbindungenzwischen Beschäftigten und Betrieb verbessern, um eine schnellereund reibungslosere Rückkehr in die Erwerbstätigkeit zu ermöglichen.Checkliste Arbeitsorganisation4. Service für pflegende BeschäftigteSchließlich gilt es, das umfangreiche Informations- und Dienstleistungsangebotinnerhalb und außerhalb des Betriebes bzw. derDienststelle zu systematisieren. In einer einfachen Form könnenverschiedenste Informationen (gesetzliche Ansprüche, Pfl egestufen,Pfl egestützpunkte, Beratungsstellen, regionale Dienstleistungenusw.) in einer Broschüre oder einem Faltblatt zusammengetragenwerden. Ein sogenannter Notfallkoffer gibt beim Eintritt einesplötzlichen Pfl egefalls einen Überblick über Ansprechpartner/innen,Beratungsstellen und erste Orientierungshilfen. Stehen dem Betriebmehr Ressourcen zur Verfügung können Ansprechpartner/innenbenannt werden, die entweder beim Arbeitgeber angesiedelt sind(<strong>Familie</strong>nbeauftragte/r, Sozialdienst, Personalabteilung) oder beider Interessenvertretung (BR/PR, Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte).Die Beauftragten müssen keineswegs Experten/innenfür das Pfl egethema sein, sondern in erster Linie aufzeigen können,wo Hilfe und Beratung zu fi nden sind. Gerade bei dem sensiblenThema Pfl ege erleichtert ein/e Ansprechpartner/in die Kommunikationund führt dazu, dass mehr Betroffene die Angebote wahrnehmen.Außerdem signalisiert der Betrieb bzw. die Verwaltung mitdem Beauftragten die Wertschätzung für pfl egende Beschäftigte.Checkliste Service für pflegende Beschäftigtegibt esbereitswird inAngriffgenommengibt esbereitswird inAngriffgenommenSensibilisierung der Vorgesetzen und der Teams(bzw. der Abteilungen)Überprüfung der Arbeitsorganisation und derArbeitsabläufe(Einführung von pfl egeerleichterndenMaßnahmen)Rücksicht bei Dienstreisen auf pfl egendeBeschäftigtekeine Überstunden, bzw. Rücksicht beiÜberstundenVertretungsregelungen bei Teilzeit oderFreistellungenVermittlung externer Unterstützungsdienste(z. B.• regionale Pfl ege- und Betreuungsdienste;• Helfer/innen zur Entlastung;• Tagesbetreuung außerhalb des häuslichenBereichs;• Begleitung von Behördengängen,Arztbesuchen oder Spaziergängen;• haushaltsnahe Dienstleistungen:wie Haushaltshilfen, Einkaufsservice,Wäschedienste, Essen auf Rädern;• Kurzzeitpfl ege Verhinderungspfl ege;• Freiwilligen-Pool als Betreuungsdienst)Notfallplan/Notfallkoffer(mit Hinweisen und Adressen für Betroffene)Anpassung der Arbeitsplatzausstattung(z. B. durch Zugang zum öffentlichen Telefon oderzum Internet)Abstimmung bei Weiterbildungs- undQualifi zierungsmaßnahmenEinrichtung von Telearbeit(z. B. als alternierende Form, d. h. im Wechsel vonArbeit im Büro und von Zuhause)Kontakthalteprogramme für pfl egendeBeschäftigteNutzung des Dienstwagens in Notfällenfi nanzielle UnterstützungAnmietung von Betreuungs- oder Pfl egeplätzen(z. B. Belegplätze für die Kurzzeitpfl ege)Seminare und Schulungen für pfl egendeBeschäftigte(z. B. im Rahmen von Betriebs-/Verwaltungskooperationen)Unterstützung in lokalen Netzwerken(z. B. lokale Bündnisse für <strong>Familie</strong>,Gewerkschaften, IHK, Erfolgsfaktor <strong>Familie</strong>)31


6. Praxistipps für eine pflegesensible ArbeitsweltIm Rahmen vieler Gespräche mit unterschiedlichen betrieblichenAkteuren konnten wesentliche Erkenntnisse und Hinweise für einepfl egesensible Gestaltung von Arbeitszeiten zusammengetragenwerden, die als Anregung und Unterstützung für die eigene Praxisdienen.1. Vereinbarkeit von Beruf und Pflege als wichtigen Teilder Betriebskultur begreifenNur wenn das eigene Handeln von den Verantwortlichen auch wirklichernst genommen wird, gelingt es, eine glaubwürdige pfl egesensibleVereinbarkeitspolitik zu betreiben. Entsprechend klareZeichen sollten durch die Unternehmensleitung und den Betriebsratgesetzt werden: „Wir wollen das!“2. Pflege betrifft alle BeschäftigtenJeder Betrieb wird über kurz oder lang Menschen mit Pfl egeverantwortungbeschäftigen. Unternehmen, die sich frühzeitig mit demThema auseinandersetzen, sind besser aufgestellt für die Zukunft,haben gegenüber anderen Betrieben einen Wettbewerbsvorteilund binden ihre Belegschaft. Maßnahmen zur Vereinbarkeit vonBeruf und Pfl ege sind daher keine „Sondermaßnahmen“, sondernberühren alle Beschäftigten.3. Beschäftigte wollen beides:pflegen und erwerbstätig seinEntgegen der häufi gen Annahme, dass die Parallelität von Pfl egeund Beruf per se eine Belastung darstellt, empfi nden Pfl egende dieBerufstätigkeit häufi g vielmehr als Entlastung zur Pfl egeverantwortung.Jede betriebliche Regelung sollte daher auf eine Parallelitätvon Pfl ege und Beruf abzielen und zu dieser beitragen. Gerade Pfl e-gende schätzen den Beruf als „Ausgleich“ zur Pfl ege und möchtenbei aller Anteilnahme auch explizit betriebliche Normalität erfahren.4. Vereinbarkeit ist gestaltbarDer Betrieb ist ein zentraler Akteur in der Vereinbarkeitsgestaltung.Wer sich aktiv mit dem Thema Vereinbarkeit von Beruf und Pfl egeauseinandersetzt, kann diesen Prozess aktiv gestalten, statt nur dieFolgen einer mangelnden Vereinbarkeit zu verwalten. Die Erfahrungzeigt: Betriebe, die sich bereits aktiv mit der Vereinbarkeitvon <strong>Familie</strong> und Beruf auseinandergesetzt haben, können auf ihreErfahrungen aufbauen und diese auch für eine gelingende Vereinbarkeitvon Beruf und Pfl ege nutzen.5. Unternehmen und Maßnahmen müssensinnvoll zusammenpassenEine Vereinbarung zur pfl egesensiblen Gestaltung des Betriebeswird vor allem dann mit Leben gefüllt, wenn sie auch zum Unternehmenpasst. Es ist daher wichtig, sich Klarheit darüber zuverschaffen, wo im eigenen Unternehmen der größte Handlungsbedarfbesteht und welche Bedarfe die Beschäftigten haben. EineBetriebsanalyse oder eine Beschäftigtenbefragung kann hierzuverlässliche Informationen liefern.6. Die eigenen Möglichkeiten realistisch einschätzenManchmal ist die kleinere Lösung, die intensiv genutzt wird, derschnellere und erfolgreichere Weg. Es muss nicht immer gleich diePfl egeberatung im Betrieb sein, wenn eine umfangreiche Beratungbei einem Pfl egestützpunkt in der Nähe erhältlich ist, auf die manz. B. via Aushang oder Intranet hinweisen kann. Was machbar ist,unterscheidet sich von Betrieb zu Betrieb und hängt von den zurVerfügung stehenden zeitlichen, personellen, materiellen und fi nanziellenRessourcen ab. Wichtig ist, sich überhaupt auf den Weg zubegeben.7. Koalitionen schmieden und Unterstützer/innen suchenZusammen ist man erfolgreicher – dies gilt gerade bei derVereinbarkeit von Beruf und Pfl ege. Unterstützer/innen könnensein: Betriebs- oder Personalrat, Geschäftsführung, Werksleitung,Personal abteilung, Abteilungsleiter/innen, betriebliche Frauenbzw.Gleichstellungsbeauftragte und zuständige Gewerkschaftssekretär/innen.Aber auch Betriebs- bzw. Personalräte aus anderenUnternehmen, Bürgermeister/in, Frauenbeauftragte der Kommuneoder Akteure aus der regionalen Infrastruktur wie Pfl egestützpunkte,ambulante Pfl egedienste und Krankenkassen zählen dazu.8. Führungskräfte einbindenInwiefern die konkreten Maßnahmen tatsächlich durch die Beschäftigtengenutzt werden, hängt davon ab, wie offen und informiertdie Führungskräfte in den einzelnen Abteilungen sind. Sie für dasThema Pfl ege zu sensibilisieren, ist Aufgabe der Geschäftsführung.Aber auch die betriebliche Interessenvertretung kann hier vieldazu beitragen, etwa durch einen Mix aus (wiederholter) persönlicherAnsprache und strukturellen Vorgaben, wie z. B. verbindlicheWeiterbildungsmaßnahmen für Führungskräfte.32


9. Information und Austausch befördernDort wo sich Beschäftigte als Pfl egende im Betrieb „outen“ undin der Betriebsöffentlichkeit mit diesem Thema zu erkennen sind,befördert dies den innerbetrieblichen Austausch zum Thema Berufund Pfl ege und damit auch die Arbeitskultur. Neben Informationsangebotendurch die Personalabteilung, kommt dem Austauschzwischen pfl egenden Beschäftigten eine besonders wichtige Funktionzu. Er kann für sie eine entlastende Wirkung haben und kannvon Seiten des Betriebes organisiert werden, durch die Initiierungeines Betroffenenstammtisches oder die Ausrichtung eines Sommerfestesin Kooperation mit Pfl ege- oder Behindertenverbänden.10. Verbindlichkeiten herstellen undklare Absprachen treffenZumindest die unmittelbaren Kollegen/innen und Vorgesetztensollten über die Problematik der Pfl egesituation informiert werden,damit Missverständnisse oder negative Reaktionen vermiedenwerden können. Denn nur dann, wenn die zeitlichen Bedürfnisseoffen im Arbeitsteam besprochen werden können und die pfl egebedingtenEinschränkungen den anderen Kollegen/innen bekanntsind, kann mit der gemeinsamen Suche nach einer (arbeits-)zeitlichenLösung begonnen werden. Verbindliche Regelungen gebenden Beschäftigten Planungssicherheit, die sie gerade in Pfl egesituationenbenötigen. Auch die innerbetrieb lichen Verantwortlichkeitenfür Durchführung und Evaluation der Maßnahmen solltenverbindlich schriftlich festgehalten werden.11. Jeder Pflegefall ist andersEs sollten individuelle Absprachen im gegenseitigen Einvernehmenmöglich sein, um jedem pfl egebedingten Einzelfall gerecht werdenzu können. Dies ist gängige Praxis in vielen Betrieben. Solche individuellen,teils informellen Absprachen umfassen meist Arbeitszeitund Arbeitsorganisation.14. Eine gute Kommunikation ist das A und Ofür die Umsetzung einer BetriebsvereinbarungEine Verständigung auf kurzem Wege zwischen den beteiligtenAkteuren (z. B. Betriebsrat und Personalabteilung) trägt wesentlichdazu bei, die Vereinbarung auch tatsächlich pragmatischund erfolgreich mit Leben zu füllen. Zugleich ist es wichtig, denFührungskräften und den Beschäftigten die Vereinbarung undihre Möglichkeiten immer wieder nahe zu bringen. Zu einerguten Kommunikation gehört es, Ziele und Absichten der Vereinbarunggezielt zu vermitteln. Um die Maßnahmen zu einemfesten Bestandteil der gelebten Betriebskultur zu machen, ist esmanchmal nötig, das bestehende Angebot wiederholt vorzustellen.15. Vordenken und vorausschauend handelnGeschäftsführung und betriebliche Interessenvertretung müssenden bestehenden Wünschen aus der Belegschaft auch malinnovativ „vorangehen“, wenn es bisher keine pfl egendenBeschäftigten gibt. Es gilt, neue gesellschaftliche Strömungenaufzunehmen und die betriebliche Kultur dafür zu öffnen. Es kannhilfreich sein, „Zusatzangebote“ erst einmal im Unternehmen zuerproben und nach einer Testphase dauerhaft aufzunehmen.16. Vereinbarkeit von Beruf und Pflegeals Prozess verstehenDie betrieblichen Akteure sollten es als ihre kontinuierliche Aufgabeansehen, neu entstehende Regelungsbedarfe von Beschäftigtenaufzugreifen und auf diese neuen Themen wie Pfl ege zu reagieren.Es kann notwendig sein, Bestehendes in regelmäßigen Abständenzu erweitern. Jede Betriebsvereinbarung ist daher von Zeit zu Zeitanzupassen.12. Auf Kollektivlösungen setzenSituationsangepasste Einzelfalllösungen sind gut, aber sie solltenauf gemeinschaftlich getroffenen Vereinbarungen beruhen. KollektiveLösungen sind übersichtlich, fair und berechenbar für alleBeteiligten. Sie regeln, welche betrieblichen Maßnahmen Beschäftigtemit privater Pfl egeverantwortung in Anspruch nehmen könnenund signalisieren allen Beschäftigten, dass der Betrieb das ThemaVereinbarkeit von Beruf und Pfl ege als Handlungsfeld erkannt undsich diesem verbindlich angenommen hat.13. Personelle und materielle Ressourcenzur Verfügung stellenIst die Vereinbarkeit von Beruf und Pfl ege ein ernst gemeintes Ziel,so braucht es zu deren Umsetzung entsprechende Ressourcen.Aber: Eine gute Vereinbarkeitspolitik in Bezug auf Pfl ege wirktmittelfristig Kosten senkend, wie Studien und Betriebsbeispieleinzwischen überzeugend belegen.33


7. Muster-BetriebsvereinbarungJede Pfl egesituation ist anders und zudem ändern sich dieNotwendig keiten und Bedarfe der Pfl egenden immer wieder. Dasmacht es sehr schwer, betriebliche Unterstützungsmaßnahmenim Rahmen kollektiver Lösungen festzuschreiben. Das bedeutetaber nicht, dass solche Vereinbarungen unnütz oder gar hinderlichsind bei der Suche nach vereinbarkeitsfördernden Maßnahmen.Es empfi ehlt sich, bei der Erstellung einer Betriebs- oder Dienstvereinbarungauf eine entsprechende Flexibilität zu achten. Dieskann gelingen, wenn die Vereinbarung mögliche Handlungsfelderbenennt und die konkrete Ausgestaltung im Einzelfall erfolgt. Wieso eine prozessorientiere Vereinbarung aussehen kann, zeigt dasfolgende Beispiel:Muster-Betriebsvereinbarung:Vereinbarkeit von Beruf und Pfl ege1 PräambelDer Vereinbarkeit von <strong>Familie</strong> und Beruf kommt eine besondereBedeutung zu. Unternehmensleitung und Betriebsratstimmen darin überein, dass Mitarbeiterinnen undMi tarbeiter, die eine Person pfl egen oder betreuen, einewichtige gesellschaftliche Aufgabe wahrnehmen. Vor demHintergrund der demographischen Entwicklung wird dieVereinbarkeit von Beruf und Pfl ege in Zukunft an Bedeutunggewinnen. Diese Vereinbarung legt Rahmenbedingungenfest, die Betroffene dabei unterstützen, berufl icheArbeit und Sorgeaufgaben in Einklang zu bringen.Diese Betriebsvereinbarung soll es den Beschäftigten desUnternehmens erleichtern, ihre Erwerbstätigkeit und dieVerantwortung für betreuungs- oder pfl egebedürftigePersonen miteinander in Einklang zu bringen. Die Rücksichtnahmeauf <strong>Familie</strong>nbedürfnisse, sowie Akzeptanz undOffenheit gegenüber dem Thema Beruf und Pfl ege sind eingrundlegender Bestandteil unserer Organisationskultur. AlleBeschäftigten, insbesondere solche mit Vorgesetzten- undLeitungsaufgaben, sind verpfl ichtet, die Vereinbarkeit vonPfl ege und Beruf in allen Aufgabenbereichen zu fördern.2 GeltungsbereichAntragsberechtigt sind alle Beschäftigten sowie Auszubildendendes Unternehmens, die eine Person aus dem persönlichenUmfeld pfl egen, betreuen oder versorgen. DarunterVereinbarkeitvon <strong>Familie</strong> und Berufgestaltensind in erster Linie zu pfl egende Angehörige zu verstehen.Pfl ege bedürftigkeit im Sinne dieser Betriebsvereinbarung wirdnachgewiesen entweder durch• einen Einstufungsbescheid der Pfl egekasse/des medizinischenDienstes (Stufen 0 bis 3) oder• die Einstufung als Fall gemäß § 45 a SGB XI oder• eine Bescheinigung des behandelnden Arztes/derbehandelnden Ärztin der zu pfl egenden/versorgendenPerson.Anträge zur Vereinbarkeit von Beruf und Pfl ege können sichauf die Regelung von Arbeitszeit, Arbeitsort oder sonstigeRahmenbedingungen beziehen. Das Unternehmen bietet dabeiüber die gesetzlichen Handlungsmöglichkeiten hinaus weitergehendeUnterstützung an. Dazu einige Beispiele:Beispiele aus dem Handlungsfeld Arbeitszeit:• fl exible Arbeitszeiten, d. h.– fl exible Nutzung des Arbeitszeitkontos inklusive fl exiblerRegelungen in den Rückführungsvereinbarungen zur Rot-Phase– fl exible Nutzung der Gleitzeit (durch zum Beispiel Öffnungdes Gleitzeitrahmens bis zur Befreiung von der Kernarbeitszeit)– früheren Arbeitsbeginn ermöglichen– Bedarfsgerechter Arbeitsbeginn und -ende34


• Befreiung von der Rufbereitschaft, Nachtdiensten oderÜberstunden/Mehrarbeit• kurzfristige Freistellung/Urlaubsgewährung• erhöhte Planungssicherheit/keine kurzfristigen Dienstplanänderungen• bei Veränderungen oder einem unerwarteten Ende derPfl ege wird eine schnellere Rückkehr (aus der Freistellung,in höhere Teilzeit oder Vollzeit) angestrebtBeispiele aus dem Handlungsfeld Arbeitsort:• bevorzugte Bewilligung von Telearbeit (auch befristet)• „Mobiles Arbeiten“ ermöglichenBeispiele aus dem Handlungsfeld Sonstiges:• Das Unternehmen bietet den Betroffenen 10 Pfl ege-Krankentage pro Jahr, analog zu den gesetzlichen Kinder-Krankentagen• Wechsel auf eine gleichwertige Stelle ermöglichen, wenndie Anforderungen des derzeitigen Arbeitsplatzes nicht mitden Anforderungen der Pfl egeaufgabe in Einklang gebrachtwerden können• Übernahme der Versicherungskosten nach dem <strong>Familie</strong>npflegezeitgesetz durch das Unternehmen• Nutzung des Dienstwagens in Notfällen• Die Möglichkeit, notwendige administrative Pfl egearbeiten(z. B. Gespräch mit dem Pfl egedienst) während der Arbeitszeitzu erledigen, wenn nötig, steht dazu ein separaterRaum zur Verfügung• Die Mitnahme von Speisen aus der Kantine zum reduziertenPreis• Unterstützung und Beratung bei der Suche nach geeignetenPfl egediensten durch den Sozialdienst3 VerfahrenDie pfl egende Person beantragt bei der Personalabteilungformlos schriftlich Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Berufund Pfl ege. Sie informiert gleichzeitig ihre direkte(n) Vorgesetztenüber den Antrag.Über den Antrag entscheidet kurzfristig ein Gremiumzusammen gesetzt aus Vertreter/innen• der Personalabteilung• der Abteilungsleitung• des Betriebsrat• der Gleichstellungsbeauftragten.Dem Antragsteller/der Antragstellerin wird ermöglicht,seine/ihre Situation zu erläutern und die Vorstellungen zunot wendigen Maßnahmen darzulegen. Da jede Pfl egesituationanders ist, werden im Rahmen dieser Betriebsvereinbarungbewusst lediglich mögliche Handlungsfelder benannt.Die konkreten Maßnahmen werden jeweils individuell andie aktuelle Pfl egesituation und die Bedarfe der Pfl egendenangepasst.Bei akutem / kurzfristigem Handlungsbedarf können vorläufi geRegelungen durch die zuständige Abteilungsleitung möglichstunter Beteiligung von Gleichstellungsbeauftragten undBetriebsrat getroffen werden.Der Antragsteller/die Antragstellerin hat jede Veränderungder Pfl ege- oder Betreuungssituation der Personalabteilungmitzuteilen. Die jeweiligen Regelungen sind unter Beteiligungdes oben genannten Gremiums zu prüfen und gegebenenfallsanzupassen. Gleiches gilt bei Veränderung der Arbeitssituationfür die zuständige Abteilungsleitung.4 EvaluationDas in Ziffer 3 genannte Gremium (ohne Abteilungsleitungen)wertet einmal jährlich die gestellten Anträge und die darausresultierenden Maßnahmen aus. Im Vorfeld werden dieAbteilungs leitungen zu ihren Erfahrungen mit der Betriebsvereinbarungbefragt. Die Erkenntnisse werden in einemBericht anonymisiert für die Unternehmensleitung und denBetriebsrat schriftlich zusammengefasst.Die gewonnenen Erfahrungen fl ießen in die Weiterentwicklungdes Betriebes / der Verwaltung im Sinne der Präambel ein.Erkenntnisse zu möglichen Handlungsmaßnahmen werdenjährlich in die Anlage zu dieser Vereinbarung eingearbeitet.5 InkrafttretenDie Betriebsvereinbarung tritt mit dem Datum der Unterzeichnungin Kraft.Sie kann mit einer Frist von drei Monaten zum Jahresendegekündigt werden.Beide Parteien verpfl ichten sich im Falle einer Kündigung sofortin Gespräche über eine Neufassung der Betriebsvereinbarungzu treten. Bis zum Abschluss einer neuen Betriebsvereinbarungwirkt die alte nach. Einvernehmliche Änderungen sind jederzeitzwischen Dienststelle und Betriebsrat möglich.Soweit einzelne Bestimmungen unwirksam sein sollten, wirddie Gültigkeit der Betriebsvereinbarung im Übrigen nichtberührt. Die Vertragschließenden verpfl ichten sich ferner, eineungültige Bestimmung nach Möglichkeit durch eine wirksameVereinbarung zu ersetzen, die dem ursprünglich verfolgtenZweck entspricht.Musterhausen, den xx.yy.2012Karla Klug(Vorstandsvorsitzende)Sigfried Schlau(Betriebsratsvorsitzender)35


8. Das Thema Pflege in TarifverträgenNeben den gesetzlichen Regelungen zum Thema Vereinbarkeit vonPfl ege und Beruf existieren bereits eine Reihe betrieblicher undtarifvertraglicher Unterstützungsleistungen, die als gute Beispielevoran gehen und Anregungen liefern können.Lebensphasengerechte <strong>Arbeitszeitgestaltung</strong> –Der Tarifvertrag der Industriegewerkschaft Bergbau,Chemie und Energie (IGBCE)Die Tarifvertragsparteien der Chemischen Industrie Ost haben Ende2011 einen Tarifvertrag abgeschlossen, der sich explizit als Gestaltungselementfür den demografi schen Wandel versteht. Kernelementdieses Tarifvertrages ist die Möglichkeit, die Arbeitszeiten derBeschäftigten den verschiedenen Lebensphasen individuell anzupassen.Neben dem höheren Altersdurchschnitt von Belegschaftenund einem Mangel an Fachkräften wollen die Tarifvertragspartnerdamit auch explizit den steigenden Anforderungen im Bereich derVereinbarkeit von Beruf und Pfl ege von Angehörigen sowie demErziehen von Kindern begegnen. Die Betriebsparteien der fünfneuen Bundesländern sowie Berlin-Ost können dabei aus verschiedenenGestaltungsmöglichkeiten wählen, die im Folgenden vordem Hintergrund einer pfl egesensiblen <strong>Arbeitszeitgestaltung</strong> kurzvorgestellt werden: Tarifl iche <strong>Familie</strong>nzeiten, Entlastungszeiten fürausgewählte Arbeitnehmergruppen und Langzeitkonten.Tarifl iche Pfl egezeiten (§4.II)Beschäftigte, die im Rahmen der Pfl egezeit eine Freistellung inAnspruch nehmen oder im Falle einer Pfl egezeit die Arbeitszeitreduzieren, wie es im Pfl egezeitgesetz (§2 und §3) geregeltist, erhalten innerhalb von 12 Monaten ein gewisses Stundenkontingentals Zeitguthaben. Dieses umfasst im Falle einesFreistellungs anspruches (Pfl egeZG §2) bis zu 64 bezahlte Stundenund im Falle der Arbeitszeitreduzierung (Pfl egeZG §3) bis zu2,5 bezahlte Stunden pro Woche. Beschäftigte, die die gesetzlicheRegelung zur Pfl ege nutzen, erhalten auf diesem Wege einezusätzliche zeitliche Entlastung. Die Lage der Freistellungszeitenist zwischen Arbeitnehmer/in und Arbeitgeber einvernehmlichabzusprechen. Zentral ist zudem, dass die Tarifvertragspartner dieReduzierung der Arbeitszeiten aufgrund der genannten Regelungnicht als Teilzeit verstehen.36


Entlastungszeiten für ausgewählteArbeitnehmergruppen (§5)Arbeitnehmergruppen, bei denen eine besondere Belastungssituationvorliegt, können eine angemessene Anzahl zusätzlicherFreischichten oder bezahlter Entlastungszeiten, beispielsweise proWoche 2,5 Stunden, gewährt werden. Die Betriebsparteien müssendafür eine entsprechende Regelung treffen.Langzeitkonten (§6)In Anlehnung an den bundeseinheitlichen Tarifvertrag „Lebensarbeitszeitund Demografi e“ der chemischen Industrie (in Kraftseit Mai 2008) können Beschäftigte ihre Arbeitszeit im Rahmeneines Langzeitkontos führen. Langzeitkonten sind zweckbestimmteArbeitszeitkonten mit einem Verteilungszeitraum über 12 Monate,mit dem Ziel, Freistellungsansprüche zu erwerben. Anspruch habenu. a. auch Beschäftigte in Pfl egezeiten. Beschäftigte können indas Langzeitkonto Zeitanteile (Mehrarbeit, Zeitguthaben, Urlaubsansprücheoberhalb des Gesetzes), übertarifl iche Bestandteilesowie Geld anteile (Zulagen, bis zu 10 Prozent des tarifl ichenJahresein kommens) einbringen. Die Höhe des durch den/dieBeschäftigte/n eingebrachten Wertguthabens bestimmt die Höheder Freistellung. Finanziert werden die genannten Maßnahmendurch einen betrieblichen Fonds, in den jährlich 2,5 Prozent derSumme der tarifl ichen Entgelte des Vorjahres eingezahlt werden(§2). Einzelheiten der Maßnahmen (Anspruchsdauer, -berechtigungund -höhe) sowie die Verwendung des Fonds müssen im Rahmeneiner freiwilligen Betriebsvereinbarung geregelt werden.Metall- und Elektroindustrie aufgenommen, um ausdrücklichdie Vereinbarkeit von <strong>Familie</strong> und Beruf zu ermöglichen. AngesparteÜberstunden können so für die <strong>Familie</strong>narbeit genutzt werden.Darüber hinaus sieht der Tarifvertrag ebenfalls eine eingeschränkteLohnfortzahlung von bis zu fünf Tagen im Pfl ege- oder Betreuungsfalleines im Haushalt lebenden Kindes vor. Leider ist diese Regelungnoch nicht auf Pfl egefälle erwachsener Angehöriger ausgeweitetworden.Auch andere Branchen gehen mit gutem Beispiel voran und habenRegelungen, die die Vereinbarkeit von Beruf und Pfl ege betreffen,in ihre Tarifverträge aufgenommen. In einigen Fällen wird beiPfl ege fällen zusätzlich zum gesetzlichen Freistellungsanspruchunbezahlter Sonderurlaub gewährt und dies auch ohne amt lichenNachweis einer Pfl egestufe der zu betreuenden Person. Sogeschehen etwa im Haustarifvertrag der Deutschen Telekom.In einigen anderen Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen isteine bezahlte kurzzeitige Freistellung vorgesehen. So sieht derManteltarifvertrag (MTV) Hotel- und GaststättengewerbeHessen beispielsweise vor, dass Beschäftigte bei schwerer ErkrankungAngehöriger bis zu fünf Arbeitstage im Jahr bei Fortzahlungdes Gehalts freizustellen sind. Dies gilt zwar nur für Angehörige diemit im Haushalt leben und kann immer nur zwei Tage am Stück inAnspruch genommen werden. Dennoch stellt diese Regelung imVergleich zu unbezahlten Freistellungen einen großen Fortschrittdar. Eine fast gleichlautende Regelung fi ndet sich auch im MTVArzthelferinnen.Im Tarifvertrag der Druckindustrie ist eine Regelung zurTeilzeitarbeit verankert worden. Vollzeitbeschäftigte können dortbis zu vier Jahre eine Reduzierung ihrer wöchentlichen Arbeitszeitvereinbaren, wenn die Kindererziehung oder die Pfl ege erkrankter<strong>Familie</strong>nangehöriger das erfordert.In Baden-Württemberg wurden die drei ArbeitszeitinstrumenteGleitzeitkonto, Flexikonto und Langzeitkonto in den MTV der37


9. Die aktuelle Gesetzeslage zum Thema PflegeÜbernehmen Beschäftigte im privaten Umfeld Pfl egeverantwortung,regeln derzeit zwei Gesetze die Ansprüche der Beschäftigten anden Betrieb. Zum einen das Pfl egezeitgesetz von 2008 (Pfl egeZG),zum anderen das 2012 in Kraft getretene <strong>Familie</strong>npfl egezeitgesetz(FPfZG).Das Pflegezeitgesetz (PflegeZG)Das Pfl egezeitgesetz verfolgt das explizite Ziel, Angehörigen dieÜbernahme privater Pfl egeverantwortung auch bei Berufstätigkeitzu erleichtern. Es soll Beschäftigten die Möglichkeit eröffnen,pfl ege bedürftige nahe Angehörige in häuslicher Umgebung zupfl egen und damit die Vereinbarkeit von Beruf und familiärer Pfl egezu verbessern. Das Gesetz regelt u. a. zwei verschiedene Freistellungsansprüche:Zum einen die kurzzeitige Arbeitsverhinderung(§ 2 Pfl egeZG) und zum anderen die sogenannte Pfl egezeit(§ 3 Pfl egeZG).Ein Vergütungsanspruch für die Freistellung besteht nicht. EineVergütungsfortzahlungspfl icht kann sich aber unter Umständenaus anderen gesetzlichen Regelungen (v. a. § 616 BGB), Betriebsvereinbarungenoder Tarifverträgen ergeben.Pflegezeit (§ 3 PflegeZG): Beschäftigte haben einen Anspruchauf vollständige oder teilweise Freistellung für maximal sechsMonate, wenn sie einen pfl egebedürftigen nahen Angehörigenin häuslicher Umgebung pfl egen. Der Anspruch ist nicht an eineWartezeit gebunden, setzt aber voraus, dass der Arbeitgeber inder Regel mehr als 15 Beschäftigte hat. Die Inanspruchnahme derPfl ege zeit muss dem Arbeitgeber mit einer Ankündigungsfrist vonzehn Arbeitstagen schriftlich mitgeteilt werden.Der Arbeitgeber darf die Freistellung nicht verweigern, auch wennmehrere Angehörige gepfl egt werden. Sofern der Beschäftigte allerdingseine nur teilweise Freistellung (Teilzeit) anstrebt, kann derArbeitgeber den Wünschen hinsichtlich der Verteilung der Arbeitszeitdringende betriebliche Belange entgegenhalten.Die Beschäftigten müssen nicht zu Beginn der Freistellung denvollen sechsmonatigen Anspruch geltend zu machen. Sofern jedochvon dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, ist bezüglich einerVerlängerung die Zustimmung des Arbeitgebers – auf welche keinAnspruch besteht – erforderlich.Kurzzeitige Arbeitsverhinderung (§ 2 PflegeZG): Beschäftigtehaben das Recht, sich bis zu zehn Tage von der Erwerbsarbeit freizustellen,um in dieser Zeit für einen nahen Angehörigen in einerakut aufgetretenen Pfl egesituation eine bedarfsgerechte Pfl ege zuorganisieren oder eine pfl egerische Versorgung sicherzustellen.Der Arbeitgeber muss unverzüglich über das Fernbleiben und denGrund (Pfl egesituation bei einem namentlich benannten nahenAngehörigen) unterrichtet werden. Der Arbeitgeber kann dieVorlage einer entsprechenden Bestätigung vom Arzt verlangen.Besonderer Kündigungsschutz (§ 5 PflegeZG): Beschäftige,welche die Möglichkeit einer kurzzeitigen Arbeitsverhinderung(§ 2 Pfl egeZG) oder der Pfl egzeit (§ 3 Pfl egeZG) in Anspruchnehmen, genießen einen besonderen Kündigungsschutz(§ 5 Pfl egeZG). Von der Ankündigung der Inanspruchnahme bis zurBeendigung darf das Arbeitsverhältnis durch den Arbeitgeber nichtgekündigt werden. Für den Fall eines vorzeitigen Endes der Pfl egezeitgilt für befristete Arbeitsverträge eine verkürzte Kündigungsfristvon zwei Wochen.Wer ist pflegebedürftig (§ 7 PflegeZG)? Pfl egebedürftig sinddanach Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oderseelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen oderregelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täg lichenLebens auf Dauer in erheblichem Maß der Hilfe bedürfen. DerBezug zu den Vorschriften der Pfl egeversicherung (§§ 14 und 1538


SGB XI) macht deutlich, das für den Geltungsbereich des Pfl egezeitgesetzeseine Pfl egestufe vorliegen muss (Bewilligung oderAntrag).Wer ist naher Angehöriger (§ 7 PflegeZG)? Der Kreis dernahen Angehörigen, für deren Pfl ege man die Pfl egezeit oder diekurzzeitige Arbeitsverhinderung in Anspruch nehmen kann, istausdrücklich geregelt. Nahe Angehörige sind danach:• Großeltern, Eltern und Schwiegereltern,• Ehegatten, Lebenspartner/innen, Partner/innen einerehe ähnlichen Gemeinschaft, Geschwister,• Kinder, Adoptiv- oder Pfl egekinder, die Kinder, Adoptiv- oderPfl egekinder des Ehegatten oder Lebenspartners, Schwiegerkindersowie Enkelkinder.Die bisherige Inanspruchnahme des Pfl egezeitgesetzes ist sehrgering. Kurzfristige Freistellungen wurden 2010 nur von sechsProzent der Anspruchsberechtigten genutzt und nur vier Prozentder Hauptpfl egepersonen nahmen eine längere Erwerbs unterbrechungbis zu sechs Monaten in Anspruch (vgl. TNS Infratest2010). Neben einer noch weit verbreiteten Unkenntnis über dasGesetz werden fi nanzielle Einbußen und mangelnde Berücksichtigungder zeitlichen Bedarfe von den Pfl egenden als Gründe angeführt(vgl. Runde u. a. 2009).<strong>Familie</strong>npflegezeitgesetz (FPfZG)Die im Pfl egezeitgesetz vorgesehene Höchstdauer reicht nichtaus, um die Vereinbarkeit v on Pfl ege und Beruf über einenlängeren Zeitraum zu ermöglichen. Hier setzt die neue <strong>Familie</strong>npflegezeit (seit Anfang 2012) an, indem es Berufstätigen ermöglichtwird, die wöchentliche Arbeitszeit maximal zwei Jahre langauf einen Mindestumfang von 15 Stunden zu reduzieren, umnahe Angehörige zu pfl egen (§ 2 FPfZG).Pfl egende beziehen während der <strong>Familie</strong>npfl egezeit weiterhineinen Teil ihres Gehalts und erhalten eine Gehaltsaufstockung(zinsloses Darlehn des Arbeitgebers) um die Hälfte des reduziertenArbeitsentgelts (§ 3 FPfZG). Zum Beispiel erhaltenBeschäftigte bei einer Verringerung der Arbeitszeit von 100Prozent auf 50 Prozent ein Gehalt von 75 Prozent des letztenBruttoeinkommens.Spätestens nach zwei Jahren beginnt die sogenannte Nachpfl egephase,in der die Beschäftigten zum Ausgleich nach der <strong>Familie</strong>npflege zeit so lange Vollzeit zum geringeren Gehalt arbeitenmüssen, bis dieses Darlehen zurück gezahlt ist. Dabei könnenauch andere Wertguthaben z. B. aus Arbeitszeitkonten verrechnetwerden (§ 3 Abs. 1 FPfZG). Rentenansprüche gehen durch das<strong>Familie</strong>npfl egezeitgesetz nicht verloren und bleiben etwa auf demNiveau der Vollzeitbeschä ftigung durch Beitragszahlungen ausdem reduzierten Gehalt und Leistungen der Pfl egeversicherung inder <strong>Familie</strong>npfl egezeit.Voraussetzung für die Inanspruchnahmeder <strong>Familie</strong>npfl egezeit ist eineschriftliche Vereinbarung zwischenArbeitgeber und Arbeitnehmer/in,in der die konkreten Formen undAusgleichsmodalitäten festgelegtwerden (§ 3 FPfZG). Allerdings gibt eskeinen gesetz lichen Anspruch auf die<strong>Familie</strong>npfl egezeit.Außerdem besteht für die Beschäftigteneine Verpfl ichtung zumAbschluss einer Versicherung, die beiBerufsunfähigkeit oder Tod möglicheAusfallrisiken für den Arbeitgeberabdeckt. Die Versicherung wird fürdie Dauer von Pfl ege- und Nachpflege phase abgeschlossen. Sie kannauch vom Arbeitgeber abgeschlossenwerden oder als Gruppenversicherung(über das Bundesamt für <strong>Familie</strong> undzivilgesellschaftliche Aufgaben, BAFzA)unterzeichnet werden (§ 4 FPfZG).39


10. Rechtliche Grundlagen für Betriebs- und Personalräte§ 80 Absatz 1 Nr. 2b des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG)etabliert die Vereinbarkeit von <strong>Familie</strong> und Beruf als Handlungsfeldfür Betriebs- und Personalräte. Außerdem lassen sich Initiativenzur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Pfl ege u. a. mitfolgenden Regelungen begründen:• Umsetzung der Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen(§ 80 Absatz 1, Nr. 1 BetrVG 1 ): Der Betriebsratüberwacht, dass die zugunsten der Arbeitnehmer/innengeltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften,Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführtwerden. Dies gilt beispielsweise für das Arbeitszeitgesetz,das Teilzeit- u. Befristungsgesetz, das Gesetz zumElterngeld und zur Elternzeit oder die EU-Richtlinie zur Arbeitszeit.• Arbeitszeit (§ 87 Absatz 1, Nr. 2 BetrVG 2 ): Der Betriebsrathat ein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der täglichen Arbeitszeiteinschließlich Pausen sowie der Verteilung der Arbeitszeitauf einzelne Wochentage. Er kann über die Einigungsstelle auferzwingbare Betriebsvereinbarungen Einfl uss nehmen. Entsprechendhat er ein Mitbestimmungs- und Initiativrecht hinsichtlichder Einführung und Ausgestaltung sämtlicher Arbeitszeitmodelle,z. B. Gleitzeit, Vertrauensarbeitszeit, Schichtmodelle.• Vorübergehende Verkürzung/Verlängerung der Arbeitszeit(§ 87 Absatz 1, Nr. 3 BetrVG): Der Betriebsrat bestimmtüber die vorübergehende Verlängerung oder Verkürzung derbetriebsüblichen Arbeitszeit mit.• Urlaubsgrundsätze (§ 87 Absatz 1, Nr. 5 BetrVG 3 ):Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich derRegelung allgemeiner Urlaubsgrundsätze, der Festlegung desUrlaubsplanes sowie der zeitlichen Lage des Urlaubs: z. B.Betriebsvereinbarung zum Sabbatical oder Verknüpfung vonangesparten Arbeitszeitguthaben mit Urlaub.• Informationspflicht des Arbeitgebers (§ 7 Absatz 3TzBfG): Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat/Personalratüber vorhandene oder geplante Arbeitsplätze bzw. über dieUmwandlung von Teil- in Vollzeitarbeitsplätze oder umgekehrtinformieren und die erforderlichen Unterlagen zur Verfügungstellen. § 92 BetrVG (bzw. §§ 76 und 78 BPersVG) bleibt davonunberührt.• Personalplanung: Der Arbeitgeber muss den Betriebs- oderPersonalrat über die Personalplanung informieren und mit ihmdarüber beraten, vor allem über gegenwärtige und künftigeBedarfe und sich hieraus ergebende personelle Maßnahmen(§ 92 BetrVG, bzw. §§ 76 und 78 BPersVG). Der Arbeitgebermuss die Gleichstellung von Frauen und Männern sowie dieVereinbarkeit von <strong>Familie</strong> und Beruf bei der Personalplanungberücksichtigen. Der Betriebs-/Personalrat hat ein Initiativrecht.• Beschwerderecht im BetrVG: Die Voraussetzung für eineBeschwerde liegt dann vor, wenn der Arbeitgeber beispielsweiseden Antrag auf Reduzierung der Arbeitszeit ausbetrieblichen Gründen ablehnt. Beschäftigte können entwederbeim Arbeitgeber direkt Einspruch einlegen, gegebenenfallsunterstützt durch ein Mitglied des Betriebsrats (§ 84 BetrVG),oder sich beim Betriebsrat beschweren. Hält das Gremium dieBeschwerde für berechtigt, kann es auf Abhilfe beim Arbeitgeberhinwirken. Es ist nicht möglich, die Einigungsstelle gemäߧ 85 Absatz 2 Satz 3 BetrVG zu nutzen, da es sich um einenRechtsanspruch der Arbeitnehmer/innen handelt.Darüber hinaus können aus dem Bundesgleichstellungsgesetzund dem Landesgleichstellungsgesetz weitere Rechtansprüche fürVereinbarkeitsthemen abgeleitet werden. Für Personalräte geltenauf Landesebene die Landespersonalvertretungsgesetze (sieheausführlicher hierzu: <strong>DGB</strong> 2009, Vereinbarkeit von <strong>Familie</strong> undBeruf für Personalräte; herunterladbar unter www.familie.dgb.de).1 Im Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) entspricht dies § 68 Absatz 1.2 BPersVG: § 75 Absatz 3 Nr. 13 BPersVG: § 75 Absatz 3 Nr. 340


11. AnhangA) Bedarfsumfrage pflegesensible Maßnahmen im BetriebFragebogen zur Vereinbarkeit von Beruf und Pfl egeVereinbarkeitvon <strong>Familie</strong> und BerufgestaltenFragebogen zur Vereinbarkeit von Beruf und PflegeSie unterstützen die Arbeit der Arbeitsgruppe Beruf und Pfl ege,wenn Sie diesen Fragebogen beantworten. Bitte senden Sie denausgefüllten Bogen bis zum XX. YY. 2012 an den Personalratzurück! Alle Angaben sind freiwillig und anonym!1. Betreuen Sie pflegebedürftige Angehörige oder nahestehendePersonen?• Ja, ich pfl ege/betreue/unterstütze zurzeit ___ pfl egebedürftigePerson/en. Davon ist/sind ___ Person/en demenziellerkrankt.• Momentan noch nicht, ich sehe aber eine Pfl ege- oderVersorgungsaufgabe in absehbarer Zeit auf michzukommen.• Ich bin an betrieblich geförderter Unterstützung fürPfl egende und ihre Angehörigen interessiert.• Nein und ich bin nicht an einer betrieblichen Unterstützungfür Pfl egende und ihre Angehörigen interessiert(à weiter zur Statistik am Ende des Fragebogens)2. Angaben zur eigenen familiären Situation• Ich pfl ege/betreue/unterstütze alleine.• Ich pfl ege/betreue/unterstütze mit Hilfe durch die <strong>Familie</strong> mit Unterstützung durch einen Pfl egedienst.• Ich pfl ege/betreue/unterstütze meine/n Angehörige/n inmeinem Haushalt.• Ich betreue zusätzlich ___ Kinderim Alter von ______ Jahren.3. Welcher Art sind die Aufgaben, die Sie übernehmen?• Krankenpfl ege (Medikamentengabe, Spritzen, Wundversorgungusw.)• Körperpfl ege (Waschen, Baden, Eincremen, Nagelpfl ege,Stuhlgang usw.)• Häusliche Versorgung (Einkaufen, Kochen, Putzen, Wäschewaschen,Bügeln usw.)• Hilfe beim Ausziehen/Anziehen, bei der Nahrungsaufnahme,beim Trinken usw.• Unterstützung und Begleitung (Arztbesuche, Unterhalten,Vorlesen, Begleitung bei Besuchen usw.)• Organisatorische Aufgaben (Planung der Versorgung,Finanzregelung, Anträge usw.)• Sonstiges und zwar ___________________________________________________________________________4. Wie aufwändig sind die regelmäßigen PflegeundVersorgungsaufgaben?• Ich benötige ___ Stunden pro Tag für die Pflege und Versorgung.• Ich benötige ___ Stunden pro Woche für die Pfl ege undVersorgung.• Erhalten Sie Leistungen der Pfl egekasse? Ja Nein5. Was würde Sie bei Ihren Pflege- bzw. Versorgungsaufgabenentlasten?• Inanspruchnahme weiterer Flexibilisierung bei der Arbeitszeit• Anlaufstelle/Informationsstelle für pfl egende Angehörige innerhalbdes Betriebes• Sonstiges und zwar ___________________________________________________________________________6. Wie bewerten Sie zurzeit Ihre beruflichen Rahmenbedingungenbei der Firma XY mit Blick auf diezu leistenden Pflege- bzw. Versorgungsaufgaben?Bitte bewerten Sie mit Schulnoten: 1 2 3 4 5 67. Hier ist Raum für Ideen, Wünsche und Anregungen:____________________________________________________________________________________________8. Statistik:Geschlechtwmunter3030–39Alter40–4950–59über60VollzeitArbeitsumfang(Std./Woche)Teilzeitmin.30Std.Teilzeitmin.0,5StelleTeilzeitunter0,5Stelle41


B) Leistungen der PflegeversicherungLeistungen der Pfl egeversicherungVereinbarkeitvon <strong>Familie</strong> und BerufgestaltenLeistungen für die/den Plegebedürftige(n) Pflegestufe I Pflegestufe II Pflegestufe IIIPfl egegeld bei häuslicher Pfl ege (durch Angehörige) / monatlich 235 EUR 440 EUR 700 EURSachleistungen bei ambulanter Pfl ege 450 EUR 1.100 EUR 1.550 EUR(durch Pfl egdienst) / monatlich(Härtefall bis 1.918 EUR)Zuschüsse bei vollstationärer Pfl ege / monatlich 1.023 EUR 1.279 EUR 1.550 EUR(Härtefall bis 1.918 EUR)Zuschüsse bei teilstationärerTages- oder Nachtpfl ege / monatlich 1 max. 450 EUR max. 1.100 EUR max. 1.550 EURErsatzpfl ege für 4 Wochen / Jahr bei Verhinderung(Urlaub / Krankheit) der Hauptpfl egeperson durch bis 235 EUR 440 EUR 700 EURzum 2. Grad verwandte Laienhelfer 2Kurzzeitpfl ege / Ersatzpfl ege für 4 Wochen / Jahrbei Verhinderung (Urlaub / Krankheit) der Hauptpfl egepersondurch Fachkräfte oder LaienhelferPfl egehilfsmittel, Verbrauchsprodukte(Einmalhandschuhe, Betteinlagen)Pfl egehilfsmittel, technische Hilfsmittel (Pfl egebett, Wannenlift)Wohnraumanpassung für häusliche Pfl egeHausnotruf für allein lebende Pfl egebedürftigeStationäre Versorgung in Einrichtungen für Behindertenhilfe1.550 EUR für alle Pfl egestufen31 EUR pro Monat für alle Pfl egestufenEigene Zuzahlung von 10 % (max. 25 EUR) pro Hilfsmittelpro Maßnahme max. 2.557 EUR unterBerücksichtigung der Eigenbeteiligung10,23 EUR für Anschluss; 17,90 EUR für monatliche Grundkosten10 % des Heimentgelts (max. 256 EUR pro Monat)Leistungen für plegende Angehörige Pflegestufe I Pflegestufe II Pflegestufe IIIZahlung von Rentenversicherungsbeiträgen für 135 EUR 271 EUR 406 EURPfl egepersonen je nach Umfang der Pfl ege monatlich 3Beratung durch Pfl egekasse / Pfl egestützpunktkomplette KostenübernahmeWeiterbildung für pfl egende Angehörige, Pfl egekursekomplette Kostenübernahme1 Neben dem Anspruch auf Tagespfl ege bleibt ein hälftiger Anspruch auf Pfl egesachleistungen / Pfl egegeld.2 Auf Nachweis werden den nahen Angehörigen notwendige Aufwendungen (Verdienstausfall, Fahrkosten usw.) bis zum Höchstbetrag für Fachkräfte / Laienhelfer bezahlt.Die Zeit kann auch aufgeteilt werden.3 Bei wenigstens 14 Std. Pfl egetätigkeit pro Woche, wenn weniger als 30 Std. Beschäftigung und noch kein Bezug von Vollrente. Zudem auf Antrag Zahlung von Beiträgenzur Arbeitslosen- und Kranken- und Rentenversicherung für Pfl egepersonen bei Pfl egezeit.Quelle: Arbeitnehmerkammer Bremen 2012, Beruf und Pfl ege miteinander vereinbaren, Infoservice Gesundheit, 20/201242


C) Weiterführende Quellen zu Hinweisenund Tipps zum Thema Pflege & BerufBroschüren des Bundesgesundheits- und <strong>Familie</strong>nministeriums(BMG und BMFSFJ) sowie kommunaler Verwaltungen zum Themawerden regelmäßig neu herausgegeben. Zu den Themen Pfl egezeitgesetzund <strong>Familie</strong>npfl egezeit wurden eigene Seiten auf derHomepage des <strong>Familie</strong>nministeriums eingerichtet (www.bmfsfj.de/und www.bmfsfj.de/BMFSFJ/aeltere-menschen.html)Die meisten Krankenkassen und Landesverbände der Pfl egekassenberaten zum Thema und halten Informationsmaterial und Adressenbereit. Nachfragen bei der für Region/Bundesland zuständigenStelle lohnt.Viele Pfl egedienste und -einrichtungen sind lokal organisiert.Auch soziale Träger vor Ort können Betroffene beraten und einenguten Überblick über Hilfsangebote geben. Hier seien zumindestgroße Wohlfahrtsorganisationen wie Caritas, Diakonie, AWO undLebenshilfe genannt.Bundesweit wurden Pfl egestützpunkte eingerichtet, ggf. auch inIhrer Nähe. Suchmöglichkeiten dazu fi nden Sie online u. a. unterfolgenden Internetadressen:www.gesundheits-und-pfl egeberatung.dewww.einfach-teilhaben.deDas <strong>DGB</strong>-Kooperationsprojekt „Pfl ege ist Maßarbeit. Wege zueiner familienbewussten Personalpolitik“ berät und unterstützt inder Region Ostbrandenburg kleine und mittlere Unternehmen zumThema Pfl ege (http://ostbrandenburg.dgb.de/innopunkt/pfl ege-undberuf).Weitere nützliche Links:www.familie.dgb.dewww.beruf-und-familie.dewww.bmg.bund.dewww.bmfsfj.dewww.erfolgsfaktor-familie.dewww.boeckler.dewww.kda.dewww.destatis.dewww.zeitpolitik.dewww.carersatwork.tu-dortmund.deD) Literaturhinweise• Bäcker, Gerhard (2003): Berufstätigkeit und Verpfl ichtungenin der familiären Pfl ege – Anforderungen an die Gestaltungder Arbeitswelt. In: Bernhard Badura, Henner Schellenschmidt,Christian Vetter (Hg.): Fehlzeitenreport. Heidelberg,S. 131–145• Backes, Gertrud M.; Wolfi nger, Martina; Amrhein, Ludwig(2011): Geschlechterpolitik zu Pfl ege/Care. Anregungen auseuropäischen Ländern, Expertise im Auftrag der AbteilungWirtschaftsund Sozialpolitik der Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn(http://library.fes.de/pdf-fi les/wiso/08222.pdf)• Barkholdt, Corinna; Lasch, Vera (2006): Vereinbarkeit von Pfl egeund Erwerbstätigkeit. In: Deutsches Zentrum für Altersfragen(Hg.) Förderung der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer. Berlin,S. 265 – 361• Bauer, Frank; Groß, Herrmann; Lehmann, Klaudia; Munz, Eva(2004): Arbeitszeiten 2003 – <strong>Arbeitszeitgestaltung</strong>, Arbeitsorganisationund Tätigkeitsprofi le. Köln (www.arbeit.nrw.de/pdf/arbeit/arbeitszeit_2003.pdf)• Beermann, Beate (2010): Verdichtung, Verlängerung undFlexibilisierung. In: Groß, H., Seifert, H. (Hg.), Zeitkonfl ikte.Renaissance der Arbeitszeitpolitik. Berlin, S. 101–114• Beruf und <strong>Familie</strong> GmbH (Hg.) (2009): Eltern pfl egen. Sokönnen Arbeitgeber Beschäftigte mit zu pfl egenden Angehörigenunterstützen – Vorteile einer familienbewussten Personalpolitik,2. Aufl age, in Zusammenarbeit mit Prognos, Frankfurtam Main (www.beruf-und-familie.de/system/cms/data/dl_data/5349e68eb46f2e47f4e8d1c061090852/fuer_die_praxis_01_Eltern_pfl egen.pdf)• Bundesministerium für <strong>Familie</strong>n, Senioren, Frauen und Jugend(Hg.) (2011): Vereinbarkeit von Beruf und Pfl ege – Wie UnternehmenBeschäftigte mit Pfl egeaufgaben unterstützen können.Berlin• Bundesministerium für <strong>Familie</strong>n, Senioren, Frauen und Jugend(Hg.) (2005): <strong>Familie</strong>nfreundliche Regelungen in Tarifverträgen undBetriebsvereinbarungen. Beispiele guter Praxis, Berlin(www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSFJ/Abteilung2/Pdf-Anlagen/familienfreundliche-regelungen,property=pdf,bereich=bmfsfj,sprache=de,rwb=true.pdf)• Bundesministerium für Gesundheit (2011): Ratgeber zur Pfl ege.Alles was sie zur Pfl ege wissen müssen, Berlin (www.bmg.bund.de/fi leadmin/dateien/Publikationen/Pfl ege/Broschueren/BMG_Ratgeber_Pfl ege_Internet_110812.pdf)• <strong>DGB</strong>-Bundesvorstand; Wert.Arbeit GmbH (2008): Vereinbarkeitvon Beruf und Pfl ege – ein Handlungsfeld für Betriebsräte.Berlin (www.familie.dgb.de)• <strong>DGB</strong>-Bundesvorstand; Pfahl, Svenja; Reuyß, Stefan (2008):Pfl ege und Beruf. Bildungsmaterialien für betrieblicheInteressen vertretungen zur Verbesserung der Vereinbarkeitssituationvon Beschäftigten mit Pfl egeverantwortung. Berlin(www.familie.dgb.de)• <strong>DGB</strong>-Bundesvorstand; Frank Meissner (2009): Vereinbarkeit von<strong>Familie</strong> und Beruf für Personalräte, Berlin, (www.familie.dgb.de)43


• <strong>DGB</strong>-Bundesvorstand; Pfahl, Svenja; Reuyß, Stefan (2009):Vereinbarkeit in unterschiedlichen Lebensphasen. Ein modularesSchulungskonzept für Bildungsanbieter, Berlin, (www.familie.dgb.de)• DGfZP (2011): Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft fürZeitpolitik (DGfZP) zum Gesetzentwurf des Bundesfamilienministeriums(BMFSFJ) zur Vereinbarkeit von Pfl ege und Beruf(Gesetz zur Einführung einer <strong>Familie</strong>npfl egezeit)(www.zeitpolitik.de/pdfs/Dgfzp_Stellungnahme.pdf)• Döge, Peter; Behnke, Cornelia (2006): Betriebs- und Personalräteals Akteure familienbewusster Personalpolitik. Handlungsmustervon Personalvertretungen in Unternehmen und Organisationenmit dem audit beruf & familie, Endbericht. Berlin• Forschungszentrum <strong>Familie</strong>nbewusste Personalpolitik (FFP)(2011): Betriebliche Folgekosten mangelnder Vereinbarkeit vonBeruf und Pfl ege“. 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Herausgeber:<strong>DGB</strong> BundesvorstandProjekt „Vereinbarkeit von <strong>Familie</strong> und Beruf gestalten!“Henriette-Herz-Platz 210178 BerlinVerfasser/in:Dr. Christina Stockfi sch und Frank Meissnerin Zusammenarbeit mit dem Institut für sozialwissenschaftlichen Transfer (Sowitra) BerlinRedaktion:Dr. Christina Stockfi schFrank MeissnerFotos:Fotolia LLC, pixelio media GmbH, Hofschlaeger, Rainer Sturm, Claudia Hautumm, Gerd Altmann, Willi Kronberge,fl ickr, Creative Commons-Lizenz JSmith, <strong>DGB</strong>, Susann LoessinLayout und Druck:PrintNetwork pn GmbHStand:Juli 2012Bestellung von Broschüren und Materialien des <strong>DGB</strong> bitte über das <strong>DGB</strong>-Online-Bestellsystem:Link: www.dgb-bestellservice.deSchriftliche Bestellungen NUR fürBestellerinnen/Besteller ohne Zugang zum Internet:PrintNetwork pn GmbH, Stralauer Platz 33 – 34, 10243 BerlinDas <strong>DGB</strong>-Projekt „Vereinbarkeit von <strong>Familie</strong> und Beruf gestalten!“ wird gefördert vom Bundesministeriumfür <strong>Familie</strong>, Senioren, Frauen und Jugend sowie aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds.


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